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Haltlos

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21.04.2015
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Haltlos

Er drückt meine Hand, um sich vorzustellen, und zieht mich zu sich heran. Ich sehe den dünnen Schweißfilm, der glänzend sein Gesicht überzieht.
„Grüß’ Sie, Schlierhoff mein Name, wir haben telefoniert.“
Lächelnd trete ich einen Schritt zurück.
„Hallo Herr Schlierhoff, ich bin Klara Behrends.“
Er runzelt die Stirn. Flüchtig huscht sein Blick von seinen Füßen zu meinen, als würde er die Entfernung abmessen. Ohne mich noch einmal anzusehen, dreht er sich um. „Na, dann wollen wir mal.“ Er läuft auf das Hochhaus zu.
Es ist nicht besonders schön hier, aber das macht nichts. Immerhin ist es ruhig.

In unserer alten Wohnung war es laut. Max sagte immer, mitten in der Stadt zu wohnen sei das Beste. Etwas anderes könne er sich nicht vorstellen. Bars vor der Tür, Einkaufsläden um die Ecke, pulsierendes Leben. „Die Großstadt atmen“, nannte er es. Ich habe sie tief eingeatmet.
Max und ich waren ständig unterwegs, trafen uns mit Freunden, stritten uns und verschlangen einander. Wir waren verliebt, schätze ich. Ineinander, in den Trubel. Ich zog auch ohne ihn los. Durch die Clubs, getrieben von dröhnenden Bässen. Tanzte bis es hell wurde. Dass diese Nächte auch mal endeten, gefiel mir nicht. Ich dehnte sie aus, landete in Schuppen, die weitermachten, wenn die anderen schlossen. Küsste andere Männer.
Dann hat Max mich rausgeschmissen. Mit einer Schlampe wie mir wolle er nicht länger zusammen sein. Er hat so laut gebrüllt, unter uns gingen schon die Wohnungstüren auf. Ganz leise, damit wir es nicht mitkriegten, aber in Altbauten quietscht und knarrt eben alles. Der Flur war übersät mit meinen Sachen. Als letztes schmiss er mir meinen Reisekoffer vor die Füße. Im ersten Moment war ich verblüfft. In Filmen machen das immer nur Frauen.

Ich mustere den Makler, als er vor mir in den zweiten Stock hinaufsteigt. Sein Gang ist schwerfällig. Er riecht nach einem dieser Männerparfüms, die in der Nase brennen. Ich sehe auf meine Hand hinunter und wische sie an der Hose ab. Als ich wieder aufblicke, steht er direkt vor mir. Erschrocken zucke ich zusammen und laufe fast in ihn hinein. Meine Brust streift seinen linken Arm. Er lächelt.
„Da wären wir.“ Er schließt die Tür auf und bittet mich herein. „Hier rechts haben Sie das Badezimmer mit Dusche, ohne Fenster, aber dafür eine gut funktionierende Lüftung.“ Ich schalte das Licht ein. In der Dusche wächst Schimmel. In der Ecke, ein winziger schwarzer Fleck. Es riecht muffig.
„Hier in den Flur können Sie eine Kommode stellen oder einen Schuhschrank, Platz ist da. Und hier …“, er öffnet eine Glastür, die von dem dunklen engen Flur in den nächsten Raum führt, „… haben wir Schlafzimmer, Wohnzimmer, Esszimmer und Küche in einem.“ Er lacht. Ich schaue mich um.
Der Raum hat nur ein Fenster. Direkt davor steht ein großer Baum, dessen buschige Krone die Lichtstrahlen einfängt. An der Wand ist eine Kochnische installiert. Die Schränke waren einmal weiß, nun überzieht sie ein gelblicher Schleier. Zwei Kochplatten, eine Spüle, der Wasserhahn tropft. Ich denke wieder an den Schimmelfleck. Stelle mir vor, wie er wächst und die Wände der Wohnung schwarz färbt. Die Luft ist feucht, ich fahre mir mit der Hand über die Stirn. Es ist zu düster hier, zu klein. Das Zimmer erinnert mich an eine Höhle. Der graue PVC-Boden hat Dellen und Flecken. An der rechten Wand steht ein gammliges Schlafsofa. Der Makler folgt meinen Blicken.
„Die Couch würde in der Wohnung bleiben. Aber Sie sagten ja, Sie haben kaum Möbel, dann ist das vielleicht ganz praktisch, oder?“ Er leckt sich mit der Zunge über die Lippen. „Frisch getrennt?“
Ich nicke. Drehe mich von ihm weg und starre aus dem Fenster. Auf einem der Äste des großen Baums sitzt ein Spatz. Er putzt sein Gefieder mit hektischen kleinen Bewegungen.

Seit Wochen stelle ich mich in Schlangen an, die sich durch Treppenhäuser nach oben winden. Manchmal fangen sie sogar schon auf der Straße an. Nervöse Menschen mit Selbstauskünften in den Händen, einige haben Anzüge an und Bewerbungsmappen dabei. Ich verschmelze mit ihnen, werde gesichtslos. Die kurzen Gespräche mit den Vermietern sind verkrampft. Man spürt die Verzweiflung, mit der alle um die Gunst des Eigentümers kämpfen.
Auf dem Weg zu Maja rede ich mir jedes Mal ein, dass es gut gelaufen ist. Sitze bei ihr am Küchentisch und starre auf mein Handy. Es klingelt, ich drücke es ans Ohr und spüre ihren erwartungsvollen Blick auf mir ruhen. Wenn ich dann mal wieder mit dem Kopf schüttle, legt sie mir ihre Hand auf die Schulter und lächelt mich an. Aber ich sehe ihren unruhigen Blick, während sie sich morgens Kaffee macht und ich mein Bettzeug von ihrem Sofa räume. Ich türme meine Sachen auf einem kleinen Haufen neben der Couch, damit sie nicht im Weg sind.

„Na, was sagen Sie?“ Der Makler schaut auf die Uhr. Er geht einen Schritt auf mich zu und wedelt mit einem Zettel vor meiner Nase herum. Sein Atem riecht säuerlich nach Kaffee. „Die Selbstauskunft hatten Sie mir ja bereits geschickt. Warm kostet die Wohnung sechshundert Euro, dazu kommt ein Stellplatz für fünfzig Euro.“ Er sieht sich um, als erwarte er jemanden. „Die nächste Interessentin kommt gleich, aber wenn Sie mir zusagen und wir …“, er kommt noch näher, „… vielleicht ein kleines Abkommen treffen, dann kann ich ein gutes Wort für Sie einlegen.“ Er zwinkert mir zu und mir wird schlecht.
Ich konzentriere mich auf meine Stimme. Sie darf nicht zittern. „Was denn für ein Abkommen?“
„Nennen wir es doch einen kleinen Bonus für mich, damit ich die Eigentümerin von Ihnen überzeuge.“ Er steckt mir einen Zettel zu. Für einen kurzen Moment streicht er mit dem Finger über meine Hand. Die Härchen auf meinem Unterarm stellen sich auf, während er Richtung Wohnungstür schlendert. Ich starre auf das Stück Papier. Blut steigt mir in den Kopf. Ich falte das Blatt auseinander. Da steht eine Summe. Fünfhundert Euro. Schlagartig fühle ich mich zehn Kilo leichter. Ich sollte wütend sein. Empört. Aber ich bin erleichtert.
„In Ordnung“, sage ich. Meine Stimme hallt durch den leeren Raum. „Aber wie kann ich denn sicher sein ..."
„... dass Sie die Wohnung wirklich bekommen?" Der Makler dreht sich zu mir um. „Ich würde sagen, die Details besprechen wir dann heute Abend. Sie gehen jetzt erstmal zur Bank und ich rufe die Vermieterin an." Er mustert mich. „Sagen wir, in zwei Stunden in meinem Büro?"

Auf dem Weg zur Sparkasse fahre ich am Westpark vorbei. Ich stelle mein Rad ab und lege mich ins Gras. Max hat ein Loch in meinen Bauch gerissen. Ich sehe ihn vor mir. Mitten auf einer Straßenkreuzung, Menschen rasen an ihm vorbei, laut plappernd und lachend. Er aber steht ganz still in diesem Lärm und lächelt mich an.

 

Hallo RinaWu,

eine kleine Geschichte aus dem Alltagsleben einer jungen Frau. Könnte man den Freundinnen erzählen - wenn sie welche hat. Ja, nette Pointe, dass der Makler Geld haben will und nicht das, was sie die ganze Zeit denkt, aber ansonsten fehlt mir da zuviel.
Ich frage mich jedenfalls, ob es wirklich genügt, 500 Mäuse loszuwerden und dann auf den Mietvertrag zu hoffen. Da ist doch eine große Unsicherheit.

Den letzten Absatz habe ich ausgelassen. Ich kapier ihn einfach nicht.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo Jobär,

ich bin mit diesem Text auch noch nicht so ganz im Reinen. Eigentlich soll es nicht hauptsächlich um die Frau gehen, sondern eher um ihr Gefühl in der Stadt und vor allem bei der Wohnungssuche. Ich lebe in München und habe schon die absurdesten Sachen bei Besichtigungen erlebt. Unter anderem eben auch, dass einem angeboten wurde, eine "Vermittlungsgebühr" zu zahlen, um die Wohnung sicher zu kriegen. Damit der Makler nebenher noch bissi Kohle scheffelt. Oder auch irgendwelche Hansels, die "Wohnungen vermitteln". Oft sind die Wohnungen Löcher für unverschämt viel Geld. Wohnen wird zum Luxus oder aber man nimmt eine Butze, in der man sich nicht wirklich wohl, vielleicht sogar verloren fühlt. Verloren fühlt sie sich auch bei den Besichtigungen. Fast schon unsichtbar in der Menschenschlange. Letztendlich lässt sie sich auf den Makler ein, um zumindest mal irgendwo anzufangen sich zu sortieren. Ich habe da so ein vages Bild von einer Frau im Kopf, die ruhelos durch Großstadtstraßen streift und irgendwann doch nach Sicherheit sucht. Das soll auch der letzte Absatz symbolisieren. Sie hat Max betrogen. Wollte sich nicht wirklich auf ihn einlassen. Und jetzt erscheint er ihr als Ruhepol im Chaos.

Ach, ich weiß, alles noch ganz schön konfus, was?

Liebe Grüße
RinaWu

 

Hi RinaWu,

komisch, ich find's perfekt. Die Geschichte ist kurz, da brauche ich nicht mehr. Klar, es gibt Geschichten die tiefer wollen und tiefer gehen, aber in dieser fehlt mir das nicht. Die Szenen sind schön gezeichnet, die Einzelheiten wirken, finde ich, nirgends bemüht. Das Thema hat womöglich relativ enge Grenzen, aber es ist wichtig und aktuell. Dann die gelungene Pointe. Und dann der letzte Absatz, den ich vielleicht sogar verstehe :), jedenfalls gefällt er mir. Ich sage das mit einem gewissen Zögern, aber aus meiner Sicht passt eigentlich alles.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo erdbeerschorsch,

wow, danke dir. Szenen zeichnen, ja, das mache ich gerade gerne. Und habe dabei immer Angst, dass ich zu wenig erzähle. Ich selbst habe beim Schreiben natürlich ein bestimmtes Gefühl, aber kann ich das dann richtig transportieren? So eine gewisse Haltlosigkeit in Worte zu fassen, war schwer für mich, obwohl ich das Gefühl sehr gut kenne. Weißt du, was ich meine?

Auch wenn ich meine kleine Geschichte selbst noch kritisch beäuge, freut es mich total, wie du sie aufgenommen hast. Es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich Menschen lesen. Danke.

Viele Grüße
RinaWu

 

Hallo RinaWu,

ich habe quasi keinen Textkram mitgebracht, was an sich das größte Kompliment ist.

"Max sagte immer, mitten in der Stadt zu wohnen sei das Beste." -> Fehlt da nicht ein Komma vor "sei das Beste"?

Die Rückblende, als deine Protagonistin rausgeworfen wird, finde ich großartig. Toll beschrieben und vor allem so, dass man sowohl mit Max als auch mit ihr mitfühlen kann, wobei ich da schon eher zu Max tendiere. :shy: Die Sätze um das in Filmen fast ausschließlich Frauen zugeschriebene Drama finde ich ebenfalls stark. Sehr stark sogar, obwohl ich dir gar nicht sagen kann, warum genau.

Ich habe von Anfang an mit einer sexuellen Aufforderung seitens Schlierhoffs gerechnet und war echt erleichtert, als sich herausgestellt hat, dass es ihm "lediglich" um Geld ging.

Verrückt, was deine Geschichte in mir ausgelöst hat. Zwischen Verständnis und Abscheu für deine Prota. war da alles dabei. Dass ich mich am Ende für sie gefreut habe, finde ich nicht nur deswegen bemerkenswert, sondern in erster Linie, weil es eigentlich gar keinen Grund zur Freude gibt ... Schließlich wird sie fortan in einem Dreckloch wohnen, das sicherlich nicht förderlich für ihren Gemütszustand ist und musste dafür auch noch tief in die Tasche greifen ...
Ich wünsche ihr, dass sie dort trotzdem (bewusst ohne "zurück") zu sich selbst finden kann.

Eine interessante Wohnungsbesichtigung, bei der ich gerne dabei war.

Liebe Grüße,
JackOve

 
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Hallo RinaWu,

wir hatten ja bereits Kontakt, jetzt widme ich mich mal einer von deinen Geschichten (und erfahre anbei, dass du gerade Agatha Christie liest. Das habe ich mir auch mal wieder vorgenommen :)).
Zu deiner Geschichte: Der Anfang hat hat es mir sehr angetan. Gerade deshalb, weil es eine so bekannte Alltagssituation ist, die du da beschreibst (à la "mein Name... Wir hatten telefoniert").

Es ist nicht besonders schön hier, aber das macht nichts.
Finde ich zu umgangssprachlich (nicht-besonders-schön-hier). Da würde ich z.B. schreiben: "Besonders schön ist es hier nicht, aber das macht mir nichts [aus]". Mit dieser Formulierung könntest du zudem berwirken, dass der Satz noch mehr zu einem Gedanken wird.

„Die Großstadt atmen“, nannte er es immer.
Besonders die Beschreibungen des Lebens in einer Großstadt davor haben mir sehr gefallen. Wenn du hier noch einen vollständigen Satz machst, würde sich das noch besser lesen, finde ich.

„Die nächste Interessentin kommt gleich, aber wenn Sie mir die Wohnung fest zusagen und wir …“, er kommt noch näher, „… vielleicht ein kleines Abkommen treffen, dann kann ich bei der Besitzerin ein gutes Wort für Sie einlegen.“
Das ist mir irgendwie zu künstlich. Ein Markler ist ja immer auf seinen Job, auf sein Wirken zum besten Preis fixiert. Ich glaube nicht, dass er dann sagen würde, der nächste Anwärter auf die Wohnung würde gleich kommen, auch wenn sich die Sache durch das Abkommen aufklärt.

Den letzten Absatz habe ich wie Jobär nicht verstanden. Ich glaube, du hast da eine ziemlich genaue Vorstellung von dem was passiert, konntest diese aber in meinen Augen noch nicht ganz umsetzten. Sonst gerne gelesen :gelb:!

Liebe Grüße
SCFuchs

 
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Hallo JackOve,

"Max sagte immer, mitten in der Stadt zu wohnen sei das Beste." -> Fehlt da nicht ein Komma vor "sei das Beste"?
Da bin ich nicht sicher ... Ich dachte wegen der Infinitivgruppe geht es auch ohne. Hmm ...

Verrückt, die Rückblende ist für mich das größte Wagnis, weil ich da wirklich sehr wenig erzähle und hauptsächlich beschreibe oder andeute. Ich war total unsicher, ob das reicht. Umso besser, dass du diese Szene so mochtest. Auch interessant, was der Text in dir auslöst. Ich habe mich tatsächlich auch für sie gefreut. Aber auf so eine traurige Art und Weise. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Vielleicht weil man aus dem größten Loch was Gemütliches basteln kann. Vielleicht weil sie durch diese Erfahrungen lernen wird.

Danke dir auf jeden Fall für deine Eindrücke.
Liebe Grüße
RinaWu

Hallo SCFuchs,

Agatha Christie lesen ist zwischendurch echt ein Genuss, finde ich. Klassische Krimis sind irgendwie wie Balsam für mich :) Die haben so etwas an sich, eine ganze eigene Art, Geschichten zu erzählen.

Nun aber zu deiner Kritik: Es freut mich, dass dir der Einstieg gefallen hat. Über deine beiden Textvorschläge muss ich mal nachdenken, ich finde nämlich ein wenig Umgangssprache in diesem Text nicht verkehrt. Aber da überlege ich noch einmal genauer.

Der Makler will mit seiner Ansage, dass gleich die Nächste kommt, Druck aufbauen. Er will der jungen Frau damit durch die Blume sagen: "Mädel, entscheide dich schnell, ich habe genug Interessenten!" In meiner Vorstellung spürt er ihre derzeitige Verfassung und nutzt ihre Unsicherheit aus. Vielleicht probiert er es aber auch bei jeder, bis eine zu dem Vorschlag JA sagt.

Der letzte Absatz ist so eine Sache – aber er wurde ja durchaus auch schon verstanden. Daher lasse ich ihn erstmal stehen. Vielleicht wirkt der einfach ganz unterschiedlich.

Danke dir und viele Grüße
RinaWu

 
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Hallo Rina,

du beschreibst den Mann wunderbar, so eklig und bedrohlich, dass man deiner Protagonistin die ganze Zeit zurufen möchte: "Hau bloß ab!" Ihre Haltlosigkeit und ihre Not macht die Situation noch gefährlicher. Und Beides erfahre ich als Leserin über die Körperlichkeit deiner Figuren, über kleine Gesten, Schweißperlen, Blicke. Ich finde das sehr gelungen.

Schaut von seinen Füßen zu meinen, als würde er die Entfernung abmessen.

Sehr schön.

Ich sehe auf meine Hand hinunter und wische sie an der Hose ab. Als ich wieder aufblicke, steht er direkt vor mir. Erschrocken zucke ich zusammen und laufe fast in ihn hinein. Meine Brust streift seinen linken Arm. Er lächelt.

Auch das finde ich toll beobachtet.

In unserer alten Wohnung war es laut. Max sagte immer, mitten in der Stadt zu wohnen sei das Beste. Etwas anderes könne er sich nicht vorstellen. Bars vor der Tür, Einkaufsläden um die Ecke, kurze Wege, pulsierendes Leben. „Die Großstadt atmen“, nannte er es immer. Ich habe mich in all dem Trubel irgendwo verloren. Wir waren zusammen, wohl auch verliebt. Ständig unterwegs, immer unter Leuten, wir hatten Spaß, guten Sex – aber es war nicht genug. So viele Möglichkeiten. Ich wollte mehr. Keine Tiefe, kein Stehenbleiben, sondern Bewegung, sorgloses Treiben. Ruhelos zog ich durch Clubs, habe mich in dröhnende Bässe verliebt und andere Männer geküsst.
Dann hat Max mich rausgeschmissen. Mit einer Schlampe wie mir wolle er nicht länger zusammen sein. Er hat so laut gebrüllt, unter uns gingen schon die Haustüren auf. Ganz leise, damit wir es nicht mitkriegen, aber in Altbauten quietscht und knarrt eben alles. Der Flur war übersät mit meinen Sachen. Als letztes schmiss er mir meinen Reisekoffer vor die Füße. Im ersten Moment war ich verblüfft. In Filmen machen das immer nur Frauen. Die Szenen, das Drama.
Ich fühle mich seitdem einfach nur taub. Haltlos.

Die Stelle wo du die Vorgeschichte beschreibst ist mir persönlich dann fast etwas zu viel "tell", besonders nach dem tollen Einstieg.

„Die Couch würde in der Wohnung bleiben. Aber Sie sagten ja, sie haben kaum Möbel, dann ist das vielleicht ganz praktisch, oder?“ Er leckt sich mit der Zunge über die Lippen. „Frisch getrennt?“
Ich nicke.

Der Druck in meinem Nacken wiegt immer schwerer. Ich kann nicht ewig auf Majas Sofa pennen.

Das würde mir vielleicht schon reichen als Andeutungen.

Andererseits glaube ich schon zu verstehen, was du ausdrücken willst. Die Ernüchterung nach dem Rausch, die Haltlosigkeit in ihr während der Beziehung und danach. Auch so etwas wie Reue. All das macht sie gefährdeter. Sie wirkt ja wie betäubt.

Auf dem Heimweg fahre ich am Westpark vorbei. Ich stelle mein Rad ab und lege mich ins Gras. Max hat ein Loch in meinen Bauch gerissen. Ich sehe ihn vor mir. Mitten auf einer Straßenkreuzung, Menschen rasen an ihm vorbei, laut plappernd und lachend. Er aber steht ganz still in diesem Lärm und lächelt mich an.

Das Ende gefällt mir, wie ein Nachklang des Rauschs, der sie in diese Situation gebracht hat, eine Halluzination in dieser Verlorenheit.

Also ich gönne dem ekligen Makler die Kohle nicht, hätte mir fast gewünscht, dass es irgendwie noch zur Konfrontation gekommen wäre. Und ich wünsche ihr, dass sie bald was Neues findet.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hej RinaWu,

dein Auszug aus unserer Zeit ist mir völlig untergegangen. Wie gut, dass er heute auftaucht.
Ich mag deine Art auf die Szenen im Leben zu sehen immer sehr gerne. Und so fällt es mir nicht schwer, mich einzulassen und kann auf den Inhalt gucken.
Du hast ziemlich geschickte Andeutungen gemacht zwischen Gesten der Protagonisten, die sich am Ende nicht derart bewahrheiteten. Zum Glück.
Ich hätte es schön gefunden, wenn es mehr Anlass für Haltlosigkeit gegeben hätte. Kleine Andeutungen hier und da. Aber so what. Du legst das Augenmerk auf die Wohnungssuche und tust sicher gut damit.

Sind schon dolle Zustände auf dem Wohnungsmarkt in den Großstädten.

Freundlicher Gruß, Kanji

 
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Auf einem der Äste des großen Baums sitzt ein Spatz. Er putzt sein Gefieder mit hektischen kleinen Bewegungen.

Indiskrete Frage vorweg (hab ja schon gelesen, dass Du den kleinen, wie ich finde, feinen Text über ein schon bald globales Problem im Zeichen des Neoliberalismus, für nvollendet hältst) über den letzten Absatz: Warum sollte oder dürfte die Geschichte nicht eben doch wie eine Utopie des Wiederfindens und Zusammenraufens enden? Und darum steht auch ganz oben das Bild mit den Vögeln, die weder säen und doch ernten,

liebe Rina.

Die Wohnung ist furchtbar. Ich möchte wegrennen. Mich irgendwo auf eine Wiese legen und in den blauen Himmel schauen. Und doch ist das hier die einzige Möglichkeit, die ich im Moment habe.
könnte auch für Asylbewerber stehen. Da werden marode Wohnungen angeboten in der Hoffnung, die Stadt (in Deinem Fall die Prot) würde sie wieder auf "Vordermann" bringen. ... Hohn, so etwas wie ein Menschenrecht auf ein Girokonto zu deklarieren und das Recht auf ordentliche Wohnung als Teil des richtigen Lebens zu verweigern und Maklergebühren zu regulieren und der Korruption die Türe zu öffnen. Europa - denn es ist kein deutsches Problem oder gar nur der Metropolen, alle Mietspiegel sind zersprungen und zersplittert wie die Technokratien, in denen Lobbyisten die Zügel in der Hand halten und den Spiegel gerne blind sehen.)

Buchstäblicher Kleinstkram

Ganz leise, damit wir es nicht mitkriegen, aber in Altbauten quietscht und knarrt eben alles.
Besser vielleicht, "mitkriegten", nicht so sehr wegen eines mutmaßlichen Gezeitenwechsels, sondern Konjunktiv irrealis, denn offensichtlich (ist nun eigentlich bei mir nicht so ganz richtig, wenn's ums Hören geht) kriegen sie's doch mit ...

In Filmen machen das immer nur Frauen. Die Szenen, das Drama.
Emanzipation eben im bürgerlichen Sinne, als wäre man frei, wenn man so frei sei wie ein anderer Abhängiger.

„Die Couch würde in der Wohnung bleiben. Aber Sie sagten ja, ie haben kaum Möbel, dann ist das vielleicht ganz praktisch, oder?“

Ein notwendiges und aktuelles Thema, das wie die Allergie-Problematik der wieselmaus auch hier mal auftauchen muss.

Gruß

Friedel

 

Liebe RinaWu,

eine schöne Geschichte. :thumbsup:

Ich habe die Kommentare überflogen und muss sagen, dass auch ich zunächst davon ausging, der Makler wollte mehr. Das hast du gut angetäuscht. ;)

Nur Kleinkram:

Bars vor der Tür, Einkaufsläden um die Ecke, kurze Wege, pulsierendes Leben.
„vor die Tür“ und „um die Ecke“ finde ich schon ausreichend genug, da braucht es kein „kurze Wege“.

Er hat so laut gebrüllt, unter uns gingen schon die Haustüren auf.
die Wohnungstüren

Im ersten Moment war ich verblüfft. In Filmen machen das immer nur Frauen. Die Szenen, das Drama.
Das finde ich gut!

Ich schalte das Licht ein. Oben rechts in der Dusche wächst Schimmel.
Er will das Licht nicht selber einschalten, damit sie den Schimmel übersieht.
Der Gauner!

Die Wohnung ist furchtbar.
Diese Erkenntnis braucht der Text eigentlich gar nicht mehr.

Ich verschwimme mit ihnen, werde gesichtslos.
Auch sehr schön. Die Anonymität.

mit der alle um die Gunst des Wohnungsbesitzers kämpfen.
Rechtlich korrekt wären es die Wohnungseigentümer. (Später nochmal.) :klug:
Aber viele, wie hier der Makler, verwechseln das schon Mal. ;)

Mit dem letzten Absatz werde ich nicht richtig warm. Verstehe zwar was du ausdrücken willst, aber in meinen Augen funktioniert das nicht.

Sehr gerne gelesen.

Wünsche dir einen schönen Abend.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo RinaWu

hat mir gut gefallen, dein Bericht, deine Geschichte über die Frau, die nach einer Wohnung und einem Ausweg aus ihrer Verlorenheit sucht. Modern, urban.
Der Titel, na ja, kann man verstehen, kann aber alles mögliche bedeuten...

Ein paar Textstellen:

als würde er die Entfernung abmessen. Als er wieder zu mir aufsieht, grinst sein Mund, aber der Blick ist kalt.
wie sieht das aus, wenn ein Blick trotz grinsen kalt ist?

Ich fühle mich seitdem einfach nur taub. Haltlos.
mm, darin soll alles stecken? aber was meinst haltlos? ohne Geborgenheit?

Männerparfüms, die in der Nase brennen.
nettes Bild, aber solche Parfums, gibt es die wirklich, brennen die?

Die Wohnung ist furchtbar. Ich möchte wegrennen. Mich irgendwo auf eine Wiese legen und in den blauen Himmel schauen. Und doch ist das hier die einzige Möglichkeit, die ich im Moment habe.
der kursive Satz zerstört für mich die Stimmung, den brauchst du nicht...

Ich sollte wütend sein. Empört. Aber ich bin erleichtert.
ich glaube so funktioniert das Geschäftsmodell von Maklern, seit sie von Mietern offiziell keine Courtage mehr bekommen...

weist mir mit süffisantem Lächeln die Tür.
warum süffisant?

Max hat ein Loch in meinen Bauch gerissen.
toller Schlusssatz, was folgt überzeugt mich irgendwie nicht, müsste stärker sein... wenn er sie auslachen würde, dasselbe Grinsen wie der Makler hätte?

liebe Grüße
Isegrims

 

Hallo RinaWu,

auf mich wirkt der Text ein bisschen unentschieden, so als hättest du mehrere Sachen darin unterbringen wollen, die nicht recht zusammenpassen oder denen man zumindest in der Kürze nicht allen gerecht werden kann. Ich habe irgendwo (kann sogar hier im Forum gewesen sein, ich weiß es nicht mehr) gelesen, man sollte seine Geschichte - egal ob KG oder Roman - in einem Satz zusammenfassen können. Natürlich so, dass das Wesentliche in diesem Satz auch drinsteckt, also in diesem Fall nicht bloß "Frau besichtigt Wohnung". Was wäre deine Zusammenfassung?

Du schreibst in einem Komm, du wolltest das Gefühl der Haltlosigkeit (ist ja auch der Titel) oder Verlorenheit in der Großstadt ausdrücken. Dafür verwendest du aber nach meinem Gefühl einen zu hohen Anteil des Textes auf das Innere des Hauses bzw. der Wohnung. Diese Wohnung wirkt auf mich eng, bedrückend, zerquetschend. Das ist fast das genaue Gegenteil von der haltlosen Weite, die ich in der Großstadt empfinde und in der man sich so leicht verlieren, verlaufen, verirren kann. Gerade auch auf der Gefühlsebene ist das ein Gegensatz: Agoraphobie versus Klaustrophobie. (Wer beide Ängste hat, ist natürlich ganz schön gekniffen ... :shy:)

Dann ist da die Beziehungsebene. Dort gibt es natürlich eine zweite Facette von Haltlosigkeit, die du sicher auch darstellen wolltest. Das kriegt aber zunächst nur einen relativ kurzen zweiten Abschnitt deines Textes (und muss sich den auch noch mit dem Aspekt der Verlorenheit in der Großstadt teilen), so dass ich es zunächst nicht als so wichtig ansehe, eher als kleinen Exkurs zur Vorgeschichte der Wohnungssuche. Als du es dann zum Schluss wieder aufgreifst, verwirrt mich das zuerst (Ups, ist das doch wichtiger?), und dann gehöre ich dummerweise auch noch zu denen, die das Lächeln von Max nicht so ganz deuten können. (Nur eine Erinnerung? Bedauern? Hoffnung auf Verzeihen und Versöhnung? Abschied im Guten? Ermunterung? Hohn?) Ein bisschen Mehrdeutigkeit mag ich ja ganz gerne, aber ich bin nicht sicher, ob es auch deine Absicht war, das so unbestimmt zu lassen.

Last, not least, wolltest du die Auswüchse des Wohnungsmarktes in der Großstadt darstellen. Das ist natürlich am leichtesten zu erkennen und sehr gut beschrieben, auch in seiner Wirkung auf Klara. Die anderen Punkte sind - damit da keine Missverständnisse aufkommen - ebenso gut beschrieben, tolle Erzählsprache und alles ... da wird mir nur eben die Gewichtung nicht klar, und manche Dinge finden einfach nicht genug Raum. Also: Ich würde die Zielsetzung des Textes aufräumen wollen.

Der unvermeidliche Textkram:

Max sagte immer, mitten in der Stadt zu wohnen sei das Beste.
Ich würde kein zusätzliches Komma setzen, wg. Verschränkung mit dem übergeordneten Satz (Duden, Regel 117). Bin aber auch nicht sicher.

Er hat so laut gebrüllt, unter uns gingen schon die Haustüren auf.
Sind das nicht eher die Wohnungstüren im selben Haus? Du beziehst dich ja im Folgesatz auch auf quietschende Geräusche, die wohl nicht bis in andere Häuser dringen.

Ich fühle mich seitdem einfach nur taub. Haltlos.
Ich hätte gesagt, haltlos war sie vorher schon, als sie sich durch den Trubel der Großstadt treiben ließ. Aber das ist ja eine Ich-Erzählerin, die ist wohl nicht ganz zuverlässig. Vielleicht merkt sie es einfach erst jetzt.

Er riecht nach einem dieser Männerparfüms, die in der Nase brennen.
Kenn ich - eklig! ;)

Darunter liegt ein Hauch Schweiß.
Schweiß hattest du in der Einsteigsszene schon, das kam mir hier ein bisschen wie eine Wiederholung vor (auch wenn du hier erstmals auf den Geruch abzielst). Vielleicht funktioniert ja auch ein anderes Aroma, das ein bisschen überraschender ist. Keine Ahnung, was - Motoröl? Mottenkugeln? Mettbrötchen? Oder was anderes mit M? :D

Oben rechts in der Dusche wächst Schimmel.
So viel zu der gut funktionierenden Lüftung. Sehr schön!

Die Schränke waren einmal weiß, nun überzieht sie ein gelblicher Schleier.
Da hätte ich die zweite Satzhälfte glatt weggelassen. Ist aber wohl nur mein Geschmack und vielleicht der Grund, warum Leute in meinen Texten immer so einen Anflug von Ironie sehen ...

Ich denke wieder an den Schimmelfleck. Stelle mir vor, wie er wächst und die Wände der Wohnung schwarz färbt. Die Luft ist feucht, ich fahre mir mit der Hand über die Stirn. Es ist zu düster hier, zu klein. Das Zimmer erinnert mich an eine Höhle.
Eine schöne Beschreibung. Aber verstehst du, warum ich das schwer mit Haltlosigkeit überein kriege? Klingt für mich nach einem Zuviel an Halt, eher nach einer unangenehmen Umklammerung.

Da fällt mir ein, dass du natürlich auch genau mit diesem Gegensatz arbeiten könntest. Dass Klara das eine gegen das andere tauschen möchte oder dass sie mit beidem nicht klarkommt oder irgendwas. Natürlich entsprechend subtil. Nur so als Idee.

Ich fühle mich schlecht, irgendwie zurückgewiesen.
Da würde ich das "irgendwie" ersatzlos streichen.

Warm kostet die Wohnung sechshundert Euro, dazu kommt ein Stellplatz für fünfzig Euro.“
Was für ein Preis! Ist das bei euch wirklich so, oder übertreibst du hier? Ich weiß ja nicht, wo du wohnst, aber ich dachte immer, unsere Stadt sei teuer ...

„Nennen wir es doch einen kleinen Bonus für mich, damit ich die Besitzerin von Ihnen überzeuge.“
Und nachdem Klara eingezogen ist, sollte sie den Arsch beim Gewerbeaufsichtsamt (oder wer immer dafür zuständig ist) melden. Den Zettel gut aufheben! :mad:

Enorm viele Facetten in so einem kurzen Text ... gern gelesen!

Grüße vom Holg ...

 

Hallo,

auch mir hat die Geschichte gut gefallen.

In den Kommentaren habe ich oft Anmerkungen zum Letzten Absatz gesehen, daher habe ich mir den letzten Absatz nochmal mit etwas Abstand durchgelesen. Und ich muss sagen: Er "passt" für mich: Es ist der (Wunsch)Traum der Sehnsucht nach dem Verlorenen.
Und ich finde es gut, dass auch der letzte Absatz so kompakt ist.
Von daher: ich finde auch den letzten Absatz gut :)

Gruß
Pantoholli

 

Liebe RinaWu,

wie alle festgestellt haben, ist die falsche Spur gut gelegt. Auch so harmlose Gemüter wie ich würden von einem schmierigen Kerl nichts anderes erwarten. Zeitgeist, Sex thrills. Ich behaupte sogar, der eine oder andere Leser (Leserin) ist ein wenig enttäuscht, dass es "nur" um Abzocke geht.

Ich denke mal, deine Prota, von ihrem Exfreund als Schlampe klassifiziert, ist darauf fokussiert, von allen Männern in diese Kategorie eingeordnet zu werden. Unter diesem Aspekt verstehe ich den Schluss als Moment der schmerzhaften Erkenntnis, dass ihre Sicherheit (mit dem Exfreund) verloren ist und die reale Welt aktuell keinen wirklichen Halt bietet. Max lächelt wie Mona Lisa, jeder Leser darf sich raussuchen, was er braucht.

Gut finde ich die Verknüpfung von aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und einer kleinen Charakterstudie über moderne junge Frauen.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo @maria.merhaba,

ach Mary, ja, an dich hab ich auch gedacht. Aber nicht nur, bei Jimmys neuer Geschichte gibt's was Ähnliches. Und warum auch nicht? Ist ja nur eine Feststellung, keine Kritik;)

Gruß wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Kommentare! Aber von vorne:


Hallo Chutney,

obwohl Kritik natürlich immer weiterbringt und die Geschichte wachsen lässt, ist es doch auch schön, wenn jemand meinen Text genauso versteht, wie ich mich beim Schreiben gefühlt habe. Das hat mich an deinem Kommentar echt geflasht.

Die Stelle wo du die Vorgeschichte beschreibst ist mir persönlich dann fast etwas zu viel "tell", besonders nach dem tollen Einstieg.
Okay, das verstehe ich. Das schaue ich mir noch einmal an.

Das würde mir vielleicht schon reichen als Andeutungen.
Guter Tipp, danke. Ich habe den Satz mit dem Druck und Maja nun so geschrieben: Und dann ist doch noch Maja. Ihr Blick, während sie sich morgens Kaffee macht und ich mein Bettzeug von ihrem Sofa räume, er wird unruhig. Sie versucht die Ungeduld wegzulächeln, aber ich kann sie sehen.

Und hierfür könnte ich dich knutschen :kuss:

Andererseits glaube ich schon zu verstehen, was du ausdrücken willst. Die Ernüchterung nach dem Rausch, die Haltlosigkeit in ihr während der Beziehung und danach. Auch so etwas wie Reue. All das macht sie gefährdeter. Sie wirkt ja wie betäubt.

Das Ende gefällt mir, wie ein Nachklang des Rauschs, der sie in diese Situation gebracht hat, eine Halluzination in dieser Verlorenheit.


Ja! Es ist toll zu lesen, wie du es gelesen hast.
Liebe Grüße

Hallo Kanji,

danke auch dir für deine Worte. Es freut mich, dass dir meine Art, Dinge zu betrachten und zu beschreiben, gefällt. Und es stimmt, ich muss nochmal genau überlegen, wie ich meine Protagonistin noch durch Kleinigkeiten greifbarer machen könnte. Ihre Stimmung, ihre Verlorenheit. Klar, man selbst weiß ja immer, was man ausdrücken will, aber man muss das dann auch gut ausdrücken.

Frag nicht, der Wohnungsmarkt in München ist eine echte Katastrophe. Da fragt man sich, ob passable Wohnungen nun eigentlich nur noch für Reiche da sind :confused:

Liebe Grüße!

Mein lieber Friedel,

schön von dir zu lesen!

Warum sollte oder dürfte die Geschichte nicht eben doch wie eine Utopie des Wiederfindens und Zusammenraufens enden?
Sie dürfte schon. Auf jeden Fall. Aber ich hätte dann die Befürchtung, dass diese Grundstimmung, die ich ausdrücken will, dann verloren gehen würde.

Hohn, so etwas wie ein Menschenrecht auf ein Girokonto zu deklarieren und das Recht auf ordentliche Wohnung als Teil des richtigen Lebens zu verweigern und Maklergebühren zu regulieren und der Korruption die Türe zu öffnen.
Ja, das stimmt. Ich frage mich halt mittlerweile, wie lange sich das noch weiter so hochschrauben wird. Erst gestern habe ich eine Wohnungsanzeige gesehen, knapp 60qm für 1.050 Euro KALT. Wer bezahlt denn sowas??? Unglaublich ...

Den Buchstabenkleinkram habe ich korrigiert, danke dir! Irgendein Höflichkeits-"Sie" entgeht mir immer :Pfeif:

Hab einen schönen Tag!

Lieber GoMusic,

danke dir für deine wie immer wertvollen Hinweise.

„vor die Tür“ und „um die Ecke“ finde ich schon ausreichend genug, da braucht es kein „kurze Wege“.
Stimmt. Habe die "kurzen Wege" gestrichen.

Und natürlich gehen die "Wohnungstüren" auf, nicht die "Haustüren" :shy:

Diese Erkenntnis braucht der Text eigentlich gar nicht mehr.
Auch da hast du recht. Ich habe den Satz "Die Wohnung ist furchtbar" gestrichen.

Den WohnungsEIGENTÜMER habe ich nun eingefügt, das soll schon alles seine Ordnung haben :D

Mit dem letzten Absatz werde ich nicht richtig warm. Verstehe zwar was du ausdrücken willst, aber in meinen Augen funktioniert das nicht.
Es ist verrückt. Bei manchen stößt der Absatz auf totales Unverständnis, bei anderen wirkt er genau so, wie er wirken soll. Aber das finde ich irgendwie gut.

Lieben Dank und viele Grüße!

Halli Hallo Isegrims,

wie sieht das aus, wenn ein Blick trotz grinsen kalt ist?
Wenn man nicht mit den Augen lacht. Noch nie gesehen? Achte mal drauf. Ganz furchtbar ... Aber ich habe diesen Satz geändert in: Nach ein paar Sekunden sieht er wieder zu mir auf. Sein schiefes Grinsen wirkt aufgemalt. Auch um den "als"-Doppler zu umgehen. Danke für deine aufmerksamen Augen!

nettes Bild, aber solche Parfums, gibt es die wirklich, brennen die?
Ja, klar! Das sind diese scharfen Düfte, die ohne Vorwarnung in deine Nase kriechen und dort richtig beißen und brennen.

ich glaube so funktioniert das Geschäftsmodell von Maklern, seit sie von Mietern offiziell keine Courtage mehr bekommen...
Das machen in München in der Tat auch irgendwelche Hansels, die hobbymäßig Wohnungen vermitteln. Und wenn du sie dann nimmst, sollst du an sie einen gewissen Vermittlungsbetrag zahlen.

warum süffisant?
Weil er zufrieden ist mit sich. Vielleicht sogar ein wenig auf sie herabschaut. Die Macht genießt, die er in diesem Moment hat.

Zum Schluss dazu noch etwas:

mm, darin soll alles stecken? aber was meint haltlos? ohne Geborgenheit?
Haltlos heißt für mich so vieles. Ja, unter anderem auch: ohne Geborgenheit. Vielleicht aber auch Geborgenheit verweigernd. Zahllose Möglichkeiten genießend, aber auch unter ihnen leidend. Nicht zu wissen, was man will. Ständig getrieben sein von einer inneren Unruhe. Entscheidungen treffen müssen, ohne sie wirklich zu wollen. Da schwirrt mir ganz ganz viel zu diesem einen Wort im Kopf herum.

Liebe Grüße an dich und vielen Dank!

Und damit zu dir, lieber Holg,

womit wir gleich bei deiner Kritik landen, dass auf dich der Text ein bisschen unentschieden wirkt. Das kann ich verstehen. Und es liegt mit Sicherheit daran, dass mir bei den wenigen Worten, die ich benutze, so viele Gefühle und Stimmungen durch den Kopf gingen. Dass man da nicht allen Nuancen gerecht wird, kann ich auf jeden Fall annehmen, das ist berechtigt. Ich würde die Geschichte so zusammenfassen: "Verlorene Seele im Kampf mit der Großstadt". Ist kein Satz, da fehlt ein Verb :hmm: Aber ich hoffe, du lässt es durchgehen.

Diese Wohnung wirkt auf mich eng, bedrückend, zerquetschend. Das ist fast das genaue Gegenteil von der haltlosen Weite, die ich in der Großstadt empfinde und in der man sich so leicht verlieren, verlaufen, verirren kann.
Stimmt. Es ist irgendwie ein Gegenpol dazu. Unbeabsichtigt in der Tat. Mein Gedanke war, dass sie sich hier für etwas entscheiden MUSS, das sie gar nicht möchte. Die Wohnung ist schlimm, aber sie will auch ihrer Freundin nicht mehr zur Last fallen. Sie fühlt sich nicht wohl, soll darin aber ihr Zuhause aufbauen. Sie darf den Makler nicht verärgern, obwohl sie ihn abstoßend findet. Das sollte dieses beklemmende Gefühl beschreiben, dieses "ich will nicht - aber ich muss - muss ich wirklich - was will ich?"

Du hast schon recht, ich reiße hier diverse Facetten der Haltlosigkeit an. Das wollte ich aber auch. Und da ist eine gewisse Tiefe zugunsten einer bestimmten Stimmung auf der Strecke geblieben. Ob ich ihre Vorgeschichte komplett streichen sollte? Dann wäre mir der Text aber fast zu banal, also nur die Besichtigung beschreibend. Es war mir alles irgendwie wichtig.

Dann das Ende.

Ein bisschen Mehrdeutigkeit mag ich ja ganz gerne, aber ich bin nicht sicher, ob es auch deine Absicht war, das so unbestimmt zu lassen.
Ich wollte da schon mehrere Deutungen zulassen. Für mich persönlich ist es ein Nachsinnen. Eine Erinnerung an einen Anker in ihrem Leben, den sie nicht erkannt hat (oder nicht erkennen wollte). Reue.

Die Textarbeit: Die Wohnungstüren habe ich verbessert, das hatte GoMusic auch schon bemerkt. Ich Schussel!

Schweiß hattest du in der Einsteigsszene schon, das kam mir hier ein bisschen wie eine Wiederholung vor (auch wenn du hier erstmals auf den Geruch abzielst). Vielleicht funktioniert ja auch ein anderes Aroma, das ein bisschen überraschender ist. Keine Ahnung, was - Motoröl? Mottenkugeln? Mettbrötchen? Oder was anderes mit M?
Ich habe ein Wort mit B genommen. Bratfett. Ranzig. Das erschien mir passend. :D

Da fällt mir ein, dass du natürlich auch genau mit diesem Gegensatz arbeiten könntest. Dass Klara das eine gegen das andere tauschen möchte oder dass sie mit beidem nicht klarkommt oder irgendwas.
In meiner Vorstellung kommt sie mit beidem nicht klar.

Da würde ich das "irgendwie" ersatzlos streichen.
Jawohl, gestrichen!

Was für ein Preis! Ist das bei euch wirklich so, oder übertreibst du hier? Ich weiß ja nicht, wo du wohnst, aber ich dachte immer, unsere Stadt sei teuer ...
Ich übertreibe leider nicht. Meine Freundin ist single und wohnt momentan für fast tausend Euro in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung. 1-Zimmer-Apartments starten bei 500 und gehen rauf bis 900. Es ist wirklich Wahnsinn, was hier gerade abgeht.

Holg, ich danke dir für deine vielen Überlegungen zu meinem Text. Es ist mir immer wieder ein Fest!

Liebe Maria,

Und auch ich, die perverse, kleine Maria war sich sicher, dass da irgendetwas Perverses stand :3 Und du hast ihre Verzweiflung so gut beschrieben, dass ich mir sicher bin, hätte er geschrieben 500 + Oral, ich bin mir sicher, sie hätte ihm nicht eine geknallt und ihn beschimpft, sondern sie hätte sich darüber wirklich Gedanken gemacht, das Pro und Kontra abgewogen und vielleicht auch noch verhandelt

Ich mag ja deine direkte Art total. Ja, ich bin mir nicht sicher, wie meine Protagonistin reagiert hätte. Will ich lieber nicht drüber nachdenken ... Maria, ich freue mich, dass du Spaß hattest beim Lesen! Es ist natürlich kein Meisterwerk, aber wenn es Emotionen ausgelöst hat, dann bin ich zufrieden.

Zum letzten Absatz habe ich weiter oben schon geschrieben, wie ich das sehe. Jeder fühlt da aber sicher was anderes ...

Ich wünsch dir einen tollen Tag und schick dir viele Grüße
RinaWu

Jetzt habe ich gesehen, dass noch mehr Kommentare eingetroffen sind. Also weiter geht's, ich freu mich!

Hallo pantoholli,

In den Kommentaren habe ich oft Anmerkungen zum Letzten Absatz gesehen, daher habe ich mir den letzten Absatz nochmal mit etwas Abstand durchgelesen. Und ich muss sagen: Er "passt" für mich: Es ist der (Wunsch)Traum der Sehnsucht nach dem Verlorenen.
Wie ich oben schon geschrieben habe, es ist mal wieder so interessant zu sehen, wie unterschiedlich dieser letzte Absatz aufgefasst wird. Danke für deine Worte hierzu. Das bestärkt mich nur noch mehr darin, ihn so stehen zu lassen.

Liebe Grüße an dich!

Liebe wieselmaus,

danke auch für deine Überlegungen. Ja, lustigerweise hat sich die falsche Fährte so unter'm Schreiben entwickelt. Im ersten Ansatz sah ich ihn wirklich vor mir, wie er ihr ein unmoralisches Angebot macht. Dann dachte ich mir plötzlich, neee, muss das wirklich so extrem enden? Und dann kam mir der Gedanke, diese kleine falsche Fährte zu legen.

Unter diesem Aspekt verstehe ich den Schluss als Moment der schmerzhaften Erkenntnis, dass ihre Sicherheit (mit dem Exfreund) verloren ist und die reale Welt aktuell keinen wirklichen Halt bietet.
Ja, für mich ist dieser Moment für sie auch schmerzhaft. Bittersüß. Da kommt was Neues, das kann gut werden, macht aber auch Angst. Und gleichzeitig realisiert sie, dass sie vielleicht unter den vielen Möglichkeiten eine entscheidende übersehen hat.

Max lächelt wie Mona Lisa, jeder Leser darf sich raussuchen, was er braucht.
Ein toller Vergleich!

Es freut mich sehr, wie du die Geschichte gelesen hast. Vielen Dank!
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hola RinaWu,

Deine neue Geschichte habe ich mit Interesse gelesen, nicht zuletzt deshalb, weil mir diese (selbst erlebte) Scheiß-Situation – obwohl sie ewig lang zurückliegt – immer noch in Erinnerung ist.

Zuvörderst mein Gemecker, Dessert folgt.
Der Makler wird von Dir so skizziert:

Als er meine Hand drückt, um sich vorzustellen, zieht er mich zu sich heran.
Das ist eklig. Da hab ich als Leser schon die Nasi gestrichen voll von diesem Heini.
Dann allerdings summieren sich dessen Besonderheiten:
... Schweißfilm, der glänzend sein Gesicht überzieht.
Er grinst mich an.
Seine Augen sind glasig, der Blick unangenehm.
klebrigen Begrüßung
Sein schiefes Grinsen wirkt aufgemalt.
Er riecht nach einem dieser Männerparfüms, die in der Nase brennen.
Darunter liegt noch etwas anderes. Etwas Ranziges, wie altes Bratfett.
Er lacht. Rauchig und grunzend.
Sein Atem riecht säuerlich nach Kaffee.
Das ist eine ganze Menge und ich erlaube mir die Frage: Ist das nicht ein bisschen viel Dickes? Klischee eines Maklers; nun ja, unangenehme Typen gibt’s in jedem Berufsstand.

Auch mit Katrin komme ich nicht ganz zurecht. Sie wohnt mit Max in der turbulenten Stadt, kann aber nicht genug kriegen von all dem süßen Leben:

Ich wollte mehr.
Ruhelos zog ich durch Clubs, ...
Ist sie so doof, anzunehmen, dass Max da tatenlos zuschaut und sich freut, wenn sie wieder nach Hause kommt?
Dann aber, nach dem Rauswurf, als ihr keiner mehr auf die Finger schaut, sucht sie die Ruhe:
Immerhin ist es ruhig.

Ein paar Winzigkeiten noch am Rande:
Oben rechts in der Dusche wächst Schimmel.
Das Fette ist mMn unnötig, tut nichts zur Sache.
Links an der Wand ...
dto.
Süßes:
Wirklich professionell geschrieben wirkt Deine Geschichte auf mich, fließend, gut im Zug.
Das Thema ist brandheiß – und leidig. Was nützen uns zwanzig Sorten Fruchtjoghurt in den Regalen, wenn wir horrende Mieten zahlen müssen? Und die entwürdigende Situation hast Du auch sehr gut beschrieben. Ist es off-topic, wenn mir einfällt, dass damals Zehntausende Wohnungen der Neuen Heimat für eine Mark an einen dubiosen Brotfabrikanten verkauft wurden?
Liebe RinaWu, für mich unterm Strich eine gelungene Geschichte, die die (meisten) Leser sicherlich emotional pickst. Außerdem gehöre ich zu den Lesern, die den Schluss für gewagt, aber gelungen halten.
Alles Gute und schöne Grüße!
Jose

 

Hola José,

schön, von dir zu lesen!

Ich wohne jetzt seit fast zehn Jahren in München und habe auch schon einige unangenehme Situationen hinter mir, was die Wohnungssuche betrifft. Vom unsinnigen Massensammeltermin bis hin zu Vermietern, die am besten gleich deine Memoiren lesen möchten, um zu wissen, ob du auch WIRKLICH der richtige Mieter für sie bist, war alles dabei. Man hat das Gefühl, man muss sich komplett nackig machen, um überhaupt mal zum Termin eingeladen zu werden. Was mich dann immer zusätzlich ärgert, ist das "wir" Mieter in dieser Stadt oft nicht zusammenhalten. Da werden dann lächerlich hohe Ablösen für auseinanderfallende Küchen verlangt, die noch nicht einmal selbst eingebaut wurden, sondern vor fünf Jahren selbst abgelöst wurden. Nur um selbst noch ein bisschen Profit zu machen. Sowas finde ich richtig übel. Da gab es auch schon unschöne Diskussionen bei Besichtigungsterminen, weil ich da schwer mit meiner Meinung hinterm Berg halten kann. ABER man hat auch noch gute Vermieter hier, unsere derzeitige ist ein herzensguter Mensch! Muss man ja auch mal erwähnen!

Zum Makler:

Das ist eine ganze Menge und ich erlaube mir die Frage: Ist das nicht ein bisschen viel Dickes?
Ja, das stimmt. Da habe ich wohl ganz schön tief in die Ekelkiste gegriffen, was? Das gehe ich nochmal im Detail durch. Ich war wohl so damit beschäftigt, ihn beklemmend und ätzend wirken zu lassen, dass ich es eventuell ein wenig übertrieben habe ...

Klara macht sich anfangs schlichtweg keine Gedanken. Sie schwimmt so hin und her, hat zwar eine Beziehung und ist auch irgendwie verliebt, aber Verantwortung übernehmen will sie nicht. Da gibt es ja noch so viel mehr. Und nein, ich glaube nicht, dass sie annimmt, Max nehme das einfach so hin. Sie ist wie ein kleines Kind, das seine Grenzen austestet, bis es eins auf den Deckel kriegt und sich danach verwirrt umschaut. Erst dann realisiert, dass da vielleicht was schief gelaufen ist in der Vergangenheit. Und das mit der Ruhe ... Rechtfertigt sie die Lage damit vielleicht nur für sich selbst. So nach dem Motto, schön ist anders, aber immerhin kann ich dann gut schlafen. Sie sucht nach Rechtfertigungen, nach Dingen, die ihre jetzige Situation nicht so unangenehm machen. Ob sie die Ruhe wirklich sucht oder sich das nur einredet, das weiß ich selbst nicht genau.

"Oben rechts" und "links" habe ich gestrichen, das braucht es wirklich nicht.

Über die Süßigkeiten freue ich mich sehr. Vielen Dank! Ich nasch noch 'ne Runde davon :shy:

Liebe Grüße
RinaWu

 

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