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Die Zusammenfassung

Seniors
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26.02.2009
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Die Zusammenfassung

Da tauchen oft gleich zwei bange Fragen auf: Wie lang darf die Zusammenfassung werden? Wie kriege ich das hin?
Die erst Frage lässt sich noch leicht beantworten: Das kann man nicht pauschal sagen.
Um die zweite Frage zu beantworten, sind schon ein paar Worte mehr nötig.

Jedoch vorerst zurück, so lapidar will ich die erste Antwort dann doch nicht belassen.
Es gibt Verlage, die setzen der Länge einer Zusammenfassung Grenzen, zum Beispiel eine Seite. Andere begrenzen das gesamte Exposé auf drei Seiten, was in etwa auf das Gleiche hinausläuft.
Oft wird jedoch keine Beschränkung vorgegeben. Das hat den Nachteil, dass der Autor sich selbst in seiner Schreibwut einschränken muss. Er sollte eine Zusammenfassung schreiben, deren Länge sich an der Komplexität der Geschichte und an dem Seitenumfang des Manuskripts orientiert.

Es wird kaum möglich sein, ohne entscheidende Inhaltsverluste, einen 800 Seiten langen Roman auf eine DIN A4 Seite einzudampfen. Dafür haben mittlerweile auch die meisten Lektoren Verständnis. Da kann das Limit unter Umständen bis zu fünf Seiten ausgedehnt werden.
Zu einem seichten Liebesroman von 200 Seiten Länge sollte dagegen eine Seite ausreichen.

Eine lang gerate Zusammenfassung kann man dem Lektor mit einigen Tricks schmackhaft machen: Die „Köder“ Buchrückentext und Klappentext, der Übersicht vorangestellt, müssen ihn halt davon überzeugen, auch eine längere Zusammenfassung durchzulesen.


Die Story eindampfen, schrumpfen, kondensieren, wie man es auch nennen möchte, es bleibt schwierig. Auch nach der Lektüre dieser Anleitung wird es nicht einfach.

Es gibt drei Schritte, die man machen kann.

Der erste Schritt,
das rigorose Weglassen von Informationen, ist noch relativ leicht. Nebenhandlungen, auch für den Gesamtablauf eher unwichtige Wendungen oder Rückschläge brauchen nicht geschildert werden.
Rückblenden (sofern sie nicht die Motivation des Protagonisten offenlegen), das Ambiente, jegliche Wegbeschreibungen, Wetterberichte und ähnliches, was nicht das Tun des Helden erklärt, kann unbesehen weggelassen werden.
Ebenso die Nebenfiguren. Selbst die Eltern, die Ehefrau und der beste Kumpel des Protagonisten haben nichts in der Zusammenfassung zu melden (sofern sie in nicht grundlegend beeinflussen). Nur über den Gegenspieler des Helden sollte man einige Sätze schreiben.

Alles dreht sich also um den Protagonist. Über ihn wird das Wesentliche berichtet, knapp und präzise. Kommentare und Hinweise, jegliche Erklärungsversuche des Autors, haben in der Zusammenfassung nichts zu suchen. Das Kondensat der Geschichte muss aus sich selbst heraus die Motivation und die Handlung des Helden offenbaren. Mit ihm muss der Lektor vertraut werden, ihn muss er verstehen, ja, sogar lieben.

Der Zweite Schritt
besteht darin, die Entwicklung des Helden und den (bereits eingedampften) Handlungsablauf in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. In der Zusammenfassung sollte es keine Rückblenden geben.
Was gehört zu Entwicklung des Helden? Seine emotionale Verfassung und seine Ausgangssituation.
Dann das Ereignis, welches das Abenteuer in Gang bringt, den Helden auf seine Reise schickt. Dem entstandenen Konflikt darf man ruhig etwas mehr Raum in der Zusammenfassung geben. Der Held und sein Konflikt (und dessen Bewältigung) tragen schließlich die gesamte Geschichte.

Der Rest besteht aus Kampf gegen den Konflikt. Große Rückschläge, deren Qualität annähernd zum Scheitern des Helden führen, sollten mit eingearbeitet werden. Ebenso die emotionale Veränderung, die dem Helden widerfährt.
Dieser Ablauf erfährt optimaler Weise eine Steigerung bis zu einem genau zu definierenden Höhepunkt, dem Spannungshöhepunkt. Ab da löst sich Konflikt langsam auf, das oder die Rätsel entwirren sich, Licht taucht am Ende des Tunnels auf.
Diesem ganzen Teil darf wohl der meiste Raum gegönnt werden.

Es folgt das Ende der Geschichte. Das Happyend, wieder kurz und knapp schildern. Wichtigster Sachverhalt ist hier die (abgeschlossene) Wandlung des Protagonisten. Es sollte ein Unterschied zur Ausgangssituation erkennbar sein. Da ist weniger das während des Abenteuers zerkloppte Mobiliar gemeint, sondern die innere Verfassung und die veränderte Sicht auf bestimmte Aspekte des Lebens.


Im dritten Schritt
wird das Destillat in Worte gefasst. Auch ein Lektor will unterhalten werden. Er will die Spannung und die Tragik der Geschichte spüren. Die Zusammenfassung ist wie jeder andere Teil des Exposés ein Werbetext für das Manuskript.
Also auch hier Gedanken machen, wie man den Leser mit den ersten Sätzen packt. Das ist, nachdem man die Story zusammengestrichen und in chronologische Reihenfolge gebracht hat, oft gar nicht so einfach. Man muss einen Köder finden, der die Zusammenfassung interessant macht. Noch interessanter als Buchrücken- und Klappentext.
Vielleicht den Text mit der Idee, die dem Roman zugrunde liegt, beginnen. Das wäre eine Art (kurze!) Einführung in das Thema, und erst darauf den Protagonisten und seinen Konflikt vorstellen.

Man kann den Ton durchgehend neutral, ja, sogar bis zur geschäftlichen Nüchternheit halten. Man kann aber auch versuchen (wenn man es tut, sollte es auch gelingen), die grundlegende Atmosphäre des Romans auch in der Zusammenfassung zu transportieren. Und eine starke Sprache, eben die Sprache des Erzählers verwenden. Vielleicht auch ein wahnsinnig tolles Zitat der Hauptfigur mit einarbeiten.
In jedem Fall in der dritten Person schreiben. Auch dann, wenn das Manuskript in der ersten Person geschrieben ist. Das gilt auch für eine Autobiographie.
Als Zeitform wird immer die Gegenwart verwendet.

Ergänzungen und Anregungen sind willkommen!

Zur Übersicht „Das Exposé“

 

Hallo Asterix und alle anderen Exposé-Interessierten.

Mit der Chronologie habe ich so meine Probleme.

"Der Zweite Schritt
besteht darin, die Entwicklung des Helden und den (bereits eingedampften) Handlungsablauf in eine chronologische Reihenfolge zu bringen. In der Zusammenfassung sollte es keine Rückblenden geben."
=> Besonders im Thriller- und Mystery-Bereich sind Plots ja nicht unbedingt chronologisch aufgebaut. Ganz im Gegenteil, viele dieser Plot beziehen ihre Spannung (und ihre Logik) daraus, dass der Leser (und/oder der Protagonist) nicht weiß, "was zuvor passiert ist".
Die "Entwicklung des Helden" folgt den Ereignissen, wie sie im Buch aufeinander folgen - das muss aber nicht chronologisch angeordnet sein.
Beispiel: die entscheidende Entwicklung der Heldin passiert am Ende des Buches, als sie erkennt, was chronologisch gesehen vor zwanzig Jahren passiert ist.

Verstehe ich den Begriff "Chronologie" vielleicht falsch?

 

Hallo Chris!

Grundsätzlich kann man jede Geschichte chronologisch zusammenfassen.
Habe ich bei meiner sogar geschafft, obwohl die Erzählung mit dem Tod des Protagonisten beginnt. :D

Es mag Ausnahmen geben, wo es absolut keinen Sinn macht, aber da fällt mir im Moment nichts zu ein. Auch dein Beispiel, obwohl etwas knapp um Genaues zu sagen, ließe sich bestimmt auch auf dem Zeitpfeil ordnen. Dadurch kann die Geschichte, sofern man eine hat, nicht zerstört werden.

 

Hallo Asterix!

Ich habe keinen Zweifel daran, dass man jede Geschichte chronologisch zusammenfassen kann. Meine Frage ist nur, ob es sinnvoll ist.
Nehmen wir ein anderes Beispiel, "The Sixt Sense". Ist zwar ein Film, aber den kennt wohl jeder. Im Exposé müsste ich schreiben: Am Anfang stirbt der Psychologe. Aber ich müsste doch einen Zusatz dazuschreiben, um zu erklären, wie der Film aufgebaut ist, wie er funktioniert? Der Zuschauer weiß nicht, dass er stirbt, nur deshalb funktioniert der Film so, wie er funktioniert.

Zurück zu den Büchern. Ich habe vor kurzem einen Mysterythriller gelesen, in dem es von solchen Verwirrspielen nur so wimmelt. (Kay Hooper - Whisper of Evil). Die Protagonistin hat einen Halbbruder (der ist der Mörder), was sie und der Leser aber nicht weiß. Mehrere Leute haben die Stadt verlassen (wird gedacht), sind aber in Wahrheit ermordet worden, darunter die Mutter und die Schwester der Protagonistin. Die Protagonistin hat die Ermordung der Mutter beobachtet, weiß es aber nicht mehr, denn ihre Erinnerung ist blockiert. Die Schwester wird in der Nähe der Stadt vermutet, taucht in einer Szene mit der Schwester auf. Wie schon gesagt, sie wurde ermordet, das weiß aber weder die Protagonistin noch der Leser. Eine Geisterszene. Usw.
=> All das kann man chronologisch anordnen, die Geschichte funktioniert aber in der chronologischen Anordnung nicht. Sollte ich in so einem Fall eine chronologische Zusammenfassung abliefern? Macht doch keinen Sinn, wenn man lang und breit dazuerklären muss, was die Geschichte eigentlich spannend, lesenswert macht?

 

Hallo ihr beiden,

ich verfolge mit großem Interesse eure Diskussion bzgl. der Chronologie im Exposé.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass man jede Geschichte chronologisch zusammenfassen kann. Meine Frage ist nur, ob es sinnvoll ist.
Nehmen wir ein anderes Beispiel, "The Sixt Sense". Ist zwar ein Film, aber den kennt wohl jeder. Im Exposé müsste ich schreiben: Am Anfang stirbt der Psychologe.
Ich denke, um bei dem Beispiel "The Sixt Sense" zu bleiben, dass auch dort die Handlung chronologisch beschrieben werden kann. Ich habe mir mal die Zusammenfassung des Films auf Wikipedia angeschaut. Wenn man das mal als Grundlage für den möglichen Inhalt eines Exposés betrachtet …

Es wird am Anfang eben nicht erwähnt, dass der Psychologe stirbt, sondern nur, dass er angeschossen wird.
Durch das Auslassen dieser „Nuance“ klappt die chronologische Reihenfolge wunderbar.
Das gilt übrigens für fast alle Filme des Regisseurs. Ich denke da auch besonders an "The Village".

Soll heißen, dass das Exposé durchaus chronologisch sein kann, aber nicht unbedingt alles bis ins kleinste Detail "verraten" werden muss.

Dies nur mal so als meine kleine Anmerkung.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Die Parallelität, das Verwirrspiel in "The Sixt Sense", wird dann (bei Wiki) unter „Form“ kurz erläutert.
Das ist eine gute Möglichkeit, finde ich.
Mal schauen, ob ich das in der Anleitung noch unterbringe.

 

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