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Paradies

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07.09.2014
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Paradies

Sophia läuft neben mir. Sie redet pausenlos und so leise, dass die Geräusche der Stadt ihre Worte übertönen. Nur selten erreichen mich Fetzen.
„ ... geht nicht ... vergessen ... muss man doch Buße tun ... “
„Wofür muss man Buße tun?“
"Die sind doch ganz arm ... "
Ein Auto fährt vorbei, jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Spreche selber ganz laut.
"Arm? Wer ist arm?"
Sie dreht den Kopf weg, murmelt, wartet und lauscht. Ich weiß, sie braucht mich nicht, die Stimmen in ihrem Kopf sind ihr genug. Aber so schnell gebe ich nicht auf. Ich schaue sie von der Seite an.
„Schön, dass es endlich mit dem Friseur geklappt hat.“
In ihre Locken mischen sich die ersten grauen Strähnen. Sie passen nicht zu ihrem Kindergesicht mit den weichen, blauen Augen. Für einen Moment stockt sie, sieht vage in meine Richtung. Ich lächele.
„Jetzt können Sie wieder viel besser sehen. Ihr Pony war schon so lang.“
Sofort murmelt sie etwas von „ ... Operation am offenen Schädel, das hält man doch nicht aus, und Jesus hat gesagt ... "
Während wir weitergehen, hält sie den Kopf gesenkt, scheinbar blind für den schönen Augusttag. Aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie jede Katze im Umkreis entdecken würde, und befände sie sich hoch oben hinter einer Fensterscheibe.
Manchmal, wenn wir zusammen unterwegs sind, bleibt sie abrupt stehen, worauf ich aus der Trance erwache, in die sie mich geredet hat, und ihrem Blick folge. Immer ist es eine Katze. Sophia lockt sie in einem monotonen Singsang, so als würde sie jemanden nachahmen, der eine Katze lockt.
Heute sehen wir keine Katze. Die haben sich bei der Hitze bestimmt alle im Schatten verkrochen. Zwei Kreuzungen weiter erreichen wir den Tabakladen. Durchs Fenster erkenne ich die Inhaberin und freue mich, dass sie selbst da ist. Sie kennt Sophia gut.
Als sie Sophia vor fünf Jahren bei uns im Wohnheim untergebracht haben, war ihr Leben zum Stillstand gekommen. Unvorstellbar, dass sie einmal kurz vor dem Abitur gestanden hatte.
Es war allein ihre Sucht nach Nikotin, die stärker war als der Drang, die Tür hinter sich zu schließen, unter die Bettdecke zu kriechen und sich die Hände auf die Ohren zu pressen. Und so gingen wir irgendwann Tabak kaufen. Das ist jetzt vier Jahre her.
Vor drei Jahren betrat sie zum ersten Mal den kleinen Laden anstatt draußen zu warten. Seit vorletztem Jahr legt sie den Einkaufszettel und das Geld auf den Tresen, und seit einiger Zeit bin ich es, die draußen wartet, während Sophia drinnen angestrengt ihren Spruch aufsagt.
Und heute, beim Rausgehen, wendet Sophia sich unvermutet um und winkt zum Abschied ein scheues, steifes Kinderwinken. Die Verkäuferin winkt so heftig zurück, dass Sophia sich die Hand vor den Mund hält und kichert. Vor lauter Begeisterung werde ich übermütig.
„Wir können heute doch mal woanders längs gehen, das Wetter ist so schön.“
Ich gehe einfach los, so als wäre das ganz normal, ignoriere den kleinen entsetzten Ausruf hinter mir. Aber dann folgt sie mir zögernd. Ich bin beinahe erschrocken und zugleich gerührt. Am liebsten will ich Sophia an die Hand nehmen, ihr die ganze Welt zeigen, die für sie so klein geworden ist. Die anderen werden staunen. Nicht zu überhören ist allerdings ihr Unbehagen. Wir sind auf dem falschen Weg. Eine Straße weiter gelangen wir in die Villengegend der Stadt.
Hier wird es ganz ruhig, nicht einmal Autos fahren vorbei. Sophia senkt ihre Stimme zu einem tonlosen Flüstern, setzt widerstrebend einen Fuß vor den anderen. Ab und zu mache ich sie auf besonders schöne Rosenstöcke aufmerksam, auf kunstvoll beschnittene Buchsbäumchen, die die kleinen Vorgärten einrahmen, direkt dahinter die prächtigen Häuser. Sie blickt kaum hin.
„wage es nicht, niemals, nicht, niemals ... “
Die Sonne steht an ihrem höchsten Punkt. Es ist so hell, dass das Pflaster blendet. Ich trage einen Sonnenhut, mit dem ich aussehe wie eine bleiche Engländerin, weil die Biosonnencreme mein Gesicht kalkweiss gefärbt hat. Sophia ist blass, weil sie fast nie ihr Zimmer im Wohnheim verlässt.
„ ...Amen ... “ Sie scheint einen Moment zu lauschen. „Amen, Amen, Amen.“
Nun bleibt sie alle paar Schritte stehen, um sich zu bekreuzigen. Ich warte auf sie.
„Schön hier, nicht?“
Wieder bekreuzigt sie sich, zieht ihre Hose hoch und fällt von einem Schritt in den nächsten. Murmelt etwas von Mittagessen, vergiftet, zu spät.
„Keine Sorge, wir schaffen das“ ,sage ich schnell, glaube aber selbst nicht ganz daran, ich hatte den Umweg nicht eingeplant, und wir verlieren Zeit, weil wir ständig stehen bleiben. Außerdem muss Sophia vor dem Essen noch eine rauchen. Gott erlaubt es ihr nur auf dem Gelände des Wohnheims zu rauchen.
„Wage es nicht“ ,fängt sie wieder an „wage es nicht, niemals, nicht, niemals, nicht ... “
Aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung wahr, und es dauert einen Moment, bis mir bewusst wird, was da passiert. Sophia hat langsam, fast träge eine Hand in die andere gelegt und begonnen, in ihrer Handfläche zu kratzen. Die Haut ist schon gerötet rund um die weißen Narben. „Die Fremden“ ,murmelt sie „die Fremden ... “
Um ihren Mund liegt eine Spannung, die ich schon fast vergessen hatte. Ich versuche zu erkennen, wie kurz ihre Fingernägel geschnitten sind. Wenn sie anfängt, heftiger zu kratzen, wird sie bluten, und ich habe kein Pflaster mit, nicht mal Tempos. Wir hätten sofort zurück gehen sollen.
„Hat sie Ihnen auch genug Tabak in die Tasche getan?“ frage ich schnell. „Sechs Pakete?“
Sie öffnet die Tasche und beginnt umständlich zu sortieren. „Eins, zwei, drei, vier, fünf... ja genug.“
Sobald die Tasche wieder über ihrer Schulter hängt, irrt ihr Blick die Straße hinunter, bevor er sich auf den Bürgersteig zu ihren Füßen heftet. Dann presst sie ihre Fingernägel in ihre Hand, murmelt Unverständliches.
„Wir sind bald da, Sophia. Dann gibt's Mittagessen. Bestimmt was Leckeres. Da hinten, nach dieser Kurve sind wir schon fast da.“
Ich höre selbst diese falsche Munterkeit in meiner Stimme. Sie kratzt, und ich greife zum letzten Mittel, ich hasse das.
„Sollen wir beten?“
Sofort steht sie ruhig da mit gefalteten Händen und gesenktem Kopf.
„Vater unser im Himmel ... “
Jetzt spricht sie ganz laut und überbetont, ich bin froh, dass die Straße menschenleer ist. Dreimal sprechen wir zusammen das „Vaterunser“, dann gehen wir weiter, ich immer einen Schritt voraus, in der vergeblichen Hoffnung, Sophia zu beschleunigen. Sie wirkt immer noch angespannt, betet in einem fort, ihre Hand umklammert den Riemen der Tasche, und so nähern wir uns, quälend langsam, dem Ende der Straße.

Bevor wir es erreichen, bleibe ich mit einem leisen Aufschrei stehen. Berühre Sophia sogar am Arm, worauf sie prompt zurückzuckt. Direkt vor unserer Nase, in einem schmalen Vorgarten, geschieht ein Wunder. Ich wette, in der ganzen Stadt gibt es keine Schmetterlinge mehr. Sie drängen sich alle auf diesem einzigen Strauch, es sind Hunderte, die lautlos, ihrer Schönheit nicht bewusst, Nektar aus den violetten, honigduftenden Blüten saugen. Je länger ich schaue, desto mehr sehe ich, immer noch flattern welche heran, finden auch Platz, zittern mit den Flügeln, Pfauenaugen, Admirale, Zitronenfalter und unbekannte, deren Farben in der Sonne geheimnisvoll, pudrig leuchten. Während ich mich beinahe überschlage vor Begeisterung, verzieht Sophia keine Miene. Bis ich jäh verstumme.
Wie ein Flaschengeist erhebt sich unvermutet, auf dem steinernen Balkon hinter dem Flieder, ein Mann. Ich blicke auf seinen mächtigen, nackten, schwarzbehaarten Oberkörper, und schlucke. Spüre, wie Sophia neben mir erstarrt.
Er wirkt irritiert.
„Wir bewundern gerade Ihren Schmetterlingsflieder“ ,rufe ich etwas zu schrill und hoffe, damit auch Sophia zu beruhigen, ich habe alles im Griff.
Er schüttelt den Kopf, er versteht mich nicht, immerhin verziehen sich seine Lippen zu einem höflichen Grinsen.
Ich zeige auf den Flieder.
„Schön!“
„Ahh!“ Sein Grinsen vertieft sich verheißungsvoll. Er tritt einen Schritt vor. Lehnt sich weit über das Geländer. Packt mit beiden Pranken den Stamm des Flieders. Und schüttelt brutal.
Es rauscht, als Hunderte von Schmetterlingen mit Schleudertrauma auffliegen. Wie eine Wolke stehen sie in der Luft, die von unzähligen Flügelschlägen zu vibrieren scheint, streben auseinander, steigen auf und nieder, umflattern den Mann, der strahlt wie ein Gott.
Als ich meine Gesichtszüge wieder im Griff habe, stoße ich Begeisterungsschreie aus, übertriebene, spitze Begeisterungsschreie, auch um Sophias absolute Regungslosigkeit neben mir auszugleichen. Er breitet die Arme aus, in seinem Mund glänzt Gold, in seiner Achselhöhle schlängelt sich was Tatöwiertes. Ich juchze, er freut sich, ich juchze nochmal, er freut sich wieder, dann winken wir uns zu, bevor Sophia und ich unseren Weg fortsetzen.

Wir gehen an mehreren Gärten vorbei, bis mir auffällt, dass sie schweigt, die ganze Zeit schon. Ich räuspere mich.
„Na, das war ja was.“
Ich glaube, sie ist selbst überrumpelt. Jedenfalls wedelt sie mit der Hand, wie um es abzuwenden. Doch dann prustet sie los, so laut und so ansteckend, dass es mich sofort mitreißt. Und für einen Moment sind wir in der Hitze dieses Sommertages einfach zwei lachende Frauen.

 

Hallo Chutney,

was für eine wirklich schöne Geschichte! Selten habe ich mich so tief in eine Figur hineinversetzt gefühlt, bei der Szene mit dem Schmetterlingsstrauch glaubte ich Sophia schon so gut zu kennen, dass ich selbst nur noch dachte "Oh je, wie wird sie reagieren?", als ob ich direkt neben ihr stünde, als ob sie mein Pflegling wäre.

Überhaupt ein musterhafter Spannungsbogen: zunächst die Einführung in Sophias Wesen, ihre Eigenart, ihre Geschichte, gerade als man denkt, sich daran gewöhnt zu haben, die Steigerung durch die Wahl des Umwegs, was bei Sophia diese Spannung bis zum Kratzen auslöst, und wurde auch das gerade noch so mit drei Vaterunsern bewältigt, da kommt die nächste Herausforderung: die Begegnung mit dem zunächst so unheimlichen Mann, die dann aber in einer der schönsten Szenen gipfelt, die ich hier soweit gelesen habe. Das Ende mit dem gemeinsamen Lachen ist dann so natürlich, so ungezwungen, ja, so ansteckend, dass diese Leserin einfach mitgelacht hat. Aus tief empfundener Erleichterung, dass es so gut ausgeht.

Wir erfahren nicht wirklich, woran Sophia leidet, oder? Ist es schon Demenz oder eine andere psychische Störung? Gut und plausibel beschrieben ist die Symptomatik allemal, auch wenn ich mir daraus keine Diagnose zutrauen würde. Aber ich bin auch nicht vom Fach.

Hier sind noch ein paar Kleinigkeiten, nur um den Schein zu wahren, ich sei kritisch:

Sie redet ununterbrochen und so leise, dass die Geräusche der Stadt ihre Worte eben übertönen.
Ich strenge mich an, sie zu verstehen, doch ihre Worte werden wieder mal von einem vorbeifahrenden Auto verschluckt.
In beiden Fällen bin ich mir nicht sicher, ob die markierten Wörter überhaupt benötigt werden. Aber zumindest das "mal" würde ich durch "einmal" ersetzen, um nicht zu umgangssprachlich zu werden.
Am Liebsten will ich Sophia an die Hand nehmen, ihr die ganze Welt zeigen, die für sie so klein geworden ist.
Am liebsten
Hier wird es ganz ruhig, nicht mal Autos fahren vorbei.
Auch hier besser "einmal"
Veronica ist blass, weil sie fast nie ihr Zimmer im Wohnheim verlässt.
Wer ist Veronica?
„Keine Sorge, wir schaffen das,“ sage ich schnell, glaube aber selbst nicht ganz daran, ich hatte den Umweg nicht eingeplant, und wir verlieren Zeit, indem wir ständig stehen bleiben.
Ist "indem" hier wirklich die richtige Konjunktion? "dadurch dass" oder einfach "weil" würde mir mehr einleuchten.

Sehr gerne gelesen.
Viele Grüße
Ella Fitz

 

Gut geschrieben. Finde die Art, wie die Absätze erstellt sind nicht schlecht, zieht einen in den Text hinein, anstatt mit einer riesigen Wortwurst abzuschrecken.
Hat schon was, die Idee hinter der Geschichte. Ich nehme mal an, Sophia (die du einmal Veronica genannt hast ;) ) Ist geistig behindert und die Erzählerin ist die Pflegerin? Darüber wird einfach viel zu wenig erzählt. Finds schön das du das aufgegriffen hast.
Ich versteh nur nicht so ganz wo du mit der Story hin willst. Das is mein Kritikpunkt, dass ich nicht verstehe, wo die Story hingehen soll :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Chutney,

der "Ausflug" zweier unterschiedlicher Frauen an einem Sommertag, um viele Zigaretten zu kaufen, ist dir in seiner Beschreibung gut gelungen. Ich erkenne sofort, um wen es sich handelt und deren Stellung innerhalb der Geschichte. Auch die Umgebung und den Weg kann ich gut erkennen.
Schwierigkeiten habe ich mit dem höhepunkt und der Wende. Natürlich kann in diesem Krankheitsverlauf nicht mehr ausgelöst werden durch Schmetterlinge, aber ich habe gar keine Vorstellung, was danach los ist. Auch den Einfluss des behaarten, tätowierten, "goldenen" Flaschengeist kann ich nicht einordnen.

Es rauscht, als Hunderte von Schmetterlingen mit Schleudertrauma auffliegen.

'Schleudertrauma' klingt an dieser Stelle so ungewollt witzig in meinen Ohren. Warum wolltest du das?

Froh bin, ich dass alles gut gegangen ist und den Rückweg antreten können. Aber sonst bleibt mir Einiges unklar.

Ich hoffe, ein anderer Wortkrieger versteht mehr.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Liebe Ella Fitz,

vielen herzlichen Dank für deinen Zuspruch, ich habe mich so sehr gefreut, dass dir die Geschichte gefallen hat. :)

Selten habe ich mich so tief in eine Figur hineinversetzt gefühlt,

Oh wie schön!

Das Ende mit dem gemeinsamen Lachen ist dann so natürlich, so ungezwungen, ja, so ansteckend, dass diese Leserin einfach mitgelacht hat. Aus tief empfundener Erleichterung, dass es so gut ausgeht.

Das freut mich wirklich sehr! Überhaupt beschreibst du wunderbar, was mir in der Geschichte wichtig war, was ich ausdrücken wollte. Ich bin ganz glücklich, dass das so bei dir angekommen ist!

Wir erfahren nicht wirklich, woran Sophia leidet, oder? Ist es schon Demenz oder eine andere psychische Störung? Gut und plausibel beschrieben ist die Symptomatik allemal, auch wenn ich mir daraus keine Diagnose zutrauen würde. Aber ich bin auch nicht vom Fach.

Gut, dass die Symptomatik dir plausibel erscheint. Die Sophia meiner Geschichte leidet unter einem religiösen Wahn, einer Psychose.

Deine Verbesserungsvorschläge haben mir alle eingeleuchtet, ich habe sie komplett übernommen. Vielen Dank für deine Mühe, du hast wirklich sehr genau geguckt. :)

Liebe Ella, ich wünsche dir einen schönen Sonntag!

Liebe Grüße von Chutney

Hallo Trethenmerth

auch dir herzlichen Dank für deinen freundlichen Kommentar und deinen Zuspruch.

Gut geschrieben. Finde die Art, wie die Absätze erstellt sind nicht schlecht, zieht einen in den Text hinein, anstatt mit einer riesigen Wortwurst abzuschrecken.

Das freut mich. :)

"Veronica" ist schon geändert, danke!

Ist geistig behindert und die Erzählerin ist die Pflegerin? Darüber wird einfach viel zu wenig erzählt. Finds schön das du das aufgegriffen hast. Ich versteh nur nicht so ganz wo du mit der Story hin willst. Das is mein Kritikpunkt, dass ich nicht verstehe, wo die Story hingehen soll

Ja, Menschen, die "anders" sind, sind ein interessantes Thema. Oft werden psychisch kranke Menschen in der Literatur in sehr dramatischen Situationen beschrieben. Ich habe hier einfach versucht eine Alltagsgeschichte zu schreiben. Eine Notsituation, die eine unverhoffte Lösung findet.

Vielen Dank nochmal, Trethenmerth und herzlich willkommen hier im Forum!

Liebe Grüße, Chutney

Liebe Kanji,


vielen, herzlichen Dank auch dir für deinen Kommentar und auch, dass du mir deine Fragezeichen mitteilst.

der "Ausflug" zweier unterschiedlicher Frauen an einem Sommertag, um viele Zigaretten zu kaufen, ist dir in seiner Beschreibung gut gelungen. Ich erkenne sofort, um wen es sich handelt und deren Stellung innerhalb der Geschichte. Auch die Umgebung und den Weg kann ich gut erkennen.

Schön, dass hier soweit Klarheit für dich besteht.

Schwierigkeiten habe ich mit dem höhepunkt und der Wende. Natürlich kann in diesem Krankheitsverlauf nicht mehr ausgelöst werden durch Schmetterlinge, aber ich habe gar keine Vorstellung, was danach los ist. Auch den Einfluss des behaarten, tätowierten, "goldenen" Flaschengeist kann ich nicht einordnen.

Ich glaube, dass der "Flaschengeist" mit seinem Aussehen und Verhalten so verschiedene Aspekte hat,
die nicht nur die Schmetterlinge, sondern auch Sophia und die Erzählerin, ziemlich aufrütteln. (Ist ja auch schon ein bisschen festgefahren zwischen den beiden.) Und an diesem Punkt kann es in verschiedene Richtungen gehen. Sophia, so krank sie auch ist, hat u.a. offenbar einen Sinn für Situationskomik.


Es rauscht, als Hunderte von Schmetterlingen mit Schleudertrauma auffliegen.
'Schleudertrauma' klingt an dieser Stelle so ungewollt witzig in meinen Ohren. Warum wolltest du das?

Ja, da triffst du was, da war ich mir auch nicht sicher. Ich wollte das Brutale der Handlung und den Schock der Schmetterlinge (Soweit die Erzählerin sich da einfühlt) darstellen. Ein bisschen witzig darf es ruhig sein, aber ich überlege nochmal, der Ausdruck passt vielleicht nicht so ganz rein. ("...als Hunderte von Schmetterlingen geschockt auffliegen."? oder "verstört"?)

Nochmal herzlichen Dank für deine Anregungen, Kanji!

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Chutney,

schön, wieder etwas von dir zu lesen. Und auch diese kleine Geschichte gefällt mir sehr gut: dieser kleine Ausschnitt aus dem Leben der beiden Frauen, der behinderten und der sie liebevoll begleitenden. Sie zieht mich als Leser gleich in die Situation und ich folge den beiden auf ihrem Weg.

Es gibt ein paar Sachen, die ich mir beim Lesen notiert habe, und die ich dir gerne mitteilen möchte.

Insgesamt tue ich mich ein bisschen schwer mit der sehr weit offenen Deutungsmöglichkeit dessen, was eigentlich mit Sophia los ist. Ich begreife, dass sie behindert ist, manchmal erscheint sie mir autistisch, manchmal erinnert mich ihr Verhalten an Menschen mit Down-Syndrom, dann wieder erscheint sie mir einfach nur verwirrt. Du gibst mir zur Lösung des Rätsels zwei Stellen an die Hand.

Unvorstellbar, dass sie einmal kurz vor dem Abitur gestanden hatte.

Sofort murmelt sie etwas von „...Operation am offenen Schädel, das hält man doch nicht aus, und Jesus hat gesagt.... „

Sophias Verhalten scheint also nichts Angeborenes, sondern eher das Resultat einer Operation zu sein, möglicherweise nach einem Unfall.

Auch ihr Alter kann ich nur erahnen:

In ihre Locken mischen sich die ersten grauen Strähnen. Sie passen nicht zu ihrem Kindergesicht mit den weichen(,) blauen Augen.

So stelle ich mir also eine nicht mehr ganz junge Frau vor, die seit einem Unfall und der anschließenden Operation geistig behindert ist.

Zu meinen Notizen zum Text:

„...niemals...vergessen... muss man doch Buße tun ...“
„...Operation am offenen Schädel, das hält man doch nicht aus, und Jesus hat gesagt.... „

Durch das wirre Gestammel Sophias bricht immer wieder dieses Religiöse, an dem sie sich festhält, in das sie sich flüchtet und das dann im mehrfach wiederholten Gebet seinen Höhepunkt findet. Das hast du mMn sehr gut dargestellt. Es zieht sich wie ein rotes Band durch die Geschichte und charakterisiert gleichzeitig Sophia, ihre Unsicherheit, ihre Angst, ihre Flucht in diese religiösen Formen.

Danach beschreibst du Sophias Katzenliebe:

Während wir gehen, hält sie den Kopf gesenkt, scheinbar blind für den schönen Augusttag. Aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie jede Katze im Umkreis entdecken würde, und befände sie sich hoch oben hinter einer Fensterscheibe. Manchmal, wenn wir zusammen unterwegs sind, bleibt sie abrupt stehen, worauf ich aus der Trance erwache, in die sie mich geredet hat, und ihrem Blick folge. Immer ist es eine Katze. Sophia lockt sie in einem monotonen Singsang, so als würde sie jemanden nachahmen, der eine Katze lockt.
Heute sehen wir keine Katze. Die haben sich bei der Hitze bestimmt alle im Schatten verkrochen.

Hier vermischst du zwei Zeitebenen: ‚während wir gehen …’ und ‚manchmal, wenn wir …’
Da scheint mir dieses ‚worauf ich aus der Trance erwache, … nicht richtig schlüssig: Entweder erwacht die Ich-Erzählerin jedes Mal aus der Trance oder es ist einmalig. Meinst du, dass die Ich-Erzählerin jedes Mal in Trance verfällt, wenn sie Sophia begleitet?

Zum nächsten Motiv: den Zigaretten

Unvorstellbar, dass sie einmal kurz vor dem Abitur gestanden hatte.
Es war allein ihre Sucht nach Nikotin, die stärker war als der Drang, die Tür hinter sich zu schließen, unter die Bettdecke zu kriechen und sich die Hände auf die Ohren zu pressen. Und so gingen wir irgendwann Tabak kaufen.

Der markierte Satz will sich mir leider nicht erschließen. Ich verstehe ihn einfach nicht. Mir fehlt hier der Zusammenhang zu dem, was ich bisher über Sophia erfahren habe. Kann natürlich sein, dass ich etwas überlesen habe. Aber was hat es mit ihrer Sucht auf sich, wie verhält sich diese Sucht zu ihrer Vorgeschichte? Was ist da eigentlich los? Ich verstehe, dass du so die Situation im Tabakgeschäft einleitest, die dann zum ‚Übermütig-werden’ der Ich-Erzählerin führt. Aber so ist mir leider diese Stelle recht unverständlich.

Die anschließende Darstellung des Zigarettenkaufs und der Entwicklung der Eigenständigkeit Sophias gefällt mir dagegen wieder sehr gut und lässt mich die einzelnen Situationen klar vor Augen haben, so auch schließlich die Freude der Ich-Erzählerin, Sophias Betreuerin, und ihr Übermütig-werden.
Danach erinnert mich Sophias Verhalten sehr stark an Formen des Autismus: Unsicherheit und Angst vor allem Ungewohnten, das nicht in bekannte Raster passt.

Am liebsten will ich Sophia an die Hand nehmen, ihr die ganze Welt zeigen, die für sie so klein geworden ist. Die anderen werden staunen. Nicht zu überhören ist allerdings ihr Unbehagen, wir sind auf dem falschen Weg.

Hier würde ich statt ‚will’ möchte einsetzen und die Ich-Erzählerin durch ‚Die anderen sollen staunen’ noch stärker charakterisieren.

Den letzten Teil deiner Geschichte halte ich für den schönsten, inhaltlich und sprachlich. Das Schmetterlings-Motiv hast du wundervoll umgesetzt und ich habe zum Schluss das Gefühl, eine schöne und anrührende Geschichte gelesen zu haben.

Chutney, ich wünsche dir einen schönen Sonntag.

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Hi Chutney,

Thema und Umsetzung gefallen mir gut. Die Geschichte liest sich schön, die Bilder entstehen mühelos. Sophia bekommt genügend Kontur, um letztlich im besten Sinn vage zu bleiben, fast selbst wie ein Hirngespinst.

Zugleich fand ich gestern bei ersten Lesen, dass es sich an einzelnen Stellen noch nicht ganz perfekt fügt. Mal sehen, ob ich im Durchgang herausfinde, woran das lag.

Sophia läuft neben mir. Sie redet ununterbrochen und so leise, dass die Geräusche der Stadt ihre Worte übertönen. Zwischendurch spricht sie eindringlicher, aufgeregter, und nur dann erreichen mich Fetzen.
(eindringlich und aufgeregt evtl. nicht im Komparativ?)

„Wofür muss man Buße tun?“
Ich strenge mich an, sie zu verstehen, doch ihre Worte werden von einem vorbeifahrenden Auto verschluckt. Ich atme tief durch. Tatsächlich erwartet sie von mir keine Reaktion, die Stimmen in ihrem Kopf sind ihr genug. Trotzdem bemühe ich mich, wie immer zu Beginn unseres Weges, ein Gespräch anzufangen.
Das beißt sich, finde ich, noch ein ganz kleines bisschen. Dass sie immer wieder vergeblich versucht, ein Gespräch anzufangen, ist in Ordnung, und der Friseur ist dazu ein glaubwürdiger Aufhänger. Aber wird sie wirklich nachfragen, wofür man Buße tun soll? (Und wenn, ärgert sie sich danach nicht, dass sie gewissermaßen in die Falle getappt ist und auf das wahnhafte Gerede reagiert hat?)

„Jetzt können Sie wieder viel besser sehen. Ihr Pony war schon so lang.“
Ich habe mich an der Stelle über die Kombination Vorname+Sie gewundert. Das gibt es natürlich, aber in diesem Fall? Auf der anderen Seite: Dem Sinn nach gibt es die richtige Mischung aus Nähe und Distanz.

Sofort murmelt sie etwas von
Warum sofort? Mir klingt das an der Stelle zu hastig.

Aber ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sie jede Katze im Umkreis entdecken würde
Evtl. "...auch in dieser Haltung (o.ä.) jede Katze im Umkreis entdecken würde"? Dadurch wird eine kleine Spur gelegt, ohne dass du hier schon zu viel verrätst.

ich greife zum letzten Mittel, ich hasse das.
„Sollen wir beten?“
Das ist nun allerdings eine völlig glaubwürdig Weise, auf den Wahn zu reagieren, und noch glaubwürdiger, weil die Protagonistin es gar nicht gern tut.

Bevor wir es erreichen, bleibe ich mit einem leisen Aufschrei stehen.
Evtl umstellen, um den Aufschrei besser in Szene zu setzen? ("Ich bleibe mit einem leisen Aufschrei stehen, bevor wir es erreichen")

Ich wette, in der ganzen Stadt gibt es keine Schmetterlinge mehr.
"...nirgendwo sonst in der Stadt gibt es Schmetterlinge mehr"? Ich dache mir beim Lesen: Wieso sind dann da welche, wenn es keine mehr gibt? Es klärt sich sofort auf, aber da war ich schon gestolpert.

...stoße ich Begeisterungsschreie aus, übertriebene, spitze Begeisterungsschreie, auch um Sophias absolute Regungslosigkeit neben mir auszugleichen.
Evtl. "...spitze Begeisterungsschreie, übertrieben, [auch] um Sophias... usw."?

„Na, das war ja was.“
Die direkte Rede durchsticht mir da die Atmosphäre. Evtl. räuspern und nichts sagen?

Ich glaube, sie ist selbst überrumpelt.
Evtl. streichen und gleich weiter: "Sie wedelt mit der Hand, wie um es abzuwenden." Die Überrumpelung sieht man im Anschluss wunderbar, die Vorwarnung nimmt vielleicht eher was weg von dem Effekt. ("Es" bliebe in der Version erst mal ohne Bezug, aber das Losprusten wird gleich nachgeliefert, ich würde mich an der Verzögerung nicht stoßen).

Soweit meine Beobachtungen. Ergebnis: Ich habe den Verdacht, dass die Stellen, die mir beim erden Lesen wirklich aufgefallen sind, größtenteils schon geändert sind. Von einer Stelle weiß ich es sogar ganz sicher, das war das rätselhafte Hereinragen von "Veronica".

Da ich mir nun einmal vorgenommen hatte, Passagen aufzuspüren, die mir nicht ganz perfekt vorgekommen sind, habe ich, wie man sieht, ganz darauf verzichtet, solche herauszustellen, an denen ich Beifall klatschen möchte. Das ist natürlich bedauerlich. Andrerseits würde dieser Post dann ja auch wirklich zu lang werden. Im Ernst: Er würde zu lang werden! Das sagt ja hoffentlich auch etwas aus. ;)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo chutney.

Keine leichte Kost, die du da schreibst. Und obwohl das Thema ja alles andere als leicht oder beschwingt ist, gelingt es dir dennoch, die (ja eigentlich tragische) Geschichte so darzustellen, dass man am Ende nicht allzu bedrückt ist. Sehr gut gemacht. Ein so schweres Thema durchaus unterhaltsam und irgendwie "optimistisch" zu beschreiben, ist keine leichte Sache und erfordert Einfühlungsvermögen, Talent im Umgang mit angemessenen Formulierungen und ein nötiges Maß an Sensibilität, um nicht ins Pathetische oder Tränendrüsenlastige zu fallen. Du hast meiner Ansicht nach mit deinem Text gezeigt, dass du alle drei dieser Voraussetzungen bestens erfüllen konntest.

Zur Handlung an sich - da hatte ich den Eindruck, dass du dich mit der Materie der Betreuung entweder selber auskennst oder aber hervorragend in die Situation hineinversetzen konntest. Denn so, wie du das Verhalten der Betreuerin, als auch Sophias Krankheit dargestellt hast, konnte man sich in die Situation sofort hineinversetzen.

"Kritik" als solche habe ich nicht. Tatsächlich musste ich mich ein paar mal fragen, wie geduldig ich wohl in so einer Lage reagieren könnte, wenn man die Verantwortung für einen Menschen mit derartigen Verhaltensmustern trägt, der selbst alltägliche Dinge nur schwer ausführen kann. Also ein weiteres Kompliment für dich, chutney - du hast mich zum Nachdenken gebracht und mich erneut in meiner Meinung bestätigt, dass ich wahrscheinlich für eine derartige Aufgabe nur eingeschränkt tauglich wäre. Hut ab vor dieser erzählerischen Leistung - und Hut ab vor allen Menschen, die sich einer solchen Aufgabe stellen wollen/können/müssen. Nicht einfach, das.

Eine Szene hat mir allerdings in der Tat nicht gefallen! Der Mann im Garten hätte nicht an dem Fliederbusch rütteln sollen, denn damit hat er die Schmetterlinge verscheucht. Auch wenn es sicher ein imposantes Bild ist, dass du sehr plastisch und lebendig darstellen konntest (diese Schmetterlingswolke), habe ich tatsächlich eher vordergründig Mitleid mit den Schmetterlingen gehabt, die jetzt durch den Mann gestört wurden. Auch da musste ich nachdenken - und mein erster Gedanke war sofort: "Typisch Mensch!";)

Gut gemacht, chutney!

Viele Grüße vom EISENMANN

 
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Liebe barnhelm,

vielen Dank für deine Rückmeldung, es ist doch toll, wie man sich hier immer wieder trifft. :) Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat und dass du mir deine Eindrücke mitteilst.

Insgesamt tue ich mich ein bisschen schwer mit der sehr weit offenen Deutungsmöglichkeit dessen, was eigentlich mit Sophia los ist.

Du hast dich wirklich schon fast detektivisch auf Spurensuche für eine Diagnose begeben und ich fand es sehr interessant, wie du manche Stellen interpretiert hast. Für mich ist Sophia eine Frau, die tatsächlich auch ein paar autistische Züge hat, jedoch v.a. schon lange an einer Psychose leidet, die sich vor allem in einem religiösen Wahn äußert. D.h. sie ist normal intelligent, kann jedoch durch häufige Krankheitsschübe inzwischen nicht mehr alleine leben, hört Stimmen.

Sofort murmelt sie etwas von „...Operation am offenen Schädel, das hält man doch nicht aus, und Jesus hat gesagt.... „

Sophias Verhalten scheint also nichts Angeborenes, sondern eher das Resultat einer Operation zu sein, möglicherweise nach einem Unfall.


Hier wollte ich beschreiben, wie sie den Friseurbesuch wahnhaft umdeutet, als Operation.

In der Szene mit der Katze wechselt tatsächlich das aktuelle Geschehen zu den Gedanken der Erzählerin, wie es ist, wenn sie einer Katze begegnen. Und sie gehen schon sehr lange diesen Weg und immer bemüht sich die Betreuerin anfangs ein Gespräch zu beginnen, gibt irgendwann auf und lässt sich durch Sophias Reden einlullen. Und wenn Sophia dann plötzlich stehen bleibt, erwacht sie jedes Mal aus der Trance. Aber eben "heute" nicht. So hatte ich es jedenfalls gedacht. ich denke, ich baue noch einen Absatz ein, um es klarer zu machen.

Zum nächsten Motiv: den Zigaretten

Unvorstellbar, dass sie einmal kurz vor dem Abitur gestanden hatte.
Es war allein ihre Sucht nach Nikotin, die stärker war als der Drang, die Tür hinter sich zu schließen, unter die Bettdecke zu kriechen und sich die Hände auf die Ohren zu pressen. Und so gingen wir irgendwann Tabak kaufen.

Der markierte Satz will sich mir leider nicht erschließen.


Ich bemühe mich sehr so wenig Worte wie nur möglich zu machen, möglicherweise sind es hier zu wenige. Es geht um den Anlass, warum sie Tabak kaufen gehen. Sophia war, als sie in das Wohnheim einzog in sehr schlechter Verfassung, hatte ein starkes Rückzugsbedürfnis. So war die Notwendigkeit, Tabak kaufen zu gehen, die einzige Chance, sie aus dem Bett zu locken. Das hatte ich gemeint.


Tatsächlich hast du mich jetzt verunsichert, ich selbst bin da vielleicht ein bisschen betriebsblind. Ich denke nochmal darüber nach, ob ich manches noch klarer hinkriege. Man muss nicht jede Frage in einem Text beantworten, aber eine Figur muss in sich schlüssig sein, und das ist Sophia für dich offenbar nicht ganz.

Am liebsten will ich Sophia an die Hand nehmen, ihr die ganze Welt zeigen, die für sie so klein geworden ist. Die anderen werden staunen. Nicht zu überhören ist allerdings ihr Unbehagen, wir sind auf dem falschen Weg.
Hier würde ich statt ‚will’ möchte einsetzen und die Ich-Erzählerin durch ‚Die anderen sollen staunen’ noch stärker charakterisieren.

Das würde ich beides gerne so lassen. Im Vordergrund steht für die Ich-Erzählerin das starke Bedürfnis Sophia zu helfen, im Nebengedanken freut sie sich den Kollegen davon zu erzählen.

Den letzten Teil deiner Geschichte halte ich für den schönsten, inhaltlich und sprachlich. Das Schmetterlings-Motiv hast du wundervoll umgesetzt und ich habe zum Schluss das Gefühl, eine schöne und anrührende Geschichte gelesen zu haben.

Oh, vielen Dank Barnhelm! Ich freue mich, dass die Geschichte dir am Ende trotz aller Unklarheiten gefallen hat.

Und ich wünsche dir auch einen schönen Sonntag!:)

Liebe Grüße von Chutney

P.S. Ich habe etwas Mühe mit dem Kopieren, der "Rahmen" kopiert sich nicht mit. Bin deshalb auf's Fettgedruckte ausgewichen.


Hallo @Erdbeerschorch!

Auch dir ganz herzlichen Dank dafür, dass du dich so intensiv mit meinem Text auseinandergesetzt hast.

Sophia bekommt genügend Kontur, um letztlich im besten Sinn vage zu bleiben, fast selbst wie ein Hirngespinst.

Das hast du wunderbar ausgedrückt, so hatte ich es eigentlich gedacht.

Sophia läuft neben mir. Sie redet ununterbrochen und so leise, dass die Geräusche der Stadt ihre Worte übertönen. Zwischendurch spricht sie eindringlicher, aufgeregter, und nur dann erreichen mich Fetzen.
(eindringlich und aufgeregt evtl. nicht im Komparativ?)

Das ist eine gute Idee, das mache ich.

„Wofür muss man Buße tun?“
Ich strenge mich an, sie zu verstehen, doch ihre Worte werden von einem vorbeifahrenden Auto verschluckt. Ich atme tief durch. Tatsächlich erwartet sie von mir keine Reaktion, die Stimmen in ihrem Kopf sind ihr genug. Trotzdem bemühe ich mich, wie immer zu Beginn unseres Weges, ein Gespräch anzufangen.

Das beißt sich, finde ich, noch ein ganz kleines bisschen. Dass sie immer wieder vergeblich versucht, ein Gespräch anzufangen, ist in Ordnung, und der Friseur ist dazu ein glaubwürdiger Aufhänger. Aber wird sie wirklich nachfragen, wofür man Buße tun soll? (Und wenn, ärgert sie sich danach nicht, dass sie gewissermaßen in die Falle getappt ist und auf das wahnhafte Gerede reagiert hat?)

Doch, das halte ich für glaubwürdig. Sie versucht in Kontakt zu kommen und Sophia scheint ja auch etwas zu sagen, aber zu leise.

Sofort murmelt sie etwas von
Warum sofort? Mir klingt das an der Stelle zu hastig.

Tatsächlich soll es hastig sein. Die Kommunikation läuft nicht ganz in dem Rhytmus wie normalerweise. Sophia reagiert auf das Stichwort fast überstürzt.

Bevor wir es erreichen, bleibe ich mit einem leisen Aufschrei stehen.
Evtl umstellen, um den Aufschrei besser in Szene zu setzen? ("Ich bleibe mit einem leisen Aufschrei stehen, bevor wir es erreichen")

Ja, das ist möglicherweise besser, das lasse ich nochmal wirken.

Ich wette, in der ganzen Stadt gibt es keine Schmetterlinge mehr.
"...nirgendwo sonst in der Stadt gibt es Schmetterlinge mehr"? Ich dache mir beim Lesen: Wieso sind dann da welche, wenn es keine mehr gibt? Es klärt sich sofort auf, aber da war ich schon gestolpert.

Du hast natürlich recht, andererseits wird der Satz so umständlicher. :hmm:

Die Begeisterungsschreie finde ich so doppelt ganz gut, auch denke ich schon, dass die Ich-Erzählerin etwas sagen sollte, was den Lachanfall auslöst. Es zeigt auch ihre eigene Verstörtheit.
Das "Überrrumpeln" wegzulassen hatte ich auch schon mal gedacht, habe aber die Rückmeldung bekommen, dass es so unklarer wird. Es ist nicht leicht hier das richtige Maß zu finden.

Da ich mir nun einmal vorgenommen hatte, Passagen aufzuspüren, die mir nicht ganz perfekt vorgekommen sind, habe ich, wie man sieht, ganz darauf verzichtet, solche herauszustellen, an denen ich Beifall klatschen möchte. Das ist natürlich bedauerlich. Andrerseits würde dieser Post dann ja auch wirklich zu lang werden. Im Ernst: Er würde zu lang werden! Das sagt ja hoffentlich auch etwas aus.

Ja, das tut es. Herzlichen Dank Erdbeerschorch und auch für deinen sehr genauen Blick, der mich dazu zwingt, nochmal genau zu überlegen, warum ich eigentlich was schreibe.

Liebe Grüße von Chutney

Hallo Eisenmann, dir auch vielen Dank, ich schreibe später weiter!

 

Hallo Chutney,

Deine Geschichte hat mir wirklich sehr gefallen. Besonders schön fand ich, wie gefühlvoll der Erzähler auf die zwei Hauptfiguren eingeht. Ich hätte liebend gern mehr von den zwei Frauen erfahren, dass spränge aber- glaube ich -den Rahmen einer Kurzgeschichte. Mehr kann ich wohl nicht zu der Geschichte sagen. Das ist jedenfalls das, was ich beim Lesen deiner Erzählung in den Sinn kam und was die anderen Kritiker noch nicht angemerkt haben.
Ich hoffe, du kannst etwas damit anfangen. :shy:

Liebe Grüße
alexei

 

Hallo Eisenmann,

Keine leichte Kost, die du da schreibst.

Hui, und das vom Eisenmann, wo ich mich immer frage: Traue ich mich, die Geschichte zu lesen oder träume ich dann wieder schlecht? Nein, ernsthaft, ich glaube, ich weiß, was du meinst. Und ich bedanke mich sehr für deine aufbauenden Worte.

Ein so schweres Thema durchaus unterhaltsam und irgendwie "optimistisch" zu beschreiben, ist keine leichte Sache

Ich freue mich riesig, dass du den Eindruck hast, dass das gelungen ist :)

Zur Handlung an sich - da hatte ich den Eindruck, dass du dich mit der Materie der Betreuung entweder selber auskennst oder aber hervorragend in die Situation hineinversetzen konntest.

Ich habe mal eine Weile in der Psychiatrie gearbeitet. Sophia hat mehrere reale Vorbilder.

Tatsächlich musste ich mich ein paar mal fragen, wie geduldig ich wohl in so einer Lage reagieren könnte, wenn man die Verantwortung für einen Menschen mit derartigen Verhaltensmustern trägt, der selbst alltägliche Dinge nur schwer ausführen kann.

Es kann auch sehr bereichernd und manchmal eben sogar sehr lustig sein. Klingt ein bisschen nach Phrase, ist aber so.

Eine Szene hat mir allerdings in der Tat nicht gefallen! Der Mann im Garten hätte nicht an dem Fliederbusch rütteln sollen, denn damit hat er die Schmetterlinge verscheucht. Auch wenn es sicher ein imposantes Bild ist, dass du sehr plastisch und lebendig darstellen konntest (diese Schmetterlingswolke), habe ich tatsächlich eher vordergründig Mitleid mit den Schmetterlingen gehabt, die jetzt durch den Mann gestört wurden. Auch da musste ich nachdenken - und mein erster Gedanke war sofort: "Typisch Mensch!"

Tatsächlich lag für mich der Reiz auch darin, zu schildern, wie aus einer Zerstörung so etwas wie eine Erlösung entstehen kann. Es ist zwar brutal, aber Sophia hätte sonst nicht gelacht. Und ich bin sicher, die Schmetterlinge haben sich hinterher wieder hingesetzt. ;)

Vielen Dank, Eisenmann, für deinen sensiblen und nachdenklichen Kommentar.

Liebe Grüße von Chutney


Hallo Alexei,

oh, mein schlechtes Gewissen. Ich wollte bei dir doch auch noch mal kommentieren und werde es auch tun, versprochen!

Besonders schön fand ich, wie gefühlvoll der Erzähler auf die zwei Hauptfiguren eingeht. Ich hätte liebend gern mehr von den zwei Frauen erfahren, dass spränge aber- glaube ich -den Rahmen einer Kurzgeschichte.

Das ist bestimmt ein gutes Zeichen, wenn Figuren einen so interessieren, dass man mehr wissen möchte. Es freut mich, dass mir das bei dir gelungen ist. :) Überhaupt finde ich es immer eine spannende Frage, wieviele Informationen man in einer Kurzgeschichte zu einer Figur liefert und was man weg lässt.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar, Alexei, ich konnte viel damit anfangen und habe mich gefreut.

Liebe Grüße, Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chutney

Ich finde es schon beinahe essentiell für den Text, dass du die Symptomatik bloss beschreibst, keine Krankheit nennst. Sobald du mit einer Klassifikation auffahren würdest, würde das den Text ganz anders einfärben und dem, was du dir vorgenommen hast, was du erzählen möchtest, schaden. Also das hast du in meinen Augen sehr gut gelöst.


Tatsächlich erwartet sie von mir keine Reaktion, die Stimmen in ihrem Kopf sind ihr genug. Trotzdem bemühe ich mich, wie immer zu Beginn unseres Weges, ein Gespräch anzufangen.

Gleich zwei erklärende Aussagen hintereinander. Vielleicht kannst du dir überlegen, ob du eines davon, wenn nicht beides, ebenfalls zeigen könntest. Ich sehe natürlich die Gefahr, dass dann gleich zu Beginn ein unzusammenhängendes Gespräch entsteht. Aber vielleicht kannst du dir trotzdem überlegen, wieviel Irritation du dem Leser zumuten kannst, auch grundsätzlich.

Das ist jetzt vier Jahre her. [...] Vor drei Jahren betrat sie zum ersten Mal den kleinen Laden anstatt draußen zu warten. Seit vorletztem Jahr legt sie den Einkaufszettel und das Geld auf den Tresen, und seit einem Jahr bin ich es, die draußen wartet, während Sophia drinnen angestrengt ihren Spruch aufsagt.

Du willst zeigen, dass Sophia Fortschritte macht, dass dies aber sehr lange dauert. Mich hat dieses mechanische "Vier, drei, zwei, eins" dabei etwas gestört. Könnte man vielleicht variieren: "Es dauerte ein Jahr, bis ..." / "Später dann" / "Seit einiger Zeit" Ist nur als Anregung gemeint.


Nicht zu überhören ist allerdings ihr Unbehagen, wir sind auf dem falschen Weg.

Ich würde einen Punkt nach Unbehagen setzen, ist ja ein Perspektivenwechsel drin, als falsch empfindet das nur Sophia.

Sie kratzt, und ich greife zum letzten Mittel, ich hasse das.
„Sollen wir beten?“

Finde ich eine tolle Stelle. Die Patientin indirekt im Wahn bestätigen, um sie zu beruhigen.

Dann diese Sache mit den Schmetterlingen, ganz ehrlich, ich weiss nicht so recht, was ich davon halten soll. Beim ersten Lesen dachte ich, wie das war's? Und dann hab' ich doch das Subtile an deiner Geschichte gesehen und diese Szene mit dem Mann und den Schmetterlingen, das hat schon was, auch was Überraschendes, Schräges. Doch, habe ich ingesamt sehr gerne gelesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Manlio,

ich spiele mit dem Gedanken, deinen Kommentar einzurahmen und an die Wand zu hängen. Oder doch als Bildschirmschoner? ;)

Ich fühle mich sehr ermutigt, vielen, vielen Dank, Manlio!

Liebe Grüße von Chutney


Hallo Peeperkorn,

Wie schön, von dir zu hören!

Ich finde es schon beinahe essentiell für den Text, dass du die Symptomatik bloss beschreibst, keine Krankheit nennst.

Ja, das denke ich auch und ich bin froh, das du das genauso siehst.

"Tatsächlich erwartet sie von mir keine Reaktion, die Stimmen in ihrem Kopf sind ihr genug. Trotzdem bemühe ich mich, wie immer zu Beginn unseres Weges, ein Gespräch anzufangen."


Gleich zwei erklärende Aussagen hintereinander. Vielleicht kannst du dir überlegen, ob du eines davon, wenn nicht beides, ebenfalls zeigen könntest. Ich sehe natürlich die Gefahr, dass dann gleich zu Beginn ein unzusammenhängendes Gespräch entsteht. Aber vielleicht kannst du dir trotzdem überlegen, wieviel Irritation du dem Leser zumuten kannst, auch grundsätzlich.


Das fand ich spontan eine gute Idee und eine inspirierende Aufgabe, an dieser Stelle mehr zu zeigen. Leider bin ich bisher noch zu keiner befriedigenden Lösung gekommen, habe fast das Gefühl, mit der Nasenspitze noch zu dicht dran zu sein. Vielleicht etwas Zeit verstreichen lassen und dann nochmal probieren.

"Das ist jetzt vier Jahre her. [...] Vor drei Jahren betrat sie zum ersten Mal den kleinen Laden anstatt draußen zu warten. Seit vorletztem Jahr legt sie den Einkaufszettel und das Geld auf den Tresen, und seit einem Jahr bin ich es, die draußen wartet, während Sophia drinnen angestrengt ihren Spruch aufsagt."


Du willst zeigen, dass Sophia Fortschritte macht, dass dies aber sehr lange dauert. Mich hat dieses mechanische "Vier, drei, zwei, eins" dabei etwas gestört. Könnte man vielleicht variieren: "Es dauerte ein Jahr, bis ..." / "Später dann" / "Seit einiger Zeit" Ist nur als Anregung gemeint.


Anfangs hatte ich es noch mechanischer. (Vor drei Jahren, vor zwei Jahren...etc.) aber du hast recht, die Jahresabstände sind auch sehr regelmäßig. Ich werde da eine kleine Änderung anbringen.

"Nicht zu überhören ist allerdings ihr Unbehagen, wir sind auf dem falschen Weg."

Ich würde einen Punkt nach Unbehagen setzen, ist ja ein Perspektivenwechsel drin, als falsch empfindet das nur Sophia.


Guter Tip, mache ich, danke.

"Sie kratzt, und ich greife zum letzten Mittel, ich hasse das.
„Sollen wir beten?“"

Finde ich eine tolle Stelle. Die Patientin indirekt im Wahn bestätigen, um sie zu beruhigen.


Das Prinzip funktioniert auch bei Demenzkranken, bei Kindern und eigentlich bei uns allen. ;)


Mit dem Ende bist du offenbar erst auf den zweiten Blick warm geworden. Trotzdem freue ich mich sehr, dass du meine Geschichte gerne gelesen hast. Vielen, herzlichen Dank für deine wertvollen Ideen dazu!

Liebe Grüße von Chutney

P.S. Ich lese gerade den "Zauberberg" und bin unvermutet auf " Mynheer Peeperkorn" gestossen. Wow!

 

Hey Chutney,

eine sehr ruhige, unaufgeregte Geschichte. Hat mir gut gefallen. Dieser Schmetterlingsbaum ist ein starkes Bild.
Man erfährt ja eigentlich recht wenig über Sophia, die die Geschichte in gewisser Weise ja trägt. Eine Momentaufnahme aus ihrem Leben, ein winziger Abschnitt und doch ergibt sich für mich innerhalb dieses kleinen Rahmens ein ziemlich geschlossenes Bild. Das ist schon gut gemacht. Und tatsächlich berührt es mich.

Sie redet ununterbrochen und so leise, dass die Geräusche der Stadt ihre Worte übertönen.

Ich habe erst überholen gelesen und fand das ziemlich cool. Habe den Satz nochmal gelesen und bin über das übertönen gestolpert. Ich bin eindeutig für überholen :). Aber andere könnten das wieder als falsch anmarken.

„...niemals...vergessen... muss man doch Buße tun ...“

Vor und nach Punkten ein Leerzeichen und bitte immer nur drei Punkte. Das geht so durch den ganzen Text. Wobei ich finde, man sollte mit den Punkten wirklich sparsamer umgehen. Hier finde ich sie passend eingesetzt, aber nicht immer.

„...Operation am offenen Schädel, das hält man doch nicht aus, und Jesus hat gesagt.... „

Leerzeichen, Anzahl ...

Manchmal, wenn wir zusammen unterwegs sind, bleibt sie abrupt stehen, worauf ich aus der Trance erwache, in die sie mich geredet hat, und ihrem Blick folge. Immer ist es eine Katze.

Schön!

Es war allein ihre Sucht nach Nikotin, die stärker war als der Drang, die Tür hinter sich zu schließen, unter die Bettdecke zu kriechen und sich die Hände auf die Ohren zu pressen. Und so gingen wir irgendwann Tabak kaufen. Das ist jetzt vier Jahre her.
Vor drei Jahren betrat sie zum ersten Mal den kleinen Laden anstatt draußen zu warten. Seit vorletztem Jahr legt sie den Einkaufszettel und das Geld auf den Tresen, und seit einiger Zeit bin ich es, die draußen wartet, während Sophia drinnen angestrengt ihren Spruch aufsagt.

So wenig Worte, aber es zeigt schön eine Entwicklung, es erzählt viel, gefällt.

„wage es nicht, niemals, nicht, niemals...“

ohne Worte

Die Sonne steht an ihrem höchsten Punkt. Es ist so hell, dass das Pflaster blendet. Ich trage einen Sonnenhut, mit dem ich aussehe wie eine bleiche Engländerin, weil die Biosonnencreme mein Gesicht kalkweiss gefärbt hat. Sophia ist blass, weil sie fast nie ihr Zimmer im Wohnheim verlässt.

Gefällt!

„...Amen ... “ Sie scheint einen Moment zu lauschen.

LZ - usw durch den Text

„Keine Sorge, wir schaffen das(,)“KOMMA sage ich schnell, glaube aber selbst nicht ganz daran,

Komma nach " - ist auch noch öfter im Text, suche das jetzt nicht weiter raus, eigentlich ziemlich fast immer ;)

Sie öffnet die Tasche und beginnt umständlich zu sortieren. „Eins... zwei... drei... vier... fünf... ja genug.“

Hier ginge es auch mit Kommas ;).

„Vater unser im Himmel.....“

Taste geklemmt, wa?

Je länger ich schaue, desto mehr sehe ich, immer noch flattern welche heran, finden auch noch Platz, zittern mit den Flügeln, Pfauenaugen, Admirale, Zitronenfalter und unbekannte, deren Farben in der Sonne geheimnisvoll, pudrig leuchten.

noch ist unschön, aber pudrig leuchten ist genial!

Wie ein Flaschengeist erhebt sich unvermutet, auf dem steinernen Balkon hinter dem Flieder, ein Mann.

Flieder blüht nicht im August.

Sehr schön. Für das was in diesem Rahmen erzählt werden kann und für das was die Geschichte will, gefällt sie mir wirklich richtig gut.

Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chutney,

deine Geschichte gefällt mir sehr, weil sie mir zeigt, dass es sehr gut möglich ist, eine Krankengeschichte zu vermitteln, ohne in einen dozierenden Erklärungszwang zu verfallen. Zumächst bleibe ich als Leser verwirrt und muss spekulieren. Dem Spannungsaufbau wird dadurch auf jeden Fall Genüge geleistet.
Ich finde auch sehr gutgelungen die Beschreibung, wie für einen kurzen Moment Patientin und Betreuerin sich im Gleichklang freuen können. Ich hoffe so was ist keine Illusion. Momente wie diese wären dann wohl Bausteine für den erhofften Genesungsfortschritt.

Liebe Chutney, es gibt auch Krankheitsbilder, vor allem dauerhafte, vorläufig nicht zu heilende Behinderungen, die neben der existentiell notwendigen Empathie auch ein gerütteltes Maß an Aufklärung verlangen, an Strategien fürs Überleben. In deinem Text hast du "Beten" genannt. Vielleicht magst du nochmals erläutern, wie beten auf deine Patienten wirkt. Ist das als Strategie einzustufen?

Du siehst, dein Text wirft interessante Fragen auf, die sich nicht nur auf die Erzähltechnik beschränken.

Bin gespannt auf eine Antwort.

Freundliche Grüße von wieselmaus, die sich gerade auch mit solchen Themen beschäftigt.

 

Hallo Fliege,

jaja, die Pünktchen und die Kommas ... ! :Pfeif: Mit den Kommas, das war mir ja schon klar, dass das nicht meine Stärke ist, aber um die Pünktchen habe ich mir überhaupt noch nie Gedanken gemacht. Hier brauche ich sie wirklich viel, weil ich zeigen will, dass Sophia ständig weiterredet. Ich habe das jetzt alles versucht zu korrigieren, hoffe ich habe nichts vergessen. Vielen Dank! :)

eine sehr ruhige, unaufgeregte Geschichte. Hat mir gut gefallen. Dieser Schmetterlingsbaum ist ein starkes Bild.
Man erfährt ja eigentlich recht wenig über Sophia, die die Geschichte in gewisser Weise ja trägt. Eine Momentaufnahme aus ihrem Leben, ein winziger Abschnitt und doch ergibt sich für mich innerhalb dieses kleinen Rahmens ein ziemlich geschlossenes Bild. Das ist schon gut gemacht. Und tatsächlich berührt es mich.

Das freut mich sehr.

Ich habe fast alle deine Anregungen umgesetzt. Mit dem "Überholen" konnte ich mich nicht anfreunden, das heißt für mich etwas ganz anderes, v.a. räumliches.

Und der Flieder ist ein Schmetterlingsflieder, der blüht jetzt.

Je länger ich schaue, desto mehr sehe ich, immer noch flattern welche heran, finden auch noch Platz, zittern mit den Flügeln, Pfauenaugen, Admirale, Zitronenfalter und unbekannte, deren Farben in der Sonne geheimnisvoll, pudrig leuchten.

noch ist unschön, aber pudrig leuchten ist genial!


Das zweite "noch" ist jetzt weg. Es freut mich, dass dir das "pudrig leuchten" gefällt, bei Beschreibungen breche ich mir echt einen ab.

Sie öffnet die Tasche und beginnt umständlich zu sortieren. „Eins... zwei... drei... vier... fünf... ja genug.“

Hier ginge es auch mit Kommas .


Du hast recht, das ist besser.

Sehr schön. Für das was in diesem Rahmen erzählt werden kann und für das was die Geschichte will, gefällt sie mir wirklich richtig gut.

Vielen Dank, liebe Fliege!

Mit herzlichem Gruß,
Chutney

Hallo maria.meerhaba,

Genau, ich bin ein Mädchen :D und freue mich sehr über deine Worte:

Waaah, wieder zurück zur Geschichte: Ich finde sie gelungen und gut geschrieben, das will ich mal gleich am Anfang loswerden, denn du weißt ja, ich muss auch irgendwas Negatives schreiben, sonst nimmst du mich nicht ernst :3

doch, ich würde dich sonst auch ernst nehmen, (Lob geht immer!) aber ich will mich ja verbessern und bin dankbar für Kritik. Besonders, weil du ein paar wichtige Punkte angesprochen hast.

Doch ich mag den Anfang nicht. Der ist so abschreckend. Ich habe das hier vielleicht drei oder vier Mal versucht zu lesen, doch jedes Mal fand ich den Anfang unschön. Ich kann es nicht genau sagen, was mich da stört, ich weiß es nicht, aber es hat für mich nicht wirklich funktioniert

Der Anfang kommt vielleicht ein bisschen lahm daher, da hast du recht, auch verglichen mit deiner "Istanbul-Geschichte", wo auch zwei in der Stadt nebeneinander laufen. Das gucke ich mir noch mal an. Ich habe den Anfang jetzt verändert, dabei auch eine Idee von Peeperkorn mit einbezogen und finde ihn jetzt schon besser, auch wenn der erste Satz noch gleich geblieben ist. Mal sehen, vielleicht fällt mir auch noch mehr ein.

Du zeichnest beide Figuren wunderbar, ich hatte sie förmlich vor Augen

Sie ist eine schwierige Figur, ungewöhnlich, und irgendwie habe ich mich gefreut, als du geschrieben hast, dass sie alleine in die Trafik geht. Das war ein Meilenstein deiner Betreuerin und doch hast du das so gut geschrieben, dass ich mich selbst darüber gefreut habe. Gute Arbeit.

:D Vielen Dank! Schön, dass du so mitgehen konntest!

Nur fand ich seine Reaktionen sehr irritierend. Als er den Stamm packt und ihn schüttelt, dachte ich, dass er das aus Zorn tut oder um die beiden wirklich zu verärgern oder so. Halt aus einem negativen Grund und doch hat er es eigentlich getan, um die beiden zu erfreuen und ja, das fand ich irritierend und ich musste es genauer lesen, bis mir klar wurde, dass der Typ doch kein kolossales Arschloch ist.

Die zwiespältigen Gefühle dem Mann gegenüber hatte ich so beabsichtigt. Möglicherweise kommt er aber doch noch ein bisschen zu brutal rüber, wenn du dir so lange über seine Motive unklar warst.
Da überlege ich nochmal.

Und das Ende muss ich auch ansprechen, geht nicht anders: Ich finde es toll, dass die beiden am Schluss über den Kerl lachen, mir hat das gefallen, ich habe mich darüber gefreut, und doch nehme ich es deiner Sophie nicht ab, sondern glaube eher, dass du deine Figur zum Lachen zwingst. Die Sophie ist ja irgendwie beschränkt, wenn es um ihre Gefühle geht und sie betet ja ständig, redet mit sich selbst und alles Mögliche, da kommt es mir falsch vor, dass sie plötzlich lacht.

Was mich ja entzückt ist, dass du für die Beiden so viel Sympathie entwickelt hast, dass du dir ein "happy end" wünschst, auch wenn es dir unlogisch erscheint.
Aber du sprichst einen wichtigen Punkt an, was die Glaubwürdigkeit meiner Sophia betrifft. Ich hatte schon vorher versucht, diese Möglichkeit in ihrem Charakter anzulegen, indem ich geschrieben hatte, dass sie in dem Laden lächelt, als die Verkäuferin so heftig winkt. Vielleicht reicht das nicht. Jetzt habe ich das verstärkt. Mir erscheint es so auch runder. Sie ist zwar in ihrem Film, aber sie bekommt mehr mit, als man so denkt.

Vielen Dank, Maria, das waren viele wertvolle Hinweise.

Liebe Grüße von Chutney

Hallo wieselmaus,

dir auch herzlichen Dank für deine Rückmeldung und für deine Gedanken zu meiner Geschichte.

deine Geschichte gefällt mir sehr, weil sie mir zeigt, dass es sehr gut möglich ist, eine Krankengeschichte zu vermitteln, ohne in einen dozierenden Erklärungszwang zu verfallen.

oh, das freut mich!

Ich finde auch sehr gutgelungen die Beschreibung, wie für einen kurzen Moment Patientin und Betreuerin sich im Gleichklang freuen können. Ich hoffe so was ist keine Illusion. Momente wie diese wären dann wohl Bausteine für den erhofften Genesungsfortschritt.

Das hast du schön ausgedrückt. Nein, das ist keine Illusion, solche besonderen Momente gibt es.

Liebe Chutney, es gibt auch Krankheitsbilder, vor allem dauerhafte, vorläufig nicht zu heilende Behinderungen, die neben der existentiell notwendigen Empathie auch ein gerütteltes Maß an Aufklärung verlangen, an Strategien fürs Überleben. In deinem Text hast du "Beten" genannt. Vielleicht magst du nochmals erläutern, wie beten auf deine Patienten wirkt. Ist das als Strategie einzustufen?

Wenn ich wirklich in Not bin, wünsche ich mir ja auch, dass sich jemand auf mich einstellt und mir zur Seite steht, ohne mir mein Gefühl ausreden zu wollen. Die Betreuerin in meiner Geschichte handelt eigentlich pragmatisch, sie weiß, das "beten" Sophia beruhigt, wenn sie in Panik ist. Wenn Sophia einen Verarmungswahn hätte, hätte sie mit ihr an diesem Punkt Geld gezählt. Jemand anderes würde durch "beten" vielleicht sogar destabilisiert. Ich glaube, die Empathie ist schon das Wichtigste, wie du auch schreibst, die Strategien lernt man mit jedem Patienten neu, indem man ihn fragt, oder mit ihm ausprobiert.

Vielen herzlichen Dank für deine Auseinandersetzung mit meiner Geschichte, Wieselmaus! Ich habe mich gefreut.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hi Chutney,

ich habe hier nebenbei immer mal wieder nachgeschaut, wie sich deine Geschichte verändert, und ich finde wirklich: sie ist jedes Mal noch besser geworden! Das wollte ich nur kurz sagen, denn das interessiert einen ja auch manchmal.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo erdbeerschorsch,

natürlich interessiert mich das brennend und ich freue mich riesig über deine Rückmeldung! Auch ich habe das Gefühl, dass die Geschichte durch die vielen guten Ideen und Anmerkungen, die ich hier bekommen habe, nochmal sehr gewonnen hat. Und ich habe viel gelernt. Dafür ein ganz großes Dankeschön an alle.:)

Liebe Grüße von Chutney

 

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