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Silber Münzen

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31.05.2016
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Silber Münzen

Ich war damals 12 Jahre alt, aber ich kann mich noch genau an die Tage erinnern. Es muss irgendwann im August passiert sein. Die letzten Wochen waren regnerisch, aber das Wetter wurde besser, heißer. Schon bald würden wir wieder schwimmen gehen können.

Mein Freund Peter, mit dem ich fast jeden Nachmittag verbrachte, war endlich aus dem Familienurlaub zurück. Sein Vater hatte ihn, seine Schwester und Mutter nach Madagaskar mitgenommen und ich brannte förmlich darauf zu hören, was er alles erlebt hatte.

Aber Peter hatte sich verändert. Bevor er in den Urlaub flog, war er zwar nach außen hin still, aber sobald wir unter uns waren wurde aus ihm ein richtiger Entertainer. Ständig machte er blöde Witze oder spornte uns zu verschiedenen Abenteuern an.

Ohne ihn wäre ich nie auf die Idee gekommen, den Wald hinter meinem Haus zu erkunden; ich hätte mich nie getraut, kopfüber in einen alten, verlassenen Dachsbau zu klettern und unser sogenanntes Baumhaus hätte auch nicht existiert.

Das Baumhaus, unsere Basis, war auch der Ort, an dem ich ihn zum ersten Mal wiedersah. Nachdem ich stundenlang aufgeregt daheim gewartet hatte, ging ich alleine in den Wald, wissend, dass Peter nachkommen würde.

Aber er war schon vor mir dort. Als ich den Waldweg gerade verlassen hatte und mich durch die letzten Büsche vorkämpfte sah ich eine Gestalt auf dem Baumhaus. Ich wollte ihn rufen, als ich ihn sah, überlegte es mir dann aber doch anders. Irgendetwas stimmte einfach nicht. Er ging auf der Plattform, die wir uns letzten Sommer gebaut hatten, auf und ab und seine Lippen bewegten sich durchgehend. Ich war zu weit entfernt, um auszumachen was er sagte oder mit wem er sprach und blieb still. Wer auch immer bei ihm war, Peter schien keinen direkten Augenkontakt zu suchen; er schaute durchgehend stur auf seine Schuhe hinab. Normalerweise machte er das nur, wenn wir von einem Erwachsenen erwischt wurden.

Ich bewegte mich so leise wie möglich um die kleine Lichtung herum, konnte aber niemanden außer uns zweien sehen. Nach ein paar Minuten dieses Versteckspiels wurde es mir zu bunt und ich trat aus dem Unterholz hervor.

Peter kreischte kurz auf, bevor er mich erkannte und beruhigte sich Augenblicklich.
„Peter!“ rief ich, glücklich, wenn auch ein wenig enttäuscht, dass er mich nicht aufgesucht hatte, bevor er zu unserem Baumhaus kam.

Sein Lächeln wirkte gequält, als ob er sich nicht über unser Wiedersehen freuen könnte.
Als ich auf ihn zutrat sah ich zum ersten Mal, wie schlecht er eigentlich aussah. Seine Haut schien blass und verschwitzt, sein Mund war eine schmale Linie und er hatte beinahe schwarze Augenringe. Ich hatte ich noch nie so krank wirkend gesehen.
„Hey, Steffen.“ Erwiderte er, wenig enthusiastisch.
Ich machte mir mittlerweile richtige Sorgen um meinen Freund.
Er schwang sich von der Plattform runter, rutschte ab und fiel vor mir, mit dem Gesicht voraus, auf die Erde.

Mein Gelächter konnte ich mir nicht verkneifen und als ich ihm meine Hand entgegenstreckte um ihm aufzuhelfen sah ich endlich das altbekannte, verschmitzte Grinsen wieder auf seinem Gesicht. Er rappelte sich hoch und wischte sich die vereinzelten Schlammspritzer weg.
„Perfekte Landung!“ gratulierte ich ihm.
„Genau wie geplant!“ erwiderte er und seine Haut nahm zusehends wieder einen gesünderen Farbton an.
„Wie war’s auf Madagaskar? Erzähl!“
„Später, Steffen. Können wir zuerst zu dir nach Hause? Ich glaub ich muss mir die Flecken schnell aus dem Shirt waschen, bevor meine Mutter mich so sieht.“
Ich machte eine Geste die zeigen sollte, dass er gerne Vorrausgehen konnte, aber Peter winkte ab.
„Geh du vor. Es ist schließlich dein Haus.“
Als ich mich umdrehte um loszugehen fiel mein Blick auf ein kleines, geradezu leuchtendes Objekt, nicht einmal drei Meter von der Stelle entfernt, an der Peter vorher so elegant gelandet war.
„Cool!“ rief ich und lief hin, wurde aber auf einmal zurückgerissen.
„Fass das nicht an!“ schrie Peter. „Das gehört dir nicht, lass es liegen!“
Verdutzt drehte ich mich um.
„Was zur Hölle meinst du? Alles was wir im Wald finden können wir behalten. Das hast du mir gesagt!“ Ich drehte mich nochmal um und bückte mich vornüber. Am Boden lag eine kleine, silberne Münze, halb vom Schlamm verdeckt.
Peter gab mir einen Stoß von hinten, sodass ich meine Balance verlor und gestreckt zu Boden fiel.
„Spinnst du jetzt komplett?“ schrie ich, erzürnt, aber Peters Anblick ließ mich sofort wieder verstummen. Tränen waren in seinen Augen und er schüttelte nur dem Kopf.
„Bitte lass die Münze einfach liegen. Ignorier sie. Ich erzähl dir wieso wenn wir später Zeit haben, aber jetzt sollten wir uns echt auf den Weg machen.“
Der fast schon flehende Ton in seiner Stimme überzeugte mich endgültig. Peter half mir auf und wir machten uns auf den Heimweg. Wir redeten kein Wort miteinander bis wir den Wald verlassen hatten.

Zum Glück waren meine Eltern beide in der Arbeit, so hatten wir das ganze Haus für uns alleine. Nachdem mein Freund die kleinen Schlammspritzer aus seinem T-Shirt gewaschen hatte setzten wir uns an den Küchentisch und ich stellte ihn endlich zu Rede:
„Jetzt haben wir mehr Zeit. Erzähl was mit dir los ist und was da vorher mit dir los war.“
„Okay. In Madagaskar habe ich einen alten Mann auf der Straße getroffen. Er war in Lumpen gehüllt und schien nicht ganz bei der Sache zu sein, sprach aber sehr gutes Deutsch. Ein alter Hut lag vor ihm, gut gefüllt mit Münzen und kleinen Scheinen von Touristen, aber er machte keinerlei Anstalten das Geld rauszunehmen, also hab ich ihn gefragt, ob er keine Angst hat, bestohlen zu werden.

Der Bettler hat nur gelächelt und seinen Kopf geschüttelt. Im Hut, gut sichtbar zwischen dem anderen Geld, war eine kleine, silberne Münze. Er hat mir dann erzählt, dass er genau so eine Münze vor Jahren mal auf einer Straße gesehen hat und sie aufgehoben hat. Danach hat sich sein Leben verändert. Seit dem Tag wird er von einer alten Frau verfolgt, die ihm immer mal wieder solche Münzen hinschmeißt. Berührt er diese, werden ihre Gesichtszüge deutlicher. So hat er es zumindest beschrieben.

Er hat dann seine Jacke aufgemacht und im Seitenfutter waren 5 weitere kleine silberne Münzen angebracht. „
„Du glaubst echt an seltsame, verfluchte Münzen?“ fragte ich ihn spöttisch.
Peter schüttelte nur wieder den Kopf und setzte fort:
„Nein. Ich hab ihn dann auch gefragt, ob ich die Münze haben darf, aber er hat es mir verboten.
Also hab ich, wie ich weg gegangen bin, schnell meine Hand in seinen Hut gesteckt und die Münze rausgefischt.“
Meine Augen wurden weit. Peter war zwar normalerweise immer der erste von uns beiden, der den Mut aufbrachte, etwas Gefährliches zu tun, aber das ging dann doch zu weit.
„Du hast den alten Mann bestohlen?“
„Ich wollte wissen, was genau an der Münze so besonderes ist. Als ich am nächsten Tag wiedergekommen bin und sie ihm zurückgeben wollte, schrie er mich an. Die Leute um uns herum haben sich dann auch zu uns umgedreht, aber das war ihm egal. Er war total sauer auf mich und hat mir gesagt ich soll mich von ihm fernhalten, bevor er seine Sachen zusammengepackt hat und davonmarschiert ist.

Meine Mutter hat das ganze mitbekommen und ist fast ausgerastet. Sie hat mir eine 30 minütige Standpauke darüber gehalten, nicht mit fremden Menschen zu reden.“
Ich kannte Peters Mutter sehr gut, und muss gestehen, dass mir die Frau öfters Angst eingejagt hat, sobald sie zornig wurde.
Meine Katze stolzierte in das Zimmer, sprang auf eine Ablage und starrte wie gebannt aus dem Fenster.
„Und, hast du seitdem die alte Frau gesehen, die der Bettler beschrieben hat?“ fragte ich nach.
„Zuerst nicht. Ich hab nur hinter mir immer mal wieder Geräusche gehört. Es sind aber weitere Münzen aufgetaucht.
Am Anfang dachte ich noch, dass der alte Mann mich verfolgte und mir einen Streich spielen wollte, aber du hast die eine Münze im Wald ja gesehen…“
„Wie viele von den silbernen Münzen hast du bis jetzt zusammenbekommen?“
„Vier. Seit der dritten Münze sehe ich eine alte Frau, die mich aus meinen Augenwinkeln anstarrt; Mit der vierten Münze hat sie angefangen mit mir zu reden. Normalerweise flüstert sie mir zu, nur wenn ich am Abend im Bett liege hör ich sie ein bisschen deutlicher.“
Gänsehaut lief mir den Rücken runter.
„Was sagt sie?“ fragte ich ihn.
„Ich weiß nicht. Meistens sagt sie nur ‚Komm‘, aber hin und wieder versucht sie ganze Sätze rauszubringen. Die sind dann aber meist unverständlich.“
„Wo hast du die vier Münzen?“
„Bei mir zuhause. Ich hab sie in eine kleine Box geworfen.“
„Dann schmeiß die Box weg!“ forderte ich ihn auf.
Peter wirkte nun wirklich niedergeschlagen.
„Glaubst du, das hab ich noch nicht versucht? Die vier Münzen gehören jetzt mir. Auch wenn ich sie wegschmeiße, sie tauchen wieder auf. Das letzte Mal, als ich sie weggeschmissen habe sind 2 in meinen Hosentaschen wieder aufgetaucht und die dritte lag auf meinem Koffer.“
„Warum hast du dann jetzt vier Münzen, wenn du weißt wie gefährlich sie sind?“ fragte ich ihn.

Peter schien den Tränen nahe. Er wirkte um Jahre gealtert als er antwortete:
„Meine Mutter hat mir beim Packen geholfen. Eine Münze war im Zimmer und sie wollte sie aufheben. Da hab ich schnell zugeschnappt und sie an mich genommen. Ich kann nicht erlauben, dass irgendjemand anderes die Münzen aufhebt.“
„Hast du schon mit deinen Eltern darüber gesprochen?“ wollte ich wissen.
„Ja, aber du kannst dir sicher vorstellen was mein Vater dazu gesagt hat... Er wollte die Münzen sehen und einmal selbst angreifen. Ich hab ihm was vorgelogen und er hat das Thema hoffentlich wieder vergessen. Die einzige Person, die mir weiterhelfen könnte war der Bettler, und er ist nie wieder aufgetaucht.“
Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich vollkommen machtlos. Mein bester Freund steckte in Schwierigkeiten und ich hatte keine Ahnung, wie ich ihm helfen konnte.
„Ich frag mich, ob die Münze im Wald noch dort liegt wo sie vorher war.“ Sagte ich ihm.
„Warum?“ fragte Peter.
„Einfach nur so.“ erwiderte ich.
Es war bereits früher Nachmittag als wir uns auf den Weg machten. Peter schien es ein wenig besser zu gehen, nachdem er mir die Geschichte erzählt hatte, ich hingegen fühlte mich viel schlechter als am Morgen.
Ich betrat als erster die Lichtung und konnte auf den ersten Blick feststellen, dass die Münze verschwunden war. Die weiche Erde rund um die Stelle wies keine Spuren anderer Fußabdrücke auf, selbst die Münze hatte keinen Abdruck hinterlassen.
„Ich sollte jetzt heimgehen.“ Sagte Peter, niedergeschlagen.
Mir fiel keine Antwort auf seine Aussage ein, so nickte ich nur, meine Gedanken waren ganz woanders.

Nachdem mein Freund gegangen war durchsuchte ich die restliche Umgebung erfolglos nach anderen Indizien für einen sehr ausgeklügelten Streich. Peter war nicht die Art von Person, die mir Streiche spielen würde, ich wollte dennoch sicher gehen, nicht zum Narren gehalten zu werden.

Als ich endlich aufgab und heimkam war meine Mutter bereits in der Küche. Ohne ein Wort zu sagen setzte ich mich auf einen Sessel und starrte Löcher in die Wand.

„Peter ist wieder da. Hast du ihn schon begrüßt?“ fragte sie mich.
„Ja.“ Gab ich kurz zurück.
„Das klingt ja nicht sehr erfreut. Habt ihr euch gestritten? Sollen wir ihn vielleicht zum Abendessen einladen?“
„Nein, das passt schon, Mama. Ich bin nur so beschäftigt“
Ihr Blick blieb einen Moment länger auf mir ruhen bevor sie sich weiter um das Essen kümmerte. Vielleicht hätte ich sie fragen sollen, was sie von der ganzen Geschichte hielt, Peter und ich hatten aber mal ein stilles abkommen getroffen, dass wir unsere Geheimnisse für uns behielten. Sie hätte mir wahrscheinlich sowieso nur das Gleiche gesagt, was Peters Eltern ihm schon erklärt hatten. Verfluchte Münzen gibt es nur in schlechten Geschichten und Hirngespinsten von 12-Jährigen.

Die ganze Geschichte ließ mich nichtmehr los und, als ich lustlos in meinem Essen herumstocherte, fasste ich einen Entschluss.
Mein Vater setzte sich gerne nach dem Abendessen stundenlang vor den Fernseher, und diesmal tat ich es ihm gleich. Die immer wiederkehrenden Blicke seinerseits hätten mir wohl klarmachen sollen, dass er auf meine Fragen wartete. Nach 15 Minuten des Herumprobierens versuchte ich es endlich:
„Du, Papa… Wenn du einen Freund hast, der ein Problem hat, aber keiner glaubt ihm… Was würdest du machen?“
Mein Vater konzentrierte nun seine ganze Aufmerksamkeit auf mich.
„Geht es um Peter?“
Ich nickte.
„Ich hab heute schon mit seinem Vater geredet. Er macht sich auch Sorgen um ihn. Weißt du da etwas Genaueres?“
Ich nickte wieder, schüttelte dann aber meinen Kopf.
„Peters Vater hat mir heute ein wenig davon erzählt. Es soll um irgendwelche Münzen gehen, stimmt das?“
Ich erzählte ihm die Geschichte, genau wie Peter sie mir erzählt hatte und mein Vater hörte mir ruhig zu. Er lachte nicht bei der Stelle mit dem Bettler und hob nur die Augenbrauen als ich ihm von der Münze beim Baumhaus erzählte. Als ich ihm von der alten Frau erzählte verfinsterte sich seine Miene.
„Ich werde morgen nochmals bei Peter und seiner Familie vorbeifahren. Vielleicht kann ich ja genaueres rausfinden. Du solltest deinem Freund auf jeden Fall morgen Gesellschaft leisten. Mach dir keine Sorgen, wir finden zusammen sicher eine Lösung.“ Sprach er, nach einer kurzen Bedenkpause.

Die Erleichterung die ich verspürte war unbeschreiblich. Mein Vater hatte mir zugehört und würde sich nun um die Angelegenheit kümmern. Doch dieses Hochgefühl hielt nur 6 Stunden an.


Es war zwei Uhr morgens als mich ein Geräusch aus meinem Schlaf riss. Meine Katze, die normalerweise gerne in meinem Zimmer schlief war bereits hellwach und starrte in die Dunkelheit. Etwas, oder jemand, klopfte an das Fenster meines Zimmers, welches gute 5 Meter über dem Boden war.

Ich sprang aus meinem Bett und eilte zum Fenster. Unterhalb, in unserem Garten, stand Peter, mit kleinen Kieseln in der Hand, mit denen er mein Fenster bombardierte. Eine kurze Pause abwartend öffnete ich das Fenster und winkte ihm. Er kletterte über die Regenrinne herauf und kam herein. Diesen Weg in und aus meinem Zimmer hatten wir vor ein paar Monaten entdeckt, und wenn ich jetzt daran zurückdenke wird mir erst klar, wie gefährlich das Ganze war.

Peter war bleicher als jemals zuvor und seine Augen schienen durchgehend in meinem Zimmer hin und her zu wandern.

„Was ist los?“ flüsterte ich besorgt.
„Ich bin jetzt bei 6 Münzen.“ Antwortete er, gehetzt und fischte eine Hand voller kleiner, silberner Scheiben aus seiner Hosentasche.
„Warum zum Teufel hast du zwei weitere aufgehoben?“ Es war schwer in meiner Frustration leise zu bleiben.
„Meine Eltern… Sie waren in meinem Zimmer und ich hatte keine Wahl. Wenn ich sie nicht genommen hätte…“
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
„Die alte Frau war vorher in meinem Zimmer. Sie war klar in meinem Blickfeld und hat mich angestarrt. Ich hab meine Mutter durch meinen Schrei geweckt, aber sie hat die alte Frau nicht sehen können… Sobald sie wieder schlafen gegangen ist, bin ich aus dem Haus gelaufen… Bitte, lass mich ein wenig hier bleiben und sag niemandem, dass ich da bin.“
Ich schaltete meine Nachttischlampe ein und wir setzten und in meinem Zimmer auf den Boden. Nach knapp 20 Minuten des Flüsterns kehrte die Farbe wieder zurück in Peters Gesicht und er entspannte sich sichtlich.

Meine Katze setzte sich zuerst zwischen uns, die Aufmerksamkeit, die sie bekam genießend und schnurrte hörbar.
Wir diskutierten gerade den Plan, die Münzen irgendwie einzuschmelzen als sie sich erhob und durch den Raum ging.

Peter wurde auf einmal Stocksteif und er erbleichte. Seine Augen waren auf den Stuhl gerichtet, vor dem meine Katze saß. Sie starrte hoch ins leere und hatte ihren Kopf schiefgelegt.

„Was ist?“ fragte ich meinen Freund sofort.
Er zeigte mit einem Finger auf den Stuhl und erst jetzt merkte ich, wie sehr seine Hand zitterte. Langsam erhob er sich und fing an zu schreien während er sich in eine Ecke meines Zimmers zurückzog:
„Bleib weg von mir! Hau ab!“
Ich kann die Panik in seiner Stimme auch heute noch hören. So schnell ich konnte stellte ich mich vor ihn, um ihm zu helfen, aber was hätte ich schon ausrichten können? Außer uns beiden und der Katze war niemand im Raum. Peter hatte unbemerkt eine der Münzen verloren und ich sammelte sie schnell auf, um sie ihm am nächsten Tag wieder zurückzugeben.

Meine Eltern platzen nur Sekunden später in mein Zimmer; mein Vater hatte eine schwere Vase in der Hand und seine Augen waren weit aufgerissen, aber auch er konnte anscheinend nichts sehen.


Es dauerte eine gute Stunde, in der wir vier bei uns in der Küche saßen, bevor Peter sich wieder unter Kontrolle hatte. Nachdem er meinen Eltern alles nochmals erzählt hatte verständigte meine Mutter seinen Vater und Peters Eltern holten ihn ab. Dies war das letzte Mal, dass ich meinen Freund lebend sah.
Mein Vater erzählte mir am nächsten Tag, dass Peters Eltern ihn zu einem Arzt gebracht hatten und er in den nächsten Tagen Medikamente nehmen müsste, damit es ihm wieder besser ginge. Ich sah auch ein, dass ich ihn zu der Zeit nicht besuchen konnte und so verbrachte ich die nächsten zwei Tage damit, ihm eine Karte zu basteln.
In der dritten Nacht hatte ich den schlimmsten Albtraum meines Lebens.
Peter lag reglos in seinem Bett, während eine alte Frau mit weißen Haaren und einer grauen Kutte über ihm stand und seinen Kopf streichelte. Ich versuchte zu schreien, ihn aufzuwecken, aber ich war stumm.
Die Alte schlug seine Decke zurück und legte ihre Hand auf seine Schulter. Mit einem Ruck drehte sie sich um und starrte mir direkt ins Gesicht. Ihre Miene wirkte teilnahmslos, bis sie mich mit ihren Augen fixierte. In diesem Moment verzogen sich die Muskeln in ihrem Gesicht und ihr Antlitz wurde zur Fratze.

Wenn ich mich bewegen hätte können wäre ich sofort weggelaufen so aber musste ich tatenlos zusehen wie sie sich umdrehte und meinen Freund an seinen Schultern hochhob.
Er zuckte zweimal in seinem Schlaf, wachte aber nicht auf.

Als ob er überhaupt kein Gewicht wog warf sie sich den widerstandslosen Körper meines Freundes über ihre Schulter und machte sich auf den Weg aus seinem Zimmer. Sie drehte sich nur noch einmal zu mir um, presste ihren Zeigefinger an ihre Lippen und öffnete die Türe.
Ich erwachte schreiend und rannte zu meinen Eltern. Mein Vater, der meinen Schrei gehört hatte kam mir bereits entgegen. Weinend berichtete ich ihm von meinem Traum und er nahm mich in seine Arme.

Wir liefen zu Fuß quer durch die Gärten und als wir Peters Haus erreichten war die Polizei bereits vor Ort. Der offizielle Bericht war, dass mein Freund von zuhause weggelaufen war und nie wieder zurückkam.

Gerüchte, die bei solchen Fällen immer entstehen gaben Peters Eltern die Schuld, aber ich weiß, was wirklich passiert ist. Peter wäre nie einfach davongelaufen, ohne mir zumindest Bescheid zu geben. Außerdem konnte mir noch nie jemand schlüssig erklären, wie ein mit Medikamenten ruhiggestelltes Kind ohne ein Geräusch zu machen aus seinem Haus fliehen kann.

Die Münze, die Peter zurückgelassen hat, war, wie Peter, am nächsten Tag verschwunden. Anscheinend war sie nicht für mich bestimmt. Die Zeichnung die ich am Abend davon angefertigt habe ist aber sehr wohl noch in meinem Besitz.

Ich habe Bilder der Münze an jeden nur erdenklichen Geschichtsprofessor und Münzensammler geschickt, bis heute konnte mir aber noch niemand sagen, woher sie eigentlich stammt.

Ich habe mir gerade genug Geld zusammengespart und werde Urlaub in Madagaskar machen. Vielleicht finde ich endlich eine Spur, die mich zu meinem lang verschollenen Freund führt.

 

Hallo EVlad,

herzlich willkommen bei den Wortkriegern. Der Titel hat mich erst ein wenig abgeschreckt, weil die Worte getrennt geschrieben sind. Aber als ich dann anfing zu lesen, wurde ich bald von der Geschichte gefesselt.

„Hey, Steffen“, erwiderte er wenig enthusiastisch.
würde ich schreiben. Wirkt weniger Holprig.

Ich machte mir mittlerweile richtige Sorgen um meinen Freund.
Und vorher machte er sich falsche Sorgen? Statt richtig eher groß, das bringt die Steigerung besser zum Ausdruck.

dass er gerne vorausgehen konnte

Alles(KOMMA) was wir im Wald finden(KOMMA) können wir behalten.

„„Du glaubst echt an seltsame, verfluchte Münzen?“ fragte ich ihn spöttisch.
Ein Anführungszeichen zu viel.

was sie von der ganzen Geschichte hielt, (Ich würde einen Punkt setzen) Peter und ich hatten aber mal ein stilles Abkommen getroffen,

Die ganze Geschichte ließ mich nicht(Leerzeichen)mehr los

wir finden zusammen sicher eine Lösung“, sprach er, nach einer kurzen Bedenkpause.

ich sammelte sie schnell auf, um sie ihm am nächsten Tag wieder zurückzugeben.
das scheint logisch nicht zu dem bisherigen Verlauf zu passen.

Die Münze, die Peter zurückgelassen hatte,
Ich würde bei der Stelle oben einfach sagen, dass die Münze unter dem Bett liegenblieb - dann ist kein Bruch in der Geschichte.

Ich habe Bilder der Münze an jeden nur erdenklichen Geschichtsprofessor und Münzensammler geschickt. Bis heute konnte mir aber noch niemand sagen, woher sie eigentlich stammt.
Bandwurmsätze sind schwer zu lesen und hemmen.

Die Zeichnung die ich am Abend davon angefertigt hatte(KOMMA) ist aber

Also mutig ist er ja, der Prot, dass er nach Madagskar will trotz der gruseligen Erlebnisse. Und das ist auch das Manko der Geschichte: Sie hört einfach ohne Schluss auf. Erinnert ein wenig an Gruselgeschichten früherer Jahrhunderte: Unerklärliches bleibt unerklärlich. Aber dazu passt eben die geplante Reise nicht. Die fordert eine Fortführung Deiner Geschichte.

Ich denke kaum, dass ich alle Fehler gefunden habe, denn ich habe nicht so genau darauf gesehen. Vor allem die Zeichensetzung solltest Du durchsehen.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo EVlad,
deine Geschichte hat ein paar anfängliche Probleme, die ich dir unten ein wenig aufgeführt habe. Dadurch wird der Lesefluss beeinträchtigt, was vor allem zu Beginn einer Geschichte zu einem Problem werden kann. Es wirkt fast, als hättest du am Anfang geschludert, gegen Ende dann aber einen besseren Weg gefunden.

Auch finde ich, dass du am Anfang ein wenig lapidar erzählst, was sich später (ab dem Zeitpunkt, zu dem Peter dem Prot seine Geschichte erzählt) aber um einiges bessert. Ab da fand ich die Geschichte spannend.

Woran du aber echt arbeiten musst, ist deine Kommasetzung. Die lässt schon ein wenig zu wünschen übrig. Ich bin da jetzt auch keine Koryphäe, aber du setzt hier eindeutig zu wenig.

Würdest du am Anfang noch ein wenig feilen und diesen ein wenig runder machen (s.u.), wäre das eine gute Geschichte. Geheimnisvoll und mit dem für Horror passenden offenen Ende, das weiteren Schrecken verspricht. Aber ich bin ein Fan eines passenden offenen Endes. Meist stehe ich damit allerdings allein da.

Hat mir also gefallen, wenn auch nicht perfekt. ;)

LG
Tamira

Auffälligkeiten:

Sein Vater hatte ihn, seine Schwester und Mutter nach Madagaskar mitgenommen und ich brannte förmlich darauf zu hören, was er alles erlebt hatte.
Es muss heißen: ... seine Schwester und seine Mutter ...
So wäre es die Mutter des Prots.
Oder du sagst einfach: Seine Eltern hatten ihn und seine Schwester nach Madagaskar ...


Nachdem ich stundenlang aufgeregt daheim gewartet hatte, ging ich alleine in den Wald, wissend, dass Peter nachkommen würde.
Wieso hat er denn stundenlang gewartet, und hat seinen Freund nicht angerufen oder ist zu ihm gegangen? Hatten sie vereinbart, dass Peter gleich zum Prot nachhause kommt? Oder wollten sie sich sowieso im Baumhaus treffen? Wenn ja, wieso hat der Prot dann gewartet?
Du solltest hier ein paar Informationen mehr einwerfen, Beispiel: Nachdem ich zuhause länger, als wir es vereinbart hatten, auf Peter gewartet hatte, er jedoch nicht erschien, machte ich mich allein in den Wald auf. Vielleicht hatte er unsere Verabredung vergessen und war bereits zum Baumhaus vorgegangen.

Als ich den Waldweg gerade verlassen hatte und mich durch die letzten Büsche vorkämpfte sah ich eine Gestalt auf dem Baumhaus.
1. Auf? Nicht im?
2. ... vorkämpfte, sah ...

Er ging auf der Plattform, die wir uns letzten Sommer gebaut hatten, auf und ab und seine Lippen bewegten sich durchgehend. Ich war zu weit entfernt, um auszumachen was er sagte oder mit wem er sprach und blieb still.
Unschlüssig.
Er sieht seine Lippen sich bewegen, aber nicht, mit wem er sprach? Das suggeriert dem Leser erstens, dass der Prot jemanden sieht, diesen aber nicht erkennen kann und zweitens, dass sich dieser jemand versteckt, denn wenn er die Lippen sehen kann, könnte er doch auch den Gesprächspartner sehen.

er schaute durchgehend stur auf seine Schuhe hinab. Normalerweise machte er das nur, wenn wir von einem Erwachsenen erwischt wurden.
Wobei? Oder macht er das immer, wenn ein Erwachsener da ist?
Ich bewegte mich so leise wie möglich um die kleine Lichtung herum, konnte aber niemanden außer uns zweien sehen.
niemanden außer Peter
Er sieht sich selbst ja nicht.

Peter!“ rief ich, glücklich, wenn auch ein wenig enttäuscht, dass er mich nicht aufgesucht hatte, bevor er zu unserem Baumhaus kam.
Falsche Zeitform.
Es muss heißen: dass er mich nicht aufgesucht hatte, bevor er zu unserem Baumhaus gekommen war.

„Peter!“ rief ich, glücklich
Wird der Satz nach einer wörtlichen Rede fortgesetzt, steht nach den 2. Anführungsstrichen ein Komma.
So: "Peter!", rief ich glücklich, ...

„Hey, Steffen.“ Erwiderte er, wenig enthusiastisch.
Ebenso: "Hey Steffen", erwiderte er, wenig enthusiastisch. (Der Punkt steht immer am Ende eines Satzes, nicht am Ende der wörtlichen Rede, sofern diese nicht den Satz beendet)

Irgendwo hier gab es mal einen Thread, wo das ganz wunderbar erklärt wird. Ich habe aber keine Ahnung, wo das war. (Damals, zu Urzeiten, als diese Seite noch unter dem Namen Kurzgeschichten.de bekannt war ...)
Vielleicht weißt es ja der nächste Kritiker.


P.S.:
Warum schreibst du im Titel "silber Münzen" und nicht "Silbermünzen"?

 

Hallo Tamira,

Danke für deine Kritik!
Ja, das mit der Beistrichsetzung ist wirklich ein Problem an dem ich feilen sollte... Habe leider in letzter Zeit nur auf Englisch geschrieben, da scheinen sich gewisse Sachen in meinem Stil festgesetzt zu haben...
Ich werde mir auf jeden Fall die von dir aufgelisteten Probleme genauer anschauen und gelobe Besserung!

 

Hallo EVlad,

was die Zeichensetzung angeht, ist das Ganze wirklich ein bisschen schwer zu lesen. Da sind auch ein paar Fallfehler drin, die wahrscheinlich auf Flüchtigkeit basieren. Sowas ist mir aber eher egal. Alles in allem konnte ich trotzdem ganz gut durchrauschen und den Inhalt durchleben.

Inhaltlich ist das Ding für meinen Geschmack wirklich interessant und spannend zu lesen. Ich fühlte mich da an irgendwelche Horror-Rache-Stories oder dergleichen erinnert und war ordentlich gethrillt. Hatte auch gleich so 'ne grausame Alte vor Augen. Brrr.

Allerdings mag mir das Ende nicht gefallen. Der eine Junge einfach weg. Der andere will rumforschen. Erinnert mich ein bisschen an ein Videospiel, das ich nun nach Monaten endlich mal durchgespielt habe. :)

LG
Schleife

 

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