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Abschied

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10.09.2014
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Abschied

Geduld ist nötig, eine der beiden Rezeptionistinnen telefoniert. Es ist wohl ein heiteres Gespräch, sie lacht dabei und gestikuliert mit den Händen.
Dass das letzte Winken ihm gilt, nimmt Ernö zu spät wahr. Hinter ihm wird gegrummelt und geschoben. Er entschuldigt sich und wechselt zu Schalter zwei, den allerdings eine Sekunde vor ihm, erstaunlich flink, eine quadratische Matrone in Besitz nimmt.
‚Na, Gnädigste, das läuft jetzt aber gewaltig aus dem Ruder!' So würde er sie am liebsten anraunzen, doch in einem Land, wo die Männer den Frauen hundertmal täglich die Hand küssen, geht das nicht so einfach – außerdem steht die resolute Dame auf sehr stämmigen Beinen. Also sagt er nichts und fügt sich.

Endlich ist er dran. Die Rezeptionistin fragt – immer noch frohgelaunt – was sie für ihn tun könne.
„Ehm ja, guten Tag. Küss die Hand. Also, mein Freund, Lajos Janos, der liegt bei Ihnen, im Sterben sozusagen. Und ehm ... ich wollte ihn noch einmal besuchen. Lebewohl sagen, gewissermaßen.“
„Lajos ist der Familienname?“
„Lajos Janos. Wie – Familienname? Na, Lajos natürlich.“ Ernö sucht ein Taschentuch, da fällt ihm ein:
„Der Vorname ist Janos, ja. Aber wir haben ihn immer Janni gerufen.“
Die Heiterkeit der Rezeptionistin verfliegt: „Also Lajos Familienname, Janos Vorname – und den möchten Sie besuchen?“
„Ja, das ist richtig, bitte.“
Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an. Dass ein Mensch diese zwei verschiedenen Dinge gleichzeitig tun kann, verblüfft Ernö, und er stellt sich vor, wie viel eleganter ein solcher Apparat aussähe, wenn er neben den schwarzen auch weiße Tasten hätte.
„Zimmer 238.“
„Oh, ja. Meinen verbindlichsten Dank! Küss die Hand.“
Auf dem Weg zum Fahrstuhl muss er an der Cafeteria vorbei. Die unangenehme Frau von vorhin nimmt eine Kleinigkeit zu sich. Die Tortenglasur glänzt wie Bernstein.
Seit ewigen Zeiten war er in keinem Krankenhaus – das letzte Mal zur Geburt seiner Tochter. Die Gummibäume aber erkennt er wieder. Zweite Etage.

Die Luft im Fahrstuhl ist fürchterlich. Ernö denkt an unschöne Dinge, die hier vielleicht transportiert wurden; wenigstens ist er froh, dass er in diesem Gestank nicht bis zur sechsten Etage ausharren muss. Aber alles wird freundlich, als er das Zimmer seines sterbenden Freundes betritt.
Ein matt schimmernder Sektkübel voller grellgelber Forsythien steht im weit geöffneten Fenster, Frühlingsluft strömt herein.
Lajos Janos schläft. Ernö zieht den weißlackierten Stuhl etwas näher ans Bett und setzt sich. Der Stuhl ist aus Holz und sehr hart. Aber er will eh nicht den halben Tag hier herumsitzen, sondern nur so lange, wie’s eben sein muss.
Die Tür schwingt auf. „... und bringen Sie mir eine Vase, aber nicht zu klein!“ Die Matrone steuert auf den anderen Patienten zu, lässt die Blumen aufs Fußende fallen und umschlingt ihn mit ausgebreiteten Armen. „Oh, mein Ärmster – was machen sie denn nur mit dir?“
Der so Gekoste antwortet mit bitterem Gesicht: „Ach, die machen nur ihre Arbeit“ und streift ihre Arme ab.
„Ja, aber beide Füße!“, jammert die dicke Frau, „einer hätte doch gereicht!“
„Der Professor sagt, der andere ist genau so schlimm, und es wäre auf jeden Fall besser, wenn der auch ab wäre.“
„Aber gütiger Himmel – wie willst Du denn die Gäste bedienen, ohne Füße?“
„Na, das geht dann nicht mehr. Sie werden mich zum Invaliden schreiben.“
„Und wovon sollen wir leben? Die Rente ist lächerlich.“
„Tja, dann müsstest Du einspringen. Du hast das doch gelernt.“
„Ich? Das fehlte grad noch! Erst die Kinder aufziehen – und jetzt die Gäste bedienen? Auf gar keinen Fall. Ich muss auch mal an mich denken, außerdem hab’ ich Hüftprobleme.“

Ernö ist unwohl. Er fühlt sich genötigt, Privates zu hören, sehr Privates, und es macht ihm keinen Spaß. Doch seinen Freund will er noch nicht wecken, der braucht alle Ruhe der Welt.
Eine Krankenschwester kommt mit dem Abendessen auf einem orangefarbenen Tablett herein. Ernö wundert sich, denn es ist erst Nachmittag.
Sie setzt Brot, Margarine und Schmelzkäse ab, Ernö sagt: „Küss die Hand!“ und sie fragt automatisch: „Brauchen Sie auch eine Vase?“
„Ehm, eigentlich nicht, weil ...“ Er wischt mit dem Taschentuch über die Stirn, Janos rührt sich nicht. „Weil – ach, das ist so ... nein, Blumen habe ich nicht mitgebracht.“
Schaut ihn die Schwester vorwurfsvoll an? „Ich werde ihm einen schönen Kranz aufs Grab legen. Der hält länger als Blumen.“
Die Schwester nickt, geht hinaus und Janos öffnet die Augen. Oh Scheiße. Hat er das gehört?
„He, Ernö, altes Haus“, sagt er leise, „Was führt dich denn hierher?“
„Ach, weißt du – ich war grad in der Nähe, und da dachte ich ...“
“In der Nähe? Wohnst du nicht mehr in Kövágyósszölössy?“
„Ja, doch. Aber ich bin auf dem Weg nach Eszt...“
Janos muss niesen und wird von einem furchtbaren Hustenanfall heimgesucht. Ernö greift ihm hinter den Rücken und will ihn etwas aufrichten. „Soll ich die Schwester rufen?“, aber Janos schüttelt den Kopf und kommt langsam zur Ruhe.
„Hab dir was mitgebracht. Selbstgebrannt“, flüstert Ernö und zieht sein Geschenk aus der Jacke.
Janos ist hellwach. „Lass mal riechen.“
Ernö schraubt den Verschluss auf und hält ihm den Schnaps unter die Nase.
Der schnüffelt wie ein Fährtenhund, sagt: „Quitte!“ und bekommt eine neue Hustenattacke.
Da beschleicht Ernö ein flaues Gefühl: Hätte er statt Schnaps ein Stück Schinkenspeck mitbringen sollen? Doch ehe er sich’s versieht, setzt Janos an und trinkt.
Als es ihm genug erscheint, gibt er Ernö die blecherne Jagdflasche zurück und schmatzt: „Das tat mal wieder gut.“ Dann beutelt ihn der Husten ein drittes Mal, diesmal ärger als zuvor. Sein Gebiss fällt heraus, glücklicherweise aufs Laken, Ernö packt es mit seinem Taschentuch und legt es auf den Nachttisch.
Janos ist völlig fertig, starrt zur Decke und raunt: „Morgen bin ich tot.“
Ernö will ihm Mut machen: „Das haben schon andere gesagt, und die leben immer noch.“ Er verstaut die Flasche wieder in seiner Jacke. „Ich kann sie dir nicht hier lassen, die finden sie bestimmt. Kannst ja noch mal nuckeln, wennst Lust hast.“
„Bist ein echter Freund“, sagt Janos so leise, dass sich Ernö nach vorn beugen muss.
„Gern geschehen. Ich weiß doch, dass du hier nur Tee bekommst“, sagt er. „Ist aber gut für die Gesundheit.“
„Der Tee oder der Schnaps? Ist sowieso egal – ich mach’s eh nicht mehr lang.“ Janos schließt die Augen, spricht aber weiter: „Ist nur schad’ um Frau und Kinder.“ Er stöhnt auf und muss weinen.
Ernö fasst ihn beidhändig am Unterarm. „Ach hör mal, Janni! Wirst doch nicht den Mut verlieren!“
Das klingt wie gekauft, deshalb fügt er hinzu: „Deine Kinder sind erwachsen, die unterstützen Maria. Da brauchst du dir keine Sorgen machen.“
Überzeugend ist das nicht, Ernö kennt Jannis Kinder – also legt er nach: „Stell dir mal vor, mit mir wäre es so weit, und Ari bliebe allein zurück – das wäre doch die reine Katastrophe!“
„Oh, mein Gott, das wäre wirklich schlimm“, flüstert Janni.
Ernö hat sich schnell an Jannis undeutliche Aussprache gewöhnt, dessen Zähne in ein Wasserglas getan und erwidert: „Er ist doch so jung, hat noch gar nicht richtig gelebt! Der käme nie und nimmer alleine zurecht.“
Er nimmt einen Schluck und reicht den Flachmann seinem Freund. Dem stehen die Augen immer noch unter Wasser.
Doch er trinkt tapfer und sagt: „Was ist das nur für ein Trauerspiel auf der Welt. Kaum hast du einen Zipfel vom Glück, reißt man ihn dir schon wieder aus der Hand“, dann bricht er ab, überwältigt vom Szenario der Ungerechtigkeit und des Leidens.
Wieder quellen Tränen aus seinen Augen, klar wie Kristall aus dem Born des Mitgefühls; kalt und heiß, süß und salzig rinnen sie hinab, durch Furchen und Falten, benetzen Haut, Herz und Seele.
Beide schauen sich an, unendlich traurig, der Alkohol wärmt ihr Inneres, gern möchten sie sich umarmen und nie wieder loslassen. Wahre Freundschaft – und Janos sagt: „Schön, dass du gekommen bist. Danke.“ Matt hebt er die Hand, zeigt auf Ernös ausgebeulte Jackentacke und fragt: „Haben wir noch was?“
„Viel ist es nicht mehr, aber wir teilen brüderlich.“
Jeder nimmt einen letzten Schluck; Ernö klopft bestätigend aufs leere Blech und Janos sagt mit gebrochener Stimme: „Menschenskind, ich darf gar nicht daran denken“, er muss tief Luft schöpfen, „wie elendiglich Ari zugrunde gehen würde, wenn du vor ihm gingst.“ Die letzten Worte sind mehr gehaucht als gesprochen.
Das geht Ernö sehr nahe, doch bevor ein Mann seine Rede wegen aufsteigender Tränen unterbricht, sagt er lieber gar nichts. Janos flennt sich in den Schlaf, Ernö drückt ihm die Hand und schaut ihn ein letztes Mal an. Das Haar ist durch das ständige Liegen verklebt, und ohne Zähne sieht er furchtbar aus. Ernö erinnert sich an gemeinsame Feste, bei denen Janos in der Gunst der Frauen hoch im Kurs stand - ein sehr gut aussehender Mann, für den jede ein Stündchen Zeit gehabt hätte - und schüttelt den Kopf. Er strebt in einem nicht uneleganten Bogen zur Tür und verlässt leise, fast auf Zehenspitzen, das Zimmer.
Er muss noch zum Metzger, da gibt’s dienstags Pansen. Aristoteles ist ganz verrückt drauf.

 
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Hej josefelipe,

du hast es drauf!
Bringst Leichtigkeit und Frohsinn und Humor und Liebe und Freundschaft und Schnaps mit dem Tod an einen Tisch. Aber wo du recht hast, du recht. Nichts ist voneinander zu trennen und Janni hatte zumindest immer einen guten Freund, Ernö. Das ' mal sicher.

Du hast wunderbare Protgonisten und Nebencharaktere geschaffen, mich schnell und unterhaltsam durch diese Krankenhausstunde geleitet und das obwohl ich alles ganz und gar ablehne. Aber wer nicht, wenn er nicht Arzt oder Krankenhauspersonal ist.

Deine erzählerische Kraft ist enorm und souverän.

„Dann weiß ich nicht, wozu du nütze bist.“

Ich möchte nicht glauben, dass es solch böse Frauen gibt. Doch ich fürchte, du hast recht.

Überzeugend ist das nicht, Ernö kennt Jannis Kinder – also legt er nach: „Stell dir mal vor, mit mir wäre es so weit, und Ari bliebe allein zurück – das wäre doch die reine Katastrophe!“
„Oh, mein Gott, das wäre wirklich schlimm“, flüstert Janni.

Was für ein feiner Mann.

Im Zickzack verlässt er das Zimmer auf Zehenspitzen.

Ich wollte erst gar nix sagen, weil alles so hübsch fliesst, aber Zickzack mag mir nicht gefallen. Ich stelle mir Ernö eher vor, wie er versucht Haltung zu wahren. Dann gehen Männer immer so steif und steuern das Ziel, hier die Tür, um einen Meter daneben an und dann gibts einen abrupten Schlenker. Ein einzelnes Wort dafür kenn ich aber auch nicht. :lol:

Und am Ende ist Ari dann Aristoteles, du Schlawiner.

Danke, lieber Jose für diese Leichtigkeit und einen schönen Sonntag, Kanji

 

Hi josefelipe !

Wow. Also, was sage ich zu deiner Geschichte?

Bevor ich ins Detail gehe: Bis auf den ein oder anderen Makel hat sie mir gut gefallen. Es hat Spaß gemacht sie zu lesen, und man merkt, dass du dir Gedanken beim Schreiben machst und nicht einfach drauf loslegst und sie abschickst. Ich geh sie jetzt mal Schritt für Schritt durch:

Kurze Anmerkung vorher: Das ist alles rein meine persönliche Meinung und über vieles von dem was ich sage lässt sich selbstverständlich streiten :).


Geduld ist nötig, es geht nur schleppend voran. Eine der beiden Rezeptionistinnen telefoniert. Es scheint ein heiteres Gespräch zu sein, zumindest entnimmt er das ihrem Lachen und den gestikulierenden Händen.

Ein direkter Einstieg, keine großen Erklärungen, finde ich gut. Ich würde "es geht nur schleppend voran." streichen, sprich einfach "Geduld ist nötig." Dann ein Absatz und direkt weiter mit "Eine der beiden..."
Vielleicht kannst du das „schleppende vorangehen“ besser umschreiben? (Ein Besucher verließ den Schalter und die Schlange bewegte sich vorwärts, schleppend, wie zähflüssiger Honig ...)
Die gestikulierenden Hände gefallen mir ehrlich gesagt nicht.

Dass das letzte Winken ihm gilt, nimmt er zu spät wahr. Hinter ihm wird gegrummelt und geschoben – er solle endlich zu Schalter zwei gehen, sonst würden sie es tun, auch wenn er an der Reihe wäre. Er entschuldigt sich und wechselt zu Schalter zwei, den allerdings eine Sekunde vor ihm, erstaunlich flink, eine quadratische Matrone in Besitz nimmt.

Hier würde ich ab "er solle endlich zu Schalter zwei gehen" bis zum Rest umschreiben. Warum darauf hinweisen, dass ihm jemand den Platz streitig macht, wenn er sich nicht beeilt, wenn ihn dann doch jemand wegschnappt?
Warum nicht einfach: "Hinter ihm wird gegrummelt und geschoben – Er entschuldigt sich und wechselt zu Schalter zwei, den allerdings ..."
Matrone ist ein schweres Wort, dass gut zu deinem Stil passt, mich aber beim ersten Lesen zu sehr verwirrte.

‚Na, Gnädigste, das läuft jetzt aber gewaltig aus dem Ruder! Sie wissen sehr gut, dass ich dran bin und nicht Sie!’ So würde er sie am liebsten anraunzen, doch in einem Land, wo die Männer den Frauen hundertmal täglich die Hand küssen, geht das nicht so einfach – außerdem steht die resolute Dame auf sehr stämmigen Beinen. Also sagt er nichts und fügt sich.

Tip-top :)

Endlich ist er dran. Die Rezeptionistin fragt – immer noch frohgelaunt – was sie für ihn tun könne.
„Ehm ja, guten Tag. Küss die Hand. Also, mein Freund, Lajos Janos, der liegt bei Ihnen, im Sterben sozusagen. Und ehm ... ich wollte ihn noch einmal besuchen. Lebewohl sagen, gewissermaßen.“
„Lajos ist der Familienname?“
„Lajos Janos. Wie – Familienname? Na, Lajos natürlich.“ Ernö sucht ein Taschentuch, da fällt ihm ein:
„Der Vorname ist Janos, ja. Aber wir haben ihn immer Janni gerufen.“

Toller Dialog! Das mit "Küss die Hand" versteht man zwar erst später im Kontext bzw. Reimt sich dann irgendwie selbst was zusammen, aber dennoch gut, vor allem lebendig.
"Der Vorname ist Janos, ja. Aber wir haben ihn immer Janni gerufen." – das geht besser. Ihm fällt ja nicht plötzlich ein, das sein Vorname Janos ist, sondern, dass man ihn immer Janni gerufen hat (oder?).

Die Heiterkeit der Rezeptionistin verfliegt: „Also Lajos Familienname, Janos Vorname – und den möchten Sie besuchen?“
„Ja, das ist richtig, bitte.“
Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an. Dass ein Mensch diese zwei verschiedenen Dinge gleichzeitig tun kann, verblüfft Ernö, und er stellt sich vor, wie viel eleganter ein solcher Apparat aussähe, wenn er neben den schwarzen auch weiße Tasten hätte.

Ebenfalls toll, wie du den senilen Alten darstellst und seine Gedanken zeigst, die mit der Realität nicht viel zu tun haben gefällt mir gut.

„Zimmer 238.“
„Oh, ja. Meinen verbindlichsten Dank! Küss die Hand.“
Auf dem Weg zum Fahrstuhl muss er an der Cafeteria vorbei. Die unangenehme Frau von vorhin nimmt eine Kleinigkeit zu sich. Die Tortenglasur glänzt wie Bernstein.

Bernstein? Hmpf...

Seit ewigen Zeiten war er in keinem Krankenhaus – das letzte Mal zur Geburt seiner Tochter. Die Gummibäume aber erkennt er wieder. Zweite Etage.

Klingt nach einer sehr langen Zeit, um sich an Gummibäume zu erinnern...

Im Fahrstuhl herrscht eine entsetzliche Luft. Ernö denkt an schlimme Dinge; wenigstens ist er froh, dass er in diesem Gestank nicht bis zur sechsten Etage ausharren muss. Und richtig schön wird es, als er das Zimmer seines sterbenden Freundes betritt.
Ein matt blinkender Sektkübel voller grellgelber Forsythien steht im weit geöffneten Fenster, Frühlingsluft strömt herein.

Da bin ich jetzt nicht mit gekommen... Im Fahrstuhl stinkt es und so richtig schön wird der Geruch dann im Zimmer des Sterbenden? Den Sinn, dass Sterbende nicht gut riechen kann ich verstehen, aber irgendwie verwirrt mich das Ganze und ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden habe was du vermitteln willst.

Lajos Janos schläft. Ernö zieht den weißlackierten Stuhl etwas näher ans Bett und setzt sich. Der Stuhl ist aus Holz und sehr hart. Aber er will eh nicht den halben Tag hier herumsitzen, sondern nur so lange, wie’s eben sein muss.

"sowieso" anstelle von "eh"? Oder irgendetwas anderes bitte, das "eh" versaut es mir etwas.

Die Tür schwingt auf. „... und bringen Sie mir eine Vase, aber nicht zu klein!“ Die Matrone steuert auf den anderen Patienten zu, lässt die Blumen aufs Fußende fallen und umschlingt ihn mit ausgebreiteten Armen. „Oh, mein Ärmster – was machen sie denn nur mit dir?“
Der so Gekoste antwortet mit bitterem Gesicht: „Ach, die machen nur ihre Arbeit“ und streift ihre Arme ab.
„Ja, aber beide Füße!“, jammert die dicke Frau, „einer hätte doch gereicht!“
„Der Professor sagt, der andere ist genau so schlimm, und es wäre auf jeden Fall besser, wenn der auch ab wäre.“
„Aber gütiger Himmel – wie willst Du denn die Gäste bedienen, ohne Füße?“
„Na, das geht dann nicht mehr. Sie werden mich zum Invaliden schreiben.“
„Und wovon sollen wir leben? Die Rente ist lächerlich.“
„Tja, dann müsstest Du einspringen. Du hast das doch gelernt.“
„Ich? Das fehlte grad noch! Erst die Kinder aufziehen – und jetzt die Gäste bedienen? Auf gar keinen Fall. Ich muss auch mal an mich denken, außerdem hab’ ich Hüftprobleme.“
„Ja, die sind zu breit. Du isst zu viel.“
„Ach, du Schafskopf! Meine Gelenke meine ich!“
„Ja, eben – du bist zu schwer.“
„Aber das ist doch wohl unerhört!“, ereifert sich Madame, „Ich bin ein guter Futterverwerter – das hat doch mit Essen nichts zu tun!“
„So kann ich jedenfalls nicht bedienen.“
„Dann weiß ich nicht, wozu du nütze bist.“

Ich fühle mich gerade, wie in einer billigen Fernsehsoap aus MTV oder Viva, definitiv amerikanisch, mit eingeblendeten Lachern und Klatschern.... Das kann gut sein, und wenn du dieses Bild vermitteln willst, ist es gelungen, aber irgendwie bringt es deine Geschichte in eine Richtung, die nicht ganz zu passen scheint... Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich es gut finde oder schlecht.

Ernö ist unwohl. Er fühlt sich genötigt, Privates zu hören, sehr Privates, und es macht ihm keinen Spaß. Doch seinen Freund will er noch nicht wecken, der braucht alle Ruhe der Welt.
Eine Krankenschwester kommt mit dem Abendessen auf einem orangefarbenen Tablett herein. Ernö wundert sich, denn es ist erst Nachmittag.
Sie setzt Brot, Margarine und Schmelzkäse ab, Ernö sagt: „Küss die Hand!“ und sie fragt automatisch: „Brauchen Sie auch eine Vase?“
„Ehm, eigentlich nicht, weil ...“ Er wischt mit dem Taschentuch über die Stirn, Janos rührt sich nicht. „Weil – ach, das ist so ... nein, Blumen habe ich nicht mitgebracht.“
Schaut ihn die Schwester vorwurfsvoll an? „Ich werde ihm einen schönen Kranz aufs Grab legen. Der hält länger als Blumen.“

Super, ich kann mir Ernö original vorstellen, auch sehr lebendig geschrieben.

Die Schwester nickt verstehend, geht hinaus und Janos öffnet die Augen. Oh Scheiße. Hat er das gehört?
„He, Ernö, altes Haus“, sagt er leise, „Was führt dich denn hierher?“
„Ach, weißt du – ich war grad in der Nähe, und da dachte ich ...“
“In der Nähe? Wohnst du nicht mehr in Kövágyósszölössy?“
„Ja, doch. Aber ich bin auf dem Weg nach Eszt...“
Janos muss niesen und wird von einem furchtbaren Hustenanfall heimgesucht. Ernö greift ihm hinter den Rücken und will ihn etwas aufrichten. „Soll ich die Schwester rufen?“, aber Janos schüttelt den Kopf und kommt langsam zur Ruhe.
„Hab dir was mitgebracht“, flüstert Ernö und zieht sein Geschenk aus der Jacke.
Janos ist hellwach. „Lass mal riechen.“
Ernö schraubt den Verschluss auf und hält ihm den Schnaps unter die Nase.

Vielleicht erwähnst du schon hier den Flachmann? Sonst ist man später verwirrt, da hier nur die Rede von Schnaps ist. Ansonsten gefällt mir auch dieser Absatz sehr gut, Dialoge scheinen dir zu liegen.

Leider muss ich aus Zeitgründen hier Schluss machen :( aber prinzipiell hat mir deine Geschichte gut gefallen! Eventuell komme ich später nochmal auf den Rest zurück!

So long und alles gute,

Cowboy

 

Hey José,


schöne Geschichte, gefällt mir. Da ist viel Lokalkolorit mit drin, auch menschlich, nicht? Viel Seele auch. Ich kenne mich mit Ungarn nicht aus, aber mir scheint, dir ist ein recht authentisches Bild gelungen. Auch diese Art, mit dem Schicksal, mit Schicksalsschlägen umzugehen. Diese Melancholie, die mitschwingt. Aber auch das Pragmatische irgendwie. Mich hat das an Dimitré Dinev erinnert, wenngleich benannter ja Bulgare ist, vielleicht hast du ja mal was von ihm gelesen?

Textkram:

Dass das letzte Winken ihm gilt, nimmt er zu spät wahr. Hinter ihm wird gegrummelt und geschoben – er solle endlich zu Schalter zwei gehen, sonst würden sie es tun, auch wenn er an der Reihe wäre. Er entschuldigt sich und wechselt zu Schalter zwei, den allerdings eine Sekunde vor ihm, erstaunlich flink, eine quadratische Matrone in Besitz nimmt.
Nicht nur wegen der WW würde ich darauf verzichten. Ich finde, so fließt der Text hier besser - ist zudem auch eine redundante Info, finde ich.

‚Na, Gnädigste, das läuft jetzt aber gewaltig aus dem Ruder! Sie wissen sehr gut, dass ich dran bin und nicht Sie!’ So würde er sie am liebsten anraunzen, doch in einem Land, wo die Männer den Frauen hundertmal täglich die Hand küssen, geht das nicht so einfach ...
Auch hier und hier könntest du mMn gewinnbringend den Rotstift ansetzen.

Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an.
Ich würde das durch "Tastatur" ersetzen - wegen der zeitlichen Verortung. Oder wolltest du das so? Dann verstehe ich aber nicht, wie ihn die Rezeptionistin daraufhin das Zimmer nennen kann.

Im Fahrstuhl herrscht eine entsetzliche Luft. Ernö denkt an unschöne Dinge ...
Ich persönlich brauche da nicht mehr - könntest du aber näher beschreiben, gar zeigen, klar.

Lajos Janos schläft. Ernö zieht den weißlackierten Stuhl etwas näher ans Bett und setzt sich. Der Stuhl ist aus Holz und sehr hart. Aber er will eh nicht den halben Tag hier herumsitzen, sondern nur so lange, wie’s eben sein muss.
Für mich Streichkandidaten. Auch vom Rhythmus her - würde einfach noch mal einen kurzen Takt dazwischen schlagen.

„Aber das ist doch wohl unerhört!“, ereifert sich Madame, „Ich bin ein guter Futterverwerter – das hat doch mit Essen nichts zu tun!“
Vorschlag: „Unerhört!“, ereifert sich Madame, „Das hat doch mit Essen nichts zu tun!“
Ich finde, die 'Madame' wirkt ein wenig überzeichnet - aber gut, ich schlucke das soweit.
Hier würde ich Gesagtes eindampfen - klänge einfach runder, authentischer in meinen Ohren.

Sie setzt Brot, Margarine und Schmelzkäse ab[,] Ernö sagt:
Jetzt mach aber mal einen Punkt, José :D! Von der Betonung her, gehe ich stimmlich einfach eine Oktave tiefer - nach 'ab'.

Schaut ihn die Schwester vorwurfsvoll an?
Komisch, das Fragezeichen habe ich erst überlesen - auch beim zweiten mal.
Das hat was von einem Witz, à la: Kommt ein Mann zum Arzt. Ich bleibe da immer wieder hängen, kann aber wirklich auch nur an mir liegen.

Die Schwester nickt verstehend, geht hinaus und Janos öffnet die Augen.
Streichkandidat.

Er tupft sich die Augen, nimmt einen Schluck und reicht den Flachmann seinem Freund. Dem stehen die Augen immer noch unter Wasser.
Vermeidbar. Kennst du das: Man schließt die Augen und 'tupft sich die Lider'? Irgend sowas ginge z. B.


Aber genug Kleinkram, mehr finde ich eh nicht. Sprachlich ist das erwartungsgemäß ohnehin auf José-Niveau - gibt also kaum was auszusetzen.
Ich habe den Text echt gerne gelesen!


Vielen Dank fürs Hochladen!


hell

 
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Hallo josefelipe,

Du machst es mir aber auch wirklich schwer, denn Kleinkram lässt sich in deinen Geschichten fast nie finden, dabei ist der doch immer am einfachsten zu kritisieren. Na ja, eigentlich ist das ja ein eindeutiges Qualitätsmerkmal, und so bringst du mich außerdem dazu, eher was zum Inhalt zu schreiben. (Damit tu ich mich immernoch sehr schwer)

Also. Die Geschichte ist wirklich sehr bewegend. Du zeigst sehr schön die bedrückende Stimmung in Krankenhäusern. Und gleichzeitig diese wunderbare Freundschaft, bei der es nicht vieler Worte bedarf, um den anderen zu verstehen. Auf kleinstem Raum verpackst du diese sehr dicht und realistisch. Die Dialoge funktionieren nahezu perfekt, ich wünschte, ich könnte sowas. Ich finds gut, dass du das Gezanke über die Fettleibigkeit der Frau, und den Satz, dass der Mann zu nichts mehr nütze ist, gestrichen hast, denn das fand ich auch übertrieben, nur finde ich das Geschehen mit der Frau nicht mehr so ganz rund. Vielleicht lässt du sie den Raum auch wieder verlassen, denn irgendwie stört mich der Gedanke, dass sie bei dieser innigen Freundschaftsbegegnung dabei ist. Der Moment gehört für mich ganz allein Ernö und Janni. Sie hat da einfach nichts zu suchen! Allerdings finde ich es auch echt schön, das dieser Moment auch in diesem trostlosen, störenden Umfeld stattfinden kann. Dass nichts die beiden in diesem einen Augenblick ablenken oder gar auseinanderreißen kann.
Die Szene in der Ernö eben keine Blumen mitbringt, finde ich auch sehr gelungen. Richtig traurig, aber so gut nachvollziehbar. Was nützt es einem auch, wenn man im Krankenhaus mit Blumen nur so überschüttet wird.
Und wie Ernö versucht, Janni bei dem Gedanken an seine Kinder zu trösten, ist einfach nur schön. Du kannst dich wirklich sehr gut in deine Charaktere hineinversetzen.
Ich könnte gar nicht aufhören, mit Sachen, die mir gut gefallen haben. Zum Beispiel auch, dass Janni so oft heulen darf. Dass er hier als Mann nicht den Starken, Unverwundbaren spielen muss, was ja, wie hier richtig erkannt und umgesetzt wurde, auch gar nicht möglich für einen ist. Auch dieses Detail macht den Text sehr lebensecht.
Und ich möchte die Botschaft Für Andere geht das Leben weiter. Das gibt einem am Ende Hoffnung.
Also eigentlich eine ganz und gar gelungene Geschichte.

Ein paar Kleinigkeiten sind mir dann doch noch aufgefallen.

Im Text kommen auffallend viele Gedankenstriche vor. Ich zähle sechzehn.
Ach übrigens, bei den letzten beiden (im letzten Absatz) hast du versehentlich Bindestriche verwendet. Ich denke, du kennst den Unterschied.

zeigt zur Beule auf Ernös Jacke
Das Wörtchen auf passt für meinen Geschmack irgendwie nicht so ganz. Die Beule ist ja nicht obendrauf sondern ... ja, was denn? Ein passendes Wort fällt mir gerade auch nicht wirklich ein ... in der Jacke? – Nee. ... an der Jacke? – Nee, auch nicht. Aber du schreibst so gut, du findest bestimmt das richtige.

Dann noch zwei minimale inhaltliche Ungereimtheiten. Zuerst die kleinere:
Irgendwie wechselt mir die dicke Frau zu schnell den Ort. Erst drängelt sich sich am Schalter vor. Szenenwechsel. Sie isst Kuchen. Szenenwechsel. Sie stürmt ins Zimmer. Da hat sie doch kaum drei Minuten, um den Kuchen zu essen.

Und dann die größere.
Für mich beißt sich ...

In der Nähe? Wohnst du nicht mehr in Kövàgyósszölössy?
... mit ...
da gibt's dienstags Pansen.
... denn im ersten Satz gibst du ja an, dass Ernö anscheinend von weiter weg kommt, aber du behauptest im zweiten, dass er oft genug zum Metzger in diesem Ort, wo er jetzt ist, geht, um zu wissen, wann es da Pansen gibt. Verstehst du, was ich meine?
(Oder habe ich da dauerhaft was überlesen? )

Vielen Dank für die schönen Geschichte.
Und liebe Grüße,
Anna

 
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Hola Kanji,

besten Dank für Deinen freundlichen Kommentar; mich freut, dass Du die verschiedenen Zutaten vereinbar findest:

Bringst Leichtigkeit und Frohsinn und Humor und Liebe und Freundschaft und Schnaps mit dem Tod an einen Tisch ... ... Nichts ist voneinander zu trennen und Janni hatte zumindest immer einen guten Freund, Ernö.
Dass bei Männerfreundschaften meist eine oder mehrere Flaschen unabdingbar sind, ist ein ubiquitionöses (richtig wäre: ubiquitäres) Übel:D.
Bislang habe ich einen Bogen um den tag ‚Humor’ (ebenso ‚Erotik’) gemacht, denn Humor ist eine harte Nuss, wenn es erträglich vonstatten gehen soll. Aber je nun – einen Versuch war es wert.
„Dann weiß ich nicht, wozu du nütze bist.“
Ich möchte nicht glauben, dass es solch böse Frauen gibt. Doch ich fürchte, du hast recht.
Ich denke schon. ‚Das böse (alte) Weib’ ist eine bekannte Figur, doch sicherlich gibt’s auch viele böse Männer. Als Philanthrop überlegt man, warum jemand böse ist, und oft ist der Grund ein sehr trauriger; aber natürlich macht das eine böse Person nicht sympathischer.
Diesen Dialog habe ich übrigens reduziert, weil mir LonesomeCowboy einen guten Tipp gab.

... Zickzack mag mir nicht gefallen. Ich stelle mir Ernö eher vor, wie er versucht Haltung zu wahren. Dann gehen Männer immer so steif und steuern das Ziel, hier die Tür, um einen Meter daneben an und dann gibts einen abrupten Schlenker.
Hehe, gut beobachtet. Ich hab’s umgeschrieben – Ernö benutzt jetzt die Taktik, die auch ich bevorzuge:shy::
Er strebt in einem eleganten Bogen zur Tür ...
Und am Ende ist Ari dann Aristoteles, du Schlawiner.
Na ja, eigentlich Onassis, aber ich wollte keine Verwirrung stiften:).

Nochmals bedankt, meine Liebe, und viele schöne Tage im April!
José

 
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Hola LonesomeCowboy,

danke sehr für Deinen Kommentar. Des Zusatzes:

LC: schrieb:
Kurze Anmerkung vorher: Das ist alles rein meine persönliche Meinung und über vieles von dem was ich sage lässt sich selbstverständlich streiten.
... hätte es nicht bedurft. Es ist doch völlig klar, dass es keinen objektiven Komm geben kann – nur schreibe ich das aus unerklärlichen Gründen oft selbst unter meine Meinung, um zarte Gemüter nicht zu verletzen. Im Forum herrschten schon einmal rauere Sitten, jetzt sind wir alle lieb.
Umgekehrt verhält es sich ebenso: Der Kommentator sollte nicht beleidigt sein, wenn seine Ratschläge nicht umgesetzt werden. In meinem Fall würde ich gern einiges so lassen, wie es ist, weil ich durch eine Änderung keinen echten Mehrwert erkennen kann. (Aber selbstverständlich habe ich nach dem Lesen der Kommentare grobe Schnitzer gleich entfernt; es geht ja um den Text, nicht ums Rechthaben.)
Die Tortenglasur glänzt wie Bernstein.
Bernstein? Hmpf...
Ja, gibt’s wirklich. Bei der Dobos(ch)-Torta ist jedes Stück mit einem Karamellblatt belegt.
Seit ewigen Zeiten war er in keinem Krankenhaus ... ... Die Gummibäume aber erkennt er wieder ...
Klingt nach einer sehr langen Zeit, um sich an Gummibäume zu erinnern...
Öffentlicher Raum ist hierzulande ohne Gummibäume (und Monstera) nicht vorstellbar. Es sind keine speziellen G’bäume, an die er sich erinnert – nur die allgegenwärtigen.
Im Fahrstuhl herrscht eine entsetzliche Luft. Ernö denkt an schlimme Dinge; wenigstens ist er froh, dass er in diesem Gestank nicht bis zur sechsten Etage ausharren muss. Und richtig schön wird es, als er das Zimmer seines sterbenden Freundes betritt.
Da bin ich jetzt nicht mit gekommen... Im Fahrstuhl stinkt es und so richtig schön wird der Geruch dann im Zimmer des Sterbenden?
Oha, oha, das hab ich übersehen. Jetzt heißt es:
Aber alles wird freundlich, ...
Danke, Cowboy. Das war Bockmist. Auch der Dialog des Ehepaars ist – für mich im Nachhinein:shy: – grenzwertig, da hast Du völlig recht:
LC: schrieb:
Ich fühle mich gerade, wie in einer billigen Fernsehsoap aus MTV oder Viva, definitiv amerikanisch, mit eingeblendeten Lachern und Klatschern....
Da bleibt wirklich das Niveau auf der Strecke. Ist auch mein erster und zugleich letzter Versuch mit ‚Humor’. Fest versprochen!

Leider muss ich aus Zeitgründen hier Schluss machen aber prinzipiell hat mir deine Geschichte gut gefallen! Eventuell komme ich später nochmal auf den Rest zurück!
LonesomeCowboy, natürlich würde ich noch gern den Rest erfahren, aber ich sehe ja, wie Du rackerst mit Deiner Geschichte. Neben Fleiß und festem Willen kostet das auch viel Zeit, deshalb der Rat eines alten Weisen: Lass es langsam angehen. Das Schlimmste wäre, die Lust am Schreiben zu verlieren, weil man zuviel auf einmal möchte. Dann muss die Welt eben noch ein bisschen länger warten, bis sie in den Genuss unserer Geschichten kommt.

Hauptsache, wir lassen nicht locker!

Beste Grüße
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi josefelipe,

schön, wenn ich dir helfen konnte :). Aber wegen mir bitte jetzt nicht das Humor-Handtuch hinschmeißen! Schlecht war das nicht, und dein Text hat seinen ganz eigenen Humor, den ich toll finde! Nur dieser Soap-Dialog hat für mich nicht reingepasst.

Es gibt wenige Texte hier, die meine Aufmerksamkeit packen. Bei den meisten lese ich 10 Zeilen und bin dann fertig. Das geht anderen bei meinen Texten sicherlich auch so, aber wenn ich mich dann einem Text widme, dann voll und ganz. Da ist es natürlich toll, so eine Resonanz zurück zu bekommen, dann macht das Korrekturlesen auch Freude. Klar kostet das Zeit, aber ich mache das auch nur bei Geschichten, die es mir wert sind.

Mit dem langsam angehen lassen hast du recht. Man hat natürlich den Wunsch nach Erfolg, und jeder sagt, dass man eine hohe Frustrationstoleranz braucht, trotzdem ist es stürmisch auf dem Weg. Und manchmal muss man Umwege gehen, die im ersten Moment einfach frustrierend sind.
Was ich auf diese arg umständliche Weise eigentlich sagen will: Danke für deine Worte :). Es tut gut, wenn jemanden auffällt, dass man tatsächlich gerackert hat. Man kann ja das Ausmaß an Arbeit, die hinter einem Text steckt meistens nicht im entferntesten erahnen.

Eine schöne Woche dir,

so long,

Cowboy

 

Hola hell,

hell: schrieb:
schöne Geschichte, gefällt mir. Da ist viel Lokalkolorit mit drin, auch menschlich, nicht? ... ... Mich hat das an Dimitré Dinev erinnert, ...
Meinen Dank für Deinen Kommentar. Mich freut’s, dass Dir die Geschichte gefällt, leider kenne ich diesen bulgarischen Autor nicht. Ich habe gegoogelt, bin zwar nicht so richtig schlau daraus geworden – aber Balkanluft beeinflusst zweifelsohne unser Gemüt:herz:.
hell: schrieb:
Diese Melancholie, die mitschwingt. Aber auch das Pragmatische irgendwie.
Ja – irgendwie. Es existiert, aber ich könnte es auch nicht beim Namen nennen.
er solle endlich zu Schalter zwei gehen, sonst würden sie es tun, auch wenn er an der Reihe wäre.
– Sie wissen sehr gut, dass ich dran bin und nicht Sie!’
Streichkandidaten.
Da hast Du wirklich recht. Ist erledigt, bedankt.
Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an.
Ich würde das durch "Tastatur" ersetzen - wegen der zeitlichen Verortung. Oder wolltest du das so? Dann verstehe ich aber nicht, wie ihn die Rezeptionistin daraufhin das Zimmer nennen kann.
Wenn Ernö Tipp-Tasten (im Unterschied zu Klaviertasten, die er wesentlich schöner findet) sieht, handelt es sich um eine Schreibmaschine. ‚Tastatur’, PC, Monitor? Unbekannt:shy:. Aber Schnaps brennen kann er! Das ‚selbstgebrannt’ hab ich noch in den Text geschmuggelt.
Vorschlag: „Unerhört!“, ereifert sich Madame, „Das hat doch mit Essen nichts zu tun!“
Ich finde, die 'Madame' wirkt ein wenig überzeichnet - aber gut, ich schlucke das soweit.
Hier würde ich Gesagtes eindampfen - klänge einfach runder, authentischer in meinen Ohren.
Hell, auf Dich höre ich. Ist gestrichen.
Die Schwester nickt verstehend, ...
Streichkandidat.
Realisiert.
Er tupft sich die Augen, nimmt einen Schluck und reicht den Flachmann seinem Freund. Dem stehen die Augen immer noch unter Wasser.
Vermeidbar.
Stimmt, hab nicht aufgepasst. Heißt jetzt:
Er nimmt einen Schluck und reicht den Flachmann seinem Freund. Dem stehen die Augen immer noch unter Wasser.
Lieber hell, hast Dir viel Mühe gemacht. Herzlichen Dank dafür. Ich staune immer wieder, dass mir auch beim x-ten Mal Überprüfen manches nicht auffällt, aber man sagt ja im Forum nicht umsonst: "Hier wird Sie geholfen!"

Beste Grüße!
José

 

Hallo josefelipe,

der Text hält das rechte Maß zwischen Drama, Tragik und (Galgen)humor. Dazwischen platzierst du eine Lebens-, man müsste es eher Todeseinstellung nennen, die man balkanisch nennen kann, aber eben zutiefst menschlich ist: sich an kleinen Dingen freuen, auch im Angesicht des Todes, an dem Besuch des Freundes, der Schnapsflasche, die die beiden verbindet, den Lebensweisheiten, der Familie, die sozusagen auf den Hund gekommen ist. Ich erinnere mich an Filme von Clint Eastwood (Million Dollar Baby, Gran Torino), da werden ähnliche Charaktere mit einer ähnlichen Haltung gezeigt. Klar, für meinen Geschmack hätte es noch eine Brise mehr Absurdität geben können, skurillere Szenen, dass sich zum Beispiel ein Arzt dazu gesellt, mittrinkt, was auch immer, aber ich habe den Text sehr genossen und bedauerte am Ende, das er schon zu Ende war. Sprachlich, stilistisch passen Inhalt und Form zusammen. Vielen Dank für die Geschichte.

Textstellen:

So würde er sie am liebsten anraunzen, doch in einem Land, wo die Männer den Frauen hundertmal täglich die Hand küssen, geht das nicht so einfach – außerdem steht die resolute Dame auf sehr stämmigen Beinen.
einleuchtend, schöne, sprechende Stelle :Pfeif:

Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an.
die Stelle kapiere ich nicht: wer benutzt denn noch Schreibmaschinen? Oder meinst du ein Smartphone?

„Ich kann sie dir nicht hier lassen, die finden sie bestimmt. Kannst ja noch mal nuckeln, wennst Lust hast.“
als wolle er ihm Leben einträufeln, Medizin.

Wieder quellen Tränen aus seinen Augen, klar wie Kristall aus dem Born des Mitgefühls; kalt und heiß, süß und salzig rinnen sie hinab, durch Furchen und Falten, benetzen Haut, Herz und Seele.
okay: Born klingt altertümlich, aber der Satz fließt.

Er strebt in einem eleganten Bogen zur Tür und verlässt leise, fast auf Zehenspitzen, das Zimmer.
Er muss noch zum Metzger, da gibt’s dienstags Pansen. Aristoteles ist ganz verrückt drauf.
tja, und dann muss er doch los, wegen allerlei anderer Verpflichtungen, wegen eines anderen Freundes eben.

Viele Grüße
Isegrims

 

Hola annami,

da muss ich mich gleich zu Beginn entschuldigen:

Du machst es mir aber auch wirklich schwer, denn Kleinkram lässt sich in deinen Geschichten fast nie finden, ...
Tja, das ist wirklich sehr ärgerlich – das müssen wir wohl so hinnehmen:shy:.
Ich finds gut, dass du das Gezanke über die Fettleibigkeit der Frau, und den Satz, dass der Mann zu nichts mehr nütze ist, gestrichen hast, ...
Das war leider Humor der flachen Sorte. Ursprünglich hatte ich ‚Humor’ gar nicht im Sinn. Wie sich aber die Abschiedsstunde zum Rührstück entwickelte, dachte ich, auf diese Weise den Text auflockern zu können – dachte ich:shy:.
Vielleicht lässt du sie den Raum auch wieder verlassen, denn irgendwie stört mich der Gedanke, dass sie bei dieser innigen Freundschaftsbegegnung dabei ist. Der Moment gehört für mich ganz allein Ernö und Janni. Sie hat da einfach nichts zu suchen!
Sehe ich auch so, glücklicherweise hast Du schon die Antwort:
Allerdings finde ich es auch echt schön, das dieser Moment auch in diesem trostlosen, störenden Umfeld stattfinden kann. Dass nichts die beiden in diesem einen Augenblick ablenken oder gar auseinanderreißen kann.
Diese Tante tritt in den Hintergrund, als Janos aufwacht.
Ich könnte gar nicht aufhören, mit Sachen, die mir gut gefallen haben. Zum Beispiel auch, dass Janni so oft heulen darf.
Ja, in seiner Lage darf er das; auch Ernö darf nasse Augen haben. In meiner Jugend war das ein No-Go, und heute – von einem Extrem ins andere – gehen mir manche Heulsusen und Weicheier auf den Senkel. In meiner Geschichte wollte ich das übliche betroffene Händchenhalten mit dem Humor-tag und Alkohol erträglich machen, und es den beiden ermöglichen, die Peinlichkeit zu umgehen, indem sie ihre Gefühle auf den Hund Ari(stoteles) transferieren.
Ob das klappt, weiß nur der Leser:hmm:
Im Text kommen auffallend viele Gedankenstriche vor. Ich zähle sechzehn.
Ist eine Macke von mir. Hätt’ ich mich nicht beherrscht, wären es zweiunddreißig:D.
Ach übrigens, bei den letzten beiden (im letzten Absatz) hast du versehentlich Bindestriche verwendet. Ich denke, du kennst den Unterschied.
Der Unterschied ist mir bekannt, und versehentlich war’s nicht, weil es bei Korrekturen am eingestellten Text (auf meinem PC) nur diese Art Striche gibt.
zeigt zur Beule auf Ernös Jacke
Das Wörtchen auf passt für meinen Geschmack irgendwie nicht so ganz. Die Beule ist ja nicht obendrauf sondern ... ja, was denn? Ein passendes Wort fällt mir gerade auch nicht wirklich ein ... in der Jacke? – Nee. ... an der Jacke? – Nee, auch nicht. Aber du schreibst so gut, du findest bestimmt das richtige.
Die Lösung: ... zeigt auf Ernös ausgebeulte Jacke! Geht aber auch nicht, weil ausgebeulte Klamotten schäbig sind:shy:.
Irgendwie wechselt mir die dicke Frau zu schnell den Ort. Erst drängelt sich sich am Schalter vor. Szenenwechsel. Sie isst Kuchen. Szenenwechsel. Sie stürmt ins Zimmer. Da hat sie doch kaum drei Minuten, um den Kuchen zu essen.
Nein, mit Verlaub – es ist eine knappe Viertelstunde (behaupte ich einfach so). Denn:
Lajos Janos schläft. Ernö zieht den weißlackierten Stuhl etwas näher ans Bett und setzt sich. ... ... Aber er will eh nicht den halben Tag hier herumsitzen, sondern nur so lange, wie’s eben sein muss.
Sein Freund schläft. Er setzt sich und wartet. Erst dann:
Die Tür schwingt auf ...
Für mich beißt sich ...
In der Nähe? Wohnst du nicht mehr in Kövàgyósszölössy?
... mit ...
da gibt's dienstags Pansen.
... denn im ersten Satz gibst du ja an, dass Ernö anscheinend von weiter weg kommt, aber du behauptest im zweiten, dass er oft genug zum Metzger in diesem Ort, wo er jetzt ist, geht, um zu wissen, wann es da Pansen gibt. Verstehst du, was ich meine?
Versteh’ ich und versteh’ ich nicht. Text:
Er muss noch zum Metzger, da gibt’s dienstags Pansen.
‚In diesem Ort’ sagst Du, ich sage nur ‚zum Metzger’. Ernö fährt heim, in diesen unaussprechlichen Ort, wo der Metzger dienstags Pansen verkauft.
Aber wenn wir keine größeren Sorgen haben, kann es gern so weitergehen:)!

Annami, besten Dank, dass Du Dich mit meinem Text beschäftigt hast
und schöne Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Bas,

bevor Du für mein Auge immer kleiner wirst wegen ständig zunehmender Höhe bei Deinem literarischen Raketenstart, möchte ich Dir noch einmal zuwinken und Dich hochleben lassen!
Gut gemacht, mein Teurer. Und Deinen Komm zu meiner Geschichte verwahre ich im Tresor (hinter dem Picasso) auf.
Doch zuvor beantworte ich ihn.

... wenn der Protagonist die »resolute Dame«, die »stämmige Matrone« folgendermaßen:‚Na, Gnädigste, das läuft jetzt aber gewaltig aus dem Ruder! Sie wissen sehr gut, dass ich dran bin und nicht Sie!’ So würde er sie am liebsten anraunzen ... anraunzt, dürfte das ungefähr das gesittetste Edelmann-Anraunzen sein, von dem ich je gehört habe.
Allein, er tut es nicht – das Hasenherz! Vielleicht ist er von einem solchen Bulldozer schon mal niedergewalzt worden, oder tatsächlich wg. der ‚alten Schule’?
Frage ich mich, ob das hier ... ein Hinweis darauf ist, dass er mit der Zivilisation, deren sozialen Gepflogenheiten und dem technischen Fortschritt eher wenig am Hut hat
Also: ‚Elektrischen Strom’ haben sie in seinem verträumten Ort schon länger, einige haben sogar Fernsehen. Aber Schreibmaschinen kombiniert mit Fernsehen hat dort noch niemand.
ich fände es wunderbar passend, wenn der Hals bei einem »Wort« wie
Kövágyósszölössy
den Dienst versagt.
Warum sollte das geschehen? Die reden alle so:shy:.
Das Szenario der Ungerechtigkeit und des Leidens kratzt in meinen Augen ein wenig am Pathetischen …
Ich dachte dabei an den Humor-tag. So ganz im Ernst fänd’ ich das auch doof.
Gleichzeitig hab ich mich aber gefragt, ob es »sein darf«, dass ich von einem so emotionalen Thema nicht … berührt werde, also schon berührt, aber nicht auf dieser Gänsehautebene.
Ach, Du immer mit Deiner Gänsehaut! So eine echte G. herauszukitzeln würde mir nie und nimmer gelingen, das ist sicher. Auch nicht mit der
Bas: schrieb:
Haut-Herz-Seele-Benetzung
Aber glaube es oder nicht, so eine weinerliche G.-Geschichte hatte ich nicht im Sinn – da hätte ich den Schnaps weggelassen. Ich fand’s reizvoll, dass die beiden ihre tragischen Anwandlungen beim Pflicht-Abschiedsbesuch vom eigentlichen Objekt abziehen und auf den Hund richten konnten.
... ich wünsche mir, dass der Alkohol nicht der Grund für diese Freundschaft ist oder war, aber ich bin mir fast sicher, dass in den Momenten, in denen die beiden sich wirklich am tiefsten verbunden gefühlt haben, zumindest ein bisschen von dem Gesöff in ihrer Blutbahn war, spät nachts, wenn die Weiber, pardon, die Matronen, schon im Bett lagen und Welt nur für die beiden zu existieren schien …
Lieber Bas, lass Dir in tiefer Verbundenheit die Hand reichen. Eine Männerfreundschaft ohne Schnaps ist Illusion.
Bas: schrieb:
... deine größte Stärke als Autor ist – Authentizität.
Kommt ebenfalls in den Tresor.
Bas: schrieb:
Ach, und ich muss unbedingt noch den Opa Blue nachholen, ...
Nee, musste gar nich. Lies es in vierzig Jahren, wenn das Unvermeidliche so ganz easy an Dich heranrückt:shy:.
Bas: schrieb:
... dein Zeug lese ich sowieso schon länger nicht mehr aus … Schreibwerkstattgründen
Fällt mir doch ein Stein vom Herzen! Wie wunderbar leicht kann das Leben sein!
Obwohl: „Zeugs“?? Das stimmt mich schon nachdenklich:hmm:.
Lieber Bas, dennoch hat’s mich gefreut – und ich bewundere auch Dein Geschick, zu einer mediokren Geschichte einen unterhaltsamen Kommentar zu schreiben.
Bald erzähle ich meinen Enkeln, dass ich einst mit dem berühmten Bas anonym befreundet war (also zumindest nicht zerstritten).

Beste Grüße!
José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo josefelipe,

eigentlich wollte ich dir jetzt einen Vorschlag unterbreiten, wie du die Einstiegsszene umgestalten könntest, wenn du denn wolltest – denn ehrlich gesagt hat sie mich zunächst nicht so recht gepackt – aber als ich dann so schön beim Umstellen war, ist mir aufgefallen, wie gut sie ja eigentlich doch funktioniert: weil sie genau die langsame, behäbige Wahrnehmung der Szenerie mit Ernös Augen wiederspiegelt. Also, wenn du das so wolltest, ist es dir gut gelungen.
Apropos Ernö – dessen Namen könntest du gerne viel eher nennen, schon im ersten Absatz – im Moment fällt sein Name zusammen mit dem Lajos-Janos-Namen-Kuddelmuddel an der Rezeption ...

Lajos Janos – witzig, für Ernö ist das wahrscheinlich ein einziges Wort, wie Schindlergregor und Meierkurt …

Seit ewigen Zeiten war er in keinem Krankenhaus
Vielleicht noch ein „mehr“ nach Krankenhaus?

Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine
Naja, da gebe ich jetzt auch noch ganz kurz meinen Senf dazu: nett finde ich diesen Gedanken von Ernö – und deine Formulierungen dazu – ja schon, aber wirklich glauben kann ich es auch nicht, dass er so gar nichts mitgekriegt haben soll in den letzten dreissig Jahren. Fernsehen guckt er doch sicher auch manchmal …

Im Fahrstuhl herrscht eine entsetzliche Luft.
Du willst ja sicher einfach ausdrücken, dass es dort stinkt, oder? Ich finde, dann passt „herrscht“ nicht – dicke/schlechte Luft herrscht doch eher redensartlich, wenn schlechte Stimmung ist – vllt. fällt dir noch was anderes ein?

Ernö denkt an unschöne Dinge, die hier vielleicht transportiert wurden
Schön! Also, nicht schön – aber du weisst schon! ;)

Aber alles wird freundlich, als er das Zimmer seines sterbenden Freundes betritt.
„Alles wird freundlich“ stört mich hier. Ich kann mir ja denken, was du meinst. Aber eben schreibst du noch über den miefigen Fahrstuhl, und dann kommt man in das Sterbezimmer, und außerdem liegt da noch einer mit zwei abben Füßen – und da wird alles freundlich? Das muffelt doch dort garantiert auch! Vielleicht kannst du „alles wird freundlich“ weglassen und dann einfach das danach Beschriebene wirken lassen – dann merkt der Leser das schon von selbst, dass es einigermaßen freundlich in dem Zimmer ist und stellt sich gar nicht erst so blöde Fragen wie ich.

Ein matt blinkender Sektkübel
Wenn er matt ist, blinkt er eher nicht. Vllt. glänzend?

Lajos Janos schläft.
Das finde ich gut gemacht, dass er hier von Ernö erst mit diesem formellen Namen genannt wird, weil er so fremd und krank und schlafend da liegt, und später nennt er ihn wieder vertraut Janos, und noch später Janni.

„Aber gütiger Himmel – wie willst Du denn die Gäste bedienen, ohne Füße?“
Das wird in der Tat nicht einfach! :D:lol:

Ja, und dann kommt ihre ganze schnapsselige Verabschiedung (die ich jetzt mal nicht im einzelnen kommentiere – das passt für mich) – die finde ich richtig gut, das ist eine tolle Mischung von dunklem Humor und Melancholie und Pragmatismus – das hast du sauber hinbekommen! Und es war eine gute Idee von Ernö, den Hund ins Spiel zu bringen, so brauchen die beiden alten Knaben sich voreinander nicht ihrer Tränen zu schämen.

Das Haar ist durch das ständige Liegen verklebt, und ohne Zähne sieht er fürchterlich aus. Ernö erinnert sich an gemeinsame Feste, bei denen Janos in der Gunst der Frauen hoch im Kurs stand - ein sehr gut aussehender Mann,…
Danke! Ein sehr gut aussehender Mann – das ist das Letzte, was Ernö über Janos denkt, so bleibt er ihm sicher in Erinnerung, und wahrscheinlich nicht mit den verklebten Haaren und ohne Zähne – sehr tröstlich!

Und der pragmatische Schluss mit der Hunde-Auflösung ist für mich das i-Tüpfelchen auf dieser schönen Geschichte.

Liebe Grüße von Raindog

EDIT:
Das hatte ich ja ganz vergessen:

Die Lösung: ... zeigt auf Ernös ausgebeulte Jacke! Geht aber auch nicht, weil ausgebeulte Klamotten schäbig sind
Neuer Lösungsvorschlag: ... zeigt auf Ernös ausgebeulte Jackentasche ...
Ich finde das nämlich mit der Beule auf der Jacke auch nicht soooo ...

Nochmal viele Grüße :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Manlio,

ich danke Dir für Deine Meinung zum Text. Mal gucken, wie Du die Sache siehst.

Geduld ist nötig, es geht nur schleppend voran.
Das ist kein Beginn, der mich in deine KG hineinzieht. Klingt eckig und formell.
Der Prota empfindet es so – da hab ich keinen Einfluss drauf.

Es scheint ein heiteres Gespräch zu sein, zumindest entnimmt er das ihrem Lachen und den gestikulierenden Händen.
Manlio: schrieb:
Sehr gewunden formuliert. Wieso "scheint"? Wenn sie lacht und gestikuliert, ist es doch heiter.
"Entnehmen" ist briefdeutsch ("Ihrem Lebenslauf entnehme ich ..."). Und schon wieder "es".
Bin ganz Deiner Ansicht. Jetzt heißt es:
Geduld ist nötig, eine der beiden Rezeptionistinnen telefoniert. Es ist wohl ein heiteres Gespräch, sie lacht dabei und gestikuliert mit den Händen.
Also sagt er nichts und fügt sich.
Kann durchaus raus
Ich meine nicht, weil das Ernö charakterisiert.
Er muss noch zum Metzger, da gibt’s dienstags Pansen.
Und schon denkt er wieder an allzu Alltägliches.
Allzu? Aber nein, die beiden weinen, weil sie sich nicht wiedersehen werden. Das ist bei Männern immer blöd, also reden sie über Ari(stoteles), den jungen Hund von Ernö. Und der muss logischerweise fressen, am liebsten Pansen. Host mi?
Ich mag "Abschied" ganz gern, weil es dir gelingt zu zeigen, das man auch angesichts des Todes noch heiter sein kann.
Aber dann ist es mir nicht gelungen! Auf gar keinen Fall wollte ich die beiden angesichts des Todes heiter darstellen. Sie sollen genau so unbeholfen sein, wie man in einem solchen Fall eben ist.
Der Anfang ist etwas hölzern, das kannst du besser.
Ich hoffe, jetzt passt es besser. Lieber Manlio, nochmals besten Dank für Deinen Post
und schöne Grüße!

José


Hola annami, dank Raindog gibt es doch eine Lösung des überaus kniffligen Problems mit der Beule auf der Jacke:

Raindog: schrieb:
Neuer Lösungsvorschlag: ... zeigt auf Ernös ausgebeulte Jackentasche ...
Ich finde das nämlich mit der Beule auf der Jacke auch nicht soooo ...
Besten Dank, Raindog.

 

Hola christianheynk,

... an einigen Stellen ganz amüsant, aber insgesamt zu wenig pointiert für mich und ohne gelungenen Schluss.
Ein vernichtendes Urteil! Ich suche meine Tabletten. Aber bis sie wirken, beantworte ich Deinen Komm, so gut es noch eben geht. Jede Rechtfertigung käme eh zu spät, und wenn Du das so siehst, dann muss ich es so hinnehmen.
... ist m.E. nicht so gelungen, da insgesamt die Leichtigkeit fehlt.
Okay, ist wohl Ansichtssache. Kanji schrieb zum Beispiel:
Danke, lieber Jose für diese Leichtigkeit ...
... aber vielleicht wollte sie nur nett sein:shy:.
Insegsamt finde ich die Geschichte als wenig rund, weil mir nicht klar ist, was du genau möchtest: den Leser erheitern, ihn zur Besinnlichkeit aufrufen, beides?
Na, beides natürlich! Da hast Du völlig recht, ist ja auch so getaggt: Alltag, Humor, Sonstige. Warum sollte das eine das andere ausschließen? Leben ist ’ne bunte Mischung. Deine Vermutung, ich wolle die Leser zur Besinnlichkeit aufrufen, ist ja auch reiner Humor, oder:D?

Lieber christianheynk, danke für Deine kritischen Zeilen. Mein Text sollte ein einmaliger Ausflug in die Gefilde des Humors sein – ist wirklich ein schwieriges Pflaster.

Schöne Grüße!
José


Hola Manlio,
wieder mal alles in Butter bei uns – manchmal braucht’s ein bisschen. Jedenfalls freut’s mich.
José

 

Hi josefelipe:

ich habe leider keine Analysen zu bieten, keine Verbesserungsvorschläge, keine Kritikpunkte und auch keine Diskussionsansätze.
Ich weiß nicht, ob solche unkritischen Kommentare gerne gesehen werden, aber ich wollte trotzdem sagen, dass mir diese Geschichte ganz hervorragend gefallen hat. Schöner leiser Humor, detailverliebte Beschreibungen, die niemals durch zuviel Schwafelei langatmig werden und das alles vor dieser melancholischen Kulisse.

Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an. Dass ein Mensch diese zwei verschiedenen Dinge gleichzeitig tun kann, verblüfft Ernö, und er stellt sich vor, wie viel eleganter ein solcher Apparat aussähe, wenn er neben den schwarzen auch weiße Tasten hätte.
Das ist großartig. Zum Ausdrucken und an die Wand hängen.

 

Hola @ Isegrims,
habe die Ehre!
Das freut mich sehr, dass Du mir Deine Aufwartung machst – und für den Text lobende Worte findest.
Aber nein, verlegen macht mich das nicht, schließlich giere ich danach. Danke, danke.

Klar, für meinen Geschmack hätte es noch eine Brise mehr Absurdität geben können, skurillere Szenen, dass sich zum Beispiel ein Arzt dazu gesellt, mittrinkt, was auch immer, ...
Oh ja, da gäb’s noch reichlich Möglichkeiten; fraglich wäre allerdings, ob der Text gewönne.
Zitat von josefelipe
Sie spielt ein bisschen Klavier auf einer schwarzen Schreibmaschine und schaut sich dabei das Fernsehprogramm an.
die Stelle kapiere ich nicht: wer benutzt denn noch Schreibmaschinen? Oder meinst du ein Smartphone?
Ei, ich dachte an einen normalen Laptop, mit Tastatur und Schirm. In Ernös Umfeld noch nicht angekommen. Ich kenne viele Männer, die nach Feierabend in ihre Weinberge gehen, dort ihr Ding machen, oder chillen:sleep: und der Welt den Rücken zukehren. Entschleunigung als Dauerzustand.
„Ich kann sie dir nicht hier lassen, die finden sie bestimmt. Kannst ja noch mal nuckeln, wennst Lust hast.“
als wolle er ihm Leben einträufeln, Medizin.
Sie wissen wohl beide, dass diese ‚Medizin’ nichts bewirken wird. Ist mehr so’n Männerritual.

Wieder quellen Tränen aus seinen Augen, klar wie Kristall aus dem Born des Mitgefühls; kalt und heiß, süß und salzig rinnen sie hinab, durch Furchen und Falten, benetzen Haut, Herz und Seele.
okay: Born klingt altertümlich, aber der Satz fließt.
Und wie altertümlich! Aber wir befinden uns in einer besonderen Situation:shy:. Das sollte nicht ganz ernst genommen werden, sondern den Humor-tag ganz zart streifen.
Er muss noch zum Metzger, da gibt’s dienstags Pansen. Aristoteles ist ganz verrückt drauf.
tja, und dann muss er doch los, wegen allerlei anderer Verpflichtungen, wegen eines anderen Freundes eben.
So ist das, input – output. Wie im Forum:).

Isegrims, danke bestens für Deine Beurteilung
und wünsche weiterhin einen bombastischen Frühling!
José

 

Hola Raindog,

ich freue mich immer sehr, wenn Du mich mit einem Kommentar bedenkst. Hast eine klasse Art, den Durchblick herzustellen, und Dein Humor ist griffig und geschliffen. Den mag ich wirklich sehr.
Ja, nun zu unserem Freund Ernö:

... weil sie genau die langsame, behäbige Wahrnehmung der Szenerie mit Ernös Augen wiederspiegelt.
Ist schlimm mit dem. Der könnte auch Dir stundenlang beim Telefonieren zusehen.
Apropos Ernö – dessen Namen könntest du gerne viel eher nennen, schon im ersten Absatz
Hab’s geändert:
Dass das letzte Winken ihm gilt, nimmt Ernö zu spät wahr.
Raindog: schrieb:
... im Moment fällt sein Name zusammen mit dem Lajos-Janos-Namen-Kuddelmuddel an der Rezeption ...
Lajos Janos – witzig, für Ernö ist das wahrscheinlich ein einziges Wort, wie Schindlergregor und Meierkurt …
Mein Maurer heißt tatsächlich so. Aber Dein Meierkurt ist auch gediegen.
Raindog: schrieb:
... wirklich glauben kann ich es auch nicht, dass er so gar nichts mitgekriegt haben soll in den letzten dreissig Jahren. Fernsehen guckt er doch sicher auch manchmal …
Aber selbstverständlich! Und da darf ihn auch niemand stören – aber fernsehen und zur gleichen Zeit tippen?
Text: schrieb:
Im Fahrstuhl herrscht eine entsetzliche Luft.
Du willst ja sicher einfach ausdrücken, dass es dort stinkt, oder? Ich finde, dann passt „herrscht“ nicht – dicke/schlechte Luft herrscht doch eher redensartlich, wenn schlechte Stimmung ist – vllt. fällt dir noch was anderes ein?
Etwas anderes, wenn auch nicht besonders kreativ, bitte um Nachtschicht, pardon – Nachsicht:
Die Luft im Fahrstuhl ist fürchterlich.
Text: schrieb:
Aber alles wird freundlich, als er das Zimmer seines sterbenden Freundes betritt.
„Alles wird freundlich“ stört mich hier. Ich kann mir ja denken, was du meinst. Aber eben schreibst du noch über den miefigen Fahrstuhl, und dann kommt man in das Sterbezimmer, und außerdem liegt da noch einer mit zwei abben Füßen – und da wird alles freundlich?
Das sollte den (schwarzen?) Humor-tag bedienen (freundlich und sterbend in einem Satz). Dass dem anderen die Füße fehlen, kann Ernö noch nicht wissen. Und Forsythien nach dem Fahrstuhlmief würde auch ich als freundlich empfinden.
Text: schrieb:
Ein matt blinkender Sektkübel
Wenn er matt ist, blinkt er eher nicht. Vllt. glänzend?
Einigen wir uns auf schimmernd = matt glänzend?
Und es war eine gute Idee von Ernö, den Hund ins Spiel zu bringen, so brauchen die beiden alten Knaben sich voreinander nicht ihrer Tränen zu schämen.
Ach ja, der hat auch helle Momente. Im praktischen Leben steht er schon seinen Mann. Und alles andere ist sowieso Mumpitz und zu nichts nütze.

Liebe Raindog, wir sind durch. Besten Dank für Deine geschätzten Bemühungen um die trefflichste Formulierung. Ich vermute und hoffe, dass bei Dir wieder was im Busch ist, was uns demnächst entzücken wird!

Meine besten Wünsche!
José

 

Lieber christianheynk,

mit meiner Neigung zum Theatralischen ist es manchmal wirklich schlimm:

José: schrieb:
Ein vernichtendes Urteil! Ich suche meine Tabletten.
Ein böses Beispiel; in Wirklichkeit wollte ich mich gar nicht umbringen.
CH: schrieb:
Ich benutze in fast jedem meiner Kommentare Ausdrücke wie 'für mich' oder 'meines Erachtens' um klarzustellen, dass es meine subjektive Meinung ist.
Ei ja, das mach ich auch oft – obwohl schon tausendmal erklärt wurde, dass es eben gar nicht anders sein kann.
José: schrieb:
Okay, ist wohl Ansichtssache. Kanji schrieb zum Beispiel: Danke, lieber Jose für diese Leichtigkeit ...
CH: schrieb:
Deine Strategie, Kritikern eines Textes das Lob anderer Kritiker entgegen zu halten, verfängt bei mir nicht.
Ich wollte ‚Ansichtssache’ betonen. Lustig fand ich, dass Du und Kanji das gleiche Wort ‚Leichtigkeit’ benutzten – einmal pro, einmal contra. Nur deswegen habe ich das erwähnt. Strategie? Wohl eher nicht.
Es wäre zu viel Aufwand, schließlich sage ich doch:
José: schrieb:
Jede Rechtfertigung käme eh zu spät, und wenn Du das so siehst, dann muss ich es so hinnehmen.

Nichts für ungut,
CH
Alles für gut!
José

 

Hola gnoebel,

gnoebel: schrieb:
... ich habe leider keine Analysen zu bieten, keine Verbesserungsvorschläge, keine Kritikpunkte und auch keine Diskussionsansätze.
Wie schön! Alles Dinge, die für mich entbehrlich sind.
Ich weiß nicht, ob solche unkritischen Kommentare gerne gesehen werden, ...
Von mir auf jeden Fall gern.
Dir hat die Geschichte gefallen, und ich bin top-zufrieden.
Aber ganz unter uns: Ich habe einiges nach- oder verbessern bzw. streichen müssen, damit die Sache einigermaßen rund wird. Unser Forum ist schon eine feine Einrichtung, hab viel gelernt. Besten Dank, Webmaster!
Auch Deine ‚Eckdaten’ sind eindrucksvoll: Seit 2002 dabei!! Fast 3000 Beiträge, unglaublich viele Geschichten! Das nenne ich Beständigkeit. Respekt!

Lieber gnoebel, mich hat gefreut, dass Du Dich mit meiner Geschichte befasst hast und zu einem wohlwollenden Ergebnis gekommen bist. Aber sollten wir uns noch einmal als Kommentator oder Kommentierter über den Weg laufen, dann hau ruhig ordentlich drauf – wenn es nötig erscheint.

Beste Grüße!
José

 

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