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Bindung

Monster-WG
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07.01.2018
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Bindung

Früher waren Ninas Haare kurz. Wie ein Junge sah sie aus, wie ein Junge rannte sie auf dem Bolzplatz dem Ball hinterher und kletterte im Wald auf Bäume. Heute sind ihre Haare lang, die blonden Locken fallen auf die Schultern, kringeln sich auf der Stirn.
»Hi, Sepp«, sagt sie. Das Lächeln weicht aus ihrem Gesicht. »Oh, Entschuldigung. Alte Gewohnheit.«
»Ist gut«, sage ich, obwohl ich schon ewig nicht mehr so genannt wurde. Seit der Grundschule nicht mehr. Ich weiß nicht, wo ich hinsehen soll. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sogar auf den Ohrläppchen sind welche. Sie trägt einen Ring an der Unterlippe. »Komm rein«, sage ich.
»Danke.« Sie tritt über die Schwelle, streift die Sneakers ab. Um das linke Fußgelenk baumelt ein Fußkettchen. Mein Blick wandert über ihre Knöchel, die langen Beine hinauf.
»Ich bin ein bisschen aufgeregt«, sagt sie.
»Ach.« Ich blicke auf ihren lächelnden Mund, schaue in die grünen Augen. Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch ihre sind ruhig, als sie sich das Haar aus der Stirn streicht.
Die Küche meiner Wohnung ist zugleich das Wohnzimmer. Sie ist vollgestellt. Ich lebe aus Kartons, alles ist improvisiert. Heute habe ich den Abwasch gemacht und den Tisch gewischt. Ich nehme die Kanne aus der Kaffeemaschine.
»Ich habe Kaffee gekocht«, sage ich, angele eine Tasse mit Blümchenmuster aus dem Schrank.
»Hast du auch Tee?«, fragt sie.
Ich stelle die Tasse wieder hin, Porzellan schlägt auf Holz. Wische die Hand am Hosenbein ab. »Ich muss gucken.«
»Okay.« Sie betrachtet die Postkarten, die am Schrank hängen. Ihr Blick wandert weiter zu dem Basilikum, das auf der Fensterbank vertrocknet. »Schöne Wohnung«, sagt sie. »Gemütlich.«
Ich sehe auf, ziehe eine Augenbraue hoch. Wir schauen einander an. Mir schießt das Blut in den Kopf, und ich wende mich ab, beginne, in den Kisten zu wühlen. Irgendwo habe ich letztens einen einsamen Teebeutel gesehen.
»Was machst du so?«, fragt sie.
»Ausbildung zum Bauzeichner«, sage ich. Ich fahre mit bebenden Fingern in die Ritzen des Kartons mit dem Gemüse. Irgendetwas Matschiges liegt ganz unten. Ich hebe den Kopf, Nina sieht nicht hin, schaut aus dem Fenster.
»Ah ja.«
Meine Finger ertasten einen schmalen, in Papier gehüllten Gegenstand. Ich ziehe ihn hervor, das Blut rauscht in meinen Ohren. »Ist schwarzer okay?«, frage ich.
»Ja, super.«
Ich schalte den Wasserkocher ein, gieße Kaffee in die Blümchentasse. Ich angele eine weitere Tasse aus dem Schrank, hänge den Teebeutel hinein.
»Tee kommt gleich.«
Wir setzen uns an den Küchentisch. Nina zieht einen Laptop aus ihrer Tasche.
»Ich habe dir ja gemailt, dass ich eine Audioaufzeichnung machen muss«, sagt sie. »Ist das immer noch okay?«
Ich nicke.
»Also, ich mache dieses Interview für eine Seminararbeit. Wir interviewen Bekannte zur Übung. Da habe ich gleich an dich gedacht. Keine Sorge, alles, was du sagst, wird vertraulich behandelt.«
»Klar.« Ich nehme einen Schluck und verbrenne mir die Zunge. Als ich die Tasse hinstelle, schwappt Kaffee über den Rand. »Ist es okay, wenn ich rauche?«
Sie kraust die Nase. »Es ist deine Wohnung.«
Ich nicke. »Okay.« Ich behalte die Zigarettenpackung in der Hosentasche, stehe auf, gieße das heiße Wasser auf den Tee, stelle die Tasse vor sie hin.
»Danke.« Sie schiebt den Laptop zwischen uns. Ein Lämpchen blinkt, aber wartet noch auf das Startsignal. Sie nimmt einen Stapel Papier und einen Bleistift aus ihrer Tasche.
»Keine Angst wegen der Zettel«, sagt sie und lacht wieder. »Das ist nur meine Gedächtnisstütze.« Sie wirft sich das Haar über die Schulter. Ich rieche ihr Shampoo, eine Wolke von Orange. »Ich freue mich, dass du das machst. Es ist sicher … ziemlich interessant.« Ihre Augen weiten sich kurz. »Oh, Entschuldigung. Ich wollte nicht …«
»Schon gut. Du warst früher schon so …«
»Direkt?« Nina lacht wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen. Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange. »Ja, ich weiß. Hat sich nicht geändert.«
Ich schlucke, will etwas sagen, fürchte aber, dass ich mich verhaspele. Presse die Lippen aufeinander.
»Gut, dann legen wir mal los«, sagt Nina und startet die Audioaufzeichnung. »Ich stelle dir ein paar Fragen zu deiner Kindheit und wie sie sich auf deine Persönlichkeit ausgewirkt hat.« Sie liest von einem Zettel ab. »In Ordnung?«
Ich nicke.
»Könntest du damit beginnen, mir zu sagen, mit wem du als Kind gelebt hast?«
Ich warte darauf, dass sie weiterspricht. Doch jetzt sieht sie mich an.
»Ja«, sage ich. »Klar. Also, ich habe bei meinem Onkel und meiner Tante gelebt. Wie … Spiderman.« Mir schießt das Blut in den Kopf, meine Wangen glühen, doch Nina lächelt, also spreche ich weiter, schnell. »Hast du den letzten Film gesehen?«
Sie sagt nichts, nickt, ihre Miene verändert sich nicht.
»Nicht ganz wie Spiderman, natürlich. Meine Eltern sind nicht gestorben, nicht beide. Mein Vater war bei meiner Geburt im Gefängnis, und meine Mutter ist gestorben, zwei Monate nach meiner Geburt. Also wurde ich von meinem Onkel und meiner Tante aufgezogen. Und mein Onkel ist am Leben, anders als Peter Parkers Onkel.«
»Hm-m.« Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr, linst mir unter ihren dichten Wimpern zu. »Haben in eurem Haushalt noch andere Personen gewohnt? Kinder von deinem Onkel und deiner Tante oder andere Leute?«
»Ja, mein Onkel und meine Tante hatten ein Kind, Toni.« Unter der Tischplatte verschränke ich die Hände ineinander. »Sie war … sechs Jahre jünger.«
Nina nickt. Diesmal macht sie keine Notiz. In ihren grünen Augen schimmert etwas.
Mein Hals ist sehr eng, zu eng, um zu sprechen.
Aber sie weiß sowieso Bescheid. Damals kam sie vorbei, brachte eine Flasche Vanille-Coke mit, meine Lieblingscola. Obwohl ich am Telefon gesagt hatte, dass ich sie nicht sehen wollte.
Sie hüstelt, nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse. »Die nächste Frage ist schwierig«, sagt sie. »Wenn du an deinen Onkel oder an deine Tante denkst, was ist deine frühste Erinnerung?«
Ich atme tief ein, löse die Hände voneinander. »Mein Onkel und ich standen uns sehr nahe. Er war ja zu Hause, meine Tante hat gearbeitet. Mein Onkel war Schwimmtrainer. Er sagt, ich habe früher schwimmen als laufen gelernt. Wir waren oft am Badesee, da haben wir nach Steinen getaucht, die lagen unter dem Schlamm. Ich hatte einen schönen Stein, blau mit grauen Sprenkeln.« Ein Lächeln stiehlt sich wie ein Fremder auf mein Gesicht. Unsicher, ob er erwünscht ist. »Den hat er hochgeholt, hat ihn mir geschenkt. Er lag immer auf der Fensterbank.«
»Wie schön«, sagt sie und lächelt ebenfalls.
»Aber beim Umzug hat meine Tante ihn weggeworfen, meinte, das sei Plunder, den niemand braucht.«
Sie leckt sich über die Lippen, schaut kurz auf, senkt den Blick auf ihre Notizen. »Ja. Jetzt hast du etwas über deinen Onkel gesagt. Wie war deine Beziehung zu deiner Tante, als du ein Kind warst?«
Ich starre sie an, sie starrt zurück.
Schließlich rutscht sie auf ihrem Stuhl umher und lacht wieder. »Sepp?«, fragt sie.
»Das ist schwierig«, sage ich.
»Ich weiß.«
»Nein, es ist wirklich schwierig.« Ich ziehe die Finger unter dem Tisch hervor, strecke sie, beuge sie. »Ich weiß nicht, soll ich Wörter für davor oder danach finden?«
Sie runzelt die Stirn. »Davor oder danach?«
»Du weißt schon.«
»Sepp«, sagt sie. »Geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen, okay?«
»Das mit Toni«, sage ich, umklammere die Kaffeetasse. »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«
Ihr Gesicht wird starr. Unmöglich, etwas darin zu lesen. Kein Lächeln, so sehr ich danach suche. »Ich weiß auch nicht.« Sie beißt sich auf die Unterlippe. »Aber das wäre natürlich wichtig zu wissen. Also …«
Ich fahre mir über die Augen. In meinem Magen rumort es, vielleicht habe ich den Kaffee zu schnell getrunken. »Ich kann nicht«, sage ich. »Ich kann darüber nicht sprechen.«
»Du musst das nicht tun.« Eine Falte gräbt sich in ihre Stirn, ihre Augen sind dunkel, schattig.
»Du brauchst das für deine Seminararbeit«, sage ich und hebe die Mundwinkel. Sie lächelt, mein Herz macht einen Satz. »Ich brauche nur eine Pause.«
Sie stößt geräuschvoll Luft aus. »Danke.«

Ich gehe raus, rauche zwei Zigaretten. Starre vorüberfahrenden Autos nach. Mein Nacken schmerzt, und meine Augen brennen. Als ich wieder hochgehe, scheint die Treppe mehr Stufen zu haben als sonst.
»Okay«, sagt Nina, während ich mich setze. »Du sagst, du standst deinem Onkel näher … Warum war das so?«
Ich kratze mich am Kopf. »Na ja, als ich klein war, war er immer da. Nur wir zwei.«
»Und deine Tante?«, fragt sie.
»Sie hat ja gearbeitet. Und sie war sehr streng. Ich hatte Angst vor ihr. Du weißt doch, wie sie war. Räum dein Zimmer auf. Sprich nicht beim Essen. Sei nett zu Toni.« Ich rolle mit den Augen, warte darauf, dass sie mit den Augen rollt wie früher, kichert, mit dem Fingernagel gegen die Schneidezähne tickt.
»Verstehe«, sagt sie. Sie sitzt mit einem angewinkelten Bein an die Wand gelehnt auf ihrem Stuhl und schaut auf ihre Unterlagen, während sie mit der Zunge am Lippenpiercing spielt.
»Weißt du nicht mehr?«, frage ich, die Stimme leise.
Sie blättert um. »Wenn es dir als Kind schlecht ging, was hast du gemacht?«
Ich starre das Basilikum in ihrem Rücken an, daran vorbei aus dem Fenster. »Wenn es mir nicht gut geht, bin ich lieber allein. Ich bin dann zum See gelaufen. Oder habe ferngeguckt. Bevor wir umgezogen sind, da bin ich gerne mit dir rausgegangen. Unser Baumhaus, da habe ich dran gebaut, wenn es mir schlecht ging.«
Draußen raschelt die Kastanie mit den Blättern. Ninas Bleistift kratzt auf dem Papier.
»Ferngeguckt oder gebaut«, sagt sie. »Aber kannst du dich an irgendetwas erinnern, wenn es dir nicht gut ging und du zu deinem Onkel oder deiner Tante gegangen bist?«
»Doch, ganz früher, wenn ich mir wehgetan habe, dann hat mein Onkel mir ein Pflaster gegeben. Na ja, und später …« Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich die Zigaretten aus der Hosentasche gefischt habe. Ich starre die Packung an, sie liegt in meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.
»Sepp?«
»Ja.« Ich huste. »Toni war oft krank, da hat mein Onkel sich um sie gekümmert. Wenn sie dann wieder das … dieses Flimmern gekriegt hat … Ich war ja auch schon älter, ich wusste dann, wo die Pflaster waren, und ich durfte fernsehen, wenn ich nicht zur Schule gehen konnte. Ich hatte einen Fernseher im Zimmer. Habe ich zu Tonis erstem Geburtstag bekommen. Also, das war … gut.« Ich stopfe die Schachtel zurück in meine Hosentasche, sehe Nina nicht an.
»Danke«, sagt sie. Sie schaut wieder auf ihre Unterlagen, befingert ihr Piercing. Schließlich setzt sie sich aufrecht hin. »Hast du dich als Kind einmal alleingelassen gefühlt?«
»Alleingelassen?« Ich schlucke an dem Kloß im Hals.
»Oder ignoriert«, sagt sie.
Ich kratze mich am Kopf. »Von meinem Onkel oder meiner Tante? Ja. Ich weiß noch, als Toni das erste Mal mit am See war. Meine Tante ist auch mitgekommen, dabei waren sonst immer mein Onkel und ich allein …« Im Sommerwind, der durch das auf Kipp stehende Fenster hereinweht, fröstele ich. »Es ging wieder los bei Toni. Du weißt ja, wie das war. Sie war nervös, ganz weiß. Erinnerst du dich?«
Nina schreibt etwas auf ihrem Zettel, der Bleistift kratzt auf dem Papier.
»Nina?«
»Ja«, sagt sie, ohne aufzublicken.
Ich lege meine Hand zwischen uns auf den Tisch, betrachte ihre kurzen Fingernägel. »Sie wollten sofort mit Toni nach Hause fahren. Ich wollte, dass mein Onkel bleibt. Ich wollte ihm den Stein zeigen, den ich aus dem Schlamm geholt habe. Ich wollte …«
Nina beugt sich vor, ihre Hand liegt ganz dicht vor meiner, unsere Fingerspitzen berühren sich fast. »Es muss schwer sein, darüber zu sprechen«, sagt sie.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, halte ihrem Blick stand. »Ich wollte doch nur, dass er bei mir bleibt. Ich habe mich auf den Boden geworfen, mich nicht von der Stelle gerührt. Sie sind ohne mich gefahren.«
»Wann war das?«, fragt sie.
»Ich war so egoistisch«, sage ich. »Weißt du noch, das hast du zu mir gesagt. Ich habe nur an mich gedacht.« Ich probiere ein Lächeln, doch diesmal gelingt mir kein Heben der Mundwinkel. Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich kann die richtigen Muskeln nicht finden. »Ich war wütend. Heute verstehe ich das. Du hattest recht.« Die Worte hinterlassen einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge.
»Und wie alt warst du da?«
»Du warst doch dabei.« Ich will die Hand ausstrecken, ihre Haut berühren. Wie damals, als ich abends zu ihr rannte, die ganze Nacht bei ihr blieb, ihrem Atem lauschte, ihrem leisen Schnarchen. Ob sie heute noch schnarcht? Ganz leicht, kaum hörbar?
Sie seufzt. »Bitte, geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen. Schaffst du das?«
Ich presse die Lippen aufeinander. Steche mit den Fingernägeln in die weiche Haut am Unterarm. »Zehn, glaube ich. Oder elf?«
Sie macht sich eine Notiz. »Haben dein Onkel oder deine Tante dich irgendwann einmal bedroht? Vielleicht aus erzieherischen Gründen oder auch aus Spaß?«
Ich hole tief Luft. Meine Augen brennen. »Ja.«
»Möchtest du davon erzählen?«
»Meine Tante hat gesagt, sie würde mich weggeben. Eigentlich …« Ich reibe mir die Augen, blinzele etwas weg, das irgendwie hineingeraten ist. »… war es keine Drohung. Sie wollte es tun. Mein Onkel hat sie zurückgehalten. Er hat mir geglaubt. Sie nicht. Sie war so wütend, hat geschrien. Ich glaube, wenn ich nicht gewesen wäre, wären sie noch verheiratet.«
»Kannst du da … konkreter werden?«
»Es war danach-danach«, sage ich. Mein Atem ist flach, meine Stimme klingt seltsam. »Nach Toni.«
Sie schweigt. Sieht mich an. Ich wünschte, sie würde meinem Blick ausweichen und etwas aufschreiben.
»Ich wollte, dass alles wieder so wird wie vor Toni.« Ich hebe die Arme, meine Hände flattern durch die Luft. Meine Exfreundin hat gesagt, ich würde nur gestikulieren, wenn ich mich rechtfertige. Ich setze mich auf meine Handflächen. »Das war dumm, das weiß ich jetzt.«
»Und?«, fragt Nina, sieht mich an. »Wie war es nach Toni? Wie ist es jetzt?«
Es ist still. Ich kann meinen Atem hören, das Rascheln der Kastanie. Ich höre sogar ihren Atem.
»Das alles«, sage ich, und meine Stimme klingt fest, beherrscht, »hat dazu geführt, dass ich mich schwer fühle, unsichtbar und trotzdem störend. Wie ein Stein im Schlamm. Wenn ich daran denke, dann …« Ich begegne ihrem Blick, ihre Lippen bewegen sich, sie hat den Bleistift aus der Hand gelegt.
»… dann fühlst du dich schuldig?«, fragt sie.
»Ja.«
»Warum?«
»Ich habe das nicht geplant«, sage ich. Ich hebe die Schultern. Ich fische die Zigarettenpackung aus meiner Hosentasche, klemme mir eine Zigarette zwischen die Lippen. Auf diese Weise kann ich nicht sprechen, ich nehme die Kippe in die Hand. »Es ist einfach passiert. Wir waren allein im See, ich wollte nach Steinen tauchen, mein Onkel ist zur Eisdiele gegangen. Toni war das Wasser zu schlammig, sie hat geschrien.« Ich lege die Kippe auf den Tisch, rolle sie unter meinem Zeigefinger vor und zurück.
»Sepp.« Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, heiß. »Es ist nicht deine Schuld.«
»Das hast du gesagt. Haben alle«, sage ich. Ich ziehe meine Hand nicht weg, lasse sie liegen. Ich atme aus. »Es war ganz leicht. Ihren Kopf unter Wasser zu drücken. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich gewehrt hat.«
Nina starrt mich an. Eine Locke hängt vor ihren grünen Augen, der Mund ist leicht geöffnet, die Lippen glänzen.
In der Stille ziehe ich meine Hand unter ihrer hervor, stecke mir die Zigarette an.
»Was?«, fragt Nina, sie flüstert.
Ich schaue den blauen Rauchfähnchen nach, die zur Decke treiben. »Ja.«
»Was soll das? Warum sagst du das?«
»Ich wollte es dir immer sagen. Du hast mir nicht zugehört.«
Sie lehnt sich im Stuhl nach hinten, weicht vor mir zurück, hält sich an den Zetteln fest. Sie öffnet den Mund, schließt ihn wieder.
Mein Herz rast, das Blut pumpt in meinen Adern. »Jetzt hast du mich gehört. Hast du, oder?«
»Du verarschst mich«, sagt sie, haucht sie. »Was soll der Scheiß?«
Ich ziehe an der Kippe, verschlucke mich am Rauch, huste. »Scheiß? Wirklich?« Der Husten unterbricht mich, Tränen schießen mir in die Augen.
»Das ist so typisch«, sagt sie. »Du denkst nur an dich, willst immer im Mittelpunkt stehen. Du machst das Interview nur, weil sich dann wieder alles um dich dreht.«
Ich zerdrücke die Kippe im Aschenbecher, kann nicht sprechen. Ich versuche, nicht zu blinzeln. Wenn ich blinzele, werden die Tränen fließen.
»Ich gehe jetzt.« Ninas Augen blitzen. Sie richtet sich auf, schiebt die Zettel zusammen, wirft den Stift in die Federtasche, stoppt die Audioaufzeichnung.
Ich schaue ihr zu, als sie ihre Sachen zusammenpackt, ich blinzele. Keine Tränen. Hitze kriecht meine Luftröhre hinauf. Ich schlucke, aber die Hitze wandert weiter, steigt höher.
Zuletzt habe ich mich so gefühlt, als wir in meinem Zimmer saßen, umgeben von Kuscheltieren, zwei Gläser Vanille-Coke. Als sie mein Haar streichelte und, obwohl die Worte in meiner Kehle brannten, immer wieder sagte: Es ist nicht deine Schuld. Es ist nicht deine Schuld.
Ich laufe ihr nach, als sie zur Tür eilt, ihre Tasche unter dem Arm. Sie fährt in die Sneakers, reißt die Wohnungstür auf. Ich mache einen Schritt auf sie zu, noch einmal streift ihr Blick mein Gesicht. Dann schlägt sie die Tür zwischen uns zu, ich spüre den Luftzug, das Zittern im Trommelfell.

 

Hallo TeddyMaria,

Ich schreib mal mit...

Ich hole tief Luft, lasse die Schultern hängen.

Das verstehe ich nicht, was willst du damit ausdrücken? Seit einer Minute sitze ich vor dem Laptop und hole tief Luft und lasse die Schultern hängen, sieht sich bescheuert aus. Trotzdem verstehe ich nicht, welches Gefühl diese Reaktion verkörpert. Ist es dem Protagonisten peinlich? Ist er genervt? Kraftlos? Atemnot? Das würde ich gerne wissen.

Ihre Nase zuckt. »Es ist deine Wohnung.«

Hm, hier nochmal dasselbe. Ich finde es nicht authentisch, dass dein Protagonist ihre Reaktion nicht einordnet. Ich würde mir überlegen, was die zuckende Nase bedeutet. Ist es tatsächlich okay für sie oder nicht? Außerdem: Wie stelle ich mir eigentlich eine zuckende Nase vor? So ein winziges Rümpfen der Nase vielleicht?

Sie lacht auf, wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen.

Der Satz gefällt mir sehr gut.

Uff, danach hatte ich keine Anmerkungen mehr, die Geschichte hat mich richtig gepackt, sehr gut! Mir fehlen aber noch ein paar Details zum eigentlichen Vorfall, da ist mir zu viel Spielraum. Zum Beispiel, wie alt war die Cousine da eigentlich? Er war sieben, und sie? Ein Baby? Fünf? Hm.

Am Rande: Bei Sepp denke ich an den Kurznamen von Joseph. Aus Sebatian würde ich vielleicht eher Sebi machen. Aber ist ja egal.

Also, deine Geschichte hat mir gut gefallen, ich weiß gerade nicht, was ich noch sagen soll, sorry :)

Viele Grüße, Salomon

 

Hallo tedy Maria,

ich bin mit Spannung in deinen Text eingestiegen, aber dann kam die Spannung bald ins Stocken.
Mir ist der Text auf zu viel Dramatik aus. Also dass Sebastian ein dunkles Geheimnis anhaftet, das merkt man schnell. Und das ist auch gut so. Allerdings hätte es in meinen Augen ein langsameres Entrollen gebraucht. Und eine falsche Fährte.
Die Fährte könnte die Beziehung der beiden sein. Beim Entrollen müsste stück für stück rauskommen, wie das Idyll Kindheit bröckelt. In dieser Form ist das zu rasch abgehandelt und zu sehr auf den Effekt am Ende hinzielend.
Da du ein Interview gewählt hast, kannst du das ja ganz geschickt lenken. Zumindest geschickter, als dieser Versuch. Die Fragen wirken ... hm, naja, sehr auf das eigentliche Drama hingezimmert.
Die Auflösung bietet Zündstoff. Der Abgang Ninas hingegen ist verschwendet. Das ist Holterdiepolter gelöst.
Und ob die Geschichte nun stimmt oder nicht, das lässt du ja offen. Das gefällt mir an sich. nur frage ich mich ein bisschen, was die Motivation deines Sebastians ist.
Auch hier würden ein paar Szenen aus deren gemeinsamer Vergangenheit Wirkung entfalten.

Noch ein paar Anmerkungen

»Hi, Sepp«, sagt sie. Im gleichen Augenblick biegen sich ihre Mundwinkel nach unten. »Oh, Entschuldigung. Alte Gewohnheit. Sebastian.«
finde ich etwas zu dick aufgetragen
ihre Lippen sind voll, doch sie ist ungeschminkt.
was ist das denn für eine Folge? Spielt es eine Rolle?
Streiche wenigstens das doch
Ihre Knöchel sehen verführerisch aus.
bisher hast du das viel subtiler hinbekommen. ich würde es nicht so genau benennen, das schwingt besser zwischen den Zeilen

»Ich bin ein bisschen aufgeregt«, sagt sie
sehr gut, das baut Spannung auf

Auf dem Fensterbrett vertrocknet ein Basilikum.
das würde ich hier noch nicht verraten, dann hast du die Dopplung später nicht

ch hole tief Luft, lasse die Schultern hängen.
zu viel, zusammenstreichen. Die Gesten bedeuten nichts, füllen nur

Ein Convertible. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Man bezahlt ein Heidengeld dafür, und vielleicht halten die Scharniere gar nicht lange genug. Bei meinen Laptops sind immer irgendwann die Scharniere gebrochen, und die konnte man nicht um dreihundertsechzig Grad drehen.
braucht es das? raus damit

ieses Interview dauert meistens eine Stunde, aber es könnte auch zwischen fünfundvierzig Minuten und anderthalb Stunden dauern
blah blah- das weiß er bestimmt schon aus der mail?

»Wem standst du näher? Deinem Onkel oder deiner Tante?«
»Meinem Onkel«, sage ich.
das hat er zuvor schon gesagt, unnötige dopplung

Ich starre sie an, sie liegt auf meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.
auf? :susp:

So viel von mir

grüßlichst
weltenläufer

 
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Hey TeddyMaria!

Hab zugebenermaßen eigentlich keine Kritik, aber positives Feedback kann ja nicht schaden:
Eine sehr gelungene Geschichte! Sie war trotz der eigentlichen eher ruhigen Ausgangssituation tatsächlich sehr interessant und später auch spannend.
Dein Schreibstil liest sich gut und angenehm, vor allem deine Dialoge lesen sich flüssig.

Mir gefällt es, dass teilweise doch noch die Details offen bleiben und man es sich auch minimal selbst zusammenpuzzelt.

Nur beim Ende... Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, aber der Protagonist scheint ja doch ein wenig Interesse an seinem Gegenüber zu haben, doch warum ist es ihm später egal, dass sie einfach geht? Dass sie tatsächlich geschockt ist? Ist die Erleichterung, endlich richtig darüber gesprochen zu haben größer als die Verbindung zu ihr?

LG Sim123

 
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Liebe TeddyMaria,

ja, deine Geschichte schafft es, mich als Leser bei der Stange zu halten. Ich will schon wissen, was sich da rausstellen wird, was der Sepp der Nina offenbaren wird. Das Gespräch der beiden hast du detail-und ideenreich aufgezogen. Du konzentrierst dich dabei sehr stark auf Sepp, zeigst seine Psyche, seine Unsicherheiten, seine Selbstreflektionen. Das versuchst du auch mit Nina. Nur bleibt mir am Ende Nina doch recht fremd. Welche Rolle spielt sie? Was weiß sie vorher? Was weiß sie nicht? Warum verhält sie sich merkwürdig, noch bevor ihr die Wahrheit offenbart wird:

»Stimmt.« Diesmal macht Nina keine Notiz. In ihren grünen Augen schimmert etwas.
Aber Nina weiß sowieso Bescheid.
Sie runzelt die Stirn. »Davor oder danach?«
»Du weißt schon
»Sepp«, sagt sie. »Entschuldigung. Sebastian. Geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen, okay?«
»Das mit Toni«, sage ich. Mein Atem klingt wie das Schnaufen eines Nilpferds. »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«
Ihr Gesicht wird ganz starr.

Warum schimmert etwas in ihren Augen? Warum wird ihr Gesicht starr?

Am Anfang erscheint alles wie ein Spiel: Nina als angehende Psychologie-Studentin befragt Sepp. Es sieht hier so aus, als wisse sie, wonach sie fragt. Dann verändert sich ihr Gebaren: da schimmert etwas in ihren Augen, da wird ihr Gesicht ganz starr. Das ist aber, bevor sie die Wahrheit erfährt. Und als sie die dann erfährt, flüchtet sie. Was ist los mit Nina? Warum verhält sie sich schon vor der Offenbarung der Wahrheit so merkwürdig? Dass sie danach flüchtet, kann ich gut verstehen, obwohl ich den Dialog am Ende auch nicht so recht verstehe:

»Sepp.« Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, so heiß. »Was damals passiert ist, ist nicht deine Schuld.«
»Das haben alle gesagt«, sage ich. Ich ziehe meine Hand nicht weg, lasse sie liegen. Ich atme aus, die Schultern hängen. »Es war ganz leicht. Ihren Kopf unter Wasser zu drücken. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich gewehrt hat.«

»Warum sagst du das?«, fragt Nina, sie flüstert.
Ich schaue den blauen Rauchfähnchen nach, die zur Decke treiben. »Habe ich doch gesagt
»Hast du nicht.«
»Ich wollte es jemandem erzählen. Vielleicht fühle ich mich danach besser. Es ist so lange her, und du willst doch Psychologin werden.«
Ihre Unterlippe bebt, und ihre Stimme klingt schrill. »Na und

Das eigentliche Geschehen, das Sich-zurückgesetzt-Fühlen und den Mord an Toni finde ich zu kurz abgehandelt. Vielleicht müsste Toni schon viel früher erwähnt werden. So ist sie plötzlich da und das Verhältnis des Onkels zu Sepp verändert sich – quasi von jetzt auf gleich. Da ist keine Entwicklung, da ist keine Steigerung, die konsequenterweise zur Tat führt.

Und warum Sepp der Psychologie-Studentin Nina, die noch keiner Schweigepflicht unterliegt, alles erzählt, will sich mir auch nicht so recht erschließen.

Wie gesagt, die Atmosphäre des Gesprächs vermittelst du wirklich gut. Man spürt, wie sich da zwischen den beiden etwas abspielt. Nur fällt es mir schwer, Ninas Reaktionen einzuordnen. Ich habe am Ende keine Ahnung, was mit ihr wirklich los ist.

Noch ein paar Anmerkungen:

Der erste Absatz machte es mir schwer, in deine Geschichte hineinzukommen:

Früher waren Ninas Haare immer kurzgeschnitten.
‚geschnitten’ versteht sich doch eigentlich von selber.
Heute fällt das Haar lang auf ihre Schultern. Es ist lockig – das habe ich nicht gewusst.
Wieso ‚nicht gewusst’? Diese Bemerkung bezieht sich weder auf etwas Vorhergehendes noch hat sie im Nachfolgenden eine Bedeutung.

Sie sieht immer noch kräftig aus mit ihren breiten Schultern.
Wieso sieht sie ‚immer noch kräftig aus’?
Ich blicke auf ihren lächelnden Mund, ihre grünen Augen.
Blickt man auf die Augen? Ich würde hier neu ansetzen: ‚schaue in ihre grünen Augen’

Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch bei ihr scheint sich Aufregung subtiler zu äußern.
Wie denn?

Auf dem Fensterbrett vertrocknet ein Basilikum.
Den Satz könntest du hier mMn streichen. Du erwähnst ja gleich danach das Basilikum noch einmal:

Sie lacht. »Sieht nicht so aus, als hättest du einen grünen Daumen.« Mit ihrem Daumen weist sie auf den Basilikum.
... weist sie auf das vertrocknete Basilikum auf dem Fensterbrett.

]Wir setzen uns an den Küchentisch, wir trinken beide unseren Kaffee schwarz. Nina zieht einen Laptop aus ihrer Tasche.
Diese sehr häufig vorkommenden einfachen Satzkonstruktionen (Subjekt, Prädikat ...) haben mich am Anfang gestört. Ist das Absicht?

Nina fragt mich nach beidem, fragt auch, ob ich meine Wahl erklären kann. Ich kann es nicht.
Wenn das hier der richtige Fall ist, verstehe ich den Bezug nicht. Wenn es sich um beide Elternteile handelt, müsste da wohl ‚beiden’ stehen.

Insgesamt habe ich deinen Text gespannt gelesen und wollte wissen, was sich da zwischen den beiden entwickeln und was Sebastian Nina offenbaren würde. Zum Schluss war ich ein bisschen enttäuscht, weil das eigentliche Geschehen doch recht knapp und schwach motiviert abgehandelt wurde und auch weil mir die Rolle Ninas am Ende unklar blieb.

Davon abgesehen finde ich aber, dass das hier die beste deiner bisher eingestellten Geschichten ist.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Liebe TeddyMaria,

wer, wenn nicht du Vielkommentatorin, hat einen ausführlichen comment verdient? :D
Wie schön, dass du deine Schreiberling-Auszeit überwunden hast!

Wie immer erst der Textkram:

Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt
nicht mit Sommersprossen?

Im gleichen Augenblick biegen sich ihre Mundwinkel nach unten.
Das finde ich nicht so gelungen. Biegen hat was von Drahtbiegen. Vllt sinken die Mundwinkel nach unten?

Sogar auf ihren Ohrläppchen sind Sommersprossen.
schönes Detail

Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch bei ihr scheint sich Aufregung subtiler zu äußern.
Woran siehst du das? Wie äußert es sich? Münze den Tell in Show um.

Zusammenpassendes Geschirr besitze ich nicht.
Klingt wie ein Manifest. Wie wär´s etwas lockerer, z.B.: "Bei meinem Sammelsurium passen nicht mehr als zwei Teile zusammen."

Ich hole tief Luft, lasse die Schultern hängen.
Warum? Eigentlich müsste er doch eher verlegen lächeln?

Ein Convertible. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Man bezahlt ein Heidengeld dafür, und vielleicht halten die Scharniere gar nicht lange genug. Bei meinen Laptops sind immer irgendwann die Scharniere gebrochen, und die konnte man nicht um dreihundertsechzig Grad drehen.
Er ist aufgeregt und macht sich Gedanken über die Haltbarkeit des Convertibles? Tell-Streichkandidat.

Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange, nur die linke.
schönes Detail

Alles klar?«
Viermalmal klar, variier mal mit ok, in Ordnung oder alles roger oder so

Manchmal hat sie einen leichten Ausschlag nach oben
Bei Ausschlag bin ich sofort bei Hautkrankheit. Manchmal geht sie leicht hoch?

In ihren grünen Augen schimmert etwas.
Mein Hals ist sehr eng, zu eng, um zu sprechen.
schön

Ich glaube, diese Holzeisenbahn und mein Onkel, das ist auch die frühste Erinnerung. Ja, und wir sind oft an den See gefahren im Sommer. Fast jeden Tag.«
»Kannst du dich an ein bestimmtes Ereignis erinnern, als du vielleicht vier oder fünf Jahre alt warst?«
»Ja, ich denke, meine frühste Erinnerung, das ist das mit der Holzeisenbahn.
zweimal der gleiche Fakt in anderem Kleid

Der Kaffee gluckert in die Kanne, trotzdem höre ich Ninas Bleistift kratzen.
Er ist doch schon fertig gekocht, also kann das Geräusch nicht so störend laut sein, oder?

»Kaffee?«, frage ich.
Ich gieße Tee in Tassen
Wir setzen uns an den Küchentisch, wir trinken beide unseren Kaffee schwarz.
und dann viel später
Endlich ist der Kaffee fertig. Ich setze mich zu Nina, schenke uns beiden ein.
Ich bin irritiert, ich denke der Kaffee ist schon lange im Bauch? Und dann der Tee ... habe ich gepennt? Also ich frage erst dann nach Milch und Zucker, wenn ich den Kaffee serviere. Das solltest du vllt klarer sortieren.

Eigentlich …« Ich reibe mir die Augen, blinzele etwas weg, das irgendwie hineingeraten ist. »… war es keine Drohung.
gehört der Satz nicht in Kommata?
Eigentlich …«, ich reibe mir die Augen, blinzele etwas weg, das irgendwie hineingeraten ist, »… war es keine Drohung.?

Ich lege die Kippe auf den Tisch, rolle sie unter meinem Zeigefinger umher.
schön

Mir gefällt, wie die beiden ihre Positionen tauschen bis sie letztlich aus der Wohnung flüchtet. Er, der anfangs so nervös war und ständig rot wurde, hat am Schluss Oberwasser. Und hier kommen wir zu dem Problem, das ich damit habe.

Spüre das Lächeln auf meinen Lippen, diesmal erreicht die Wärme auch mein Herz.
Schöner letzter Satz, doch für mich ein bissl unglaubwürdig. Woher nimmt er auf einmal diese Sicherheit? Es kommt aus dem Nichts. Du schreibst, er will es loswerden und erzählen. Kann die Beichte einen derart befreienden Effekt hervorrufen, dass er ihr sogar ihren zukünftigen Job erklärt? Das kannst nur du sagen, du bist die Frau vom Fach. Für mich ist das ein bisschen dick, ich bin skeptisch.
Ich würde vorschlagen, dass du die reziproke Bewegung der Waagschalen von unten nach oben subtiler beschreibst. Vllt muss dein Ich-Erzähler auch nicht nach ganz oben und die Gegenspielerin nicht ganz klein beigeben? Wo bleibt der Streit?

Ansonsten schöne Idee, gut umgesetzt, du bewegst dich auf sicherem Terrain. Noch ein kleineres Problem habe ich mit dem Titel. Ich vermisse bei "Bindung" die Bindung zur Story, das ist ein wenig nichtssagend. "Das Interview" oder "Die Beichte" fände ich besser, oder irgendwas, das diese wechselseitige Verschiebung andeutet.


Peace, linktofink

 

Hallo TeddyMaria,

das ist natürlich rabenschwarz, sowas mit „Alltag“ zu taggen. Tatsächlich versuchst du dich im Segment „Spannung“, oder?

Wenn ich es nicht in deinem Profil gelesen hätte, würde ich dich jetzt fragen, ob du Psychologiestudentin bist. Tatsächlich mutet das Ganze auf mich so ein bisschen verkopft an, der plakative Titel „Bindung“, Hinweis auf die fehlende Mutterbindung - aber hätte die nicht durch eine enge Bindung an den blutsverwandten Onkel kompensiert werden können? Der Fernseher im Kinderzimmer, das verwehrte Eis … Die kritische Leserin in mir stöhnt innerlich auf, weil sie den Eindruck hat, sie solle indoktriniert werden.

Das ist so ein bisschen eine Laborsituation. Warum interviewt die Psychologiestudentin Nina ausgerechnet den Erzähler? Gut, sie scheint etwas über seine, nun ja, holprige Kindheit zu wissen, sogar von Tonis Tod weiß sie (oder etwa nicht?), und trotzdem stellt sie ihm diese Fragen. Dabei ist eigentlich schon klar, dass sie in einem Familientrauma wühlen wird und das alles für eine Seminararbeit, im Dienste der Wissenschaft?!

Bei all der Nervosität und den Kippen wähne ich mich schon bald im schallisolierten Verhörzimmer auf dem Kommissariat. Und dann bekommt die Nina mehr Antworten, als sie erwartet hat. Mehr, als ihr lieb sind. Das Motiv für seine Tat liegt auf der Hand, wird leider schon serviert, bevor die Bombe platzt. Mehr kommt nicht. Der Prota bleibt mir fremd und die Szene im luftleeren Raum hängen. Die Psychologiestudentin ist mit der Situation überfordert und ergreift die Flucht. So wie die Autorin, möchte ich fast sagen.

Ich wundere mich, warum du nicht aus Ninas Perspektive erzählst. Was macht das mit ihr? Interviewt die jetzt munter andere Leute für ihre Seminararbeit oder wechselt die das Studienfach?

Ja, spannender Flieger, dein Text. Dass du schreiberisches Talent hast, weißt du ja. Falls nicht, wiederhole ich es gerne nochmal. :)

Bin gespannt, wie es hier im Thread weitergeht.

Vielen Dank für den Text und liebe Grüße
Anne

P.S. Du verwendest Basilikum, als wäre es Maskulinum, tatsächlich ist es aber Neutrum (says the Duden).

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Salomon

Ich muss sagen, als ich gesehen habe, dass der erste Kommentar von Dir ist, habe ich einmal tief Luft geholt. Ich weiß, dass Deine Finger mit Krallen bewehrt sind, dass Du kein Blatt vor den Mund nimmst.

Umso mehr freue ich mich …

Also, deine Geschichte hat mir gut gefallen, ich weiß gerade nicht, was ich noch sagen soll, sorry

… dass es Dir gefallen hat und dass Deine Rückmeldung insgesamt so positiv ausfällt.

Das verstehe ich nicht, was willst du damit ausdrücken? Seit einer Minute sitze ich vor dem Laptop und hole tief Luft und lasse die Schultern hängen, sieht sich bescheuert aus.

Hm, dass solche Sachen passieren, liegt wahrscheinlich daran, dass ich diesmal, um zu verhindern, dass die Geschichte wieder wie am Reißbrett entworfen aussieht (und weil es gut funktioniert hat), einfach losgeschrieben habe. Wenn ich voll im Flow bin, schreibe ich einfach auf, was ich gerade getan habe. Für mich ist das ein Sich-Sammeln und dann doch wieder In-sich-Zusammenfallen. Aber ich werde das wohl streichen.

Hm, hier nochmal dasselbe. Ich finde es nicht authentisch, dass dein Protagonist ihre Reaktion nicht einordnet.

Eigentlich fand ich es gerade reizvoll, es nicht so offensichtlich zu sagen. Sondern zu zeigen, dass ihr missfällt, sie aber aus Höflichkeit einwilligt, er das aber sieht und sich deshalb auch entscheidet, es bleiben zu lassen – vorerst. Das wollte ich Dir als Leser nicht so unter die Nase reiben, denke auch, das wäre zu tellig.

Mir fehlen aber noch ein paar Details zum eigentlichen Vorfall, da ist mir zu viel Spielraum. Zum Beispiel, wie alt war die Cousine da eigentlich? Er war sieben, und sie? Ein Baby? Fünf? Hm.

So, wie ich die restlichen Kommentare deute, werde ich in den Details auf jeden Fall nachbessern. Also: Stay tuned. ;)

Vielen Dank für Deinen Kommentar und gute Nacht!

Hey, weltenläufer

Wie schön, Dich wieder unter einer meiner Geschichten begrüßen zu dürfen.

Allerdings hätte es in meinen Augen ein langsameres Entrollen gebraucht. Und eine falsche Fährte.

Das mit der falschen Fährte ist ein super Ratschlag. Für mich war die Geschichte eine Übung vor allem in zwei Dingen: Zeigen und Spannung. Mir wurde mehrmals und wahrscheinlich zu recht vorgeworfen, man würde von Anfang an wissen, worauf die Geschichte hinausläuft. Aber auf die Idee, eine falsche Fährte zu legen, bin ich nicht gekommen, also darüber werde ich mir auf jeden Fall Gedanken machen.

Tatsächlich habe ich versucht, möglichst viel zu straffen, um kein Tempo zu verlieren. Umso ratloser bin ich jetzt, dass Du sagst, ich müsste das langsamer machen. Meinst Du wirklich? Verstehe ich das richtig? Und wie verhindere ich, dass es beim Langsamerwerden zugleich langweilig wird?

Da du ein Interview gewählt hast, kannst du das ja ganz geschickt lenken. Zumindest geschickter, als dieser Versuch. Die Fragen wirken ... hm, naja, sehr auf das eigentliche Drama hingezimmert.

Das ist interessant, denn tatsächlich habe ich mir das Interview nicht ausgedacht. Es handelt sich um das Adult Attachment Interview. Die einzige künstlerische Freiheit, die ich mir genommen habe, war, die Fragen frei aus dem Englischen zu übersetzen und teilweise stark zu kürzen. Die Fragen gehen nämlich tatsächlich extrem ins Detail. Vielleicht wirkt das deshalb so hingezimmert, weil ich alles, was wirklich ewig gedauert und uns inhaltlich nicht weitergebracht hätte, gekürzt habe. Ich kann ja nochmal schauen, ob ich vielleicht die Reihenfolge ändere, aber ich würde diese Grundlage für den Text ungern komplett wegwerfen und ein ganz eigenes Interview schreiben. Für mich ist das einfach Teil der Authentizität.

blah blah- das weiß er bestimmt schon aus der mail?

Dazu gehört auch, dass der Interviewte noch einmal aufgeklärt wird. Weiß nicht, kann man natürlich kürzen, würde mir aber wirklich wehtun. Ich denke darüber nach. Oder ob ich das vielleicht weniger Blablamäßig gestalten kann. #killyourdarlings

Die Auflösung bietet Zündstoff. Der Abgang Ninas hingegen ist verschwendet. Das ist Holterdiepolter gelöst.

Dass das Ende zu rasch ist, sehe ich jetzt auch. Habe versucht, mich so kurz wie möglich zu fassen, deshalb ist das passiert. Schweife ja normalerweise so extrem ab, war stolz auf mich, dass ich das nicht gemacht habe.

Auch hier würden ein paar Szenen aus deren gemeinsamer Vergangenheit Wirkung entfalten.

Dass völlig unklar ist, was die beiden eigentlich verbindet, wurde auch von anderen angemerkt. Da habe ich sicherlich zu subtil gearbeitet – war mir ehrlich gesagt auch so ein bisschen egal. Ist natürlich Quatsch, das auszulassen. Da gehe ich nochmal ran.

Vielen Dank für Deinen äußerst hilfreichen Kommentar. Die Details werde ich ohne weiteren Firlefanz einarbeiten. Gute Nacht!

Hey, Sim123

Danke für Deinen Besuch.

Eine sehr gelungene Geschichte! Sie war trotz der eigentlichen eher ruhigen Ausgangssituation tatsächlich sehr interessant und später auch spannend.
Dein Schreibstil liest sich gut und angenehm, vor allem deine Dialoge lesen sich flüssig.

Mir gefällt es, dass teilweise doch noch die Details offen bleiben und man es sich auch minimal selbst zusammenpuzzelt.


So ein fettes Dankeschön für Dein Lob. Es ist wohl eines der umfänglichsten, dass ich hier bisher bekommen habe. Muss ja auch mal sein, also danke, dass Du es nicht einfach für Dich behältst. Das ist auch nützlich für mich, zeigt mir, wo es besser wird, und gibt mir die Kraft, weiter an mir zu arbeiten.

Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, aber der Protagonist scheint ja doch ein wenig Interesse an seinem Gegenüber zu haben, doch warum ist es ihm später egal, dass sie einfach geht?

Auch diese Anmerkung ist interessant. Tatsächlich habe ich mir gedacht, dass er sie echt die ganze Zeit nur als Gefäß sieht, in das er seine Schuld abladen kann. Dass er sie praktisch ausbeutet. Da habe ich vielleicht gezielt schon etwas wie eine falsche Fährte gelegt, und eigentlich fand ich es ganz reizvoll, dass das Verhältnis sich auf diese Weise am Ende umkehrt. Dass er nicht mehr der Befragte, der Ängstliche ist, sondern Herr über die Situation, dass er ihr Angst macht. Das bringt für mich dieses Ausbeuterische rüber, das er eigentlich an sich hat. Weißt Du, was ich meine? Ich glaube ja nicht so sehr an mich und meine Schreib“künste“, deshalb freue ich mich, wenn Du mir dalässt, ob das auch passt oder was man da noch schrauben könnte.

Vielen herzlichen Dank nochmal und gute Nacht!

Guten Abend, barnhelm

Beginnen wir mit dem Positiven (das mag ich so sehr).

Davon abgesehen finde ich aber, dass das hier die beste deiner bisher eingestellten Geschichten ist.

Danke! Ich habe auch das Gefühl, wirklich viel gelernt zu haben. Und ich hoffe, dass es ab jetzt mit großen Schritten weitergeht. Ich bin mal so enthusiastisch, weil ich tatsächlich insgesamt noch nie so positive Rückmeldungen auf eine Geschichte hatte.

Du merkst drei wesentliche Sachen an.

Nummer 1:

Was ist los mit Nina? Warum verhält sie sich schon vor der Offenbarung der Wahrheit so merkwürdig?

Die Beziehung zwischen Nina und Sepp. Tatsächlich dachte ich in dem Moment, in dem ich das hier hochgeladen habe, dass ich mich zu sehr auf Nina und zu wenig auf meinen Prot konzentriert habe. Dass dem doch nicht so ist, empfinde ich erstmal als positiv. Zeigt mir, dass ich die richtige Perspektive gewählt habe. Was Du sagst, zeigt mir aber auch – und das passt zu dem, was einige andere auch sagen –, dass die Beziehung zwischen Nina und Sepp nicht durchkommt. Ich dachte mir, dass die beiden halt gemeinsam in die Grundschule gegangen sind, und Nina deshalb natürlich weiß, dass Toni bei einem Badeunfall gestorben ist. Deshalb auch:

»Sepp.« Ninas Hand schnellt vor, legt sich auf meine. Ihre Haut ist warm, so heiß. »Was damals passiert ist, ist nicht deine Schuld.«

Aber das habe ich natürlich verdammt subtil umgesetzt. Ich merke, dass das ein Problem einiger Geschichten ist, die ich momentan schreibe: Ich will mich 1) kurz fassen und 2) den Leser/inne/n nicht alles vorkauen. Deshalb verzichte ich auf viele Informationen. Ich denke aber, dieses Problem lässt sich leicht beheben.

Nummer 2:

Das eigentliche Geschehen, das Sich-zurückgesetzt-Fühlen und den Mord an Toni finde ich zu kurz abgehandelt.

Wie vielen anderen Leuten hier fehlen Dir Details zu dem, was sich in Sepps Kindheit eigentlich ereignet hat. Das hat genau die gleichen Gründe (1) mich kurz fassen und 2) den Leser/inne/n nicht alles vorkauen) wie alles andere auch. Ich war eigentlich zufrieden mit der Länge der Geschichte, aber wenn ihr mehr wollt, dann bekommt ihr mehr. Hoffe, ich verstehe das richtig.

Nummer 3:

Und warum Sepp der Psychologie-Studentin Nina, die noch keiner Schweigepflicht unterliegt, alles erzählt, will sich mir auch nicht so recht erschließen.

Keiner weiß, warum Sepp das tut. Tatsächlich hatte ich am Anfang auf dem Schirm, dass Studierende auch einer Schweigepflicht unterliegen. Kurze Recherche ergab aber, dass dies natürlich nur gilt, wenn sie im Rahmen eines Jobs mit Patienten und Patientinnen oder eben mit Versuchspersonen in Berührung geraten. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, lässt sich das Problem leicht lösen – Mann, da stand ich aber auf dem Schlauch. Keine Sorge, sie kriegt eine Schweigepflicht, das arme Mäuschen.

Tatsächlich ging es mir genau darum, dass er ihre Offenherzigkeit, ihre Naivität, eigentlich ja auch ihr Vertrauen ausnutzt. Das lässt sich vielleicht klären, wenn ich mehr an der Beziehung gearbeitet habe.

Wow, da kann ich ja einiges aus Deinem Kommentar mitnehmen. Hoffe, ich habe alles richtig verstanden. Die Details werde ich einfach übernehmen. Nur eine Sache noch:

Diese sehr häufig vorkommenden einfachen Satzkonstruktionen (Subjekt, Prädikat ...) haben mich am Anfang gestört. Ist das Absicht?

Jein. Keine Absicht, aber bewusstes Unvermögen. Ich wünschte, ich könnte es besser. Früher habe ich Varianz in meine Satzkonstruktionen gebracht, indem ich Adverbien verwendet habe. Wer hier im Forum aktiv ist, kennt das ja von Anfänger/inne/n. Inzwischen sehe ich auch, wie eklig sich ein Text dadurch liest. Da ich jetzt aber fast vollkommen auf Adverbien verzichte, weiß ich nicht genau, wie ich Varianz in meine Satzanfänge bringen soll. Deshalb bin ich jetzt einfach zurück bei meinen Erstklässlerinnen-Basics. Über Ratschläge bin ich selbstverständlich dankbar.

Hallo, Ronja

Wie schön, mal auf der anderen Seite zu stehen. :D

Ich habe nicht verstanden, wofür das für die restliche Story relevant ist. Oder habe ich etwas übersehen?

Ja, da war ich mir auch unsicher, habe ich aber drinnen gelassen, weil so direkt klar wird, dass Sepp offensichtlich keine Mutter hat, die solche Gespräche mit anderer Leute Mütter führt. Wenn ich so darüber nachdenke, müsste es eigentlich der Onkel sein. Zu unwichtig in Deinen Augen?

Trinken sie Tee oder Kaffee? Ich tippe auf Kaffee, da er häufiger erwähnt wurde.

Hoppla. Normalerweise trinke ich Tee und schreibe über Tee. Tatsächlich ist dies aus den letzten Monaten die einzige Geschichte von mir, die vollkommen ohne Tee auskommt. Da habe ich mich einfach vertippt.

Viele Raucher verhalten sich so. Und dass du das Rauchen immer wieder eingeflochten hast, fand ich auch sehr gelungen. Ich mag das immer, wenn Verhaltensweisen oder Bilder wieder aufgegriffen werden.

Danke, dass es Dir aufgefallen ist. Ich mag es, meinen Figuren etwas in die Hand zu geben. Auch habe ich da versucht zu entwickeln, wie er sich ihr gegenüber verhält. Zu Anfang rücksichtsvoll, er unterlässt etwas, obwohl sie so tut, als wäre es ihr egal. Am Ende macht er es aber doch, und da wird er dann auch komplett rücksichtslos.

Die restlichen Details übernehme ich einfach. Danke dafür.

Komme morgen wieder. Außerdem will ich mir noch Gedanken zum Inhalt deiner Geschichte machen. Irgendwie fand ich das Thema interessant. Aber so richtig in Worte fassen, kann ich es noch nicht.

Ich freue mich auf Deinen neuerlichen Besuch. Mache schon mal den Tee … äh … den Kaffee heiß. Aber auch wenn es bei diesem Besuch bleiben sollte, hat es mich schon sehr gefreut.

Gute Nacht!

Hey, linktofink

Wie schön, dass du deine Schreiberling-Auszeit überwunden hast!

Na ja, geschrieben habe ich tatsächlich die ganze Zeit. Berge und Berge von Geschichten. Nur veröffentlichen wollte ich eigentlich nicht, viel zu viel Arbeit und schlaflose Nächte (ich nehme mir das hier immer so zu Herzen). Aber heute dachte ich mir: Fuck it! Andere hauen raus wie blöd, also kann ich wohl auch mal einen raushauen.

Woran siehst du das? Wie äußert es sich? Münze den Tell in Show um.

Hier bin ich mir unsicher. Sie sagt ja, sie sei aufgeregt, aber er sieht das einfach nicht. Deshalb ist das so sein Gedanke. Aber ja, ich habe schon befürchtet, dass das einer sagt. Überlege mir was.

Ich bin irritiert, ich denke der Kaffee ist schon lange im Bauch? Und dann der Tee ... habe ich gepennt?

Also, sie trinken mehrere Tassen. Bin mir auch sicher, dass ich das deutlich mache. Hier:

Ich trinke meinen Kaffee aus, um neuen zu kochen.
»Okay«, sagt sie, während ich an der Kaffeemaschine stehe. »Wem standst du näher? Deinem Onkel oder deiner Tante?«

Na gut, super deutlich nun auch wieder nicht, aber wie heftig muss ich es den Leser/inne/n um die Ohren hauen? Das mit dem Tee ist ein Tippfehler, sorry. Ich denke meistens nur an Tee, bin keine Kaffeetrinkerin. Würde aber natürlich nicht zu Sepp passen.

gehört der Satz nicht in Kommata?
Eigentlich …«, ich reibe mir die Augen, blinzele etwas weg, das irgendwie hineingeraten ist, »… war es keine Drohung.?

Ich denke, beides geht. Bei dem, was ich gemacht habe, unterbricht er sich halt richtig. Bei dem, was Du vorschlägst, macht er das in meinen Augen irgendwie gleichzeitig. Deshalb bevorzuge ich tatsächlich meine Version.

Mir gefällt, wie die beiden ihre Positionen tauschen bis sie letztlich aus der Wohnung flüchtet. Er, der anfangs so nervös war und ständig rot wurde, hat am Schluss Oberwasser.

Yes, es hat einer bemerkt! Danke!

Kann die Beichte einen derart befreienden Effekt hervorrufen, dass er ihr sogar ihren zukünftigen Job erklärt? Das kannst nur du sagen, du bist die Frau vom Fach. Für mich ist das ein bisschen dick, ich bin skeptisch.

Mann, ich sollte niemandem erzählen, was ich studiere. So falle ich immer hintenüber bei dem Pathologisieren und Psychologisieren, was die Leute in meine Figuren packen. Würde mich echt interessieren, ob das auch so wäre, wenn man das über mich nicht wüsste. Von Effekten von Beichte habe ich keine Ahnung. Ich wollte hier nur zeigen, dass er sich das genau überlegt hat. Er hat das geplant, es nicht spontan erzählt. Aber ja, ich werde sie auf jeden Fall unter Schweigepflicht stellen, dafür muss ich nicht viel ändern. Für mich geht es bei der „Er erklärt ihr ihren Job“-Stelle eher darum, dass er sich halt vorher informiert hat. Verstehst Du, was ich meine?

Andererseits, ans Ende muss ich wohl definitiv nochmal ran, also keine Sorge, ich schubse Deine Bedenken nicht einfach beiseite. Habe ich im Kopf und wird daraus auch nicht mehr verschwinden.

Noch ein kleineres Problem habe ich mit dem Titel. Ich vermisse bei "Bindung" die Bindung zur Story, das ist ein wenig nichtssagend.

Hier kommen wir aber tatsächlich zu Fachfragen. Der Titel bezieht sich auf das Interview, denn es handelt sich hierbei um eine von mir sehr frei ausgelegte und noch freier aus dem Englischen übersetzte Version des Bindungsinterviews für Erwachsene. Es wird durchgeführt, um den Bindungsstil bei Erwachsenen festzustellen. Zwar können wir über Sepp keine validen Aussagen machen, weil das Interview von Nina so frei interpretiert (die Anfängerin, haha) und vorschnell abgebrochen wird, aber ich tippe mal darauf, dass er unsicher-vermeidend gebunden ist. Deshalb würde ich den Titel ungern wegwerfen. Hat halt eine Bedeutung, auf die man nicht gleich kommt. Und wenn ich mehr an der Beziehung zwischen Nina und Sepp arbeite, ergibt das vielleicht auch mehr Sinn.

Habe mich über Deinen Besuch sehr gefreut und nehme sicher einiges mit.

Peace!

Guten Abend, Anne49

Da kommst Du ja schneller zu Deinem Gegenbesuch, als wir beide angenommen hätten. (Mein Übermut, der ist schuld.)

das ist natürlich rabenschwarz, sowas mit „Alltag“ zu taggen. Tatsächlich versuchst du dich im Segment „Spannung“, oder?

Haha, da musste ich wirklich lachen. Tatsächlich habe ich darüber nachgedacht, aber da ich das Gefühl habe, ein Problem mit dem Erzeugen von Spannung zu haben (allerdings sagen jetzt viele Leute, es sei spannend), habe ich mich nicht an diesen Tag rangetraut und deshalb ein bisschen untertrieben, würde ich sagen.

Tatsächlich mutet das Ganze auf mich so ein bisschen verkopft an, der plakative Titel „Bindung“, Hinweis auf die fehlende Mutterbindung - aber hätte die nicht durch eine enge Bindung an den blutsverwandten Onkel kompensiert werden können? Der Fernseher im Kinderzimmer, das verwehrte Eis …

Und: Nein! Wirf mir nicht vor, ich wäre verkopft! Aaargh! Ich habe das einfach locker runtergeschrieben, vorher nichts geplant, mir nur ein paar Gedanken gemacht (ohne sie irgendwo aufzuschreiben). Reiner Instinkt, in dem mir das aufs Papier geflossen ist. Wenn das wieder verkopft ist, dann bin ich beinahe versucht zu sagen, dass das nicht an der Geschichte liegt, nicht an meiner Methode, nicht an meinem Stil. Nur an mir. Offensichtlich bin ich ein verkopfter Mensch. :(

Okay, ich atme einmal tief durch. Sorry, Du triffst einen wirklich wunden Punkt. Und natürlich wird die fehlende Bindung zu seiner Mutter durch die Beziehung zu seinem Onkel kompensiert. Ich habe nie was anderes gesagt. Wenn man Dir was anderes erzählt, dass nämlich nur die leibliche Mutter eine echte Bindungsperson sein kann, dann ist das einfach … Sorry, Leute. … Bullshit. Die Problematik, die Sepp aber hat, tritt vor allem dadurch auf, dass er das Gefühl hat, dass seine Cousine seinen Bezugspersonen wichtiger ist als er. Weil sie das „echte Kind“ ist. Klar können solche Gefühle auch unter leiblichen Geschwistern auftreten, aber so erschien es mir intuitiv. Ich hatte dabei "A.I." im Kopf von Stephen Spielberg. Es geht um ein Roboterkind, das anstelle des leiblichen Kindes, das im Koma liegt, in eine Familie kommt. Als das leibliche Kind doch wieder in die Famile zurückkehrt, gerät das Roboterkind in furchtbare Konflikte mit dem "Bruder". Die es sicher nicht hätte, wenn es auch ein "echtes Kind" wäre. Deshalb lebt Sepp nicht bei seinen "echten Eltern", obgleich solche Gefühle, dass das andere Geschwisterchen irgendwie wichtiger ist, mehr Aufmerksamkeit bekommt usw., in milderer Form sicherlich häufig auftritt, und auch in extremerer Form unter Blutsverwandten auftreten kann. Aber ... Ich weiß nicht. Das zu vermitteln, wäre sicherlich deutlich schwieriger, denkst Du nicht?

Und ja, bei der Eisszene habe ich auch mit mir gehadert. Ich werde nochmal in mich gehen und schauen, ob ich etwas weniger Plakatives finden kann. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass ich mir vor dem Schreiben möglichst wenig Gedanken gemacht habe.

Warum interviewt die Psychologiestudentin Nina ausgerechnet den Erzähler? Gut, sie scheint etwas über seine, nun ja, holprige Kindheit zu wissen, sogar von Tonis Tod weiß sie (oder etwa nicht?), und trotzdem stellt sie ihm diese Fragen. Dabei ist eigentlich schon klar, dass sie in einem Familientrauma wühlen wird und das alles für eine Seminararbeit, im Dienste der Wissenschaft?!

Na ja, deshalb sagt sie anfangs:

»Ich freue mich, dass du das machst. Es ist sicher … interessant.« Ihre Augen weiten sich kurz. »Oh, das ist taktlos, Entschuldigung.«

Klar weiß sie das. Und die Antwort ist doch: Neugierde, Voyeurismus. Sie darf sich ihren Interviewpartner aussuchen (etwas, das ich wahrscheinlich ändern werde), also denkt sie sich, ehrgeizige Psychologiestudentin, die sie ist, dass sie etwas Interessantes wählt, etwas, was sonst im Seminar keiner hat. Ja, im zweiten Semester sind wir wirklich so. Das legt sich später, wenn man alles gehört hat und lernt, dass Neugierde im professionellen Umgang nichts zu suchen hat. Aber das könnte ich natürlich klarer rausarbeiten, sie weniger scheu machen, sie mehr Druck aufbauen lassen, weil es sie eben interessiert.

Ich wundere mich, warum du nicht aus Ninas Perspektive erzählst. Was macht das mit ihr? Interviewt die jetzt munter andere Leute für ihre Seminararbeit oder wechselt die das Studienfach?

Darum ging es mir gar nicht. Tatsächlich finde ich es interessant, dass Du Dir hier fast ausschließlich Gedanken über Nina machst. Es ging mir tatsächlich darum, was Sepp widerfahren ist, aber da fehlen einfach Details. Auch das schnelle Ende kommt dadurch zustande, dass ich mich unbedingt kurz fassen wollte. Ich war so stolz auf mich, eine Geschichte in fünf DIN-A4-Seiten hinbekommen zu haben. Ich werde jetzt Sepps Lebensgeschichte stärker fokussieren, dann wird das hoffentlich alles klarer, und er wird auch interessanter als Nina. Und sie lasse ich etwas energischer auftreten, denke ich, etwas taktloser.

Ja, spannender Flieger, dein Text. Dass du schreiberisches Talent hast, weißt du ja. Falls nicht, wiederhole ich es gerne nochmal.

Gut, dass Du das wiederholst. Mir bedeutet das wirklich viel. Früher dachte ich, ich würde großartig schreiben, tausendmal besser als jeder andere Mensch. Seit ich hier bei den Wortkriegern bin, weiß ich, dass nichts weiß, und ich habe immer häufiger das Gefühl, nicht schreiben zu können. Früher habe ich auch fünf Seiten in zwanzig Minuten hingeworfen. Jetzt sitze ich zwanzig Minuten an einem Absatz, stelle einen Satz dreitausendmal um, streiche einen Absatz komplett, fange nochmal von vorne an. (Kommt daher das Verkopfte? Hm ... Ich glaube aber, das war nicht, was Du meintest.) Wie Talent fühlt sich das nicht an. Aber tatsächlich wie ein Fortschritt. Umso mehr freue ich mich über jedes Lob.

Gute Nacht!

Kurzfassend,
Eure Maria.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Maria

Ich halte das ebenfalls für deinen bisher besten Text.
Von der Anlage her gefällt mir das sehr gut. Du arbeitest ja mit zwei Ebenen. Da gibt es zum einen die Geschichte, die der Prot erzählt, zum anderen den Rahmen, die Geschichte, die jetzt gerade zwischen den beiden stattfindet. Das macht den Text in doppelter Hinsicht spannend, als Leser kann ich mich für die Interaktion zwischen den beiden interessieren, oder aber für das, was sich im Gespräch offenbart. Das hat schon sehr viel Potential. Lass mich zwei, drei Worte darüber darüber verlieren, weshalb ich denke, dass dieses Potential noch nicht so ganz ausgeschöpft ist.

Erstens sehe ich das ähnlich wie weltenläufer. Ich finde den Rahmen gut erzählt, was das Tempo anbelangt, vielleicht hast du da sogar die eine oder andere überflüssige Geste drin, Luft holen hier, einatmen da, viel am Kaffee nippen, Zigarette hier, Zigarette da. (Ich schreibe später noch was zu diesem handwerklichen Aspekt). Was der Protagonist aber erzählt, geht auch mir zu schnell, zu linear. Falsche Fährte finde ich einen guten Tipp. Denkbar wären auch Nebenschauplätze. Da hast du natürlich ein Problem aufgrund der Tatsache, dass ein solches Interview tatsächlich so verlaufen würde. Das mag sein, aber das bedeutet nicht, dass man das auch so lesen will. Das war übrigens auch der Moment, wo ich den Text als etwas verkopft wahrgenommen habe (Auch dazu schreibe ich später noch was). Also, im Fazit fand ich die Rahmenhandlung wesentlich interessanter als das, was im Interview verhandelt wird. In dieser Rahmenhandlung kann ich mich als Leser einrichten, kann zwischen den Zeilen lesen, mir vorstellen, wie die sitzen, was die Gesten bedeuten mögen, wie sich die Dynamik zwischen den beiden entwickelt. Da kannst du vielleicht noch etwas umgewichten, den Rahmen etwas abspecken, das Erzählte etwas farbiger gestalten.

Zweitens bin ich nicht so ganz glücklich, wie du Rahmen und das Erzählte miteinander verknüpfst. Ich spüre zu Beginn ein Begehren des Protagonisten, auch Unsicherheit. Am Ende aber, nach dem Geständnis, auf einmal eine Überlegenheit und Kälte. Ich finde das nicht so einfach nachzuvollziehen. Mir hätte besser gefallen, wenn sich der Protagonist aus dem Begehren heraus öffnet. Ein solches Geständnis ist ja auch etwas Intimes. Ich verweise auf «Das Schweigen der Lämmer», um zu verdeutlichen, was ich meine. Dadurch würdest du das Geständnis des Protagonisten viel stärker mit dem Rahmen verknüpfen, es würde dann in die Interaktion der beiden einschiessen wie heisser Dampf. Stattdessen lässt du sie einfach gehen und ihn mit einem warmen Gefühl dasitzen. Das fand ich schade. Renne als Autorin nicht weg, wenn es brenzlig wird!

Handwerkliches: Du arbeitest vor allem mit Gesten und du machst das grundsätzlich auch gut, wie ich finde. Das kann auf die Dauer aber auch etwas ermüden. Du hast da auch einige Wiederholungen drin: Sechsmal «starren», zum Beispiel. (Schau auch mal nach anderen Wortwiederholungen. Achtmal «Okay», fünfzehnmal «weiß» der Prot etwas oder nicht). Prüfe, ob es zwischen den Dialogzeilen immer eine Geste braucht.

Bedenke auch, welches Setting du wählst. Du lässt das Interview in der Wohnung des Protagonisten spielen. Damit nimmst du dir die Möglichkeit, dass diesem etwas auffallen könnte, sodass du über diese Wahrnehmungen Atmosphäre aufbauen könntest. Du sagst was an einer Stelle über die Tassen, die nicht zueinander passen. Das fand ich sehr gut. Aber in der eigenen Wohnung hast du halt nicht so viele Möglichkeiten, den Prot einen neugierigen Blick auf die Umgebung werfen zu lassen. Und so konzentriert sich der Blick des Prota fast auschliesslich auf das Gegenüber und die eigenen Gesten. Dies als Hinweis.

«Verkopft»: Finde ich sehr spannend. Ich denke, man muss unterscheiden zwischen Textproduktion und Textwirkung. Ein Text kann unter ungeheurer gedanklicher Anstrengung entstanden sein und dennoch flüssig, elegant daherkommen und vor allem emotional wirken. Man kann durch Denkarbeit beim Leser Emotionen hervorrufen und ich finde die Idee, man müsse seine Gefühle in einen Text stecken, um einen emotionalen Text zu verfassen, ziemlich irreführend.
Das Umgekehrte kann aber auch passieren. Gerade weil man sich zu wenig Gedanken gemacht hat, wie man eine Geschichte erzählt, kann der Text verkopft wirken. Hier in deinem Fall hatte ich den Eindruck, dass du den wissenschaftlichen Aspekt (Struktur des Interviews, Vorbereitungsfragen etc.) literarisch zu wenig aufbereitet hast und das gerade deshalb, na ja, eben etwas wissenschaftlich, verkopft daherkommt.

Noch ein paar Stellen:

Früher waren Ninas Haare immer kurz. Ich weiß noch, dass ihre Mutter zu meiner Tante sagte, es sei praktischer so. Heute fallen die Locken lang auf ihre Schultern. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sie sieht kräftig aus mit ihren breiten Schultern. Für eine Frau ist sie sehr groß.

Ich finde den Einstieg zu wenig knackig. Ich würde mich hier auf ein Detail beschränken, die anderen Beschreibungen später einfliessen lassen.

Ihre Sneakers streift sie ab, ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Um das linke Fußgelenk baumeln einige Fußkettchen. Mein Blick wandert über ihre Knöchel, ihre langen Beine hinauf.

Sehr schön. Gefällt mir gut, weil du mit sehr wenigen Worten etwas über beide Figuren aussagst. Ein Begehren wird angedeutet. Passt.

Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch als sie sich das Haar aus der Stirn streicht, sind ihre Hände ruhig.

Das macht so formuliert keinen Sinn, weil da eine vermeintliche Kausalität mitschwingt. Meinst du: «Meine Hände zittern und ich schwitze, ihre Hände jedoch sind ruhig, als sie sich das Haar aus der Stirn streicht»?

Fühlt sich an, als säße ein großer Krebs auf meinem Haupt und zwickte einmal kräftig.

Hm. Ich finde das Bild reichlich gesucht. Weshalb ein Krebs? Also, ich stelle mir das halt vor, wenn ich lese, und dann wirkt das wie Slapstick.

Ihre Stimme ist weich und warm.

Verwende niemals «weich» und «warm» im selben Satz! :) Abgedroschen.

Insgesamt habe ich den Text gerne gelesen. Ich fand übrigens auch deine Antwort auf die ersten Kommentare klasse. Meiner Ansicht nach hast du genau die Einstellung zum Schreiben, die es braucht, um sich zu entwickeln. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg dabei!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey, Peeperkorn

Eigentlich wollte ich erst die Wohnung putzen, aber als ich auf meinem Handy gesehen habe, dass Du kommentiert hast, bin ich sofort an den Computer gesprungen. Ich freue mich so, dass Du wieder hier bist. Ich habe Dir schon gesagt, dass das, was Du mir gesagt hast, so verdammt hilfreich ist, weil konkret, anschaulich und einfach wunderbar erklärt. Ich hoffe, ich konnte vieles umsetzen, was Du letztes Mal kritisiert hast. Da Du Dich diesbezüglich nicht wiederholt hast, klopfe ich mir mal kurz auf die Schulter.

So. Schulterklopfen fertig. Ich mache gleich weiter.

Ich halte das ebenfalls für deinen bisher besten Text.
Von der Anlage her gefällt mir das sehr gut.

:herz: So much Dankeschön! Das bedeutet mir sehr, sehr viel.

Da gibt es zum einen die Geschichte, die der Prot erzählt, zum anderen den Rahmen, die Geschichte, die jetzt gerade zwischen den beiden stattfindet. Das macht den Text in doppelter Hinsicht spannend, als Leser kann ich mich für die Interaktion zwischen den beiden interessieren, oder aber für das, was sich im Gespräch offenbart.

Wie machst Du das? Auch als Kommentatorin versuche ich, von Dir zu lernen, denn Du bringst Dinge so hervorragend auf den Punkt. Jetzt sehe ich, was neben meinem Wunsch, mich kurz zu fassen, mein Problem war: Ich habe mich halt auf die Rahmenhandlung konzentriert, Sepps Erzählung habe ich eher nebenherlaufen lassen.

Da kannst du vielleicht noch etwas umgewichten, den Rahmen etwas abspecken, das Erzählte etwas farbiger gestalten.

Wahnsinn. In meinem Kopf rattert es schon los. Wie gut, dass Putzen so eine wunderbare Tätigkeit zum Nachdenken ist. Da mache ich mich gleich an die Arbeit.

Dadurch würdest du das Geständnis des Protagonisten viel stärker mit dem Rahmen verknüpfen, es würde dann in die Interaktion der beiden einschiessen wie heisser Dampf.

Ob ich das kann? Puh! Ich sage nur, in meinem Kopf rattert es, aber da muss ich wirklich mehr als nur nachdenken, da braucht es nicht nur gute Ideen, sondern auch Fingerspitzengefühl. Hola. Ob ich das habe? Ich merke jetzt, dass wir uns aus den „einfachen“ (ich weiß, das ist nicht einfach) handwerklichen Sachen rausgehen und ans Eingemachte kommen. Das ist cool, aber gerade fühle ich mich ein bisschen überfordert, bin zugleich aber auch stolz, dass Du mir das so sagst, dass Du offenbar irgendwie annimmst, ich könnte das schaffen. Du weißt, ich will es schaffen. Also, gib mir Zeit, das muss jetzt dauern.

Wo wir gerade bei Dauer sind:

Das kann auf die Dauer aber auch etwas ermüden. Du hast da auch einige Wiederholungen drin: Sechsmal «starren», zum Beispiel. (Schau auch mal nach anderen Wortwiederholungen. Achtmal «Okay», fünfzehnmal «weiß» der Prot etwas oder nicht). Prüfe, ob es zwischen den Dialogzeilen immer eine Geste braucht.

Hoppla.

Damit nimmst du dir die Möglichkeit, dass diesem etwas auffallen könnte, sodass du über diese Wahrnehmungen Atmosphäre aufbauen könntest. Du sagst was an einer Stelle über die Tassen, die nicht zueinander passen. Das fand ich sehr gut. Aber in der eigenen Wohnung hast du halt nicht so viele Möglichkeiten, den Prot einen neugierigen Blick auf die Umgebung werfen zu lassen.

Das ist ein toller Ratschlag. Habe ich so gemacht, weil wir das im zweiten Semester tatsächlich so gemacht haben. Aber da ich momentan an einer Möglichkeit arbeite, Nina unter Schweigepflicht zu stellen, werden sie sich wohl kaum bei ihr zu Hause treffen, sondern sie wird entweder einen Hausbesuch machen oder ihn auf neutralem Grund empfangen. Hm … Ich bleibe dabei, ich muss nachdenken. Über alles.

Gerade weil man sich zu wenig Gedanken gemacht hat, wie man eine Geschichte erzählt, kann der Text verkopft wirken. Hier in deinem Fall hatte ich den Eindruck, dass du den wissenschaftlichen Aspekt (Struktur des Interviews, Vorbereitungsfragen etc.) literarisch zu wenig aufbereitet hast und das gerade deshalb, na ja, eben etwas wissenschaftlich, verkopft daherkommt.

Aaah! :huldig: Bisher, wenn es hieß, ich sei verkopft, wurde mir gesagt, ich würde sicher Post-its mit vielen Pfeilen versehen oder die Geschichte am Reißbrett entwerfen. Weshalb ich das eben nicht mehr gemacht habe. Dass ich gestern Nacht schrieb, dass ich wohl verkopft bin, liegt wohl daran, dass das eben das ist, was ich intuitiv aus mir rausgezogen habe – und ich mir das, wenn ich einfach drauflosrede, auch im Alltag anhören darf. Offenbar bin ich ein Kopfmensch. Du bringst also gute Nachrichten, dass dieses sehr Spröde nicht schlecht sein muss – ich muss nur all meine Sprödigkeit investieren, dass es am Ende keiner mehr merkt. Ich werde mir das Interview jetzt nochmal genau ansehen und einen etwas anderen Leitfaden für Nina schreiben.

Die restlichen Details arbeite ich einfach ohne weiteres Hin und Her ein. Und für den Rest … brauche ich Zeit. Ich melde mich wieder.

Ich fand übrigens auch deine Antwort auf die ersten Kommentare klasse. Meiner Ansicht nach hast du genau die Einstellung zum Schreiben, die es braucht, um sich zu entwickeln. Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg dabei!

Haha, danke. Ich habe mir mit der Theatergruppe noch einen Gin reingezogen, mir ein Toast gemacht und ungefähr eine Stunde an diesem Kommentar gesessen. Aber diese Gefühle, das Schreiben ist wie eine Achterbahnfahrt für mich momentan. Ich merke immer wieder, dass ich etwas, das für mich vor ein paar Monaten noch ein Problem war, überwunden habe, und dann kommt direkt die nächste Hürde. Aber ich bin auch ehrgeizig, also werde ich einfach immer weiterrennen. Und springen. Und weiter.

So, ich gehe jetzt staubsaugen und mir Gedanken machen.

Nachdenkliche Grüße,
Maria

 

Hallo Maria,

schön, was Neues von dir zu lesen. Wie es aussieht, etwas aus deinem Beruf ...Das hat den Vorteil, dass es glaubwürdig wirkt.

Habe die anderen Kommentare nicht gelesen und steige mal sofort ein:

Ihre Sneakers streift sie ab, ohne die Schnürsenkel zu öffnen.
Schuhe abstreifen ist doch automatisch, ohne sie vorher zu öffnen. Da bin ich mit ziemlich sicher, dass du das streichen könntest.
Genauso, wenn man aus einem Hemd schlüpft - da öffnet man ja vorher auch keinen Knopf.

»Kaffee?«, frage ich.
»Gerne.« ... Ich gieße Tee in Tassen ... »Milch? Zucker?« ... wir trinken beide unseren Kaffee schwarz
Tee?

»Könntest du damit beginnen, mir zu sagen, wo und mit wem du als Kind gelebt hast, wer dich aufgezogen hat und so weiter?«
Okay, die erste Frage dient wohl dazu, um warm zu werden, wenn ich mir vorstelle, wie die übersetzte Antwort später aussieht:
"Ich, XXXX, habe als Kind in NNNN mit XXXX und XXXX gelebt und wurde von XXXX aufgezogen." :lol:

Ich trinke meinen Kaffee aus, um neuen zu kochen.
Hat er denn bloß zwei Tassen gekocht?

»Okay«, sagt sie, während ich an der Kaffeemaschine stehe. »Wem standst du näher? Deinem Onkel oder deiner Tante?«
Läuft denn die Aufnahme weiter?
Hat sie keine Sorgen, dass er zu weit entfernt vom Mikro steht?

»Es war danach-danach«, sage ich
Das mit dem "danach-danach" macht die Story spannend.

Wir waren alleine im See, mein Onkel ist zur Eisdiele gegangen. Toni war das Wasser zu schlammig, sie hat die ganze Zeit geschrien.
Ich ahne Furchtbares.

Spüre das Lächeln auf meinen Lippen, diesmal erreicht die Wärme auch mein Herz.
Puh. Er ist erlöst.
Aber wenn er doch so sehr darunter gelitten hat, hätte er es ja auch schon vorher einem Geistlchen erzählen/beichten können.
Muss er es unbedingt bei einer alten Freundin tun und die er wahrscheinlich sogar anziehend findet? Finde ich gemein.
Apropos "anziehend": Da wäre noch Potential.

Für mich ist alles rund. Hat mir gefallen.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

TeddyMaria
Zuerst einmal: ich hab deine Geschichte gerne gelesen. Es ist dir (nach der Überarbeitung noch besser) gelungen, die beiden Protagonisten und das Setting sehr greifbar zu beschreiben. Auch deine Dialoge finde ich glaubwürdig.
Zumindest bis zum Schluss. Da wird es mir dann zu schnell "irgendwie aufgelöst". Und das find ich schade. Da steckt soviel Potenzial in deiner Idee ...

Das Bild mit dem Krebs, finde ich auch nicht so gelungen. Kann ich nichts mit anfangen und wirkt für mich in dieser Geschichte irgendwie unpassend.

Ein Gefühl hat sich bei mir allerdings durch den kompletten Text begleitet: Warum schreibt sie aus der Perspektive von Sepp. Es ist doch offensichtlich, dass "sie Nina ist". Mich hat das irgendwie verwirrt.
Mit Sicherheit bewusst so von dir gewählt und dem Umstand geschuldet, dass man eben weiß, dass du Psychologiestudentin bist:)

Freu mich jedenfalls, mehr von dir zu lesen, gerne auch mehr "Psychologisches";)

 

Hallo TeddyMaria,

ich habe deine Geschichte in einem Rutsch gelesen, du erzeugst eine feine Unruhe - man merkt ja schnell, dass etwas Schlimmes geschehen ist, woran Sepp wohl seinen Anteil hatte, aber es bleibt bis zum Schluss trotzdem spannend.
Was das Ende angeht, empfinde ich es so wie einige der anderen Kommentatoren: das Knistern zwischen deinen beiden Protas würde noch viel mehr hergeben, das könnte in verschiedene Richtungen gehen, aber so ist es irgendwie verpufft. Sebastian könnte es zum Beispiel trotz seiner Erleichterung bedauern, nachdem Nina gegangen ist, dass die Chance verstrichen ist, mit ihr vielleicht (wieder) etwas anzufangen.

Textkram:

Früher waren Ninas Haare immer kurz. Ich weiß noch, dass ihre Mutter zu meiner Tante sagte, es sei praktischer so.
Ist es nötig, dass die Mutter das zur Tante gesagt hat? Ich stelle mir Sebastian als Jungen vor, wie er zwei Frauen zuhört, die sich über die Frisur eines Mädchens unterhalten … Weiss nicht ... :Pfeif:
Sie (Nina) könnte das doch einfach früher selbst gesagt haben, vielleicht mit einem Augenrollen.

Heute fallen die Locken lang auf ihre Schultern. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sie sieht kräftig aus mit ihren breiten Schultern. Für eine Frau ist sie sehr groß.
»Hi, Sepp«, sagt sie. Im gleichen Augenblick weicht das Lächeln von ihrem Gesicht.
Du benutzt extrem viele Possesivpronomen, auch an anderen Stellen, einige kannst du bestimmt ersetzen, wenn du möchtest.

Sie trägt ein Piercing in der Unterlippe – ihre Lippen sind voll. »Komm rein.«
Nach „Komm rein“ vllt. noch „sagte ich“ - an dieser Stelle ist noch nicht klar, wer wen besucht, und dann muss man sich darüber auch gar nicht erst den Kopf zerbrechen. Den Satz davor finde ich etwas ungeschickt: Die Lippen sind voll – voll was? Silikon? Vllt. sowas: Sie hat volle Lippen – an der unteren trägt sie ein Piercing.

Ihre Sneakers streift sie ab, ohne die Schnürsenkel zu öffnen. Um das linke Fußgelenk baumeln einige Fußkettchen. Mein Blick wandert über ihre Knöchel, ihre langen Beine hinauf.
»Ich bin ein bisschen aufgeregt«, sagt sie.
»Ach.« Ich blicke auf ihren lächelnden Mund, schaue in ihre grünen Augen.
Sooooo viel ….

Ich lebe aus Kartons, finde sie praktischer als Regale. Ich nehme die Kanne aus der Kaffeemaschine und wünsche mir, ich hätte den Abwasch gemacht.
»Kaffee?«, frage ich.
»Gerne.« Sie betrachtet die Postkarten, die am Küchenschrank hängen
Hier irritiert mich, dass er darauf hinweist, aus Kartons zu leben und keine Regale zu haben, dann hat er aber ganz ordentlich einen Küchenschrank.

in meinem Schrank nach zusammenpassendem Geschirr zu suchen. Trotzdem stelle ich mich kurz auf die Zehenspitzen, spähe ganz hinten in den Schrank

Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch als sie sich das Haar aus der Stirn streicht, sind ihre Hände ruhig.
Macht so irgendwie keinen Sinn, vllt: Ich schwitze, meine Hände zittern, doch ihre sind ganz ruhig, als sie sich ….

Ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee und verbrenne mir die Zunge. Meine Hände zittern
1 x meine weg?

linst mir unter ihren dichten Wimpern zu
Gibt es das: jemandem zulinsen? :susp:

Und wenn ich krank war, war er immer zu Hause
Ich denke, der Onkel war sowieso immer zu Hause?

Genauso gut hätte ich versuchen können, mit den Ohren zu wackeln – ich kann die richtigen Muskeln nicht finden.
:thumbsup:

Anders als sie. Zuletzt habe ich mich so anders gefühlt

Das war‘s auch schon, du kannst ja nochmal die Häufung der Posessivpronomen durchchecken, habe ich jetzt sicher nicht alle markiert - ansonsten kann ich nur sagen, deine Geschichte gefällt mir schon sehr gut, und sicher bastelst du da ja auch noch weiter dran rum (make it work!), dann wird eventuell auch das Ende noch runder. :)

Viele Grüße von Raindog

 

Ich kann da eigentlich nicht allzuviel zu sagen,

liebe Maria,

alles schon gesagt (incl., dass es Dein bestes Werk hierorts ist - isset ja auch!) und repariert bis auf eine unbedeutende Szene

Während zwei Zigaretten ...
"Während" ruft eigentlich nach dem Genitiv, also "während zweier Zigaretten",

dass ich nur mit dem "Lächeln" und dem/den Namen mal spiel (und womöglich selbst zum Fall für den Seelenklempner werd')

Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Wie ein Fremder, unsicher, ob er erwünscht ist.

Interessante Konstruktion zum Verlegenheitslächeln durch die Wahl des eher gleichmachenden "wie" (da könnt ich nun den Rimbaud geben "je est un autre", statt des grammatisch korrekten "je suis ..."), aber der Satz zeigt das Dilemma Sebastians, genannt "Sepp" (eigentlich identisch mit dem rheinischen "Jupp" = Joseph), Sebastian (= der Erhabene, wie der "Augustus"), Joseph (= Gott möge noch einen SOHN hinzufügen) ..., der weiche Basti wird zum harten Jupp, der schon vor Ägypten Probleme mit Frauen hat (oder wüsste jemand unter den zwölf Geschwistern einen Mädchennamen zu nennen?) und bei seinem Eigentümer - Potifar - in Ungnade fällt - durch dessen Frau.

Und dann muss auch noch ein gleichnamiger Ziehvater der Legende nach nach Ägypten ... Hatte der Nazarener überhaupt eine Schwester?

Das Lächeln, dass sich "als" ein Fremder (oder auch als ein Fremdes) aufs Gesicht stiehlt, katapultierte den Satz vom Indikativ in den Konjunktiv, das "wie" muss das Fremde als ein sich selbst fremd Vorkommendes erläutern, weil es sich hinter der Person/Maske verbirgt. Der Konjunktiv läge zwischen Fährnis, Hemmung, Scheu (kurz: Unsicherheit) und Selbstsicherheit und spielt mit Gefährdung der Selbstbeherrschung.

So viel oder doch - egenüber den Vorrednern - wenig für heute vom

Friedel,
der wahrscheinlich noch mal vorbeikommt ...

 

Heyho Maria,

mensch, da habe ich schon wieder zu spät einen deiner Texte bemerkt und muss mich wieder hinten an die endlose Schlange von beneidenswerten Vorkommentatoren stellen, die nicht ständig das Gefühl haben müssen, dir etwas zum wiederholten Male zu nennen. Aber gut, mit diesem Luxusproblem wirst du wohl leben müssen, denn ich fang jetzt einfach an:

»Direkt?« Sie lacht auf, wieder. Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen.

Würdest du das erste "Sie" durch Nina ersetzen, bin ich glücklich und stolperfrei :)

Soweit ich das jetzt noch in Erinnerung habe, hat Ronja sich über eine Stelle beschwert, in der du zu oft "Nina" aneinander gekettet hast. Nun ist es halt das "Sie", mein Gott - passiert!

Apropos stolperfrei - ich finde es schön, wie flüssig du schreibst. Hier und da (besonders am Anfang) sind mir deine Sätze in schneller Abfolge zwar etwas zu kurz, aber das ist erstens Geschmackssache und zweitens Meckern auf hohem Niveau. Da ich ein großer Fan von Dialogen bin, bin ich ebenfalls völlig zufrieden, denn deine Protagonisten unterhalten sich ungezwungen und realistisch.

»Stimmt.« Diesmal macht Nina keine Notiz. In ihren grünen Augen schimmert etwas.

Was schimmert da? Für mich sind schimmernde Augen entweder ein Zeichen für besondere Schönheit oder für eine besondere Emotion, die in deinem Protagonisten vielleicht irgendetwas auslösen.
Was sind seine Gedanken, als er das "Schimmern" wahrnimmt?

»Hm«, mache ich

"mache"...hmm, das klingt so platt. Vielleicht fällt dir ja noch ein anderes Verb ein.

Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht. Wie ein Fremder, unsicher, ob er erwünscht ist.
Ein schöner Vergleich!

Während zwei Zigaretten finde ich fünf Wörter für die Beziehung zu Tante Friederike.

Währen zwei Zigaretten hört sich irgendwie seltsam an. "Nach" zwei Zigaretten gefiele mir besser, nur ein Vorschlag.

Nina fragt mich fragt, ob

Oops :D

Dabei dreht sie ihr Lippenpiercing mit der Zunge herum.

Ich würde den vorhergehenden Satz mit diesem verbinden und etwas abändern, dass es sich etwas flüssiger liest: "Sie sitzt mit einem angewinkelten Bein an die Wand gelehnt auf ihrem Stuhl und schaut auf ihre Unterlagen, während sie mit ihrer Zunge am Lippenpiercing spielt..

Ist aber wieder nur ein Vorschlag :)

Ich starre sie an, sie liegt in meiner Hand, als hätte sie sich dorthin gezaubert.

Auch hier würde ich das erste "sie" durch "Nina" ersetzen.

Sie schweigt. Sieht mich an und schweigt.

Ist das stilistische Absicht oder ein versehen? Wenn Absicht, würde ein Komma, anstatt ein Punkt vielleicht den Lesefluss verbessern.

niemandem was sagen«, sage ich.

Kleinigkeit

-----------------

Also, liebe Maria,

eins kann ich sagen. Dieses Stück gefällt mir besser als dein Märchen :silly: sogar viel besser. Weil du dich hier nicht in einem Genre "verrennst", in dem du noch keine Erfahrung im Schreiben hast, machen sich deine Fähigkeiten im Konstruieren von Dialogen und Spannungsaufbau bemerkbar. Du schaffst es, zwischen Dialog und Ich-Erzähler ein ausgewogenes Maß an Informationsvermittlung zu finden. Und dieses Gleichgewicht ist wichtig. Denn ein Text, in dem der Dialog die Handlung ebenso tragen kann wie der Erzähler selbst, liest sich - wenn er denn gut geschrieben ist - unglaublich angenehm und flüssig.

Wenn es etwas gibt, mit dem ich nicht zufrieden bin, dann ist es das Ende. Ich war ehrlich gesagt etwas von Ninas Reaktion enttäuscht. Hatte da mehr erwartet, als eine panische Flucht. Natürlich ist sie noch eine Studentin, aber als angehende Psychiaterin sollte sie wohl mit einer solchen Situation umgehen können. Für mich hast du deine Geschichte eben genau da abgewürgt, wo es richtig interessant wurde. Schade, denn alles davor gefällt mir richtig gut. Und das möchte ich auch würdigen!

Gefällt mir!

Gruß

Dave

 

Meine Güte, Mädels, ihr erschlagt mich ja mit Kommentaren. Und so viel Nettes dabei. Und so viel Nützliches. Ich sende mal so allgemeine Liebe ins Forum: :herz: Fühlt euch geknuddelt. Und habt einen schönen Abend!

Heyho, GoMusic

schön, was Neues von dir zu lesen.

Schön, Dich wieder hier zu haben.


Schon ausradiert. Lustiger Tippfehler. Ich bin ja selbst Teetrinkerin. Wobei, seit ich Heuschnupfen habe und auf Cetirizin bin, mutiere ich doch zur Kaffeetrinkerin. :cry:

Okay, die erste Frage dient wohl dazu, um warm zu werden, wenn ich mir vorstelle, wie die übersetzte Antwort später aussieht:
"Ich, XXXX, habe als Kind in NNNN mit XXXX und XXXX gelebt und wurde von XXXX aufgezogen."

Für die Auswertung wäre das sicher die perfekte Antwort. Traum einer jeden Psychologin. Aber ich werde das Interview nochmal überarbeiten, weiter anpassen. Nina, die Anfängerin, hat halt doch keine Ahnung, wozu man Standardisierung braucht. Tss.

Aber wenn er doch so sehr darunter gelitten hat, hätte er es ja auch schon vorher einem Geistlchen erzählen/beichten können.

Echt? Würdest Du daran denken? Ich nie. Und ich glaube auch nicht, dass Sepp religiös erzogen wurde. Wenn ich als Teenager Kummer hatte, dachte ich an Eltern, Freunde und Freundinnen oder die Nummer gegen Kummer. Nie an die Kirche. Nun ist Sepp jetzt ja schon älter, und er denkt an Nina. Deswegen:

Muss er es unbedingt bei einer alten Freundin tun und die er wahrscheinlich sogar anziehend findet? Finde ich gemein.
Apropos "anziehend": Da wäre noch Potential.

Und deswegen werde ich an der Beziehung zwischen den beiden weiter arbeiten.

Für mich ist alles rund. Hat mir gefallen.

So lieb von Dir! Ich hoffe, ich verliere das nicht in der Überarbeitung. #immernochtraumatisiert Danke, dass Du vorbeigeschaut hast und dass Du so viele positive Worte gefunden hast. Die Kleinigkeiten werde ich ohne großes Tamtam einarbeiten.

Hab noch einen schönen Abend!

Hallo, Lotterlieschen

Wie schön, dass Du hier bist.

Zuerst einmal: ich hab deine Geschichte gerne gelesen. Es ist dir (nach der Überarbeitung noch besser) gelungen, die beiden Protagonisten und das Setting sehr greifbar zu beschreiben. Auch deine Dialoge finde ich glaubwürdig.

Und wie schön, dass Du so nett zu mir bist. Auch nach so wenig Überarbeitung. Da kommt definitiv noch Großes auf mich zu.

Zumindest bis zum Schluss. Da wird es mir dann zu schnell "irgendwie aufgelöst". Und das find ich schade. Da steckt soviel Potenzial in deiner Idee ...

Den Schluss werde ich in diesem Zuge auf jeden Fall aufarbeiten. Also: Stay tuned!

Das Bild mit dem Krebs, finde ich auch nicht so gelungen. Kann ich nichts mit anfangen und wirkt für mich in dieser Geschichte irgendwie unpassend.

Das Bild habe ich im Kopf, seit ich als kleines Kind mal meiner Mutter von dem Gefühl erzählt habe, und sie meinte: „So fühlt sich das an, wenn man rot wird.“ Nun bin ich erwachsen, und wenn mich jemand bitten würde, das Gefühl, wenn ich rot würde, zu beschreiben, würde ich genau dieses wählen. Aber natürlich habt ihr recht, und das ist einfach lächerlich.

Ein Gefühl hat sich bei mir allerdings durch den kompletten Text begleitet: Warum schreibt sie aus der Perspektive von Sepp. Es ist doch offensichtlich, dass "sie Nina ist".

Puh. Da bist Du nicht die Erste. Ich nehme wirklich an, dass nicht so viele Leute das Gefühl hätten, wenn sie nicht wüssten, wer ich bin. Tatsächlich habe ich dieses Interview nie durchgeführt. Ein paar Freundinnen von mir haben das im zweiten Semester gemacht. Und ich finde es besser, aus Sepps Perspektive zu erzählen, weil ich dann Nina erfahrener hinstellen kann, als sie wirklich ist, falsche Erwartungen wecken und so weiter. Aber es frustriert mich schon, dass das so viele Leute fragen. Für mich stand das völlig außer Frage.

Ich freue mich über Deinen Besuch.

Bis bald!

Hola, Raindog

Habe ein paar von Deinen Geschichten gelesen und fühle mich so geehrt, dass Du da bist. Wundervolle Stücke, Kompliment an dieser Stelle (sorry, dass es nicht an anderer war, aber es wurde immer so schnell so viel gesagt, da kam ich mir überflüssig vor).

ich habe deine Geschichte in einem Rutsch gelesen, du erzeugst eine feine Unruhe - man merkt ja schnell, dass etwas Schlimmes geschehen ist, woran Sepp wohl seinen Anteil hatte, aber es bleibt bis zum Schluss trotzdem spannend.

Dankeschön! Dass hier so viele Leute mit Lob nicht sparen, überrascht und freut mich zugleich. Deshalb auch ein fettes Dankeschön an Dich. Es freut mich v.a., dass Du es als spannend empfindest. Das war eine der Sachen, die ich hier üben wollte.

Was das Ende angeht, empfinde ich es so wie einige der anderen Kommentatoren: das Knistern zwischen deinen beiden Protas würde noch viel mehr hergeben, das könnte in verschiedene Richtungen gehen, aber so ist es irgendwie verpufft. Sebastian könnte es zum Beispiel trotz seiner Erleichterung bedauern, nachdem Nina gegangen ist, dass die Chance verstrichen ist, mit ihr vielleicht (wieder) etwas anzufangen.

Ja, ich werde hier auf jeden Fall ein totales Make-over machen. Danke auch für die konkrete Idee. An der mangelte es mir momentan noch. Ich werde sehen, was ich daraus machen kann. Den Rest überarbeite ich ohne großen Firlefanz.

make it work!

Irgendeiner musste das raushauen. Gurl, I will!

Danke für Deinen Besuch und bis bald!

Hello, Friedrichard

"Sepp" (eigentlich identisch mit dem rheinischen "Jupp" = Joseph), Sebastian (= der Erhabene, wie der "Augustus"), Joseph (= Gott möge noch einen SOHN hinzufügen) ..., der weiche Basti wird zum harten Jupp, der schon vor Ägypten Probleme mit Frauen hat (oder wüsste jemand unter den zwölf Geschwistern einen Mädchennamen zu nennen?) und bei seinem Eigentümer - Potifar - in Ungnade fällt - durch dessen Frau.

Und wie viele Gedanken Du Dir über den Namen machst. Da muss ich mir selbst auf die Schulter klopfen, trägt dies den Text doch weiter, als ich ihn gedacht habe. Tatsächlich kenne ich einen „Sepp-Sebastian“, und dieser Spitzname macht aus dem schnöden „Basti“ doch rasch einen coolen „Zapp!“ If you know what. Umso ungewöhnlicher, dass dieser Name im Laufe des Teenagerdaseins abgelegt wurde.

Lächeln und Zigaretten bearbeite ich ohne großes Tamtam. Sobald ich Deinen Kommentar noch tausendmal gelesen habe. Wie immer sehr erfreut, dass Du mir einen Besuch abstattest. Auch von Dir als Kommentator versuche ich, mir Scheibchen abzuschneiden – aber dafür ist das Messer meines Verstandes wohl zu stumpf.

Hab noch einen schönen Abend!

Hallo, Ronja

Da bist Du ja wieder. Wie schön!

Ich finde, dass Geschichten/Titel ohne besonderes Fachwissen verstanden werden sollten. Man kann ja nicht voraussetzen, dass die Leute sich in psychologischen Fragen auskennen bzw. wissen, was ein Bindungsinterview ist.

Du hast natürlich recht, und das weiß ich auch. Allerdings dachte ich, dass man das auf vielen Ebenen verstehen kann. Es geht um Familienbande, um Sandkastenfreundschaftenbande (beides werde ich besser ausarbeiten). Ist der Titel wirklich so schrecklich und funktioniert gar nicht? Das frage ich mich gerade. Hau es mir einfach um die Ohren. Das halte ich aus.

Es wurde die Kritik geäußert, dass du häufig einfache Satzkonstruktionen benutzt und dich über Ratschläge freuen würdest. Leider kann ich dir keine Regel nennen

Ich freue mich, dass Du es trotzdem versuchst. Tatsächlich bin ich bei meiner aktuellen Geschichte zu diesen SPPPPPPO-Sätzen übergegangen, weiß aber nicht, ob es das besser macht (wahrscheinlich eher nicht).

Ich freue mich für dich, dass du so viel positives Feedback bekommst, denn du arbeitest hart an dir und an anderen Geschichten mindestens genauso.

:herz: Danke, Ronja. Und danke auch für Dein positives Feedback.

Hab noch einen schönen Abend!

Hallo, Dave A

Oooh, ich freue mich wie ein kleines Kind (wie Sunja), Dich hier zu sehen. Da geht mir doch der Kerzenschein im Herzen auf, hast Du doch schon so hart mit mir gearbeitet.

Da ich ein großer Fan von Dialogen bin, bin ich ebenfalls völlig zufrieden, denn deine Protagonisten unterhalten sich ungezwungen und realistisch.

Auch ich liebe einen guten Dialog, und ich habe Dialoge auch immer als meine Stärke empfunden. Umso mehr freue ich mich, dass ich mich damit offenbar nicht irre. Habe versucht, diese Stärke gezielt auszuspielen. Freut mich, dass Liebhaber von Dialogen (wie Du und ich) hier auf ihre Kosten kommen.

Für mich sind schimmernde Augen entweder ein Zeichen für besondere Schönheit oder für eine besondere Emotion, die in deinem Protagonisten vielleicht irgendetwas auslösen.

An der Beziehung zwischen Nina und Sepp muss und werde ich arbeiten. Dazu gehört auch dieses Schimmern.

Dieses Stück gefällt mir besser als dein Märchen sogar viel besser. Weil du dich hier nicht in einem Genre "verrennst", in dem du noch keine Erfahrung im Schreiben hast, machen sich deine Fähigkeiten im Konstruieren von Dialogen und Spannungsaufbau bemerkbar.

Danke, danke, danke. Denn wenn es eins gibt, wo ich dachte, ich kann das gar nicht, dann ist es Spannung. Aber offenbar bin ich dabei, es worken zu maken! Yes! Das bedeutet mir wirklich viel.

Für mich hast du deine Geschichte eben genau da abgewürgt, wo es richtig interessant wurde.

Worin ich auch gut bin, sind Holterdipolter-Enden. Ich werde alles geben, um hier mehr Feuer zu geben. Also: Stay tuned.

Kleiner Fun-Fact am Schluss:

Natürlich ist sie noch eine Studentin, aber als angehende Psychiaterin sollte sie wohl mit einer solchen Situation umgehen können.

Psychiaterinnen sind Medizinerinnen. Psychotherapeutinnen sind Psychologinnen. Und das Coole ist ja tatsächlich, wie heftig man bei uns in Braunschweig zumindest die Studierenden ins kalte Wasser schmeißt. Aber auch das Amateurhafte an Nina werde ich stärker ausarbeiten.

Die restlichen Details werde ich ohne weitere Diskussion einarbeiten, denn die Hinweise sind richtig und wichtig.

Man darf gespannt sein.

Hab noch einen wunderschönen, kerzenflammenwarmen Abend!

Holterdipolter,
Eure Maria

 

Huhu TeddyMaria,

nur ganz kurz - weils in deinem Thread ja ziemlich ‚püschologisch‘ zugeht:

Psychiaterinnen sind Medizinerinnen.

Richtig.

Psychotherapeutinnen sind Psychologinnen.

Die Gleichung stimmt weder in die eine noch in die andere Richtung. Außer Psychologen können auch Absolventen anderer Fächer Psychotherapeut werden: Mediziner, Pädagogen, Sozialpädagogen.

Liebe Grüße!
Anne

 

Hey, Anne49

Außer Psychologen können auch Absolventen anderer Fächer Psychotherapeut werden: Mediziner, Pädagogen, Sozialpädagogen.

Oh, wow, ja, das habe ich stark vereinfacht. Shame on me. Was ich lediglich ausdrücken wollte, war, dass aus Psychologinnen keine Psychiaterinnen werden. Sondern, wenn sie sich für einen Heilberuf entscheiden, Psychotherapeutinnen. Und ich wollte nicht so extrem weit ausholen. Aber ja, das war zu kurz gefasst.

Übrigens, was Ninas Amateurdasein angeht: Laut *hust* Wikipedia dauert die Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten durchschnittlich zwölf Jahre. Bachelorstudium, Masterstudium, Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten. Ich habe eine Dozentin, die sich tierisch darüber aufregt, dass für Pädagogen ein Bachelorstudium reicht, um die Ausbildung zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zu beginnen. Also das ist ein Dschungel, in den wir uns hier begeben, Anne. Momentan hypen aber alle, dass die Ausbildung verkürzt werden soll und psychologische Psychotherapeuten deutlich cooler werden sollen. Irgendwann mit irgendwelchen neuen Gesetzen. So, ich habe das jetzt sicher nicht vollständig abgerissen, aber das wollte ich auch gar nicht. Wenn es jemanden interessiert: :google: Oder nochmal nachfragen. Bin aber auch keine Expertin. Die endlose Ausbildung hat mich erfolgreich abgeschreckt. Nach meinem Masterabschluss werde ich mich auf jeden Fall nicht in diese Tretmühle begeben.

Ich stelle mir Nina als Zweitsemester vor, und deshalb muss sie auch nicht wissen, wie man mit solchen Situationen klarkommt. Ich, fast vier Jahre später, würde das nicht wissen. Ich würde wahrscheinlich nicht einfach weglaufen, habe ja in der Zwischenzeit schon viele Geschichten gehört, aber damit cool umgehen? Und dann an Ninas Stelle auch noch als Zweiti? No way.

Aber was Ninas Zweitsemesterdasein angeht, das werde ich detaillierter einbringen. Momentan findet man dazu im Text lediglich supersubtile Hinweise.

weils in deinem Thread ja ziemlich ‚püschologisch‘ zugeht:

Anne, ich wünschte übrigens, es wäre nicht so. Klar finde ich es cool, über etwas zu schreiben, was ich kenne. Interviews und all ihre blöden, verschwurbelten Ausdrucksweisen und ihre standardisierten Abläufe. Aber dass dann jeder seine püschologische Interpretation anschleppt, macht mich echt fertig. Bei meiner vorherigen Geschichte war das aber extremer – hier ist es ja völlig gerechtfertigt, und das habe ich mir selbst eingebrockt. Da meinte ich viele Dinge nicht-klinisch, die sofort klinisch interpretiert wurden. Deshalb nehme ich an, das wird in diesem Forum automatisch passieren, sobald "Teddy" auf einer Verpackung draufsteht. Dazu passt ja dann auch das Label "Plüschologisch", ne?

Und plüschologisch, das ist schön flauschig. Und wahrscheinlich rosa. Übrigens, Du hattest mal gefragt, warum der Teddy: Nicht, weil ich Kuscheltiere liebe (obwohl ich das tue). Sondern weil ich Dwayne Johnson liebe. Und diese Liebe begann mit "Pain and Gain", wo er Teddy spielt. Mein Gott, hast Du gesehen, wie sich sein ganzer Kopf bewegt, wenn er lächelt? Also, das ist die Verbindung aus meiner Liebe zu Actionfilmen und Plüschtieren. Was der gute Freud wohl dazu sagen würde?

Plüschologische Grüße,
Maria

 

Hej TeddyMaria,

das ist ja ein run auf deine neue Geschichte hier. Dann hetz ich mal hinterher.

Früher waren Ninas Haare immer kurz. Einmal im Monat legte ihre Mutter ihr ein buntes Tuch um die Schultern und schnippelte drauflos. Ich war manchmal dabei, saß auf der Treppe, während Nina jammerte, dass sie wieder rauswollte, dass wir gerade einen Baum entdeckt hatten, auf dem man ganz nach oben klettern konnte. Heute fallen die Locken lang auf die Schultern.

Hoppla, ein neuer Anfang.

Ich weiß nicht genau, wo ich hinsehen soll. Ihr Gesicht ist von Sommersprossen gesprenkelt. Sogar auf den Ohrläppchen sind Sommersprossen. Sie hat volle Lippen, trägt einen Ring an der Unterlippe. »Komm rein«, sage ich.
»Danke.« Sie tritt über die Schwelle, streift die Sneakers ab. Um das linke Fußgelenk baumeln einige Fußkettchen. Mein Blick wandert über ihre Knöchel, die langen Beine hinauf.

»Ach.« Ich blicke auf ihren lächelnden Mund, schaue in die grünen Augen. Meine Hände zittern, und ich schwitze, doch ihre Hände sind ruhig, als sie sich das Haar aus der Stirn streicht.

Du zeigst mir einen verliebten Sepp, der außerordentlich aufmerksam betrachtet, schweigsam ist, der schon seit ewigen Zeiten aufmerksam mit Nina ist. Mir persönlich gefallen diese Aufzählungen von Charakterisierungen einer Figur nicht gut. Ich habe es lieber nach und nach innerhalb - quasi beiläufig. Aber nach mir gehts ja nie.

»Gerne.« Sie betrachtet die Postkarten, die am Küchenschrank hängen. »Schöne Küche«, sagt sie. »Gemütlich.«

Gemütliche Kartons :confused:

»Also, ich mache dieses Interview für eine Seminararbeit. Keine Sorge, deine Daten werden vertraulich behandelt. Ich werde das alles anonymisieren. Wann immer du Namen nennst, im Transkript steht dann nur viermal X. Und dein Name wird natürlich auch nicht genannt.«

Weißt du Maria, an dieser Stelle habe ich nicht zum ersten Mal das Gefühl, dass die beiden ziemlich „erwachsen" und aufgesetzt miteinander reden, und ich verstehe in diesem Zusammenhang die äußerst persönliche Anmerkung zu Beginn nicht, ihre Vertrautheit. Sie stehen ja offenbar seit dieser Zeit in Kontakt, wenn Nina auf ihn zurückgreift, um eine Seminararbeit zu schreiben.
Welche alte Freundin würde so mit einem alten Freund reden. Das hört sich befremdlich und sehr distanziert an, beinahe juristisch korrekt. Nicht einmal erahne ich, dass Nina über seine Art sie zu sehen, weiß. Das wundert mich schon.

Sie lacht viel, ich wünschte, sie würde noch mehr lachen. Ein Grübchen gräbt sich in ihre linke Wange, nur die linke.

Er ist empfindsam und schweigsam. Ich sammle meine Eindrücke, wie du merkst, weil ich das Ende schon kenne und seine Reaktion, und ich möchte den Verlauf bis dahin nachvollziehen können. Und du bist live dabei.

»Gut, dann legen wir mal los«, sagt Nina und startet die Audioaufzeichnung. »Also, ich stelle dir jetzt ein paar Fragen über deine Kindheitserfahrungen und wie diese Erfahrungen sich auf deine Persönlichkeit ausgewirkt haben.« Sie liest von einem Zettel ab. »Dieses Interview dauert meistens eine Stunde, aber es könnte auch zwischen fünfundvierzig Minuten und anderthalb Stunden dauern.« Sie holt tief Luft. »Alles klar?«

Kleiner Zwischenstand: Ich kann Nina nicht leiden. Sie ist null empathisch, sieht nur sich und ihre Arbeit, macht auch noch abschätzende Bemerkungen und ihre Freundlichkeit erscheint mir aufgesetzt, s. Lob zur Gemütlichkeit. Er dagegen ist introvertiert und scheint bloß eingewilligt zu haben, um ihr nahe zu sein, alles an ihr studieren zu können, ihren Landschaftsbau, ich warte noch auf ein plausibleres Bild für die Notwendigkeit zu wissen, was er studiert. Du wirst ein nicht grundlos bemerkt haben.

Ihre Stimme ist gelassen, tief für eine Frau.

Du kannst es nicht lassen. :lol: In der ersten Version hast du geschrieben, sie wäre groß für eine Frau. Da dachte ich noch, naja, in Guatemala heißt das schon 1,70 in Lettland wäre sie mit 1,80 noch normal groß „für eine Frau“. Hier denke ich, naja, sie wird nicht wie ein Mann reden und Frauen haben ja generell keine hohe Singstimme. Ich kriege jedenfalls kein Bild von ihrer Stimme. Übrigens heißt lange Beine haben, nicht unbedingt groß zu sein, nicht wahr. So sehe ich also eine Frau mit langen Beinen bei normaler Größe und einer ... Stimme. ;)

»Klar. Also, ich habe bei meinem Onkel und meiner Tante gelebt. Wie … Spiderman.«

Das wird er anscheinend immer an dieser Stelle sagen, der Fuchs. Mir würde es als Beginn einer Bekanntschaft gefallen. Das ist lustig.

Wieder zwickt mich der Krebs in den Kopf, doch Nina lächelt, also spreche ich weiter, stolpere über meine Worte.

Da habe ich den ersten Krebs glatt überlesen und zum anderen finde ich dieses Bild recht schräg: Er mim Krebs aufm Kopp. Zum anderen ist Krebs so aus dem Zusammenhang immer eine Krankheit, nichts, was zwickt. Nur mal so als Eindruck eine Leserin.

»Stimmt.« Diesmal macht Nina keine Notiz.

Das ist seltsam. Alles stimmt, was er sagt, Nina weiß eh alles, ich erfahre es ja bloß auf diesem Frage-Antwort-Weg, weil eben ein Interview simuliert wird. Schon weird genug.

»Okay.« Sie schiebt sich eine Haarsträhne hinters Ohr, linst mir unter ihren dichten Wimpern zu. »Haben in eurem Haushalt noch andere Personen gewohnt? Kinder von deinem Onkel und deiner Tante oder andere Leute?«
»Ja, mein Onkel und meine Tante hatten ein Kind, Toni. Sie war … sechs Jahre jünger.«
»Stimmt.« Diesmal macht Nina keine Notiz. In ihren grünen Augen schimmert etwas.

Er ist schon recht fixiert auf sie. Was ich damit sagen will, nichts deutet bisher darauf hin, dass er sich befreien möchte. Du verwendest vielmehr sehr viel Zeit und Bilder damit, mir eine toughe Nina zu präsentieren, oder/und einen sensiblen, verliebten Protagonisten. Weil ich aber weiß, worauf es hinausläuft, wäre es, auch psychologisch betrachtet für mich interessanter, nach und nach zu erfahren, wie er denkt und agiert, damit es zu diesem bemerkenswerten Geständnis kommen kann. Nina ist mir schnurzpiepegal.

Wir haben immer Eisenbahn gespielt. Als ich ganz klein war, so Holzeisenbahn, und später haben wir eine richtige Modelleisenbahn gebaut. Ich glaube, diese Holzeisenbahn und mein Onkel, das ist auch die frühste Erinnerung.

Ich komme leider nicht darauf, was diese Holzeisenbahn, oder Modelleisenbahn aussagen soll. Sie könnte auch ebensogut für Fußball oder handwerkliche Gemeinsamkeiten stehen, nicht wahr? Ich wünschte mir etwas Konkretes, was mir den Protagonisten näher bringt.

»Wie schön«, sagt sie und lächelt ebenfalls.

Sie ist so distanziert, ich höre ein emotionsloses, entferntes wie schön.

Ich starre sie an, sie starrt zurück.

Das ist seltsam. War doch klar, dass danach gefragt werden würde. Dieses starren suggeriert mir ein Erstaunen, das ich nicht nachempfinden kann. Ein mitfühlendes Schauen, eine nette, ermunternde Geste bestenfalls, aber starren? Nina weiß doch um das Drama. Ich mag sie einfach nicht.

»Sepp«, sagt sie. »Entschuldigung. Sebastian. Geh einfach davon aus, wir würden uns nicht kennen, okay?«

Ja, is klar, Nina. Ist ja schnell gemacht und eine Kleinigkeit.

»Das mit Toni«, sage ich. Mein Atem klingt wie das Schnaufen eines Nilpferds.

Ich nehme ihm diesen Vergleich nicht ab. Er ist angespannt, er ist fokussiert, er will Nina, wollte sie immer, er trägt eine schwere Last, die gerade in diesem Moment wieder (einmal?) hochkommt und er denkt an Nilpferde? Nö, du. Das nehme ich ihm nicht ab. Das ist ein origineller Vergleich für mich als Leserin, aber glaubwürdig ... ?

»Ich gehe kurz eine rauchen«, sage ich. »Ich überlege mir fünf Wörter, dann machen wir weiter. Du brauchst das für deine Seminararbeit.«
»Du musst das nicht tun, Sebastian.«
»Ich mache das gerne«, sage ich und hebe die Mundwinkel. »Du kannst Sepp sagen.«
Sie lächelt und stößt geräuschvoll Luft durch den Mund aus. »Danke.«

An dieser Stelle ist deutlich zu spüren, das Nina wenig Interesse an ihm hat. Sie ist erleichtert, dass er nicht abspringt. Ihr du musst das nicht tun ist eine Floskel. for sure.

Entfernt, tiefsinnig, offen, kompliziert, emotional. Ich finde auch fünf Wörter für die Beziehung zu Onkel Uwe – liebevoll, nah, unkompliziert, fröhlich, aktiv.

Putzig, dass er dafür so lange brauchte. Man könnte meinen, er hat noch nie zuvor darüber nachgedacht.

»Okay«, sagt sie, während ich an der Kaffeemaschine stehe. »Du sagst, du standst deinem Onkel näher … Warum war das so?«

Erklärt sich das nicht aus den 2x5 Eigenschaftsworten? Weißt du, ich habe zunehmend ein Problem damit, dass Nina auf ihren Fragenkatalog besteht. Das ist für die Geschichte ... langweilig. Wäre es nicht interessanter, wenn selbst Nina merkt, wie sie sich verändert, wie sie wirkliches Verständnis aufbringt, bemerkt, wie hohl diese Fragen sind, wenn es um einen Menschen geht, der eine Last trägt? Den sie auch noch so gut und lange kennt?

»Na ja, als ich klein war, war er immer da. Meine Tante hat ja gearbeitet. Und sie war sehr streng. Ich hatte Angst vor ihr. Ich glaube, sie wusste alles über mich.«
»Verstehe«, sagt sie.

Wie zur Hölle kommt er denn darauf? Dass sie alles wisse über ihn? Mit den Informationen, die ich über die Tante habe, würde ich niemals darauf kommen. Und bitte was daran versteht Nina? Das ist eine Floskel, wie sie in psychologischen Gesprächen hin und wieder vorkommen. Eine gute Schülerin, diese Nina.

»Wenn es mir nicht gut geht, bin ich lieber allein. Das war schon so, als ich klein war. Ich habe dann gemalt oder an meiner Eisenbahn gebaut. Oder ferngeguckt.«

Den Zusatz Das war schon so, als ich klein war. empfinde ich überflüssig. Das Präsens im ersten Satz weist gut darauf hin und lässt es offen.

Der Kaffee gluckert in die Kanne,

Gluckert der nicht in der Maschine? In der Kanne verhält er sich eher ruhig, oder?

»Doch, ganz früher, wenn ich mir wehgetan habe, dann hat mein Onkel mir ein Pflaster gegeben. Und wenn ich krank war, war er immer zu Hause.

Naja, er war ja auch zu Hause, die Tante ging arbeiten. Das ist jetzt keine besonders aussagekräftige Neuigkeit.

»Sepp?«

Er hat doch schon geantwortet und eben mal eine Zigarettenschachtel in der Hand zu halten und anzusehen, ist jetzt kein Grund zum ... Nachhaken. Oder warum sagt sie seinen Namen?

Ich hatte auch einen eigenen Fernseher im Zimmer. Habe ich zu Tonis erstem Geburtstag bekommen.

Ich verstehe diesen Zusammenhang zwischen Tonis Geburtstag und dem Geschenk für ihn nicht. Also den Zeitpunkt. Was soll mir das sagen? Hätte er ihn nicht zu seinem bekommen können? Oder kriegt er immer auch Geschenk zum Geburtstag seiner kleinen Schwester? :hmm:

»Mein Onkel hat gesagt, dass ich keins bekommen darf. Ich habe gefragt, warum nicht. Ich habe ihn am Ärmel gezupft, aber er hat mich gar nicht beachtet. Ich habe mich so mies gefühlt. Ich konnte es nicht verstehen. Jetzt weiß ich, dass er das getan hat, weil Toni ja noch nicht durfte, und er wollte nicht, dass sie sich schlecht fühlt.«

Das ist absurd. Jedes Geschwisterkind macht solche Erfahrungen. Es muss etwas geben, was den Protagonisten ausmacht, dass der so sehr darauf anspricht. Das erfahre ich nicht und ehrlich komme ich selbst aus dem Text heraus nicht drauf. :shy:

»Haben dein Onkel oder deine Tante dich irgendwann einmal bedroht? Vielleicht aus erzieherischen Gründen oder auch aus Spaß?«

Da gibt es keinen Unterschied im Nachhall, nicht wahr ?

»Es war danach-danach«, sage ich.

Warum jetzt nochmal nicht nur danach?

»Vielleicht … gehen wir besser weiter. Was würdest du sagen, wie haben deine Erfahrungen in der Kindheit dich als Erwachsenen beeinflusst?«

Heidegott, wie unsensibel diese Nina ist. Weiter im Text - marsch, marsch.

»Weißt du«, sage ich, und meine Stimme klingt fest, beherrscht, »das alles hat dazu geführt, dass ich mich beschwert fühle. Als säße etwas auf meinen Schultern, etwas wirklich Schweres.

Ein altbekanntes Bild. Last, die auf den Schultern drückt. Aber okay. Schuldgefühle wiegen wohl dort am schwersten.

»Du fühlst dich beschwert?«, sagt sie. Sie dreht die Mine aus ihrem Bleistift raus und wieder rein. Klick, klick. Über ihrer Nasenwurzel hat sich eine Falte gebildet, sie sieht streng aus damit.
»Ja.«
»Warum?«

Nina bleibt sich treu und fragt nach Liste, denn sie weiß um seine Schuldgefühle, nicht wahr? Auch ohne zu wissen, was er wirklich getan hat, stehen ihm diese Gefühle zu.

Wir waren alleine im See, mein Onkel ist zur Eisdiele gegangen.

Gibt also doch n Eis.;)

»Ich wollte es jemandem erzählen. Vielleicht fühle ich mich danach besser. Es ist so lange her, und du willst doch Psychologin werden.«

Das klingt mega naiv. Drei wichtige Informationen so lapidar artikuliert.

»Wenn Du Psychotherapeutin bist und jemand erzählt dir so was, dann darfst du niemandem was sagen«, sage ich.

Schade, dass du ihn zum Ende so berechnend zeigst. Außerdem ist das erste du großgeschrieben.

»Ich gehe besser.«

Geordnet bis zuletzt, die Nina.

Zuletzt habe ich mich so anders gefühlt, als Tante Friederike mich aufforderte, das Haus zu verlassen, mir sagte, ich hätte ihr Leben zerstört. Wie ein Fremdkörper.

Das ist mir zu dünn. anders fühlen. Das ist eine extreme Wende, dieses Zugeständnis. Es wäre interessanter zu lesen, ob er sich besser fühlt. Das sind zwei schwammige Begriffe, die mir in dieser psychologisch ausgeprägten Geschichte wirklich zu dürftig sind.

Ich trete ans Küchenfenster, asche in das Basilikum. Spüre das Lächeln auf meinen Lippen, diesmal erreicht die Wärme auch mein Herz.

Das erklärt den Zustand der Pflanze. Aber im Ernst, ich soll jetzt echt glauben, mit dieser einmaligen Aussage, spürt er lächelnd Wärme im Herzen. Never. Glaub ich nicht. So hast du ihn mir nicht präsentiert. Zum anderen könnte ich jetzt denken, ich habe es mit einem Psychopathen zu tun. Das will ich nicht. Er ist ne arme Wurst, mim schweren Start ins Leben. Wie viele.
Ich bin unzufrieden, liebe Teddy Maria. Ein unzufriedenes Leserlein.

Ich habe das Empfinden, nichts hat sich angekündigt und aufgebaut, alles war so wabernd und Nina Mittel zum Zweck. Der Protagonist hätte auch gut und gerne einen spannenderen Weg für seine Erleichterung finden können. Zum Beispiel, in dem er seine Liebe und Bewunderung für Nina zeigt, im Überschwall beichtet, nicht so derbe berechnend. Er war sieben, Toni ein Jahr. Er weiß, wie fahrlässig sein Onkel gehandelt hat. Also nee, wissense, nee. Nicht mit mir. :lol:

Ich weiß aufgrund deiner zahlreichen „gnadenlosen“ Kommentaren und explizite Sicht auf andererleuts Geschichten, dass du es gerne direkt hast: get it! ;)

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallihallo, Kanji

Ich weiß aufgrund deiner zahlreichen „gnadenlosen“ Kommentaren und explizite Sicht auf andererleuts Geschichten, dass du es gerne direkt hast: get it!

Klaromaro, das ist nur fair – und wichtig. Ich freue mich, dass Du hier bist und so ausführlich und live von Deinen Gefühlen beim Lesen berichtest. Das ist toll, so sehe ich, wie die Dinge bei einer Leserin ankommen.

Ich bin unzufrieden, liebe Teddy Maria. Ein unzufriedenes Leserlein.

Schade, dass Du am Ende wieder nicht zufrieden bist. Ich habe mir Deine Kritik zum „Gedankenleseapparat“ sehr zu Herzen genommen, versucht, nichts extrem Erwartbares zu erzählen. Du schreibst hier die ganze Zeit, dass Du ohnehin weißt, wie die Geschichte ausgeht. Ist das, weil es wieder so erwartbar ist oder weil Du die Kommentare gelesen hast? Das sagst Du leider nicht. Wäre für mich natürlich wichtig zu wissen.

Gemütliche Kartons

Dass Nina eigentlich komplett abwesend ist, sich mit ihren Zetteln beschäftigt, ihr Interview durchzieht, komme, was wolle, das war intentional. Dazu gehört auch, dass sie diese doch sehr chaotische Wohnung als gemütlich empfindet. Ob sie es überhaupt empfindet?

Sie stehen ja offenbar seit dieser Zeit in Kontakt, wenn Nina auf ihn zurückgreift, um eine Seminararbeit zu schreiben.

Tatsächlich habe ich mir eher vorgestellt, dass sie seit der Grundschule keinen Kontakt mehr hatten, dass Nina nur jetzt auf ihn zurückgreift, weil seine Geschichte so „interessant“ (sic!) ist. Deshalb nennt sie ihn ja „Sepp“, obwohl …

»Ist gut«, sage ich, obwohl ich schon ewig nicht mehr so genannt wurde. Seit der Grundschule nicht mehr.

Das werde ich aber auf jeden Fall stärker herausarbeiten müssen. Ich wollte eigentlich auch noch stärker herausarbeiten, dass Nina aus reiner Neugierde und nicht aus Nettigkeit bei ihm ist. Jetzt, wo Du sie schon so extrem unsympathisch wahrnimmst, bin ich mir nicht mehr sicher, ob das dann nicht völlig übertrieben wäre (aber viele andere haben das wohl eher nicht gespürt, zumindest bist Du die Erste, die das so zurückmeldet).

Ich finde es sehr interessant, dass Du das schon so stark wahrnimmst:

Ich kann Nina nicht leiden. Sie ist null empathisch, sieht nur sich und ihre Arbeit, macht auch noch abschätzende Bemerkungen und ihre Freundlichkeit erscheint mir aufgesetzt, s. Lob zur Gemütlichkeit.
An dieser Stelle ist deutlich zu spüren, das Nina wenig Interesse an ihm hat. Sie ist erleichtert, dass er nicht abspringt. Ihr du musst das nicht tun ist eine Floskel. for sure.

Genau das wollte ich ja. Aber tatsächlich wollte ich ja auch, dass dieses Verhältnis umkippt. Dass die Rücksichtslosigkeit praktisch von einer Person zur anderen wandert. Und da hast Du recht, da müssen Zwischenstadien eingezogen werden, mehr Ambivalenzen, kein plötzliches Umkippen, sondern ein Wandern.

Wäre es nicht interessanter, wenn selbst Nina merkt, wie sie sich verändert, wie sie wirkliches Verständnis aufbringt, bemerkt, wie hohl diese Fragen sind, wenn es um einen Menschen geht, der eine Last trägt? Den sie auch noch so gut und lange kennt?
Der Protagonist hätte auch gut und gerne einen spannenderen Weg für seine Erleichterung finden können. Zum Beispiel, in dem er seine Liebe und Bewunderung für Nina zeigt, im Überschwall beichtet, nicht so derbe berechnend.

Da hast Du für beide schon gute Hinweise erarbeitet. Ich weiß nur noch nicht genau wegen Nina. Wie sie sich verhält, ist es halt authentisch. Das hat ja auch was mit Unsicherheit zu tun. Was meinst Du, wenn ich versuche zu zeigen, dass sie sich daran mehr festklammert, um auszublenden, dass gerade was Schlimmes passiert? Hier z.B.:

Nina bleibt sich treu und fragt nach Liste, denn sie weiß um seine Schuldgefühle, nicht wahr? Auch ohne zu wissen, was er wirklich getan hat, stehen ihm diese Gefühle zu.

Dass sie also nicht auf den Punkt kommt, sondern weiter ihren Fragenkatalog abarbeitet, weil sie ahnt und fürchtet, was da vergraben liegt. Eine erfahrenere Interviewerin würde das direkt ansprechen, wenn sie die Vibes spürt. Das müsste ich nur noch rüberbringen.

Den Fragenkatalog werde ich anpassen. An der Beziehung zwischen Nina und Sepp werde ich arbeiten. Auch daran, wie Sepp ist und sich zeigt. Dass das Verhältnis zwischen den beiden nicht plötzlich umkippt, sondern sich langsam wandelt. Woah, ich dachte, ich musste nur noch feine, sehr feine (nicht aber unkomplizierte) Anpassungen vornehmen. Jetzt habe ich das Gefühl, den ganzen Text umschmeißen zu können (oder zu müssen?). Ich merke aber, dass Ninas Unachtsamkeit (im Sinne von mangelnder Empathie), die ja auch ihre Amateurhaftigkeit zeigen soll, schon ganz gut funktioniert. Da werde ich versuchen, Ambivalenz reinzubekommen, einen Twist.

Weil ich aber weiß, worauf es hinausläuft, wäre es, auch psychologisch betrachtet für mich interessanter, nach und nach zu erfahren, wie er denkt und agiert, damit es zu diesem bemerkenswerten Geständnis kommen kann.

Und ja, verflucht, ich muss mehr auf Sepp achten. Auch der braucht einen Twist und zwar keinen U-Turn, sondern eine Ambivalenz, ne? Nicht nur von Bewunderung zu Rücksichtslosigkeit, sondern ein Wunsch nach Befreiung, ein Wunsch nach Zuspruch …?

Huh, in mir rattert es, liebe Kanji. Ich brauche jetzt auf jeden Fall wirklich Zeit. Fragenkatalog anpassen, die Freundschaftsbande entwickeln. Den Kleinkram, den Du angemerkt hast, korrigiere ich ohne weiteres Pipapo.

Nur das noch, weil es an anderer Stelle gelobt wurde:

Warum jetzt nochmal nicht nur danach?

»Das mit Toni«, sage ich. Mein Atem klingt wie das Schnaufen eines Nilpferds. »Danach hat sich alles verändert. Nach ihrer Geburt. Aber auch … danach-danach.«

Es gibt zwei „Danach“s. Einmal nach Tonis Geburt. Und dann „nach Toni“, das ist „danach-danach“. Es gibt praktisch drei Stadien der Beziehung zu Sepps Bezugspersonen: Vor Tonis Geburt, während Toni und nach Toni. Aber auch darauf werde ich in Version 2 detaillierter eingehen (eigentlich wollte ich eine kurze Geschichte schreiben, aber ich weiß nicht genau, wie das alles gleichzeitig gehen soll, also wird es wohl länger).

Und das, weil hier eine weitere Krux der Geschichte ist:

Ich komme leider nicht darauf, was diese Holzeisenbahn, oder Modelleisenbahn aussagen soll. Sie könnte auch ebensogut für Fußball oder handwerkliche Gemeinsamkeiten stehen, nicht wahr? Ich wünschte mir etwas Konkretes, was mir den Protagonisten näher bringt.
Das ist absurd. Jedes Geschwisterkind macht solche Erfahrungen. Es muss etwas geben, was den Protagonisten ausmacht, dass der so sehr darauf anspricht.

Ich habe die Geschichte schnell runtergeschrieben, sie kam einfach zu mir. Das hat zur Folge, dass ich diese Stellen ziemlich 08/15 gewählt habe. Das zu kritisieren, ist vollkommen richtig. Ich werde mir andere Geschichten überlegen, Persönlicheres.

Und das, weil ich da nochmal nachhaken will:

Ich verstehe diesen Zusammenhang zwischen Tonis Geburtstag und dem Geschenk für ihn nicht.

Für mich war es wichtig zu zeigen, dass er den Fernseher wegen Toni bekommen hat. Dass also die Aufmerksamkeit seiner Bezugspersonen ihm gegenüber wegen ihr abgenommen hat. Funktioniert das wirklich überhaupt nicht? Wäre „nach Tonis Geburt“ besser? Ich meine, ich stolpere da nicht, weil meine Schwester und ich tatsächlich immer eine Kleinigkeit zum Geburtstag des Geschwisterchens bekommen haben (damit es keinen Stress gibt, oder so). Aber wenn das andere Leute so ungeheuer ins Schleudern bringt, ist dann „nach Tonis Geburt“ geeigneter, um zu zeigen, dass er den Fernseher nur wegen ihr bekommt?

Danke für Deinen Besuch, die Eindrücke und Anregungen. Hat mich unglaublich gefreut und auf jeden Fall einiges in mir bewegt.

Rücksichtslose Grüße,
Maria

 

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