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Flasche, ausschließlich Flasche

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30.09.2016
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Flasche, ausschließlich Flasche

Die Nacht brach an, der Mondschein des Vollmondes tränkte die dunklen Gassen in eine gewisse Helligkeit, in der man selbst fremde Gesichter erkennen konnte.

John stöberte in seiner Tasche nach seinen Filterzigaretten, die er regelrecht verschlang. Am Tag rauchte er üblicherweise zwei Packungen.
Er war ein normaler Typ, mit mittellangen dunkelbraunen Haaren, trug immer einen grau gestreiften Mantel und schwarze Lederschuhe, war gerade in den mittleren Zwanzigern angekommen und schon maßlos überfordert vom Leben.
Diesen Makel hatte er sich selbst zuzuschreiben, denn er war mit seinen jungen Jahren schon abgeklärter als die meisten Mitfünfziger und alles nur durch seine Furcht vor Menschen.
Diese Angst machte ihn zwar nicht fertig, aber zynischer als Diogenes von Sinope, und somit einsam.

»Was darfs'n sein?« sagte ein Barkeeper einer schmuddeligen Bar, an einer von Großtonnern abgewrackten Straße, in der nur Stammgäste tranken.
»Bier.«
John bekam es, zündete sich eine Zigarette an, spuckte ins Glas und schleuderte es vom Tresen.
»In der Flasche, Vollidiot.«
»Haste eigentlich noch alle Latten am Zaun, Fremder?«
Dem Barkeeper traten Wutadern am Hals hervor und er wurde roter als die Flagge der Sowjetunion.
»Klar, wie sieht's bei dir aus? Jetzt gib mir ein Bier in der Flasche, ab dalli, sonst mach ich einen richtigen Aufstand. Und für den Dreck vom Fass bezahle ich gar nichts.«
Die Musik hörte auf zu dröhnen, so etwas hat man hier noch nie erlebt. Einige Stammgäste erhoben sich gemächlich, trotteten an den dunkelbraunen Bartresen rüber, und versammelten sich um John in einem Halbkreis.
»Wir hab'n hier kein Bock auf solche Leute wie dich.«
»Ja, schieb dein Arsch hier raus, sonst kracht es.«
Der Barkeeper klinkte sich ein.
»Mach dich ja raus, sonst ruf ich nicht nur die Bullen, sondern hau dir selbst die Fresse platt.«

John stand auf, schmiss noch ein halbvolles Glas eines betrunken Gastes, der auf dem Tresen schlief, um, und ging mit einer Hand in der Tasche und der anderen am Glimmstängel hinaus auf die Straße.
Er machte sich auf den Weg zu Gregor, seinen einzigen und besten Freund.
Dort angekommen machten sie sich erstmal zwei Gläser dreiviertel voll mit Whisky, den billigsten Fusel, den Gregor im Supermarkt finden konnte.

»Wie läuft's mit den Weiber'n?« fragte Gregor.
»Geht so, das mit Mary kann ich wahrscheinlich vergessen.«
»Was war denn los?«
»Hab mit einer anderen rumgemacht, sie hat es mitbekommen.«
»Du kannst nicht mit anderen rummachen, wenn du eine Frau liebst. Und du liebst Mary, das spüre ich. Auch wenn du so tust, als würde es dir nichts ausmachen, ich kann deine Verzweiflung sehen.«
»Rede nicht so viel, schenk lieber nochmal nach.«
John und Gregor sprachen nie viel, wenn sie beieinander waren, nur falls es wirklich etwas Wichtiges zu erzählen gab. Sie waren der Ansicht, man müsse so viel gequirlten Dreck am Tag reden, im Beruf oder beim Einkaufen, dass es auch Zeiten geben muss, in der man einfach in Gesellschaft etwas trinkt und altem Blues von einer Schallplatte genießt.
Nach zwei Stunden des Schweigens stand John auf, verabschiedete sich mit den Worten "halt die Löffel steif, bis morgen" und machte sich auf den Weg nach Hause.

 

Hola Alex Hofmann,

Du schreibst in Deinem Profil, Du seiest Autor. Dann wohlan – herzlich willkommen!
Ich geh’ direkt in die erste Runde:

Die Nacht brach an, der Mondschein des Vollmondes tränkte die dunklen Gassen in eine gewisse Helligkeit, in der man selbst fremde Gesichter erkennen konnte.
Mond-Doppelung
‚tränken in’ geht nicht (besser: tauchen in)
‚fremde Gesichter’ unterscheiden sich nicht von vertrauten Gesichtern – entweder kann ich sie erkennen oder nicht

John stöberte in seiner Tasche nach seinen Filterzigaretten, die er regelrecht verschlang. Am Tag rauchte er üblicherweise zwei Packungen.
Der zweite Satz geht aus dem ersten hervor, kann also weg. Der Text einer KG muss zügig voran kommen (Zug haben).

Dann haut John an der Theke ein bisschen auf den Putz und muss sich trollen:

John stand auf, ... und ging ... hinaus auf die Straße.
Das finde ich ziemlich schwach. Erst macht er auf Gorilla – und dann schleicht er sich.
Wenigsten ein ätzender Spruch des Abschieds hätte hier noch kommen müssen, eine Drohung, eine Beleidigung – irgendwas aus seinem Standard-Repertoire.
Aber so zieht er lammfromm Leine.

Er machte sich auf den Weg zu Gregor, seinen einzigen und besten Freund.
Der einzige und beste Freund. Nee, Herr Hofmann, hier müsstest Du schon einen drauflegen. Das plätschert wie eine Gute-Nacht-Geschichte. Und er stachelt ihn nicht an, um zu zweit den Laden aufzumischen, sondern sie weinen zusammen (grob zusammengefasst).

... man müsse so viel gequirlten Dreck am Tag reden, im Beruf oder beim Einkaufen, ...
Muss man beim Einkaufen wirklich so viel gequirlten Dreck reden?
Diese Formulierung ist so ‚originell’ wie jene:
...erstmal zwei Gläser dreiviertel voll mit Whisky, den billigsten Fusel, den Gregor im Supermarkt finden konnte.
Mit solchen Plattheiten kann kein Autor seine Leser begeistern. Überarbeite Deinen Text vor dem Einstellen – nicht nur einmal! Suche nach besseren Formulierungen, nicht so abgegriffen und austauschbar.
Deine Geschichte erzählt mir nichts, da fehlen nicht nur Salz und Pfeffer, sondern Esprit!
Hier z.B.:
Nach zwei Stunden des Schweigens stand John auf, verabschiedete sich ...
und machte sich auf den Weg nach Hause.
Braver Junge. Die Geschichte ist zu Ende.
Du wolltest die Tristesse im letzten Teil beschreiben – aber das muss viel filigraner und raffinierter geschehen als eben hier. Auch die Doppeldeutigkeit von Flasche im Titel reißt keinen vom Stuhl.
Alex höre: Rechtschreibung tipptopp, auch sonst schreibst Du für meinen Geschmack gut.
Was mir fehlt, sind kleine Besonderheiten, die Deinen Text herausheben aus der Masse. Nimm Dir mehr Zeit – jeder Satz ist wichtig. Wir werden noch alle ersaufen in der Flut von mittelmäßigen Texten, die jeden Tag ausgespien werden.
Die Verwendung des philosophischen tags war doch nicht ernst gemeint?

Alex Hofmann, wie in Deinem Profil erwähnt, ist meine Kritik weder positiv noch negativ.
Ich hoffe, Du empfindest sie als ehrlich und notwendig, um Deine Texte besser zu machen.

Schöne Grüße!

José

 

Hallo Alex Hofmann

und ein herzliches Willkommen hier im offenem Schreibforum.
Ich hoffe Du hast Spaß hier.

Mal abgesehen von dem Kleinkram stört mich ein Deiner Geschichte ein Satz ganz besonders:

Dort angekommen machten sie sich erstmal zwei Gläser dreiviertel voll mit Whisky, den billigsten Fusel, den Gregor im Supermarkt finden konnte.
Warum? Na weil der Titel sagt: "Flasche, ausschließlich Flasche". Konsequenterweise müssten sie den billigen Fusel auch aus der Flasche trinken - Gläser kosten schließlich extra - und müssen noch angewaschen werden: Also ich finde, dieser Satz passt so gar nicht in Deine Geschichte. :)

viele Grüße
pantoholli

 

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