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Einsame Weihnacht

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07.12.2016
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Einsame Weihnacht

Die Kerzen am Weihnachtsbaum brennen und tauchen den Raum in ein warmes, angenehmes Licht. Aus den Boxen an der Decke ertönen Weihnachtslieder, der ganze Raum duftet nach Nelken und Orangen und ich sitze, warm in eine Decke gekuschelt, auf dem Sofa und lasse das alles auf mich wirken. Weihnachten war für mich immer etwas besonderes. Gottes Sohn wurde geboren, um uns von unseren Sünden zu befreien. Es ist sein Geburtstag. Das alles ist irgendwie surreal. Die Stimmung hier ist so besinnlich und ruhig, eigentlich einfach nur schön. Und mir stiegen Tränen in die Augen. Nicht, weil mich das ganze so wunderschön erscheint, sondern weil mir in diesem Moment so schmerzlich bewusst wird, dass ich alleine bin. Ich lasse den Tränen ihren lauf, spüre, wie sie mir warm über die Wangen rinnen. Vor wem soll ich die Tränen auch verstecken? Es ist ja niemand da. Niemand möchte mehr bei mir sein, ich habe sie alle vertrieben. Und da wird aus dem Rinnsal von Tränen ein Fluss, und die Musik wird von meinem Schluchzen übertönt. Die Tasse Tee in meinen Händen entgleitet mir und das heisse Getränk ergiesst sich über meinen Pullover. Doch och realisiere das gar nicht, sondern versinke immer mehr in der Verzweiflung. Vor einem Jahr, ja, da war ich an Weihnachten noch nicht alleine. Ich hatte alle meine Freunde zu mir zu einem Weihnachtsessen eingeladen und danach schauten wir bis spät in die Nacht Weihnachtsfilme. Doch sie alle sind nicht mehr Teil meines Lebens, ich habe sie daraus verbannt. Nicht weil sie nicht gut für mich gewesen wären, nein im Gegenteil. Ich habe sie von mir gestossen, weil ich nicht gut für sie bin. Die Welle des Schmerzes und des Bedauerns erfasst mich trotz allem überraschend, und ich weine jetzt hemmungslos. Das Schluchzen, dass aus meiner Kehle dringt, tönt, als käme es von einem sterbenden Tier, und ein wenig fühle ich mich auch so. Ich bedaure, dass ich sie alle von mir gestossen habe, doch ich weiss, dass es für alle das beste war. Als ich mich wieder etwas beruhigt habe, kann ich auch die Augen wieder öffnen. Die Lichter des Weihnachtsbaums sind noch immer verschwommen, ein Film von Tränen liegt noch in meinen Augen. Plötzlich klopft es an der Tür und ich schrecke hoch. Wer könnte das sein, ich hatte doch niemanden mehr. Wahrscheinlich hat sich nur jemand an der Hausnummer geirrt, und so wische ich mir die letzten Tränen aus dem Gesicht und gehe zur Tür. Im Spiegel im Flur sehe ich, wie verweint ich aussehe, doch es ist mir egal. Es wird ja niemand vor der Tür stehen, den ich kenne. Ich öffne also die Tür und sehe in ein fremdes Gesicht. Ich erkläre der Frau kurz, dass sie wohl das Haus zwei Querstrassen weiter suche und verabschiede mich mit dem besten gespielten Lächeln und den Worten: "Ein fröhliches Weihnachtsfest wünsche ich" von ihr und schliesse die Tür wieder. Ich weiss nicht, wieso ich enttäuscht bin, doch ein kleiner Teil von mir hatte gehofft, doch ein bekanntes Gesicht zu sehen. Also schlurfe ich wieder ins Wohnzimmer, lege mich aufs Sofa und decke mich zu. Wieder spüre ich, wie eine Träne über meine Wange rinnt, doch ich bin zu müde um zu weinen, und so schliesse ich meine Augen wieder und wünsche mir, kurz bevor der Schlaf mich fängt, selbst eine schöne, einsame Weihnacht.

 

Hallo Strana,

die Idee Deiner Geschichte finde ich gar nicht schlecht. Ich denke, dass sehr viele Menschen Weihnachten nicht nur allein sind, sondern sich auch einsam fühlen. Das Friede-Freude-Eierkuchen-Marketing von Weihnachten ist da eher Ursache als Hilfe.

Aber ich glaube, Du hättest Deine doch sehr kurze Geschichte noch ein wenig ausbauen können. Gleich am Anfang bin ich über diesen Satz gestoßen:

Weihnachten war für mich immer etwas besonderes. Gottes Sohn wurde geboren, um uns von unseren Sünden zu befreien.

Hier würde ich sagen, "ja auch", aber Thema Deiner Geschichte ist ja, dass Weihnachten für Deine Protagonistin immer ein Fest mit Freunden war, die nun alle weg sind. Das würde ich bereits an dieser Stelle anbringen, außer Du magst später noch etwas aus der "Sündenproblematik" basteln.

Denn eine Frage lässt Deine Geschichte offen. Warum hat sie ihre Freunde vertrieben? Für mich klingt das ein wenig nach Depression, aber so wirklich sicher bin ich mir da nicht. Der Verweis darauf, dass sie nicht gut für ihre Freunde ist, verlagert nur das Problem. Warum meint sie nicht gut für ihre Freunde zu sein? (Die sind ja offenbar alle gerne zu ihr gekommen).

Zudem leidet der Text etwas an Pathetik. Formulierungen wie

Und da wird aus dem Rinnsal von Tränen ein Fluss, und die Musik wird von meinem Schluchzen übertönt.

Das Schluchzen, dass aus meiner Kehle dringt, tönt, als käme es von einem sterbenden Tier, und ein wenig fühle ich mich auch so.

sind zwar bildlich schön, aber klingen in dem Kontext doch sehr übertrieben. Jetzt wird Selbstmitleid das große Thema und irgendwie macht es Deine Protagonistin nicht sympathischer.

Doch och realisiere das gar nicht,

Das "och" ist wohl ein auch :) . Und das sie den heißen Tee nicht realisiert, stimmt ja nicht so ganz. Gemerkt hat sie es schon, aber offenbar stören sie weder die heiße Flüssigkeit noch die Tatsache, dass ihre Hose nun recht nass ist.

Aus dem Schluss hätte man durchaus auch noch etwas mehr machen können. Vielleicht schildern können, dass sie "trotzdem" auf jemanden (Bestimmtes?) wartet.

Ich würde mich über eine etwas ausgereiftere Version freuen :) .

Viele Grüße
Mädy

 

Hallo Strana,

also einzelne Szenen ausschmücken, das kannst du, so viel steht für mich fest. Jetzt musst du nur wieder eine ganze Kurzgeschichte draus machen. Das fehlt mir hier wieder. Ein bisschen Handlung eben. Wie bei der anderen Geschichte.

Viele Grüße,

Marissa

 

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