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Copywrite Die Backsteinmauer

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21.12.2015
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Die Backsteinmauer

Es ist Sonntagnachmittag. Luise deckt den Tisch mit dem friesischen Teeservice. Sie sortiert sorgfältig die angeschlagenen Teile aus und stellt sie in das unterste Fach der Vitrine aus Kirschbaum, ihrem liebsten Hochzeitsgeschenk.
Ihr geht viel durch den Kopf. Zu ihrem fünfundachtzigsten Geburtstag will sie alles schön haben. Fünf Gedecke sind makellos, das reicht, auch wenn noch ein Überraschungsgast käme. Vielleicht sind sie aber auch nur zu dritt. Meryem hat sowas angedeutet. Sie ist ganz schön streng mit ihren beiden Jungen, Respekt vor den Eltern, das ist ganz wichtig in türkischen Familien. Na ja, Murat ist kein Kind mehr, sondern ein kräftiger junger Mann, der ihr den Rollator die Treppen rauf- und runterträgt, seit sie im letzten Winter auf dem Weg zum Laden schräg gegenüber gestürzt ist. Yalcin ist ein pfiffiges Kerlchen, Luise freut sich immer, wenn er die Treppe raufstürmt. Sie hat nicht oft Besuch. Ihre beiden eigenen Söhne wohnen hunderte Kilometer weit weg, der eine lebt mit seinem Freund irgendwo am Mittelmeer, hat eine Strandkneipe. Der andere ist in München verheiratet. Luise hat das Paar vor drei Jahren besucht, aus einem spontanen Entschluss heraus, über den sie sich heute noch wundert. Als sie zurückkam, wusste sie, dass sie nie und nimmer auf den Vorschlag ihres Sohnes hin in ein Heim für betreutes Wohnen einziehen wird.
Es stimmt schon, der Junge hat sich ein paar Gedanken gemacht, wie es mit seiner alten Mutter weitergehen soll. Aber die Schwiegertochter, bereits die zweite, schwieg zu allem, was ihr Mann vorbrachte, und schaute sie mit kalten Augen an. Nein danke, München ist nichts für sie. Sie will ihr Viertel in Kiel nicht verlassen, schon gar nicht ihre Wohnung, in der sie seit über sechzig Jahren zu Hause ist. Natürlich wäre eine neue Dusche schön. Aber sie will dem Sohn nicht auf der Tasche liegen. Betreutes Wohnen ist für sie selber unbezahlbar. Punkt!

Luise macht eine Pause und rückt den verschlissenen Ohrensessel ans Fenster. Wenn sie alle ihre Sofakissen draufstapelt, kann sie bequem beobachten, was sich in der Straße so tut. Im Sommer, wenn das Fenster weit geöffnet ist, legt sie zum Abstützen noch ein Kissen auf die Fensterbank. Besser als Fernsehen, findet sie, obwohl sie nicht undankbar ist für den Flachbildschirm, den ihr Sohn von München aus organisiert hat. Als er vor drei Wochen spät abends anrief, hat sie sogar durchs Telefon sein schlechtes Gewissen gespürt.
„Ich würde ja gerne kommen, aber Gertie geht es momentan gar nicht gut. Lange Autofahrten verträgt sie nicht. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.“
„Das glaub ich dir sofort, den Eindruck hatte ich vor drei Jahren schon.“
„Mama …, wie meinst du das?“
„Genau so, wie ich es gesagt habe.“
„Mama, bist du verärgert? Ich kann dir einen Handwerker besorgen, der dir den Fernseher einrichtet.“
„Nee, Junge, das brauchst du nicht. Ich finde schon jemanden, der mir hilft. Ich habe nette Nachbarn im Haus.“
Luise sagt nicht, dass es sich bei ihren netten Nachbarn um eine türkische Familie handelt. Gertie hat für Ausländer nicht viel übrig, dabei hat sie selber ungarische Wurzeln.
Murat, der hilfsbereite Türke, hat den Fernseher in Windeseile aufgebaut und angeschlossen, Satellitenschüssel und alles. Er spricht nicht viel, ist aber ausnehmend höflich. Die Sache mit der Spraydose kam nie zur Sprache zwischen ihnen. War auch gar nicht nötig.
NO FUTURE hat er auf die Backsteinmauer neben dem Lebensmittelladen gesprüht, vor drei Jahren, als er ziemlich verzweifelt nach einer Lehrstelle suchte. Inzwischen arbeitet er im Gemüseladen von Herrn Gündogan, der den Laden übernommen hat. Luise, die selbst jahrelang dort gearbeitet hat und Stammkundin ist, hat ihn dazu überredet. Von Murats Sprayaktion hat sie natürlich nichts erzählt, auch nichts von ihrer eigenen. Mit derselben Spraydose wie Murat.
Luise war damals das Tagesgespräch in der Straße. Eine alte Frau, die am helllichten Tag auf ihren Gehwagen steigt und ein Graffito unter das von Murat sprüht. YOLO – you only live once. Und dann stellt sie den Wagen in den Laden, greift nach ihrem Köfferchen und entschwindet in Richtung Bahnhof. Nicht zu fassen!
Frau Özdemir kennt die ganze Geschichte. Bei vielen Tassen Tee mit und ohne Rum haben sie Vertrauen zueinander gefasst. Frauenleben. Die Sorgen, die Freuden. Wo Heimat ist und wie es ist, wenn man sie verloren hat. Und dass man sich gegenseitig helfen muss.

Es klingelt. Frau Özdemir und Yalcin stehen vor der Tür.
„Murat kann nicht kommen, Fußball, weißt du, Murat ist so stolz, dass er bei Verein spielen darf. Viel Grüße, sagt er, und wenn du Hilfe brauchst, nur sagen.“
„Ja, Fußball ist wichtig fürs Zusammenleben.“
Seit ein paar Wochen gibt es ein neues Graffito an der Backsteinmauer: TÜRKEN RAUS!
Luise sieht Augenringe bei Frau Özdemir und findet, die Nachbarin hat stark abgenommen.
„Nur ein kleines Geschenk. Ich weiß, du willst nichts haben.“ Frau Özdemir stellt ihr unvergleichliches Baklava auf den Tisch, während Luise den Tee aufbrüht.
Yalcin studiert den neuen Fernseher.
„Cooles Teil, Omi“, sagt er, „Murat hat mir schon davon erzählt.“ Yalcin darf Omi zu Luise sagen. Sie hat ja keine eigenen Enkel.
„Du kannst gerne heraufkommen, wenn Fußball übertragen wird. Ich schau auch gern. Und dann kannst du mir erzählen, wie es im Gymnasium läuft. Magst du Eis?“
Luise weiß, dass Frau Özdemir mächtig stolz ist auf ihren Jüngsten. Er soll es weiterbringen als sein Vater. Er wird in Deutschland ein gutes Leben haben, studieren, wenn möglich. Vielleicht wird sie mit ihrem Mann in die Türkei zurückkehren.
„Wann lässt unser Nachbar endlich die Mauer reinigen? Das muss euch doch wahnsinnig nerven! Soll ich mal was zu ihm sagen, Meryem?“
„Bitte nicht, Luise, mein Mann ist zornig, hat schon gesprochen. Aber Herr Gündogan hat Angst, er verliert deutsche Kunden.“
„Verdammt, ich weiß, … wenn ich besser auf den Beinen wäre, wüsste ich schon, was ich täte ...“
Yalcin hat einen großen Becher Eis ausgelöffelt und dabei aufmerksam zugehört.
„Darf ich gehen, Omi? Ich muss noch was erledigen, hab ich leider vergessen.“ Seine Stimme kippt zuweilen nach unten. Aber er ist immer noch mehr Kind als Mann, auch wenn er jetzt einen Kopf größer ist als Luise.
„Geh nur, Junge, und lass dich wieder blicken, wir könnten dann etwas englisch miteinander reden.“ Englisch reden ist ein Codewort für die beiden. Yalcin spricht über Schulsachen lieber mit Omi. Zum Beispiel darüber, dass er freitags mit seinen Freunden zum Demonstrieren geht. Da ist so vieles, was seine Mutter nicht versteht. Er würde gern einmal ein paar Klassenkameraden mit nach Hause bringen, aber ...
Luise lächelt und zwinkert, Yalcin zwinkert zurück. Er sieht irgendwie entschlossen aus. Die beiden Frauen trinken drei Kannen Tee zusammen. Sie bleiben im Halbdunkel sitzen, das Licht von der Straßenlaterne her genügt ihnen. Themen gibt es genug. Spät am Abend gönnt sich Luise noch einen Schluck Rum.

Als Luise am nächsten Morgen den Rollladen hochzieht, reißt sie die Augen auf.
Die rot-verklinkerte Hauswand gegenüber hat eine zweite Inschrift. In englischer Sprache.
FRIDAYS FOR FUTURE.

 
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Liebe Leser,
Meine Geschichte „Die Backsteinmauer“ ist meine Copywrite -Geschichte. Sie basiert auf @Kanji Text: Zeiten sind das

 

Hallo @wieselmaus ,
Auch einer von den Schnellen. Wie schafft ihr das nur?
Ich muss aber sagen, dass mir deine Geschichte ein bisschen zu sehr wie ein Infodump vorkommt. Du erzählst viel über Luise und ihr soziales Umfeld, aber du ziehst mich nicht wirklich rein. In der Geschichte selbst passiert irgendwie nicht viel. Ich hätte es eleganter gefunden, wenn du mir die Hintergrundgeschichte bei den drei Kannen Tee erklärst. Da schaltest du jetzt ja einfach weg.
Ein paar konkretere Stolperstellen hab ich auch noch dabei.

Vielleicht sind sie aber auch nur zu dritt: Frau Özdemir mit nur einem ihrer beiden Kinder, Yalcin und Murat.
Ich war kurz verwirrt. Zuerst dachte ich du hättest Frau Özdemir als Synonym für Luise benutzt. Dass die beiden unterschiedliche Personen sind war mir nicht klar. Die beiden sind sich doch vertraut genug um sich beim Vornamen zu nennen.
Als sie zurückkam, wusste sie, dass sie nie und nimmer auf den Vorschlag ihres Sohnes in ein Heim für betreutes Wohnen einziehen würde.
Die Syntax scheint mir komisch. So klingt das, als würde sie es nur nicht machen, weil ihr Sohn das vorgeschlagen hat. Und selbst dann würde ich auch auf das "den" verzichten.
FRYDAYS FOR FUTURE.
Kunstgriff oder Fehler?

Ich mag, dass du ein aktuelles Thema aufgreifst. Der Generationenkonflikt wird über Luises Kinder schön aufgegriffen und durch Frau Özdemirs Kinder wird auch noch gezeigt, dass dieser Konflikt nicht notwendig ist. Du gehst auch auf Fremdenhass und Arbeitslosigkeit ein. An Gesellschaftskritik mangelt es hier nicht. Das gefällt mir.

Liebe Grüße,
Träumerle

PS:

würde ich ja gerne, wenn ich wüsste, wie das geht! Wer hilft mir weiter?
Danke!
Oben bei den ganzen Zeichen für Fettgedruckt, Kursiv etc. findest du auch eine kleine Kette. Da muss du drauf drücken und dann den Link sowie den Text eingeben

 

Hallo Wieselmaus,

zuerst habe ich deine Geschichte gelesen, dann das Original. Hat mir gut gefallen, wie du die Geschichte aufgenommen und weiter gesponnen hast.

Was mir aber echt gefehlt hat, waren diese ganzen liebevollen Details, die das Original so lebendig gemacht haben. Sie sind stellenweise vorhanden, teilweise hetzt du aber auch ziemlich durch die Story und man merkt ein bisschen, dass du da eben viele Infos aus dem Original unter bringen willst. Ich denke, wenn du dem ganzen mehr Raum gibst, kannst du da noch richtig viel rausholen.

Liebe Grüße
von Bella

 
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Wieder einmal machstu Deinem Decknamen als wieselige Maus alle Ehre,

liebe wieselmaus,

und ich träger Geselle hab immer noch nix zu Jürgen Habermas geschrieben, der heute 90 wird, obwohl der Tag ja schon eine kleine Ewigkeit feststeht. Und – es kann kein Zufall sein, ich könnte bis auf wenige Stellen meinen Kommentar zu Kanjis Geschichte übernehmen und werd es auch gleich tun. Aber zuvor hätt‘ ich ein, zwo Flusen.

Warum hier

Als sie zurückkam, wusste sie, dass sie nie und nimmer auf den Vorschlag ihres Sohnes hin in ein Heim für betreutes Wohnen einziehen würde.
die würde-Konstruktion, wenn ein schlichtes Futur doch Ungewissheit genug bietet, dass etwas Bestimmtes eintritt oder eben nicht oder doch ganz andes als erwartet. (Natürlich fällt in der Unbezahlbarkeit des betreuten Wohnens die Kritik an der Kommerzialisierung der sozialen Dienste auf, würde aber eine neue Baustelle eröffnen. Vielleicht rezensier ich ja doch noch ein bisschen Habermas ...)

Und hier

„Nur ein kleines Geschenk. Ich weiß, du willst nichts haben“.
solltestu den flüchtigen Punkt einfangen.

Und nun nicht erschrecken, wenn ich mich an jüngere Kollegen wende, wenn es da heißt

In der Geschichte selbst passiert irgendwie nicht viel

Liebes @Träumerle,

Du darfst nicht vergessen, welche Potentialitäten durch eine solche Inschrift gegeben sind, die mit der Geschichte verknüpft ist. Eine hat es sogar ins Wikipedia geschafft.

Ich erinnere nur an Irmela Mensa-Schramm (klingt jetzt wie eine Figur des einstigen Frauen-Kabaretts, den Missfits), die einige Berühmtheit erlangt hat, als sie wegen Sachbeschädigung zu einer ordentlichen Geldstrafe durch ein ordentlich deutsches (i. S. von "preußisch") Gericht verurteilt wurde.
Was aber war die böse Tat von Frau Mensa-Schramm?
Was wurde beschädigt?
Sie hatte mitten in Berlin die Unverschämtheit besessen, die an einer Wand aufgemalte Hassparole „Türken vergasen“ zu entfernen, dass gestandene Juristen nun darüber ernsthaft grübelten, inwieweit die gelöschte Hassparole schon Sachbeschädigung sei und ob eine beschädigte Sache überhaupt noch beschädigt werden könne.

Aber, das darfstu mir glauben - es kann, wie beschädigt als ordentliches Adjektief ja auch grammatischer Steigerungen fähig ist.

Ein Lebensmotto wie das von Mensa-Schramm, „Hass vernichtet!“, zu leben ist per se gefährlich.

Wie immer, liebe Wieselmaus,

gern gelesen vom

Friedel

Nachtrag am 20. 6.
"Motte" hingerichtet durch Korrektur zum Motto!

 
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Hallo @Träumerle,

schön von dir, so schnell zu antworten.

Ich muss aber sagen, dass mir deine Geschichte ein bisschen zu sehr wie ein Infodump vorkommt. Du erzählst viel über Luise und ihr soziales Umfeld, aber du ziehst mich nicht wirklich rein. In der Geschichte selbst passiert irgendwie nicht viel. Ich hätte es eleganter gefunden, wenn du mir die Hintergrundgeschichte bei den drei Kannen Tee erklärst.

Meine Geschichte lehnt sich sehr eng an @Kanjis Geschichte an, auch im Aufbau, wenn du mal meine erste und letzte Szene mit Kanji vergleichst. Für eine direkte Fortsetzung musste ich in gestraffter Form Luises Umfeld skizzieren. Eine Nacherzählung darf es ja nicht sein. Dein Vorschlag, die Hintergrundsgeschichte bei den drei Kannen Tee unterzubringen, würde mMn den Umbau der Reihenfolge erfordern. Der türkischen Meryem muss Luise nichts mehr erzählen, die kennt die Fakten ja schon seit drei Jahren. Hätte ich den Plot ganz neu erfunden, wäre natürlich auch eine andere Zeitstruktur denkbar.

Die Syntax scheint mir komisch. So klingt das, als würde sie es nur nicht machen, weil ihr Sohn das vorgeschlagen hat.

So ist es ja auch gemeint. Sie sperrt sich gegen die Hilfestellung durch den Sohn. Kinder und Enkel werden zur Finanzierung herangezogen, wenn das eigene Einkommen (Rente) nicht reicht. Da geht es auch um ihren Stolz, schließlich hat sie allein zwei Söhne großgezogen.

Kunstgriff oder Fehler?

Ehrlicherweise "Fehler":crying:Andererseits gar keine so schlechte Idee. Es lädt zur Spekulation ein, ob nicht doch Luise ... ;)

An Gesellschaftskritik mangelt es hier nicht. Das gefällt mir.

Jo, pure Absicht. Ist fast immer mein Thema. Luise hat durch ihren spontanen Aufbruch "YOLO" eine neue Offenheit für gesellschaftlichen Fragen gewonnen, für das Miteinander.

Danke für deine Analyse
wieselmaus

 
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Hallo flinke @wieselmaus,

mir geht es ähnlich wie @Träumerle. Der erste Absatz ist ziemlich vollgepackt mit Informationen zu Luises Lebensumständen. Ich lese deine Geschichte zuerst und frage mich jetzt, ob das auch in Kanjis Text so ist – ich werde es gleich erfahren. Verlangt die Charakterzeichnung das im Detail, um Luise 1zu1 zu beschreiben/zu kopieren? Die Figur der einsamen Omi im Mietshaus ist keine Unbekannte. Am Ende angekommen, hätte mir ein „die beiden Söhne leben viele Kilometer entfernt und lassen sich so gut wie nie blicken“ genügt. Die zweite Frau, das Mittelmeer samt Lebenspartner und den spontanen Besuch in München hätte es für mich nicht unbedingt gebraucht.

Die wechselnden Parolen an der Wand, in den veränderten Zeiten und Lebensabschnitten der Bewohner, finde ich super. :thumbsup:
Dass Omi YOLO gesprüht hat, kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Aber ich mag, wie sie Initiative für Yalcin ergreift. Die Figur der Meryem könnte etwas kantiger/(facettenreicher) sein. ;)

Jetzt habe ich @Kanji s entzückende Geschichte auch gelesen. :shy:

Schöne Idee, wieselmaus, die herangewachsen Nachbarskinder und die entstandene Nähe zwischen Luise und der türkischen Familie zu zeigen.

Yalcin blickt an sich hinunter: "Yolo", murmelt er.
"Ist das deine Muttersprache?"
Yalcin lacht: "Nein, das ' 'ne Abkürzung. Englisch."
"Aha. Und was bedeutet das?" Luise lacht nicht.
"You ... only ... live ... once. Also so, 'du lebst nur einmal'", nuschelt er leiser.
Okay, got it. Da ich von dem gemeinsamen Erlebnis nichts wusste, erschien mir eine YOLO sprühende Luise unglaubhaft.

Nichtsdestotrotz und allemal, gern gelesen!
Danke für deine Copywrite- (ahh, fast wäre wieder Copyright aus den Fingern geflossen] Geschichte.

Viele Grüße
wegen

Zu ihrem fünfundachzigsten Geburtstag
fünfundachtzigsten

Frau Özdemir stellt ihr unvergleichliches Baklawa auf den Tisch
Baklava

 

Hallo @Bella ,

wir kennen uns noch nicht. Umso schöner, dass du dir meine Geschichte angesehen hast.

zuerst habe ich deine Geschichte gelesen, dann das Original. Hat mir gut gefallen, wie du die Geschichte aufgenommen und weiter gesponnen hast.

Das ist ja mal schon die Hauptsache und trifft meine Intension hundert pro.:)

Was mir aber echt gefehlt hat, waren diese ganzen liebevollen Details, die das Original so lebendig gemacht haben.

Ja, das ist die Spezialität von @Kanji. Da wollte ich sie nicht kopieren, wo ich ihr doch schon den Plot geklaut habe. Ihre liebevollen Ziselierungen mit dem intensiven Blick auf das Innenleben der Protas kann ich ohnehin nicht nachahmen, dafür, glaube ich, geht es bei mir präzise und flott zu. Impressionismus und Expressionismus Hand in Hand.:lol: (Das Knappe habe ich hier im Forum gelernt. Früher gab es öfter ein Streichkonzerte:D)

teilweise hetzt du aber auch ziemlich durch die Story und man merkt ein bisschen, dass du da eben viele Infos aus dem Original unter bringen willst. Ich denke, wenn du dem ganzen mehr Raum gibst, kannst du da noch richtig viel rausholen.

Die vielen Infos habe ich gebraucht, um Luises Veränderung seit ihrem YOLO-Abenteuer zeigen zu können. Statt passiver Innenschau gibt es jetzt aktives Miteinander. Ist doch eine Leistung für eine Fünfundachtzigjährige!
Natürlich weiß ich, dass mein Copyywrite ordentlich dazugewinnt, wenn man beide Teile liest. Ich habe aber schon etwas nachgebessert, mich um mehr Gleichgewicht bemüht. Vielleicht arbeite ich an der Stelle noch weiter. Hängt auch von den Kommentaren ab.

Danke für deinen aufmunternden Kommentar. Ich wünsche dir viel Erfolg mit deiner Geschichte.

Liebe Grüße
wieselmaus

 

Liebe @wieselmaus

mm, was denkst du, was ich kritisieren werde? Stimmt, genau, eben das, die Infoflut, die zwar die Brücke zu Kandis Text schlägt, aber doch den Lesefluss einschränkt, das Szenische verdrängt, überlagert. (So ähnlich habe ich schon früher deine Texte kommentiert, ich weiß. :D)Dabei würden zwei Szenen, hübsch ausgeschmückt, eins ehr viel klareres Bild liefern. Eine mit Luise und dem Jungen. Eine mit der Nachbarin. Vielleicht eine weitere mit innerem Monolog am Anfang.
Gerade zu Beginn habe ich manche Stellen überflogen, um zum Kern vorwärts zu dringen, auch wenn's sprachlich und inhaltlich präzise formuliert war. Im Lauf des Textes kürzt du die Infos dann, benutzt Ellipsen. Was mMn eine viel viel bessere Textstruktur ermöglicht.

Fünf Gedecke sind makellos, das reicht, auch wenn noch ein Überraschungsgast käme.
köme klingt hier merkwürdig, auch wenn's wahrscheinlich korrekt ist.

Luise rückt den uralten Ohrensessel ans Fenster.
ach wie hübsch: meine Großmutter sass jeden Tag am Fenster. Bevor sie starb, hat sie mir versprochen, von oben herab auf mich aufzupassen. Wenn ich daran denke, sehe ich ihr unvergleichliches Lächeln nach so langer Zeit.

Als er vor drei Wochen spät abends anrief, hat sie sogar durchs Telefon sein schlechtes Gewissen gespürt.
schönes Stelle:Pfeif:

Sie hat übrigens ungarische Wurzeln. Türken und Ungarn, schon immer ein schwieriges Kapitel.
wozu brauchst du das?

Eine alte Frau, die am helllichten Tag auf ihren Gehwagen steigt und ein Graffito unter das von Murat sprüht. Y0LO – you only live once.
:Pfeif:

Frauenleben. Die Sorgen, die Freuden. Wo Heimat ist und wie es ist, wenn man sie verloren hat. Und dass man sich gegenseitig helfen muss.
hier ein Beispiel für gelungene Ellipsen, um Infos anzudeuten.

Die rot-verklinkerte Hauswand gegenüber hat eine zweite Inschrift. In englischer Sprache.
FRIDAYS FOR FUTURE.
ich mag das Schlusstableau, obwohl es ein wenig tagesklischeeartig klingt.

viele Grüße aus dem Sonnentaunus
Isegrims

 
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Lieber @Friedrichard ,

Warum hier
die würde-Konstruktion, wenn ein schlichtes Futur doch Ungewissheit genug bietet, dass etwas Bestimmtes eintritt oder eben nicht oder doch ganz andes als erwartet. (Natürlich fällt in der Unbezahlbarkeit des betreuten Wohnens die Kritik an der Kommerzialisierung der sozialen Dienste auf, würde aber eine neue Baustelle eröffnen. Vielleicht rezensier ich ja doch noch ein bisschen Habermas ...)

Danke fürs Flusen Suchen. Hier gebe ich dir völlig Recht, auch aus inhaltlicher Sicht. Das Futur 1 unterstreicht ja Luises wilde Entschlossenheit, kein Geld von ihrem Sohn anzunehmen, wo doch der Sozialstaat eigentlich einspringen müsste. Die jetzt geplante Lohnerhöhung für Pflegekräfte hat allerdings den unangenehmen Effekt, dass die "erhöhten Kosten" wiederum an die Pflegebedürftigen bzw. ihre Kinder/Enkel abgewälzt werden. Bei uns vor Ort wird im Stadtseniorenrat gerade heiß diskutiert. Und du hast ja doch schon eine Rezension zu Habermas geschrieben ..., mal wieder "ein (zu) weites Feld".


Ich erinnere nur an Irmela Mensa-Schramm (klingt jetzt wie eine Figur des einstigen Frauen-Kabaretts, den Missfits), die einige Berühmtheit erlangt hat, als sie wegen Sachbeschädigung zu einer ordentlichen Geldstrafe durch ein ordentlich deutsches (i. S. von "preußisch") Gericht verurteilt wurde.
Was aber war die böse Tat von Frau Mensa-Schramm?

Ja, ich habe deinen Kommentar zu Kanjis Geschichte nochmals gelesen. Der passt natürlich auch zu meinem Text.


Ein Lebensmotte

Meinst du das ernsthaft?? Bei dir bin ich mir nicht sicher, ob mir am Ende noch eine wichtige Pointe entgeht.
Danke für das "wie immer gern gelesen". Heute regnet es: Wortkriegertag
Liebe Grüße von wieselmaus


Liebe @wegen ,

mir geht es ähnlich wie @Träumerle. Der erste Absatz ist ziemlich vollgepackt mit Informationen zu Luises Lebensumständen.
Die zweite Frau, das Mittelmeer samt Lebenspartner und den spontanen Besuch in München hätte es für mich nicht unbedingt gebraucht.

Der erste Absatz scheint viele zu erschrecken wegen seiner Kompaktheit, schon auch von der Drucktechnik her. Ich bin am Überarbeiten. Allerdings glaube ich schon, dass ich Kanjis dezidierte Charakterisierung Luises aufgreifen und eben weiterentwickeln möchte. Ich betrachte ihre Sprühaktion als Schlüssel zu einer neuen Sozialkompetenz: heraus aus der Privatheit zum sozialen Engagement. Die im Original offene Frage, wohin sie mit ihrem Köfferchen aufbricht, habe ich in diesem Sinn beantwortet. Es geht um die Konfrontation mit Sohn und Schwiegertochter und dadurch neue Erkenntnisse.


Jetzt habe ich @Kanji s entzückende Geschichte auch gelesen. :shy:
Schöne Idee, wieselmaus, die herangewachsen Nachbarskinder und die entstandene Nähe zwischen Luise und der türkischen Familie zu zeigen.

:thumbsup:
Okay, got it. Da ich von dem gemeinsamen Erlebnis nichts wusste, erschien mir eine YOLO sprühende Luise unglaubhaft.

Na ja, jetzt hat sie ja Yalcin, der ihr die Arbeit abnimmt.:lol:

Danke fürs Kommentieren und Loben.
Liebe Grüße von wieselmaus

 

Hallo Wieselmaus,

„Ich würde ja gerne kommen, aber Gertie geht es momentan gar nicht gut. Lange Autofahrten verträgt sie nicht. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.“
„Das glaub ich dir sofort, den Eindruck hatte ich vor drei Jahren schon.“
Hier musste ich lachen.
Finde ich die beste Stelle im Text. Hier kommt das schalkig-freche Wesen der alten Dame schön zur Geltung.

Davon abgesehen finde ich die Idee mit den immer neuen Sprüchen an der Wand gut. Der Titel ist auch gut gewählt. Ansonsten habe ich mich nicht so richtig abgeholt gefühlt. Das sind doch eine Menge von Namen, die da durch den recht kurzen Text flackern. Vielleicht war ich nicht aufmerksam genug, aber von keinem habe ich ein rechtes Bild vor Augen.
Wahrscheinlich funktioniert der Text deutlich besser, wenn man das Original mitliest. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass du der Geschichte durchaus etwas mehr Raum zugestehen könntest.

grüßlichst
weltenläufer

 

Liebe wieselmaus,

jetzt komme ich endlich dazu, Dir den Kommentar zu schreiben.

Im Sommer, wenn das Fenster weit geöffnet ist, legt sie zum Abstützen noch ein Kissen auf die Fensterbank. Besser als Fernsehen, findet sie, ....
Ich vermisse die alten Leute in ihren Fenstern ja. Heutzutage sind sie völlig aus dem Stadtbild verschwunden. Wahrscheinlich ist Fernsehen doch spannender.

Als er vor drei Wochen spät abends anrief, hat sie sogar durchs Telefon sein schlechtes Gewissen gespürt.
Nice.

Und dann stellt sie den Wagen in den Laden, packt ihr Köfferchen und entschwindet in Richtung Bahnhof. Nicht zu fassen!
Hier war ich verwirrt. Sie stellt ihr Wägelchen im Laden ab, packt dort ihren Koffer? Was hat sie denn eingepackt - Äpfel, Möhren, Sellerie? Schon klar, was Du sagen willst, und das dem nicht so ist, aber ich finde den Satz ein wenig unglücklich.

Luise weiß, dass Frau Özdemir, die übrigens Meryem heißt, ...
Finde ich auch eher unglücklich, den Einschub.

„Bitte nicht, Luise, mein Mann ist zornig, hat schon gesprochen. Aber Herr Gündogan hat Angst, er verliert deutsche Kunden.“
Wenn er die Mauer reinigen lässt? Verstehe den Zusammenhang nicht.

Als Luise am nächsten Morgen den Rollladen hochzieht, reißt sie die Augen auf.
Die rot-verklinkerte Hauswand gegenüber hat eine zweite Inschrift. In englischer Sprache.
FRIDAYS FOR FUTURE.
Ich finde das auf der einen Seite sehr schön, dass Du die Fridays aufgreifst, auf der anderen Seite ist bei Kanji das YOLO ja eine direkte Antwort auf das No Future. Hier fehlt natürlich irgendwie der direkte Zusammenhang. Aber klar, es ist halt das, was der Jugend unter den Nägeln brennt, das Thema der Stunde und zurecht. Aber beide Aussagen stehen für sich isoliert.

Du schreibst, Du wolltest Luise aus der Passivität rausholen, sie aktiv ins Hausgeschehen mit einbinden. Das ist Dir auch gelungen. Die Freundschaft der beiden Frauen, das kleine Geheimnis mit dem jüngeren Sohn. Ich lese darin aber eher eine Ersatzfamilie. Sie ist halt auch auf deren Hilfe angewiesen, sie musste sich öffnen, wenn München keine Alternative für sie bereithält. Aktiver hätte ich es gefunden, wenn sie mit Yalcin Plakate für die Demo gebastelt hätte, ihre Wohnung für die Kids für Planungen zur Verfügung stellt oder sie eben doch zum Telefonhörer greift, um die Schmiererei entfernen zu lassen. Also, auch außerhalb ihrer vier Wände etwas mitgestaltet, natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Aber das sind nur so Gedanken, die mir durch den Kopf schwirren. Ich habe das sehr gern gelesen. Ich mag die Idee des Ansatzes, eine Geschichte weiterzuerzählen, wenn man gucken kann, was ist eigentlich aus ... geworden. Und siehe da, ich glaube, die Luise hat es ganz gut getroffen :).

Liebe Grüße, Fliege

 

Hey @wieselmaus ,

für mich ist Copyright irgendwie wie Challengezeit. Alle ganz fleißig am Schreiben und ich will mehr Texte kommentieren, als ich eigentlich Zeit habe.

„Ich würde ja gerne kommen, aber Gertie geht es momentan gar nicht gut. Lange Autofahrten verträgt sie nicht. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.“
„Das glaub ich dir sofort, den Eindruck hatte ich vor drei Jahren schon.“

Ha ich mag die Frau sofort :D ihr schlagfertiger Charakter ist toll. Passt natürlich zur Backsteinmauer.

Die war damals das Tagesgespräch in der Straße. Eine alte Frau, die am helllichten Tag auf ihren Gehwagen steigt und ein Graffito unter das von Murat sprüht. Y0LO – you only live once. Und dann stellt sie den Wagen in den Laden, packt ihr Köfferchen und entschwindet in Richtung Bahnhof. Nicht zu fassen!

Hab zwischendurch auch die Originalgeschichte von Kanji gelesen. Verstehe ich das richtig, dass es kein "Reboot" in dem Sinne, sondern einfach nur eine Fortführung ist? Für mich legst du aber deutlich mehr Fokus auf die Beziehung zwischen der türkischen Familie und der Oma.
Ich finde auch nicht, dass man am Anfang von Infodump sprechen kann. Klar, das ist mehr erzählt als geschehen und wirklich was passieren tut es nicht, aber es wirkt nicht wie plumb daher erzählt. Viel mehr lese ich das als nachvollziehbaren Gedankengang. Sie deckt das Teegeschirr, denkt dabei an ihre Söhne und ihre Nachbarn und so weiter. Hatte also kein Problem damit.

Luise weiß, dass Frau Özdemir, die übrigens Meryem heißt, mächtig stolz ist auf ihren Jüngsten.

Ich finde, den Vornamen kannst du ruhig schon früher verwenden. Die beiden kennen sich ja jetzt ganz gut.

Die rot-verklinkerte Hauswand gegenüber hat eine zweite Inschrift. In englischer Sprache.
FRIDAYS FOR FUTURE.

Es gibt nur eine Sache an deiner Geschichte, mit der ich mich schwer tue, und das ist das FRIDAYS FOR FUTURE.

Erstmal geht es in deiner Geschichte ja gar nicht um den Klimawandel. Der wird an keiner Stelle angerissen, wird nicht behandelt. Auch nicht um die Gefahr, die er mit sich bringt. Viel mehr geht es ja um NO FUTURE in dem Sinne, dass Murat und seine Familie Türken sind, weshalb Murat ja Probleme zu haben schien, eine Stelle zu finden. Das hat ja eher gesellschaftliche als Klimagründe. Klar, FfF ist populär und ( extra in Anführungsstrichen) "die neue Bewegung" der Schüler und Studenten, aber für mich ist das einfach so weit weg von deiner Geschichte, dass mich das wieder rauswirft. Wobei ich im Gegenzug auch nicht wüsste, was Yalcin stattdessen schreiben sollte.

Liebe Grüße
Meuvind

 

Hallo @Isegrims ,

mm, was denkst du, was ich kritisieren werde?

Ich denke, was du denkst:lol:. Ja, ich weiß, das Szenische steht über allem. Grundsätzlich finde ich es keine Überforderung, dem Leser einmal einen Block "tell" zuzumuten. Hier aber habe ich versucht, innerhalb einer Szene - Luise ist mit dem Teeservice beschäftigt - zu zeigen, wie sie ihren Gedanken nachhängt und die letzten Ereignisse Revue passieren lässt. Deshalb ...

Vielleicht eine weitere mit innerem Monolog am Anfang.

...werde ich die Lösung in diesem deinem Vorschlag suchen. Die Szenen mit Meryem und Yalcin kommen ja noch.
Ich überlege, warum die scheinbare Tell-Passage nicht als innerer Monolog verstanden wird. Es sind doch mMn deutliche Hinweise da:

köme klingt hier merkwürdig, auch wenn's wahrscheinlich korrekt ist.

Hier zum Beispiel habe ich absichtlich Konjunktiv gewählt. Luise rechnet nicht wirklich mit Überraschungsbesuchern. Wer sollte da noch kommen, die Söhne schon gar nicht, denkt sie. Muss man es ausdrücklich formulieren, dass es sich um ihre Gedanken handelt?
Also an diesem Problem bastle ich derzeit herum. Bin für Vorschläge dankbar.

Ich bin natürlich froh, dass du auch akzeptable Passagen findest. Die von dir genannten Ellipsen mag ich auch, denke aber, man muss sie gut dosieren.

wozu brauchst du das?

Es deutet die Entfremdung zwischen Luise und Schwiegertochter an, die- so glaubt Luise - ganz bestimmt kein Interesse daran hat, ihre Vorurteile gegen Türken aufzugeben. sie sieht den Grund in der Historie. Wieder eine Spiegelung von Luises Gedanken.

ich mag das Schlusstableau, obwohl es ein wenig tagesklischeeartig klingt.

Die Formulierung ist wörtlich von Kanji übernommen. Nur das Graffito ist neu. Yalcin ist in die Fußstapfen seines Bruders getreten. Für einen heutigen Gymnasiasten ist natürlich "Greta" angesagt.

Danke für deinen anregenden Kommentar. Am inneren Monolog bleibe ich dran.
Gruß aus dem wohltemperierten Breisgau
wieselmaus


Hallo @weltenläufer ,

Hier musste ich lachen.
Finde ich die beste Stelle im Text. Hier kommt das schalkig-freche Wesen der alten Dame schön zur Geltung.

Ja, ich musste selber lachen, als dieser Dialog feststand. Er charakterisiert die Prota ziemlich genau. Dabei muss ich sagen, dass hier ja Kanji die Hauptarbeit geleistet hat. Da musste ich nur aufgreifen, was schon angelegt war.


Wahrscheinlich funktioniert der Text deutlich besser, wenn man das Original mitliest. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass du der Geschichte durchaus etwas mehr Raum zugestehen könntest.

Ich bin immer davon ausgegangen, dass es eine unbedingte Voraussetzung ist, beide Texte zu lesen. Natürlich soll das Copywrite als KG auch unabhängig bestehen können, unter Umständen auch als Flash Fiction, wo das Erkennen bestimmter Zusammenhänge der Kreativität des Lesers anvertraut wird. Mir ist es allemal lieber, wenn, so wie von dir, gefordert wird, den Text auszubauen als zu kürzen. Kann durchaus sein, dass ich mich später, nach Ende des Copywrites, noch dransetze. Es ist ja auch nicht verkehrt, erst mal die Kommentare einzusammeln.

Danke fürs Kommentieren und gutes Schaffen am eigenen Text.

Gruß wieselmaus

 

Hallo liebe @wieselmaus,
da hat Luise aber Glück, dass sie die Özdemirs hat, denn ihre Söhne kann sie ja wohl in die Tonne kloppen. Nicht mal einen Namen hat Gerties Mann, das sagt schon eine Menge aus, finde ich.
Hab jetzt nicht alle Kommentare gelesen, also du weißt schon ...

Je öfter ich die Geschichte lese, desto besser gefällt sie mir, denn ich muss zugeben, dass sie mir beim ersten Mal auch sehr wie ein Infodump vorkam und ich auch Kanjis Original zur Hilfe genommen habe, um alles zu verstehen. Irgendwo ist es ja auch eine Odyssee durch die Generationen, angefangen mit No Future,
das ja noch ein typischer Spruch aus den 80ern ist, über Yolo, bis hin zum aktuellen Zeitgeschehen mit: Fridays for Future.
Für mich zeigt das nicht nur den Wandel des Zeitgeists an, mit dem die 85jährige Luise immer wieder aufs Neue klarkommen muss, sondern es passt auch super in den Verlauf von Luises ganz persönlicher Geschichte. Das Verhältnis zu den Söhnen, ihre Einsam- und Perspektivlosigkeit wirkt zunächst bedrückend, no future eben. Dann der Anfang der Freundschaft mit den Özdemirs, nach dem Motto, man lebt nur einmal, bis hin zu einer Zukunft. Nicht unbedingt nur Freitags, aber es gibt eben eine für sie, wie die anregenden Gespräche mit Frau Özdemir zeigen. Es gibt etwas, auf das Luise sich freuen kann. Das alles hat mir wirklich gut gefallen.

Trotzdem muss ich mich einigen meiner Vorredner in dem Punkt anschließen, dass mir manchmal zuviel erklärt wird oder, dass ich bestimmte Informationen für unnötig halte, z.B.


Luise hat das Paar vor drei Jahren besucht, aus einem spontanen Entschluss heraus, über den sie sich heute noch wundert, den sie aber keineswegs bereut.
Ich finde den Satz etwas sperrig, und dass sie es keineswegs bereut, hätte es für mich nicht gebraucht.

. Sie hat übrigens ungarische Wurzeln. Türken und Ungarn, schon immer ein schwieriges Kapitel.
Das schwierige Kapitel hätte es für mich auch nicht gebraucht. Auch, dass sie ungarische Wurzeln hat, ist mir persönlich zu erklärend. Ich hätte es witzig gefunden, wenn sie einfach einen ungarischen Namen gehabt hätte und dann gesagt würde, dass sie für Ausländer nicht viel übrig hätte.

Luise weiß, dass Frau Özdemir, die übrigens Meryem heißt,
Ich hätte es besser gefunden, wenn der Name im Gespräch aufgetaucht wäre, vielleicht duzen sich die beiden nach drei Jahren oder so. An der Stelle wirkt es etwas angepappt.

Und noch paar Highlights:

. Und dann stellt sie den Wagen in den Laden, packt ihr Köfferchen und entschwindet in Richtung Bahnhof.
Dafür liebe ich sie


„Ich würde ja gerne kommen, aber Gertie geht es momentan gar nicht gut. Lange Autofahrten verträgt sie nicht. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.“
Was für eine billige Ausrede. Könnte das Weichei nicht einfach alleine kommen?

„Das glaub ich dir sofort, den Eindruck hatte ich vor drei Jahren schon.“
:lol:


Hab ich gerne gelesen.

Liebe Grüße von Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Fliege

Ich habe das sehr gern gelesen.

Mit diesel Urteil bin ich natürlich hoch zufrieden, liebe Fliege. Da fällt mir mehr als ein Wackerstein vom Herzen.
Zu deinen einzelnen Fragen und Kritikpunkten:

Hier war ich verwirrt. Sie stellt ihr Wägelchen im Laden ab, packt dort ihren Koffer? Was hat sie denn eingepackt - Äpfel, Möhren, Sellerie?

geändert in "ergreift ihr Köfferchen "
Das hat sie nämlich schon dabei, als sie die Sprayaktion startet.

Finde ich auch eher unglücklich, den Einschub.

geändert. Der Name Meryem taucht jetzt im Dialog auf.

Aktiver hätte ich es gefunden, wenn sie mit Yalcin Plakate für die Demo gebastelt hätte, ihre Wohnung für die Kids für Planungen zur Verfügung stellt oder sie eben doch zum Telefonhörer greift, um die Schmiererei entfernen zu lassen.

Das kann sie nicht veranlassen. Das ist Sache des Hausbesitzers. Und das ist ein Dritter, nicht Herr Gündogan. Der müsste aktiv werden. Ich verweise hier auf @Friedrichard s Kommentar.

Wenn er die Mauer reinigen lässt? Verstehe den Zusammenhang nicht.

Herr Gündogan scheut einen möglichen Streit mit dem Hausbesitzer. Überhaupt will er nicht ins Rampenlicht kommen.
Luise ist insofern aus dem Privaten herausgetreten, als sie Murat den Job vermittelt hat. Da im Text ja nur ein Nachmittag erzählt wird, wären hier Aktivitäten, wie du anregst, mMn kaum einzubauen. Als Idee aber großartig. Wer weiß, vielleicht gibt es ja noch eine Fortsetzung von der Fortsetzung, da könnte ich dann darauf zugreifen . Ich sag dir schon mal danke.

Liebe Grüße
wieselmaus
(Der frühe Vogel fängt den Wurm)

 

Liebe @weiselmaus

Hier zum Beispiel habe ich absichtlich Konjunktiv gewählt. Luise rechnet nicht wirklich mit Überraschungsbesuchern. Wer sollte da noch kommen, die Söhne schon gar nicht, denkt sie. Muss man es ausdrücklich formulieren, dass es sich um ihre Gedanken handelt?
Also an diesem Problem bastle ich derzeit herum. Bin für Vorschläge dankbar.
ich versuch dir mal zu zeigen, warum diese Passage bei mir nicht als innerer Monolog, sondern als Tell rüberkommt.

Fünf Gedecke sind makellos, das reicht, auch wenn noch ein Überraschungsgast käme. Vielleicht sind sie aber auch nur zu dritt: Frau Özdemir mit nur einem ihrer beiden Kinder Yalcin und Murat. Na ja, Murat ist kein Kind mehr, sondern ein kräftiger junger Mann, der ihr den Rollator die Treppen rauf- und runterträgt, seit sie im letzten Winter auf dem Weg zum Laden schräg gegenüber gestürzt ist. Luise hat nicht oft Besuch. Ihre beiden eigenen Söhne wohnen hunderte Kilometer weit weg, der eine lebt mit seinem Freund irgendwo am Mittelmeer, hat eine Strandkneipe. Der andere ist in München verheiratet. Luise hat das Paar vor drei Jahren besucht, aus einem spontanen Entschluss heraus, über den sie sich heute noch wundert. Als sie zurückkam, wusste sie, dass sie nie und nimmer auf den Vorschlag ihres Sohnes hin in ein Heim für betreutes Wohnen einziehen wird.
kursiv: inneren Monolog
fett: Info, tell
Luise hat selten Besuch, sehnt sich nach den Söhnen.... (Beispiel, wie ich ihre Gedanken kennzeichnen würde)
mMn müsstest du ihre Gefühle einbeziehen, verdeutlichen, was sie denkt, nicht so sehr, was der Erzähler unterbringen will, die Infos nur dann einfließen lassen, wenn sie mit einem konkreten Gedanken, Gefühl verbunden sind, dich immer wieder fragen: kann sie genau das denken? Wie funktionieren Gedanken überhaupt.

Vielleicht helfen dir meine Anmerkungen ja ein wenig.
viele Grüße aus der Abendkühlung
Isegrims

 

Hallo @Meuvind ,

Ha ich mag die Frau sofort :D ihr schlagfertiger Charakter ist toll. Passt natürlich zur Backsteinmauer.

Danke schön. diese Passage kommt offensichtlich gut an.

Verstehe ich das richtig, dass es kein "Reboot" in dem Sinne, sondern einfach nur eine Fortführung ist? Für mich legst du aber deutlich mehr Fokus auf die Beziehung zwischen der türkischen Familie und der Oma.

Genau sohatte ich es vor. Luises Charakter wird weiterentwickelt. Ich denke, da ist es legitim, den Quellentext zu kennen.


Ich finde auch nicht, dass man am Anfang von Infodump sprechen kann. Klar, das ist mehr erzählt als geschehen und wirklich was passieren tut es nicht, aber es wirkt nicht wie plumb daher erzählt. Viel mehr lese ich das als nachvollziehbaren Gedankengang. Sie deckt das Teegeschirr, denkt dabei an ihre Söhne und ihre Nachbarn und so weiter. Hatte also kein Problem damit.

:herz: Freut mich sehr, dass du das so siehst. Ich bin gerade dabei, Luises Gedankengänge als solche stärker zu kennzeichnen. Die hat sie, während sie mit den Vorbereitungen für den Nachmittagsbesuch befasst ist.

Ich finde, den Vornamen kannst du ruhig schon früher verwenden. Die beiden kennen sich ja jetzt ganz gut.

Er taucht jetzt im späteren Dialog auf. Suche noch nach einer früheren Platzierung.

Erstmal geht es in deiner Geschichte ja gar nicht um den Klimawandel. Der wird an keiner Stelle angerissen, wird nicht behandelt.

War auch nicht vorgesehen. Yalcin wandelt einfach auf den Spuren von Murat und Luise. Vielleicht will er seiner "Omi" ein Geschenk machen ... die ist ja nicht mehr so gut auf den Beinen.

Wobei ich im Gegenzug auch nicht wüsste, was Yalcin stattdessen schreiben sollte.

Yalcin, der türkische Gymnasiast, macht einfach das, was seine Schulkameraden machen. Wenn man will, kann man von NO FUTURE zu FRIDAYS FOR FUTURE einen Inhaltlichen Bezug herstellen. die Kids um "Greta" machen das ja.

Dein Kommentar hat mich sehr gefreut, lieber Meuvind.

LG wieselmaus

 

Liebe @Chai ,

Je öfter ich die Geschichte lese, desto besser gefällt sie mir, denn ich muss zugeben, dass sie mir beim ersten Mal auch sehr wie ein Infodump vorkam und ich auch Kanjis Original zur Hilfe genommen habe, um alles zu verstehen.

Das sind mir die liebsten Sätze in einem Kommentar. Gerade beim Copywrite - wenn es denn überhaupt eines ist - besteht der Reiz mMn gerade im Vergleichen, dort, wo der Copywriter andockt.

Für mich zeigt das nicht nur den Wandel des Zeitgeists an, mit dem die 85jährige Luise immer wieder aufs Neue klarkommen muss, sondern es passt auch super in den Verlauf von Luises ganz persönlicher Geschichte.

Freut mich, dass du die Parallele erkennen konntest. Sie hat sich bei mir allerdings erst spät herauskristallisiert. Nicht allen hat sich erschlossen. Beim FRIDAYS-FOR-FUTURE-Zitat meinen manchen, es passe nicht ind die Graffiti-Reihe.

Ich finde den Satz etwas sperrig, und dass sie es keineswegs bereut, hätte es für mich nicht gebraucht.

schon geändert

Das schwierige Kapitel hätte es für mich auch nicht gebraucht. Auch, dass sie ungarische Wurzeln hat, ist mir persönlich zu erklärend. Ich hätte es witzig gefunden, wenn sie einfach einen ungarischen Namen gehabt hätte und dann gesagt würde, dass sie für Ausländer nicht viel übrig hätte.

Gertie mit den ungarischen Wurzeln möchte ich behalten. Die Ironie besteht ja darin, dass sie einen so typisch bayrischen Vornamen hat. Türken sind ihre persönlichen Hassobjekte.

Ich hätte es besser gefunden, wenn der Name im Gespräch aufgetaucht wäre, vielleicht duzen sich die beiden nach drei Jahren oder so. An der Stelle wirkt es etwas angepappt.

übernommen. Danke.

Liebe Chai, danke für dein großes Lob. Wie immer sind deine Kommentare hilfreich und schön zu lesen. Ich drück dir die Daumen für dein Copywrite.

Liebe Grüße
wieselmaus

Hallo @Isegrims ,

Luise hat selten Besuch, sehnt sich nach den Söhnen.... (Beispiel, wie ich ihre Gedanken kennzeichnen würde)
mMn müsstest du ihre Gefühle einbeziehen, verdeutlichen, was sie denkt, nicht so sehr, was der Erzähler unterbringen will, die Infos nur dann einfließen lassen, wenn sie mit einem konkreten Gedanken, Gefühl verbunden sind, dich immer wieder fragen: kann sie genau das denken? Wie funktionieren Gedanken überhaupt.

Ja, das ist das Grundproblem. Verstanden hab ich es. Kleine Veränderungen habe ich schon vorgenommen. Zumindest müsste jetzt klar sein, dass dies ihre sprunghaften Gedanken sind, die ihr beim Vorbereiten der Geburtstagsfeier durch den Kopf schießen. Warum sollte sie das alles nicht denken können, auch in einer nüchternen, abgeklärten Denke?;) Lamentieren ist nicht ihr Stil.

Danke für deine Hilfe. Ich finde es sehr freundlich, dass du dich nochmals an meinen Text gesetzt hast.
Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen auf deinen Text.;)

Gruß wieselmaus

Hallo @ragu ,

wieselmaus errichtet aus Bruchsteinen eine feste starke Mauer.

Klingt etwas ironisch:D. Trotzdem, das Bild gefällt mir. Es immerhin sehr breit interpretierbar. Also danke dafür.

Allerdings: Die No Future (God Save the Queen) Annäherung an Gretas No Future Freie Tage ist nicht gut gewählt. Finde ich.

??? Hier weiß ich nicht so recht, was du meinst. Die Idee der Bewegung ist doch gerade: Es muss etwas passieren, sonst gibt es keine Zukunft. Also demonstrieren wir jeden Freitag ... Wenn du magst, schau doch mal nach, was @Chai in ihrem Kommentar geschrieben hat.

Danke für dein Interesse.

LG wieselmaus

 

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