Was ist neu

Butenschön sichert sich ab

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Monster-WG
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15.07.2004
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Butenschön sichert sich ab

„Neun“, flüstert Butenschön mit Nachdruck. „Neun.“ Bloß dieses eine Wort, wieder und wieder, wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat: „Neun! Neun! Neun! Neun …“, als ihn plötzlich der Schlag trifft.
Das Letzte, was er hört, ist ein warnendes Wiehern, bevor jemand einen festen Schwinger zielgenau in seiner Magengrube platziert. Ihm bleibt die Luft weg, dann sackt er zusammen. Der Aufprall auf dem gefliesten Boden ist hart und schmerzvoll.
Gott im Himmel, denkt Butenschön, während er mit geschlossenen Augen liegen bleibt und auf das Unvermeidliche wartet. Jetzt hat er mich doch tatsächlich zuerst erwischt.
Es verblüfft ihn, dass es ausgerechnet hier passiert, im Spaßbad, vor so vielen Zeugen. Aber warum eigentlich nicht?
Selbst Schuld, denkt er.
Wegen all dieser Leute hat er sich zu sicher gefühlt. Hat gedacht, hier könne ihm nichts passieren.
Herzlichen Glückwunsch! Das ist die Quittung.
Er weiß, dass er sich keiner falschen Hoffnung hingeben darf. Alles, was nun kommt, wird verdammt nochmal schmerzhaft sein. Und vor allem: tödlich!
„Scheiße! Scheiße! Scheiße!“
Ein weiterer Gedanke blitzt auf. Wieso weiß er von mir? Ich war doch so verdammt vorsichtig.
Nun, offenbar nicht vorsichtig genug.
Butenschön ballt die Hände zu Fäusten und ergibt sich seinem Schicksal. Er kann es nicht ändern.
Aber es passiert nichts.
Butenschön spürt lediglich einen gewissen Druck auf seinem Oberkörper, so als säße jemand auf ihm, aber davon abgesehen scheint alles in Ordnung.
Worauf zum Teufel wartet er?
Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein, Butenschön ist gefangen im Moment. Er harrt aus, was soll er auch sonst tun? Ist wie ein Insekt, das von Bernstein umschlossen ist.
Irgendwann hält er es nicht mehr aus. Schluss jetzt mit den Spielchen! Lieber ein Ende mit Schrecken als ...
Ach! Was soll‘s!
Er reißt die Augen auf in Erwartung des vertrauten Gesichts.
Aber da ist keine Spur von … ihm.
Keine Spur von Neun.
Und auch von sonst von keiner Nummer.
Dort ist bloß ein dickes, kleines Mädchen, das auf seinem Brustkorb hockt und ihn mit weit aufgerissenem Mund blöde anglotzt. Wie ein fetter Koi-Karpfen, der auf die Fütterung wartet.
„Ich bin ein Pferdchen“, sagt es schließlich und klettert von ihm herunter. In vorwurfsvollem Tonfall fährt es fort: „Und du musst aufpassen, wo du hinläufst. Weil, man darf nicht einfach über die Rennbahn rüber. Das ist gefährlich. Ein Pferd ist nämlich tausend Mal schneller wie du.“
„Als“, korrigiert Butenschön ohne es zu merken und seufzt erleichtert.
Ist das zu fassen? Das alles war nur ein Missgeschick, nichts weiter. Offenbar ist die Kleine beim Spielen in ihn hineingelaufen. Schmerzhaft, ja. Aber nichts, worum man sich einen Kopf machen müsste.
Trotzdem mustert er sie gründlich. Automatisch checkt er sie durch, fixiert ihren Blick wie ein Hypnotiseur.
So, wie er es immer macht. Um ganz sicher zu gehen.
Eine Sache von Sekunden und reine Routine, denn er weiß schon jetzt, dass er nichts finden wird. In der hier steckt nichts Böses. Nur grenzenlose Dummheit.
Das Kind blickt noch immer zu ihm runter, sein Mund steht schon wieder sperrangelweit offen. Es sieht aus wie eine groteske Springbrunnenfigur, der man den Wasserstrahl abgedreht hat und in deren Hals jetzt bloß noch die Tauben scheißen.
Gegen seinen Willen muss Butenschön lächeln. Mit einem Mal ist er seltsam milde gestimmt.
Gott sei Dank gibt es auch solche.
Ein paar Leute gucken flüchtig zu ihnen herüber, aber weil alles ohne Zeter und Mordio abläuft und keine Verletzten gibt, kümmert sich niemand weiter um sie.
„Na los, Kindchen! Zieh Leine!“, sagt er mit sanfter Stimme. Spielerisch schwingt er eine imaginäre Reitgerte. „Hü hott!“
Das Mädchen grinst jetzt auch, krabbelt von ihm runter und läuft dann wackelnd und ohne jede Anmut los. Trampelt in Richtung Strudelbecken. Butenschön lächelt noch immer, als er aufsteht und dem Kind hinterher sieht.
„Heia! Ich bin ein Pferdchen“, ruft das Mädchen. „Ich bin ein Pferdchen!“
„Definitiv ein Kaltblüter“, murmelt Butenschön, bevor er seine Gedanken wieder den wirklich wichtigen Dingen widmet.
Seiner verfluchten Gabe.
Den Zahlen.
Und vor allem: …
… Neun.

Er hat ihnen von Anfang an Nummern gegeben.
Butenschön findet, dass es so leichter ist. Nicht viel leichter, es bleibt so oder so ein Scheißjob, aber immerhin.
Natürlich ist es ab und an notwendig, dass er ihre Namen in Erfahrung bringt; nämlich dann, wenn er ihr Umfeld, ihre Gewohnheiten, ihre Vorlieben recherchieren muss. Jedes Mal, wenn Planung vonnöten ist. Professionalität steht vor persönlichem Befinden. Das ist wichtig. Aber sobald er genug in Erfahrung gebracht hat, vergisst er ihre Namen wieder, oder tut zumindest so als könne er das. Namen bedeuten Bindung. Und Bindung ist das Letzte, was Butenschön will.
Und in diesem Moment sieht er ihn.
Neun steht in der Schlange vor dem Hurrican Loop, einer absurd steilen Riesenrutsche, den Arm lässig in die Hüfte gestemmt und sieht aus, als könne er kein Wässerchen trüben.
Was für ein Schauspiel.
Butenschön ist wie elektrisiert, er spürt sofort die besondere Aura des Jungen. Die Wucht der Emotionen, die Neun in ihm auslöst, erstaunt ihn immer wieder aufs Neue. Ich müsste darauf vorbereitet sein, denkt er. Aber er ist es nicht.
Ist es nie!
Ein Tsunami aus dunklen Gefühlen drischt auf ihn ein, alles gerät mit einem Schlag aus den Fugen, es ist surreal, Realitäten verschwimmen, in seinem Kopf entstehen in Sekundenschnelle Universen und vergehen sofort wieder.
Was bleibt ist schreckliche Gewissheit.
„Schäm dich“, sagt sich Butenschön, „du lügst dir selbst in die Tasche“, und die Erkenntnis darüber verhärtet sich unerbittlich in seinem Hirn wie erkaltende Lava.
Natürlich bist du mit dem Jungen verbunden, und wie du mit ihm verbunden bist, mehr, als mit jedem anderen Menschen auf der Welt!
Für einen kurzen Moment schwindelt ihm, alles scheint sich zu drehen, und Butenschön muss sich an der Wand abstützen, um sich zu sammeln, einen klaren Gedanken fassen zu können.
Erst als Neun johlend in der Öffnung der Riesenrutsche verschwindet – einem riesigen Maul, das ihn verschluckt – hat sich Butenschön wieder sortiert.
Neun ist seine Obsession. Und noch viel mehr als das. Neun ist das Entweder-oder! Der Beweis für den vollkommenden Wahnsinn oder die ultimative Rechtschaffenheit von Butenschöns Handeln.
Nicht mehr und nicht weniger.

Die Gabe ist kein angeborenes Talent, sie ist gewissermaßen über Nacht gekommen. Butenschön ist nicht stolz darauf, nein, er will sie nicht einmal, obwohl er sie für wichtig hält. Nicht nur für ihn als Einzelnen, nein, das mag total vermessen klingen, aber es stimmt: wichtig für die ganze Menschheit!
Als es vor drei Jahren begann, hatte es ihn überrollt wie ein Schnellzug. Unmöglich irgendwas davon zu stoppen! Er erinnert sich noch bis ins kleinste Detail an das erste Mal, so, als hätte jemand das Ereignis in riesigen Buchstaben auf einen seiner Hirnlappen tätowiert. Er muss nur die Augen schließen und schon sieht er alles wieder vor sich:
Das Einkaufszentrum. Butenschön will bloß einen Raclette-Grill kaufen und eine Kiste KöPi, doch plötzlich ist da dieser Junge. Schlendert an ihm vorbei, in der Hand einen Bubble-Tea, auf dem Kopf eine speckige Schalke-Mütze. Lass ihn sieben Jahre alt sein, höchstens acht! Ein lächerlicher Pimpf. Ein Witz in Nike-Schuhen.
Ihre Blicke kreuzen sich für eine Sekunde. Butenschön schaut ihm direkt in die Augen – und weiß es. Der Junge ist durch und durch schlecht. Butenschön spürt es körperlich, er fühlt die Verderbtheit des Kleinen wie einen Schlag in die Fresse. Dann ein Stechen in der Brust, so als ob ein Messer ...
„Du fantasierst“, sagt er sich. „Er ist ein Kind! Nichts weiter.“
Aber Butenschön weiß es besser. Weiß es! Der Junge ist wie ein Baum, der von der Wurzel her verfault. Außen noch schön, aber in Wirklichkeit ausgehöhlt und nicht mehr zu retten. Wenn er umfällt, wird er jemanden erschlagen. Und er wird umfallen. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Butenschön weiß, dass der Junge eine Gefahr ist. Er weiß, dass dieser Junge früher oder später jemanden töten wird.
Der Lütte ist höchstens acht Jahre, also wahrscheinlich später, aber Butenschön weiß es – weiß nicht warum, er es weiß – aber er weiß es, er weiß es, er weiß es …
Nummer Eins wird töten!

Neun hat genug vom Rutschen. Mit den für sein Alter typischen schlaksigen Bewegungen rennt er um die Ecke, durch den Verbindungsgang rein in die Nebenhalle, raus aus Butenschöns Blickfeld.
Der atmet tief durch. Dieser Moment ist wie ein Déjà-vu, er hat ihn im Zuge seiner monatelangen Recherchen mindestens ein dutzend Mal durchlebt. Wahrscheinlich öfter. Er ist inzwischen beinahe schon Stammgast hier. Nicht weil er will, sondern weil er keine Wahl hat. Butenschön hasst das Spaßbad, diesen nach Chlor, Schweiß und Pisse riechenden Drecksort, wo hässliche Menschen noch hässlichere Tattoos zur Schau tragen. Jedes Mal kostet es ihn Überwindung hierher zu kommen. Aber natürlich ist er dort, wo Neun ist. Hier oder im Stadion, in der Eishalle, im Freizeitpark, an günstigen Punkten seines Schulwegs. Wenn Neun zur Hölle führe, Butenschön würde ihm folgen. Aber was heißt Wenn? Das Scheißschwimmbad kommt der Hölle schon verdammt nahe.
Du darfst dir deinen Widerwillen nicht ansehen lassen, mahnt Butenschön sich selbst. Das wäre viel zu auffällig zwischen all den ekstatisch grinsenden Gesichtern. Und Butenschön kann es sich nicht leisten aufzufallen. Also schlendert er, die Hände vor dem Bauch verschränkt, scheinbar von Wonne beseelt durch das Spaßinferno. Immer Neuns Spur folgend. Natürlich kennt er dessen Ziel. In fünf Minuten wird im Hauptbecken die Wellenmaschine angeworfen. Eine Mordsgaudi, die sich Neun bisher noch nie entgehen lassen hat.
Neun, denkt Butenschön. Neun! Neun! Neun! Neun!

Es ist Butenschön wichtig, dass er das, was er tut, nicht aus niederen Beweggründen macht. Es bereitet ihm keinen Spaß, er findet keine Befriedigung darin. Butenschön ist kein sadistischer Perverser, der auf Kinder steht. Sie machen ihn nicht an, er geilt sich nicht an ihnen auf, schneidet niemandem das Pimmelchen ab oder steckt scharfkantige Gegenstände in irgendwelche Körperöffnungen.
Butenschön bringt sie nur um.
Diejenigen, bei denen es notwendig ist. Diejenigen, die böse sind. Diejenigen, die später selber Leben nehmen werden. Diejenigen, die den Tod verdienen.
Butenschön hat ein Bild dafür: Die Nummern sind tickende Zeitbomben. Er selbst ist das Entschärfungskommando und muss sie abschalten, bevor sie hochgehen. So einfach ist das.
Bei Eins war es schwer. Fast unmöglich.
Doch inzwischen geht es ihm viel leichter von der Hand. Man könnte fast sagen, dass Butenschön mittlerweile ein Händchen dafür hat.

Neun ist immer noch scharf.
Butenschön entdeckt ihn exakt dort, wo er ihn erwartet hat. Der Junge steht bis zur Brust im Wasser, spritzt aufreizend unbeschwert andere Kinder nass und schaut erwartungsvoll in die Richtung, aus der gleich die Wellen kommen werden. Die Ruhe vor dem Orkan.
In Butenschön selbst tobt längst wieder die übliche Sturmflut aus düsteren Emotionen, wie jedes Mal, wenn er Neun sieht. Aber es gelingt ihm, nichts davon nach außen dringen zu lassen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Für jeden Außenstehenden sieht er aus wie ein stinknormaler Mittfünfziger, der gelangweilt einem Jungen beim Planschen zusieht.
Aber wenn ich dich umbringe, denkt Butenschön, werde ich es genießen. Zum ersten Mal in all den Jahren werde ich es genießen.

Noch nie war sich Butenschön so sicher wie bei Neun. Das ist der Grund, warum der Junge noch am Leben ist. Der einzige Grund. Denn manchmal...
... manchmal zweifelt sogar Butenschön. „Was, wenn ich mich täusche? Was, wenn ich den Wahnsinn in mir trage? Was, wenn ich sie alle grundlos getötet habe?“
Hin und wieder sind diese Gedanken einfach da, obwohl er sie nicht zulassen will, sich leidenschaftlich dagegen wehrt, kommen sie aus dem Nichts – und dann haften sie an ihm wie ein schlechter Geruch, der ihm überallhin folgt.
Ja, auch Butenschön hat Fragen; Fragen, die er nicht beantworten kann, so sehr er es auch versucht.
Warum kann er es nur bei Kindern fühlen?
Wieso ist keine der Nummern jemals älter als zwölf Jahre gewesen? Weshalb scheint bei den Älteren, die er mit seiner Gabe zu scannen versucht, die Pubertät wie ein Virenschutzprogramm zu wirken?
All das verwirrt Butenschön. Macht ihm bisweilen Angst.
Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Aber bei Neun bestehen keine Zweifel. Bei Neun ist alles glasklar.
Durch Neun sichert sich Butenschön ab.
Neun! Neun! Neun! Neun! Neun!

Natürlich kann Butenschön nicht mit Sicherheit sagen, wie oft die jeweiligen Nummern töten werden. Die zukünftigen Gräueltaten bleiben vage, er hat keine bildlichen Visionen davon, wofür er dankbar ist; er kennt weder die Gründe noch die Opfer. Butenschön weiß nur, dass die Nummern töten werden, spürt am eigenen Leib schon jetzt den körperlichen Schmerz, den sie dereinst anderen zufügen. Und trotzdem: Vielleicht bliebe es bei einigen von ihnen bei einem einzigen Mal, der Auslöschung von nur einem Menschenleben – vorausgesetzt, Butenschön würde nicht vorher eingreifen.
Bei Neun ist das anders.
Als Butenschön den Jungen zum ersten Mal sah, war der Schmerz, den er fühlte, schier unerträglich, derartig stark, dass er in gewisser Weise beinahe körperlich greifbar zu sein schien, so, als wolle er sich in jeder einzelnen von Butenschöns Körperzellen materiell manifestieren.
Nein, bei Neun gibt es keine Zweifel!
Neun hat das Potenzial eines Serienmörders. Der Junge ist ein zukünftiger Jeffrey Dahmer, Ted Bundy, Fritz Haarmann, Anatolij Onoprijenko, Harold Shipman, Jack the Ripper.
Und vielleicht sogar noch viel mehr als das.
Ein Massenmörder. Ein Menschenschlächter. Butenschön kann es spüren. Das ultimative Böse. Neun macht ihm Angst, lässt ihn kirre und fahrig werde, der bloße Gedanke an den Jungen und an das, wozu dieser fähig ist, raubt Butenschön nachts den Schlaf.
Und dennoch muss Neun leben!
Denn sollte sich Butenschön bei Neun irren – bei Neun, wo jeglicher Irrtum zu 100 Prozent ausgeschlossen ist, schlicht und einfach nicht vorstellbar, absolut unmöglich … aber wenn ... wenn Neun wider aller Wahrscheinlichkeit und entgegen aller Überzeugung kein Mörder ist ... kein Mörder wird, dann ...
Allein der Gedanken reißt die Tore zur Hölle speerangelweit auf und Butenschön erlaubt es sich nicht, ihn zu Ende zu führen.
Er irrt sich nicht!
Mit einem Schlag ist seine Selbstsicherheit zurück.
Bei Neun ist er sich sicher!
Neun, denkt Butenschön, wird mich von all meinen Zweifeln erlösen. Das ist seine Bestimmung.

Das Jauchzen der Badegäste holt Butenschön zurück ins Hier und Jetzt. Die Wellenmaschine ist gestartet; alles was Beine hat, drängt mit einem Mal ins Becken, das plötzlich viel zu klein erscheint, so wirkt, als laufe es gleich über, aber nicht wegen des Wassers, sondern aufgrund zu vieler sich darin windender Körper. Schwimmer stoßen aneinander wie Treibgut, und Butenschön denkt, dass das Bild, das sich ihm offenbart, aussieht, wie eines dieser abscheulichen Weltuntergangsgemälde von Hieronymus Bosch.
Und mittendrin in dem Chaos ist Neun und lacht.
Er strahlt übers ganze Gesicht, wirft sich kopfüber in die Wellen, verschwindet kurz unter der Wasseroberfläche, taucht prustend wieder auf, schnappt nach Luft, um sich dann mit nicht enden wollender jugendlicher Begeisterung erneut in die Brandung zu stürzen.
Ein Monster, das sich in einem Jungen verwandelt hat.
Nein, durchfährt es Butenschön, es ist genau andersherum: ein Junge, der sich in ein Monster verwandeln wird.
Mit einem Mal fühlt sich Butenschön am Beckenrand seltsam fehl am Platz. Ohne weiter darüber nachzudenken, geht er zum Wasser, geradewegs ins Bassin hinein – erst nur mit den Füßen, dann bis zur Hüfte, und schließlich steht er mittendrin im Trubel, das Wasser bis zum Hals.
Natürlich ist es Neun, der ihn anzieht wie ein Magnet. Der Junge treibt wie eine Boje in Butenschöns Blickfeld. Auf und ab. Ein Ziel, das er nicht verfehlen kann.
Butenschön hält direkt auf ihn zu. Jetzt sind es vielleicht noch drei Armzüge, die ihn von Neun trennen.
Drei Armzüge nur.
Drei.
Butenschön presst die Kiefer so stark aufeinander, dass es knirscht. Er merkt, dass er die Contenance zu verlieren droht, spürt, wie er unaufhaltsam in den Jagdmodus überwechselt. Sämtliche Schutzwälle sind niedergerissen. Es gibt kein Zurück. Der böse Geist des Jungen ist übermächtig. Nicht auszuhalten.
Ich muss ihn auslöschen, schreit es in Butenschön. Jetzt sofort und ohne Gnade.
Zwei Armzüge.
Ein vertrautes Gesicht schiebt sich an Butenschön vorbei, aber es gelingt ihm nicht, es einzuordnen. Alle seine Sinne sind auf Neun fokussiert. Die Welt drumherum spielt keine Rolle mehr.
Neun. Neun. Neun. Neun. Neun.
Der Junge bemerkt ihn nicht. Planscht immer noch blöde prustend in den Wellen. Hat keinen Blick für den alten Knacker, der sich ihm mit malmenden Kiefern wie ein Haifisch nähert.
Butenschön macht sich in Sekundenschnelle ein Bild von der Situation. Spielt seine Möglichkeiten durch.
Zu viel Zeugen. Eigentlich.
Aber Butenschön ist schon lange kein Anfänger mehr. Er hat inzwischen so viel mehr Erfahrung als bei Eins. Übung macht den Meister, so heißt es. Und es stimmt. In dem Getümmel wäre er, wenn er es geschickt anstellt, nahezu unsichtbar.
Er weiß genau, wie er es tun muss: Abtauchen, im Wasser, im Gewühl. Von unten die Beine des Jungen schnappen. Ihn runterziehen. Nicht mehr hochkommen lassen.
Nicht mehr lebend hochkommen lassen.
Drei Minuten konzentrierte Arbeit. Und als Folge ein Ungeheuer weniger auf der Welt.
Butenschön vergisst zu atmen. Er kann Neun jetzt fast berühren. Vielleicht noch eine halbe Armlänge, die sie trennt, wahrscheinlich weniger.
Für die anderen sähe es aus wie ein schrecklicher Unfall. Eine Tragödie, unfassbar traurig, aber so etwas passiert leider manchmal. Ein Trauerfall im Spaßbad.
Ein dünnes Lächeln umspielt Butenschöns Lippen.
Jetzt wird er zuschlagen. Der Sache endlich ein Ende machen. Neun vernichten. Das Böse ausmerzen.
Ein letzter Rest Instinkt hält ihn zurück. Aber das Bedürfnis, zu handeln, ist übermächtig.
Ich kann das, denkt Butenschön. Es ist so leicht. So unfassbar einfach.
Und so dumm!

Die Erkenntnis trifft Butenschön wie ein Keulenschlag. Ein letzter Funken Vernunft hat in seinem Gehirn eine Atombombe gezündet, und die Erschütterung lässt Butenschön mit einem Schlag ausnüchtern.
Nein, er wird Neun nicht entschärfen. Nicht heute. Nicht bevor ... Butenschön zieht gierig Luft in seine Lunge.
Es ist der Junge, der den ersten Schritt machen muss.
Die Enttäuschung drückt Butenschön hinunter wie ein Mühlstein. Er lässt sich sinken, bis seine Knie den Grund berühren. Es sieht aus, als würde er beten.
Schenk mir Gelassenheit! Ich bitte dich! Gib mir die Kraft, es auch weiterhin auszuhalten!
Aber Butenschön spricht nicht zu Gott, er spricht zu sich selbst. Dann taucht er auf und lässt sich mit geschlossenen Augen auf dem Rücken treiben. Atmet tief durch.
Währenddessen ruft er sich all die anderen Nummern ins Gedächtnis, die, die er bereits ausradiert hat. Es gibt kein geheimes Tagebuch, in dem er Rechenschaft ablegt. Keine eingeritzten Kerben an einem Holzpfeiler. Und auch keine mit Kreide geführte Strichliste an irgendeiner modrigen Kellerwand. Butenschön hat alle Nummern im Kopf, jede einzelne ist dort sorgfältig aufgelistet und durchgestrichen. Alle bis auf eine.

Eins, männlich, vermutlich 8 Jahre
Zwei, männlich, 12 Jahre
Drei, männlich, 7 Jahre
Vier, weiblich, 10 Jahre
Fünf, männlich, 9 Jahre
Sechs, männlich, ca. 8 Jahre
Sieben, männlich, 12 Jahre
Acht, männlich, 4 Jahre

Kinderstimmen tönen in Butenschöns Kopf und er kann nicht sagen, ob sie real sind oder nur das Echo derjenigen, die er getötet hat.
Es sind so viele.
Butenschön hat Nummer Neun verschont, aber er hat deswegen nicht aufgehört, die anderen auszuradieren. Er hat nie in Erwägung gezogen, damit aufzuhören. Und während das Wasser Butenschön umgibt wie ein Kokon, hakt er seine Liste weiter ab. Nummer um Nummer um Nummer …

Zehn, weiblich, 7 Jahre
Elf, weiblich, 11 Jahre
Zwölf, männlich, 7 Jahre
Dreizehn, männlich, 10 Jahre
Vierzehn, männlich, 6 Jahre
Fünfzehn, männlich, ca. 9 Jahre
Sechzehn, männlich, 12 Jahre
Siebzehn, weiblich, 5 Jahre
Achtzehn, männlich, 11 Jahre
Neunzehn, männlich, 7 Jahre
Zwanzig, männlich, 9 Jahre
Einundzwanzig, männlich,11 Jahre

Butenschön öffnet die Augen erst wieder, als die Wellen verebbt sind. Etwas ist anders. Augenblicklich läuten in ihm die Alarmglocken. Die Atmosphäre hat sich verändert, er liest es in den Gesichtern der Badenden. Ausgelassenheit hat sich in Entsetzen verwandelt. Alle blicken mit weitaufgerissenen Augen auf denselben Punkt. Butenschön weiß, was ihn erwartet, er kennt diese Art des Starrens gut. Er wappnet sich, dann guckt auch er.
Der Körper treibt langsam an Butenschön vorbei.
Der Tod macht ihm längst keine Angst mehr, dennoch fühlt er Panik in sich aufsteigen. Für einen schrecklichen Moment denkt Butenschön, dass er im Rausch die Kontrolle über sich verloren und Neun doch umgebracht hat. Dass die Vernunft dem schieren Drang das Böse zu vernichten unterlegen ist.
Aber nein, das Kind ist zu klein, um Neun zu sein.
Und dann erkennt Butenschön es.
Selbst jetzt fehlt dem Pferdemädchen jede Spur von Anmut, ihr Treiben auf dem Wasser hat nichts Leichtes, nichts Verspieltes, sie sieht aus wie ein nasser Sack Kartoffeln, der kurz vor dem Versinken ist.
Butenschön wendet den Blick ab, es geht ihn nichts an, auch wenn es ihm nicht egal ist, nein, es rührt ihn schon, schließlich ist er auch nur ein Mensch. Doch er will nicht gaffen, glotzen, so wie die anderen. Das Kind soll einen Rest an Würde behalten.
Und dann sieht er Neun.
Der Junge steht in der Nähe des Mädchens, ganz nah, und erst jetzt fällt es Butenschön auf: am nächsten von allen. Neun guckt nicht, zumindest nicht direkt. Er vergräbt sein Gesicht in den Händen.
Und obwohl es Butenschön nicht sieht, ist ihm klar, dass Neun grinst. Breit und boshaft, bis über beide Ohren. Das Grinsen des Jungen brennt sich auf Butenschöns Seele ein – und er versteht.
Neun hat es getan. Neun hatte dieselben mörderischen Gedanken wie Butenschön. Zur gleichen Zeit, am gleichen Ort. Wie ein böser Spiegel. Nur, dass sich der Junge ein anderes Opfer ausgesucht hat. Und er es wirklich umgebracht hat.
Neun ist endlich seiner Bestimmung, seinem Schicksal gefolgt!
Und Butenschön war währenddessen abgetaucht. Hat nichts gemerkt. Nichts gesehen.
Aber du brauchst einen Beweis, schreien hunderte von Stimmen gleichzeitig in Butenschöns Kopf. Einen Beweis. Einen Beweis. Erst dann kannst du ihn töten.
Töte ihn!

Und nun verlässt Butenschön die sorgfältig gehütete Deckung, ist nicht länger unsichtbar, nicht mehr der unscheinbare Mann, den niemand zur Kenntnis nimmt, weil ihn niemand zur Kenntnis nehmen soll. Er richtet sich auf, wächst mit einem Mal, sein Blick ist wild und hart, und er schreit, so laut, dass es jeder im Spaßbad hören muss: „Wer war das? Hat jemand etwas gesehen? Wer hat das getan?“
Aber nichts geschieht. Keiner zeigt auf Neun. Nicht einer.
Die Leute gaffen Butenschön bloß an, als wäre er der Riese aus einem Märchen, eine Attraktion, ein Weltwunder, aber niemand antwortet, sie sind wie ein Stillleben, auf einer Leinwand gebannt. Und Neun schaut immer noch nicht, spielt weiterhin Theater, aber Butenschön weiß, dass das frisch erweckte Monster still und heimlich durch leicht gespreizte Finger späht, und sich, erfüllt mit diebischen Vergnügen, an der Szene ergötzt.
Abgrundtiefe Verzweiflung bemächtigt sich Butenschöns, er könnte laut heulen. Er ist so nah an dem Beweis, den er so dringend braucht, den er sich so sehr herbeisehnt, aber er kann ihn nicht fassen, fühlt sich wie ein ausgehungertes Kind unterm Kirschbaum, dass sich vergeblich nach den reifen Früchten streckt.
Butenschöns Blick fällt wieder auf den Körper des Mädchens, der immer noch, von allen unangerührt, vor ihm treibt. Wut erfüllt ihn, es ist so absurd. Von den Offiziellen ist keiner zu sehen. Auch sonst hilft niemand.
Mit drei langen Schwimmzügen ist Butenschön da, packt das Kind und schwimmt mit ihm zum Beckenrand. Mühelos wuchtet er es hoch und dreht es auf den Rücken. Sie ist blass, aber ihr Gesichtsausdruck ist derselbe wie vorhin bei ihrem Zusammenstoß. Das Pferdemädchen stiert mit leeren, weit geöffneten Augen stumpf und karpfig vor sich hin.
Automatisch, ohne einen klaren Gedanken, beginnt Butenschön mit der Wiederbelebung. Er presst einen Handballen auf die Mitte ihres Brustbeins und drückt mit der anderen Hand zu, die Arme ausgestreckt, mit einer Frequenz von mindestens 100 Schlägen pro Minute. Aber er zählt nicht mit, denn in seinem Kopf schwirrt nur eine einzige Nummer.
Endlich kommt ein Bademeister von weiß-der-Himmel-woher und will Butenschön ablösen, doch der weist ihn zurück, schreit, dass er sich gefälligst zur Hölle scheren soll. Der Mann erstarrt zur Salzsäule, protestiert aber nicht, wahrscheinlich weil er sieht, dass das, was Butenschön macht, Hand und Fuß hat und er selbst es auch nicht besser könnte.
Butenschön ackert, presst weiter mit roher Gewalt, ab und an beugt sich er sich zu dem Mädchen hinunter, um ihr Luft in die Lungen zu blasen. Für die Schaulustigen, die sich wie Fliegen um ein Stück Scheiße versammelt haben, sieht es so aus, als spräche der merkwürdige Mann zu dem Kind. Worte des Trostes vermutlich, verzweifelte Anfeuerungen, dass es nicht aufzugeben soll.
Doch in Wirklichkeit ist es immer dasselbe, was Butenschön flüsternd herauspresst: „Sag mir, wer es war! Wer war das? Hat er das hat getan? Sag es mir!“
Die Antwort auf all seine Fragen liegt vor ihm und weigert sich zu atmen, obwohl sie es muss, weil so viel davon abhängt. Viel mehr als ihr eigenes dummes kleines Leben.
Aber sie atmet nicht.
Also macht Butenschön weiter, presst und pustet, bis er seine Hände nicht mehr spürt und seine Lunge zu platzen droht. Die Kraft verlässt ihn und plötzlich geht es ganz schnell, er ist matt und erschöpft, wie ein Wasserball, aus dem schlagartig die Luft rausströmt.
Und dann geschieht das Wunder.
Das Mädchen zuckt, es hustet, spuckt Wasser. Mit einem Mal ist wieder Leben in ihr, auch wenn Butenschön nicht im Ansatz versteht, von wo es zurückgekommen ist.
Die Drumherumstehenden raunen. Die Botschaft macht rasend schnell die Runde, wie die Wellen, denen das Kind beinahe zum Opfer gefallen wäre.
„Er hat es geschafft. Sie lebt!“
Mit einem Mal wird das Spaßbad seinem Namen wieder gerecht. Die Leute johlen, jubeln, klatschen, Fremde fallen sich in die Arme, einige weinen hemmungslos.
Butenschön bekommt davon nichts mit, sein Blick ist starr auf die Kleine gerichtet.
„Wer hat dir das angetan?“, presst er hervor.
Das Mädchen schaut ihn an und Butenschön liest in ihrem Gesicht, dass sie nichts weiß, rein gar nichts, nicht ein Wort von dem versteht, was er sie fragt.
„Ich bin ein Pferdchen“, antwortet sie schwach mit kieksigem Stimmchen. „Ein Pferdchen!“

Die Runde geht an Neun.
Butenschön weiß, wann er eine Schlacht verloren hat. Aber der Krieg geht weiter. Es schmeckt ihm nicht, aber er kann es nicht ändern. Obwohl er felsenfest davon überzeugt ist, gerade Zeuge geworden zu sein, wie Neun zum ersten Mal töten wollte, kann er sich nicht sicher sein. Immer noch nicht.
Butenschön wird weiter warten. Beobachten. Unter anderen Voraussetzungen, denn Neun kennt jetzt sein Gesicht, was es nicht leichter machen wird, den Jungen zu verfolgen. Aber das kümmert Butenschön kaum.
Ich bin gut genug, dass ich dich dennoch erwische. Ich erwische dich.
Doch für heute herrscht Waffenruhe.
Mit einem Mal ist Butenschön alles gleichgültig. Er umarmt das Mädchen, drückt es an sich. Tränen rollen über seine Wangen, die Schultern zittern. Es ist lange her, seit er zum letzten Mal geweint hat. Nach Eins, das weiß er noch, nach Zwei und nach Drei auch.
Nach Vier nicht mehr.
In der Zeitung wird später stehen, dass der unbekannte Held von Erleichterung übermannt worden sei.
Ein Fehler, der niemals korrigiert werden wird.
Plötzlich teilt sich die Menschenmenge, die das Mädchen und ihren Retter umgibt, und etwas Gewaltiges rollt auf Butenschön zu, eine Lawine aus Fleisch und Fett, die immer wieder „Mein Baby! Mein Baby! Mein armes, armes Baby!“ schreit.
Muttertier, denkt Butenschön automatisch, lässt das Mädchen los und schiebt es rasch als Schutzschild in Richtung der Furie. Diese packt das Kind und presst es an sich, so fest, als wolle sie es in sich hineinstopfen. Der Kopf der Kleinen verschwindet zwischen zwei absurd großen Brüsten, die mehr schlecht als recht von einem viel zu knappen, neongrünen Badeanzug zusammengehalten werden – und für einen kurzen Moment befürchtet Butenschön, dass das Mädchen ein zweites Mal an diesem an diesem Tag ertrinken könnte.
„Danke“, kreischt die Frau. „Sie haben sie gerettet. Mein Liebling. Meine Elfe.“
Dass sie Letzteres ernst meint, kann Butenschön auf ihrem linken Oberarm lesen, wo in gotischer Schrift der Name Arwen, ein circa fünf Jahre zurückliegendes Datum und ein knallrosa Herz eintätowiert sind.
Er nickt ihr zu und tritt einen Schritt zurück und dann sicherheitshalber noch einen.
„Schon in Ordnung!“ sagt er. „Goldig, ihre Kleine!“
Die Frau wuchtet sich hoch, will ihm folgen. Das Pferdemädchen hält sie wie ein Baguette unter dem Arm geklemmt. Das alles ist von beeindruckender Langsamkeit. Ein Gletscher, der kalbt.
„Sie sind ein Held“, sagt die Matrone mit Nachdruck und die anderen Leute nicken.
Butenschön sieht sich um. Das eine Gesicht, nach dem er sucht, fehlt.
Natürlich!
„Held!“, skandiert die Menge. “Held! Held! Held! Held!“ Es ist wie im Fußballstadion. Das Abbild einer Laola schwappt durch die Halle. Die Stimmung kippt ins Ballermanneske.
Butenschön winkt ab. Schüttelt den Kopf.
Zeit für einen Abgang.
Er wendet Mutter und Tochter den Rücken zu und eilt in Richtung der Umkleidekabine. Mit jedem Meter, den er sich entfernt, wird er unauffälliger. So wie sonst auch.
„Danke!“, kreischt ihm die Walküre schrill hinterher, die es glücklicher Weise aufgegeben hat, ihm zu folgen. Sie steht bebend da, schnauft kurzatmig und brüllt: „Sie sind ein Geschenk Gottes.“
Das ist so dämlich, dass Butenschön fast in ein Lachen ausbricht. Aber irgendwie schmeichelt es ihm auch, bei aller Absurdität, der Gedanke gefällt ihm. Ein Geschenk Gottes.
Warum eigentlich nicht?
„Möglich!“, sagt Butenschön zu sich selbst. „Das wird sich zeigen.“ Denn wenn Neun nur im Ansatz derjenige ist, den Butenschön in ihm sieht, und natürlich ist er das, dann ist Butenschön vielleicht wirklich ein Gottesgeschenk.
Ein Lächeln breitet sich auf Butenschöns Gesicht aus. Schief, schmallippig, und doch, wie er selbst nur allzu gut weiß, nicht unsympathisch.
Er nimmt sich vor, Neun heute keinen Gedanken mehr zu widmen.
Das wird früh genug sowieso wieder passieren. Von ganz allein.
Aber jetzt hat er anderes zu tun.
Mit einem Mal fühlt sich Butenschön seltsam beschwingt.

Und so geht er pfeifend seinem Tagewerk entgegen, raus aus dem Schwimmbad, rein ins Auto, um in eine andere Stadt zu fahren, wo Zweiundzwanzig wartet, eine rothaarige Sechsjährige, voller boshafter Tücke, die er auf dem Weg zur Klavierstunde abpassen wird, denn bei ihr, denkt sich Butenschön, bei ihr, gibt es nicht den geringsten Grund, noch länger zu warten.

 

Diese Geschichte wurde von einem Autor geschrieben, der hier im Forum angemeldet ist, es für diese Geschichte aber bevorzugt hat, eine Maske zu tragen.
Der Text kann, wie jeder andere Text im Forum, kommentiert werden, nach zehn Tagen wird die Identität des Autors enthüllt.

Als Kritiker kann man bis dahin Vermutungen über die Identität des Autors anstellen. Damit man anderen mit einem schlüssigen Rateversuch nicht den Spaß raubt, sind Spekulationen und Vermutungen bitte in Spoiler-Tags zu setzen.

*Beispiel *

Ich vermute, dass der Autor der Geschichte Rumpelstilzchen ist. Der schreibt doch auch immer von güldenem Haar und benutzt so viele Ausrufezeichen!

Schreibweise:
[spoiler]Ich vermute, dass der Autor der Geschichte ... [/Spoiler]
Die eckigen Klammern setzt ihr mit der Tastenkombination Alt-gr+8 bzw. Alt-gr+9.

Da dies jedoch kein Ratespiel ist, sind Beiträge ohne Textarbeit, also reine „Vermutungen“, nicht erwünscht.

Viel Spaß beim Kommentieren und Raten!

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Alles weitere rund um den Maskenball findet ihr hier.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Maske

Grossartig! Der Text funktioniert für mich auf der reinen Handlungsebene – er ist spannend und man liest gebannt weiter –, auf der Ebene des Erzählens – wie irr ist dein Erzähler, wie unzuverlässig seine Erzählung, habe ich mich ständig gefragt -, und auch, mit kleinen Einschränkungen, auf der moralisch-hintergründigen Ebene. Ich habe mich sehr gut unterhalten!

Mir ist allerdings nicht klar geworden, weshalb der Prot gerade bei Nummer Neun einen Beweis haben will. Das beisst sich doch mit dessen Gefährlichkeit, oder? Vielleicht, weil er so fasziniert ist von ihm? Weshalb eigentlich? Der Verweis auf die „besondere Aura“ hat mir da nicht gereicht, vielleicht habe ich aber auch den einen oder anderen Hinweis überlesen. AHA! Jetzt habe ich eine Hypothese, ich packe sie in Spoilerklammern:

Die moralisch-logische Sache ist natürlich sehr witzig, wenn auch - wer kennt „Dexter“ u.a. nicht – nicht besonders neu. Der Mörder, der Mörder tötet. Hypothese: Weil er nicht weiss, wen genau die Kinder später töten werden, ist es auch möglich, dass Nummer Neun deshalb ein Massenmörder wird, weil er die selbe Gabe besitzt, wie der Protagonist. Und deshalb spürt der Protagonist bei Nummer Neun eine besondere Aura: Er gehört zu Seinesgleichen!
Wenn das deine Idee war, verdammt, dann hast du das genau richtig dosiert!

Auch wird nicht klar, und das ist gut so, was mit dem Pferdchen genau geschehen ist. Überhaupt: Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Geschehen im Kopf des Protagonisten sind notorisch unscharf, das machst du verdammt gut, das Ganze nimmt so (alp-)traumhafte Züge an. Das ist vielleicht der Hauptgrund, weshalb mich die Geschichte so reingezogen hat.

Wie der Protagonist am Ende zum Held wird, zu so einem ganz anders gearteten Held, wie er es sonst ist, bzw. von sich selbst denkt, das fand ich ebenfalls gut gemacht.

Sprachlich inspirierend. Mir sind die „wie“ und „als ob“ aufgefallen. Das funktioniert fast immer, auch wenn es sehr gehäuft daherkommt, für mich an der Grenze. Koi-Karpfen, Insekt im Bernstein etc. Das hat mir schon gefallen. Ansonsten sehr souverän geschrieben. Da war ein Könner am Werk!

Den Anfang fand ich diesbezüglich am schwächsten. Da hat's so Formulierungen wie: "Gut gemacht, Volltrottel" / "Tja" / "Scheiss drauf". Das hat den Ton des abgeklärten, aber auch etwas tumben Typen, hat mir nicht gefallen. Der Protagonist wurde für mich erst etwas später interessant.

Zwei Stellen würde ich streichen oder eindampfen:

Es Butenschön wichtig, dass er das, was er tut, nicht aus niederen Beweggründen macht. Es bereitet ihm keinen Spaß, er findet keine Befriedigung darin. Butenschön ist kein sadistischer Perverser, der auf Kinder steht. Sie machen ihn nicht an, er geilt sich nicht an ihnen auf, schneidet niemandem das Pimmelchen ab oder steckt scharfkantige Gegenstände in irgendwelche Körperöffnungen.
Butenschön bringt sie nur um.

Genau das habe ich mir im Abschnitt vorher selbst gedacht, muss ich nicht lesen. Klingt auch so wie ein Metakommentar, an den Leser gerichtet.

Vielleicht ist er sogar ein neuer Adolf Hitler.

Ja. Das ist schwierig. Die „Would you kill baby Hitler?“-Frage ist einfach so prominent in den Köpfen. Wenn der Satz wegfällt, dann wird der Bezug zwischen Idee und Geschichte schwächer und das ist gut für die Geschichte, meines Erachtens.

Und dann habe ich noch zwei, drei Fehler gefunden, aber ich hatte keine Lust, mir die zu markieren, der Text war einfach zu gut für so was. Zwei habe ich wiedergefunden:

Es Butenschön wichtig

Da fehlt was

Mein kleine Elfe.“

Meine

Ein krass guter Text!

Schwierig, schwierig. Vor allem diese häufigen Vergleiche, die sind mir stilistisch bisher noch bei niemandem aufgefallen. Ich wage deshalb die These, dass der Text von jemandem stammt, von dem ich bisher noch nicht viel oder gar nichts gelesen habe. Spannend finde ich, dass für mich eine Frau oder ein Mann als VerfasserIn in etwa gleich wahrscheinlich ist.

 

Hallo Maske,

eigentlich wollte ich mich nicht schon wieder ins Getümmel schmeißen, dachte, na ja, dann liest du halt mal. Ich konnte aber nicht aufhören. Extrem spannend, obwohl ich die ganze Zeit denken musste, so was Ähnliches habe ich gelesen oder gesehen. Ich weiß aber nicht, wo.

Zuerst glaubte ich, einen selbsternannten Rächer zu begleiten. Dann wurden aber seine Wahnvorstellungen immer deutlicher, auch sein abgrundtiefer Hass gegen alle Menschen, für die er nur abfällige Bemerkungen übrig hat. Ein wirklich kranker Typ.

Sehr stark finde ich, wie der Spannungsbogen der Handlung mit dem der Charakterisierung parallel läuft.

Sprachlich kommt mir der Text sehr routiniert vor. Ich meine, der/die Autor/in hat in dem Genre schon einiges geschrieben. Horror findet sich nicht (nur) bei Untoten und Aliens, sondern im scheinbar alltäglichen Leben, zum Beispiel im Spaßbad.

Leider kann ich keinen Namen nennen, würde aber eine Autorin eher für unwahrscheinlich halten.
Bin gespannt auf die Auflösung.

wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Das ist eine dieser Geschichten, die für mein Gefühl besser keinen expliziten Tag tragen sollten. In diesem Fall ist es die vorauseilende Klassifizierung als „Horror“, die mich fast ein bisschen stört.
Einfach aus dem Grund, weil sie meine Erwartung von Beginn an in eine gewisse Richtung lenkt, in eine Richtung, bzw. in Gefilde, wo ich von Haus aus mit … äh, na ja, mit paranormalem Zeugs halt rechne, und mich mit dessen Existenz - so es gut beschrieben ist - auch abfinde. Mit so Zeugs, dass sich z.B. der Inbegriff des Bösen schlechthin - egal ob man‘s nun Teufel, Satan, Herrseibeiuns oder wie auch immer nennt - also dass sich dieses „Böse“ leibhaftig in einem Menschen manifestiert, oder dass Figuren von jenseitigen(?) Vorahnungen und Visionen geleitet werden. So eine irrationale Geschichte nehme ich dann in aller Regel aber auch nicht besonders ernst.
Was ich sagen will: Dieser Text, nein, nicht Text, diese großartige Geschichte würde auch ohne die Etikettierung „Horror“ funktionieren, vielleicht sogar noch eine klitzekleine Spur besser. Stünde z.B. lapidar „Alltag“ drüber, stünde mir als Leser nämlich das Schlupfloch nicht mehr offen, das Geschehen als im wirklichen Leben ohnehin nicht passieren könnend zu betrachten und dementsprechend mit der Schulter zu zucken. Ich wäre gezwungen, mich mit den real existierenden Abgründen der menschlichen Psyche auseinanderzusetzen, auszuloten zu versuchen, was zum Henker mit diesem Typen eigentlich los ist.
Ist er nur ein harmloser armer Irrer, der sich auf einem quasi heiligen Kreuzzug wider das Schlechte der Welt wähnt? In Wahrheit aber einem Hirngespinst aufsitzt, sich das alles nur zusammenfantasiert? Gibt es gar keine ermordeten Kinder? Ist er in Wahrheit der herzensgute Mensch, als der er sich letztlich bei der Rettung des Mädchens darstellt?
Oder ist er doch ein psychopathischer Serienmörder?
Aber egal, genau diese Mehrdeutigkeit machte die Geschichte für mich zu einem wirklich tollen Leseerlebnis. Auch wenn gerade zu Beginn der Erzähler mir ein bisschen zu geschwätzig wirkte, also da dreht er sich mit seinen Gedanken und Reflexionen für mein Gefühl ein bisschen zu sehr im Kreis, um nicht zu sagen, er tritt auf der Stelle. Aber die andauernd vorhandene Spannung half mir über diese etwas langatmigen Passagen hinweg.
Ja, eine tolle Story, sehr souverän geschrieben.


Und jetzt zum Unangenehmen:

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie verdammt lang die zehn Tage unter der Maske sein können, wenn man keinen Zugriff mehr hat auf den Text.
Wie zähneknirschend und haareraufend man da zehn Tage lang auf jeden Tippfehler, jeden Fallfehler, jedes vergessene Komma starrt, ohne sie verbessern zu können, ahne ich allerdings nur, wissen tu ich's nicht. Ich habe damals nämlich vorsorglich einen fehlerlosen Text eingestellt. :D
Was ich damit sagen will, Maske?

Guck mal:

Die Zeit scheint stehen geblieben [zu sein],

Ist wie ein Insekt, dass [das] lebendig von Bernstein umschlossen ist.
Das ist natürlich kein Fehler, aber so richtig passend erscheint mir der Vergleich auch nicht. Weil selbst das hartnäckigste Insekt die vielen Jahre, die Baumharz benötigt, um sich in Bernstein zu verwandeln, nicht überlebt. Ich würde einfach das Adjektiv streichen.

Automatisch checkt [er] sie durch,

sein Mund steht schon wieder speerangelweit offen.
Autsch!
sperrangelweit

Jedes Mal, wenn Planung von Nöten ist.
vonnöten (Ist ein Adjektiv.)

Neun […] sieht aus, als könne ihn [er] kein Wässerchen trüben.
(Auch Phrasen wollen korrekt wiedergegeben werden. :Pfeif:)

Jedes Mal kostet es ihn Überwindung hierhin [besser: hierher] zu kommen.
(Sorry, aber dieses Beharren auf der korrekten Verwendung von hin/her scheint sich bei mir schön langsam zu einer echten Obsession auszuwachsen.)

Es [ist] Butenschön wichtig, dass er …

Vorausgesetzt[,] Butenschön würde nicht vorher eingreifen.

dass er in gewisser Weise beinahe körperlich greifbar [zu sein] schien,

Butenschön hat alle Nummern im Kopf, jede Einzelne [einzelne] ist dort sorgfältig aufgelistet. Alle bis auf einen [eine; bezieht sich ja offenbar auf die Nummern].

Und während das Wasser Butenschön umgibt wie einen[?] Kokon,
Soll ich mir hier wirklich Butenschön als den Kokon vorstellen? Ein schiefes Bild irgendwie.

Abgrundtiefe Verzweiflung bemächtigt sich Butenschön,

Butenschön Blick fällt wieder auf den Körper des Mädchens,

doch der weißt [weist] ihn zurück,

Die Antwort auf all seine Fragen liegt vor ihn [ihm]

Viel mehr als ihr eigen[e]s dummes kleines Leben.

er ist matt und erschöpft, wie ein Wasserball[,] aus dem schlagartig die Luft rausströmt.

Die Botschaft macht rasend schnell die Runde, ist wie die Wellen, dem das Kind beinahe zum Opfer gefallen wäre.
Das Verb würde ich hier weglassen, weil es sich für mein Gefühl nicht mit dem Plural „die Wellen“ verträgt.

Es schmeckt ihn [ihm] nicht, aber er kann es nicht ändern.

Die Stimmung kippt ins [= in das] ballermanneske [ergo ein Substantiv: Ballermanneske].

Eine ganz schön lange Liste, was?
Deshalb vermute ich unter der Maske …

… Eisenmann, unser schlampiges Genie. Sprachlich trau ich ihm das allemal zu. (Dass er tolle Ideen toll umsetzen kann, hat er ja z.B. mit „Happy Hour“ eindrücklich unter Beweis gestellt, auch wenn er sich in letzter Zeit mit seiner Jack O’Grady-Klamotte ziemlich unter seinem Wert verkauft. :D)

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Maske,

was mir zuerst auffällt, ist die Souveränität, mit der das geschrieben ist. Das ist gekonnt formuliert und konstruiert. Ich musste es zweimal lesen, um die feine Konstruktion in ihren Details nachvollziehen zu können. Eine spannende und beeindruckende Geschichte. ernst offshore ist schon sehr gründlich drübergegangen, so bleibt nicht mehr viel zu korrigieren. Auch inhaltlich kann ich mich seinem Kommentar anschließen.
Ich habe diese Geschichte mit großem Vergnügen gelesen, mich in diese irre Gedankenwelt hineinziehen lassen und erlebt, dass der Autor es trotzdem schafft, mir Butenschön menschlich nahezubringen. Er ist ja nicht – wie auch offshore schon sagt – nur irre, er hat ja sehr menschliche Eigenschaften und Züge. Der mordet zwar, weil er die Welt vor potentiellen Mördern retten will, kann aber nicht zulassen, dass da jemand einfach so stirbt.

Genervt haben mich einige Erklärungen des Autors ( Peeperkorn hat schon darauf hingewiesen) und am Ende die Wiederholungen des Namens Butenschön:

Das ist so dämlich, dass Butenschön fast in ein Lachen ausbricht. Aber irgendwie schmeichelt es ihm auch, bei aller Absurdität, der Gedanke gefällt ihm. Ein Geschenk Gottes.
Warum eigentlich nicht?
„Möglich!“, sagt Butenschön zu sich selbst. „Das wird sich zeigen.“ Denn wenn Neun nur im Ansatz derjenige ist, den Butenschön in ihm sieht, und natürlich ist er das, dann ist Butenschön vielleicht wirklich ein Gottesgeschenk.
Ein Lächeln breitet sich auf Butenschöns Gesicht aus. Schief, schmal, aber nicht unsympathisch.

Während ich die Wiederholungen der Zahl ‚Neun’ akzeptiere, weil ich mir vorstellen kann, dass sie so in seinem Gehirn pulsiert, halte ich dies hier für eine Gedankenlosigkeit des Autors. Ich erkenne hier nämlich nicht ihren Sinn.

Auf jeden Fall eine gelungene Geschichte, die sehr professionell daherkommt.

Liebe Grüße
barnhelm

Aufgrund ihrer Professionalität hatte ich erst Fliege’, später dann Achillus im Sinn. Doch es gibt einige sprachliche Schwachstellen und auch die unnötigen Erklärungen des Autors, die beiden meiner Meinung nach so nicht passieren würden, so dass ich zu dem Schluss komme, dass hier nun wirklich (endlich) Eisenmann dahintersteckt. Jedenfalls jemand, der meint, dass alle Welt weiß, was KöPi ist.
Wieder einmal bin ich sehr gespannt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Maske,

ein sehr starker Text (jedenfalls besser als dein letzter :D)!

Peeperkorn hat schon die Parallelen zu Dexter angesprochen, die fallen natürlich auf, aber es gibt zum Glück auch große Unterschiede. So handelt Dexter ja (fast) strikt rational, er hat zwar einen Mordtrieb, aber seine Opfer werden immer gründlich und objektiv recherchiert, damit es keinen Falschen trifft. Butenschön hingegen hat ja gerade keine objektiven Beweise für die "Schuld" seiner "Ziffern" (die übrigens korrekterweise "Zahlen" sein müssten, sobald sie zweistellig sind), da deren vermeintliche Taten ja noch in der Zukunft liegen. Dafür muss er sich zum Töten erst überwinden (oder will uns/sich das zumindest weismachen). Insofern ein schönes Gegenstück zu Dexter, falls du über den überhaupt nachgedacht hast.

Die Idee, hellsichtig künftige Verbrechen verhindern zu wollen, hat mich außerdem ein bisschen an PK Dicks Minority Report erinnert. Aber während dort die Präkognition als Fakt angenommen wird und zudem sehr detailliert ist, hat Butenschön nur seine dumpfen (wenngleich sehr sicheren) Vorahnungen, ohne Genaueres sehen zu können. Und ob er tatsächlich Recht hat - tja, das ist ein spannender Punkt. Normalerweise würde man ja unterstellen, dass er schlicht verrückt ist. Aber gerade das hier geschilderte Geschehen deutet ja an, dass er - wider Erwarten des Lesers - doch Recht haben könnte. Es könnte aber natürlich auch Zufall sein, oder Butenschön bildet sich auch das Grinsen des Jungen usw. nur ein. Ich muss sagen, das ist sehr, sehr gut gemacht! :thumbsup:

Was du nur andeutest, sind Butenschöns Zweifel an der eigenen "Wahrnehmung" hinsichtlich der Verderbtheit seiner Opfer. Das müsste doch eigentlich jeden, der solche Visionen hat, eine Zeitlang stark umtreiben: Habe ich Recht, oder bilde ich mir das alles nur ein? Wir erfahren ja nichts über Butenschöns Leben vor seiner "Mission", aber er wirkt nicht dumm, sogar innerhalb seines paranoiden Weltbilds ziemlich rational. Deshalb würde ich erwarten, dass er relativ große Probleme damit hat, plötzlich solche Ahnungen - aus seiner Sicht ja sogar ein Wissen - zu haben. Ich hätte es spannend gefunden, das etwas stärker zu beleuchten, und wäre nicht böse gewesen, wenn du dafür einen oder zwei weitere Absätze spendiert hättest.

Nachtrag: Dies umso mehr, wenn ich auf den Titel schaue: Damit hast du es anscheinend zum Kern deiner Story erhoben, dass Butenschön seine noch vorhandenen Zweifel loswerden will. Dann möchte ich diese Zweifel aber erst recht weiter ausgebreitet sehen.

Denn solche Fragen sind auch außerhalb von Mordszenarien interessant: Wie gehe ich damit um, wenn ich etwas weiß, was sonst keiner weiß und was ich auch niemandem beweisen kann? Wenn ich Visionen habe, Gottes Stimme höre, Außerirdischen begegne, Verschwörungen sehe usw., von denen ich absolut überzeugt bin, alles glasklar, kein Zweifel möglich - aber eben auch kein objektiver Beweis vorhanden, den man anderen zeigen könnte. Bin ich dann verrückt? Was, wenn ich tatsächlich Recht habe und die anderen Unrecht? So ähnliche Fragen müssten sich ja auch Propheten und Religionsstifter stellen, falls sie nicht schon vor ihrer jeweiligen "Erleuchtung" sehr spirituell waren und ihre Akzeptanzschwelle für unerklärbares "Wissen" entsprechend niedrig ist.

Ich habe da für mich eine klare Antwort, aber ich will hier keinen Philosophenstammtisch eröffnen. Sicher ist es auch gut, dass du nicht den Tag "Philosophisches" gesetzt hast, den Anspruch hat dein Text wohl nicht (und würde ihn auch nicht erfüllen). Aber das sind so die Gedanken, die die Geschichte in mir anregt. (A Beautiful Mind kommt mir jetzt auch noch in den Sinn ...)

Auf der Negativseite schlagen ganz klar die kleinen Fehlerchen zu Buche, die ernst offshore ja schon aufgelistet hat; das wäre nicht nötig gewesen. Das ist aber nur ganz wenig Wasser in sehr gehaltvollem Wein.

Auch ich meine in diesem Text den lieben Eisenmann erkannt zu haben. Neben dem Genre, dem Stil und der cleveren Story sind es auch die bereits von Peeperkorn aufgespießten Geschwätzigkeiten wie "Gut gemacht, Volltrottel", "Tja" und "Scheiß drauf" - die scheinen mir aus den O'Grady-Geschichten rübergeschwappt zu sein. Meine o.g. Assoziation zu PK Dick tut ein Übriges.

Die Fehlerchen hingegen hätte ich auch Isegrims zugetraut. :D Aber ich bleibe dennoch bei meinem Tipp: Avengers, assemble!


Grüße vom Holg ...

 

Hi Maske,

eine gelungene und mitreißende Geschichte. Dabei eigentlich nicht unbedingt immer spannend - dazu dehnen sich die bedrohlichen Momente zu sehr, finde ich - aber eben innerlich mitreißend. Ich will beim Lesen wissen, was es mit dieser merkwürdigen Gabe auf sich hat, ob der Typ verrückt ist oder recht hat. Und weil das letztlich hervorragend unklar bleibt, kriegst du es auch hin, dass die Frage weiter nagt: was macht man eigentlich, wenn man solche Überzeugungen hat und mit ihnen alleine steht? Alles in allem ist dieses Schwanken zwischen Held und Verbrecher für mich wirklich packend gewesen. Gelungen fand ich dabei auch die Wiederkehr der Frage in einem anderen Gewand, als er dann wirklich ein Leben rettet - und auch diese Tat nicht frei von zwiespältigen Haltungen ist. (Jetzt könnte man gegen das Heldentum des Retters vielleicht einwenden, dass der sich gar nicht in Gefahr hat begeben müssen. Aber er hat die Verantwortung für das Leben des Mädchens übernommen, das reicht vermutlich.)
Ein Problem gibt es natürlich, wenn man die Möglichkeit offen sein sollte, dass der Typ wirklich, gegeben die Unabweisbarkeit seiner Erlebnisse, aus seiner Sicht und nach bestem Gewissen richtig handelt. Er hat halt letztlich kein echtes Problem damit, Kinder umzubringen. Dadurch bleibt er ganz klar ein Psychopath, wenn auch einer, dem man subjektiv gewisse mildernde Umstände zugestehen kann. Ich weiß nicht, ob das anders sein sollte. Gegen Geschichten über Psychopathen ist ja an sich nichts zu sagen. Ich frage mich nur: Könnte man es überhaupt anders machen, also so, dass es wirklich gas offen bleibt, ob der Typ ein Held oder ein Psycho ist? Die Überlegung finde ich reizvoll, aber sie muss dich nicht weiter kümmern.

Zur Umsetzung noch das eine oder andere:
Am Anfang, als der Protagonist vom Pferchen zu Boden geschickt wird, dauert mir zu lange. Er fällt einfach zu lange. Es gibt zwar diese Erlebnisse von gedehnter Zeit, aber hier ist es mir trotzdem eine Spur zu zäh. Zumal etwas Ähnliches wiederkehrt als er später untertaucht. Hier hab ich sogar ein konkretes Beispiel:

Butenschöns Lippen verziehen sich zu einem verstehenden Grinsen. Selbst schuld, denkt er.
Klingt, als hätte er alle Zeit der Welt, um darüber nachzudenken. Die Szene wirkt aber doch eigentlich nur dann glaubwürdig, wenn sie sich nur über einen winzigen Moment erstreckt, oder? Er wird umgerannt, im nächsten Moment klärt sich die Sache auf. Dazwischen kann alles mögliche im Kopf passieren, aber eben nicht im Körper...

Die Zeit scheint stehen geblieben, Butenschön ist gefangen im Moment. Er harrt aus, was soll er auch sonst tun? Ist wie ein Insekt, dass lebendig von Bernstein umschlossen ist.
Irgendwann hält er es nicht mehr aus.
Oder sagen wir: es ist zumindest leicht widersprüchlich formuliert. Dauert es nun eine Weile oder ist er gefangen im Moment?


Er reißt die Augen auf und sucht nach dem vertrauten Gesicht.
Auch das dauert mir zu lange, wenn das Mädchen direkt auf ihm hockt. Wo soll er da suchen?

Aber sonst: Schöne Bilder. Auch die Idee mit dem Pferdchen. Und wie er freundlich reagiert, so dass man sieht: er ist eben nicht der einseitig Böse.

Trotzdem mustert er sie gründlich. Automatisch checkt sie durch, fixiert ihren Blick wie ein Hypnotiseur.
So, wie er es immer macht. Um ganz sicher zu gehen.
Eine Sache von Sekunden und reine Routine, denn er weiß schon jetzt, dass er nichts finden wird. In der hier steckt nichts Böses. Nur grenzenlose Dummheit.
Dieses Scannen kommt mir verfechtbar vor. An der Stelle versteht man es noch nicht, später hatte zumindest ich es vergessen. Er schaut ja eh alle Kinder so an, nicht nur die, die auf seiner Brust hocken.

Seiner verfluchten Gabe.
Das ist dann auch ganz glaubwürdig durch die Vorbereitung. Er will das wirklich nicht. Gut auch, dass man rätselt: Welche Gabe? Irgendetwas hässliches, so viel ist klar, ich wollte es wissen und bin drangeblieben.

Die Wucht der Emotionen, die Neun in ihm auslöst, erstaunt ihn immer wieder aufs Neue.
Im Schwimmbad-Setting erwartet man wahrscheinlich am ehesten jemanden mit einer erotischen Störung, jedenfalls dachte ich so. Gleichzeitig hatte ich den Verdacht, dass es doch etwas anderes ist. Ich weiß nicht, warum, aber wahrscheinlich ist es halt einfach gut gemacht.

Ein Tsunami aus dunklen Gefühlen drischt auf ihn ein,
"Tsunami" finde ich da fast ein bisschen abgedroschen... Fänd ich besser ohne.

Nummer Eins wird töten!
Ich hätte hier immer noch auf den Pädophilen getippt, der sich sein Vergehen dadurch rechtfertigt, dass die Jungs eh schon Schufte sind. Das passt über die ganze Länge.


Doch inzwischen geht es ihm viel leichter von der Hand. Man könnte fast sagen, dass Butenschön mittlerweile ein Händchen dafür hat.
Schöner fänd ich vielleicht, wenn es ihm immer noch gar nicht leicht von der Hand ginge. Technisch ja, aber seelisch nicht. Könnte eventuell wirkungsvoller sein.

... manchmal zweifelt sogar Butenschön. „Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Möglich wäre auch: "Wenn ich mich täusche" (statt böse) - Mir kommt das gerade eindringlicher vor. Dagegen würde ich mir hier
Was, wenn all diese Kinder völlig grundlos sterben mussten?“
sogar die härtere Variante: "wenn ich sie grundlos getötet habe" gefallen lassen.

Was, wenn ich derjenige bin, der böse ist?
Hier passt das hervorragend - finde ich. Und eben noch besser als Steigerung...

Ich muss jetzt mal Schluss machen. Aber für einen Tipp reicht es noch!

Ich tippe jetzt einfach immer den Eisenmann, bis er es mal ist. Aber außerdem ist er es ja auch: "KöPi" und "der Lütte"... Aber ich hab da noch was aufgespürt:
Was sonst soll der harte Schwinger in meine Magengrube bedeuten, den ich als Antwort kassiere.
Und jetzt:
bevor jemand einen festen Schwinger zielgenau in seiner Magengrube platziert
Na gut, vielleicht ein etwas billiger Beleg, so als ob das keine häufig vorkommenden Formulierungen wären. Aber Thema und so passt ja auch, soweit ich das abschätzen kann, zur eisernen Maske

Besten Gruß an die Maske
erdbeerschorsch

 
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Hallo Maske,

ich habe ein bisschen das Gefühl, dass die Geschichte, die du im Kopf hattest, als du anfingst, eine etwas andere war, als die, die am Ende rausgekommen ist.

Maskenball schrieb:
Scheiße, denkt Butenschön, während er mit geschlossenen Augen liegen bleibt und auf das Unvermeidliche wartet. Jetzt hat der Bastard mich doch tatsächlich zuerst erwischt.
Es verblüfft ihn, dass es ausgerechnet hier passiert, im Spaßbad, vor so vielen Zeugen. Aber warum eigentlich nicht? Butenschöns Lippen verziehen sich zu einem verstehenden Grinsen.
Selbst schuld, denkt er.
Hier dachte ich, dass wir im Bandenmilieu o.ä. unterwegs sind. Butenschön ist ein Auftragskiller und "der Bastard" sein nächstes Opfer, nur das das Opfer nicht ahnungslos ist - eine klassische "der-Jäger-wird-zum-Gejagten"-Geschichte also. Was daraus geworden ist - der "Bastard" ist ein achtjähriger Junge, der keinen Grund hat, etwas Böses vom Herrn Butenschön zu erwarten - passt m.E. nicht zu dieser Eingangsszene. Etwas haut ihn derart fest in die Magengrube, dass er ausgestreckt liegenbleibt, und er glaubt, dieser Junge hat es auf ihn abgesehen? Geschweige denn drauf? Sorry, nee, das entbehrt jeder Logik. Und die Aufklärung ist kaum besser. Weder, dass ein kleines Mädchen ihn so zurichten könnte, noch die Reaktion des Mädchens nach dem Zusammenstoß passt, finde ich.

Dann kommt ein länglicher Diskurs über die Moralität seines Vorhabens, und das bevor ich weiß, worum es überhaupt geht. Hier wird der Spannungsbogen für mein Empfinden etwas übergespannt. Schön und gut, wenn der Leser ein bisschen auf die Folter gespannt wird, aber mir hat das an der Stelle zu lange gedauert. An der Stelle wäre ich beinahe abgesprungen.

Dann erfahre ich, dass es ums Töten "besonderer" Kinder geht, aber nicht, was am Nummer neun so besonders sein soll - außer vielleicht, dass er noch schlimmer ist als alle anderen, was sich schlecht mit Butenschöns Zweifeln gerade bei diesem Jungen verträgt. Denn bei den weniger schlimmen kennt er ja kein Zögern.

Danach nimmt die Geschichte Fahrt auf und wird richtig spannend. Wie Butenschön sich dem Jungen nähert und ich denke, jeden Moment passiert es, und dann biegt er im letzten Moment ab, das war große Klasse! Und dann die Wendung mit dem Mädchen (OK, es hätte vielleicht nicht ausgerechnet dasselbe Mädchen wie am Anfang sein müssen), das hat dem bis dahin recht geradlinigen Plot noch eine interessante Wendung gegeben.

Alles in allem gut und spannend geschrieben, obwohl die erste Hälfte deutlich gestrafft werden könnte. Wer es sein könnte, nun, da fehlt mir das Gefühl für die individuellen Schreibstile hier, aber ich denke, wenn so viele dasselbe sagen, dann wird wohl etwas dran sein:

Eisenmann

Peeperkorn, gegen deine Theorie spricht Folgendes:
Wenn der Junge dieselbe Gabe hat wie Butenschön und deswegen das Mädchen töten will, dann müsste ja Butenschön selbst die Aura des Mädchens wahrnehmen können.

 

Hallo Maske,

ich hatte etwas Mühe, in deinen Text einzusteigen und hätte beinahe die Lust verloren. Aber ich bin glücklicherweise dran geblieben.

„Neun!“, flüstert Butenschön mit Nachdruck.
„Flüstern“ und dann ein Ausrufezeichen?

„Neun“, bloß dieses eine Wort, wieder und wieder, wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat: „Neun! Neun! Neun! Neun…“, als ihn plötzlich der Schlag trifft.
„Neun.“ Bloß dieses eine Wort, wieder und wieder, wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat: „Neun! Neun! Neun! Neun (Drei Punkte)“, als ihn plötzlich der Schlag trifft.

einen festen Schwinger zielgenau in seiner Magengrube platziert.
Ein kleines Mädchen platziert ihm einen festen Schwinger?
Unglaubwürdig. Oder du hättest das als sein Empfinden/Gefühl inszenieren müssen.

Butenschön ballt die Hände zu Fäusten und ergibt sich seinem Schicksal. Er kann es nicht ändern.
Aber es passiert nichts.
Finde es sehr merkwürdig, dass er da die ganze Zeit die Augen geschlossen hält.

Ist wie ein Insekt, dass lebendig
Insekt, das

lebendig von Bernstein umschlossen ist.
Das geht nicht. „Umschlossen wurde“ würde gehen, da das Insekt ja (schon) tot ist.

Das Kind blickt noch immer zu ihm hoch,
Er ist zuvor zusammengesackt und auf den Fliesen gestürzt und das Mädchen sitzt auf seinen Brustkorb.
Wie kann sie da hochblicken?

sein Mund steht schon wieder speerangelweit offen.
Bei dieser Schreibweise von “sperrangelweit“ (weiter unten noch Mal) verhärtet sich mein Verdacht auf den Autoren (zumindest bis zu dieser Textstelle). habe ich ihm genau das doch schon Mal „angekreidet“ :Pfeif:

jetzt bloß noch die Tauben scheißen.
Auch diese “Fäkalsprache” hier - und später immer wieder - spricht für meine Vermutung.

Gegen seinen Willen muss Butenschön lächeln. Mit einem Mal ist er seltsam milde gestimmt.
Gott sei Dank gibt es auch solche.
“Solche” was? Willen, Male, Mädchen, Kinder …?

„Na los, Kindchen! Zieh Leine!“, sagt er mit sanfter Stimme.
„sanfte Stimme“ und Ausrufezeichen: :confused:

Das Mädchen grinst jetzt auch und läuft dann wackelnd und ohne jede Anmut los. Trampelt trabend in Richtung Strudelbecken.
Doppelt bzw. dreifach: Wackelnd, ohne Anmut, trampeln.
Zu viel der Beschreibungen.

Seiner verfluchten Gabe.
Den Ziffern.
Später kommt u.a. 20 vor. Das ist keine Ziffer mehr, sondern eine Zahl. :klug:

Neun steht in der Schlange vor dem Hurrican Loop, einer absurd steilen Riesenrutsche, den Arm lässig in die Hüfte gestemmt und (er) sieht aus, als könne ihn kein Wässerchen trüben.

Ich müsste darauf vorbereitet sein, denkt er. Aber (er) ist es nicht.

„Du fantasierst“, sagt er sich. „Er ist ein Kind! Nichts weiter.“
sagte er sich oder: hatte er sich gesagt.
Das ist doch ein Rückblick …

Mit den für sein Alter typisch schlaksigen Bewegungen rennt er um die Ecke,
Schlaksigkeit ist doch keine Frage des Alters.

Der atmet tief durch.
Butenschön atmet tief durch. (Der Fokus war doch zuvor auf den Jungen.)

Für jeden Außenstehenden sieht er aus wie ein stinknormaler Mittfünfziger, der gelangweilt einem Jungen beim Planschen zusieht.
Wenn es so aussieht, dass er einem Jungen zusieht, ist das ja sehr auffällig. Hätte gedacht, dass er schon viel unauffälliger agiert (als wenn er kein spezielles Kind beobachtet).

Neun! Neun! Neun! Neun! Neun!
Mich persönlich nerven diese ewigen Wiederholungen.
Auch das Hin und her zwischen „sicher“, „unsicher“, was ich viel zu lang finde.

Ein Monster, das sich in einem Jungen verwandelt hat.
Das gefällt mir.

Aber Butenschön ist schon lange kein Anfänger mehr.
Ich denke doch. Warum sollte er (siehe oben) wie jemand wirken, der ein spezielles Kind beobachtet?

Die Erkenntnis trifft Butenschön wie ein Keulenschlag. Ein letzter Funken Vernunft hat in seinem Gehirn eine Atombombe gezündet, und die Erschütterung lässt Butenschön mit einem Schlag ausnüchtern.
Die ganze Szene, wie er immer eine Armlänge näherkommt, ist viiiiiel zu lang. Ich habe mich dabei erwischt, den Text nur noch überfliegen zu wollen. Das killt die Spannung.

Und obwohl es Butenschön nicht sieht, ist ihm klar, dass Neun grinst. Breit und boshaft, bis über beide Ohren. Das Grinsen des Jungen brennt sich auf Butenschöns Seele ein – und er versteht.
Neun hat es getan.
Das ist die beste Stelle im Text.

Butenschön Blick fällt wieder auf den Körper des Mädchens
Butenschöns Blick

Von den Offiziellen ist keiner zu sehen. Auch sonst hilft niemand.
„Offiziellen“? Hm … Nennt man so die Bademeister?

doch der weißt ihn zurück,
doch der weist ihn zurück,

Eine Lala schwappt durch die Halle. Die Stimmung kippt ins ballermanneske.
Laola. ballermannaeske.

Trotz einiger holprigen Formulierungen bzw. Fehlerchen (die ja nichts mit dem Inhalt zu tun haben) hat mir die Geschichte gut gefallen.
Auf jeden Fall auch eine sehr gute Idee!
Danke fürs Mitmachen beim Maskenball. :D

Liebe Grüße,
GoMusic


Zuerst dachte ich an Ronnie, später an Eisenmann. Mein Tipp: 20 zu 80.

 

Hallo Maske

Also damit ich das richtig verstehe: Du erzählst die Geschichte eines Serienmörders, der ernsthaft zwanzig Kinder in Deutschland getötet hat, und immer noch frei herumläuft? Findest du das nicht etwas absurd? Vor allem, wenn er dabei nicht gerade subtil vorgeht, und beispielsweise eines der Kinder in einem öffentlichen Schwimmbad ertränken oder ein anderes "auf dem Weg zur Klavierstunde" abpassen will. Ich halte das für ziemlich überzogen und frage mich, warum du es mit der Opferzahl dermaßen übertreibst. Warum nicht drei Opfer? Oder vielleicht fünf? Warum zwanzig?

Aber vielleicht übersehe ich was, vielleicht ist das Absicht von dir. Das Tolle an der Geschichte ist ja, dass sie mit den Erwartungen des Lesers spielt und der Erzähler völlig unzuverlässig ist. Es wird ja schnell klar, was es mit Nummer Neun auf sich hat. Zunächst dachte ich, man beobachtet das Innenleben eines Psychopathen, aber dann hatte ich schon während des Lesens die Idee - was, wenn es doch wahr ist und Butenschön tatsächlich aufgrund einer übersinnlichen Gabe die "schlechten" Menschen herauspickt?

Diese Erwartung scheinst du kurzfristig auch zu bedienen, wenn du Nummer Neun grinsen lässt, als das bewusstlose Mädchen im Wasser treibt:

Der Junge steht in der Nähe des Mädchens, ganz nah, und erst jetzt fällt es Butenschön auf: am nächsten von allen. Neun guckt nicht, zumindest nicht direkt. Er vergäbt sein Gesicht in den Händen.
Und obwohl es Butenschön nicht sieht, ist ihm klar, dass Neun grinst. Breit und boshaft, bis über beide Ohren.

Das ist eine tolle Stelle, aber auch hier kann man sich auf den Erzähler nicht verlassen. Wenn er also am Ende des Textes "pfeifend" von dannen zieht, ist es wohl doch so, dass er sich seine Gabe nur einbildet - und vielleicht darüber hinaus auch die anderen Opfer. Man erfährt ja sehr wenig - wie tötet er sie, was macht er mit ihnen, wie verheimlicht er seine Verbrechen, was macht er sonst noch im Leben? Das ist alles ja sehr vage gehalten.

Vieles an dem Text gefällt mir ausgesprochen gut. Er ist spannend geschrieben und auf den Höhepunkt im Schwimmbecken zugeschnitten. Wie Butenschön das Mädchen wiederbelebt - nicht um des Lebens Willen, sondern um sich abzusichern - ist grandios; die Haltung dahinter einfach nur krank, aber das ergibt sich direkt aus den Motiven des Protagonisten. Das wirkt sehr "rund" an der Stelle, fügt sich wirklich schön zusammen, und es funktioniert.

Dann hast du einige tolle Wendungen drin, die mich sehr in den Text gezogen haben. Dass Butenschön Nummer Neun erstmal am Leben lässt, dann aber plötzlich ein anderer Körper durchs Becken treibt. Dass es möglicherweise Nummer Neun war, der das zu verantworten hat - das ist schon ein tolles Hin und Her. Auch dass man plötzlich erfährt, dass es nach Nummer Neun schon weitere Opfer gibt - damit rechnet man anfangs ja gar nicht. Klar, wie gesagt, mit der Zahl übertreibst du es völlig, aber allein die Idee finde ich toll.

Manche Dinge haben mir weniger gut gefallen. Das Intro mit dem Mädchen ist überflüssig.

Der Aufprall auf dem gefliesten Boden ist hart und schmerzvoll.
Scheiße, denkt Butenschön, während er mit geschlossenen Augen liegen bleibt und auf das Unvermeidliche wartet. Jetzt hat der Bastard mich doch tatsächlich zuerst erwischt.

Finde ich übertrieben, wenn man bedenkt, dass "nur" ein Kind in ihn rennt. Klar spielt das Mädchen nachher noch eine Rolle, aber muss man es dafür hier zu Beginn so einführen? Ich denke nicht.

Dann haben wir diese Stelle:

Denn sollte sich Butenschön bei Neun irren – bei Neun, wo jeglicher Irrtum zu 100 Prozent ausgeschlossen ist, schlicht und einfach nicht vorstellbar, absolut unmöglich … aber wenn ... wenn Neun wider aller Wahrscheinlichkeit und entgegen aller Überzeugung kein Mörder ist ... kein Mörder wird, dann ...
Allein der Gedanken reißt die Tore zur Hölle speerangelweit auf und Butenschön erlaubt es sich nicht, ihn zu Ende zu führen.

Hier kann ich den Gedanken nicht ganz folgen. Mir ist nicht klar geworden, worin sich Nummer Neun von allen anderen unterscheidet, und warum sich Butenschön hier sicherer sein muss als bei allen anderen. Die Überlegungen fand ich irgendwie verworren, ähnlich dem hier:

Mitleid durchströmt Butenschön. Es ist alles seine Schuld. Die Kleine ist die Leidtragende seines Wunsches nach Gewissheit. Sie ist seinetwegen gestorben. Ein Bauernopfer in einem Spiel von Mächten, das ihren eingeschränkten Horizont kilometerweit übersteigt.

Das mit den "Mächten" kommt ein wenig aus dem Nichts, auch das Mitleid passt nicht so richtig rein, da gefällt mir - wie oben erwähnt - die Fokussierung auf die eigene Absicherung als Motivation, ihr Leben zu retten, deutlich besser.

Dann finde ich auch die Stelle am Schluss zu sehr in die Länge gezogen, wenn ihm alle danken wollen. Das Ende wäre vielleicht besser, wenn es knapper wäre, das würde vielleicht auch den Höhepunkt noch etwas mehr betonen. Dass alle plötzlich "Held" rufen - weiß nicht, finde ich komisch, und hat auch keine direkte Relevanz mehr für den Text, da er sich wohl so oder so auf den Weg zu Nummer 22 aufgemacht hätte.

Ich finde es gut, dass du Butenschön an den eigenen Taten zweifeln lässt. Das gibt ihm eine menschliche Komponente und passt in meinen Augen besser als bspw. das Mitleid mit dem bewusstlosen Mädchen. Butenschön selbst sieht das Böse ja als etwas Absolutes an, das einem Menschen quasi von Geburt an innewohnt, und dem man nicht entrinnen kann - das ist eine ziemlich fatalistische Sicht, und es ignoriert den Punkt, inwieweit ein eigentlich "guter" Mensch durch äußerliche Einflüsse im Lauf seiner Entwicklung "böse" werden kann. Das ist eigentlich ein spannender Punkt, den der Text jedoch ausblendet.

Also, insgesamt finde ich den Text toll. Da steckt viel drin, das ist echter Horror ohne Übersinnliches, wirklich gut gemacht!

Ich hab beim Lesen an Peeperkorn gedacht, ihm würde ich einen solchen Stoff zutrauen, aber erstens ist sein letzter Maskenball-Text noch nicht lange her und zweitens wäre es schon ziemlich frech, den eigenen Text gleich im ersten Kommentar in den Himmel zu loben :) (auch wenn sich manche Masken ja schon selbst kommentiert haben). Also ist er es wohl nicht, aber sonst kam mir niemand Konkretes in den Sinn.

 

Es darf noch fleißig kommentiert werden, morgen schon lüftet sich die Maske ...

 
Zuletzt bearbeitet:

So, Maske weg, endlich wieder frei atmen...

Und heraustritt – nein, es ist nicht der Eisenmann (sorry wegen der vielen „Verdächtigungen“...) – sondern svg.

Ja, ist schon spannend, mal Textkritiken unter solchen Umständen mitzuerleben. Und auch ein bisschen quälend, weil man nichts ändern, nichts erklären kann, einfach warten muss, bis sich der Schleier lüftet.
Bevor ich auf die einzelnen Kommentare eingehe, eine kurze Vorbemerkung.

Eigentlich hatte ich die Geschichte gar nicht als Maskenball-Text geplant – obwohl ich dieses Experiment von Anfang an sehr spannend finde. Eigentlich bin ich aber derzeit zu wenig hier aktiv, so dass zumindest der Rateteil nicht ganz fair war. Wobei: Das Raten soll ja nicht im Vordergrund stehen, insofern geht das glaube ich schon in Ordnung (zumal ich ja formell alle Bedingungen erfülle).

Wie auch immer: Ich habe die Geschichte als Maskenballtext schließlich gepostet, weil ich nicht wirklich weiterwusste. Das Ding ist fertig geworden, aber ich war mir ganz lange echt unsicher, ob das, was ich damit erreichen wollte, auch funktioniert. Für mich war das ein Text, der, wenn ich ihn selbst durchgegangen bin, mich entweder total zufrieden gestellt oder ungemein gefrustet hat, je nachdem meine Stimmung gerade war. Insofern war es sehr interessant die Meinungen dazu zu lesen. Und das Nicht-umgehend-darauf-antworten-können hat auch ein bisschen meinen Kopf wieder freigeblasen, denn in den Tagen vor dem Posten hat mich die Arbeit an dem Text doch ziemlich gefangen.

Ganz kurz: Die Idee zu dem Teil ist mir übrigens wirklich im Spaßbad gekommen, als ich dort einen Mann beobachten konnte, der irgendwie nur einem einzigen Kind hinterhergeguckt hat – und offenbar nicht mit diesem Kind zusammen da war. Natürlich hatte das wahrscheinlich einen ganz harmlosen Hintergrund ... aber die Idee war halt plötzlich da.

So zu den Kommentaren:

@Peeperkorn

Grossartig! Der Text funktioniert für mich auf der reinen Handlungsebene – er ist spannend und man liest gebannt weiter –, auf der Ebene des Erzählens – wie irr ist dein Erzähler, wie unzuverlässig seine Erzählung, habe ich mich ständig gefragt -, und auch, mit kleinen Einschränkungen, auf der moralisch-hintergründigen Ebene. Ich habe mich sehr gut unterhalten!
Das tat gut und gibt einem gleich ein bisschen Sicherheit. Ist ein bisschen wie eine 5:0 Halbzeitführung im WM-Halbfinale gegen Brasilien. Zu weit hergeholt. Ist ja nur ein Beispiel. (Aber zu Beispielen später mehr ;). Dein Kommentar war natürlich ein Traumeinstand für mich und hat einiges an meinen Befürchtungen relativiert. Dafür schon mal herzlichen Dank!

Mir ist allerdings nicht klar geworden, weshalb der Prot gerade bei Nummer Neun einen Beweis haben will. Das beisst sich doch mit dessen Gefährlichkeit, oder?
Das war ein Punkt, bei dem ich sehr mit mir gekämpft habe. Letztlich geht es mir vor allem um eines bei dem Text: Ich will alle Möglichkeiten offen lassen – ohne zu enttäuschen, weil es nicht die Lösung gibt. Oder anders formuliert: Alles ist möglich, aber es ist dennoch nicht beliebig. Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber aus diesem Grund habe ich mich diesen Punkt bei der „Beziehung“ zwischen Neun und Butenschön ziemlich vage gehalten.
Mein Gedankengang war folgender: Für Butenschön ist Neun (gefühlt und gewusst) das absolut Böse, also ist es für ihn zu einhundert Prozent klar das Neun töten wird, noch klarer als bei all den anderen Nummern. Sollte Neun sich aber nicht zum Mörder entwickeln – also derjenige bei dem er es mehr als sicher zu wissen glaubt – wären all seine Wahrnehmungen und Überzeugungen hinfällig und Butenschön wäre selbst der Wahnsinnige. Er muss Neun also leben lassen, um zu sehen, ob seine Annahme auch eintritt.
Das Risiko ist Butenschön bewusst, es quält ihn, aber er muss es aus seiner Sicht in Kauf nehmen.
Zu deiner Spoilervermutung: Das ist sehr spannend, weil ich genau das als eine Möglichkeit durchgespielt habe, diesen Aspekt dann aber wieder – bis auf ein paar Andeutungen. Habe es dann aber wieder reduziert, weil es mir zu geballt und zu gewollt rüberkam. Dass du es dennoch rausgelesen hast, war für mich übrigens ein Sechser im Lotto. Übrigens – weil es später angesprochen wird – ich empfinde es nicht als Widerspruch, dass Neun dann eventuell das Pferdemädchen zu killen versucht, weil er ja dennoch böse sein und sich an Gott und der Welt vergreifen kann.

Auch wird nicht klar, und das ist gut so, was mit dem Pferdchen genau geschehen ist. Überhaupt: Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Geschehen im Kopf des Protagonisten sind notorisch unscharf, das machst du verdammt gut, das Ganze nimmt so (alp-)traumhafte Züge an. Das ist vielleicht der Hauptgrund, weshalb mich die Geschichte so reingezogen hat.
Darüber habe ich mich total gefreut, denn genau diese von dir angesprochene Grenze war das Ziel und ebendas, was mich je nach Laune jubilieren oder hadern lassen hat.

Sprachlich inspirierend. Mir sind die „wie“ und „als ob“ aufgefallen. Das funktioniert fast immer, auch wenn es sehr gehäuft daherkommt, für mich an der Grenze. Koi-Karpfen, Insekt im Bernstein etc. Das hat mir schon gefallen.
Ich mag Vergleiche und benutze gern welche, aber es stimmt, hier habe ich bewusst sehr viele eingebaut (und bin mir nicht sicher, ob es nicht sogar zu viele sind).
Aus zwei Gründen habe ich mich dafür entschieden:
1. Ich finde, dass dadurch die wirre Gedankenwelt Butenschöns gut widergespiegelt wird.
2. Ich habe vor kurzer Zeit „Wassermusik“ von T.C. Boyle gelesen (unbedingt lesen!!!). Was der in dem Buch an Bildern und Vergleichen um sich wirft, ist unglaublich, das zu lesen wie ein Feuerwerk aus Metaphern. Als ich mich darauf eingelassen, war das echt ein Lesegenuss. Ich gaube, ich habe mich da unterbewusst verleiten lassen. Und nein, ich will mich nicht mit Boyle gleichsetzen ;) ...

Den Anfang fand ich diesbezüglich am schwächsten. Da hat's so Formulierungen wie: "Gut gemacht, Volltrottel" / "Tja" / "Scheiss drauf". Das hat den Ton des abgeklärten, aber auch etwas tumben Typen, hat mir nicht gefallen. Der Protagonist wurde für mich erst etwas später interessant.
Spannend, weil ich diesen speziellen Tonfall erst unmittelbar vor dem Posten eingebaut habe. Ich hatte das Gefühl Butenschön am Anfang härter darstellen zu müssen. Aber genau das war am Ende mein Problem mit dem Text, ich habe mich in da ein bisschen in einen Rausch geschrieben. Mit zehn Tagen Abstand sehe ich diesen Tonfall auch als unnötig an und werde das in Kürze ändern.

Zwei Stellen würde ich streichen oder eindampfen:
Zitat von Maskenball
Es Butenschön wichtig, dass er das, was er tut, nicht aus niederen Beweggründen macht. Es bereitet ihm keinen Spaß, er findet keine Befriedigung darin. Butenschön ist kein sadistischer Perverser, der auf Kinder steht. Sie machen ihn nicht an, er geilt sich nicht an ihnen auf, schneidet niemandem das Pimmelchen ab oder steckt scharfkantige Gegenstände in irgendwelche Körperöffnungen.
Butenschön bringt sie nur um.
Genau das habe ich mir im Abschnitt vorher selbst gedacht, muss ich nicht lesen. Klingt auch so wie ein Metakommentar, an den Leser gerichtet.
Hielt ich beim Schreiben für total wichtig, denke ich aber jetzt noch mal ganz stark drüber nach. Die Frage ist halt... versteht man das wirklich ohne (und ja, ich weiß, was Jimmy dazu sagen würde ;) :D )
Zitat von Maskenball
Vielleicht ist er sogar ein neuer Adolf Hitler.

Ja. Das ist schwierig. Die „Would you kill baby Hitler?“-Frage ist einfach so prominent in den Köpfen. Wenn der Satz wegfällt, dann wird der Bezug zwischen Idee und Geschichte schwächer und das ist gut für die Geschichte, meines Erachtens.


Zustimmung. Hitler kommt raus. Too much und zu abgegriffen. Wäre stattdessen Pol Pot genehm? Den hatte ich ursprünglich drin. Oder gar keinen Namen?

Die Fehler mach ich heute Abend raus. Danke fürs Finden und Zeigen.
Vielen Dank für deinen Kommentar, Peeperkorn, es war mir ein Fest ihn zu lesen, hat mich wirklich sehr gefreut.

LG von svg (der übrigens ein Kerl ist ;))
P.S.: Übrigens: Ich habe Dexter bislang nie gesehen, weiß zwar grob worum es geht, aber das war es auch? Lohnt es sich? Ich habe irgendwann mal gehört, dass das Ende der finalen Staffel furchtbar sein soll. (Das haben sie aber auch über das Ende von "How I met your mother" gesagt, was wiederum ich a) großartig und b) total konsequent fand. Insofern: Ich bin da offen.)

Wird fortgesetzt...

 
Zuletzt bearbeitet:

wieselmaus

eigentlich wollte ich mich nicht schon wieder ins Getümmel schmeißen, dachte, na ja, dann liest du halt mal. Ich konnte aber nicht aufhören.
Danke, dass du es dennoch gemacht hast!!
Extrem spannend, obwohl ich die ganze Zeit denken musste, so was Ähnliches habe ich gelesen oder gesehen. Ich weiß aber nicht, wo.
Wenn es dir wieder einfällt, gib mir bitte kurz Bescheid. Das würde mich schon interessieren.

Sehr stark finde ich, wie der Spannungsbogen der Handlung mit dem der Charakterisierung parallel läuft.
Danke. Darüber freue ich mich.

Horror findet sich nicht (nur) bei Untoten und Aliens, sondern im scheinbar alltäglichen Leben, zum Beispiel im Spaßbad.
Warum ich den Tag Horror gewählt habe, erläutere ich später noch mal genauer, wenn ich auf ernst offshore antworte, aber du sprichst mir hier aus der Seele. Ich persönlich finde den realen Horror viel schlimmer als den Übersinnlichen, wobei ich auch so was gern lese, wenn es gut gemacht ist. Ich hatte die Diskussion vor einigen Jahren bei einem anderem Text von mir ( http://www.wortkrieger.de/showthread.php?23638-Nadjas-D%E4mon ). Ich habe damals so argumentiert und bleibe dabei... Horror ist für mich weit mehr als nur Vampire, Werwölfe usw...)

Danke und LG, svg

Wird fortgesetzt

 

Hallo svg,

gleich die Antwort. Es war wohl Dexter. Mein Sohn hat mir die Serie empfohlen :D, allerdings mit Vorwarnung. Und da hat er Recht gehabt. Ich habe nur eine Folge angeschaut. Zu viel Splatter. Zum Lesen vertrag ich diese Art Horror besser. Ich finde es für mich erträglicher, wenn der gesellschaftliche Aspekt nicht in Blutfontänen untergeht.
Werde mal deine frühere Geschichte anklicken.

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Hey svg

Irgendwie lag ich ja richtig, ich habe sogar bei "alten Hasen", die in jüngster Zeit nicht so viel gepostet haben, nach solchen Vergleichen gesucht, wie du sie im Text machst. Nur nicht bei dir.

Noch vier Punkte:

1. Ich finde meine Interpretation ebenfalls nicht notwendigerweise widersprüchlich, denn es ist ja keineswegs klar, dass Nummer Neun das Mädchen tatsächlich angegriffen hat. Oder? Könnte auch Zufall sein.

2. Statt Hitler gar keinen Namen, meines Erachtens.

3. Ich habe mir nur die erste Staffel von Dexter angeschaut, da war die Idee noch frisch. Dann wurde es zunehmend blöder und unplausibler. Also von mir eine bedingte Empfehlung.

4. Ich will noch mal sagen, dass mich vor allem die Gesamtkonzeption deiner Geschichte begeistert hat.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo ihr Lieben und Herzlichen Glückwunsch zur Geschichte, svg!

Ich muss gestehen, dass ich mich in einem echten Dilemma befunden habe - einerseits hätte ich sehr gerne was zur Geschichte gesagt, andererseits wollte ich euch allen, die auf mich getippt haben, nicht den Ratespaß verderben!!:D
Insofern freut es mich doppelt, dass euch die Geschichte gefallen hat, und ihr mich für den "Täter" gehalten habt!;)
Vielen Dank für das (unverdiente) Lob und nochmals meinen herzlichen Glückwunsch an dich, svg, zu der coolen Story!

Euer Horror-EISENMANN

P.S. Ach so - und vielen Dank an dich, Ernst offshore, für das nette Kompliment mit dem "schlampigen Genie"!:lol:

 

Hallo svg und wieselmaus,

lest doch Dexter als Buch! Kann man ab dem dritten Band oder so zwar auch über haben, aber eine Zeitlang ist es wirklich erfrischend "anders". Caveat: Ich habe die englischen Originale gelesen und weiß nicht, wie gut die Übersetzungen sind.

Die Serie habe ich nie gesehen, aber die Bücher leben sehr von der Innensicht des Protagonisten (sind auch in der Ich-Form geschrieben). Das stelle ich mir in der TV-Umsetzung schwierig vor.

Grüße vom Holg ...

 
Zuletzt bearbeitet:

wieselmaus:
Danke für die Rückmeldung, ich werde mir Dexter demnächst mal geben. Zumindest...

Peeperkorn:
... die erste Staffel ;) (danke für den Tipp und das erneute Lob *rot-werde-Smilie*)

The Incredible Holg
und ich glaube das erste Buch habe ich sogar irgendwo rumfliegen. Irgendwann mal als Mängelexemplar bei Rewe gekauft und dann auf den Haufen zu all den anderen bei Rewe gekauften Mängelexemplaren gelegt... nehme ich mir in Kürze aber auf jedenfall vor.

So weiter in der Reihenfolge der Kommentare:
ernst offshore

Das ist eine dieser Geschichten, die für mein Gefühl besser keinen expliziten Tag tragen sollten. In diesem Fall ist es die vorauseilende Klassifizierung als „Horror“, die mich fast ein bisschen stört.
Spannend, weil ich an weltenläufer zunächst die Geschichte ohne Tag geschickt habe (übrigens danke an weltenläufer für die nette und gute Betreuung). Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, sieht die Mailmaske auch gar keinen Tag vor. Ich habe dann etwas später den Tag Horror nachgereicht, weil die letzten Maskenball-Texte alle mit Tags versehen waren.
Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob ich auch Alltag und Sonstiges wähle, aber das erschien mir ein bisschen zu gewagt und ich wollte auch keinen Leser ins Messer laufen lassen – weil der Text sich eventuell völlig an den Leseerwartungen des Einzelnen vorbeientwickelt. Blieben Horror und Spannung. Spannung schien mir zu reißerisch. Auch wenn es mich freut, dass der Text durchgehend als spannend bezeichnet worden ist, ging es mir hier keineswegs darum in erster Linie ein Thrillergefühl zu erzeugen. Für mich stand und steht die Unsicherheit, was ist jetzt eigentlich wahr im Vordergrund.

Was ich sagen will: Dieser Text, nein, nicht Text, diese großartige Geschichte würde auch ohne die Etikettierung „Horror“ funktionieren, vielleicht sogar noch eine klitzekleine Spur besser. Stünde z.B. lapidar „Alltag“ drüber, stünde mir als Leser nämlich das Schlupfloch nicht mehr offen, das Geschehen als im wirklichen Leben ohnehin nicht passieren könnend zu betrachten und dementsprechend mit der Schulter zu zucken. Ich wäre gezwungen, mich mit den real existierenden Abgründen der menschlichen Psyche auseinanderzusetzen, auszuloten zu versuchen, was zum Henker mit diesem Typen eigentlich los ist.
Ist er nur ein harmloser armer Irrer, der sich auf einem quasi heiligen Kreuzzug wider das Schlechte der Welt wähnt? In Wahrheit aber einem Hirngespinst aufsitzt, sich das alles nur zusammenfantasiert? Gibt es gar keine ermordeten Kinder? Ist er in Wahrheit der herzensgute Mensch, als der er sich letztlich bei der Rettung des Mädchens darstellt?
Oder ist er doch ein psychopathischer Serienmörder?
Aber egal, genau diese Mehrdeutigkeit machte die Geschichte für mich zu einem wirklich tollen Leseerlebnis. Auch wenn gerade zu Beginn der Erzähler mir ein bisschen zu geschwätzig wirkte, also da dreht er sich mit seinen Gedanken und Reflexionen für mein Gefühl ein bisschen zu sehr im Kreis, um nicht zu sagen, er tritt auf der Stelle. Aber die andauernd vorhandene Spannung half mir über diese etwas langatmigen Passagen hinweg.
Mal von dem Horror-Tag abgesehen (ich empfinde die Geschichte übrigens durchaus auch als solchen) bin ich total begeistert von diesem Teil deines Kommentares hier, denn das entspricht exakt dem, was ich mit der Geschichte erreichen wollte. Wie gesagt: Alltag oder Sonstiges habe ich mich nicht getraut zu nehmen, vielleicht hätte ich da mutiger sein sollen. In der Nachschau wäre es zumindest sehr interessant gewesen, zu lesen, was das bei den Leserinnen und Lesern bewirkt hätte.

Zum Unangenehmen!
Ja, über meine Schlampigkeit ärgere ich mich wirklich.
Erst einmal danke für das Finden und Aufzeigen der Fehler. Sind dann doch mehr drin, als ich es gehofft hatte.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie verdammt lang die zehn Tage unter der Maske sein können, wenn man keinen Zugriff mehr hat auf den Text.
Wie zähneknirschend und haareraufend man da zehn Tage lang auf jeden Tippfehler, jeden Fallfehler, jedes vergessene Komma starrt, ohne sie verbessern zu können...
Das ist in der Tat hart und zu meiner Schande muss ich gestehen, ich habe das Ding echt ein dutzend Mal durchgelesen – auch nach Fehlern. Ich möchte mich ein bisschen damit rausreden, dass ich am Ende echt eine Blockade hatte und irgendwie jedes Mal angefangen habe am Inhalt rumzudoktern und darüber die Rechtschreibung ein bisschen aus dem Visier verloren habe. Hinzu kommt, dass meine übliche Korrekturhilfe schon während des Textes in eine inhaltliche Diskussion mit mir eingestiegen ist und darüber ihre eigentliche Tätigkeit ein bisschen vernachlässigt hat. Was ich ja durchaus als Kompliment an den Text werte.
Aber du hast natürlich Recht und meine Ausflüchte sind nur von Naja-irgendwas-muss-ich-ja-erwidern-Natur ;)...

An die Fehler gehe ich nachher ran. Danke!
Auch für das große Lob, was mir keinesfalls entgangen ist, und über das ich mich sehr gefreut habe!

LG svg

wird fortgesetzt

 

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