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La Fenouillade - Land der Steine und des wilden Fenchels

Monster-WG
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10.09.2014
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La Fenouillade - Land der Steine und des wilden Fenchels

Ich verstehe nichts, überall Gemurmel. Eine Stimme neben mir bedrängt mich. Ich möchte meiner Wege gehen, doch die Hand auf meinem Arm will das nicht zulassen. Warum schauen mich die Leute so deprimiert an?
Einige greifen nach meinen Händen, die sie wohl drücken möchten. Ich glaube nicht, dass sie mir schaden wollen, nur weiß ich nicht, was sie hier tun – schwarz gekleidet, einige Damen mit Gesichtsschleier, alte Männer halten ihren Hut in der Hand.
Mir ist schwindlig. Mit bloßen Füßen möchte ich auf der Erde stehen, breitbeinig und fest. Kühl wird sie sein, wie die Grube vor mir. Ganz unten noch kühler, beinahe kalt. Aber wenn man immer tiefer gräbt, fast tausend Meter, dann wird sie überraschend warm. Da gibt es heiße Seen, Lava zischt hinein. Es blitzt in einem fort, tausend kleine Blitze. Einige gefährlich nah, fast vor meinem Gesicht. Das ist widerlich, wie eine Befragung, eine intime Inspektion.
Ich wünsche mir Regen. Die Tropfen würden über mir auf den Ästen landen und über die dicken, dann über die dünneren Zweige langsam zu mir herunterrinnen und kühlend über mein Gesicht laufen. Niemand sähe, dass ich weine.
Schneien wäre noch schöner – auf all das, auf diese traurigen Menschen. Weiße Kleider würden sie tragen statt der schwarzen. Schnee im Sommer – ein Scherz wie ein Messer in der Brust. Sie verkaufen ihn an jeder Ecke.

Hier kann ich nicht bleiben.

Wie auf einem Bildschirm rollt die Straße vor mir ab. Gedankenlos schalte ich das Radio an. Es bricht los, viel zu laut, wie eine Explosion; fast verreiße ich das Steuer. Aus! Ich fahre in eine Parkbucht.

Diese Landschaft sagt mir nichts. Eintönig und trist. Ich fahre ewig weiter. Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths Anfänge mit dem weißen Zeug: Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp.
Die Straße wird schmaler und unübersichtlicher, die Linie jetzt blendend weiß, fast kristallen. Ohne Unterbrechung befiehlt sie, ihr zu folgen; die Kurven werden gefährlicher.
Ich fahre sehr schnell. Der Wagen vibriert, die Reifen schlittern. Will ich mich auch umbringen?

Ödland tut sich auf. Ich verringere die Geschwindigkeit. Ende der langen weißen Linie, der sie folgen musste, trotz ihrer Intelligenz, ihres Charmes, der ihr eigenen Heiterkeit, die durch hysterisches Auflachen immer rissiger wurde. Wie Asphalt, der in Schotter übergeht. Dann immer kleiner und feiner wird und endlich als Staub verweht.

Die Luft ist lau. Ich nehme eine Decke aus dem Wagen und lege mich vor eines der verlassenen Steinhäuser.
Völlige Stille - so ungewohnt, dass sie fast brutal auf mich wirkt. Hier bin nur ich mit meinen Gedanken. Und mit den Sternen, die sind doppelt so groß wie zu Hause. Ruth ist dabei.
Meine Augen umreißen die Konturen des halben Mondes, als ob ich ihn aus dieser besternten Tapete herausschneiden wolle.
Das tut mir gut, dieses Konzentrieren. Die wirren Knäuel in meinem Kopf bewegen sich weniger aufgeregt. Diffuses nimmt langsam Gestalt an. Zentimeterweise wird mir meine Tragödie bewusst. Ich beginne, die Sterne auszuschneiden und die Monde zu zählen. Was ist denn wahr, was scheint nur so?
Gegen Morgen wird es unerwartet kalt. Ich gehe ins Haus und lege mich wieder hin. Ich werde nicht mehr aufstehen. Wozu weiterleben? Trotzdem wird es hell und dunkel. Zehn Tage und zehn Nächte?

Das Dach ist in der Mitte eingestürzt, ein Dach, wie ich es noch nie gesehen habe. Kunstfertig gelegt aus dünnen Steinplatten, der Himmel schaut herein. Vormittag, Nachmittag? Ich dämmere weiter. Als die Helligkeit nachlässt, erhebe ich mich. Ich trete vor die Türöffnung. Steinland. Unwirtlich, ein Ort der Verbannung.
Taub gehe ich auf gepflasterten Wegen, unsicher wie auf grobem Kies. Die schrillen Geigen geben keine Ruhe, doch sie quälen mich nicht mehr – ich weiß jetzt, es sind die Grillen. Nur meine Gedanken lassen sich nicht ordnen.
Wir waren gierig. Die gewohnten Reize genügten nicht mehr.
Ruth war an allem interessiert. Eine einmalige Frau. Sie hat auch mir zugehört. Hat mir Zeit gelassen, meine linkischen Versuche origineller zu gestalten, in ihrer Nähe zu sein – das hat sie sicher sehr amüsiert. Aber sie hat mich ernst genommen.
Wer hätte ich sein müssen, um sie zu beeindrucken? Ich war nichts.
Als ich ihr diesen selbstgebrannten Handschmeichler überreichte, war sie fast gerührt. ‚Viel schöner als etwas vom Juwelier’ sagte sie und ich war König. Ein andermal meinte sie, mir stünde die Töpferschürze hundertmal besser als ein Chefarztkittel.

Die Eingänge zu den tiefer liegenden Weinkellern sind eingebrochen, die Stufen schadhaft. Ich steige nicht hinab, hätte ohnehin keine Lampe. Dort mögen sie noch liegen – die Schätze in den Eichenfässern, reif und konzentriert. Ruth und die Schätze. Sie war mehr als mein Schatz, sie war mein Alles.
Mir schießen Tränen in die Augen. Ihr fein geschnittenes Gesicht mit den großen dunklen Augen, eng zusammenstehend, mit – nein, ich kann es nicht beschreiben, ich sehe es dicht vor mir, möchte in ihr kräftiges Haar fassen, sie wie gewohnt sanft zu mir ziehen und ihr mit meinen Lippen über Wangen und Hals streifen, ihren Geruch in mich saugen, die Welt vergessen, mich an sie pressen. Tonnen von Laub und Blüten sollen über uns abregnen und uns über tausend glückliche Jahre zu Kompost werden lassen.
Benommen stehe ich vor meinen Habseligkeiten. Um mich Weltraumstille und Trilliarden Steine – überall, auch auf meinen Schultern, in meiner Brust.
Ich habe drei Schwestern, alle wunderschön. Aber Ruth! Die ist unbegreiflich. Eine Frau von den Sternen, verrückt und nachdenklich. Spielt Cello, verdammt, hab schon wieder nasse Augen. Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.

Dieses Land ist dürr und ausgemergelt, schon vor hundert Jahren seiner Kraft beraubt. Ungeschützt, aufgegeben. Wagt sich ein unbedarftes Pflänzchen doch ans Tageslicht, dann wird dieses Licht schon vor der Mittagszeit zur sengenden Sonne und frisst es auf. Nur wenige Pflanzen mit Selbstgeißlercharakter überleben die täglichen Strapazen; sie besitzen eine überirdische Leidensfähigkeit und Stärke. Sie überleben nicht nur, nein, sie treiben – wie in letzter Verzweiflung – noch nie gesehene Blüten aus, bizarr und in trunkenen Farben. Recken sie der Sonne entgegen, triumphierend, voller Stolz. Soviel Forschheit und Kampfgeist könnte ich nie aufbringen. Es sei denn, Ruth wäre in Gefahr gewesen. Ich wäre zum Tiger geworden. Nur vor den weißen Kristallen konnte ich sie nicht schützen.

Ich weiß nicht, ob ich schon verrückt bin, doch ich respektiere dieses Land. Hier kommt zur gewohnten Zeit noch eine zweite Zeit ins Spiel, die erfühlt man, wenn man durch die aufgegebenen Weinterrassen geht, wo der nackte Schiefer glänzt. Hier verwildern Rebstöcke mit knorrigem schwarzen Holz, verdreht und schorfig, schon lange nicht mehr gehegt. Die Erde ist fortgespült. Zum ausgedarrten Flussbett gehe ich hinunter. Die solide Brücke kann man erst auf den zweiten Blick wahrnehmen – der schöne Bogen versinkt zur Hälfte in damals heruntergewaschenen Steinen. Eine Steinbrücke über einem Steinfluss. Ich hätte Ruth gebeten, sich auf die Mauer zu setzen und dann ein Urlaubsfoto gemacht.

In all dem steinernen Chaos spüre ich eine große und einfache Echtheit – unter einem grenzenlos weiten Himmel, der immer wieder überrascht, denn er arbeitet wie ein sehr talentierter Bühnenbildner mit allen Wolkenvariationen und einer Riesenfarbpalette.
Ruth hatte diesen Blick für Einfaches und Schönes; meinen Handschmeichler hat sie sehr geschätzt, trug ihn immer bei sich.

Es gibt hier keinerlei Ablenkung, jedes Wort und jeder Gedanke kommen mit sechsfachem Echo zurück. Nicht wie in den Bergen, immer schwächer werdend – auch das sechste Echo ist hier so stark wie das erste, erreicht manchmal erst nach Tagen mein Ohr und somit meinen Kopf. Ich habe schon wieder so viel anderes gedacht - und dann stellt sich mit diesem letzten Echo das eben Gedachte wieder anders dar und ich werde ganz wirr durch die vielen Perspektiven und Deutungsmöglichkeiten von ein und derselben Sache, fast ein wenig zornig über die immer weiter dahinschwindende Chance, einen aufgegriffenen Gedanken hier in dieser perfekten Stille zu Ende denken zu können.
Das alles kennt Ruth nicht. Sie ermüdet und wir suchen uns eine Steinplatte, von der Sonne uns zuliebe schon aufmerksamst vorgewärmt. Wir lehnen aneinander und nicken auf der Stelle ein.

Ich nehme Ruths Hand und sie lässt es zu. Ganz vorsichtig führe ich sie an meine Lippen, ich kann sie gar nicht vorsichtig genug anfassen, sie ist so zart. Und Ruth ist so schön. Fast müssen wir uns gar nicht beugen, denn an der Feldmauer aus seit Generationen aufgeschichteten Steinen wächst er uns entgegen – der wilde Fenchel. Und da unsere Zeit hier in der Fenouillade keinerlei Grenze kennt und wir sozusagen schon zeitlos und beinahe unsterblich sind – greifen wir danach und brechen einige Stängel.
Wir betrachten das strohdürre Unkraut und erkennen in dieser feinziselierten Blütenarchitektur den Kosmos im Kleinen: Um die Hauptsonne kreisen die sieben Nebensonnen mit wiederum jeweils sieben Untersonnen und das Ganze geht noch siebenmal so weiter und wenn die kleinste und mickrigste der alleruntersten Sonnenkategorie einen winzigkleinen Staubfaden verliert, der ohne die geringste Orientierung ganz nach Zufall und Wind irgendwo hingetrieben wird, meine teure Ruth, dann sind das wir – wir beide.

 

Hallo josefelipe

toller Titel: jetzt erwarte ich diese romantische Mischung aus Natruschauspiel und Menschen, die sich darin verirren, bin gespannt was kommt...sehr subjektiv, extreme Innensicht, einige Längen, eine Aneinanderreihung poetische Bilder, manches rätselhaft, keine richtige Geschichte, aber sprachmächtig ...

Zum Text:

Ich möchte mit bloßen Füßen auf der Erde stehen, breitbeinig und fest.
iich kapiere zwar nicht, wo ich bin, aber dieser Satz zeigt mir, dass der Erzähler ebenso unsicher ist...

Da wüsste niemand, ob ich weine.
müsste es nicht "weinte" heißen?

Schnee im Sommer – ein Scherz wie ein Messer in der Brust. Sie verkaufen ihn an jeder Ecke.
kapier ich nicht, sie verkaufen den Schnee? oder deutest du Rauschgift an?

Will ich mich auch umbringen, durch Raserei? Und wieso nicht?
klongt komisch, besser vielleicht: Will ich sterben durch meine Raserei? dann hat das mehr Zweideutigkeit...

Ich nehme irgendwas Weiches und lege mich vor eins der verlassenen Steinhäuser.
schöner wär es wenn es ein Luftkissen wäre :)

besternten Tapete
schönes Bild

Ich beginne, die Sterne auszuschneiden und die Monde zu zählen. Was ist denn wahr, was scheint nur so? Ich weiß nichts mehr.
auch das ist sehr gut...

Zehn Tage und zehn Nächte?
warum zehn?

ihren Geruch in mich saugen, die Welt vergessen, mich an sie pressen, eine Tonne Laub und Blüten über uns regnen und uns über tausend glückliche Jahre zu Kompost werden lassen.
wie schön, überhaupt beschreibst du die Liebe zu Ruth greifbar, echt... es klingt nach Liebe, nicht nach der Idee von Liebe...

Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.
ist mir zu viel, dieses Cello-Bild...

Nur vor den weißen Kristallen konnte ich sie nicht schützen.
aha<: doch Rauschgift...

Um die Hauptsonne kreisen die sieben Nebensonnen mit wiederum jeweils sieben Untersonnen und das Ganze geht noch siebenmal so weiter und wenn die kleinste und mickrigste der alleruntersten Sonnenkategorie einen winzekleinen Staubfaden verliert, der ohne die geringste Orientierung ganz nach Zufall und Wind irgendwo hingetrieben wird, meine teure Ruth, dann sind das wir – wir beide.
wow :Pfeif:

viele Grüße
Isegrims

 

Hallo José,

um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Diese Geschichte gefällt mir sehr. Für mich persönlich ist es deine beste seit einiger Zeit. Es mag meine eigene Tagesform beim Lesen sein, aber die Melancholie, die aus deinen Zeilen spricht, rührt mich unmittelbar an. Hier kommt dein typischer Stil wieder mal hervorragend zur Anwendung - große Worte für große Gefühle. Das kann leicht ins Kitschige abgleiten, aber das passiert hier nicht.

Dass dein Text von der Handlung her einige Rätsel aufwirft, macht ihn um so interessanter. Würdest du alle Fragen beantworten, wäre das Mysterium zerstört und die Romantik dahin. Denn die Romantik ist das, was ich hauptsächlich in deiner Geschichte finde, auch wenn sie von der bittersüßen Art ist. Der gesellschaftliche und philosophische Bezug erschließt sich mir eher nicht.

Eines der Rätsel, die du uns stellst, ist die Bedeutung des Schnees bzw. der weißen Kristalle, die Ruth offenbar das Leben gekostet haben. Isegrims war letztlich überzeugt, dass es um Rauschgift ging. Aus meiner Sicht könnte es ebensogut wirklicher Schnee sein, der zu einem tödlichen Verkehrsunfall geführt hat; dazu würde dann die ausführliche Beschreibung der Straße passen, auf der der Erzähler fährt. Was an den Straßenecken verkauft wird, könnten dann die Schneekugeln der Souvenirhändler sein und nicht die zerstörerischen Illusionen der Drogenhändler. Aber beides bleibt möglich, oder sogar die Kombination: Ein Unfalltod unter Drogeneinfluss auf winterlicher Straße. Wenn das Absicht war, dann ist es klug gemacht.

Viele Bilder hat Isegrims schon gelobt, ein paar kleine Stellen auch in Frage gestellt - ich versuche mal, keine unnötigen Wiederholungen zu bringen:

Es blitzt in einem fort, tausend kleine Blitze. Einige gefährlich nah, fast vor meinem Gesicht. Das ist widerlich, wie eine Befragung, eine intime Inspektion.
War Ruth prominent, und die Paparazzi stören die Beisetzung?

Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths Start. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp.
Die breite Straße wird schmaler, unübersichtlicher. Die Linie ist jetzt blendend weiß, fast kristallen. Ohne Unterbrechung befiehlt sie, ihr zu folgen; die Kurven werden gefährlicher.
(...)
Schlusspunkt der langen weißen Linie, der sie folgen musste, trotz ihrer Intelligenz, ihres Charmes, der ihr eigenen Heiterkeit, die durch hysterisches Auflachen immer rissiger wurde.
Ah, okay, ich hab's gerafft: Es sind doch die Drogen! Ich könnte jetzt meine Aussage oben verschämt retuschieren, aber ich lasse sie mal so. Vielleicht ist es ja für dich von Interesse, was zumindest einem deiner Leser erst beim zweiten Durchgang klar geworden ist. Allerdings an einem anderen Punkt als bei Isegrims.
Zusätzlich fällt mir jetzt auf, dass es kein winterlicher Unfall gewesen sein kann, wenn die Beerdigung im Sommer stattfindet. Ein Mysterium weniger.

Wir waren gierig. Die gewohnten Reize genügten nicht mehr.
"Wir" im Plural - hat er auch gekokst? Ließen sich seine verwirrten Gedanken, der Verlust des Zeitgefühls, die schrillen Klangeindrücke vielleicht nicht nur auf Ruths Tod, sondern auch auf Entzugserscheinungen zurückführen? Ein neues Rätsel, das keiner Lösung bedarf.

Ich verzichte hinabzusteigen
Fehlt hier ein "darauf", oder soll das so sein? Ungewohnt, aber möglich.

Spielt Cello, verdammt, hab schon wieder nasse Augen. Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.
Hier reißt es mich kurz raus, als Avenger denke ich an Phil Coulson und seine Freundin. (Der Eisenmann wird wissen, was ich meine.) Aber dafür kannst du nichts, lass dir nicht einfallen, das zu ändern!

Dieses Land ist dürr und ausgemergelt, schon vor hundert Jahren seiner Kraft beraubt. Ungeschützt, aufgegeben. Wagt sich ein unbedarftes Pflänzchen doch ans Tageslicht, dann wird dieses Licht schon vor der Mittagszeit zur brennenden Sonne und frisst es auf. Nur wenige Pflanzen mit Selbstgeißlercharakter überleben die täglichen Strapazen; sie besitzen eine überirdische Leidensfähigkeit und Stärke. Sie überleben nicht nur, nein, sie treiben – wie in letzter Verzweiflung – noch nie gesehene Blüten aus, bizarr und in trunkenen Farben. Sie recken diese Kunstwerke der Sonne entgegen, triumphierend, voller Stolz – und ich, der ich eher einen zaghaften Charakter habe, bewundere sie.
Beschreibt er hier die Landschaft oder Ruth ...? Sehr schön.

Ich hätte Ruth gebeten, sich auf die Mauer zu setzenKomma und dann ein wunderschönes Urlaubsfoto gemacht.

auch das sechste Echo ist hier so stark wie das erste und kann unter Umständen erst nach mehreren Tagen dein Ohr erreichen und somit deinen Kopf, wenn du schon wieder soviel anderes gedacht hastKomma und dann stellt sich mit diesem letzten Echo das eben Gedachte wieder anders dar und du wirst ganz wirr
Ein irrsinnig langer Satz, obwohl ich ihn nicht mal zur Gänze zitiere. Und das ist bestimmt Absicht. Trotzdem könntest du statt des Kommas auch einen Punkt oder einen Gedankenstrich einfügen, damit das Auge des Lesers deinem Gedanken auch noch folgen kann.

wir suchen uns eine Steinplatte mit angedeuteter Mulde im ergonomischen Sinne, vom Zentralgestirn uns zuliebe schon aufmerksamst vorgewärmt für den Allerwertesten
Die beiden hervorgehobenen Formulierungen fallen stilistisch aus der Rolle, die eine zu technisch, die andere etwas flapsig. Das könntest du verschönern.

Wir betrachten dieses strohdürre Unkraut und erkennen in dieser feinziselierten Blütenarchitektur den Kosmos im Kleinen
Da bleibt mein Leseauge kurz hängen. Es würde leichter weitergleiten (und die nachfolgende Metapher besser würdigen können), wenn du statt dessen einfach "das" und "der" geschrieben hättest.

und wenn die kleinste und mickrigste der alleruntersten Sonnenkategorie einen winzekleinen Staubfaden verliert
"Winzeklein" kenne ich nicht, und der Duden auch nicht. Meine Suchmaschine bietet nur 47 Fundstellen, vor allem von Kindergartenseiten. Vielleicht eine Vermischung von "winzigklein" und "klitzeklein"?

Sehr gern gelesen!

Grüße vom Holg ...

 

Hola Incredible!

Blitzmitteilung: Die angemerkten Makel sind ausgemerzt.
Ausführliche Antwort ein wenig später.

Vorerst vielen Dank!
José

 

Hola Isegrims,

möchte mich für Deinen Kommentar bedanken. Ich habe mich gefreut, dass Du die Geschichte mal überflogen hast:

... sehr subjektiv, extreme Innensicht, einige Längen, eine Aneinanderreihung poetische Bilder, manches rätselhaft, keine richtige Geschichte, aber sprachmächtig ...
Bei den Längen will ich mich diesmal verteidigen, weil mir bei meiner Maler-Story geschrieben wurde, dass etwas mehr Ausführlichkeit vermisst wurde. Außerdem muss ich dem Titel Genüge tun und schon etwas mehr liefern als nur eine schnelle Skizze.

Keine richtige Geschichte? Ein Mann verliert seine große Liebe und flieht die Welt. Dann trifft er sie wieder, leider halb im Wahn. Und schließlich – die Geschichte ist noch nicht zu Ende;)– gewinnt er noch eine tiefe Erkenntnis. Aber ich bitte Dich! Das muss doch reichen für eine Kurzgeschichte.

Text: Ich möchte mit bloßen Füßen auf der Erde stehen, breitbeinig und fest.
Du: iich kapiere zwar nicht, wo ich bin, aber dieser Satz zeigt mir, dass der Erzähler ebenso unsicher ist...
Genau das zeigt dieser Satz!
Text: Da wüsste niemand, ob ich weine.
Du: müsste es nicht "weinte" heißen?
Nein, müsste es nicht.
Text: Schnee im Sommer – ein Scherz wie ein Messer in der Brust. Sie verkaufen ihn an jeder Ecke.
Du: kapier ich nicht, sie verkaufen den Schnee? oder deutest du Rauschgift an?
Also doch kapiert.
Text: Will ich mich auch umbringen, durch Raserei? Und wieso nicht?
Du: klongt komisch, besser vielleicht: Will ich sterben durch meine Raserei? dann hat das mehr Zweideutigkeit...
Zweideutigkeit ist hier fehl am Platze. Es ist doch eindeutig: Er hat sie durch Rauschgift verloren – jetzt ist es ihm scheißegal, ob er sich zu Tode fährt.
Text: Ich nehme irgendwas Weiches und lege mich vor eins der verlassenen Steinhäuser.
Du: schöner wär es wenn es ein Luftkissen wäre
Hahaha.
Text: Zehn Tage und zehn Nächte?
Du: warum zehn?
Was weiß denn ich? Vielleicht nur gefühlte zehn – deshalb das Fragezeichen.
Text: Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.
Du: ist mir zu viel, dieses Cello-Bild...
Liebe(r) Isegrims, hier irrst Du. Das ist wundervoll! In unserer alten Porzellanfabrik Zsolnay trat unlängst eine englische Cellistin auf, die haargenau so schön war wie Ruth – und die verkörperte mit ihrem Instrument tatsächlich Sinn und Schönheit der Welt.
Ich hoffe, Du nimmst mir die vielen Widerworte;) nicht übel, aber warum sollte immer der Kommentator recht haben?
Ich klammere mich an Deine eingestreuten lobenden Worte – die geben mir Kraft für einen nächsten Versuch.
Wer wären wir, wenn wir locker ließen?
Ein schöner Gruß!
José

 

josefelipe

also du darfst meinen Kommentar nicht missverstehen, nur weil ich zehn :) Petitessen angemerkt habe...

schöner Text, sehr sogar...
viele Grüße in die Sommernacht (hoffe du gehst jetzt nicht im Schnee Ruth suchen)
Isegrims

 

Hallo josefelipe,

nach einer langen Sitzung habe ich versucht, Deinen Text zu lesen und bin gescheitert.

große Worte für große Gefühle
sagt Holg und da hat er gewiss recht. Nur heute Abend sind es mir zu große Worte und zu starke Gefühle. Also ich habe mich an Deine Geschichte drangewagt und werde sie mir wieder zu Gemüte führen, wenn ich besser drauf bin. Denn interessant scheint sie mir allzumal.

Soviel für heute - nicht, dass du fürchtest, du würdest nicht gelesen.

Herzliche Grüße an euch

Jobär

 

Hallo josefelipe,

die Verzweiflung über den ungeheuren Verlust des Protagonisten habe ich sofort gespürt. Um der Ehrlichkeit willen gebe ich zu, dass die eigentliche Handlung mir erst aufging, als ich die Kommentare zuhilfe nahm.
Aber dann! Blitzartig erhellten sich mir alle Bilder und ich fand sie alle stimmig. Dauernd sagte ich zu mir: Wieso hast du das nicht gleich erkannt, er schreibt es doch glasklar, ohne ironische Umwege und ohne neckische Anspielungen? Vielleicht hat mich der Titel in die Irre geführt. Vielleicht ist es aber auch so, dass ich mich in der Welt der Drogen überhaupt nicht auskenne. Ich bin zu harmlos. Wie auch immer. Dieser Text ist großartig.

Mich würde interessieren, ob er neueren Datums ist oder - wie dein letzter Text - eine Neubearbeitung.
Und eines ist mir klar: Schnell mal eben drüberfliegen ist nicht.

Gruß wieselmaus

 

Hallo @josefelipe,

du überzeugst mich wieder mit deiner Gabe, schöne Bilder zu zeichnen und ich habe in jedem Absatz die Liebe des Erzählers zu seiner Ruth gespürt.
Doch leider hat mich darüber hinaus der Text verwirrt zurückgelassen. Zusammenhänge habe ich nicht erkannt und erst nachdem ich die ersten beide Kommentare gelesen habe, dämmerte es mir langsam. Doch lieber Jose, das ist nicht die Art Geschichte, die ich mag. Ich möchte wissen wieso, weshalb, warum etwas passiert. Ich setze mich auch gerne mit einem Text auseinander, doch hier hatte ich zu viele Fragen, die ungeklärt blieben. Auch wenn sich am Ende nicht immer alles Auflösen, nicht alles erklärt werden muss, so möchte ich mich doch nach der Lektüre zufrieden zurücklegen können und sagen: "Schön war's."
Bitte gräm' dich deswegen nicht – das liegt allein an mir und meiner Erwartung bzw. Herangehensweise an eine Geschichte. Auch ist mir klar, dass ein Autor es nicht jedem recht machen kann.

Beim nächsten mal ist es vielleicht wieder anders.

Schönen Abend und liebe Grüße von
Tintenfass

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej josefelipe,

was für eine Tragödie! Den Verlust 'seines Engels' mitzuerleben ist auch für mich als Leser sehr schmerzhaft. Zumal du mich tief hineinführst die Hitze der Provence, mich die Sterne und den Mond sehen lässt, die Vegetation. Aber vor allem das Leiden deines Liebenden. Ich bin direkt bei ihm und habe keine Distanz. Und du gibst viel Preis von ihm, Beruf, Hobby, Familie. Und du gibst viele Rätsel auf. Das macht den Monolog interessant und man verzeiht ihm alles, weil er so leidet.

Mit dem Laserstrahl meines Auges fahre ich die Konturen des halben Mondes ab, als ob ich ihn aus dieser besternten Tapete herausschneiden wolle.

'Laserstrahl' stört mein Mitgefühl.

Und wie er dann wieder empfindsam wird, nach Tagen des Taubseins, Kälte spürt, ich bin ganz verwickelt in diese Lebensphase und hoffe das Beste.

Und da unsere Zeit hier in der Fenouillade keinerlei Limit kennt und wir sozusagen schon zeitlos und beinahe unsterblich sind – greifen wir danach und brechen einige Stängel.
Wir betrachten das strohdürre Unkraut und erkennen in dieser feinziselierten Blütenarchitektur den Kosmos im Kleinen:

Mit dem unkrautartigem Engelsgewürz schützten sich schon die alten Griechen vor dem Bösen und es stimmt schon: alles ist in allem.

Sehr anrührende Liebesgeschichte und ich bin froh, dass der Protagonist nicht zerbricht.

Danke, dass du sie mit uns teilst.

Lieber Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola a todos: The Incredible Holg, jobär, wieselmaus, Tintenfass, Kanji!!

Ich stehe (stecke) tief in Eurer Schuld, denn bislang bin ich die dankende Antwort auf Eure Kommentare schuldig geblieben. Leider lief bei mir einiges ‚unrund’ – und bei aller Begeisterung fürs Schreiben muss man sich zuvörderst mit den Launen von Fatum, Kismet & Co. herumschlagen. Jetzt ist wieder alles in Butter und ich sollte zur Sache kommen; einige (viele) holprige Textstellen hab ich geglättet und selbstverständlich Eure Anmerkungen berücksichtigt. Nochmals vielen Dank dafür!
The Incredible Holg

Ich reiß’ das für mich wichtigste Zitat aus Deinem Komm:

Dass dein Text von der Handlung her einige Rätsel aufwirft, macht ihn um so interessanter. Würdest du alle Fragen beantworten, wäre das Mysterium zerstört und die Romantik dahin.
Da scheint meine Spekulation aufgegangen. Wenn ich mich nicht verzähle, dann ist das mein erster Text, mit dem ich eine neue Stufe der Schreiberei erklimmen wollte – nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern irgendwie mehr einbringen; nicht die großen Worte von Meta-Ebene und Metapher bemühen, aber doch ‚etwas schweben zu lassen’.
Auch Dein:
Diese Geschichte gefällt mir sehr. Für mich persönlich ist es deine beste seit einiger Zeit.
... baut mich kräftig auf. Der reine Nektar!
Denn die Romantik ist das, was ich hauptsächlich in deiner Geschichte finde, auch wenn sie von der bittersüßen Art ist. Der gesellschaftliche und philosophische Bezug erschließt sich mir eher nicht.
Gesellschaftlicher Bezug? Bisschen dachte ich an die Upper Class – die früher bei ‚Trader Vic’s, dann beim Edel-Japaner (noch individueller: Koreaner) saßen und sich jetzt bei Nobelhart und Schmutzig um die Tische zanken. Ein bisschen zu satt vielleicht.
Dass Du allerdings keinen philosophischen Bezug erkennst trotz der letzten Zeilen – Holg, geschätzter Mitkrieger – das schmerzt sehr. Doch das Leben muss weitergehen!

Es blitzt in einem fort, tausend kleine Blitze. Einige gefährlich nah, fast vor meinem Gesicht. Das ist widerlich, wie eine Befragung, eine intime Inspektion.
War Ruth prominent, und die Paparazzi stören die Beisetzung?
Oder der Prot war Promi? Mir ging es um die kurvenden Gedanken des Prots, wie er die äußeren Einflüsse mit seinen inneren Katastrophen verschmilzt.

Ah, okay, ich hab's gerafft: Es sind doch die Drogen! Ich könnte jetzt meine Aussage oben verschämt retuschieren, aber ich lasse sie mal so. Vielleicht ist es ja für dich von Interesse, was zumindest einem deiner Leser erst beim zweiten Durchgang klar geworden ist.
Ja, so isser – uns’ Holg! Unkrdi-nachahmlich. Da macht das Forum Spaß.
Deine faire und arglose Art strahlt in die Welt, nur hab ich keine Ahnung, wie wir deren Spiegel wieder blank kriegen.
"Wir" im Plural - hat er auch gekokst? Ließen sich seine verwirrten Gedanken, der Verlust des Zeitgefühls, die schrillen Klangeindrücke vielleicht nicht nur auf Ruths Tod, sondern auch auf Entzugserscheinungen zurückführen? Ein neues Rätsel, das keiner Lösung bedarf.
Du bist für diesen Text der ideale Leser – hab ich ein Glück! In Zukunft werde ich ausschließlich für Dich schreiben! Für Dich, mein lieber Holg.
Spielt Cello, verdammt, hab schon wieder nasse Augen. Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.
Hier reißt es mich kurz raus, als Avenger denke ich an Phil Coulson und seine Freundin. (Der Eisenmann wird wissen, was ich meine.) Aber dafür kannst du nichts, ...
Hier bin ich leider total blöd; das kann ich nicht wechseln. Aber das schon:
..., lass dir nicht einfallen, das zu ändern!
No, Sire!

Ein irrsinnig langer Satz, obwohl ich ihn nicht mal zur Gänze zitiere. Und das ist bestimmt Absicht. Trotzdem könntest du statt des Kommas auch einen Punkt oder einen Gedankenstrich einfügen, ...
Nein, nein, nein und nochmals nein! Das muss alles so bleiben, wie es ist! Sonst geh’ ich ins Wasser – oder tu’ mir sonst was an.
Quatsch. Hab ich gemacht und jetzt ist es besser.
im ergonomischen Sinne, vom Zentralgestirn uns zuliebe schon aufmerksamst vorgewärmt für den Allerwertesten
... hab ich gleich beim Empfang Deines Komms verbessert. Danke nochmals.
Da ich Dich als Kommentator sehr schätze, und Du mir Mut machst, einen Brikett mehr aufzulegen, fühle ich mich richtig wohl in meiner Schreiberhaut. Aber ich werde auch in Zukunft die Kirche im Dorf lassen.
Alles Gute für Dich!
José


jobär

...nach einer langen Sitzung habe ich versucht, Deinen Text zu lesen und bin gescheitert.
Das betrübt mich außerordentlich. In unserem Alter zu scheitern ist grauenhaft! Hättest Du keine einfachere Lektüre gehabt?

Soviel für heute - nicht, dass du fürchtest, du würdest nicht gelesen.
Na ja, diese „Furcht“ ist uns wohl allen vertraut. Wäre doch schade, wenn wir für die Katz’ schrieben. Erst heute lese ich, dass eine Autorin ihre KG an einem Nachmittag geschrieben hat – da wäre es wirklich wurscht, doch wenn man wochenlang an einem Text werkelt, dann ist das schon bitter.

Jobär, schreiberprobter Krieger – ich danke Dir für Deine Zuschrift und bin sicher, dass wir uns bald wieder über den Weg laufen.
Bis dahin!
José
wieselmaus

Um der Ehrlichkeit willen gebe ich zu, dass die eigentliche Handlung mir erst aufging, als ich die Kommentare zuhilfe nahm.
Das habe ich schon zugegeben: Ich wollte probieren, etwas mehr einzubuttern als nur die blanke Geschichte. Mit ‚kryptisch’ hab ich nichts am Hut, mehr dachte ich daran, das Interesse des Lesers zu animieren. Und wie froh bin ich, wenn Du sagst:
Aber dann! Blitzartig erhellten sich mir alle Bilder und ich fand sie alle stimmig. Dauernd sagte ich zu mir: Wieso hast du das nicht gleich erkannt, er schreibt es doch glasklar, ohne ironische Umwege und ohne neckische Anspielungen?
Yippie! Wenn das eine literaturerfahrene Professoressa sagt – dann ist meine Welt in Ordnung. Gleich ist es gar nicht mehr zum Aushalten:
Dieser Text ist großartig.
Wieselmaus – ein großes Wort gegen ein großes Dankeschön.

Mich würde interessieren, ob er neueren Datums ist oder - wie dein letzter Text - eine Neubearbeitung.
Oh, hier stehe ich gern Rede und Antwort: Ich habe schwer kokettiert mit meinem Überseekoffer, aber den gibt es wirklich – auch die Geschichten. Es müssten um die zweihundert sein. Ich habe leider kein Realitäts-Sieb, um Spreu von Weizen zu trennen; schließlich sind sie alle meine Kinder.
Die ‚Fenchelland-Idee’ stammt aus meiner Weinhändler-Zeit Ende des letzten Jahrhunderts. Da entsannen sich junge Winzer der alten, aufgegebenen Lagen, ersetzten die weggeschwemmte Erde und reanimierten die Uralt-Weinstöcke. Nach anfangs harten Jahren wurden sie belohnt mit grandiosen Weinen, wie sie nur sehr alte Reben hervorbringen können.

Und eines ist mir klar: Schnell mal eben drüberfliegen ist nicht.
Das macht mir beinahe die Augen feucht – so ein schönes Kompliment!

wieselmaus – hier um mich herum höre ich tausendmal am Tag das nicht aussterben wollende „Kiss die Haand!“ Süß, nicht?
Hier aber, nach Deinem Kommentar, ist es mir ein Bedürfnis, auch in diesen modernen Zeiten Dir ein ehrlich gemeintes „Kezét csókolom“ hinüberzupusten.
Ich hoffe, dass Damen immer noch Handküsse lieben – sie müssen ja nicht gleich im Dekolleté enden.
Einer Deiner Verehrer – diesmal der José.

Tintenfass

Doch leider hat mich darüber hinaus der Text verwirrt zurückgelassen.
Das tut mit leid. Denn dann hat Dir die ganze Geschichte nicht gefallen können.
Pech für den Autoren.
Einen Text, der auch etwas zwischen den Zeilen erzählt, habe ich noch nie ausprobiert – jedoch fand ich diesmal das Schreiben spannender und befriedigender als den ‚Normal-Törn’.
Dass ich damit nicht bei Dir landen konnte, muss ich hinnehmen.

Bitte gräm' dich deswegen nicht – das liegt allein an mir und meiner Erwartung bzw. Herangehensweise an eine Geschichte. Auch ist mir klar, dass ein Autor es nicht jedem recht machen kann.
Alles gut. Hast mich ja nicht in der Luft zerrissen, sondern bist liebenswürdig und sachlich geblieben. Vielleicht gelingt es mir ein andermal, dass Du sagst:
"Schön war's."
Jedenfalls danke ich Dir für Deine Meinung und grüße Dich!
José

Kanji

... was für eine Tragödie!
Kann man wohl sagen.
... ist auch für mich als Leser sehr schmerzhaft.
Das allerdings habe ich nicht beabsichtigt. Oder flunkerst Du?
... du gibst viele Rätsel auf. Das macht den Monolog interessant ...
Wenn Du nicht genervt bist vom Rätselraten, sondern den Monolog so empfindest, dann hab ich mein (Etappen)-Ziel erreicht. Prima.
'Laserstrahl' stört mein Mitgefühl.
Hast Recht, hab’s gleich nach Deinem Einwand geändert:
Meine Augen umreißen die Konturen des halben Mondes, als ob ich ihn aus dieser besternten Tapete herausschneiden wolle.
Sehr anrührende Liebesgeschichte ...
Das freut mich sehr, dass Du mit meinem Text klargekommen bist. Die tags lassen mMn so eine Art zu schreiben zu – bei meinem üblichen Schema Alltag-Gesellschaft-Sonstige allerdings will ich auf der bewährten Linie bleiben.
Kanji, danke fürs Lesen und Kommentieren –
wir bleiben am Ball!
José

 

Hallo josefelipe.

"Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern."

Doch, das kann ich mir vorstellen und bin dir dankbar für dieses schöne Bild. Neben all den weiteren schönen Bildern deiner Geschichte hat mir vor allem das "Wortspiel" gefallen, das das Kokain zur Straße werden lässt. Die gestrichelten weißen Lines und/oder Linien, die Ruth zum Verhängnis wurden. Eine schaurig schöne Idee, die du bravourös umgesetzt hast.

Die Stimmung, die du erzeugen wolltest, ist bei mir angekommen und ich konnte von Anfang bis Ende mit deinem Protagonisten mitfühlen. Auch der kurzen und prägnanten Sätze wegen, die sehr gut funktionieren und das auslösen, was sie auslösen sollen.

Die Geschichte hätte für meinen Geschmack ruhig länger sein können, gerne hätte ich noch etwas mehr über Ruth und den Trauernden erfahren. Sonst habe ich, bis auf dreieinhalb kleinste Kleinigkeiten, nichts auszusetzen.

"Das ist sehr unangenehm." (1. Abs.) -> Den Satz braucht es für mich schlicht und ergreifend nicht. Hat mich beim ersten und beim zweiten Lesen gestört, weil das schon eindeutig aus dem Kontext hervorgeht und vorgekaut auf mich wirkt.

"Blöde wirkt sie auf mich." (4. Abs.) -> "Blöde" finde ich ziemlich blöde.

"Ich nehme irgendwas Weiches und lege mich vor eines der verlassenen Steinhäuser." (5. Abs.) -> "Irgend..." kann nie gefallen, glaube ich. "Etwas Weiches" schon eher, wobei ich mich trotzdem frage, woher er das plötzlich nimmt.

"Und mit den Sternen, die sind doppelt so groß wie zu Hause." (5. Abs.) -> Hier bin ich erst darüber gestolpert, dass das kein Relativsatz ist, wie man ihn im klassischen Sinne erwartet, also nicht: ", die doppelt so groß sind ...". Mittlerweile finde ich deinen Satzbau aber fast schon schöner, also ist alles gut, wie es ist.

Ich habe deine Geschichte gerne gelesen.

Liebe Grüße,
JackOve

 

Hallo josefelipe,

angelockt durch den eigentümlichen Titel stoße ich auf deine Geschichte: La Fenouillade - Land der Steine und des wilden Fenchels. Etwas originell, aber das gefällt mir, da komme ich als Leser ins Nachdenken. Hat dieses erste Wort eine bestimmte Bedeutung? Das einzige, was ich finden konnte - neben Suchergebnissen über Wortkrieger - war das französische Wort "rémoulade" und das ist anscheinend ein Dipp mit vielen Gewürzen :D
In Anbetracht der Tatsache, dass in den letzten Tagen schon viel über deine Geschichte geschrieben wurde, beginne ich erstmal mit ein paar Kleinigkeiten, mehr Gedankenanstöße, wo man beim konzentrierten Lesen vielleicht noch ins Straucheln kommt oder sich fragt: was ist jetzt damt gemeint?!

Die Stimme neben mir bedrängt mich.
Erstmal vorweg: Der erste Abschnitt hat mir sehr gefallen, trotzdem eine kleine Anmerkung: Mich stört der Ausdruck, dass die Stimme ihn "neben" sich bedrängt. Das würde ich so nicht sagen. Für mich ist jegliche Art von Ton zwar oft an einen bestimmten Ort gebunden, an dem sie sich sozusagen entwickelt, ich würde aber eine genaue Standortbeschreibung an dieser Stelle weglassen.

Die Tropfen würden über mir auf den Ästen landen und über die dicken, dann über die dünneren Zweige langsam zu mir herunterturnen
Hier stört mich der Ausdruck "herunterturnen". Da wäre meiner Meinung nach ein "sickern" o.ä. passender.

Es geht mir nicht gut.
Das ist meiner Meinung nach eine Information, die sich dem Leser aus dem Erzählten erschließ/t (en soll), nicht eine, die du als Autor ausschreibst.

Ich dämmere weiter.
Das kenne ich anders. Für mich ist es z.B. der Himmel der dämmert. Aber vielleicht liege ich falsch.

sengenden Sonne
Schöner Ausdruck.

So, ausgemeckert! Das oben sind jetzt alles Kleinigkeiten und wenn ich ehrlich bin, nein, mir würden sie nicht helfen, um meinen Schreibstil im Großen und Ganzen zu verbessern. Aber wie auch kann man einer anderen Person zeigen, wie man sich "verbessert"? Sieh meine Hinweise als Verbesserungsvorschläge, die das Niveau deiner Geschichte in meinen Augen noch weiter ans Limit treiben können. Denn Potenzial zum weiteren Verbessern sehe ich durchaus. Ein Hauptteil dabei ist die Handlung insgesamt: Sie ist für mich, auch nachdem ich den ganzen Text gelesen habe, nicht ganz klar. Da ist dein Protagonist, der sich für eine Cellistin interessiert. Gelungen finde ich hier, dass du diese Liebe nicht als eine Illusion bezeichnest. Sie ist klar, sie scheint beeinflusst durch das Cellospielen der Ruth. Dann würde ich das Cellospielen aber in einen näheren Zusammenhang zu deinem Protagonisten bringen. Vielleicht hat er selber früher Cello gespielt, ist aber durch das Missfallen an seinem eigenen Können gescheitert. Wenn ich so aus der Geschichte rausgehe, habe ich das Bild eines Mannes im Kopf, der aufgrund seines labilen Zustandes Selbstmordgedanken hegt, zehn (warum gerade zehn?) Tage in einer Art Schwebezustand in einer Hütte verweilt. Verstehst du, was ich meine? Im Großen und Ganzen schließe ich mich meinen Vorrednern an, dass du eine sehr schöne Geschichte geschrieben hast. Die oben genannten Vorschläge sollen/können vielleicht als Gedankenanstöße hilfreich sein.

Grüße,
SCFuchs

 

Hola JackOve,

danke, dass Du meine schon beerdigte Geschichte nochmals ausgebuddelt hast. Da kann sie noch einmal tief Luft holen – und ich gleich mit, denn:

Eine schaurig schöne Idee, die du bravourös umgesetzt hast.

Die Stimmung, die du erzeugen wolltest, ist bei mir angekommen und ich konnte von Anfang bis Ende mit deinem Protagonisten mitfühlen. Auch der kurzen und prägnanten Sätze wegen, die sehr gut funktionieren und das auslösen, was sie auslösen sollen.
Dieses Dein Statement zitiere ich in meiner Eitelkeit mit Genuss, doch ohne schlechtes Gewissen – denn ein wenig Feinarbeit war schon vonnöten;). Jedenfalls freut es mich, dass ich damit bei Dir landen konnte.
Die Geschichte hätte für meinen Geschmack ruhig länger sein können, gerne hätte ich noch etwas mehr über Ruth und den Trauernden erfahren.
Sie war länger – verdoorie! Ich verspüre immer die Redundanz-Detektive im Nacken, die jede zweite KG kürzen möchten, damit es eine KG wird – alles Ansichtssache. Im weiteren Text habe ich noch einiges eingestreut über die beiden. Vielleicht war es Dir zu wenig oder ich habe es ungeschickt gemacht; beides ist möglich.
"Das ist sehr unangenehm." (1. Abs.) -> Den Satz braucht es für mich schlicht und ergreifend nicht. Hat mich beim ersten und beim zweiten Lesen gestört, weil das schon eindeutig aus dem Kontext hervorgeht und vorgekaut auf mich wirkt.
Ich hatte den Curser schon auf diesem Satz. Dann blieb:
Eine Stimme neben mir bedrängt mich. Ich möchte meiner Wege gehen, ...
Das schien mir zu abrupt. Doch beim zweiten Mal lesen muss ich Dir recht geben: Weg damit. Ist gelöscht.
"Blöde wirkt sie auf mich." (4. Abs.) -> "Blöde" finde ich ziemlich blöde.
Blöde von mir. Da haste recht. Hoffe, dass es jetzt besser klingt:
Eintönig und trist.
"Ich nehme irgendwas Weiches und lege mich vor eines der verlassenen Steinhäuser." (5. Abs.) -> "Irgend..." kann nie gefallen, glaube ich. "Etwas Weiches" schon eher, wobei ich mich trotzdem frage, woher er das plötzlich nimmt.
Leuchtet ein. Es heißt jetzt:
Ich nehme eine Decke aus dem Wagen und lege mich vor eines der verlassenen Steinhäuser.

JackOve, vielen Dank für Deine Tipps. Ich finde Deine Art sehr sympathisch, freundliche Sachlichkeit zieht immer. Vielleicht wage ich mich mal an eines Deiner Werke als Kommentator (und erfahre beiläufig, was Du von Ove Knausgards fünften Band hältst. Das würde mich wirklich interessieren).
Alles Gute und einen schönen Gruß!

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola SCFuchs,

danke Dir für Deinen Komm. Es ist schon spät, komme grad vom Sommerfest (Man hatte mich als Chauffeur missbraucht). Ich stürze mich sogleich auf die einzelnen Punkte:

Mich stört der Ausdruck, dass die Stimme ihn "neben" sich bedrängt. Das würde ich so nicht sagen. Für mich ist jegliche Art von Ton zwar oft an einen bestimmten Ort gebunden, an dem sie sich sozusagen entwickelt, ich würde aber eine genaue Standortbeschreibung an dieser Stelle weglassen.
Im Gesamtbild hört er Gemurmel. Das geht ihm hinten vorbei, aber eine Stimme, nämlich jene neben ihm (zu der auch die Hand gehört), geht ihm auf die Nerven. Schriebe ich nur ‚eine Stimme’, dann könnte die von irgendwoher tönen, weil sie lauter als das Gemurmel ist.
Hier stört mich der Ausdruck "herunterturnen". Da wäre meiner Meinung nach ein "sickern" o.ä. passender.
Wenn noch gilt, dass der Kommentator nicht unbedingt recht haben muss, dann sage ich: ‚Sickern’ geht ganz und gar nicht, denn es bezeichnet das Eindringen von Flüssigkeit. Gerade dieses ‚Herunterturnen’ finde ich treffend. Bei Regen schaue ich oft in unsere alten Bäume.
Es geht mir nicht gut.
Das ist meiner Meinung nach eine Information, die sich dem Leser aus dem Erzählten erschließ/t (en soll), nicht eine, die du als Autor ausschreibst.
Ich kenne diese Theorie. Aber zum Text:
Der Mann ist fertig. Ich finde es legitim, dass der Ich-Erzähler das sagt (sagen darf). Es geht ihm nicht gut, er sieht das Viadukt, er riecht den Oleander.
Ich dämmere weiter.
Das kenne ich anders. Für mich ist es z.B. der Himmel K der dämmert. Aber vielleicht liege ich falsch.
Vielleicht solltest Du nicht vielleicht falsch liegen, sondern sicher sein; sonst hat das Kommentieren keinen Sinn.
„Er ist hinübergedämmert“ liest Du oft in der Literatur. – Dämmerschlaf – . Dämmern ist Schwebezustand zwischen ... und ... Auch der Himmel dämmert – Dämmerung. Alles klar?

Da ist dein Protagonist, der sich für eine Cellistin interessiert.

Mein liebes Füchschen – jetzt reicht’s aber mit Deiner Klugscheißerei. Lies eine Geschichte meinetwegen dreimal, bis Du sie verstehst – lies auch die Kommentare der anderen, durch die sich Dir manches erschließen könnte. Wenn nicht, dann schreibe keinen Kommentar.

Ich bin bemüht, jeden Komm so gut wie möglich zu beantworten und scheue keine Zeit dafür, doch wenn Du mir schreibst:
SCFuchs:

Aber wie auch kann man einer anderen Person zeigen, wie man sich "verbessert"?
José:
Das kann man, wenn man es weiß.
SCFuchs:
Sieh meine Hinweise als Verbesserungsvorschläge, die das Niveau deiner Geschichte in meinen Augen noch weiter ans Limit treiben können.
José:
Ich bin jetzt schon am Limit mit Dir.
SCFuchs:
Denn Potenzial zum weiteren Verbessern sehe ich durchaus.
José:
Wenn Du weiterhin in diesem geschwollenen Oberstudienrats-Geseibel Deine Meinung ausdrücken möchtest, dann kannst Du mich damit verschonen.

SCFuchs – nichts ist böse gemeint, aber auch Du solltest Dir etwas sagen lassen. Wir können gerne in Kontakt bleiben – vielleicht profitieren wir beide davon.

José
PS: Deine auch in anderen von Dir geschriebenen Kommentaren immer wiederkehrenden „Gedankenanstöße“ sind möglicherweise Denkanstöße:D?

 

Hallo josefelipe,

wenn ich deine Antwort auf meinen Kommentar lese, erinnert sie mich in der Art ein bisschen daran, wie ich einst auf deinen Kommentar geantwortet habe. Dazu habe ich dir ja bereits meine Meinung mitgeteilt. Um es ehrlich zu sagen: Nein, als böse habe ich deine Antwort nicht aufgefasst, mehr hat sie mich ein bisschen heruntergezogen. Nun zu den anderen Punkten ;)
Ich habe deine Geschichte unter dem Aspekt behandelt, dass sie mir - wie ich auch geschrieben habe - sehr gefallen hat. Nachdem ich mir deine Geschichte und die bereits geschriebenen Kommentare (und ich habe es durchaus getan) durchgelesen habe, habe ich geschaut, was davon ich genauso sehe und an welchen Stellen ich eine andere Meinung habe. Um nicht das Gleiche zu schreiben, habe ich nach neuen Punkten Ausschau gehalten. Mein Kommentar war also eine Art Sammlung von Stellen, die mich beim Lesen noch gestört haben. Jetzt schreibst du, ich soll eine Geschichte dreimal lesen, bis ich sie verstehe und dazu noch die Kommentare der anderen, dass sich mir Unklarheiten erschließen. Hmm, ja, vielleicht sollte ich sie genauer lesen. Eigentlich bin ich jedoch der Meinung, dass sich eine Geschichte von selbst erklären sollte. In veröffentlichten Büchern steht ja am Ende auch kein Kommentar zur Aufklärung, oder?
Wenn ich schreibe, dass man schwer einer anderen Person zeigen kann, wie man sich "verbessert", dann meine ich, dass wohl niemand mit einem Mal einem seine Schreibe auf ein neues Niveau treiben kann, indem er ihm eine Kritik schreibt. Das ist für mich ein wandelnder Prozess: Ich erhalte eine Kritik und lerne aus ihr - und ich tue es täglich -, aber mein Text wird durch sie nicht gleich "gut". Zwischen dem Verändern und dem, was man als nächstes vorlegt, liegt für mich ein langer Zeitraum, den ich mit viel Experimentieren verbringe. Was am Ende dabei rauskommt, kann eine Katastrophe sein, oder aber sich zu einem Ergebnis entwickeln bei dem man am Ende sagt: Ja, jetzt habe ich die Kritik verinnerlichen können. Damit will ich sagen, dass zwischen dem Zeitpunkt, an dem man eine Kritik liest, und dem Zeitpunkt, an dem man sie vollends verinnerlicht hat, viel Zeit liegt. Ich selber lerne noch aus Kommentaren, die ich zu meiner Geschichte bekommen habe.

...aber auch Du solltest Dir etwas sagen lassen.
Deshalb bin ich ja hier. Ich hoffe, dass Wortkrieger mir dabei helfen kann. Es passiert ja durch einen solchen Austausch wie diesen hier.

Wir können gerne in Kontakt bleiben – vielleicht profitieren wir beide davon.
Zweimal ja. Und ich sage gerne, dass ich schon viel durch deine Kritiken gelernt habe :thumbsup: Schade, dass das immer durch andere Angelegenheiten verdrängt wird. Ich werde versuchen, kein Oberstudienrat mehr zu sein - auch wenn es dann in näherer Umgebung nur so von denen wimmelt.

Ps: Ja, ich meinte Denkanstöße, danke dir für den Hinweis :gelb:

 

Hallo joséfelipe,

deine Geschichte hätte ich beinahe verpasst, was wirklich schade gewesen wäre, gut dass sie nochmal "ausgebuddelt" wurde.
Deine Sprache hat wieder mal eine Wucht, eine Sinnlichkeit und auch eine Lebendigkeit, dass ich zwar den Schmerz den Erzählers wahrnehme. Dennoch habe ich das Gefühl, wer solche Worte findet, ist nicht ganz verloren, der ist trotz seiner Sehnsucht nach der Toten an diese Welt gefesselt.

Mir ist schwindlig. Mit bloßen Füßen möchte ich auf der Erde stehen, breitbeinig und fest. Kühl wird sie sein, wie die Grube vor mir. Ganz unten noch kühler, beinahe kalt. Aber wenn man immer tiefer gräbt, fast tausend Meter, dann wird sie überraschend warm. Da gibt es heiße Seen, Lava zischt hinein. Es blitzt in einem fort, tausend kleine Blitze. Einige gefährlich nah, fast vor meinem Gesicht. Das ist widerlich, wie eine Befragung, eine intime Inspektion.

Auch wenn dieser Abschnitt mir Rätsel aufgibt, mag ich ihn, die Verbindung von Naturgewalt und "widerlich".

Diese Landschaft sagt mir nichts. Eintönig und trist. Ich fahre ewig weiter. Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths Start. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp.
Die Straße wird schmaler und unübersichtlicher, die Linie jetzt blendend weiß, fast kristallen. Ohne Unterbrechung befiehlt sie, ihr zu folgen; die Kurven werden gefährlicher.

Auch ein beeindruckendes Bild. Das Wort "Start" irritiert mich hier etwas.


Es gibt hier keinerlei Ablenkung, jedes Wort und jeder Gedanke kommen mit sechsfachem Echo zurück. Nicht wie in den Bergen, immer schwächer werdend – auch das sechste Echo ist hier so stark wie das erste, kann manchmal erst nach Tagen dein Ohr erreichen und somit deinen Kopf. Du hast schon wieder so viel anderes gedacht - und dann stellt sich mit diesem letzten Echo das eben Gedachte wieder anders dar und du wirst ganz wirr durch die vielen Perspektiven und Deutungsmöglichkeiten von ein und derselben Sache.

Das ist so eine Stelle, in der ich mich wieder erkannt habe oder eine Verfassung in der man sein kann. Danke.


Ich habe drei Schwestern, alle wunderschön. Aber Ruth! Die ist unbegreiflich. Eine Frau von den Sternen, verrückt und nachdenklich. Spielt Cello, verdammt, hab schon wieder nasse Augen. Das kann sich niemand vorstellen, dass eine Frau und ein Cello den Sinn und die Schönheit der Welt verkörpern.

Fast biblisch. Schön.


Völlige, ungewohnte Stille umfängt mich - sie wirkt brutal auf mich.

Zweimal "mich", da hake ich ein bisschen.


Wir betrachten das strohdürre Unkraut und erkennen in dieser feinziselierten Blütenarchitektur den Kosmos im Kleinen: Um die Hauptsonne kreisen die sieben Nebensonnen mit wiederum jeweils sieben Untersonnen und das Ganze geht noch siebenmal so weiter und wenn die kleinste und mickrigste der alleruntersten Sonnenkategorie einen winzigkleinen Staubfaden verliert, der ohne die geringste Orientierung ganz nach Zufall und Wind irgendwo hingetrieben wird, meine teure Ruth, dann sind das wir – wir beide.

Wurde schon gesagt, aber ich finde das Ende auch grandios, das ist wie Musik.

Tolle Geschichte!

Liebe Grüße von Chutney

 

Guten Morgen josefelipe,

Der Titel ist dir wirklich gelungen. Weiß immer noch nicht, ob ich den kitschig oder stimmig finde. Vielleicht sogar beides, Kitsch wird ja eh immer unnötigerweise als negative Zuschreibung formuliert. Also, keine Panik! :D

Wie auf einem Bildschirm rollt die Straße vor mir ab. Gedankenlos schalte ich das Radio an. Es bricht los, viel zu laut, wie eine Explosion; fast verreiße ich das Steuer. Aus! Ich fahre in eine Parkbucht. Es geht mir nicht gut

Das klingt wie ein Text vom Grönemeyer.

Meine Augen umreißen die Konturen des halben Mondes, als ob ich ihn aus dieser besternten Tapete herausschneiden wolle.
Das tut mir gut, dieses Konzentrieren. Die wirren Knäuel in meinem Kopf bewegen sich weniger aufgeregt. Diffuses nimmt langsam Gestalt an. Zentimeterweise wird mir meine Tragödie bewusst. Ich beginne, die Sterne auszuschneiden und die Monde zu zählen

Die gefällt mir sehr gut, diese Tapeten-Metapher. Schönes Bild.

Ich werde nicht mehr aufstehen, es lohnt nicht. Weiterzuleben wäre sinnlos.

Das Markierte würde ich streichen, der Nachsatz ist irgendwie so platt. Der Leser dürfte an dieser Stelle schon verstanden haben.

Ein Himmel voller Laub und Blüten soll über uns abregnen und uns über tausend glückliche Jahre zu Kompost werden lassen.

Guter Kitsch.

Ja, josefelipe, die Geschichte war zu Beginn ein wenig rätselhaft, aber als der Witwer dann allein mit seiner Trauer durch die Ruinen einer von Menschen aufgegebenen (?) Kulturlandschaft streift, wird schnell vieles klar, und der Leser folgt der Innensicht eines Trauernden, eingebettet in schöne Bilder. Da springt bei mir der Funke nicht über, auch wenn ich die handwerkliche Beschaffenheit des Textes anerkennen kann und will. Da sind schöne, schwelgerische, manchmal saftig-kitschige Bilder aneinandergereiht und manchmal wirkt es so, als ob du mehr eine Stimmung transportieren, als eine Geschichte erzählen wolltest. Nun, das ist dir gelungen. Dem in seiner Freizeit mit der Cello-spielenden Frau töpfernden Chefarzt-Witwer war ich trotzdem seltsam fern, da konnte ich keine Empathie entwickeln, kalter Hund ich. Vielleicht fand ich die Figur sogar unsympathisch.

Kein schlechter Text, nö. Aber inhaltlich hat mich das nicht abgeholt. Liegt aber an mir, nicht an der Geschichte.

Man liest sich, jose!

Exilfranke :)

 

Hola Chutney,

... deine Geschichte hätte ich beinahe verpasst, was wirklich schade gewesen wäre, ...
In der Tat! Dann hätte ich auch nicht so einen feinen Kommentar bekommen, für den ich Dir herzlich danke.
Deine Sprache hat wieder mal eine Wucht, eine Sinnlichkeit und auch eine Lebendigkeit, ...
Das sind tolle Worte, für mich das Kompliment aller Komplimente. Ich habe die Sache auch sehr ernst genommen, zumal ich hier das erste Mal einen Text mit hintergründigen Andeutungen probiert habe. Das fand ich auch für mich ganz spannend – na ja, und wenn ich jetzt erfahre, dass es funktioniert, dann freue ich mich.
Auch bei Dir, liebe Chutney, hab ich Steigerungen festgestellt. Aber schon Deine Geschichte mit dem Jungen und seinem Luftballon („Du brauchst keine Angst zu haben, wir sind gleich zu Hause.“) hat mich sehr berührt.
Dennoch habe ich das Gefühl, wer solche Worte findet, ist nicht ganz verloren, der ist trotz seiner Sehnsucht nach der Toten an diese Welt gefesselt.
Dieser Satz hat auch ein Lob verdient!
Auch ein beeindruckendes Bild. Das Wort "Start" irritiert mich hier etwas.
Stimmt. Hab’s umgeschrieben (hoffentlich im Sinne von ‚verbessern’):
Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths anfänglichen, scheinbar noch harmlosen Jux mit dem weißen Zeug: Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp.
Danke jedenfalls, wäre nur schlimm, wenn es Dir jetzt noch weniger gefiele.
Völlige, ungewohnte Stille umfängt mich - sie wirkt brutal auf mich.
Zweimal "mich", da hake ich ein bisschen.
Auch das hab ich versucht, besser zu machen:
Völlige Stille - so ungewohnt, dass sie fast brutal auf mich wirkt.
Und zu guter Letzt:
... ich finde das Ende auch grandios, das ist wie Musik.
Tolle Geschichte!
Auch wie Musik für meine Ohren! Einen Kommentar dieser Güte vertrüge ich täglich mehrere Male (Hätte nur Schwierigkeiten, die Gegenleistung zu erbringen:)).

Liebe Chutney, das hat mich wirklich gefreut – und hab Dank für die Tipps. Alles Gute und noch viele Sommerfreuden!
José

 

Hallo José,

Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths anfänglichen, scheinbar noch harmlosen Jux mit dem weißen Zeug: Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp. Kleiner weißer Strich – bisschen Spaß – stopp.
Danke jedenfalls, wäre nur schlimm, wenn es Dir jetzt noch weniger gefiele.

Das wiederum erscheint mir jetzt etwas umständlich, aber ich habe nun verstanden, was du meinst. vielleicht einfach nur:

"Die gestrichelte Mittellinie erinnert mich an Ruths Anfänge mit dem weißen Zeug." ?

Das es da noch Spaß war, kommt ja auch noch in dem folgenden Satz.


Auch das hab ich versucht, besser zu machen:
Völlige Stille - so ungewohnt, dass sie fast brutal auf mich wirkt.

Das gefällt mir besser.

Liebe Grüße von Chutney

P.S.

Auch bei Dir, liebe Chutney, hab ich Steigerungen festgestellt. Aber schon Deine Geschichte mit dem Jungen und seinem Luftballon („Du brauchst keine Angst zu haben, wir sind gleich zu Hause.“) hat mich sehr berührt.

Meintest du vielleicht die Frau mit den Schmetterlingen? Über einen Jungen mit Luftballon habe ich nie geschrieben. :D

 

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