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Schattenfinger

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21.12.2015
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Schattenfinger

Es ist immer das Gleiche, dachte Oma Almuth und verkniff sich das Grinsen. Magnus, ihr Sohn, stellte den Motor wieder ab und drehte sich nach hinten. Die Zwillinge saßen angegurtet und mit Nackenkissen geschützt auf den Rücksitzen. Jeder hatte einen Fensterplatz mit genügend Abstand zum anderen. Ellenbogen- und Beinfreiheit waren oberstes Gebot bei einer längeren Nachtfahrt. Auf dem mittleren Sitzplatz lagen ihre Rucksäcke, vollgestopft mit Büchern, Spielkram, dem Bären Kalle und dem Fuchs Lasse. Sie hatten die Rucksäcke selbst gepackt. Ihre Kuscheldecken lagen griffbereit im Kofferraum. Almuth steckte den Kindern noch zwei Packungen Gummibärchen durchs Seitenfenster zu.
"Nicht alles auf einmal", ermahnte sie, "lasst noch was für die Rückfahrt übrig."
„Alles klar bei euch? Muss noch einer aufs Klo? Jetzt wär die letzte Gelegenheit.“
Magnus richtete erneut die Rückspiegel, trommelte aufs Lenkrad und überprüfte noch einmal die Daten auf dem Navi.
„Ich muss“, sagte Daniel, zerrte am Sicherheitsgurt und stieg aus.
„Ich muss auch“, echote Simon und spurtete hinter seinem Bruder her.
„Sagt eurer Mutter, wenn sie nicht in sieben Minuten im Auto sitzt, fahren wir ohne sie los.“
Almuth schaute auf die Uhr.
„Wolltet ihr nicht schon an der Grenze sein? Hoffentlich gibt es keine Staus. Peter hat mir erzählt, dass die Kontrollen zur Zeit ziemlich gründlich sind. Vielleicht müsst ihr doch in zwei Etappen fahren. Macht doch einen Zwischenstopp in ...“
„Mama! Keine Ratschläge, bitte. Wir ziehen das jetzt durch. Auf dem Campingplatz kann man auch nachts ankommen.“
Magnus drückte zweimal auf die Hupe.
„Hör mal, Sohn. Auf was muss ich denn diesmal achten? Habt ihr mir den Briefkastenschlüssel rausgelegt?“
„Alles geregelt, Mama. Wenn es Sturm gibt, musst du die Jalousien hochziehen.“
„Weiß ich. Blumen gießen, den Rasen sprengen, Spülmaschine öffnen. Außerdem gibt es ja Telefon. Ihr gebt mir doch Bescheid, wenn ihr angekommen seid? Egal, wie spät es ist.“
„Klar, Mama. Verdammt, wo bleiben die nur?“
Endlich saßen alle im Wagen. Die Buben hatten sich zum dritten Mal von der Oma drücken lassen, Regina hauchte ihrer Schwiegermutter ein „Danke, Oma“ ins Ohr, dann rollte der Van auf die Straße. Almuth winkte, bis das Auto abbog. Endlich! Jetzt war eine Tasse Ingwertee genau das Richtige.

Kurz vor der Tagesschau machte Almuth ihre erste Runde durch das große Haus. Im Keller brannte Licht. Damit hatte sie gerechnet. Das kam öfter vor, weil die Kinder im großen Waschraum Tischtennis spielten. Hinter der Dartscheibe befand sich der Safe, in der Wand eingemauert. Darin lag der Familienschmuck aus vier Generationen. Früher hatten sie ihn im Sofa versteckt, bis Reginas Mutter dringend den Einbau eines Safes empfohlen hatte. Was sich noch darin befand, wusste Almuth nicht. Wahrscheinlich wichtige Dokumente. Vielleicht etwas Bargeld. Sie hätte nachschauen können, denn seit einiger Zeit hatte sie einen Zettel mit dem Code im Schreibtisch liegen.
„Wir wollen, dass du die Zahlen im Ernstfall rausgeben kannst. Nicht, dass du die Heldin spielst.“
„Aber wozu braucht ihr dann den Safe?“
„Es könnte ja mal eingebrochen werden, wenn keiner im Haus ist. Sicher ist sicher.“
Almuth mochte sich ein Vis-à-Vis mit einem Einbrecher nicht vorstellen. Wozu sich die Zahlen merken? Im Ernstfall würde sie vor Schreck sowieso alles durcheinanderbringen. Ihr Gedächtnis ließ sie manchmal im Stich, außerdem waren Namen und Zahlen noch nie ihre Stärke gewesen.
Am Chambrair, dem Allerheiligsten in diesem Haus, klebte ein Zettel: Bitte ungestört lassen! Es gab noch weitere, offene Weinregale. Almuth nahm sich eine Flasche Spätburgunder vom Kaiserstuhl heraus. Nicht, dass sie die auf einen Schlag austrinken wollte, sie musste vorsichtig sein. Aber so ein Schlückchen vor dem Schlafengehen … Den Rest konnte sie ja zum Kochen verwenden.
In die beiden Kinderzimmer warf sie nur einen kurzen Blick. Da würde sie nichts anrühren, obwohl es sie in den Fingern juckte. Das wäre gegen die Absprachen. Die Kinder sollten selber Ordnung schaffen, auch wenn es bisher immer im Chaos endete.
In der Küchenzeile öffnete sie die Tür der Spülmaschine. Die konnte sie ausräumen, wenn die Blumentöpfe fällig waren. Jetzt wollte sie in ihrer eigenen kleinen Wohnung im Anbau einen Happen essen und dann in Ruhe fernsehen, Donna Leons Venedigkrimi mit dem smarten Commissario und dem eitlen Vice-Questore. Es war die dritte Wiederholung von Acqua alta, ihrem Lieblingsfilm. Er weckte jedesmal wehmütige Erinnerungen. Genau so ein Hochwasser hatte sie in der Lagunenstadt zweimal auf der Hochzeitsreise erlebt, mit Hans (eine Woche) und mit Achim (drei Tage). Ach ja, lange her. Sie war schon eine Weile nicht mehr verreist. Am liebsten fuhr sie mit der Bahn. Fliegen war gar nichts für sie. Zu aufregend.

Nach dem Film zappte sie noch eine Weile hin und her. Bloß keine Talkshow, vielleicht Sport? Lieber eine Satiresendung. Aber sie fand nichts Passendes. Da konnte sie ihre neuen Hörgeräte ins Etui zurücklegen, so richtig hatte sie sich ohnehin noch nicht daran gewöhnt. Geräusche, vor allem, wenn sie plötzlich auftraten, ließen sie zusammenzucken und das Adrenalin hochschießen.
„Brauchst du die wirklich, Oma? Darf ich mal probieren?... Sind die winzig! Mann, die fallen ja gar nicht auf.“ Die Zwillinge waren technisch sehr interessiert. Beide wollten später gemeinsam auf einem Raumschiff anheuern.
„Eure Oma will schon noch mitkriegen, was um sie herum passiert. Aber sie wird halt alt.“ Prompt kam Widerspruch.
„Ach Oma, du doch nicht, du wirst bestimmt hundert, und dann schicken wir dir eine SMS von der Voyager. Bestimmt kannst du dann noch lesen. Du hast ja auch schon eine Brille.“

Almuth war müde und unruhig zugleich. Das selbstverordnete Quantum Schlummertrunk hatte sie schon geringfügig überschritten. Einige Male meinte sie, ein Klopfen in dem Raum über ihrem Wohnzimmer zu hören. Aber dann waren es nur die Glyzinienschoten, die oben gegen die Fensterscheiben schlugen. Irgendwann musste doch der Anruf aus Frankreich kommen! Sie verbot sich, an einen Unfall zu denken. Und sie wusste aus Erfahrung, dass ein sofortiger Anruf nicht auf der Dringlichkeitsliste ihres Sohnes stand.
„Keine Nachrichten sind gute Nachrichten“, pflegte er zu sagen, „lass uns doch erst ankommen.“
Regina könnte sich ja auch melden, die weiß doch, wie wichtig es mir ist. Oder bin ich überängstlich? Und wenn ich sie auf ihrem Handy anrufe? Nee, dann kriegen sie bloß einen Schreck.
Sie wusste, wie wichtig der Urlaub für Magnus war. Er brauchte dringend Abstand von seinem Büro. Aber Vorträge über Entschleunigung konnte er von seiner Mutter überhaupt nicht vertragen. Und schon gar nicht, wenn er ihre Sorge um seinen Gesundheitszustand heraushörte.

Durch die weit geöffnete Tür zur Terrasse wehte eine kühle Brise ins Zimmer. Am Nachthimmel stand ein Mond, dem nur wenige Tage zur vollen Größe fehlten. Almuth hatte schon gegen Abend das Außenlicht eingeschaltet. Sie hoffte, das würde Einbrecher abschrecken. Jetzt verwandelte das Licht die weiße Wand hinter dem dunklen Fernsehschirm in eine Kinoleinwand.
Als sie aufstand, sich dehnte und die Arme bedächtig nach oben und zur Seite streckte, erschien auf der Wand ein schmaler, in die Länge gezogener Schatten. Er hob und senkte die Arme genau wie sie, im gleichen Rhythmus. Auch die Beugung nach der Seite kopierte er. Allerdings schien er weiter auszuholen, und die Hände zeigten sich mal spinnenartig, dann wieder klumpig, je nach dem Winkel, zu dem sie zur Zimmerwand stand.
Seit Almuths Arzt festgestellt hatte, dass sie mit dem WPW-Syndrom „gesegnet“ war, achtete sie auf kontrollierte Bewegungen, um ein plötzliches Herzrasen zu vermeiden. So ein Anfall war unangenehm und anstrengend, auch wenn nach spätestens zwanzig Minuten das Herz genauso plötzlich in seinen normalen Rhythmus zurückfand. Meistens war alles harmlos. Magnus und Regina wussten nichts von dieser Krankheit. Almuth hatte die wenigen Anfälle seit ihrem Einzug ins Haus geschickt verschleiert. Ein Schluck kaltes Wasser konnte das Herzrasen stoppen. Sie könnte sich auch operieren lassen, ihr Arzt hatte es ihr dringend angeraten. Einmal, als sie ganz allein in Rom umherlief, war sie auf der Straße zusammengebrochen und mit Blaulicht in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Ein Arzt, der zum Glück etwas Deutsch sprach, verpasste ihr eine Spritze und ließ sie einen Nachmittag lang auf einer Liege im Flur beobachten. Sehr ärgerlich, weil sie ja ganz genau wusste, dass es nur blinder Alarm war.

Der Schatten an der Wand erinnerte Almuth an ihre Kinderjahre. Da gehörten Schattenspiele zum Repertoire, wenn Freunde zum Übernachten eingeladen waren. Und Spiele, in denen es ums Gruseln ging. Alle setzten sich bei abgedunkelten Lampen (Kerzen waren verboten) im Kreis um den Erzähler:
„In einem dunklen, dunklen Wald,
da steht ein dunkles, dunkles Haus.
Und in dem dunklen, dunklen Haus,
da ist ein dunkles, dunkles Zimmer.
Und in dem dunklen, dunklen Zimmer,
da steht ein dunkler, dunkler Schrank.
Und in dem dunklen, dunklen Schrank,
da ist … … der TEUFEL!“

Egal, wie oft und in welcher Variante diese Geschichte geflüstert wurde, es gab immer welche, die bei „der Teufel“ aufschrien und kreischten, so dass sie nur durch eine Kanne Kakao beruhigt werden konnten.

Almuth setzte sich wieder. Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen. Ob sie noch mit den Händen Schattenfiguren fertigbringen würde? Darin war sie einmal sehr gut gewesen. Und damit könnte sie auch die Zwillinge überraschen, gerade dann, wenn die dunkle Jahreszeit begann. Morgen würde sie mal im Internet nachforschen. Bestimmt gab es dazu Bücher oder Filme.
Die Gans und der Wolf klappten auf Anhieb, bei der Schnecke musste sie erst herumprobieren, aber nach einer Weile sah die auch ganz echt aus.

Almuth vergaß die Zeit. Sie tauchte in ihre Kindheitserinnerungen und entdeckte immer neue Bruchstücke von Schattenfiguren, exotische Tiere, Blumensträuße, sogar menschliche Gestalten. Wenn sie die zum Laufen bringen könnte, wäre das perfektes Kino.
Am besten gleich ausprobieren.
Sie stand auf und trat einen Schritt zurück. Sofort erschien wieder ihr langer Schattenavatar. Sie setzte die Zeigefinger links und rechts vor die Stirn und drehte den Kopf langsam hin und her. Der Schatten bekam etwas Teuflisches. Super, es sah richtig gruselig aus. Sie machte zwei Wiegeschritte zur Seite und der Teufel tanzte mit. Nun erschien neben ihrem Schatten ein zweiter, deutlich größer und gedrungener. Wo kam denn der plötzlich her? Konnte etwa ein Schatten seinen eigenen Schatten produzieren? Interessanter Gedanke. Aber warum hatte der denn keine Hörner? Der Doppelgänger hatte einen Arm erhoben, der Lauf einer Pistole zielte ins Zimmer. Ein Einbrecher!
Almuth drehte sich abrupt um, sah einen Mann in der Tür stehen und ihr Herz fing an zu rasen.
„Was … was wollen Sie … verschwinden Sie, hauen Sie ab … " Sie musste nach Luft ringen, ihre Knie gaben nach und sie sank aufs Sofa.
Super-GAU, worst case, dachte sie, wenn man den Teufel an die Wand malt …
Beinahe hätte sie gelacht, wenn ihr Herz nicht so rasend schnell und immer lauter gepocht hätte.

„Um Gottes Willen, Frau Birmelin, habe ich Sie erschreckt?“
„Herr … Herr Schalck, Sie sind das. Warum schleichen Sie denn hintenrum durch den Garten? Sie hätten doch klingeln können ... O Gott, ich kann jetzt nicht reden … Bitte holen Sie mir ein Glas Wasser aus der Küche.“
Tatsächlich beruhigte sich der Herzschlag nach genau fünfzehn Minuten. Herr Schalck, der Nachbar, saß stumm wartend auf dem anderen Sofa.
„Nun?“
„Ich hab ja geklingelt, aber Sie haben anscheinend nichts gehört. Ihre Schwiegertochter ...“
„Ja, was ist mit ihr?“
„Also Ihre Schwiegertochter hat mich gebeten, ein Auge auf Sie zu haben, ich meine, auf das Haus. Sie wissen ja, in letzter Zeit, die Einbrüche ...“
„Ich verstehe nicht ganz. Haben Sie denn jemanden beobachtet?“
„Nein, nein. Aber wissen Sie, weil doch so lange das Terrassenlicht gebrannt hat … und das kam mir komisch vor, wo doch Ihre Familie heute Nachmittag losgefahren ist … Wenn Ihnen jetzt etwas zugestoßen wäre? Geht es Ihnen wieder besser?“
Almuth sah, wie sein Blick an der angebrochenen Rotweinflasche hängen blieb.
„Möchten Sie ein Glas, Herr Schalck? Ich muss leider passen. Im Moment wäre es nicht so günstig für mich.“

Es wurde noch eine fröhliche Stunde zu nachtschlafender Zeit, besonders, als Almuth nach der Pistole fragte.
„Was denn für eine Pistole?“
„Na die, mit der Sie hereingekommen sind. Ich hab sie doch in Ihrer Hand an der Wand gesehen!“
Herr Schalck begriff nicht gleich. Erst als sie die Situation nachstellten, kam heraus, dass eine Hand, die an eine Glastür klopft, im Schattenbild wie eine Pistole aussieht.
„Guter Trick“, sagte Herr Schalck aufgeräumt, „ich glaube, wir sollten in den nächsten Tagen diese Experimente fortsetzen.“

Und dann kam er, der erlösende Anruf, kurz und knapp.
„Alles gut bei dir, Oma?“
„Alles gut. Und bei euch?“
„Auch alles gut. Wir sind todmüde. Du hörst wieder von uns.“
Wenn ihr zurückkommt, habe ich bereits einen Operationstermin, den krieg ich ganz schnell, wenn ich will. Wird eine Überraschung für euch sein. Dann ist hoffentlich wirklich alles gut.

 

Liebe wieselmaus,

Ich noch mal. :)

Magnus wird als Almuths Sohn gleich im zweiten Satz vorgestellt.
Missverständnis ... Damit hatte ich keine Probleme.

Almuths Position geht aus dem Folgenden wohl eindeutig hervor. Oma steht neben dem Auto, um die Familie zu verabschieden.
Ich habe den ersten Absatz wiederholt und wiederholt gelesen und mal einige Stichworte aufgeschrieben:

Almuth denkt, verkneift sich ein Grinsen (= wo ist sie?). Magnus stellt Motor ab (= er sitzt eindeutig am Steuer des Autos), dreht sich nach hinten, wo die Zwillinge sind (= sie sitzen eindeutig im Fond). Dann kommt die Beschreibung Fensterplatz, Rucksäcke, Kuscheldecken im Kofferraum. Magnus fragt wegen Klo, richtet Innenspiegel usw.

Sorry, aber ich kann auch aus dem kompletten ersten Absatz immer noch nicht feststellen, dass Almuth neben dem Auto steht. Vielleicht habe ich auch noch nicht genug Kaffee getrunken … :kaffee:

Die Kuscheldecken sind von den Kindern selbst mit einem Griff zu erreichen, sogar während der Fahrt. Dazu müssten sie allerdings den Sicherheitsgurt lösen, was sie natürlich niemals, niemals tun würden.

Hast du Kinder? Das alles ist mehrfach erprobt und läuft immer nach demselben Schema ab.

Ja, mir sind diese Abläufe bestens bekannt. :)
Hatte ja nur die Sache mit dem nach hinten zum Kofferraum umdrehen angemerkt, was ich natürlich vermeiden würde :klug:

"Blumengießen" heißt Garten und Zimmerpflanzen. Ist so eine Art Idiolekt innerhalb der Familie.
Hehe. Kenne ich, solche Idiolekte :)

Das mit dem Umdrehen bei den Schattenspielen ist mir nach einem erneuten Lesen auch klarer geworden.

Hochzeitsreise ... weil man darauf nicht mehr zurückkommt

O doch! Scließlich steht Nachbar Schalck schon an der Tür ...
Ich weiß nicht, was der Nachbar Schalck mit der Hochzeitsreise zu tun haben soll. Das erschließt sich mir immer noch nicht.

Hat mir gut gefallen, dein Verfertigen der Gedanken während des Lesens. Es ist immer gut, sich in den Leser zu versetzen.
Hoffe, ich nerve dich mit meinem ständigen Nachhaken nicht zu sehr :Pfeif:

Vielleicht habe ich auch nur altmodische Vorstellungen.
Ich nehme an, du bist noch nicht im Opa-Alter, sonst wüsstest du, was heutige Omas so alles anstellen ...
Stimmt. Kenne aber auch genau das Gegenteil.

Wünsche dir einen schönen Tag.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Lieber jobär,

da hast du wirklich recht, alte Leute wie du und ich gruseln sich doch nicht vor ein paar Schatten, noch dazu vor solchen, die wir selbst erzeugen. Da rauben uns ganz andere Schrecken den Schlaf. Wie ich sehe, hast du das Thema "Flucht" aufgegriffen. Ich werde demnächst darauf eingehen ( leider nicht sofort).

Was die Schatten betrifft, so ist es wichtig, dass wir selbst noch Schatten werfen können, damit man uns wahrnimmt.

Schön, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Und Namen sind wichtig, Nomen est Omen ...

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Guten Morgen, lieber GoMusic,

schon genug Kaffee getrunken?

Du hast gewonnen! Oma hat jetzt einen unverrückbaren Standplatz bekommen. Mehr geht nicht. Es reicht ein Blick in den ersten Abschnitt.

Was die Hochzeitsreisen angeht, so denkt Almuth: Aller guten Dinge sind drei. Sie meint natürlich die Reisen, nicht unbedingt das, was danach kommt;). Und so abwegig ist diese Hoffnung ja gar nicht, hat doch Herr Schalck bereits ein Auge auf Almuth geworfen und um ein Date gebeten (heimlich gefördert durch Schwiegertochter Regina).

Ha, das ist ja schon fast der Plot für eine neue Geschichte. Ich muss sofort loslegen!

Es grüßt in großer Eile, die, die ihrem Namen alle Ehre macht;)
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus,

für mich ist es immer schwierig, wenn eine KG schon so umfangreich kommentiert wurde,
noch etwas Geist- und Hilfreiches beizutragen. Dopplungen und Gegensätzliches nehmen wir jetzt mal in Kauf, denn ich möchte dir unbedingt meinen Leseeindruck mitteilen.

Die wichtigste Erkenntnis: Du erzeugst sehr viel Spannung, ziehst das konsequent bis zum Höhepunkt durch, obwohl du Oma Almuth nur profane Dinge tun lässt. Sie macht eine Runde durchs Haus, sie sieht Fernsehen, sie dehnt sich und kommt auf die Idee, Schattenfiguren zu formen. Ich kann nicht sagen, wie du diese atmosphärische Dichte hinbekommst, ich weiß nur, dass sie da ist. Und ganz unter uns, Donna Leon könnte sich bezüglich des Spannungsbogens noch ein Scheibchen von deiner KG abschneiden. :lol:

Beim nochmaligen Lesen ist mir aufgefallen, dass du ausgerechnet meine Lieblingsstelle erweitert hast, sicher Vorschläge der WK.

Ich fand sie in der ursprünglichen Form stark, weil die Reaktionen und Gedanken so Schlag auf Schlag, so komprimiert, kamen: ein zweiter Schatten – ein Schatten wirft seinen Schatten? – Einbrecher – Pistole – Teufel an die Wand gemalt. In der Symbiose mit den ersten Sätzen des nächsten Abschnitts haben sie mir ein herzliches Lachen entlockt.

Um Gottes Willen, Frau Birmelin, habe ich Sie erschreckt?“
„Herr … Herr Schalck, Sie sind das. Warum schleichen Sie denn hintenrum durch den Garten?
Ich will auf keinen Fall sagen, dass du das wieder verändern sollst, ich will dich nur wissen lassen, es gibt auch Augen, die den Abschnitt anders sehen oder sahen.

Auch da musste ich schmunzeln

Also Ihre Schwiegertochter hat mich gebeten, ein Auge auf Sie zu haben, ich meine, auf das Haus.
die Schwiegertochter als Kuppelmutter und es ist prima, dass sich die zwei Nachbarsleute nach dem Vorfall näher kommen.
Guter Trick“, sagte Herr Schalck aufgeräumt, „ich glaube, wir sollten in den nächsten Tagen diese Experimente fortsetzen.“
Ein Haar hab ich in der Suppe gefunden, aber auch das scheint nur mein eigenes zu sein.

Kurz vor der Tagesschau machte Almuth ihre erste Runde durch das große Haus. Im Keller brannte Licht. Damit hatte sie gerechnet. Das kam öfter vor, weil die Kinder im großen Waschraum Tischtennis spielten.
Für mich sind Großmütter so etwas wie Energiebeauftragte, also immer darauf bedacht, keine Verschwendung zuzulassen. Wenn Almuth doch damit gerechnet hat, dass das Kellerlicht noch brennt, hätte sie sicher ihr erster Weg in den Keller geführt. Ohne diesen speziellen fetten Satz ist es für mich einleuchtender.

Ich habe sie mit großem Vergnügen gelesen, deine kurzweilige, humorige, solide und stringent erzählte Geschichte, die zwar von einer Oma erzählt, aber sicher generationenübergreifend begeistert.
So, und jetzt lese ich die Kommentare.

Ein herrliches Spätsommer/Frühherbstwochenende
wünscht dir peregrina

 

Hallo wieselmaus

deine Geschichte enthält all das, was ich aus deinen anderen Geschichten auch kenne und das ist gut, das gefällt mir, weil es so eine positive Grundhaltung spiegelt, eine Weltsicht, die am Ende versöhnt ohne in ein billiges Happy End zu münden. Die Konflikte existieren, du deutest sie an, sie tragen die Geschichte. Die Herzkrankheit Almuths, die abgekühlte und dennoch herzliche Beziehung zu den Kindern. Vor allem eine Welt, in der die Menschen gegenseitig auf sich aufpassen. Vielleicht ist das eine Illusion, ein Traum, aber das macht gar nichts.

Hinzu kommt ein klug aufgebauter, spannender Plot und an manchen Stellen genaue Beobachtungen.

Allerdings schien er weiter auszuholen, und die Hände zeigten sich mal spinnenartig, dann wieder klumpig, je nach dem Winkel, zu dem sie zur Zimmerwand stand.
sehr plastisch erzählt...

Egal, wie oft und in welcher Variante diese Geschichte geflüstert wurde, es gab immer welche, die bei „der Teufel“ schrien und kreischten, so dass sie nur durch eine Kanne Kakao beruhigt werden konnten.
als wäre man in seinem Film auis den sechziger Jahren des vergangegen Jahrhunderts...

Almuth vergaß die Zeit. Sie tauchte in ihre Kindheitserinnerungen und entdeckte immer neue Bruchstücke von Schattenfiguren, exotische Tiere, Blumensträuße, sogar menschliche Gestalten. Wenn sie die zum Laufen bringen könnte, wäre das perfektes Kino.
Erinnerungen, die ihre Haltung erklären... ah: das heißt perfektes Kino :)

Wenn ihr zurückkommt, habe ich bereits einen Operationstermin, den krieg ich ganz schnell, wenn ich will. Wird eine Überraschung für euch sein. Dann ist hoffentlich wirklich alles gut.
den letzten Satz, überhaupt der letzte Abschnitt, führt zu weit von den Schatten weg. Was, wenn dui die Schatten ein letztes Mal erwähnst?

liebe Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe peregrina,

"Spät kommst du, doch du kommst!" Deine Rückmeldungen sind mir immer willkommen. Wie sollte ich auch meckern, zumal wenn sie so positiv ausfallen!

Besonders gut fand ich, dass du dir erst einmal gar nicht durch Vor-Kommentare eine unbefangene Sicht hast nehmen lassen. Ich finde, das kann viel erhellen, und ich wünschte, ich könnte diese Disziplin auch aufbringen, aber meine Neugierde/Unsicherheit lässt das meistens nicht zu. Um dieses Problem zu umgehen, versuche ich, ganz vorne anzutreten. Gelingt natürlich nicht so oft, wie ich möchte.

In diesem Fall freut es mich besonders, dass du auf Anhieb, ohne Nachbesserung und/oder Deutung meinerseits meine Intentionen erfasst hast. Das gibt die Sicherheit, dass auch ein erster Entwurf seine Qualitäten haben kann, das weiß man ja auch aus der Literaturgeschichte, z. B. dem "grüne(n) Heinrich" von Gottfried Keller:read::klug:.

Und dann muss ich dir noch in einem recht geben: Omas sind genau so, wie du sie beschreibst: Energiesparaufsichtsbeauftragte. Ich bin auch so eine. Ich könnte also den SatzDamit hatte sie gerechnet auch streichen.
Andererseits zeigt es, wie Isegrims zu recht anmerkt, die herzliche, aber auch respektvolle Distanzierung zwischen den Generationen. Almuth ist erleichtert, als das Auto um die Ecke biegt. Jetzt denkt sie erst mal an sich, bei einer Tasse Ingwertee.

Jetzt bist du wieder dran. Ich warte auf eine neue Geschichte. Ich glaube, Familiensachen liegen dir auch sehr am Herzen.

Ich danke dir nochmals für das Motivationspaket. Auf badisch noch: Schöner Sonntag!

wieselmaus


Lieber Moderator Isegrims,

(Moderatorinnen gibt's ja keine, habe ich geprüft!)

das war ja mal eine EinsA-Bewertung. Es freut mich wirklich, dass du die Zeit gefunden hast, neben deiner neuen Aufgabe nach den alten Bekannten zu schauen. Hoffentlich bleibt dir die Zeit, an deinen eigenen Texten weiterzuarbeiten. Ich wünsche dir jedenfalls, dass du dich hier weiterhin wohlfühlst. Nicht alles, was dir jetzt so auf den Bildschirm kommt, wirst du uneingeschränkt loben können.

Also hab Dank für dein Lob. Deinen Vorschlag, zum Schluss nochmals auf "Schatten" Bezug zu nehmen, prüfe ich gerade. Wenn mir was Passendes einfällt, werde ich es ändern. Wenn du eine Idee hast, immer her damit. Der Schluss, so wie er jetzt ist, knüpft an die Anfangsszene an. Auch nicht schlecht, glaube ich.

Herzliche Grüße

wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe wieselmaus

Almuth steckte den Kindern noch zwei Packungen Gummibärchen durchs Seitenfenster zu.

Gut, dass du diesen Satz noch eingefügt hast, ich glaube mich zu erinnern, dass der in der ersten Version noch nicht drin war und da musste ich den ersten Abschnitt zweimal lesen, um zu begreifen, wer sich wo befindet.

Es wurde schon einiges zu deiner Geschichte gesagt, mir fällt nichts ein, das dir neue Erkenntnisse vermitteln könnte. Aber ich wollte mich melden, um dir meinen allgemeinen Leseeindruck zu vermitteln.

Mein Lesererlebnis ist mit einer Schifffahrt auf einem See vergleichbar. Da werden verschiedene Buchten angesteuert (das Versprechen, nach der Ankunft anzurufen, der Safe, der Wein, das Hörgerät, die Krankheit und natürlich der Teufel an der Wand und die Pistole als die grösste Bucht), und dann steht man an der Reling und fragt sich, ob man hier aussteigt, aber das Schiff fährt weiter zur nächsten Bucht. Am Ende wird einem klar, dass das eine Rundfahrt gewesen ist und einen Moment lang (so ging es mir) bedauert man, dass man nirgendwo aussteigen konnte, um einen spannenden Pfad zu begehen. Doch dann wird einem klar, dass diese Buchten und ihre Versprechen, zusammen mit dem Aussteigeverbot den Reiz einer solchen Rundfahrt ausmachen und dass man nun das Boot und den See, auf dem es fährt, viel besser kennt, als wenn man bei einer der Buchten ausgestiegen wäre.

Mir hat dein Text sehr gefallen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Lieber Peeperkorn,

ich finde es großartig, dass du dir die Zeit nimmst für eine Rundfahrt in meinem Text. Das Bild hat mir gut gefallen und es schmeichelt mir, dass du meine Erzählabsicht punktgenau erkannt hast. Ja, Familien-, nicht Horrorgeschichte. Du bist wirklich ein sehr aufmerksamer Leser.

Es freut mich auch sehr, wenn du meinen Hang zu Humor und Ironie aushalten konntest. Ich weiß, das war nicht immer so. Du kennst mein literarisches Vorbild diesbezüglich. Auch die volkstümliche Version "Humor ist, wenn man trotzdem lacht", ist so verkehrt nicht. Denn es ist überhaupt nicht leicht zu lachen, wenn man durch Spötter gerade in wichtigen Überzeugungen getroffen wird.

Ich möchte Humor und Ironie als Ausdruck meiner Weltsicht ganz gerne behalten und pflegen. Wenn es geht, hier nur mit dem Florett und möglichst nicht mit dem Säbel fechten. Und schon gar nicht Kollatoralschäden anrichten.

Danke für dein Wohlwollen und natürlich Daumendrücken.

Herzliche Grüße

wieselmaus

 

Liebe maria.meerhaba,

wenn ich nicht wüsste, dass du immer deine unverblümte Meinung sagst, müsste ich glauben, du hättest mich auf den Arm genommen, aber so was tust du nicht. Deshalb nehme ich dich jetzt in den Arm und drücke dich, wie es eine Oma tun sollte. Danke, meine liebe "Enkeltochter".

Ich schreibe halt nur über das, was ich gut kenne. Aber ich lese viel und bin offen dafür, wenn andere ein ganz anderes, nicht so ruhiges Leben führen und/oder darüber schreiben. Fantasien habe ich auch. Die größten Abenteuer liegen in den zerrissenen Seelen, und das ist deine Domäne.

Du sagst, nicht einmal unter Gewalteinwirkung würdest du etwas über eine Oma schreiben. Du bist zur Zeit von der Großstadt in das Dorf gewechselt, in dem deine Oma lebt, wenn ich das recht verstanden habe. Die scheint mir aber eine interessante Person zu sein, vielleicht sogar eine zerissene Seele oder eine zerreißende, in deren Leben es gar nicht ruhig zugeht. Das würde mich interessieren, und ich wette, darüber könntest du sehr wohl eine Geschichte schreiben - auch ohne Flinte im Kreuz.
Probier's doch mal.

Herzliche Grüße
wieselmaus

 

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