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Straße und Café

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15.03.2008
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Straße und Café

„Hoffnung?“, fragt Pietra. „Klar, Arschfick.“ Als Antwort auf eine Frage, die Priva nicht stellte. Aus einem Gespräch, mit dem er nichts zu tun haben will. Um am Ball zu bleiben, schiebt er die Frage hinterher, was sie hoffen dürften. Sieht sie eine Strähne aus ihrer Stirn pusten, die wieder zurückfällt, ohne dass die verklebten Haare ihre Konturen verlören. Arschgefickte Hoffnung also, auf solche Sätze kann er. Geschwätz von welchen, die sich längst hätten ins Bett verpissen sollen. Wobei Priva selbst nur von Eigenträgheit aufrecht gehalten wird und dem Bierhumpen, dessen schwerer Boden am Tresen klebt.

Er sieht nikotingelbes Licht durch die verstaubten Fenster der Straße das Ende der Nacht heraufdämmern. Nickt Pietra zu, die weiter den Mund bewegt, und verzichtet darauf, Interesse zu heucheln. Als er sie paar Sekunden später wieder ansieht, ist der Crossdresser oder die Transe ohnehin mit jemand anderem beschäftigt. Den kennt er auch. Schlitzauge mit tiefen Taschen, lohnenderer Gesprächspartner.
Gleich die Order: Perignon. Dom Perignon, naturalmente. Priva hat keine Idee, wo der Typ auf einmal herkommt. Per Thai-Move auf den Hocker gebeamt, aus der Nacht geschnitten.

Mario, wie Priva weiß. So heißt der Thai. Stand in seinem Ausweis, in seinem Portemonnaie, in der Innenseite seines Jacketts, als er ihn gegen vor Wochen im Keller der Straße fand. Mario, in embryonaler Haltung, zusammengerollt um ein kaltes Klo. Mario. Kein schlechter Name für einen Hundsfott. Passt schon, nix gegen einzuwenden. Mario selbst nennt sich Mariko, weil wir hier auf Georg sind, die heiligen Straßen und Katakomben der Tattergreis-Schwuchteln und Terrorschwucken, gepflastert mit minderjährigen Strichjungen, Haarrissen im After, vollgespritzten Snapchat-Körpern. Und Bakschisch, viele viele Geschenke, großes Bakschisch. Jedenfalls Mariko.

Mariko. Gespielt von Mario. Die Altschwulen der Straße genießen jeden Exotismus, jeden Eskapismus; ja, es sind Besessenheiten, dafür gibts keine Heilung, kein Exorzismus. Alle wollen so exotische Vögel wie möglich, so exotisch vögeln wie möglich.
Und teuren Rotwein. Große Auswahl, von allem das Beste. So schlicht lässt's sich leben.

Der Einflussreichste ist gepflegt und sehr alt, dünnes Haar, pergamentene Haut spannt über der markanten Schädelform, strahlende Augen, so hell und offen der Blick.
Einen anderen sah Priva, wie er mit seinem Kind der Nacht, dem Kind zur Nacht, nach der Nacht im Café frühstückte, Muttertag, später gab er einer Frau mit Rollator einen Blumenstrauß, "Liebe Muti". Schon am Abend steckte er wieder dem Nachtkind was zu, direkt vor Privas Wohnung, unten auf dem Bürgersteig, vor den Pforten zur Straße.
Der Jüngste, ein Opernsänger, wirkt sympathisch. Beunruhigend. Priva hütet sich, den näher kennen zu lernen. Wer weiß wie sich überträgt, was die tragen. Großzügig? Alle. Dukatenscheißer. Scheißen mit Scheinen um sich, als wüssten sie die Welt geht unter, bevor sie pleite gehen.

Mehr als einmal hat der Oberste Alte das gesamte Café gemietet, geschlossene Gesellschaft gespielt, alle ausgehalten, um sich und das zu feiern, was in dieser speziell hamburgischen Mischung aus Distance, Perversion und Understatement als ausgesuchter Lebenswandel gehandelt wird.
Prahlen mit ihrem Rumgeficke wie Neunjährige, die alle auf einmal und jeder für sich, eben gerade nen prallen Sack Murmeln gewannen. Heißt eh nicht Rumfickerei, Nachtabenteuer sind’s, und die Erzähler, alte Säcke, nein, gleichgesinnte Gelegenheitsjäger.
Vor allem: Big Tipper. Hm, Priva: kein Geld. Arbeit, im Café.

Erst erstaunte ihn, dass die sprechen, als wäre er nicht da, dann ärgerte Priva, dass er in ihren Augen nur Garcon war, kein Mensch, doch war er damals schon ein bisschen geübt, sein Pendel schnell wieder in die Gefühlskälte einzumitten, wenn es was zu sehen und hören gibt, das unangenehm aber interessant ist. Was die ehrenwerten Kaufleute und Maskenträger zum Besten gaben.
Direkt aus ihrer Parallelgesellschaft. Sankt Georgs Lustgreise, die sich in ihren restlichen Jahren nachts durch osteuropäische Straßenkinder arbeiteten.
EU-Osterweiterung, das Lob der Freizügigkeiten.
Manchmal, in diesen Runden, war Mariko dabei, und im Gegensatz zu seiner üblichen Großmäuligkeit, gingen in diesen Runden viele Witze auf seine Kosten. Daher kennt er ihn, ja, Priva erinnert sich träge. Bilder und Geräusche dieser ersten Treffen mit Mariko ziehen wie bernsteinerne Geister durch die immer hellere, immer widerwärtigere Gegenwart des kommenden Tages in der Straße. „Dom Perignon, Magnumflasche, Garcon, schnell!“, bellt Mariko, der so frisch und gesteift in seinem maßgeschneiderten Anzug steckt, als säße er nicht im Nebel billiger Zigarillos, am versifften Tresen und simulierte so was wie einen Flirt mit Pietra, die wenigstens mal für fünf Minuten Toilette machen und sich rasieren könnte.
Mariko kommt von Erika oder aus dem Rondell und nicht nur sein Hemdkragen wurde chemisch gestärkt. Priva lächelt still, dunkel.
Weiter schieben sich bernsteinfarbene Gespensterwesen der Erinnerung durch das Innere der Straße. Als der Kellner nicht sofort reagiert, wiederholt Mariko seinen Satz. Wortwörtlich, sogar leicht veredelt. „Dom Perignon, Garcon, Magnumflasche, pronto!“
Nach einer Weile wird kommentarlos reagiert, hier geschieht so viel Surreales, Ekelhaftes, Überhebliches und trotzdem völlig Unbedeutendes, aber immer Übertriebenes. Wer hier Schichten durchstehen muss, arbeitet mit dem Eigentlichen, ohne auf die Spielchen einzugehen.
Der Raum beginnt zu vibrieren. Priva, Priva spürt - da ist was, aber welche Energien hier walten, kriegt er nicht raus, dafür ist er zu viele Runden gelaufen die Nacht zu meschugge er weiß nicht.
Dann zieht Priva etwas aus dem Erinnern und setzt ihn ins Sehen. Und er sieht: Marikos Augen wandern. Sekundenbruchteile rutschen die an Pietras Fassade ab, blitzen Priva an.
Und die Erinnerung sickert langsam und unaufhaltsam in Privas Körpergedächtnis. Zack. Stocknüchtern. Fixiert er Marikos Blick, der sofort weiter wandert.
Priva, Priva. Erinnert sich an eine Situation, im Café, in geschlossener Gesellschaft, als Mariko schon Ziel jedes spottlustigen Alten war. Nicht Marios bester Abend.
An diesem Abend, in dieser Runde, war er der kleinste Hecht im Teich der schmutzigen alten Männer, mit ihren klugen Krokodilsaugen und den wüstentrockenen Kommentaren.
Nein, es gibt kein Bernstein mehr in der Straße, nur noch das damalige Erleben im Café.
In der Mariko ihn, Priva, der dort für seinen Lebensunterhalt und die kranke Mutti und sechs Schwestern sorgen musste; in der Mariko ihn, Priva, mit den gleichen Worten zu sich zitierte. „Garcon! Perignon, Perignon! Avanti!“ Priva ist noch nie so angeherrscht worden, tat einfach, was Mariko ihm auftrug, und trug den Champus auf.
Schon im Abgang, nach dem Servieren, spürten alle diese Stimmung im Raum. Kam von Priva, dessen heftiges Herz einen Rhythmus schlug, zu dem er des Marikos Schlitzaugenschädel mit der Magnumflasche umdekorieren wollte.
Spotlight on: Alles Augen auf ihn. Die harten, kalten Fischficker der alten Garde wussten genau was abging, und jeder suchte nach einem Satz, um den vor Wut zitternden Priva eskalieren zu lassen.
Nichts Persönliches, Erlebnisorientierung.
Mariko konzentrierte sich auf's umständliche Einschenken des Champagners, seines Statussymbols, auf das die Runde der Rotweintrinker keinen Wert legte. Die riesige Buddel zitterte merklich, als er die Gläser nacheinander füllte. Die wiegt aber auch schwer, wer weiß, dachte ein Krokodil und blinzelte rüber zu Priva, der im Café hinterm Tresen stand und augenscheinlich im Polieren von Gläsern eine neue Leidenschaft zu entwickeln versuchte.
Und jetzt spürt Priva auch, welche Atmosphäre in der Straße herrscht.
Nachdem Mariko bellte, nachdem er Priva musterte.
Dominanzfick.
Pietra fällt vom Stuhl, was nichts mit irgendwas zu tun haben muss, diese dämliche Kuh, rappelt sich auf, ist in Ordnung, murmelt was von verdammten Ausländern, man müsse die KZ wieder eröffnen, alles gehe den Bach runter, jeder ordinäre Barhocker habe zur Zeit einen Linksdrall. So viele Worte hat Pietra die ganze, gemeinsam verbrachte Zeit nicht ausgespuckt. Nicht ein Zehntel. Nicht zusammen genommen. Je mehr sie redet, desto mehr ändert sich die Stimmung. Mariko sieht gerade sehr dankbar aus, dass Pietra doch keine Scheuche ist, sondern sprechen kann und fokussiert sie gnadenlos, weicht also Privas Blick aus, der nicht aufhört, Mariko zu mustern und spürt, wie sich Dominanzfick, aus Versehen, aus einer anderen Zeit, einer anderen Konstellation heraus im Raum manifestierte, und dass es ihm galt, und sich Mariko für einen Moment mit dem Mensch verwechselte, der Privas Arsch in der Straße penetrieren könne, doch dann gab es eben diesen Sekundenbruchteil des Ineinandersehens, Erkennens und Erinnerns und so wie Mariko spürt, dass er etwas entsetzlich Dummes getan hat, so verfolgt Priva fasziniert, wie sich der im Raum stehende Dominanzfick verwandelt, in eine Möglichkeit, die er beobachtet, wie sie zu einem Missverständnis wird, das in Mariko hineinwandert, durch seine Fußsohlen, die Beine hoch, in seine Eier, die verzweifelt versuchen, sich zurück in die Gebärmutter zu stülpen.
Erfreulich, denkt Priva. Und fragt sich, ob er aufstehen kann. Den Humpen Bier hat er schon zwei Stunden nur gehalten, nie mehr gehoben, und weiß auch nicht, ob das möglich ist, steht auf einmal aber neben sich, also neben dem Barhocker, auf dem er die ganze Nacht hockte und sich besoff, mit Pietra, diesem verlogenen Aas, in ihrer räudigen Höhle, einer Heimstatt.
Alles war bestens so gut es eben geht, bis Mariko auftauchte, und sich mit jemand verwechselte, der er nie sein könnte, nicht an seinem besten Tag.
Priva steht, Priva geht, langsam zu Mariko, lächelt mit der Angst, sieht Marikos Augenwinkel seinen Glashumpen fixieren.
Die Magnumflasche steht vor Mariko, er könnte danach greifen, und so wie er vor zwanzig Minuten reinschneite - frisch gewichst, chemisch gestärkt -. hat er alles Wichtige beisammen. Jetzt müsste er nur noch handlungsfähig sein. Doch wer sich einmal verwechselt, muss besser spielen können, um sich in so einer Situation wieder einzuwechseln.
„Dein Schwanzlutscherschädel ist zu ungeordnet“, sagt Priva. Pietra lacht, dass es in den Ohren schrillt. Mariko zwingt seinen Kopf rum, sieht Priva in die Augen. Leere, Leere, alles voller Leere, das sieht Priva. Stellt endlich diesen verfluchten Humpen auf den Tresen, nah am zusammenzuckenden Mariko vorbei, greift die fast volle Dreiliterflasche, nickt Mariko zu, sagt „auf Wiedersehen, Mario“ und geht zum Ausgang - aus der Straße.
Fuck off, die Flasche ist nötig. Priva ist immer noch wieder stocknüchtern und das wird wohl so bleiben, wenn er nicht aktiv dagegen anarbeitet. Nach'm dritten Schluck gehts. Priva dreht noch ne Runde durchs Rondell, setzt sich zu Marikos Saufalter und entwickelt Überzeugungskraft, dass sie es ist, die ihn auf Klo zerrt und durchnimmt, obwohl es sein Plan war, sie aufs Klo zu zerren und durchzubangen.
Als das Ding durch ist, nachdem er sie eine halbe Stunde hart von hinten fickte, an ihren Titten riss, bis sie sich einander beim Kommen wie Tiere an die Kehle gehen, während sein dreckiger, langer Fingernagel ihr Rektum penetriert, weil die Sau so vollgepumpt ist mit Chemie, dass sie verflucht lange braucht, bis was passiert, bis endlich ein Ende ist, was bei anderen Tieren, mit Gefühlen füreinander, ein Orgasmus wäre.
Eine dünne Blutspur läuft ihr Bein herunter und er weiß, das ist okay.
All das hat kaum was mit ihnen zu tun und nichts mit Mariko, dem Schlitzauge, gegen dessen Herkommen nix zu sagen ist, weil dafür kann keiner nichts. Mario, der sich mit jemand verwechselte, der er gern wäre, von dem er vielleicht mal hörte.

Priva hat ein Stück Vergangenheit zurück, das er nicht wollte, und mit dem er nichts anfangen kann, das bald wieder vergessen sein wird. Es ist früh geworden, sie haben die Nacht rumgekriegt. Schon erstaunlich, wie die Zeit vergeht.

 

Mir gefällt dein derber Stil gut, aber manchmal übertreibst du es.
Es fällt mir manchmal schwer deine Handlung zu verstehen.
Es ist aber ein interessanter Stil, mach weiter!
Arschgefickte Hoffnung also, auf solche Sätze kann er. Geschwätz von Spasten, die sich längst in ihr Bett hätten verpissen sollen. Ungerecht, unfair! aber was soll er tun: selbst nur von Eigenträgheit aufrecht gehalten und dem Bierhumpen, dessen schwerer Boden am Tresen klebt.

r. Gleich wird Perignon geordert. Dom Perignon, naturalmente
Mach einen Satz draus.
um ein kaltes Klo
Haarrissen im After, vollgespritzten Snapchat-Körpern letzters
Dukatenscheißer. Scheißen WW
viel surreales, ekelhaftes, überhebliches und überhaupt völlig unbedeutendes, aber immer übertriebenes, zu viel
Dein Schwanzlutscherschädel ist zu ungeordnet versteh ich nicht
Das Ende könnteste noch ein bisschen peppiger machen verglichen mit deinem vorherigen Stil haha

 

hey Comyu, ich finds Ende richtig so, lässt sich für mich nich anders denken. freut mich wenn du was mit dem Text anfangen konntest - du erwartest ja nicht von mir, dass ich Stellen erkläre, die dir nicht schlüssig erscheinen, eh? manchmal übertreib ich es, das würd ich zu der Geschichte hier auch sagen, aber wenn der Orgasmusstift glüht, muss ich mit der Hand hinterher.

hi josefelipe, du schreibst um 00:10 so nen Kommentar und änderst den um 02:05 und dabei kommt dann so was raus.

Grüße, Kubus

 
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Das ist wieder einmal so ein Text, den ich gleich zwei, dreimal hintereinander lese, in Endlosschleife quasi, nicht weil er ohnehin kurz ist, sondern weil mich die Sprache einfach nicht loslässt.
Als hätten sich Genet und Burroughs zusammengetan, oder so. Kein Witz, Kubus, das waren meine ersten Assoziationen beim Lesen gestern Nacht, so klang, so klingt der Text für mich. Und gar nicht mal so sehr wegen des beschriebenen Milieus, sondern vielmehr der ungemein kraftvollen, lebendigen, bildreichen Sprache wegen. So einen Stil mag ich einfach, so ein quasi intuitives Dahinfabulieren, das sich auch in der Syntax niederschlägt. Dabei kommen einfach tolle Sätze raus, eine stilistisch überaus packende Mischung aus … äh, ellipsoiden Endlossatzkonstruktionen, umgangssprachlichen Wendungen und so Zeugs halt, klingt sehr gesprochen, mündlich erzählt irgendwie, sehr suggestiv, und eben deshalb den Leser, also zumindest mich, vereinnahmend, und nein, du wirst nicht leugnen, dass du Jörg Fauser gelesen hast, ihn vermutlich auch mochtest, egal.
Die Story an sich? Die Handlung? Die war hier wieder mal zweitrangig für mich. Function follows form, oder so, egal.

Hat mir wirklich sehr gefallen, Kubus.

offshore

(Das eine und andere Komma sitzt falsch, bzw. ist überflüssig und substantivierte Adjektive werden in der Regel großgeschrieben.)

 
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Hallo Kubus

Es gibt ja dieses Kompliment, dass man die Szene vor sich sieht, die man gerade liest. War hier nicht der Fall. Ich war vielmehr mittendrin. Desorientiert, als ich den Text das erste Mal las, so als wäre ich betrunken, ich habe nur so Fetzen mitgekriegt. Beim zweiten Mal habe ich mehr verstanden und beim dritten Mal konnte ich dann den Plot zusammenfügen.
Das soll Literatur leisten. Du beschreibst da nicht nur eine Szene, ein Milieu, eine Erinnerung. Du beschreibst auch in einer Art, die die Perspektive des Lesers verändert, also ich musste mich da echt darauf einlassen, auf dieses zunächst wirr und ungeordnet wirkende Erzählen, das – wie gesagt – genau der Szene entspricht, in die du den Leser reinführst. Dein Text verändert das Bewusstsein; das ist wirklich gut gemacht, das kann so nur Literatur, wie ich finde, die Entsprechung im Film wären verwackelte und unscharfe Bilder, die meistens nur nerven.
Und auf den zweiten und dritten Blick gibt’s da aber plötzlich Struktur und Ordnung, nicht bloss Eindrücke, sondern eine Geschichte hinter der Szene, und die ist ebenfalls gut gemacht.
Wie du siehst, bin ich grad ziemlich begeistert, also das ist für mich nicht ein Text, den man zweimal lesen muss, sondern einer, den man zweimal lesen muss.

Ich will jetzt nicht all die Stellen zitieren, die ich sehr gelungen fand, exotisch vöglen, Freizügigkeiten, da gibt's zu viele. Zwei, drei Kleinigkeiten habe ich aber noch:

Der Jüngste, ein Opernsänger, wirkt von weitem sympathisch, er hütet sich, ihn näher kennen zu lernen.

Das ist grammatikalisch schief. „er hütet sich davor, dass man ihn näher kennen lernt“ ist zwar weniger elegant, drückt aber das aus, was gemeint ist.

sein Pendel schnell wieder in die Gefühlskälte einzumitteln

einzumitten

Nach einer Weile wird kommentarlos reagiert, hier geschieht so viel surreales, ekelhaftes, überhebliches und überhaupt völlig unbedeutendes, aber immer übertriebenes

Muss gross geschrieben werden

dafür ist er zu viele Runden gelaufen die Nacht ist zu meschugge [KOMMA] er weiß nicht.

Rhythmus vorschlug, zu dem er des Marikos Schlitzaugenschädel mit der Magnumflasche umdekorieren wollte.

Er will Marikos Schädel zu einem Rhythmus (ca. 150 Schläge die Minute) umdekorieren? Da krieg ich kein Bild. [Edit: Oder du meinst den Schädel in diesem Rhythmus umdekorieren? Ach so, das wäre korrekt formuliert, aber dennoch etwas verwirrlich.]

nichts persönliches

gross

dann gab es eben diesen Sekundenruchteil des Ineinandersehens

Sekundenbruchteil

Doch wer sich einmal verwechselt, muss schon einige Gestaltwandlungen gemeistert haben, um in so einer Situation.
?? Vielleicht: „um in so einer Situation …“?

Sehr gerne gelesen, diesen starken Text.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo Kubus,
Der Text knallt gut rein. Die Stimmung ist fühlbar und die Figuren scheinen neben mir am Tresen zu stehen.
Der Ton passt zur Geschichte, wie Arsch auf Klobrille. Ich fühle mich selnst, als hätte ich ein paar gekippt, beim Lesen. Es bereitet mir auch Vergnügen, den Text näher zu beleuchten, da er vordergründig nicht gefallen will - und das gefällt mir.
Wenn ich Kritikwürdiges entdeckt habe, dann nur, dass mir der Rhyhmus zu gleichförmig ist. Eine durchgehende Strophe voller Effekte, ohne eine Bridge, um zu verschnaufen und ohne erlösenden Refrain. Auch arbeite die Geschichte keinem starken Höhepunkt zu, sondern bleibt auf gleichbleibend hohem Erregungsniveau.
Hier ist das zu verkraften, aber viel länger hätte es nicht gedauert, bis die Übersättigung meine Begeisterung ins Gegenteil verkehrt hätte. Trotz meines großen Respekts für den mitreißenden Stil, folge ich langfristig eher einem interessanten Inhalt. Und der stinkt gegen das Sprachgewitter etwas ab.

Abgesehen von meiner Maulerei, war das seit einiger Zeit das Beste, was ich an aktueller Literatur gelesen habe.

Grüße aus dem Keller.

 

ich habe den Text während des Schreibens auch gesprochen, hab schnell gemerkt der ist was für die Bühne, deswegen sehen die Sätze teils auch so seltsam aus, ich weiß die Kommas folgen häufig nicht den Duden-Empfehlungen, aber ich klatsch die da eher rein wenn ich sehe oder glaube dass ich da ne Pause brauche oder die Zuhörer. ähnlich aber anders haben ziemlich lange Satzeinheiten überhaupt kein Satzzeichen und die knall nich dann auch meistens so raus wie die da stehen. orientiere mich bei bestimmten Texten an Klings Konzept der Sprech-Stellerei wie ichs verstehe.
wenn der Text auch beim Lesen Spaß machen kann und manchen erreicht, freut mich das, dafür schreibe ich. und schreiben ist wofür ich lebe.

es ist außer einem Langgedicht von 2015 auch der erste Text seit Jahren an den ich glaube konnte.

dass es euch auch so geht und einige was dammit anfangen können bedeutet mir sehr viel. ich spreche da normalerweise nicht drüber, aber es ist manchmal hart für mich, mich hauptsächlich als Schreiber zu definieren und dann jahrelang zwar zu schreiben aber nicht mal mehr meine vorher übliche rate 1 von 10 text ist okay bis gut mehr hinzukriegen sondern jahrelang nur literarische Texte zu schreiben, die niemand berühren und nichts treffen. tausend Variationen längst abgearbeiteter Themen und immer wieder das gleiche mit anderen Worten sagen. wie ich mich manchmal schäme in textproduktion was das schon wieder für mist ist. gut dann auch mal wieder zu treffen.
allein die Beschreibung deiner Lese-Erfahrung lohnt das nächtliche Schreiben dieses Textes. ich kenn so was ja auch und will eben genau dass der Text zwingend wird.

Fausers Rohstoff kenn ich, den hat jimmy mir mal empfohlen, ist ein echter Knaller mit gutem Stoff. auf Burroughs kann ich selten, musste mal mit Texten von dem arbeiten.
Genet werd ich mal lesen, krasses Leben, hab ich eben gelesen.

danke für das mit den substantivierten Aktiven - die waren mir die ganze Zeit suspekt und ich habe diesen Satz voller überflüssiger Adjektive scharf im Auge behalten, habs aber echt vergessen dass mensch so was groß schreibt. ragen wieder raus.

ich muss erst mal los. viele Änderungen schon eingepflegt, weitere Antworten sobald Zeit ist und ich den Kopf dafür habe.

danke offshore.

 
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Hallo Kubus,

Tut mir leid, dass ich anderer Meinung bin, als meine Vorkommentatoren, aber mir gefällt deine Geschichte nicht.
Auch nach zweimaligem Lesen verstehe ich sie nicht. Was hatten Mariko (Mario) und Priva nun miteinander? Die Derbheit in Wort und Bild, die dir zweifellos gelungen ist, macht mich nicht an, sondern schreckt mich ab, die Geschichte nochmal zu lesen.

Auch mag ich im Gegensatz zu dir das ein oder andere Komma. Satzzeichen finde ich ebenso oft hilfreich. Von der Groß- und Kleinschreibung, die das Lesen unheimlich erleichtern kann, will ich erst gar nicht anfangen.

Aber das ist alles nur subjektives Empfinden und muss dich nicht weiter kümmern.

Als Bühnenstück kann ich mir das allerdings wirklich sehr gut vorstellen.

Gruß
Lind

 

Hey Peeperkorn,

dann konnte sie bei dir also landen, sehr gut, freut mich für uns. ich bin auch der Meinung dass bestimmte Themen und Atmosphären nur literarisch umzusetzen sind. ja, was soll ich sagen? ich bin ehrlich begeistert dass du die Geschichte tatsächlich mehrmals mit Gewinn gelesen hast. passiert mir selten.

Das ist grammatikalisch schief. „er hütet sich davor, dass man ihn näher kennen lernt“ ist zwar weniger elegant, drückt aber das aus, was gemeint ist.

so wäre es anders herum. ich verstehe den Sinn dieser Lesart, aber intendiert ist, dass wirklich Priva sich davor hütet den jüngsten Alten kennenzulernen, weil er dessen Art am gefährlichsten findet. der Opernsänger ist der einzige, den Priva sympathisch findet. deswegen ist er vorsichtig, hält besondern Abstand.

einzumitten

ist übernommen. gut dass wir drüber schreiben.

Muss gross geschrieben werden

ja, Recht habt ihr

Er will Marikos Schädel zu einem Rhythmus (ca. 150 Schläge die Minute) umdekorieren? Da krieg ich kein Bild. [Edit: Oder du meinst den Schädel in diesem Rhythmus umdekorieren? Ach so, das wäre korrekt formuliert, aber dennoch etwas verwirrlich.]

so schnell schlagen Herzen nun auch nicht. trotzdem wäre die wortwörtliche Umsetzung dieser Idee realitätsfern, aber das ist halt so eine zugespitzte Vorstellung, um sich dem Gefühl großer Wut anzunähern.

dafür ist er zu viele Runden gelaufen die Nacht ist zu meschugge [KOMMA] er weiß nicht.

eigentlich gehörten da einige Kommata mehr in den Text, uneigentlich passen die mir oft nicht. dieses Schreiben ohne Punkt und Komma - also ich kann das nur in sehr begrenzten Dosen lesen, bevor es nervt, aber ich halte das hier für eine angemessene Form, um sich überschlagendes Denken darzustellen. bzw setze Satzzeichen, kleine und große Absätze eher nach der Art, wie ich den Text vortragen will, wann und wo ich pausiere - zumindest in diesem Fall.

?? Vielleicht: „um in so einer Situation …“?

ja, so ähnlich, da habe ich was angefügt, das hat mir nicht mehr gefallen, den Satz so abrupt enden zu lassen.

danke für die feine Analyse, Anmerkungen und geteilte Lesefreude!

Kellerkind,

muss bei deinem Namen gleich an Fjods Note from the underground denken. haha, ist doch super wenns knallt - also bei dem Text auf jeden Fall, yo. für mich ist der Text wichtig, wieder ein Stück näher dran, wohin ich will. unabhängig jetzt von der derben Sprache und dem roughen Inhalt.

Es bereitet mir auch Vergnügen, den Text näher zu beleuchten, da er vordergründig nicht gefallen will - und das gefällt mir.

Blick aufbrechen, Denkgewohnheiten stören, Lesegewohnheiten irritieren. kein Selbstzweck, alles Instrumente auf dem Weg zu weiten Feldern, die das schreiben und lesen lohnen, weil sie uns was über das Leben erzählen, das wir sonst nicht erfahren. all diese Regeln, das Stahlgehäuse der Rationalität - schützt und stabilisiert natürlich, hindert aber auch und hält viel zurück.

Wenn ich Kritikwürdiges entdeckt habe, dann nur, dass mir der Rhyhmus zu gleichförmig ist. Eine durchgehende Strophe voller Effekte, ohne eine Bridge, um zu verschnaufen und ohne erlösenden Refrain. Auch arbeite die Geschichte keinem starken Höhepunkt zu, sondern bleibt auf gleichbleibend hohem Erregungsniveau.

also durchkomponiert sind meine Geschichten nie, also im Sinne von klassischem Aufbau, Klimax etc. das ist Absicht und kann auf diesem Level nicht lange durchgehalten werden, habe ich auch beim Lesen gemerkt. habe die jetzt zwei Mal gelesen und es gibt zwischendurch einen Moment, da könnte die Geschichte eigentlich enden, und die dann trotzdem weitergehen zu lassen, hm, ist so ne Sache, also meine Kollegen haben gespannt mitgehört, weil ich denen schon deutlich machte, dass ich glaube, mir wäre was gelungen. ich kann mir aber vorstellen, dass andere Zuhörer irgendwann abspringen, zB an der Stelle, wo Priva aus der Straße geht, weil irgendwann ist auch information overload. wenn das die erste Geschichte von einer Lesebühne wäre, würde ich danach nix andres mehr hören wollen.
einen Punkt sehe ich aber deutlich anders: die Geschichte schlängelt und boxt sich zu einem Höhepunkt vor. so empfinde ich es beim Vortrag und das habe ich bisher auch so gehört. aber so was kann ja auch jeder anders empfinden.

Hier ist das zu verkraften, aber viel länger hätte es nicht gedauert, bis die Übersättigung meine Begeisterung ins Gegenteil verkehrt hätte.

ach siehste, ja, ich kann diesen Punkt sehr gut verstehen.

danke für die Blumen. und gut zu wissen dass wieder jemand im Keller ist.

Hi Lind,

ist in Ordnung, intressiert mich auch, wer was warum nicht mag. in einer zärtlicheren Welt bräuchte ich solche Geschichten nicht schreiben, aber die habe ich da nicht mehr gesehen, das ist halt ziemlich genau die Atmosphäre meiner ehemaligen Heimat. und anscheinend liegt die Zeit weit genug zurück, ist ausreichend Abstand, dass die Themen auftauchen und ich drüber schreiben kann.

ich würd auch nix lesen, das mir nicht gefällt. und habe nichts allgemein gegen Kommas, Satzzeichen und so weiter, aber manchmal muss die Syntax aufgebrochen werden. doch so abgeschreckt wie du wirkst, werd ich dir das Konzept wohl nicht näher bringen können.

mit Bühne meine ich eine Vortragssituation, Theater spielen kann Spaß machen, aber Dramen schreiben ist gar nicht mein Ding.

danke fürs vielfältige Feedback.

Grüße,
Kubus

 

Hallo Kubus

also deine Geschichte habe ich zuerst mit Augen und Vorstellungskraft gelesen. Dann noch einmal laut. Sie hat Rhythmus, du beschreibst das ja in deinem Statement, etwas eigenwillig und für meinen Geschmack zu arschfickmäßig (was aber eine Frage der Ästhetik und weniger der Qualität ist). aber sie fließt und hat Sound, die Figuren werden in ihrer Verzweiflung und ihren Ängsten ungeheuer lebendig. Inhaltlich bringst du mich als Leser in eine Welt, die ich durch dich erst kennen lerne, und das ist schon sehr sehr viel... wäre jetzt falsch ausgedrückt, wenn ich sage, dass ich die Geschichte mochte, sie ist einfach stark gemacht, da interessieren mich weniger die Rem8iniszenzen an irgendwelche andere Autoren (Fauser). Am stärksten finde ich übrigens gerade die heftigste Szene, die mit der Fickerei im Klo, da wird alles greifbar, Wut, Entsetzen, Furcht, alles...

Vielleicht noch was zur Textgestaltung: du machst das fließend, trennst mit Kommas, ich glaube das funktioniert nicht gut als Lesestück, eher wenn du es vorliest. Vielleicht solltest du mit Ellipsen arbeiten. Kurze Satzfetzen und dann Punkt und so weiter. Das wäre dann eine Taktung wie in der Musik. Du legst einen Beat drunter und eine andere Stimme drüber.

Bisschen was zum Text:

„Hier kommt die Hoffnung nur her, um arschgefickt zu werden“
da steckt so viel drin...

Kein schlechter Name für einen Hundsfott, passt schon, nix gegen einzuwenden.
Hundsfott finde ich ziemlich antiquiert

vollgespritzten Snapchat-Körpern.
auf den Punkt:)

wie er mit seinem Kind der Nacht, dem Kind zur Nacht, nach der Nacht im Café frühstückte,
gefällt mir nicht, klingt verspielt, funktioniert aber laut gelesen...

Mehr als einmal hat Fritz von Fick
na ja...

einen Gürtel durch die Jeans, damit ihn das Trinkgeld in Münzen zwar runterziehen aber nicht ausziehen
na ja :)

Und Garcon schrieb mit, was die ehrenwerte Gesellschaft zum Besten gab. – er wird sie alle überleben. Und Garcon schrieb mit, was die ehrenwerte Gesellschaft zum Besten gab.
warum ist das doppelt?

Ja, es gibt kein Bernstein mehr in der Straße, nurmehr eine gewesene Realität im Café.
der erste Teil des Satzes ist super und der zweite Teil sehr intellektuell

Doch wer sich einmal verwechselt, muss schon einige Gestaltwandlungen gemeistert haben, um in so einer Situation.
da fehlt doch was, oder?

bis sie sich einander beim Kommen wie Tiere an die Kehle gehen
stark, trotz der Situation...

Mario, der sich mit jemand verwechselte, der er gern wäre, von dem er vielleicht mal hörte
auf den Punkt gebracht


viele Grüße
Isegrims

 
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Heute, 11:45 Uhr


Hi altes Haus,

schön, Njus von Dir zu lesen. Der erste Anblick, noch kein Durchblick, erinnert bissken an Starckdeutsch. Schön, kleistsche Regieanweise zu betreiben und hoffentlich fickts (= juckts) mich nicht zu sehr.

Regeln sind da, um gebrochen zu werden. Gemäßigte Kleinschreibung könnte gut zu passen (Lautschrift hätte zwar ihren graphischen Reiz, wäre aber aufwendig und mühsam - Du weißt, das schreib ich aus eigener Anschauung und Erfahrung). Hab die Sache kopiert und komm drauf zurück.

Jetzt muss ich erst nen eigenen Text reparieren, wo Isegrims meine Rolle übernommen hat, sonst schimpft sie noch mit mir.

Bis bald

Friedel

Itzo, selbigen Tages 16 Uhr

"Babbel

In den verschiedenen Etagen
Redeten die Leut verschiedne Sprachen:

Die ganz oben
Sprachen gehoben,
Die in der Mitt’
Sprachen Durchschnitt
und die gerad noch satt
Redeten einfach platt.

Die aber in den Gossen lagen
Schwiegen & träumten von bessern Tagen."
Friedrichard: Kadingirra oder Bab-ilim ist überall​


Arschgefickte Hoffnung also, auf solche Sätze kann er
der vridel, dem bekennenderMaßen bier näher fließt als traubensäfte verinnerlicht werden (obwohl er das bisschen obst, dessen er bedarf, auch trinken kann ...). Da hör ich dann ausm wennze meinz lied der Missfits, nur wer vögelt kann auch fliegen.

Wobei laufvögel nicht vergessen werden sollten wie auch pinguine.

„Hier kommt die Hoffnung nur her, um arschgefickt zu werden“ Pietra pustet eine Strähne aus ihrer Stirn, die sogleich wieder zurückfällt, ohne ihre kantigen Konturen zu verlieren.
Nun ja, kantige konturen einer (haar)strähne verlangen schon ein außergewöhnliches sehvermögen,

alter freund,

da ist es gut, dass auch einer mit bühnenerfahrung und grundsätzlicher distanz (selbst zum eigenen werk) nicht nur zu erzählten geschichten hinzukommt, denn wer sich wo auch immer drin verliert kriegt ja nix mehr mit, wird teil des geschehens in seinem winzigen augenschein und sonstgen sinneseindrücken.

Arggefickte geschichte, findich. Starckdeutsch, wenn auch nur angenähert, hab ich schon angemerkt. Und dem gesprochenen wort ist eh egal, ob groß, ob klein gesprochen. Rechtschreibung gibt's, rechtsprechung gibt's auch, wird um dergleichen sich aber schwerlich kümmern. Deshalb muss die dudenredaktion sich auch um "lol" und dergleichen potentielle grammatisch leichen sich kümmern. Dialekt und soziolekt zu unterdrücken wäre katastrophal für eine sprache und sie käme buchstäblich in die FICKMÜHLE.

Dass die zeichensetzung regieanweisung sein kann und damit in konflikt mit der durchführungsverordnung der teutschen rechtschreibe gerät, ist bekannt. Aber auf al das kann das gesprochene wort pfeifen.

Kaum ausgekotzt vom sender hatz den gehörgang der nun mehr befleckten empfängnis schon wieder verlassen. Kein verlies kann das gesprochene wort halten und die viel besungene au(!)thentitäterättätä ist dahin, es sei denn, man sperrte sie in einen polizeibericht. Schön für einen notorischen fußgänger, wenn ein au(!)to

zwei Schafe später absäuft.

Wer wollte schon mit kellner Priva, Pietra und dem tiefbetaschten schlitzaug an der theke stehn, außer er identifickiert sich. Und was, wenn die beamser technik die die gebiemsten teile falsch zusammensetzt¿ Ein Thai namens Mariko,verkürzt zu Mario mit dem reim auf klo. Korruption und exotik des backfisch‘. Da passt der name derer von Fritz Fick und Flick und Bohlen und Halbacht, aber auch Gates, Bates, Bezos, Sackerbörg.

Jedenfalls Mariko, wohl deswegen, hat Priva, sich so prima zusammen gedenkt.
Gedenken wir der kindersprache, die im starckdeutschen erlaubt ist.

Ja, die ideen Euro-opas, dass die lebensbedingungen in den mitgliedsstaaten gleich seien. Hatte schon nicht vor der wiedervereinigung in der schönen Beerde geklappt und danach erst recht nicht. Euphemismus des namens treuhandgesellschaft, nun bezogen vom westlichsten punkt bis ans schwarzmeer. Nicht der ärmste wird hineingezogen in den wohlstand, sondern prekäre verhältnisse spucken ihre opfer aus in den sumpf der niederungen. Die oben sprechen gehoben, die in der mitt durchschnitt und die unten im sumpf träumen ohne klagen von einst bessern tagen.

Erlebnisorientierung, nichts Persönliches.
les ich wo. Drehs‘ den hin, drehs‘ den her ist ne saubere stadt, in der sich die leute zur montäglichen säuberung treffen.

Pietra fällt vom Stuhl, was nichts mit irgendwas zu tun haben muss, diese dämliche Kuh, rappelt sich aber wieder auf, ist in Ordnung, murmelt was von verdammten Ausländern, man müsse die KZ wieder eröffnen, alles gehe den Bach runter, jeder ordinäre Barhocker habe zur Zeit einen Linksdrall.
Also doch ne konventionelle geschichte …

Schon erstaunlich, wie die Zeit vergeht.
Das muss keiner gut finden. Aber dann bitte auch dieses technokratische neoliberalverseuchte Europa. Da muss keiner Piketty lesen, um zu begreifen, dass die reichen immer reicher werden und warum die andern bitteschön den gleichen lebensbedingungen hinterherhecheln.

Im fick fuck und im sportlichen fickefackehühnerkacke kommt so was wie gleichheit auf.

"ficken" ist das mundartliche hin- und herbewegen", kurz: reiben und jucken und tauchte - ich schäm mich nicht mal - im niederrheinischen als vycken auf, das wohl die pilger zu Kevelaar die buße des sich selbst mit ruten schlagen verkürzten. Im gleichen jahrhundert wird das rutenschlagen auch sexuell missbraucht.

Gern gelesen vom

friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Isegrims,

dein Kommentar machts mir nicht gerade leichter. habe überlegt, ob die letzte Szene fliegt. zum Einen um diese Situation für den Leser zu klären, der eigentlicht erwartet, dass die Geschichte nach dem Ausgang aus der Straße endet. es wäre auch ein logisches Ende. zum Andern um die Vortragslänge zu drücken. ist jetzt auf cirka 13, 14 Minuten, wäre gut die auf zehn zu kriegen, wenn ich nicht ständig meine Bühnenzeit überziehen will, was ja unfair gegenüber den Andern wäre.
stark, ja, gern. das muss keiner mögen. das ist eines meiner Themenfelder. ich werde auch wieder was schreiben, das Spaß macht.
Reminiszenzen wären nicht intendiert. wir stehen ja alle auf den Schultern von Riesen stehen und mixen mehr oder weniger ab, was vor uns geschrieben wurde. die Vorgenannten - Burroughs, Genet, Fauser - und ich haben ähnliche Erfahrungen. dieser existentielle Hintergrund scheint so eine bestimmte Herangehensweise zu begünstigen, Welt in Literatur abzubilden. das anscheinend Irrationale.

Hundsfott finde ich ziemlich antiquiert

ist es. ich kritisiere so unzusammenpassende Sprache bei anderen und mache das selbst. gibt verschiedene Gründe. erst mal gibt es bestimmte Klänge und Bedeutungen, die der Sprache weitgehen verloren gegangen sind, aber die mir sehr gefallen. dann gibt es auch dieses Wechselspiel zwischen bspw Snapchat und Hundsfott. es muss passen. ich glaube, meine Wortwahl passt.

gefällt mir nicht, klingt verspielt, funktioniert aber laut gelesen

ist auch verspielt, ja, aber die Kids sind all das. Kinder der Nacht, weil die sich nächtelang dort rumtreiben, wo Hamburgs fucked up rumhängen. Kinder zur Nacht, weil die sich ihr Geld zum Verprassen beim Sex verdienen, keine Prostitution für die, sondern nur Gefälligkeiten.

es gibt tatsächlich einen Anwalt der Fick heißt mitten in bester Lage dort. der ist nicht identisch mit der gleichnamigen Figur, aber hat mir überhaupt die Idee gegeben, den so zu nennen. genauso das mit dem Trinkgeld. ich bin oft mit so viel Geld rumgelaufen, dass ich verdammte Gürtel tragen musste.
das heißt natürlich nicht, dass man das so schreiben muss. ich habe deine Kritik zur Kenntnis genommen, danke.

der erste Teil des Satzes ist super und der zweite Teil sehr intellektuell

ja das stimmt. wenn es was gibt, das ich nicht will, ist es intellektuelles Schreiben. so ausschließend. ich überlege mir was zu dem Satz. wirkt 'gewesene Realität' nicht nur etwas gestelzt? was ginge wäre zum Beispiel abgeschlossene Vergangenheit, ehemalige Wirklichkeit. es soll schon der Inhalt transportiert werden.

da fehlt doch was, oder?

ich habe das geändert, der Satz geht jetzt weiter. das Doppelte ist draußen, das war ein Bearbeitungsfehler, weil ich schnell aus dem Netz musste das letzte Mal.

Vielleicht noch was zur Textgestaltung: du machst das fließend, trennst mit Kommas, ich glaube das funktioniert nicht gut als Lesestück, eher wenn du es vorliest. Vielleicht solltest du mit Ellipsen arbeiten. Kurze Satzfetzen und dann Punkt und so weiter. Das wäre dann eine Taktung wie in der Musik. Du legst einen Beat drunter und eine andere Stimme drüber.

intressant, denke ich drüber nach. mittlerweile sieht der Text eh sehr anders aus, ordentlicher, ich hoffe nicht zu ordentlich. soll sich nach Möglichkeit an alle richten, die Zeit mit meinem Stoff verbringen, ob vorgetragen oder gelesen.

danke fürs Feedback, hat einiges in mir angestoßen.

Friedrichard,

Schön, kleistsche Regieanweise zu betreiben und hoffentlich fickts (= juckts) mich nicht zu sehr.

kleistschte Regieanweisungen? Regie? spannend was hier für Assoziationen entstehen.
es juckt schon sehr.

Friedrichard: Kadingirra oder Bab-ilim ist überall

du zitierst dich selbst!

der vridel, dem bekennenderMaßen bier näher fließt als traubensäfte verinnerlicht werden (obwohl er das bisschen obst, dessen er bedarf, auch trinken kann ...). Da hör ich dann ausm wennze meinz lied der Missfits, nur wer vögelt kann auch fliegen.

bin auch Biertrinker. ohne Vögeln ist schwierig im Leben. ich bin ehrlich erleichtert, dass du das hier anscheinend als angemessen wahrnimmst. ich kenne auch keine, absolut keine andere Szene, die so übersexualisiert ist wie die Schwulenszenen irgendwo. wenn wir mit Freunden unterwegs waren, können die echt in ner anderen Stadt, im anderen Land, ihre Apps öffnen und sich Partner für die Nacht suchen. ich staune da nur immer wieder.

da ist es gut, dass auch einer mit bühnenerfahrung und grundsätzlicher distanz (selbst zum eigenen werk) nicht nur zu erzählten geschichten hinzukommt, denn wer sich wo auch immer drin verliert kriegt ja nix mehr mit, wird teil des geschehens in seinem winzigen augenschein und sonstgen sinneseindrücken.

wir müssen diese Distanz aushalten, Kritik aushalten, Selbstkritik. dabei bleiben. schreiben. wahrscheinlich brauche ich auch gerade die Distanz, weil ich so sehr subjektiv erzähle.
meistens gehe ich ja nur auf die Bühne um Freibier zu kriegen, keinen Eintritt zahlen zu müssen und bei meinen Leuten sein zu können. hier in Leipzig ists wunderschön, die Vielzahl der Lesebühnen, das motiviert unheimlich.

wir gründen jetzt einen Verlag. heute versuchen wir unseren ersten Roman zu kaufen oder sonstwie zu erpressen. der Autor ist ein harter Hund, hat bisher drei verschiedenen Gesprächen widerstanden. haben wir gesagt heute ist letzter Versuch, Denjel und ich reden noch mal zusammen mit ihm, holen die Blutdiamanten raus und wollen den Text haben. etwas irre, weil ich den gar nicht kenne. aber ich vertraue dem Schreiber, seinem Entwicklungswillen und Talent, das ist viel wichtiger.

Arggefickte geschichte, findich. Starckdeutsch, wenn auch nur angenähert, hab ich schon angemerkt. Und dem gesprochenen wort ist eh egal, ob groß, ob klein gesprochen. Rechtschreibung gibt's, rechtsprechung gibt's auch, wird um dergleichen sich aber schwerlich kümmern.

Starckdeutsch kannt' ich nicht, ist spannend! erinnert an manche Sprechskulpturen.
dass so viele Schreiber meinen, Grammatik und Rechtschreibung wären zwingend! mein inneres Beispiel ist immer die Geschichte des Menschen, der Tisch in Stuhl umbenannte, Holz in Vogel und so weiter, bis er nachher nicht mehr verstanden wurde. das wäre zu viel des Kreativen, aber mit dem richtigen Maß gibt es abseits allzu bekannter Pfade neue Möglichkeiten, zu den Lesern vorzudringen. das könnte sich jeder Schreiber überlegen, der das generell ablehnt.

Dialekt und soziolekt zu unterdrücken wäre katastrophal für eine sprache

da sind wir uns einig. haha wir zwei Pottratten. :)

ss die zeichensetzung regieanweisung sein kann und damit in konflikt mit der durchführungsverordnung der teutschen rechtschreibe gerät, ist bekannt. Aber auf al das kann das gesprochene wort pfeifen.

stimmt. aber hier lesen es die Menschen ja. habe versucht den Text auszukämmen, einzuglätten.

Da passt der name derer von Fritz Fick und Flick und Bohlen und Halbacht, aber auch Gates, Bates, Bezos, Sackerbörg.

Sackerbörg! :D letztens den Dreiteiler auf Arte gesehen zur Geschichte der Krupps. "es ist völlig egal, wer an der Macht ist. ob Hitler, der Kaiser, die Republik: wir haben mit allen Geschäften gemacht. dass auch Hitler ewig warten musste, bis die ihn vorgelassen haben. dass der alte Krupp nach dem ersten Weltkrieg diesen Brief diktiert an die englische Rüstung, wo er die Lizenzgebühren für seine Granatzünder einfordert. aber auch der Wille, für seine Arbeiter da zu sein, sich um die "Kruppianer" zu kümmern. das verlorene Modell der sozialen Marktwirtschaft, das es so heute wohl nurmehr in Skandinavien gibt. eine mächtige Allianz. und wie gefährlich, wenn das alles entgleist. und nach dem zweiten Weltkrieg der Wiederaufbau in Gedankenschnelle. die Unterbrechung der Generationenfolge. Einführung von Berthold Beitz, der wirkmächtigsten Nachkriegsfigur deutscher Wirtschaft. der kurz vor dem hundertjähirgen Geburtstag noch Nachfolger Cromme entthrohnt. was hab ich mir gefreut. hat alles nix mit der Geschichte zu tun? doch, doch.

die Blaupause des globalisierten Neoliberalismus und vorher des Kapitalismus gibt den Zusammenhang her, der Menschen zu solchen Abziehbildern von Leidenschaften werden lässt, der die Verlorenheit des Einzelnen begünstigt. keine Gemeinschaften mehr, oder kaum, sondern nur noch Gesellschaft, kein Miteinander sondern nur Nebeneinander. oft gesungenes Lied.

Nicht der ärmste wird hineingezogen in den wohlstand, sondern prekäre verhältnisse spucken ihre opfer aus in den sumpf der niederungen. Die oben sprechen gehoben, die in der mitt durchschnitt und die unten im sumpf träumen ohne klagen von einst bessern tagen.

Ungleichheiten und Unfreiheiten sind in meinen Augen das größte Problem. das reißt unsere Gesellschaften auseinander. und dass die Menschen sich so wenig zuhören. jeder will senden, so wenige sind zum Dialog bereit.
treffender Satz. Schland klagt nicht bei der Einführung von Hartz' fördern und fordern, diesem ekelhaften Euphemismus (hab doch zuletzt noch im Arbeitsamt gearbeitet, haha, verrückt), aber wenn es Flüchtlinge zu sehen gibt, von weitem, drehn sie am rad. wie dumm. und wählen nicht oder Parteien, die weder was von Politik und Wirtschaft verstehen, sondern vor allem Feindbilder bedienen? wenn die Leute wenigstens ganz rational Kientelpolitik betrieben! diese Irrationalität ist es, die Angst macht. denn sie wissen wirklich nicht was sie tun. wer sie sind, was sie wollen. und wollen es nicht erfahren.

danke Friedel!

ein altes Haus aus Rubik-Kuben, Eiderdaus.

es ist 09:22

 

Hej Kubus,

es folgt der Leseeindruck einer verwirrten Leserin.

Jedenfalls Mariko, wohl deswegen, hat Priva, sich so prima zusammen gedenkt.

Wie meinen?

Und so lese ich und lese und bin schon schwindelig gelesen (@peeperkorn nannte es ohne Bridge und Refrain, was meine Gefühle in Worte fasst) und dann hier

Mehr als einmal hat Fritz von Fick das gesamte Café gemietet, geschlossene Gesellschaft gespielt, alle ausgehalten, um sich und das zu feiern, was in dieser speziell hamburgischen Mischung aus Distance, Perversion und Understatement als ausgesuchter Lebenswandel gehandelt wird.
Prahlen mit ihrem Rumgeficke wie Neunjährige, die alle auf einmal und jeder für sich, eben gerade nen prallen Sack Murmeln gewannen. Heißt eh nicht Rumfickerei, Nachtabenteuer sind’s, und die Erzähler, alte Säcke, nein, gleichgesinnte Gelegenheitsjäger.
Vor allem: Big Tipper. Hm, Priva: kein Geld. Arbeit, im Café. Priva zog sich vor diesen Nächten einen Gürtel durch die Jeans, damit ihn das Trinkgeld in Münzen zwar runterziehen aber nicht ausziehen könnte. In Shorts vor der taxierenden Gang? No no no. Das hat jetzt nix mit dem räudigen Schwulsein der Bande wohlhabender Kinderficker zu tun. Das hat nichts damit zu tun. Das nicht. Nicht.

entspanne ich etwas, weil mir Clemens Schick mit "Windows" in den Kopf kommt. Das hilft mir sehr.

Alles war bestens so gut es eben geht, bis Mariko auftauchte, und sich mit jemand verwechselte, der er nicht ist, sein kann.

Bisher hat mich der räudige Ton abgehalten, mitzudenken. Bin dem Autor nur gefolgt und habe wirklich versucht, Bilder zu bekommen, bis mir das Café in der langen Reihe einfiel. Ich brauchte wohl etwas Handfestes in der Flut. Die beiden Protagonisten mit P... machen es mir nicht leichter. Aber das willst du sicher auch nicht. Jetzt konnte ich mitempfinden.

Schon erstaunlich, wie die Zeit vergeht.

Schön banal am Ende. Und ich bin schon erleichtert. Nix für zarte Gemüter und doch bin ich froh, dass ich die Geschichte nach fünf Anläufen durchgelesen habe.

Erleichterter Gruß, Kanji

 

hi Kanji,

klingt mehr nach Kampfsport als nach einer Lese-Erfahrung. tut mir leid, dass das so schwierig war.
kann ich wohl nix weiter machen, ich weiß ja wo ich hinwill, und für mich fühlt sich der Text schon eher danach an, welches Lebensgefühl die Tage und Nächte damals hatten.

Jedenfalls Mariko, wohl deswegen, hat Priva, sich so prima zusammen gedenkt.

Wie meinen?

der Protagonist sitzt da, ist durch, ist breit, denkt ohne Punkt und Komma, denkt infantiles Zeug vor sich hin.
ich weiß nicht, so ganz überzeugt mich das auch nicht, haut vllt im Schriftdeutsch nich hin. aber so was ausprobieren ist nich verkehrt.

entspanne ich etwas, weil mir Clemens Schick mit "Windows" in den Kopf kommt. Das hilft mir sehr.

okay, interessant, kenn ich nicht.

Bisher hat mich der räudige Ton abgehalten, mitzudenken. Bin dem Autor nur gefolgt und habe wirklich versucht, Bilder zu bekommen, bis mir das Café in der langen Reihe einfiel. Ich brauchte wohl etwas Handfestes in der Flut. Die beiden Protagonisten mit P... machen es mir nicht leichter. Aber das willst du sicher auch nicht. Jetzt konnte ich mitempfinden.

Aua. :) nachvollziehbar.

Lange Reihe ist eine saubere Seite Sankt Georgs. das Café war am Hansaplatz, ist mttlw pleite.

also ich will es den Lesern auch nicht schwer machen.
ich will eine Geschichte erzählen und mich einem Lebensgefühl annähern.

Schön banal am Ende. Und ich bin schon erleichtert. Nix für zarte Gemüter und doch bin ich froh, dass ich die Geschichte nach fünf Anläufen durchgelesen habe.

verstehe. danke für die ehrliche Rückmeldung. krass so was zu lesen, möchte fast schreiben: 'jetzt ist es ja vorbei.'

Kubus

 

Hej nochmal Kubus

klingt mehr nach Kampfsport als nach einer Lese-Erfahrung. tut mir leid, dass das so schwierig war.

Das muss es nicht. Leseverhalten überdenken, hast du, glaube ich, gesagt.

der Protagonist sitzt da, ist durch, ist breit, denkt ohne Punkt und Komma, denkt infantiles Zeug vor sich hin.

Verstehe. Vielleicht hätte ich mich bis dahin eingelesen, wenn der Satz später so in seiner Art aufgetaucht wäre. Man weiß es nicht.

aber so was ausprobieren ist nich verkehrt.

Niemals verkehrt.

okay, interessant, kenn ich nicht.

So vor zehn Jahren, oder so, hat Schick den Monolog in Berlin in den 'Sophiensäle' aufgeführt. "Windows - ODER: MÜSSEN WIR UNS BILL GATES ALS EINEN GLÜCKLICHEN MENSCHEN VORSTELLEN?
Das Tempo war ähnlich und manchmal hatte ich den Eindruck, ich verstehe meine Sprache nicht mehr. :hmm:

Lange Reihe ist eine saubere Seite Sankt Georgs. das Café war am Hansaplatz, ist mttlw pleite.

"Schon erstaunlich, wie die Zeit vergeht."

verstehe. danke für die ehrliche Rückmeldung. krass so was zu lesen, möchte fast schreiben: 'jetzt ist es ja vorbei.'

Nicht doch - war mehr ein Leseerlebnis.

Schönen Sonntag noch, Kanji

 

Hallo Kubus,

nun habe ich deine Geschichte doch nochmal sogar öfters gelesen (ohne dabei zu sterben), und siehe da, ich glaube langsam zu verstehen, was da abgeht zwischen Mariko und Priva und all den anderen düsteren Gestalten (Naja, eigentlich will ich doch noch den Rätselauflösungsteil geschickt bekommen, hab ich es eben doch noch nicht so ganz raus, aber naja, ich arbeite dran.)
Jedenfalls hast du auch einige Änderungen inzwischen vorgenommen, jetzt scheint mir die Geschichte nicht mehr so verworren, ich kann ihr jetzt jedenfalls viel besser folgen.

Vielleicht musste ich mich erst an den derben Stil gewöhnen, mich darauf einlassen und die extra weichgespülten Windeln teilweise ablegen, um die in dieser krassen Geschichte schlummernde Traurigkeit zu entdecken. Ich will nicht behaupten, dass mir die "Schuppen von den Augen" gefallen sind, ich mag diese Geschichte immer noch nicht, da sie mir zu negativ ist, was - wie du schon geantwortet hast - sicherlich der Realität gezollt werden muss und weil sie so hart-gekonnt-kalkuliert-formuliert ist, aber ich gestehe ein, dass es wirklich starke, klebrige Bilder sind. Sie kommen echt rüber und ich habe gerade beim Schreiben das Bedürfnis, mir die Arme abzuwischen, weil ich das Gefühl habe, die bleiben kleben am Tresen vom Bier, obwohl ich hier am sauberen Gartentisch (ausgerechnet mit Rotwein) sitze. Ich hoffe, morgen nicht in Embryonalhaltung am Klo gefunden zu werden.

Grüße
Lind

 

Hi Kubus,

ich schaue so über die letzten Tage hier im Hintergrund deiner Geschichte dabei zu, wie sie sich verändert. In der ersten Version bin ich stellenweise ins Stolpern gekommen, vage habe ich in Erinnerung, dass es beim Lesen bei mir ab und an mal nicht ganz rund lief. Gestern war das nicht mehr so. Ich habe den Verdacht, das lag an den Änderungen, konkret kann ich's aber nicht sagen.
Und dann, jetzt, als ich eben über die Seite mit den Titeln usw. gewandert bin, hab ich mich - du entschuldigst das hoffentlich - erschreckt, wie der Anfang jetzt aussieht! Die ersten zwei Absätze haben massig an Schwung verloren!
Diesen erste Satz:

„Hoffnung?“, fragt Pietra. „nur auf Arschfick.“
den gab es doch in der ersten Version nicht, oder? Den finde ich besser - bzw. gut, falls er immer schon da war. Aber dann, diese ganzen Erklärungen! Vorher hat es den Reiz der Geschichte ausgemacht, dass man eben nicht alles in eine ganz konkrete Handlung umsetzen konnte. Ist doch wurscht, wer da was gefragt hat, und noch mehr, wenn man die Frage eh nicht gehört hat und mit dem Gespräch nichts zu haben will - oder?

Vorher konnte man beim Lesen denken: das kann sonst keiner so. Über den ersten Absatz denke ich das in der Version V nicht mehr...

Nur so viel fürs Erste - ich muss los. Aber das konnte ich nicht für mich behalten.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo, erdbeerschorsch,

sehr spannend und wichtig, danke für diese Rückmeldung!


In der ersten Version bin ich stellenweise ins Stolpern gekommen, vage habe ich in Erinnerung, dass es beim Lesen bei mir ab und an mal nicht ganz rund lief. Gestern war das nicht mehr so. Ich habe den Verdacht, das lag an den Änderungen, konkret kann ich's aber nicht sagen.

ja, kann ich mir vorstellen. ist fast alles anders. nur manchmal erkennt man es schwer, weil ich die Änderungen zwischendurch teils wieder zurück genommen habe.

wie viele und welche Irritationsmomente helfen der Geschichte und dem Leser, eine Atmosphäre zu erahnen, die als Sound Lebensgefühl mit der Erzählung nebenbei und unterwegs aufgelesen werden kann?

welche irrationalen Situationen bzw unrealistischen Behauptungen passen hier rein und ab wann ist es - nun: too mich?

das kann wohl nur höchst subjektiv eingeschätzt werden. einige oder viele werden diesen Stil prinzipiell ablehnen, die sind dem gegenüber wahrscheinluich auch verschlossener.
andere können darauf und lesen zB surrealistiche oder impressionistische Malerei, oder lassen sich auf die spezifischen Codes von Lyriken ein - wenn eine generelle Offenheit besteht, lässt sich bestimmt auch die Seltsamkeit so nebenbei mitfangen während des Lesens.

es waren ja ganz verschiedene Sätze und Mittel. zB ein Halbsatz, der eigentlich eine nähere Erläuterung durch einen weiteren Nebensatz selbstverständlich verlangt und inhaltlich bräuchte - da kam dann aber der Punkt, den ich mir wie eine Mauer in der Sackgasse vorstellte.

andere Fälle sind seltsam schiefe Vergleiche wie ein anfahrendes Auto, das zwei Schafe später absäuft.
oder unrealistische Beschreibungen : dass die Menschen wie schiefe Kreaturen in der Luft liegen.

ich kuck mir das noch mal an.

Den finde ich besser - bzw. gut, falls er immer schon da war. Aber dann, diese ganzen Erklärungen! Vorher hat es den Reiz der Geschichte ausgemacht, dass man eben nicht alles in eine ganz konkrete Handlung umsetzen konnte. Ist doch wurscht, wer da was gefragt hat, und noch mehr, wenn man die Frage eh nicht gehört hat und mit dem Gespräch nichts zu haben will - oder?

ich werde einfach die ideale Mitte zwischen Atmosphäre-schaffen und Leserfreundlichkeit schaffen! ;)

zu viele Erklärungen wären ein Tod für diese Geschichte, d'accord! aber diese Erklärungen im ersten Absatz passen für mich zu einem unsicheren Erzähler, der auch zu dieser Geschichte passt.

Ihre Antwort auf eine Frage, die Priva nicht stellte, nicht hörte. Aus einem Gespräch, mit dem er nichts zu tun haben will. Um am Ball zu bleiben, schiebt er die Frage hinterher, was sie hoffen dürften. Sieht sie eine Strähne aus ihrer Stirn pusten, die wieder zurückfällt, ohne ihre kantigen Konturen zu verlieren. Arschgefickte Hoffnung also, auf solche Sätze kann er. Geschwätz von welchen, die sich längst hätten Bett verpissen sollen.

er widerspricht sich ja hier. entweder der Erzähler funktioniert nicht richtig oder Priva. so ginge das zumindest in der Hinsicht, das hier nicht zu Tode erklärt wird: denn die Erklärungen sind keine, weil sie sich teils widersprechen, die vergrößern die Unklarheit vielleicht sogar. vom Sprachfluss her gefällt mir der erste Absatz jetzt schon besser. der erste Satz ist anders, wie du richtig vermutet hast. beim Rest habe ich mir bei der Überarbeitung uA Gedanken gemacht haben, die in deine Richtung gehen. wäre fatal, hier zu viel zu ordnen, zu viel anzupassen. und ich bin da auf die Leser und Leserinnen angewiesen - denn ich stecke jetzt zu tief in der Geschichte, ich sehe praktisch nichts mehr. ab so einem bestimmten Punkt der Überarbeitung fällt mir das Empfinden und Entscheiden im Sinne der Geschichte zunehmend schwerer. meistens so ab dem 3. / 4. Überarbeiten.

ein ganz wichtiger Punkt, danke sehr dafür, das noch mal in Erinnerung zu rufen.

für die Zwischenmeldung habe ich mir Zeit geraubt - ich muss auch wieder los!

 

Hej Kubus,

vielleicht ist es kein gutes Zeichen, aber jetzt komme ich mit dem veränderten Absatz besser hinein, sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Ich kann mich einlassen und weiß "woher der Wind weht".

Und

Wobei Priva selbst nur von Eigenträgheit aufrecht gehalten wird und dem Bierhumpen, dessen schwerer Boden am Tresen klebt.
dieser Satz wirkt auf mich phantastisch, weil ich mit meinen Gedanken nicht mehr zurückhänge, um sicher zu gehen, auch ja alles kapiert zu haben.

Ich bin dabei und die "gemilderten" Sätze bringen mich jetzt besser ins Thema.

Schon traurig das Bild der alten Schwulen in deiner Geschichte.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hi Kubus,

jetzt hast du zwei Einschätzungen zum ersten Absatz direkt hintereinander. Wäre es nicht eine Option, diesen Satz:

Um am Ball zu bleiben, schiebt er die Frage hinterher, was sie hoffen dürften
rauszunehmen?
(Übrigens die kantigen Locken: Ein schräges Bild, an sich würde ich das mitmachen, aber gerade im Umkreis einer Stirn geht mir das nicht ganz so reibungslos weg, weil sonst oft die Stirn "kantig" heißt. Da kommt es jetzt drauf an, ob die Irritation gewollt ist.)

Insgesamt gefällt mir dein Text gut, außergewöhnlich wie er ist, das habe ich ja schon angedeutet. Ein paar Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:

die sich längst hätten Bett verpissen sollen.
"im" ist verlorengegangen.

ist der Crossdresser oder die Transe
"Crossdresser" und "Transe" kann man, denke ich, als gleichbedeutend auffassen oder auch nicht, je nach dem, wie es nach "trans" weitergehen soll. Mit dem "oder" komme ich deswegen nicht vollkommen klar. War da nicht früher mal ein Wort, dass einen größeren Unterschied zur Franse aufgemacht hat? Mit Komma statt "oder" wäre das Problem auch weg. Ob das schön ist, ist eine andere Frage, aber es gibt ja andere Möglichkeiten.

Der Auftritt von Mari/k/o, der Thai-Move, das Klo, der "Thai" der Mario heißt usw., das hat mir alles gut gefallen. In dem gut gefügten Absatz bring mich auch dieser Satz:

weil wir hier auf Georg sind, die heiligen Straßen und Katakomben der Tattergreis-Schwuchteln und Terrorschwucken, gepflastert mit minderjährigen Strichjungen, Haarrissen im After, vollgespritzten Snapchat-Körpern.
nicht direkt aus dem Tritt. Aber ich vermute, die Straßen sind nicht mit Haarissen im After und (oder das vielleicht doch?) Snapchat-Körpern gepflastert, sondern sie sind mit Strichjungen, (die) Haarrisse im After (haben), mit Strichjungen, (die) Snapchatkörper (sind), gepflastert, oder? Dann müsste jeweils das -n weg. Wenn’s aber doch so gemeint ist, wie es streng genommen dasteht, da würde ich das auf die eine oder andere Art deutlicher machen, sonst glaube wahrscheinlich nicht nur ich, dass da nur ein -n fehlt.

Jedenfalls Mariko, wohl deswegen, hat Priva, sich so prima zusammen gedenkt.
Nach "jedenfalls Mariko“, da hätte ich einen Punkt erwartet, passt aber vielleicht auch nicht. Wenn das Komma vor "sich" gestrichen wäre, hätte ich sogar eine Idee, was ich mit dem Satz anfangen soll. Im Großen und Ganzen mache ich deine eigenwillige Kommasetzung ohne großes Aufbegehren mit, weil man an vielen Stellen merkt, dass sie Absicht ist. Aber speziell dieser Satz kommt mir unglücklich zerhackt vor.

Die Altschwulen der Straße genießen jeden Exotismus, würzen damit ihren Eskapismus. Alle wollen so exotische Vögel wie möglich, so exotisch vögeln wie möglich. Es ist eine leichte Besessenheit, die selten zu Lustmorden führt, aber für die es auch keinen Exorzismus gibt.
"Exotismus", "Eskapismus" und "Exorzismus" standen in der ersten Version näher zusammen, oder?, und haben so, dachte ich, einen gar nicht so üblen Trommelwirbel gemacht. Ich fand das allerdings ein bisschen viel auf einmal, und du letztlich wohl auch, deswegen ist es jetzt anders(?). Trotzdem hat mir die erste Version (wenn es sie so wirklich gab) besser gefallen als diese. Jetzt wirkt es aus dem Tritt. Der Exorzismus ist noch so nah an den anderen Ex/s/en, dass man klanglich noch automatisch die Verbindung schlägt, aber es wirkt nicht mehr abgestimmt. Wenn du die erste Version nicht mehr haben willst, würde ich vorsichtig vorschlagen, das Wort "Exorzismus" ganz fallen zu lassen.

Einen anderen sah Priva, wie er mit seinem Kind der Nacht, dem Kind zur Nacht, nach der Nacht im Café frühstückte, Muttertag, später gab er einer Frau mit Rollator einen Blumenstrauß, Muti, schon am Abend steckte er dem Nachtkind was, einen Schein zu, direkt vor Privas Wohnung, unten auf dem Bürgersteig, vor den Pforten zur Straße.
- "Kind" und "Nacht" drängen sich ähnlich dicht wie oben die Ex/s/-Wörter, für meinen Geschmack passt das hier aber. Vielleicht weil die Wörter für sich genommen häufig sind und mir deswegen das Spiel mit den Worten unbeschwerter scheint?
- "Muti" oder "Mutti"?

Es ist immer auch schön und kann hilfreich sein, Stellen zu vorzuzeigen, die einem besonders gefallen haben. Ich würde es gerne tun, kann mich da aber zu schwer entscheiden und bringe nur noch ein Satz zum Ende:

Mario, der sich mit jemand verwechselte, der er gern wäre, von dem er vielleicht mal hörte.
Priva hat ein Stück Vergangenheit zurück, das er nicht wollte, und mit dem er nichts anfangen kann, das bald wieder vergessen sein wird.
Da gefällt mir die Spiegelung: Der eine will etwas, was er nicht hat, der andere hat etwas, was er nicht will, und beide stecken dabei doch irgendwo in demselben Loch.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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