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Glück ist nicht kornblumenblau

Seniors
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11.07.2008
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Glück ist nicht kornblumenblau

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.
Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus. Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Auf Dreck lässt es sich schlecht schreiben. Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann. Den Ärmel seines abgenutzten Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien. Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt. Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist. Seine Kameraden versuchten ihn aufzuheitern, als er mit vereitertem Verband in den Lazarettzug verladen wurde. Für ihn war der Krieg vorbei und er käme wenigstens lebendig nach Hause. Die Gedanken an seine Frau und seine Kinder ersetzten das knappe Morphium, dass der Feldarzt nur den „schlimmen“ Fällen geben konnte.
Menschenskinder, hast du ein Schwein, hatte der Sani gesagt.
Unschlüssig dreht er das Stückchen Kreide in der Hand. Kornblumenblau ist eine schöne Farbe.
In Kiew, am Dnepr, in Charkow hatte er mit Kreide an Wände geschrieben. Weiße Kreide. Die Häuser, die am wenigsten beschädigt waren, sollte er für die Offiziere markieren. Er hatte in Ställen geschlafen, um ihn herum der Geruch von verbrannten Häusern und verbrannten Fahrzeugen.
Für dich ist die ganze Scheiße doch jetzt vorbei und du kommst wieder heim, hatte der Gruppenführer gesagt.
Die Luft riecht auch jetzt nach Rauch. Aber nicht wie das verbrannte Holz auf dem Köhlerfest im Herbst. Oder das Osterfeuer im Frühling. Es riecht wie in Kiew, wie am Dnepr, wie in Charkow.
Unterschwellig kann er duftend geschmortes Fleisch riechen. Es erinnert ihn an Braten am Sonntag. Einmal im Monat. Teuer war es geworden, das Fleisch. Man musste immer schon ganz früh auf den Beinen sein und anstehen, wenn man überhaupt noch ein kleines Stück ergattern wollte.
Seine Kameraden und er waren jedes Mal vor Freude ganz wild gewesen, wenn sie eine altersschwache Kuh oder ein dürres, lahmendes Pferd fanden, dass ein Bauer auf der Flucht vor den Panzern nicht mitnehmen konnte. Das bedeutete am Abend ein oder zwei zähe, graue Fleischbrocken in ihrer dünnen Brühe.
Und trotzdem weiß er, dass er nie wieder Fleisch essen wird. Der Geruch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.
Freu dich auf deine Familie und dein Zuhause, hatte der Kompaniechef gesagt.
Er hatte es nicht mehr in sein Zuhause geschafft, als der Luftalarm losging und die Bomber kamen. Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen. Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den anderen, die wie er mit leeren Ärmeln, leeren Hosenbeinen und einem Stück Blech an der Brust nach Hause gekommen waren. Mit den anderen, die wie er Glück gehabt hatten.
Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
Mit zitternder Hand fängt er an zu schreiben:
„Ich suche Frau Hedwig Paulsen (31), Elisabeth Paulsen (7) und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen am Abend des 28.Juli – es sucht Fritz Paulsen, Notunterkunft im Reichsbahngebäude, Kavalleriestraße 9“.
Tränen laufen seine Wangen herunter und hinterlassen saubere Schlieren in einem schmutzigen Gesicht. Bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt.
Er hört neben sich eine Stimme. Eine Nachbarin, die ein paar Häuser weiter wohnt. Ob sie wohl auch das Stückchen Kreide haben könnte? Sie sucht Johanna Klaas, ihre Mutter, und den kleinen Dieter, ihren Sohn. Ob er sie vielleicht gesehen hat? Oder wenigsten einen von beiden? Stumm reicht er ihr die kornblumenblaue Kreide und sieht ihr nach, wie sie mit hängenden Schultern zu den Trümmern ihres Hauses geht.

 

Hallo Wortkrieger!

Ok, dann mache ich mal den Anfang, weil das Thema des Monats geradzu gespenstisch zu einem Foto aus einem Buch über den 2.Weltkrieg passt, dass ich neulich mal in den Händen hatte. Dort schrieb ein Soldat in den Trümmern eines ausgebombten Hauses auch so eine Vermisstenanzeige an eine Häuserwand - das Bild war mit dem Titel "Bombenzeitung" beschriftet.
War schon unheimlich, dann dieses Thema des Monats zu sehen. Ich habe mich mal für meine Verhältnisse kurz gefasst - aber mehr wollte ich auch gar nicht schreiben, weil es meiner Meinung nach für diese "Geschichte" nicht mehr braucht.

Grüße vom EISENMANN

 
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Hallo Eisenmann,

kurz ist die Geschichte und auch nur kurz hast du dir Zeit gelassen, sie zu schreiben.
Ich konnte deinen Beschreibungen nicht soviel abgewinnen, dass ich mich bei deinem Protagonisten in dieser zerbombten Stadt gesehen habe.

Auf Dreck lässt es sich schlecht schreiben. Mit fahriger Hand wischt er die Reste der Mauer sauber, so gut er kann. Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien.
Also da haut es mich völlig raus. Eine verputzte Mauer ist doch kein Holztisch, über den man mal so kurz drüberwischen kann. Der reißt sich ja die Hand auf. Davon abgesehen bekommt man den Putz garantiert nicht mit einem Mantelärmel sauber. Da müsste entweder eine Bürste, noch besser Wasser her. Heutzutage wäre das mit einem Dampfstrahler zu lösen. Also was will ich sagen?
Das ist leider sehr unglaubwürdig.

Zudem hat er ja vorher die Kreide schon in der Hand, mit der er dann die Mauer abwischt. Wo kommt die in der Zwischenzeit hin?

Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.
Verstehe ich nicht.

Ihm läuft das Wasser im Mund zusammen, als er den zarten Bratenduft inmitten der Reste der Straße in die Nase bekommt.

Diese Aussage beißt sich für mich mit folgender:

Der Geruch von gebratenem, gekochtem, gegrilltem Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken. Ihm Schweißperlen auf die Stirn treiben und ihn bis in seine Träume verfolgen.

Also mir ist das ganze zu kurz und meiner Meinung nach verschenkst du viel Potential.
Kein Gedanke an seine Familie, kein Gedanke an die Schmerzen, die er hat?
Das war ein Schnellschuß, Eisenmann. Da werden ein paar Dinge angerissen, aber nichts auserzählt.
Setz' dich nochmal dran (du hast ja noch viel Zeit) und mach' mehr draus. Lass' ihn doch erstmal suchen, nimm den Leser dabei mit.
Erzähl was von der Familie und von der Ehe. So wirkt der Aufschrieb auf der Mauer wie eine kleine Pointe.
Und das war sicher nicht deine Absicht, vermute ich mal.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Eisenmann!

Ok, dann schreib' ich mal die erste Kritik zu diesem Thema des Monats :D
Zunächst einmal gefällt es mir, wie du die Farbe blau als ein Symbol in deiner Geschichte einsetzt. Die Atmosphäre beschreibst du auch sehr schön. Außerdem mag ich dein Thema, dass zwar geschichtlich schon lang her ist, aber wegen den Krisen in Jemen und Aleppo trozdem über Aktualität verfügt.

Aber ganz ehrlich: Ok, das ist eine traurige Geschichte die man schnell lesen kann. Vielleicht sogar Gänsehaut wie nach einer kalten Dusche. Aber dann? Dann lieg' ich kuschlig in meinem Bett und hab die ganze Gänsehaut vergessen. Die Geschichte hat, finde ich, keinen Nachgeschmack. Lässt mich nicht gaflasht zurück. Das blöde ist, dass ich nicht einmal genau weiß, woran das liegt. Womöglich, weil ich den prot nicht richtig kenne.

Liebe Grüße,
alexei

 
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Hi Eisenmann!
Reiche Borchert mal das Brot, die Ratten schlafen gerade! Ein Deja-vu mit der Stunde Null. Viel gelesen, viel im Kopf! Irgendwann landet das dann wieder auf dem Papier oder auch auf dem Bildschirm, ohne dass man selber noch merkt, wo es hergekommen ist. Been there, done that, sorry.
Mal alles Gelesene vergessen und den Kopf frei machen!
Nichts für ungut,
Bjoern Klaras

 
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Lieber Eisenmann,

ich fang mal mit ein paar Konjunktivsätzen an: Hätte ich nicht am Ende der ‚Küchenuhr’ schon als Sechzehnjährige geweint und wären nicht die Schwarz-Weiß-Szenen von ‚Draußen vor der Tür’ für immer in meinem Kopf gespeichert, hätte mir deine Geschichte vielleicht besser gefallen, hätte sie mich emotional stärker erreichen können. So kommt mir alles so bekannt vor: das Setting, die Skizzierung der Hauptfigur. Es ist schon sehr viel Borchert in deinem Text. Und darin steckt für mich das Problem: Ich habe das alles schon ähnlich, aber eindringlicher, tiefer, bewegender gelesen oder gesehen.

Deshalb fällt es mir schwer, deinen Text unvoreingenommen und nur für sich zu bewerten. Ich versuch’s trotzdem mal.

Wo hat er wohl das Stückchen Kreide her? Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.

Hier schimmert sogar ein bisschen Böll durch. Aber wie kommt dieses kleine Stückchen Kreide in seinen Mantel? Er ist ein Vater von Kindern, die sieben und drei Jahre alt sind. Seine Schulzeit ist also lange vorbei und diesen Mantel hat er damals sicher nicht getragen.

Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien. Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt. Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.

Eine ganz gute Beschreibung, die ein eindringliches Bild vermittelt: Der im Krieg verletzte Mensch kommt zurück in die vom Krieg verwüstete Heimat.

Doch du schwächst mE dieses schöne Bild durch die nächsten Sätze, die mir zu erklärend wirken.

Menschenskinder, hast du ein Schwein, versuchten seine Kameraden ihn aufzuheitern, als er mit vereitertem Verband in den Lazarettzug verladen wurde. Für ihn war der Krieg vorbei und er käme zwar nicht in einem Stück, aber immerhin lebendig nach Hause.

Mensch Eisenmann, hier hat dich deine Horror-Seite eingeholt: ‚nicht in einem Stück’. Und du wiederholst es sogar noch einmal:

Im Soldatenheim war er gestern Abend gewesen. Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den Anderen, die auch das Glück hatten, nicht mehr in einem Stück nach Hause gekommen zu sein.
den anderen
Beim ersten Mal kann ich es noch als Bemerkung der Kameraden hinnehmen, aber hier passt es wirklich nicht, auch nicht als running gag. Du kannst nicht die Traurigkeit der von dir geschilderten Handlung durch so eine Äußerung (und gleich zweimal) konterkarieren.

Auch hier scheint mir die Sprachebene nicht ganz zu stimmen:

Unterschwellig kann er auch feine Noten von duftend geschmortem Fleisch wahrnehmen.

‚Unterschwellig’ kommt mir hier sehr befremdlich vor. Ebenso ‚feine Noten…’. So eine Formulierung kenne ich sonst eher aus Feinschmecker-Zeitungen, hier halte ich sie für deplatziert.

Ihm läuft das Wasser im Mund zusammen, als er den zarten Bratenduft inmitten der Reste der Straße in die Nase bekommt.

Ist das wirklich glaubwürdig, dass irgendjemand am Tage nach der Zerbombung des Viertels einen Braten im Topf hat? Oder wie soll sonst der Bratenduft entstehen? Du kennzeichnest ihn ja nicht als Einbildung deines Protagonisten.


Fazit: Leider kann ich deine Geschichte nicht lesen, ohne sie zu vergleichen. Und da schneidet sie – wie sollte es wohl anders sein – nicht besonders gut ab. Ich bin deshalb gespannt, wie sie von denjenigen, die jünger sind und nicht ständig an Geschichten von Borchert oder Böll erinnert werden, bewertet wird.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hi Eisenmann,
barnhelm hat hier elaboriert und am Text belegt, was ich aus Faulheit nur angedeutet habe!
Wo kommt die Kreide her? Nicht aus der Volksschule, sondern aus dem Gumminasium! Auf mich wirkt diese Kurzgeschichte so langweilig wie die meisten Leistungskurse im Fach Deutsch mit dem Schwerpunktthema „Die Stunde Null im Spiegel der deutschen Nachkriegsliteratur.“ Schade eigentlich.
Gruß,
Bjoern Klaras

 

Hallo ihr Lieben!

Erstmal ein Rundum-Schlag-Danke-Schön an euch alle für eure Kommentare!:) Bin auf dem Sprung, ausführliche Antworten kommen dann (ab) morgen! Aber wie gesagt, schon mal vorab vielen Dank für euer Feedback!
Schönen Samstag wünscht euch der EISENMANN

 
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Hallo Eisenmann,
ich finde das Epigonenhafte in dem Text nicht schlimm. Was heißt, schlimm. Das ist überhaupt kein Problem, finde ich, wenn es berührt und zwingend ist. Von daher ist es mir eigentlich egal, ob das Borchert nahe kommt, oder Böll. Insofern habe ich die Kontraste in dem Text mit der dreckigen Wand und der blauen Kreide gerne angenommen. Gut, die sauberen Tränenschlieren im schmutzigen Gesicht. Das ist vielleicht etwas dezidiert und gewollt. Die Andeutungen, die sich auf die Ostfront beziehen und auf andere Kriegsgeschehnisse finde ich ausreichend, weil man die Bilder ja eh haufenweise im Kopf hat und sie schnell assoziiert, sobald man das liest. Aber mir geht auch ein wenig Zeit für die Hauptfigur ab. Ein wenig mehr Seelenleben hätte ich gern gespürt. Und was mich dann etwas befremdet, ist die Sache mit dem Fleisch. Das bringe ich nicht zusammen. Er sitzt ja, wenn ich es richtig verstehe, in einer Schuttszenerie und dann weht so der mittägliche Bratendunst um die Ecke, bei dem ich an weiße Tischdecken, Blaukraut und dampfende Knödel als Beilage denke.
Die Grundanlage also gefällt mir echt gut. Blaue Kreide, wie blaue Blume, Symbol einer intakten Welt, die verloren ist. Im Kontrast zum kompletten Kolaps, innerlich und äußerlich. Aber eben dann der lange fleischige Einschub und die knappe Zeit, die man hat, um an die Figur ranzukommen.
Herzliche Grüße
rieger

 
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Hola Eiserner,

vor Tagen las ich Deine Geschichte. Mein Komm dazu hätte sich nicht sehr unterschieden von den Kommentaren der anderen – also konnte ich es auch bleiben lassen.
Aber da klingt noch etwas nach. Ob Deine Geschichte gut ist, oder gut geschrieben ist, oder was auch immer – das ist Privatmeinung; aber das Kennzeichen einer gelungenen Geschichte ist doch, dass sie der Leser archiviert und möglichst nie wieder vergisst.
Und das, mein Lieber, ist hier der Fall! Gleichauf mit der „Küchenuhr“ wird mir Deine Geschichte im Gedächtnis bleiben.
Erst einmal musste ich in meinen Erinnerungen an die Schulzeit Dichtung und Wahrheit sortieren, und jetzt weiß ich es: Kornblumenblau war meine Kreide nicht, sie war zart- oder hellblau. Eine Wahnsinnsfarbe, beinahe psychedelisch. Tragik, Blümelein, irre. So makaber passend zum Thema. Und der leere Ärmel!
Für mich ausreichend, den ganzen Irrsinn zu schildern. Über die Schmerzgrenze ging es dennoch:

Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien. Den Ärmel, in dem kein Arm mehr steckt.
Ja, es sind die Phosphorkrümel. Das ist Dresden und das sind unzählige Albträume. Für mich ein Reizwort, das meine Meinung über den Menschen negativ beeinflusst. Und deswegen wird mir Deine Geschichte nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Ja, wirklich – ich bin beeindruckt. Trotzdem: Wäre es nicht eine Überarbeitung wert, damit dieser Text noch gewinnt? Denn das ist für mich keine Allerweltsgeschichte.

Einen schönen Gruß, Herr Eisenmann!

José

Eine Lappalie hätt’ ich noch:

...und Josef Paulsen (3) – wohnhaft in diesem Haus – zuletzt gesehen gestern Abend – es sucht Fritz Paulsen, ...
So einfältig stelle ich mir den Fritz nicht vor. Statt ‚gestern Abend’ hätte der sicherlich das Datum benannt, oder?

 
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Hallo Eisenmann,


auch mir gefällt die Idee.
Diese eine Seite Text solltest du ausdrucken, denn als Rohentwurf taugt sie allemal. Da steckt viel drin, was du herauskitzeln könntest, um dich an eine Geschichte mit Nachhall zu machen. Nimm dir Hammer und Meißel und haue die Figur aus dem Block raus, erkennbar ist doch schon, dass da was drinsteckt.

Mir wirkt das alles unreif. Auch vom Stil her: Wiederholungen, Possessivpronomen, Füllwörter ... Jede Wette, dass du nicht oder nur unzureichend überarbeitet hast. Ein Schnellschuss.
Die Idee ist gut, sie trägt aber das Ganze leider (noch) nicht.

Ich würde mich freuen, wenn du dich weiter dransetzt und dein Potential investierst. Dann könnte was Tolles draus werden, das ich mir gerne anschauen möchte.


Gruss

hell

 
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Hallo Wortkrieger!

Zunächst mal ein ganz allgemeines Statement zu meiner Geschichte, dass sich auf viele der Kommentare hier bezieht, weil es von vielen von euch angesprochen wurde.

1) Ihr habt angemerkt bzw. vermutet, dass es sich bei dieser Geschichte um einen Schnellschuss handelt bzw. etwas, das ich in so 5 - 10 Minuten runtergetippt hätte. Dazu muss ich sagen, dass ich (schon gar nicht in einer Challange!) eine Geschichte veröffentlichen würde, wenn ich diese nicht für fertig halten würde. Die Geschichte ließ sich vielleicht schnell schreiben - aber sie war kein "Schnellschuss" in dem Sinne.
Ich habe ausführlich über diese (absolut nachvollziehbare) Vermutung euerseits nachgedacht und meine Geschichte selbst auf den kritischsten Prüfstand gestellt, kann aber ruhigen Gewissens sagen, dass ich die Geschichte in dieser Form, Länge und Struktur auch in vier Wochen (erstmal) so geschrieben hätte, ohne sie weiter auszudehnen oder der Figur Fritz mehr Charaktertiefe zu geben. Eine Challange ist ein Wettbewerb, aber kein Wettrennen - ich hab sie nicht mit glühenden Fingern geschrieben, nur um "Erster!!!" sagen zu können.

Das ändert jetzt nix an der (offenbar dennoch von euch als "unfertig" kritisierten) Form, aber das wollte ich schon mal ganz grundsätzlich anmerken.

2) Stimmt - Borchert und Böll lassen grüßen und das Rad wird -gerade bei diesem Sujet! - alles andere als neu erfunden. Aussagen, die Geschichte sei bekannt, alles schon mal dagewesen bis hin zu "langweilig" kann ich verstehen. Ausgerechnet das Thema "2.Weltkrieg und seine Schrecken" sind ja seit 70 Jahren Teil unserer (Literatur- und Geistes-)Kultur. Vielen Dank aber dafür, dass mein Name zumindest mit Heinrich Böll in einen Topf geschmissen wurde - auch wenn ich da natürlich schlechter abschneide, werte ich das jedenfalls mal als großes Lob!!;) Allerdings war mir schon vor dem Schreiben des ersten Wortes klar, dass hier jetzt nichts Neues oder Innovatives entstehen wird.

3) Vermutlich habe ich mich unterbewusst an solchen sprachlichen Vorbildern orientiert. Beim Schreiben habe ich meistens einen "Vorleser" im Kopf, der den Text Satz für Satz laut vorliest. Bei dieser Geschichte hatte ich allerdings dieses Bild aus dem Kriegsbuch vor mir und meinem geistigen Auge.
Es war in diesem Zusammenhang übrigens auch weder meine Absicht, einen anderen Autor zu kopieren, seinen Stil zu plagiieren bzw. zu imitieren noch hatte ich die Absicht, krampfhaft "großartig" rüberzukommen.
Schade, dass dieses Bild bei dem einen oder anderen entstanden ist - ich bemühe mich eigentlich stets, authentisch zu sein und meinen eigenen Stil zu verwenden, ob's Horrorkram oder Jack O'Grady-Groschenhefte sind!

4) Selbstverständlich nehme ich eure Kritik ernst und denke darüber nach - und in diesem Fall komme ich zu dem Schluss, dass ich die Geschichte noch ausbauen werde, weil sie in dieser Form jedenfalls nicht greift. Josefelipe hat die Wirkung, die ich eigentlich erzielen wollte, in seinem Kommentar sehr anschaulich beschrieben. Die Mehrzahl der Kommentare kommt allerdings zu dem Schluss, dass da noch Tiefe und nähere Ausführungen fehlen. Und das werde ich berücksichtigen und diesbezüglich nachbessern.

Das zunächst mal als Vorgeplänkel. Auf eure individuellen Kommentaren werde ich natürlich auch noch eingehen - insofern: wird fortgesetzt ...

EISENMANN

 

Hallo Eisenmann
Okay, ich habe Horror erwartet und eiskalten Schauer, dann sehe ich den Tag ‚Historik‘ und fange an zu lesen. Was ich dann lese, ist der Ansatz einer Nachkriegsgeschichte, die ganz gut die innere Beschädigung des verwundeten Soldaten wiedergibt, das Chaos im städtischen Bombenhagel, die öde Szenerie. Auch die Symbole (Die kornblumenfarbene Kreide) ist klug gewählt und ausdrucksstark.

Dennoch fehlt was und ich kann es auf den ersten Blick nicht greifen, was da fehlt. Erst beim zweiten Lesen erkenne ich es. Die Seele fehlt, der Blick ganz tief ins Innere. Erinnerungen an die Front, Ferientage mit der Familie, der Duft der Idylle und des Grauens, ein eisenharter und dennoch zärtlicher Blick darauf.
Klar, dazu kommt noch, dass solche Geschichten so oder so ähnlich schon vorhanden sind und sich in unserem Bewusstsein verankert haben. Eine gute Geschichte ist es trotzdem und ich denke, wenn di sie deutlich ausweitest, ihr mehr Raum gibst, kann das was draus werden.

Bisschen was aus dem Text:

Vielleicht aus der Volksschule in der Himmlerstraße? Viel ist von der Schule und der Himmlerstraße nicht mehr übrig.
ich hab es nach der ersten Nennung schon kapiert, dass es die Himmlerstraße ist :shy:

Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
wow: das hat Tiefe, das klingt nach :Pfeif: super Satz

Er kann sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal etwas gegessen hat. Oder getrunken. Oder geschlafen.
echt? müsste er da nicht tot sein?

Der Geruch von gebratenem, gekochtem, gegrilltem Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.
hier wäre so ein Punkt, wo du mehr machen kannst, das schreit nach einer Erinnerung, einem Vergleich.

So viel fürs Erste
viele Grüße
Isegrims

 

Hallo Eisenmann,
ich mag die Kleine hier (und die Kleine habe ich aufgrund ihres Umfangs bewusst gewählt). Für mich funktioniert sie gut, auch in ihrer Kürze, denke aber auch, dass sei genauso als gut der Anfang von einem viel längerem Text funktionieren könnte. Also, wenn du mal Zeit hast, schreib einfach nach deinem Schlusssatz weiter - und irgendwann hast du einen spannenden Roman ;)...
Sprachlich finde ich das alles sehr sauber, das liest sich gut, man merkt einfach, dass du ein Gespür für Sprache hast. Und damit hast du mich schon mal am Haken.
Zudem wirkt die Geschichte bei mir auch inhaltlich nach, weil ich mich seit der Erstlektüre vor zwei Tagen immer wieder erwische, dass ich an den ein oder anderen Satz denken muss.
Gern gelesen. svg

 

Hallo Eisenmann,

Dann wollen wir mal …

Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien.
Bei fadenscheinig denke ich immer nur an die andere Bedeutung des Wortes und nicht an zerschlissen oder abgenutzt.

Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.
Das finde ich etwas unglücklich formuliert. Nach dem Motto „Ich habe das Auto an der Stelle stehengelassen.“

Die Idee gefällt mir. Ich behaupte mal, das von dir angesprochene Foto hast du damit auf jeden Fall super beschrieben, ohne dass ich es kenne.

Ich hätte aber nichts dagegen gehabt, wenn die Geschichte etwas ausführlicher geworden wäre, mehr über die Gefühlen und Ängsten des Protas beinhaltete.

Gerne gelesen.

Beste Grüße,
GoMusic

 
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Hallo Eisenmann

Ich habe mit zwanzig auch Borchert und Böll gelesen, aber ich fand's jetzt nicht schlimm, dass dein Text mich an diese Lektüre erinnert. Ich habe dann aber doch vor allem darauf geachtet, ob das stimmig und gut umgesetzt ist, weil mir der Inhalt ja irgendwie bereits vertraut war. Dazu kommt noch die Kürze des Textes, da schaut man ebenfalls genauer hin.

Ist also die Umsetzung gelungen? Zum Teil. Einiges wurde ja bereits angemerkt, der Widerspruch von fein duftend und die Galle aus dem Magen drückend, oder das saloppe "zwar nicht in einem Stück", das nicht zur Stimmung passen will. (Zudem: Warum nicht an einem Stück? Gut, der Arm ist weg, aber der ist ja dort geblieben. Aber das ist wohl etwas pingelig und ich hoffe, du nimmst die Formulierung eh raus). Das hat mich schon etwas irritiert. Ich finde aber, dass dir einige Passagen auch gut gelungen sind, die kurzen Sätze, bei denen Trauer und Verzweiflung mitschwingt - unschlüssig dreht er das Stückchen Kreide in der Hand, bestimmt nur der Staub, der in den Augen brennt. Die Gefahr ist gross, dass man da ins Tränendrüsige abdriftet, aber du hast das m.E. gut gemeistert.

Insgesamt war aber auch mir der Text zu kurz, um mich wirklich zu packen, da fehlt mir noch Kontext, auch Bilder und Stimmungen, die nicht direkt auf das abzielen, worum es geht. Einbettung. Also so Details zur Zugfahrt oder z.B. dass einer beim Doppelkopf geschummelt und der andere ständig gelacht hat. Hier ist mir das zu sehr auf die Konklusion hin geschrieben.

Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.

Hier bin ich etwas gestolpert. "... macht die Angst freundlicher"? Vielleicht "... lässt die Angst freundlicher aussehen"? Ach, ich kann nicht so recht sagen, was mich hier stört. "Angst im Buchstaben". Vielleicht ist es ganz grundsätzlich diese Formulierung, weil ich mir dann vorstelle, wie die Sorge des Mannes durch seinen Arm in die Buchstaben fliesst, so als metaphysischer Prozess.

Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien.

Das habe ich nicht kapiert. Müsste es nicht heissen: "Auch den Ärmel nimmt er ..."? Denn vorher benutzt er ja nur die Hand.

Menschenskinder, hast du ein Schwein,

Warum Plural?

Der Geruch von gebratenem, gekochtem, gegrilltem Fleisch wird ihm mit hämmernden Krämpfen die Galle aus dem Magen drücken.

Abgesehen von der genannten Unstimmigkeit gefällt mir die rhetorische Trippelung hier nicht, das passt nicht zum Rest des Textes.

Auf ein Bier und eine Partie Doppelkopf mit den Anderen, die auch das Glück hatten, nicht mehr in einem Stück nach Hause gekommen zu sein.

Kann gross geschrieben werden, wenn der "substantivische Charakter" hervorgehoben werden soll. Bin mir nicht sicher, ob das hier angebracht ist. Mir ist's auf jeden Fall aufgefallen.

Die Lancasters waren schneller gewesen als seine Füße.

Hm. Klar, was gemeint ist. Aber wenn man den Satz zweimal liest, dann kriegt er was Komisches. Natürlich ist ein Flugzeug schneller als ein Mensch.

Das waren jetzt aber nur Kleinigkeiten aus pingeliger Perspektive. Ich finde den Text weitgehend sauber gearbeitet und ich habe ihn insgesamt - trotz der genannten Vorbehalte - gern gelesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

„Kornblumenblau
Ist der Himmel am herrlichen Rheine,
…“ klang‘s seit einem Jahr mit der Stimme Willy Schneiders​
aus den Volksempfängern, als die etwas andere, als die uns bekannte, Wiedervereinigung mit der „Ostmark“ die Reichsdeutsche Expansionspolitik einleitete, bevor man sich im Größenwahn ab dem Folgejahr wie besoffen (= kornblumenblau) zu Tode siegte, um ernüchtert, beschädigt und gevierteilt zu überleben, da gewinnt ein „fadenscheiniger Mantel“ (fadenscheinig = ziemlich abgetragen/abgenutzt und im übertragenen Sinn (abwertend) nicht sehr glaubhaft und leicht zu durchschauen) hohen symbolischen Wert,

lieber Eisenmann.

Ob nun Böll oder Borchert, jeder hat und braucht seine Vorbilder und Zeitzeugen, wenn er ein historisches Thema bearbeitet, sofern er nicht selbst Zeitzeuge ist. Da sollte auch nicht verwundern, wenn einem Rheinländer ein Karnevalsschlager einfällt, der seit 1937 gesungen wird und geradezu den Status eines Volksliedes eingenommen hat. Da war das Glück noch kornblumenblau.

Dass ein Kriegsversehrter bei der Suche nach der Familie dann noch von Ästhetik geleitet wird

Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus.
hat seinen besonderen Reiz in einem beschädigten Dasein. Da ist das heute im Wohlstand so leichtfertig dahingeworfene „überleben“ buchstäblich zu nehmen.

Eine Frage hätt ich dann doch noch in Sachen Schulgrammatik:

Die Lancasters waren schneller gewesen als seine Füße.
Sie wären es auch heute noch!

Und zuletzt noch ein wenig Zwei-fel: Selbst mit nur einem Arm ist man kein Zwei- oder Mehrteiler, sondern am Stück, wenn man denn so will ...

Gruß

Friedel

 

bernadette

Hallo Bernadette!

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar und dein Feedback. Nachdem ja nun schon einige Anmerkungen bzgl. der Länge und Ausgestaltung der Geschichte bzw. der Hauptfigur gemacht worden sind, bin ich ja auch zu dem Schluss gekommen, sie noch etwas auszubauen. Dennoch will ich auf ein paar deiner Äußerungen eingehen.

Als Fritz die Mauer mit der bloßen Hand abgewischt hat, da hatte ich in der Rohfassung meiner Geschichte tatsächlich geschrieben, seine Hand hätte geblutet. Ich hatte mich jedoch dann dazu entschlossen, diese Szene wieder rauszunehmen, da ich sie unnötig und zu ausschweifend fand.
Eine Ironie, wenn man bedenkt, dass die meisten hier die Geschichte jetzt zu kurz und zu oberflächlich finden.

Wo die Kreide hinkommt? Nun, die meisten Mäntel dürften Taschen haben, nicht wahr? ;) Ich hatte es nicht erwähnt, dass er die Kreide vor dem Abwischen in eine Manteltasche steckt, das stimmt wohl.

Der Arm, der in Russland geblieben ist, stellt eine Kriegsverletzung dar, die sich Fritz an der Ostfront zugezogen hat. Ich finde das eigentlich relativ verständlich.

Was Fritz Gefühle und Gedanken angesichts des Fleischgeruchs angehen, da hast du Recht, dass muss ich nochmal überarbeiten. Das beißt sich.

Wie gesagt - ein Schnellschuss sollte meine Geschichte nicht sein, aber sie wirkt leider wie eine. Danke für diesen Hinweis. Wie gesagt, da werde ich noch ein bisschen "beifüttern".

Liebe Grüße zurück vom EISENMANN
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alexei

Huhu Alexei!

Vielen Dank auch an dich für deinen netten Kommentar. Es freut mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Leider hast du nur allzu recht - ich schätze, es wird immer irgendwo auf der Welt Mauern geben, an die Hinterbliebene die Namen ihrer Lieben schreiben können.

Auch dein Kommentar legt den Finger in die Wunde - die mangelnden Hintergrundinfos bzgl. der Hauptfigur. Ich hatte gedacht, es würde vollauf genügen, dass ich die Figur so wenig beschreibe, eben um sie "passend" für quasi jedermann stehen lassen zu können. Allerdings bleibt dabei die Möglichkeit der Nachhaltigkeit offenbar auf der Strecke.
Vielen Dank auch an dich für diesen Hinweis! Ich hoffe, dass ich den Prot etwas besser kennenlernbar machen kann.

Viele liebe Grüße
EISENMANN
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Bjoern Klaras

Hallo Bjoern!

Danke für dein Feedback. Es überrascht mich nicht allzu sehr, dass es relativ negativ ausgefallen ist. Da ich einen Kommentar unter die Geschichte von Tokyo27 zu deinem dortigen Statement gemacht habe, ist es in meinen Augen nicht weiter verwunderlich, dass du gleich zweimal (!) anmerkst, wie langweilig meine Geschichte ist.
Aber ich nehme an, dass hat nichts mit meinem Kommentar zu tun, nicht wahr? Wie heißt es doch so schön: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

In diesem Sinne ...
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barnhelm

Hallo Barnhelm!

Auch an dich meinen herzlichen Dank für dein nettes Feedback und deine treffenden Anmerkungen. Du has recht - auch in einer Geschichte, die ja eigentlich zum Nachdenken anregen soll, kann ich auf Horror-und Splattereinlagen nicht so ganz verzichten!;)

Stimmt - da ist ganz ohne Zweifel Borchert (unbewusst) mitgeschwungen. Ich fand die Bildbeschreibungen passend. Aber wie ich ja schon gesagt hatte und auch ihr angemerkt habt - das ist nichts Neues!

Leider bin ich auf einige Sachen nicht eingegangen - Bernadette hatte das mit der Kreide ja auch schon zurecht angemerkt. Ich habe da ehrlich gesagt gar keinen großen Aspekt gesehen, den ich wohl näher ausführen sollte. Ein klassisches Problem des Autors, der seine eigenen Ungenauigkeiten nicht sieht!!:D

Vielen Dank für deine Anmerkungen bzgl. der "Splatterwiederholung" und den kulinarischen Formulierungen - auch dort habe ich nicht bemerkt, dass diese Wortwahl den Erzählwert meiner Geschichte abschwächt und sogar untergräbt. Uuuups ...;)

Was den Bratengeruch angeht, so wollte ich ausdrücken, dass Fritz den Geruch verbrannter Menschen mit dem Duft von einem Sonntagsbraten assoziiert und diese Erkenntnis ihn (zukünftig) am Fleischgenuss hindern wird.
Verdammt - wenn man etwas erklären muss, das aus dem Text heraus nicht schlüssig ist, hat man als Erzähler Mist gebaut! Danke auch dafür, barnhelm. Genau solche Kommentare sind diejenigen, die eine Geschichte besser werden lassen!

Viele liebe Grüße schickt der EISENMANN
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maria.meerhaba

Hey Maria!

Danke für dein Feedback - wie immer einfühlsam und so schön wohlwollend!!:D

Also beim EISENMANN musst du nicht die Handbremse anziehen - ich gurgel mit Terpentin und wasche mich mit Abbeizer!;)

Trotzdem muss ich deine Attacken mal ein bisschen relativieren! Also erstmal vorneweg - "großartig" sollte mein Text nicht sein. War nicht meine Absicht, lag nicht in meinem Fokus, hat mich nicht motiviert! Ich wollte "einfach" nur das Bild beschreiben, dass ich in einem Buch gesehen hatte.
Wenn's wie "Gewollt und nicht gekonnt" rüberkam - Shit!!!

Danke übrigens für dein (wirklich sehr großes!) Lob, dass ich dich damit negativ überrascht habe! Denn das bedeutet ja im Umkehrschluss, dass ich (jedenfalls in deinen Augen) dann ansonsten ja nicht so einen Murks schreibe! Ohne Witz, vielen Dank, liebe Maria!! Es tut mir da natürlich leid, wenn ich dann deine Erwartungen an mich enttäuscht habe, aber ich nehme dein Kmpliment über meine anderen Sachen sehr gern an!

Aber gerne nochmal für alle: Ich habe die Geschichte vielleicht in 5 Minuten runtergeschreiben (im übertragenen Sinne - so schnell tippe ich nicht!;)), aber ich habe mir wirklich mehr als 5 Minuten darüber Gedanken gemacht. Deshalb ist es ja umso ärgerlicher, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Das die Geschichte wie ne 5-Minuten-Terrine rüberkommt und dich langweilt ist Sche§$%$&!!!

Danke also für deine ernüchternden Worte, die mir (vielleicht etwas drastischer als bei den anderen!) aufgezeigt haben, dass da noch was nachzubessern ist!:)

Keep on rockin',
EISENMANN
--------------------------------------------
So, ihr Lieben!

Für heute wars das erstmal.

Vielen Dank für eure Anmerkungen, eure Verbesserunsgvorschläge und vor allem für die Zeit, die ihr meiner Geschichte gewidmet habt. ich hoffe, ich kann sie etwas besser machen!

Viele Grüße an alle, euer EISENMANN

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Eisenmann,
eher ein Feedback als Textarbeit, denn du willst ja noch überarbeiten. Ich melde mich dann später wieder, und bin eventuell genauer.

Einige Gedanken und eine Anmerkung (oder vielleicht auch zwei) habe ich aber schon jetzt, die glaube ich, noch nicht erwähnt wurden:

Das Glück hat ihn nach Hause gebracht und dann nicht mehr für sein Zuhause gereicht.
Wenn du diesen Satz an der Stelle hinschreibst, wo er jetzt steht, verrätst du entweder schon zu früh, was ihn an diese Mauer hingetrieben hat. Und ich finde, das sollte sich erst später, also im Verlauf der weiteren Geschichte auflösen. Oder es wird zunächst (z. B. von mir) so interpretiert, dass Haus und Familie schon zum Zeitpunkt der Rückkehr aus dem Lazarett tot bzw. zerstört sind. Und dann entsteht ein irritierender Moment, der nicht sein muss, der geschichtendestruktiv ist.


Meine zweite Anmerkung: Ich finde das Epigonenhafte zwar persönlich völlig wurscht, weil ich Borchert total mag und der mich sozusagen schreibmäßig sozialisiert hat, und du machst das schon auch ziemlich gut und bleibst dadurch auch für mich in Erinnerung mit deinem Text. Ist ja ein sehr sehr starkes Bild, das du da beschreibst, diesen Mann, der an der Wand steht und wischt und schreibt.
Aber wenn du was Borchertmäßiges rausnehmen möchtest, zähle ich einfach mal Stellen auf, die einen halt sehr an Borchert erinnern. Dann kannst du ja bisschen damit spielen.

1 Das ist natürlich einmal die Farbe der Kreide - blau wie die Ziffern der berühmten Küchenuhr von Borchert. Da würde ich persönlich aber gar nichts dran ändern, das muss ein Leser schon mal aushalten können, dass die Kreide eben auch blau ist.

2 Das ist ein solcher Tonfall: Blau ist die Kreide. Kornblumenblau. Das sieht auf den rußschwarzen Wänden sicher schön aus.
Der junge Mann in Borcherts Küchenuhr ist ja schwer traumatisiert und Borchert kriegt das hin durch den Gegensatz zwischen ruhiger, fast kindlicher Sprechweise des jungen Mannes, die so klingt, als sei alles ganz normal, und der Grausamkeit des Inhalts seiner Rede. Das machst du hier auch, wie ich finde, sehr gelungen. Ich weiß nicht, ich persönlich finde, dass du das ruhig beibehalten solltest, weil dadurch auch die Tränendrüsigkeit vermieden wird. Im Gegenteil, kannst ruhig noch weiter damit experimentieren.

3 Im Gegenteil, ich würde die Nüchternheit sogar noch stattdessen betonen und stattdessen solche Sätze wie

Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist.
durchdenken. Der enthält schon ein ziemliches Pathos. Ähnlich wie der Satz: Ähnlich wie der Satz und er käme zwar nicht in einem Stück, aber immerhin lebendig nach Hause.
Klar, ich verstehe beide Sätze gut, weiß genau, was du damit sagen willst, aber das Pathos ist mir hier nicht genügend eingebettet. Und so erinnern die Sätze dann halt an eine eher stilhafte Nachfolge der Trümmerliteratur. Verstehst du, was ich meine?
Übrigens, wenn du den Satz behalten willst: und er käme zwar nicht in einem Stück, aber immerhin lebendig nach Hause. Ersetze doch in einem Stück durch vollständig oder ganz. Dann stimmt es wieder.
Ja, uneingebettete Pathos-Sätze, da wär ich mal hinterher.

Denn: So, wie solche Sätze im Moment hingeschrieben sind, wirken sie nicht verbunden, vielleicht rührt es daher, dass es manchen zu sehr auf Stil geschrieben wirkt.
Der Satz Der Arm, der an seiner Stelle in Russland geblieben ist ist ein gut formulierter Satz mit einer entsetzlichen Wahrheit, aber ich meine halt auch, dass der Gedanke, diese Wahrheit, die dahinter steckt, momentan nur am Rande erwähnt wird, und eigentlich lohnt es sich, da mal ein bisschen nachzuspüren.
Was ich nämlich an diesem Satz total spannend finde, das ist folgender Punkt: Darin steckt ja, dass er eigentlich der Meinung ist, er hätte nicht überleben dürfen. Und von Überlebenden einer Katastrophe weiß man, dass sie es gar nicht verstehen, dass und warum ausgerechnet sie haben überleben können. Sie kommen mit dem glücklichen Zufall nicht zurecht, entwickeln Schuldgefühle, weil sie überlebt haben und andere nicht. Wie muss es dann diesem Mann hier gehen, der nicht nur aus dem Krieg zurückgekehrt ist, zwar nicht heil und unversehrt, aber eben zurück, und dann verlässt er die Familie, um mit ein paar Kameraden Doppelkopf zu spielen, und dann überlebt er wieder. Irgendwie finde ich das eine sehr lohnende Idee, daran noch einmal ein bisschen rumzudenken.
Ist nur etwas, was mir an dem Text aufgefallen ist, was mich sehr interessiert hat.


Im Rest nur noch mal zur Vollständigkeit Textstellen, die schon genannt wurden, aber mir hilft das oft, wenn das nicht nur eine Person erwähnt, sondern gleich mehrere:

Da ist zum Einen die Stelle mit dem Essen, man versteht zwar schon, dass du sagen willst, Bratenduft erinnert ihn zu sehr an die Verbrennungen der Kriegsopfer. Aber momentan ists noch bissel verwirrend gemacht.

Kornblumenblau macht die Angst in jedem Buchstaben, den er schreiben wird, nicht kleiner. Aber vielleicht macht es die Angst etwas freundlicher.
Schön

Den Ärmel seines fadenscheinigen Mantels nimmt er auch, um die Wand von Staub, Asche und Phosphorkrümeln zu befreien.
Schon klar, willst sagen, er nimmt nicht nur die Hand, sondern auch den Ärmel, aber ist schon eine komische Satzstellung.

Die Lancasters waren schneller gewesen als seine Füße.
Einfach nur Die Lancasters waren zu schnell. Klingt sonst komisch.

Er hört neben sich eine Stimme.
Fängst oft mit dem Subjekt den Satz an. Warum nicht mal umstellen? Neben sich hört er eine Stimme.


Und noch ein letzter Gedanke, von dem ich nicht genau weiß, wohin er führt: Viele haben ja geschrieben, ihnen fehlt etwas, weil der Text zu kurz sei. Da müsste noch diese oder jene Szene dazu, oder du müsstest mehr in die Charakterisierung reingehen. Das kann man alles tun und wird deine Geschichte sicherlich verbessern, erweitern im Sinne der Geschichte eines einzelnen Schicksals. Ich glaube, dazu hast du dich auch schon entscheiden.

Ansonsten wäre auch noch etwas anderes möglich: Ich finde den Text gar nicht mal zu kurz. Ich finde, man muss auch mal den Mut haben, einen kurzen Text zu schreiben. Das ist nämlich gar nicht so einfach, weil dadurch häufig nur eine Impression entsteht, was auch schon mal nicht schlecht ist. Richtig gut (in meinen Augen) wird die Impression aber dann, wenn sie mit irgendetwas verknüpft wird, das über das allgemeine Gefühl, das die Impression auslöst, hinausgeht. Hier sehe ich ein Bild von einem Mann, der nach seiner Familie sucht. Der gleich zweifach "gestraft" wurde, natürlich wird jeder Mitgefühl empfinden, ihn als typisches Beispiel der Kriegszeit sehen und auf andere Kriegsschauplätze übertragen. Das ist schon sehr viel.
Was aber wäre, wenn eines der Dinge, die Kreide, die Wand, mehr ist, als es scheint? Wenn die Rückkehr etwas ist, das auf immer für ihn verloren ist? Ich hoffe, ich kann mich überhaupt verständlich machen, ich hab das nämlich selbst noch nicht richtig gefasst. Ich denke einfach, dass ein solch kurzer Text etwas in sich enthalten sollte/könnte/müsste, das über ihn selbst hinausweist.
Borchert hat es so gemacht, dass die Küchenuhr das Paradies symbolisiert, indem er einfach nur seinen jungen Mann hat erzählen lassen, wie das damals für ihn war, als die Mutter nachts aufstand und ihm Essen gereicht hat.
Und schon ist das allgemeine Mitgefühl konkretisiert auf eine Art von Erkenntnis.
Hach, besser kriege ich es jetzt nicht hin, michselbst zu erklären, außerdem ist Coffee-time.

Bis dann, du Eiserner und viel Glück und Erfolg beim Nachdenken, Rumkruscheln und Überarbeiten. ich freu mich drauf.
Bis dann, Novak

 

Hey Eisenmann,

die Idee ist Klasse. Aber ich denke, die Geschichte braucht etwas mehr Fleisch, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Im Augenblick ist die Wirkung, so wie ich sie wahrnehme, noch recht oberflächlich. Weil man den/ die Protagonisten nicht kennt und weil das Szenario – eine ausgebombte Stadt im zweiten Weltkrieg – kulturell schon eine Chiffre darstellt. Dieses Bild verbrannter Städte wurde in Film und Literatur so oft beschrieben, dass es schwer fällt, spontane Emotionen zu wecken. Dem Ganzen also etwas Neues, Ungewöhnliches zu geben, ist nicht so leicht.

Ich würde das also ein bisschen mehr entwickeln.

Gruß Achillus

 

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