Was ist neu

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In mir drängt so viel nach außen, dass sich alles gegenseitig blockiert und gar nichts rauskommt. Kopfschmerzen. Herzklopfen. Davon bekommt man Krebs. Von dem Druck. Da hilft auch kein Obst. Also, ist sicher gut, vor allem rotes Obst und Gemüse, aber wenn man sich nicht entspannen kann, dann bringt da auch keine gesunde Ernährung was. Außerdem bin ich gerade so zittrig, dass ich etwas Richtiges zu essen brauche. Obst und Gemüse halten nicht lange vor. Aber was heißt schon lange?
Zum Beispiel wohne ich ziemlich lange hier, kenne alle Straßen auswendig und doch überlege ich immer wieder, wo ich hingehen könnte, wo es jetzt das gibt, was ich brauche. Das ist mehr so eine Ahnung, die mich treibt, richtig wissen, was ich brauche, tu ich natürlich nicht. Und wie oft geistere ich in solchen Momenten planlos durch die Gassen, in der Hoffnung, dass mir irgendwelche Zeichen unterkommen. So Zen-mäßig, sich treiben lassen. Wenn man den Kopf frei kriegt, also wenn man wirklich nur treibt, ist man offen für winzige Anstöße, die einen dann in die richtige Richtung lenken. Energetisch ist das alles, manchmal trifft man Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt, manchmal leiten einen die Schritte an einen wundersamen Ort, an dem man, ich sag mal, Erfahrungen macht. Da passieren die abgefahrensten Dinge, die zum Umkrempeln des ganzen Lebens führen können.
Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe solche Erfahrungen schon gemacht. Zugegeben, ich war in diesen Momenten immer ziemlich breit, aber das schmälert die Erlebnisse nicht. Letztlich haben Drogen ja eine bewusstseinserweiternde Funktion, also sie weiten die Wahrnehmung und geben den Blick auf Dinge frei, die uns im angekettet nüchtern-weltlichen Zustand verborgen bleiben. Wo wären wir heute, wenn Freud und Co nicht ihre Selbstversuche riskiert hätten?
Schlimm ist nur, dass diese Erfahrungen (Achtung, hier ist es wieder) lange her sind. Irgendwie ist immer schon alles zu lange her. Und nichts kommt nach.
Wenn ich also durch die Straßen ziehe, lande ich in der Regel irgendwann wieder vor meiner Wohnungstür und bin zerknirschter als zuvor. Oft mit Bauchschmerzen, weil ich es nur zum Döner geschafft habe, den ich nicht vertrage.
Wahrscheinlich ist mein Kopf nicht frei genug, sodass ich die Impulse nicht empfange, womöglich reagiere ich auch falsch darauf. Vielleicht muss ich mehr meditieren, aber beim Meditieren werde ich nur hibbelig, weil ich das Gefühl nicht loswerd, meine Zeit zu verschwenden. Effizienter wäre es, wenn man ohne Meditation an sein Ziel kommt. Also laufe ich wieder durch die Straßen. Ziellos, hungrig. Wobei hungrig sein gar nicht das schlechteste ist. Ein gefüllter Bauch macht träge. Beim Fasten steigern sich die Sinne. Ich sollte fasten. Wenn ich ein Zeichen in diese Richtung erhalte, fange ich sofort damit an.
Überhaupt - Annehmen. Das ist ein wichtiges Wort, nicht immer hadern mit dem Schicksal, sein Glück nicht an Bedingungen knüpfen, sondern jetzt in dem Moment glücklich sein mit dem, was man hat. Dankbarkeit.

»Worüber soll ich denn bitte dankbar sein?«, blafft Frank.
»Man muss sich wieder auf die kleinen Dinge im Leben besinnen«, versuche ich es.
»Ach, so Kleinigkeiten wie die Miete, ja? Stimmt, die ist wirklich nicht hoch, die ist winzig - so winzig wie die beschissene Wohnung, die mir das Amt bezahlt.«
»Es ist eine Frage der Perspektive ...«
»Natürlich, die Perspektive. Dieses Scheiß-Wort hat Lena auch benutzt.« Frank imitiert eine hohe Stimme: »Ich seh mit uns keine Perspektive mehr. Ja, das ist schon wichtig mit der Perspektive. Danke, dass du mich daran erinnerst.«
»Ich versuche dir doch nur zu sagen ...«
»Ich sagt dir jetzt mal was!«, donnert Frank und verspritzt Bier aus seiner Flasche.
»Du hast doch gar keine Ahnung. In deiner Position ist es leicht von Dankbarkeit zu labern. Du hast ne Wohnung und hast nen Job und du hast Carola.«
»Carola hat mich verlassen.«
»Dann sei dankbar dafür, die war nichts für dich!« Er nimmt einen tiefen Zug und rülpst.
Einen Moment schweigen wir. Schweigen ist nur in Ordnung, wenn es ein einvernehmliches Schweigen ist, sowas wie ... naja, wenn man was Gewichtiges gesagt hat, wenn es nachschwingen muss. Oder bei was Romantischem, bei einem Sonnenuntergang (Aufgang, Aufgang, Untergang ist negativ. Aufgang!), aber dieses Schweigen ertrage ich nicht, das fühlt sich einfach nur leer an. Nein, nicht einfach - abgrundtief leer. Ein gieriges Leer, wie das Nichts in der Unendlichen Geschichte, das alles zu verschlingen droht.
»Das meine ich doch. Alles ist für irgendetwas gut.« So lahm meine Worte auch sind, sie haben die Leere bezwungen.
»Und dass Carola dich verlassen hat, war für was genau gut?«
Ich nehme einen Schluck von meinem Bier, bevor ich antworte. Über diese Frage habe ich viel nachgedacht. Und denke immer noch darüber nach. Nicht, dass ich nicht schon zu Lösungsansätzen gekommen wäre (doppelte Verneinung, das ist nicht gut- und gerade, wo ich über Carola spreche), es ist lediglich -
»Warst du etwa nicht dankbar genug?«, stichelt Frank.
»Das ist nicht so einfach ...«
»Donnerwetter. Das ist also nicht so einfach. Sieh an. Vielleicht ist es eher eine Frage der Perspektive?«

Das war eine dieser Erfahrungen, nach fünf Jahren Funkstille landete ich plötzlich vor Franks Tür.
Frank und ich, das war eine magische Zeit damals. Abi und danach. Hauptsächlich faszinierte uns das Zubereiten und Konsumieren von ethanolhaltigen Zaubertränken in Kombination mit deftigen Friedenspfeifen.
Ein bisschen kam ich mir selbst wie Freud vor. Selbstversuche im Dienste der Menschheit. Für wenig Geld kaufte man die Freikarte zu praktisch allem. Mit etwas Übung (und wir stiegen schnell zu Meistern auf) verflossen die letzten Hemmungen, um entweder alles zu tun, oder um zu behaupten alles getan zu haben - wobei zweiteres sogar spannender war, als wirklich etwas zu tun. Und risikoloser. Und zeitsparender, weil man beim Erzählen auch fleißig weitertrinken und -kiffen konnte.
Die Drogen und die Beschwörung von Erinnerungen aus den guten alten Tagen, die es wahrscheinlich nie gegeben hat. Magisch. Klar, dass diese Magie irgendwann ihre Wirkung verlor. Nicht mehr gegen die Realität ankam. Ist ja auch eine Flucht, das Saufen. Erst säuft man sich die Welt schön und wenn das nicht mehr hilft, säuft man sich aus der Welt raus. In andere Welten. Parallelwelten. Doch, doch, da glaube ich wirklich dran. Parallelwelten. Die gibt es.
Das, was wir hier Realität nennen, das ist nicht die Realität, sondern nur eine mögliche. Es existieren unzählige andere. Quasi wirft jede Entscheidung eine neue Realität auf. Also in einer Realität bin ich noch mit Carola zusammen. In einer anderen war ich nie mit Carola zusammen.
In einer Realität folge ich den Zeichen. Ich meine so richtig. Da verstehe ich sie, handele danach. Da bin ich glücklich. Manchmal, wenn ich die Augen schließe und ich mal in einen meditativen Zustand komme, ohne dass ich hibbelig werde, dann kann ich das spüren. Mein anderes glückliches Ich in einer anderen Realität. Dieses Ich ist Schriftsteller und die Worte sprudeln nur so hervor, formen sich zu Bestsellern. Ja, das kann ich wirklich spüren in solchen Momenten. Da strahlt dann was aus dieser Realität auf meine Realität ab, das ist r e a l in diesem Augenblick. Da schaffe ich dann auch mal eine gute Zeile oder zwei.
Ich beneide dieses andere Ich und es ist schon seltsam sich selbst zu beneiden. Noch seltsamer ist es zu wissen, dass die gleiche Genialität auch in mir schlummert, in diesem Ich. Irgendwie habe ich nicht die richtigen Entscheidungen getroffen, um das Potential voll auszuleben. Weiß nicht, vielleicht hätte ich damals nicht so viel mit Frank rumhängen sollen. Carola hat mich auch immer von meiner kreativen Ader abgehalten.
Ich hätte mehr mit Matthias machen sollen.
Matthias, Universalgenie. Schreiben konnte der. Hat schon die Schülerzeitung in seinen Händen gehabt. Wollte später seinen eigenen Verlag gründen. Matthias.
Der hat sich mit solchem Zeug beschäftigt. Parallelwelten und sowas. Ein paar waren fasziniert, die meisten lachten ihn aus. Ich war fasziniert, aber Frank gehörte zu den Auslachern. Versteht sich von selbst, dass ich da mitlachen musste. Und wenn unsere Magie erst wirkte, dann war es auch wirklich lustig. Weil Matthias es nicht checkte, wenn man ihn verarschte und auf alles einging. Aber da brauchte ich immer eine Extra-Portion Magie, wenn es um Matthias ging.

»Matthias?« Frank rülpst. »Nee, keine Ahnung, was aus dem geworden ist. Wahrscheinlich ist er im Himalaya und hilft beim Salzabbau.« Frank unterbricht sein eigenes Gelächter, um prustend nachzuschieben: »Aber halt - da kann er ja niemals ankommen« Er wiehert und verspritzt Bier.
»Ach«, sage ich und bin wirklich erstaunt, »daran erinnerst du dich? Wenn man jede Strecke teilen kann ...«
»... kann man niemals irgendwo ankommen. Das hat er doch ständig zu jeder Gelegenheit von sich gegeben.«
»Ich fand das immer ganz gut«, gestehe ich. »Wir verschanzen uns in einer verkopften Realität, die nach ihren eigenen Gesetzen gar nicht funktioniert.« Ich bin von meinem Satz begeistert. Irgendwas macht klick in mir und ich spüre, dass da was im Anmarsch ist. Was Großes.
»So eine Scheiße.« Frank schüttelt den Kopf. »Und wieso kommen wir überhaupt jemals irgendwo an? Bist doch auch hier, oder?«
»Das ist ja der Punkt.« Plötzlich sprudelt es nur so aus mir heraus. »Der Beweis, dass Parallelwelten existieren, dass man quasi ständig in Parallelwelten wandelt. Weil, wir sind ja immer irgendwo, obwohl der letzte Schritt gar nicht möglich ist. Der letzte Schritt geschieht in unserer Vorstellung und das wird dann real. Was ein Beweis dafür ist, dass Geist stärker ist als Materie - und damit alles möglich sein kann!«
Frank gönnt mir den Moment. Er sitzt da, fährt sich über die Halbglatze und lässt meine Erkenntnis den Raum erleuchten.
»Weißt du«, sagt er nach einer Weile, »bei Matthias klang es wenigstens so, als würde sein Gequatsche einen Sinn ergeben. Du laberst nur ganz große Scheiße.«
»Du hast es einfach nie begriffen«, blaffe ich ihn an. Es ist, als würde die Wut den Kanal zur Erkenntnis stärken. In mir brennt ein Feuer, das ich schon lange (!) nicht mehr gespürt habe. Ich beschließe, es nicht mehr erlöschen zu lassen und springe auf. »Du bist doch der perfekte Beweis für Matthias‘ Theorie. Guck dich mal um!« Eine Handbewegung fasst Franks muffiges Reich zusammen. »Haust noch in der gleichen versifften Höhle wie früher. Du bist niemals irgendwo angekommen. Weil dein Geist einfach zu mickrig ist, um den entscheidenden Schritt zu tun!«
»Du denkst wohl, du wärst was Besseres, Möchtegern-Schriftsteller.«
»In deinem Universum vielleicht nicht. Aber das hier ist nicht meine Wirklichkeit! Du scheinst dich in deiner Assi-Realität wohl zu fühlen, aber ich ...«
Die Flasche trifft mich mitten auf die Stirn. Doch ich spüre keinen Schmerz und es wird auch nicht dunkel. Im Gegenteil, ich bade in Licht, es leuchtet so grell auf, dass ich die Augen schließen muss. Als ich sie wieder öffne, blinzle ich gegen das Licht an, das durch die Fensterfront flutet.
»Schön, dass du wieder da bist.«
Ich starre den Lockenkopf vor mir an. Dann lächle ich. »Matthias.« Matthias strahlt mit dem Licht um die Wette.
»Verdammt, du hattest mit allem recht!«
»Es freut mich, dass du den letzten Schritt in diese Richtung gegangen bist. Ich vermisse deine Bücher.«
»Meine Bücher?«
»Sieh dich doch um, muss ich dir deine Wunschwelt erklären?«
Meine Augen haben sich an die Helligkeit gewöhnt. Und was ich sehe, lässt mich so breit grinsen, dass mir der Kiefer schmerzt. Dieses Loft habe ich immer in meinen Träumen gesehen. Groß. Raum, viel Raum für Gedanken. Leer - nichts, dass sie ablenkt. Der Glastisch in der Mitte, darauf einzig ein Laptop. Es fühlt sich ... richtig an.
»Und du bist dann ...«
»Dein Verleger, genau.« Er nickt und lächelt und der Anzug steht ihm ausgezeichnet.
»Wow.«
»Ja, alles ist möglich.«
»Das kann einem ja richtig Angst machen.«
Matthias hebt mahnend den Zeigefinger. »Hüte dich vor Ängsten. Ängste katapultieren uns in die Welten, die von Ängsten geprägt sind. Hab Vertrauen und sei zuversichtlich, dann spiegelt sich das auch in deiner Welt wider.«
Ich nicke. Komme mir vor wie Luke Skywalker, der eine Lektion von Obi-Wan erhält.
»Gut.« Matthias klatscht in die Hände. »Vertraue auf dich. Ich habe auch mein Vertrauen in dich gesetzt. Montag ist Abgabetermin. Ich bin sehr gespannt.«
An der Tür dreht Matthias sich noch einmal um und sagt: »Ach ja, falls du wieder mal wegrutschst, weißt du ja jetzt, wie du zurück kommst. Auf keinen Fall Panik. Entspannung ist der Schlüssel.« Er zwinkert mir zu, dann ist er verschwunden. So ein Anzug würde auch mir ausgezeichnet stehen, entscheide ich.
Genießerisch stolziere ich durch das Loft, atme tief ein und aus und kann spüren, wie ich Inspiration einsauge. Es kitzelt zwischen meinen Augen. Tatendrang. Mit einem letzten tiefen Atemzug setze ich mich an den Laptop, ich brauche ihn kaum zu berühren, er gleitet wie von selbst auf. Wartet auf mich. Ich reibe mir die Hände und öffne das jüngste Projekt.
Ich beginne zu lesen. Schlucke. Scrolle. Ich schlucke abermals, will weiterscrollen, doch ab Seite drei gibt es nichts mehr zum Scrollen.
Keine Panik, keine Panik, in dieser Realität bin ich der geborene Schriftsteller und es ist ja erst - ich klicke auf den Kalender - Sonntag.
Ich will tief Luftholen, verschlucke mich dabei, huste einen Speichelsprühregen auf den Bildschirm. Ein besonders dicker Tropfen zittert in der Mitte, vergrößert lupenartig ein A, verzerrt es an den Rändern, weicht die harten Kanten des Buchstabens auf. Da rutscht der Tropfen ab, hinterlässt einen schmierigen Film. A wie abrutschen, wie Abgrund, wie Alptraum, wie ...
»Nein!«, rufe ich und wische mit meinem Ärmel den Monitor ab. »A wie Anfang! A wie annehmen!«
Dann hacke ich auf die Tastatur ein. Ich tippe und tippe, hämmere auf die Tasten, als hänge mein Leben davon ab. Ich lache, als mir bewusst wird, dass dieses Leben tatsächlich davon abhängt. Tippen, tippen, klickklackklick. Meine Finger werden schweißig, irgendwann verschwimmen die Buchstaben vor meinen Augen und bevor meine Augen gänzlich versagen, versagt der Akku. Alles wird schwarz.

»Oh Mann. Tut mir leid. Ich wollte dich nicht treffen.«
»Frank?«
»Erkennst du mich nicht? Scheiße, ich ruf den Notarzt!«
»Nein, nein, alles gut. Ich dacht nur, ich wollt ...« Ich zucke zusammen, als ich mir durch die Haare fahren will und über die gigantische Beule streife, die meiner Stirn entwächst. »Du hast echt die Flasche nach mir geworfen?«
»Ja, was für eine Verschwendung, was? Hahaha.«
Ich starre ihn an. Bei seinem Anblick überstürzen sich meine Gedanken in bekannter Manie. Salzstreuerprinzip. Blockade, nichts kommt raus.
»Ich muss an meinem Buch weiterschreiben«, würge ich schließlich hervor.
»Entspann dich!« Frank klingt ernsthaft besorgt. »Entspann dich und trink erstmal ein Bier.«
Seine Fürsorge rührt mich. Ich lasse mich von ihm zurück aufs Sofa drücken.
»Du schreibst also wieder? Erzähl mal, wovon handelt dein Buch denn?«
»Es geht um ... also ...« Panik. Es rauscht in meinen Ohren, erstickt jede Erinnerung. Buchstaben tanzen wirr durch meinen Kopf. Ein verbogenes A in erster Reihe.
Meine Panik muss mir wohl deutlich anzumerken gewesen sein, denn Frank macht eine übertrieben beschwichtigende Handbewegung und skandiert erneut »Entspann dich.«
Und damit hat er was Richtiges gesagt. Entspannung ist der Schlüssel, das kam auch von Matthias. In entspanntem Zustand fällt einem der letzte Schritt leichter. Eins nach dem anderen. Kräfte sammeln. Atmen.
Erst als ich nach dem angebotenen Bier greife, scheint Frank beruhigt. Er grinst mich an und es ist das spitzbübische Grinsen aus der Abizeit. Ein Hauch von Magie knistert in Franks Zimmer. Und als ich einen tiefen Zug nehme, spüre ich, wie die Entspannung langsam in meinen Körper sickert.
»Also, worum geht‘s in dem Buch?«
Ich lümmle mich tiefer ins Sofa und hole tief Luft.

 

Hej Weltenläufer,

hab, glaub ich, länger nix mehr von Dir gelesen. Das hier fand ich sehr nett geschrieben. Zu Beginn klingt es ein wenig verzweifelt, dann wird es auf angenehm leichte Weise komischer. Liest sich wie eine hibbelige :) Enttarnung, eine von dubiosen Zeichen gesteuerte Demontage, die an dem Punkt endet, wo der Erzähler sich am wohlsten fühlt.

Das ist mehr so eine Ahnung, die mich treibt, richtig wissen, was ich brauche, tu ich natürlich nicht.
Das ist mehr so eine Ahnung, die mich treibt, richtig weiß ich nicht, was ich brauche.
... würde diese unschöne "tu ich nicht" Formulierung umgehen.

»Sie sieht mit uns keine Perspektive mehr.
Besser fänd ich, da er ja ihre Worte wiederholt:
»Ich seh mit uns keine Perspektive mehr.

LG
Ane

 

He Ane,

hab, glaub ich, länger nix mehr von Dir gelesen.
gab auch länger nichts von mir zu lesen.
Schön, dass ich nach meiner Schreibpause als erstes einen so wohlwollenden Kommentar unter meiner Geschichte finde. :)
Liest sich wie eine hibbelige Enttarnung, eine von dubiosen Zeichen gesteuerte Demontage, die an dem Punkt endet, wo der Erzähler sich am wohlsten fühlt.
das gefällt mir, eine schöne Lesart :)

Das ist mehr so eine Ahnung, die mich treibt, richtig weiß ich nicht, was ich brauche.
... würde diese unschöne "tu ich nicht" Formulierung umgehen.
da habe ich länger dran rumgefeilt. Ich sehs mir noch mal an.

Besser fänd ich, da er ja ihre Worte wiederholt:
»Ich seh mit uns keine Perspektive mehr.
hatte ich auch überlegt, mehrfach sogar. Keine Ahnung, warum ichs letztlich so beibehalten habe. Ich änder das gleich mal .

Lieben Dank fürs vorbeischauen :)

grüßlichst
weltenläufer

 
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Hallo weltenläufer, das ist ja sehr merkwürdig. Aus zweierlei Gründen.

1. ist das heute die dritte gute und interessante Geschichte, die hier eingestellt wird. Und ich kommentier und lobe mich um den Verstand. Ich glaub, das ist ein Rekord, seitdem ich hier bin, 25.11., der Tag der guten Geschichte.
Und 2. vor ungefähr einem Dreivierteljahr habe ich eine Geschichte geschrieben, die auch von einem handelt, der so in Zeichen denkt. Ich dachte, ich seh grad nicht recht. Aber meine ist dann doch wieder ganz anders. Hatte sie für Humor geschrieben und mich dann doch nicht getraut, sie einzustellen. Alter Feigling, der ich bin. Mach ich demnächst einfach doch mal, guck sie nur noch durch und dann los.

Mir hat deine Geschichte von diesem Labersack gut gefallen.
Ein Mensch, der sich zu Höherem berufen sieht und es auch durchaus schaffen würde, hedenfalls sieht er das so, stünden ihm nicht dauernd seine eigenen mangelnden innerlichen Vertiefungen im Wege. Und natürlich die anderesn, die ihn vom Kreativen abhalten. Eine ironischer kleiner Parcour durch einige Eso-und Personalcoaching-Versatzstücke, die man so kennt.
Man muss sich natürlich einlassen auf seine ausschweifende, assoziierende Erzählweise, aber wenn man das macht, sind da echt ein paar Stellen drin, da hab ich schmunzeln (sogar ein bisschen lauteres Schmunzeln) müssen. Hätte für mich auch in Humor gepasst, aber wer weiß, vielleicht war es eine weise Entscheidung, es hier zu posten. So kann man dem labernden Kerl und seinem abergläubischen Konglomerat an Eso-Alltagstricks folgen, die Rüstzeug für seine süße kleine Selbstüberschätzung sind, und dabei die Witzchen genießen, die dabei en passant abfallen. Hat alles was sehr Selbstironisches.

Dennoch würde ich seine Monologe mal durchgehen. Er muss nervig sein, der Typ, sonst kommt das aufgeblasene Labersackige nicht rüber. Das ist klar. Trotzdem gibt es die eine oder andere Stelle, die man hätte kürzen können, ohne dass die gewünschte Wirkung darunter leidet. Niht viel. Wirst nachher zwei Stellen oder so lesen, wo man das aus meiner Sicht problemlos tun könnte. Gibt vielleicht noch mehr, bin aber mittlerweile zu unkonzentriert, um die so recht (im Sinne deiner Geschichte) zu sehen, gibt ja vielleicht auch keine mehr.

Was mir auch gut gefiel, du hast da recht nette Übergänge drin. Von dem weitschweifigen Erstmonolog zum blaffenden Frank zum Beispiel. Ist ein schönes Wort: blaffen. Und später dann noch mal. Hier:

Aber da brauchte ich immer eine Extra-Portion Magie, wenn es um Matthias ging.

»Matthias?« Frank rülpst. »Nee, keine Ahnung, was aus dem geworden ist.

Und es gibt noch mehr solcher Stellen. Ich finde das lustig, wie der bodenständige Frank immer mit seinen Wut- oder Verdauungsgeräuschen einen akustischen Kontrapunkt zu den abgefahrenen Pseudophilosophierereien reindrückt. Ich musste da lachen, es kam mir komischerweise überhaupt nicht plump vor oder so, das hätte es ja auch sein können. Ich weiß nicht, woran das liegt. Und irgendwie hat man das Gefühl, dass Frank auch normalerweise nicht so vulgär quatscht, sondern es ist seine Notwehr gegen den Redeschwaller.

Davon bekommt man Krebs. Von dem Druck. Da hilft auch kein Obst.
:)

Und wie oft geistere ich in solchen Momenten planlos durch die Gassen, in der Hoffnung, dass mir irgendwelche Zeichen unterkommen.
Das fand ich auch klasse, besonders weil er dann immer beim Doner landet und sich den Magen verdirbt.

Wenn man den Kopf frei kriegt, also wenn man wirklich nur treibt, ist man offen für winzige Anstöße, die einen dann in die richtige Richtung lenken.
Das ist z. B. so ein Satz, den du für mich hättest weglassen können. Ist finde ich vorher inhaltlich schon drin.

Da passieren die abgefahrendsten Dinge, die zum Umkrempeln des ganzen Lebens führen können.
abgefahrensten

Vielleicht muss ich mehr meditieren, aber beim Meditieren werde ich nur hibbelig, weil ich das Gefühl nicht loswerd, meine Zeit zu verschwenden.
:)

Beim Fasten steigern sich die Sinne. Ich sollte fasten. Wenn ich ein Zeichen in diese Richtung erhalte, fange ich sofort damit an.
Das ist auch witzig.

»Du hast doch gar keine Ahnung. In deiner Position ist es leicht von Dankbarkeit zu labern. Du hast ne Wohnung und hast nen Job und du hast Carola.«
»Carola hat mich verlassen.«
"Dann sei dankbar dafür, die war nichts für dich!« Er nimmt einen tiefen Zug und rülpst.
Frank ist auch nicht schlecht in seiner Argumentation. Find ich witzig.

Oder bei was Romantischem, bei einem Sonnenuntergang (Aufgang, Aufgang, Untergang ist negativ. Aufgang!),
:lol:

Das, was wir hier Realität nennen, das ist nicht die Realität, sondern nur eine Mögliche.
mögliche muss hier klein sein, weil es sih noch auf das dazugehörende Realität bezieht.

Manchmal, wenn ich die Augen schließe und ich mal in einen meditativen Zustand komme, ohne dass ich hibbelig werde, dann kann ich das spüren.
Könnte auch entfallen.

Da strahlt dann was aus dieser Realität auf meine Realität ab, das ist r e a l in diesem Augenblick. Da schaffe ich dann auch mal eine gute Zeile oder zwei.
:D

Irgendwie habe ich nicht die richtigen Entscheidungen getroffen, um das Potential voll auszuleben. Weiß nicht, vielleicht hätte ich damals nicht so viel mit Frank rumhängen sollen. Carola hat mich auch immer von meiner kreativen Ader abgehalten.
Ich hätte mehr mit Matthias machen sollen.
Das ist auch so toll, wie er alles auf die anderen abwälzt, wenn er was nicht hinkriegt. Wunderbar ironisch.

Ich war fasziniert, aber Frank gehörte zu den Auslachern. Versteht sich von selbst, dass ich da mitlachen musste.
Das "versteht sich von selbst" ist gut in seiner unabdingbaren Logik. Als wäre das Lachen nicht seine Entscheidung. Er hat echt die Selbstreflektionsgabe einer Schildkröte.

Ich bin von meinem Satz begeistert. Irgendwas macht klick in mir und ich spüre, dass da was im Anmarsch ist. Was Großes.
»So eine Scheiße.« Frank schüttelt den Kopf. »Und wieso kommen wir überhaupt jemals irgendwo an? Bist doch auch hier, oder?«
Finde hier auch den Übergang wieder sehr witzig gemacht. Besonders, wo sich da im Zitat vorher so ein neuer Gedankenpups sich im Hirn des Protagonisten Bahn bricht.

Frank gönnt mir den Moment. Er sitzt da, fährt sich über die Halbglatze und lässt meine Erkenntnis den Raum erleuchten.
:lol:

»Du hast es einfach nie begriffen«, blaffe ich ihn an. Es ist, als würde die Wut den Kanal zur Erkenntnis stärken.
Mmh, ist vielleicht Geschmackssache, aber das stärken wollte mir nicht ganz gefallen. Vielleicht ein anderes wort?

Ich beschließe, es nicht mehr erlischen zu lassen und springe auf.
erlöschen

Der Glastisch in der Mitte, darauf einzig ein Laptop. Es fühlt sich ... richtig an.
das gefällt mir auch, das richtig kommt so schön lakonisch daher.

»Hüte dich vor Ängsten. Ängste katapultieren uns in die Welten, die von Ängsten geprägt sind. Hab Vertrauen und sei zuversichtlich, dann spiegelt sich das auch in deiner Welt wider.«
Das ist wirklich Obi-Wan :D

Genießerisch stolziere ich durch das Loft, atme tief ein und aus und kann spüren, wie ich Inspiration einsauge. Es kitzelt zwischen meinen Augen. Tatendrang.
:)

huste einen Speichelsprühregen auf den Bildschirm. Ein besonders dicker Tropfen zittert in der Mitte, vergrößert lupenartig ein A, verzerrt es an den Rändern, weicht die harten Kanten des Buchstabens auf. Da rutscht der Tropfen ab, hinterlässt einen schmierigen Film. A wie abrutschen, wie Abgrund, wie Alptraum, wie ...
»Nein!«, rufe ich und wische mit meinem Ärmel den Monitor ab. »A wie Anfang! A wie annehmen!«
Cool

»Du schreibst also wieder? Erähl mal, wovon handelt dein Buch denn?«
Ahh genau, der arme Frank wird nie wieder eine Bierflasche schmeißen. Das weiß ich jetzt schon. Man hört ihn jetzt schon innerlich knarzen.

»Also, worum geht‘s in dem Buch?«
Ich lümmle mich tiefer ins Sofa und hole tief Luft.
Ich hoffe, das macht nicht Schule, und Hobbyautoren müssen sich jetzt erst eine Flasche vors Hirn semmeln lassen, damit sie ihre Geschichten vorlesen können.

Sehr gerne gelesen und viel gegrinst und geschmunzelt.
Schönen Sonntag Abend wünscht dir Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey weltenläufer,

und ich habe mich wirklich gefreut zu sehen, ey, er schreibt wieder :).

Ich muss mal sagen, ich würde mich mit dem Kommentieren einfacher haben, stünde es in Satire. Da wäre es sicher auch nicht perfekt aufgehoben, aber immerhin könnte ich dann jetzt ohne schlechtes Gewissen über den Prot. lästern. Und ich wüsste auch, wo der Text mit mir hin will. Das weiß ich im Augenblick nämlich nicht. Es liest sich für mich echt schräg und so nach esoterisch verdrehtem Zeug. Ich bin da eher der Frank-Typ. Aber vielleicht habe ich auch was wichtiges überlesen, kann gut sein. So ich kann der Geschichte grad wenig entnehmen. Da ist ein Typ, der will vom Schicksal gelenkt werden und wartet darauf, dass ihm Entscheidungen abgenommen werden. Landet bei der Suche nach Eingebung bei 'nem alten Freund. Mit dem hatte er früher solche "magischen Momente" geteilt, wenn auch aus anderer Ursache heraus. Dann quatscht der den zu und der haut ihm ne Pulle an den Kopf und dann hat er so Tagträume, wacht auf und fertig ist die Geschichte. Das liest sich echt nett und ich dachte, während der Typ so dachte, wann fällt ihm endlich der Ziegel auf den Kopf und dann kommt der auch (in Form von Flasche, aber immerhin). :). Ich glaub ja, der hat früher zu oft mit Frank und Drogen experimentiert und die Moral von der Geschichte: Hände weg von Drogen :D. Nein, sicher nicht.

Also, ich kann so Typen wie Deinen Prot. nicht ernst nehmen, tut mir leid. Und da er die Geschichte trägt, fällt es mir halt schwer, einen Zugang zu finden. Aber ich bin mir sicher, es gibt hier noch reichlich andere Lesarten und da bin ich wirklich gespannt drauf.
Schlimm war das Lesen jetzt aber nicht, eher aufregend ;).

Beste Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Weltenläufer,

hab die Geschichte gern gelesen. Die ist sprachlich gut, find ich, die liest sich flüssig. Gibt ein paar witzige Stellen.

vielleicht muss ich mehr meditieren, aber beim Meditieren werde ich nur hibbelig, weil ich das Gefühl nicht loswerd, meine Zeit zu verschwenden.

Mit etwas Übung (und wir stiegen schnell zu Meistern auf) verflossen die letzten Hemmungen, um entweder alles zu tun, oder um zu behaupten alles getan zu haben - wobei zweiteres sogar spannender war, als wirklich etwas zu tun. Und risikoloser. Und zeitsparender, weil man beim Erzählen auch fleißig weitertrinken und -kiffen konnte.

Oder bei was Romantischem, bei einem Sonnenuntergang (Aufgang, Aufgang, Untergang ist negativ. Aufgang!), aber dieses Schweigen ertrage ich nicht, das fühlt sich einfach nur leer an. Nein, nicht einfach - abgrundtief leer. Ein gieriges Leer, wie das Nichts in der Unendlichen Geschichte, das alles zu verschlingen droht.

Aber eigentlich sind das auch traurige Stellen. Der Erzähler will sich nicht zu ernst nehmen, der versteckt das ein bisschen, aber eigentlich … also ich meine, dass das eine tieftraurige Geschichte ist. Wenn man hier überhaupt von Geschcihte sprechen darf, hier wird eigenltlch über das Nicht-(Mehr)-Schreiben-Können sinniert, über verlorene Träume, über das Leben, das so alltäglich ist, und die eigentliche "Geschichte", die beginnt nie … und das ist schon traurig. Ich sitze da und starre auf das weiße blatt papier ... das ist so ein typischer Anfängersatz, es gibt einige "Geschichten" die so anfangen, auch Songs, auf Sammy Deluxes neuem Album zum Beispiel, die sind meistens schrecklich, du machst das hier quasi auch, der Satz ist nicht drin aber die Idee, allerdings auf einem viel höheren Niveau, also das ist schon einer der besten Schreibblockadentexte, die ich kenne. Wie da einer Zeichen sucht, ans Fasten denkt, weil das den Geist schärft, Meditation ausprobiert, Drogen natürlich, wenn auch früher, lange Spaziergänge, und da! einen schönen Satz hab ich hinbekommen! Das ist ja grauenvoll. Und dann der Matthias im Hintergrund, der so wahnsinnsviel Talent besitzt …
Es kommt überspitzt und lustig daher, wenn du Frank immer rülpsen lässt und so weiter, deswegen kommt das vielleicht nicht alles so durch, aber so richtig geschwätzig fand ich den Erzähler gar nicht, da ist eher einer, und ich merk grad, das ist auch im Text drin, das ist einer, der gegen die Stille und damit die Ideenleere ankämpft. Erinnert mich fast an ein paar Geschichten von Quinn, also nicht die Ideenleere unbedingt, aber das bisschen "Geschwätzige", wenn der Erzähler was von sich aus nicht zeigen möchte … so einer der schlecht lügen kann praktisch: ach, ich? Wo ich war? Na draußen natürlch, da war Jahrmarkt und so, echt lustig, haha!, Karussellfahren war voll schön, und die Schießbuden erst … und man hört sich das an und es ist tausend mal trauriger als wenn einer einfach sagen würde: ach, ich war mies drauf, mir gings nicht gut und ich wollte an die frische luft.

Aber es sind schon gute Ideen drin, das mit Matthias im Hintergrund, die ganzen Gedankengänge rund ums Suchen des poetischen Funkens, wie man da ins Esoterische abgleitet und Dinge ausprobiert als hätte man eine unheilbare Krankheit, die Unzufriedenheit auch, der Alltag, wie man alle Straßen schon kennt und so, und man will ja dankbar sein, aber die Magie fehlt … dabei blitzt sie doch hin und wieder auf!

Hat mir gefallen.

MfG,

JuJu

 

Hallo weltenläufer

Mir hat die Geschichte auch gut gefallen.

Erstmal ein bisschen Textkram:

Frank und ich, das war eine magisch Zeit damals.

magische

Ich tippe und tippe, hämmere auf die Tasten, als hänge mein Leben davon ab.

Konjunktiv I find ich komisch hier, vielleicht eher hinge? Oder hängt. Aber hänge klingt komisch.

»Oh Mann.Tut mir leid.

Leerzeichen fehlt.

Erähl mal, wovon handelt dein Buch denn?

erzähl

So viel dazu.

Und wie oft geistere ich in solchen Momenten planlos durch die Gassen, in der Hoffnung, dass mir irgendwelche Zeichen unterkommen. So Zen-mäßig, sich treiben lassen.

Das gefällt mir, weil es zeigt, wie verzweifelt der Erzähler eigentlich ist, wie allein auch. Wenn man sich das vorstellt, dass da jemand nächtelang durch die Strassen geht und nach Zeichen Ausschau hält, die er nicht findet ... das ist ein niederschmetterndes Bild.

manchmal leiten einen die Schritte an einen wundersamen Ort, an dem man, ich sag mal, Erfahrungen macht. Da passieren die abgefahrendsten Dinge, die zum Umkrempeln des ganzen Lebens führen können.

Er hängt da so einer Hoffnung nach - irgendwie glaubt er ja im Grunde selbst nicht mehr dran, hab ich so das Gefühl. Er merkt das ja auch selbst, dass es nicht mehr funktioniert, früher vielleicht mal (dabei erkennt er, dass da auch die Drogen dazu beigetragen haben), aber jetzt will er sich nicht eingestehen, dass "es" vorbei ist. Schlimm, dass er es dennoch immer wieder versucht, das klingt schon ziemlich verzweifelt:

Vielleicht muss ich mehr meditieren, aber beim Meditieren werde ich nur hibbelig, weil ich das Gefühl nicht loswerd, meine Zeit zu verschwenden. Effizienter wäre es, wenn man ohne Meditation an sein Ziel kommt. Also laufe ich wieder durch die Straßen. Ziellos, hungrig.

Ich finde den ersten Abschnitt sehr gut, auch wenn mir noch nicht ganz klar war, worauf das alles hinausläuft.

Im 2. Abschnitt gefällt mir dann, dass er das Leben von Frank ganz anders beurteilt als sein eigenes, obwohl es ja durchaus Ähnlichkeiten gibt. Man macht das ja oft, dass man Freunden einen Ratschlag gibt, den man sich auch gut selbst geben könnte (und vermutlich nicht befolgen würde). Aber Frank dreht das geschickt um:

»Warst du etwa nicht dankbar genug?«, stichelt Frank.
»Das ist nicht so einfach ...«
»Donnerwetter. Das ist also nicht so einfach. Sieh an.

Und der Erzähler, der es ja kaum weiter gebracht hat als Frank, findet für sich Ausflüchte und Entschuldigungen (die Idee mit den Parallelwelten gefällt mir besonders gut, mit denen hab ich mich auch mal ein bisschen beschäftigt, es gibt da ja ernstzunehmende physikalische Therorien darüber mit Schrödingers Katze etc.) - während er bei Frank einen sehr klaren Blick auf die Realität hat:

»Haust noch in der gleichen versifften Höhle wie früher. Du bist niemals irgendwo angekommen. Weil dein Geist einfach zu mickrig ist, um den entscheidenden Schritt zu tun!«

Diese Beobachtungsgabe versagt bei sich selbst. Vielleicht traut er sich nicht, einzugestehen, wie ähnlich sie sich doch sind, auch wenn er mehr Richtung Schöngeist und Frank Richtung Praktiker tendiert. Aber immer mal wieder schimmerts dann doch durch, dass der Erzähler selbst für seine Entscheidungen verantwortlich war, wenn er mit den anderen über den talentierten Schüler lachte zum Beispiel.

Nicht so gut gefallen hat mir dann seine Ohnmacht, das Erlebnis dort finde ich ziemlich esoterisch. Es wird ja dann auch nicht so recht klar, ob er aus dieser Vision wirklich etwas in die Realität mitnehmen konnte, und ob das dann wirklich noch gut ist. Manchmal ist es ja so, dass man in einem Traum eine Idee hat, die man genial findet, in wachem Zustand ist sie aber ziemlich lächerlich. Ich habe das Gefühl, so ähnlich endet es auch bei deinem Erzähler, also ich glaube nicht, dass das Erlebte ausreicht, die Blockade zu überwinden, weil er nie ein guter Autor war, also bei ihm ist es keine "Blockade". Er wäre halt gern einer gewesen, hängt mit seiner Vorstellung in einer Parallelwelt, die er dann noch von der Physik bestätigt sie.

Der Beweis, dass Parallelwelten existieren, dass man quasi ständig in Parallelwelten wandelt. Weil, wir sind ja immer irgendwo, obwohl der letzte Schritt gar nicht möglich ist.

Das ist irgendsoein Paradoxon eines Griechen mit der Bewegung: Sie unexistiert. Darüber hab ich auch mal gelesen. Also er (der Grieche, der das formuliert hat) geht da noch weiter: Für ihn gibt es nicht nur den letzten Schritt nicht, sondern überhaupt keine Bewegung. Interessante Verknüpfung hier mit den Parallelwelten, das hat mir gefallen.

Insgesamt hab ichs sehr gern gelesen, wie gesagt, die Vision fand ich nicht so toll. Fände es besser, wenn da noch klar würde, was er daraus wirklich mitnehmen kann, aber ich denke, das hast du absichtlich offen gelassen.

Viele Grüsse
Schwups

 

He Novak,

du hast mir mit deinem Kommentar eine große Freude gemacht, musste viel Lachen dabei, wie du die Dinge so beim Namen genannt hast.
Da es mit der letzten Geschichte schon ein bisschen her ist (puh, fast ein Jahr! :eek: ) bin ich natürlich sehr erleichtert, dass du sie so gut bewertest. Da kommt bestimmt auch noch gegenteiliges, von daher genieße ich das jetzt mal ganz eitel :D

Und 2. vor ungefähr einem Dreivierteljahr habe ich eine Geschichte geschrieben, die auch von einem handelt, der so in Zeichen denkt. Ich dachte, ich seh grad nicht recht. Aber meine ist dann doch wieder ganz anders. Hatte sie für Humor geschrieben und mich dann doch nicht getraut, sie einzustellen. Alter Feigling, der ich bin. Mach ich demnächst einfach doch mal, guck sie nur noch durch und dann los.
Mach das unbedingt!
Aber ich kenn das, da sind auch noch einige Dinger von mir auf der Festplatte, die ich mich nie getraut habe einzustellen. Ist abr wahrscheinlich auch besser so :aua:

Man muss sich natürlich einlassen auf seine ausschweifende, assoziierende Erzählweise, aber wenn man das macht, sind da echt ein paar Stellen drin, da hab ich schmunzeln (sogar ein bisschen lauteres Schmunzeln) müssen.
ja, das war so mit meine größte Sorge, dass ich damit den Leser nicht einfange. Schön, wenn es geklappt hat

Hätte für mich auch in Humor gepasst, aber wer weiß, vielleicht war es eine weise Entscheidung, es hier zu posten.
mja, ich hoffte ja, dass das nicht nur lustig ankommt. Zumindest in meiner Wahrnehmung ist das ja auch ein echt trauriges Stück.

Trotzdem gibt es die eine oder andere Stelle, die man hätte kürzen können, ohne dass die gewünschte Wirkung darunter leide
ja, das dachte ich mir. Bin da zwar schon immer wieder rübergegangen, aber natürlich bleibt meistens was zu lang über.

Witzigerweise war aber diese von dir gelobte Fasten-Stelle schon mal weg, dann hab ich sie aber wieder drangefügt (Coole vermummungstechnik beim Papyrus-Editor)

Was mir auch gut gefiel, du hast da recht nette Übergänge drin.
schön, wenn einem Leser sowas auffällt. Also das ist ja eigentlich immer nur Beiwerk, aber wenn es klappt, schmückt es doch den Text sehr und macht ihn runder

Wenn man den Kopf frei kriegt, also wenn man wirklich nur treibt, ist man offen für winzige Anstöße, die einen dann in die richtige Richtung lenken.
Das ist z. B. so ein Satz, den du für mich hättest weglassen können. Ist finde ich vorher inhaltlich schon drin.
denke über den Streichvorschlag nach. Danke dafür :)

Manchmal, wenn ich die Augen schließe und ich mal in einen meditativen Zustand komme, ohne dass ich hibbelig werde, dann kann ich das spüren.
Könnte auch entfallen.
wahrscheinlich. Ich fand das aber gut, dass hier immer wieder so einige kleinen Fäden aufgenommen werden, wie hier das Meditieren. Ich denk drüber nach

»Du hast es einfach nie begriffen«, blaffe ich ihn an. Es ist, als würde die Wut den Kanal zur Erkenntnis stärken.
Mmh, ist vielleicht Geschmackssache, aber das stärken wollte mir nicht ganz gefallen. Vielleicht ein anderes wort?
jetzt wo du es ansprichst, find eich es auch nicht mehr so dolle ... hmmm

Die Fehlerleins werde natürlich ausgebügelt.
Hast meinen Sonntag versüßt mit deinem Kommentar, vielen lieben Dank :)


He Fliege,

und ich habe mich wirklich gefreut zu sehen, ey, er schreibt wieder
:kuss:

Ich muss mal sagen, ich würde mich mit dem Kommentieren einfacher haben, stünde es in Satire.
hui, in Satire hätte ich das jetzt nicht verortet.
Dass hier aber der Zugang etwas schwer ist, hm, ja, das war schon eine Sorge von mir. So wie du es liest (natürlich mit dem zwinkersmiley) hat es durchaus auch etwas. Würde jetzt nicht sagen, dass du da was Wesentliches überlesen hast, denke, der letzte Absatz deiner Kritik ist der Knackpunkt. Vielleicht habe ich es zu eingleisig angelegt.
Schlimm war das Lesen jetzt aber nicht, eher aufregend
na, das ist doch schon mal eine ganze Menge :D

Vielen lieben Dank euch beiden,
mehr schaff ich heut nicht mehr, zu Juju dann morgen.

grüßlichst
weltenläufer

 

He Juju,

Die ist sprachlich gut, find ich, die liest sich flüssig.
das geht runter wie Öl, das von einem versierten Schreiber bescheinigt zu bekommen.

Danke für das Zitieren der Stellen. Insbesondere für das Ausleuchten selbiger.

Gibt ein paar witzige Stellen.
Aber eigentlich sind das auch traurige Stellen.
So hatte ich mir das erhofft, dass das in beide Richtungen funktioniert. Also, ich mein, natürlich kann man hier mehr den witzigen Part rauslesen und wenn es den Leser befriedigt, dann freue ich mich auch darüber, aber ich habe das Teil schon bewusst nicht nach Humor verschickt, denn ich teile da mehr so deine Lesart. Komik liegt ja auch sehr nah an Tragik.
Blöd, wenn das jetzt in keine Richtung funktioniert. Nicht lustig genug für Humor und nicht ernsthaft genug für den Anspruch an Tiefgang. Fliege hatte ja so ein Problem in die Richtung.
also das ist schon einer der besten Schreibblockadentexte, die ich kenne.
boah, da bin ich jetzt mal richtig stolz drauf, denn davon gibts ja etliche. (Ich selbst versuche mich ja auch nicht zum ersten Mal an diesem Thema :Pfeif: )
vielleicht war dieser Satz ja sogar ein Hieb in diese Richtung ;) (
die ganzen Gedankengänge rund ums Suchen des poetischen Funkens
)
Ich danke dir für deine Lesart, das finde ich wirklich bereichernd, wie du das in so klare Worte setzt.

He Schwups,

deinen Beitrag habe ich erst gelesen, nachdem ich meine Antwort auf Novak und Fliege gepostet hatte, deswegen fielst du da namentlich nicht. Jetzt aber umso mehr. ;) Deine Fehler habe ich schon ausgebessert. Wie immer der Wahnsinn, wie betriebsblind man wird. Also schonmal danke fürs aufmerksame Lesen. Mit dem Konjunktiv muss ich noch kurz überlegen, was da besser klingt. Vielleicht meldet sich ja noch einer dazu.

Das gefällt mir, weil es zeigt, wie verzweifelt der Erzähler eigentlich ist, wie allein auch. Wenn man sich das vorstellt, dass da jemand nächtelang durch die Strassen geht und nach Zeichen Ausschau hält, die er nicht findet ... das ist ein niederschmetterndes Bild.
ja, das geht in dieselbe RIchtung, in die auch Jujus KOmmentar weist.

irgendwie glaubt er ja im Grunde selbst nicht mehr dran, hab ich so das Gefühl. Er merkt das ja auch selbst, dass es nicht mehr funktioniert
vielleicht ist es ein Stück weit auch das Abgeben der ... hm Verantwortung. Oder anders ausgedrückt - man rennt rum und sucht nach irgendwelchen Zeichen, aber das hält einem ja auch wieder von dem ab, was man eigentlich machen möchte. Man würde natürlich schon, jerderzeit, quasi sofort, WENN ...

obwohl es ja durchaus Ähnlichkeiten gibt. Man macht das ja oft, dass man Freunden einen Ratschlag gibt, den man sich auch gut selbst geben könnte
ja so ein bisschen fungiert er als Spiegel.

die Idee mit den Parallelwelten gefällt mir besonders gut, mit denen hab ich mich auch mal ein bisschen beschäftigt, es gibt da ja ernstzunehmende physikalische Therorien darüber mit Schrödingers Katze etc
ja, diese Theorien haben mich früher sehr in ihren Bann geschlagen. Spannend ist das allemale. Aber wie so vieles sind das wieder theoretische Gerüste, die einen abhalten vom praktischen , vom jetzt

Diese Beobachtungsgabe versagt bei sich selbst.
ja, es ist leicht andere zu be- und verurteilen, aber sich selbst einigermaßen vernünftig zu reflektieren ... puh (Novak sagte, er habe die Reflektionsgabe einer Schildkröte. Finde das Bild sehr witzig)

Nicht so gut gefallen hat mir dann seine Ohnmacht, das Erlebnis dort finde ich ziemlich esoterisch.
hm, ja das ist es schon, aber ich finde es eigentlich nur konsequent
Es wird ja dann auch nicht so recht klar, ob er aus dieser Vision wirklich etwas in die Realität mitnehmen konnte, und ob das dann wirklich noch gut ist.
und genau das ist ja der Punkt. Lasse ich den Leser hiermit zu sehr allein?
Eine Lesart wäre, dass er sich nun die Legitimation abgeholt hat, sich weiter zu entspannen, also nichts zu tun. Vielleicht aber dadurch auch das hier und jetzt mehr zu genießen, anzunehmen.
Oder er bekommt den drive und ...

Dir also auch einen Riesendank für deine ausführlichen Gedanken zu der Geschichte.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hey, weltenläufer!

bin ich natürlich sehr erleichtert, dass du sie so gut bewertest. Da kommt bestimmt auch noch gegenteiliges, von daher genieße ich das jetzt mal ganz eitel
Und wenn du damit fertig bist, lies dies:
:D
In mir drängt so viel nach außen, dass sich alles gegenseitig blockiert und gar nichts rauskommt.
„In mir drängt so viel nach außen,“ ist nicht spektakulär, etwas abgedroschen sogar, aber der Zusatz, der dreht die vorherige Aussage völlig auf den Kopf. Wirklich „reizend“. Ein gelungener Einstieg.

Dann folgt eine Art Stimmungsbild, aber nix mit Wetter oder Sonnenuntergang, sondern aus dem Innern des Erzählers.
Da ist viel Ungeordnetes in seinem Output, während er vom Krebs aufs Essen und letztendlich auf „lange“ kommt.
Dann geht’s eigentlich mehr um den Input, er schildert sich als Suchender. Irgendwie abgefahren, was der da so zusammenfaselt. Manchmal auch zum Lachen, wie hier:
Zugegeben, ich war in diesen Momenten immer ziemlich breit, aber das schmälert die Erlebnisse nicht.

Aber im Grunde ist die Geschichte sehr düster. Immer so Sachen: „Irgendwie ist immer schon alles zu lange her. Und nichts kommt nach.“ Ja, das greift.
Und immer wieder sein persönlicher Teufelskreis: Ohne ein Zeichen von außen, kann er seine Traumziele, die ihn von innen bedrängen, nicht in die Tat umsetzen.
Für alles braucht er so ein Zeichen, sogar fürs Fasten.

In der Parallelwelt findet er für einen Augenblick die Lösung:
Raum, viel Raum für Gedanken. Leer - nichts, dass sie ablenkt. Der Glastisch in der Mitte, darauf einzig ein Laptop. Es fühlt sich ... richtig an.
Er braucht nicht herumlaufen und nach Zeichen suchen. Er kann selbst Zeichen setzen, eins neben das andere. Er kann die Leere mit seinen Zeichen füllen.
Aber wiederum: In dieser Traum-Welt ist er bereits Schriftsteller. Und er versucht allen Ernstes, am Sonntag ein Buch zu schreiben, um es am Montag abzugeben.
Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, in dem Typ steckt nichts, nichts konkretes, nur eine Vorstellung vom Schriftstellerleben, aber nicht von der Schriftstellerei, was so alles dazu gehört, an Energie und Mut und Zeitaufwand. Ich glaube auch, vom Leben an sich hat er nur eine vage Vorstellung; man müsste in einem Loft wohnen und einen schicken Anzug tragen. Aber vom Weg dorthin hat er kein Bild.

Am Ende denke ich, in Frank hat er genau die „Muse“ gefunden, die er braucht … zum Träumen von großen Zielen.


Tja, eine interessante Geschichte. Und der Ich-Erzähler bringt sie mit einer Authentizität, dass mir irgendwann beim Lesen der Gedanke kam, dich zu fragen, ob alles in Ordnung sei. :D

Nee, ein wirklich guter Text.

Lieben Gruß

Asterix

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Weltenlaeufer,

mich treibt so ein bisschen der Widerspruchsgeist. Und Du musst es jetzt leider ausbaden. :baddevil: Haetten hier nicht so viele geschrieben, sie faenden die Geschichte gut, haette ich einfach die Schnauze halten koennen und muesste jetzt nicht sagen: Ich finde sie nicht gut.

Also es tat auch nicht richtig weh beim Lesen. Ist ja schon alles ordentlich geschrieben, und kurz noch dazu. Aber es macht mich einfach so ueberdruessig, wenn ich zum x-ten Male einem Ich-Erzaehler bei der wortreichen Bespiegelung des eigenen Lebensueberdrusses zuhoeren soll. "Soll ich hue, soll ich hott, ach nee, eh zu anstrengend, und ueberhaupt frueher und ach". Die Sprache auch entsprechend schlaff und untentschlossen - so vor sich hin aufs Papier geblubbert. Das mag ne total authentische Situation und die ihr entsprechende Darstellungsweise sein, vielleicht geht es mir auch manchmal so, aber lesen wuerde ich auch gerne mal wieder aufregendere Sachen. Ich dachte diese schluffigen Plauderton-Ich-Erzaehler mit ihren Befindlichkeitsstoerungen haetten wir jetzt mit den Nuller Jahren langsam mal abgehakt.

Quinn hat mal was Schlaues gesagt - kommt ja auch mal vor - und zwar, dass der Ich-Erzaehler eigentlich nur dann spannend ist, wenn er nicht (oder wenigstens nicht hauptsaechlich) von sich selbst erzaehlt. Denn sonst nervt so eine Nabelschau ganz schoen fix. Offensichtlich lag er da falsch, denn es gibt ja hier Leser, denen das anders geht, aber bei mir stimmt das so. Wenn Ich-Erzaehler mir was ueber sich selbst erzaehlen wollen, wackel ich ganz schnell ungeduldig mit den Fuessen - zumal wenn die Botschaft so ist: "boeh, irgendwie antriebslos, weiss auch nicht ... hach!" Ich will, dass der Ich-Erzaehler sich vor mir versteckt und ich ihm durch seine Wahrnehmung der Umwelt auf die Schliche kommen muss. Sachen ueber ihn herausfinde, die er selbst noch gar nicht gecheckt hat. Wenn er mir alles so vor die Fuesse erbricht wie einen warmen Teppich, wird mein Leserjagdtrieb nicht befriedigt.

Und ja, der Text stimmt ziemlich traurig, diese Schriftstellerambitionen des Erzaehlers. Man (also ich) hat echt an keinem Punkt den Eindruck, dass er das draufhaben koennte. Stimmt wahrscheinlich, was Asterix sagt, er stellt sich das Schriftstellerleben gut vor, hat aber mit Schreiben nichts am Hut. Im Grunde ist doch sein Problem, dass er echt nichts Spannendes denkt (son paar widergekaeute Hobbyparadoxa halt), nichts Spannendes zu erzaehlen hat in all seiner Schlaffheit. Das hat sich mir bei all seinem Gedenke so aufgedraengt, dass er echt nichts Interessantes zu sagen hat. Ob dann ein Text, der das zum Thema hat, ein toller Text uebers Nicht-Schreiben-Koennen ist, ich weiss es nicht. Ist halt wieder dieses Grundproblem eines Textes ueber Langeweile und Ueberdruss. Die koennen halt nur dann unterhaltsam sein, wenn da eine gewisse Distanz zum Gelangweilten ist, noch was Zusaetzliches, Frisches. Wenn man durch den Ich-Erzaehler in seine langweilige Welt gesperrt wird, langweilt man sich halt mit ihm. Ach, ich weiss auch nicht. Ich wuerde ja generell von Texten ueber Langeweile abraten, aber dann gibt es da ja den grossartigen "Zauberberg", eines meiner Lieblingsbuecher. Also, es kann auch funktionieren. Aber ueber das Rezept muesste ich jetzt noch ein paar Tage nachdenken.
Wenn dieser Ich wenigstens ein bisschen mehr gucken wuerde, einen kreativen Blick haette, das waer mir ja schon genug. Aber dazu muesste er ja mal das Handspiegelchen herunternehmen.

Ja also, war offensichtlich nicht mein Text. Aber ist ja nicht so wild. Vielleicht bin ich nur meines eigenen, momentan unkreativen Daseins ueberdruessig :D

lg,
fiz

P.S. Jetzt wundere ich mich auch nicht mehr ueber meine Bosheit, ist es doch - mal wieder - mein 666. Kommtentar.

 

Hallo,

es ist immer langweilig, wenn ich im Kern feirefiz zustimmen muss, aber ich stimm im Kern feirefiz zu.

Und als Lösungsansatz: Vielleicht wäre der Text stärker, wenn er mal eine Idee nimmt und sagt: Du bist es, aus dir mach ich was.

Zwei Ideen bieten sich an. Einmal: Ich hab viel mehr Potential als ich verwirkliche. Irgendwo gibt es ein Traum_ich in einer Parallelwelt, das das beste Leben führt, das ich führen kann. Ich bin hier in einer dunklen Zeitlinie gefangen. Wie komme ich rüber.
Das ist eine tolle Idee, ich erinnere mich an eine alte Ally McBeal-Folge - an die beste, wie ich finde. Da tauchte ine alte Frau auf, eine Lehrerin, die nie geheiratet hat, die ganz einsam ist, aber immer wenn sie träumt, hat sie ein anderes, erfülltes Leben, mit einem wunderbaren Ehemann und Kindern - hat da eine ganz eigene Realität und will eigentlich nur noch dort leben. Will dann in ein künstliches Koma versetzt werden, um nur noch ihr Traum-Leben zu leben. Wunderbare, wunderschöne idee für eine Geschichte.

Die zweite große Möglichkeit, die sich anbietet: Zeichen. Das Universum will mit mir sprechen, ich muss nur zuhören, ich habe eine Antenne dafür, irgendwas in mir ist auf Empfang, ich muss nur genauer zuhören.
Das ist so ein diffuser Gottglaube, wenn man einen Text "Zeichen" nennt, natürlich der Film "Signs" - ist klar. Ich hab von einem Film gelesen, hab den nicht gesehen,mit Jason Segel, der wiederum von den Film "Signs" besessen ist und in seinem relativ lahmen Leben überall nach Zeichen Ausschau hält, die ihm das universum schickt.
Keine Ahnung, wo das hinführen kann, wäre aber sicher eine Reise wert.

Was du machst, in deiner Geschichte, ist es diese beiden Ideen als Möglichkeiten für eine Geschichte anzureißen und dann doch nichts zu machen. Und ich denke das ist der Grund für Schreibblockaden oft, dass man nichts durchzieht, sondern nur mit Ideen spielt, für die man sich selbst nicht begeistern kann. Ich denke die Schreibblockade ist oft die mangelnde Euphorie eines Autors für seinen Stoff.
Und man merkt das als Leser - ich merke das als Leser - wenn ein Autor diesen Schritt nicht gehen will von "Ich hab eine Idee" zu "Ich verwirkliche das Potential dieser Idee", wenn es in diesem "Ich speil damit rum"-Stadium bleibt.
Und so ein bisschen tut mir das auch immer leid, ich hab selbst schons o Texte geschrieben und wenn ich dann zurückdenke, denke ich mir: Hättest du mal weniger davon geschrieben und ehr von denen, bei denen du einer Idee nachgehst, bei der du dich für einen Stoff wirklich interessierst, sonst ist das immer so Alibi, finde ich.
Die Figuren in deiner Geschichte: Der Sidekick z.b. der schreit so richtig nach Alibi. Dann hat der eine Alibi-Liebesbeziehung, sie trinken Alibi-Bier, es gibt einen Alibi-Konflikt - ich denke, wenn man schreibt, versteht man das.

Es ist einfach wichtig als Autor, sich für den eigenen Stoff zu begeistern, sich zu interessieren, damit man die Mühe auf sich nimmt, da Kraft reinzustecken, um was draus zu machen.
Das hier ist kein schlechter Text, überhaupt nicht, der wird sicher auch Leuten gefallen, grade Leute, die selbst schreiben, werden dann mit den angerissen Problemen "Leben ist leer, man macht irgendwie nix, wäre doch mehr drin, vielleicht mal schreiben, der Ruhm lockt" was anfangen können, es sind die Ideenkonstrukte hier (da hat feirefiz was gesagt), die man in letzter Zeit häufig irgendwo sieht, aber da geht doch noch mehr.


Ich wünsche dir und uns allen die Fähigkeit, uns für den eigenen Stoff richtig zu begeistern und dran zu bleiben, bis mehr draus wird als nur der Anriss einer Idee oder einer Geschichte, das find ich wichtig, das wünsch ich mir auch für mich unbedingt ;)
Quinn

 

He Asterix,
da du bis dato der letzte positive Kommentar bist, anworte ich heute nur noch dir. An feirefiz und Quinn: :p

Ich mag an deinen Kommentaren, dass du die Geschichte in deiner Lesart zusammenfässt. Weiß nicht, ob ich dir das schon mal gesagt habe, aber das sticht hier immer wieder raus, finde ich.

„Irgendwie ist immer schon alles zu lange her.
das freut mich, dass du die Stelle rausgegriffen hast. Da habe ich mich an HRK angelehnt, immer und immer wieder geistert mir eine Textpassage durch den Kopf: "Und irgendwie ist schon immer alles zu spät"
Das wollte ich unbedingt mal in einer Kg abwandeln. Da die letzte kg, in der ich mich an den werten Herrn angelehnt habe, nicht so dolle angekommen ist, freut mich das jetzt irgendwie.
Ohne ein Zeichen von außen, kann er seine Traumziele, die ihn von innen bedrängen, nicht in die Tat umsetzen.
das finde ich richtig gut, denn das war schon ein Anliegen von mir, schrieb ich, glaube ich, auch schon in einem Kommentar zuvor irgendwo. Nach außen gehen ist so einfach, wenn man eigentlich nach innen gehen müsste. UNd umgekehrt. Man verarscht sich halt, wo es nur geht, um ja immer Ausreden am Start zu haben, um nicht das zu tun, was einen glücklich machen könnte.
Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, in dem Typ steckt nichts, nichts konkretes, nur eine Vorstellung vom Schriftstellerleben, aber nicht von der Schriftstellerei, was so alles dazu gehört, an Energie und Mut und Zeitaufwand. Ich glaube auch, vom Leben an sich hat er nur eine vage Vorstellung; man müsste in einem Loft wohnen und einen schicken Anzug tragen. Aber vom Weg dorthin hat er kein Bild.
auch das wieder finde ich richtig gut. Da sage ich nur Danke.

Und der Ich-Erzähler bringt sie mit einer Authentizität, dass mir irgendwann beim Lesen der Gedanke kam, dich zu fragen, ob alles in Ordnung sei
muhahaha.
Ich schick dir meine Nummer. Aber mach dich auf ein langes (!) Gespräch gefasst :D

Dir einen dicken Dank für deine Gedanken.
Mehr schaff ich heute ncihtmehr

grüßlichst
weltenläufer

 

He Feirefiz

P.S. Jetzt wundere ich mich auch nicht mehr ueber meine Bosheit, ist es doch - mal wieder - mein 666. Kommtentar.
na dann ist ja alles klar, aber welche Ausrede hat Quinn? :baddevil:

Also es tat auch nicht richtig weh beim Lesen. Ist ja schon alles ordentlich geschrieben, und kurz noch dazu.
danke, dass du das voranstellst.
Du kannst echt unterhaltsame Beiträge schreiben. Also auch wenn ich da jetzt was einstecken muss, habe ich deinen Kommentar sehr gerne gelesen. Hast ja auch gründlich beschrieben, warum dir das teil nicht zusagt.
Aber es macht mich einfach so ueberdruessig, wenn ich zum x-ten Male einem Ich-Erzaehler bei der wortreichen Bespiegelung des eigenen Lebensueberdrusses zuhoeren soll.
ich kann dein Urteil nachvollziehen, ich denke nur, da sind wir womöglich an anderen Entwicklungspunkten. Also ich kann das nach wie vor gerne lesen, wenn es denn gut geschrieben ist. Vielleicht bin ich da weniger anspruchsvoll, vielleicht habe ich in diese Richtung auch einfach noch nciht so viel Zeugs gelesen wie du und bin deswegen an dieser Stelle etwas unbedarfter.
Ich dachte diese schluffigen Plauderton-Ich-Erzaehler mit ihren Befindlichkeitsstoerungen haetten wir jetzt mit den Nuller Jahren langsam mal abgehakt.
argh, da komme ich mir jetzt richtig alt vor. Also ich mag das schlicht und halte mich auch dran, dass ich das schreibe, was ich selbst gerne lese. Also klar, mein Geschmack fächert sich da durchaus weiter als das und auf Innovation habe ich es natürlich nicht angelegt mit dem Text.
Wenn dieser Ich wenigstens ein bisschen mehr gucken wuerde, einen kreativen Blick haette, das waer mir ja schon genug. Aber dazu muesste er ja mal das Handspiegelchen herunternehmen.
hierüber musste ich echt lachen. Und recht hast du natürlich, aber in sich schlüssig find ichs jetzt trotzdem. Also in der Geschichte
Vielleicht bin ich nur meines eigenen, momentan unkreativen Daseins ueberdruessig
wer so starke Koms schreiben kann, der schafft es sicher auch wieder mehr an Geschichten zu arbeiten ;)
Danke, hast schon ein paar schlaue Sachen gesagt, die behalte ich auf jeden Fall im Kopf. Also das mit der Nabelschau und so.
Und da das quasi mit vom Quinn kommt, auch dir einen lieben Dank für deinen Kommentar

Quinn.

Was du machst, in deiner Geschichte, ist es diese beiden Ideen als Möglichkeiten für eine Geschichte anzureißen und dann doch nichts zu machen.
da musste ich im ersten Augenblick schlucken, denn dass ich da nichts draus mache, klinhgt schon etwas hart, aber ich verstehe was du meinst. Wenn man deinem Gedanken folgt, dann gehört dieser text wahrscheinlich schon in die Sparte "Auf Nummer sicher".
Ich denke die Schreibblockade ist oft die mangelnde Euphorie eines Autors für seinen Stoff.
Nur das passt halt nicht so, also ich war total euphorisch mit den Themen und der Geschichte also solche. Wie ich schon fiz schrieb, vielleicht bin ich da einfach noch nicht so gesättigt von Texten dieser Art. Ich fand das toll so. Und immer noch.
Aber das was du sagst, einer Idee weiter folgen, das finde ich einen guten Ansatz, wie das meiste, das du von dir gibst.
Du hast den Anspruch hier mehr Anspruch zu etablieren, oder zumindest Impulse in dieser Richtung zu geben. Also nicht missionarisch, sondern einfach, wei du eben ein (gemessen am Durchschnitt hier) anspruchsvoller Leser und Schreiber bist. Hat sowas von wachrütteln manchmal. Auch wenn ich voll zu diesem Text stehe, kann ich jetzt mit Abstand sehen, was du meinst.
Und dafür danke ich dir echt. Wäre wirklich eine Herausforderung und sicherlich eine spannende Reise, wenn man sich die Mühe machte, diese Parallelwelten weiter auszuleuchten. Oder den Zeichen auf den Grund zu gehen. So gesehen, habe ich hier den bequemen Weg gewählt. Ja.
Ich kann es zwar nicht leiden, wenn jemand sowas zu einem Kom schreibt, aber hier muss ich es mal loslassen: ich glaube nicht, dass ich den Text dahingehend verändern werde, denn, wie gesagt, ich finde den ganz gut so, aber für mein neues Projekt schreibe ich mir das auf jeden Fall ins Programm. In diesem stehen übrigens schon so einige Sachen, die du mir mal gesagt hast, wie bspw den Zettel auf dem Monitor mit der Aufschrift: Bleib in der Erzählerstimme ;)
Womit ich nicht sagen möchte, dass mir das jetzt dadurch immer gelingt, aber es ist schon mal präsent. Mit dem ausreizen statt anreißen der Idee, das nehm ich mir jetzt zu Herzen. Ganz ehrlich, mir wäre es ohne deinen Hinweis womöglich gar nicht aufgefallen. Mal gucken, wo diese Reise hinführt.

grüßlichst
weltenläufer

 

Manchmal lese ich Geschichten und denke mir, was meine Geschichte hier will.
Und manchmal denke ich mir das auch bei Kommentaren.

Lieber weltenläufer,

sehr viele Lampen haben deine Geschichte schon beleuchtet und jetzt steh ich da und such nach einem dunklen Fleck. Die entscheidenden Dinge, die mir beim Lesen aufgefallen sind, wurden schon angesprochen und besprochen und tatsächlich ist das ein trauriger Text, ein sehnsuchtsvoller, ein verträumter und ein beabsichtigt unabsichtlich witzig wirkender Text. Ein bisschen nervt der Ich-Erzähler. Gegen handlungsarme Geschichten habe ich nichts, solange die Handlung im Inneren das wett macht.

In mir drängt so viel nach außen, dass sich alles gegenseitig blockiert und gar nichts rauskommt.
Allein dieser Satz zeigt, dass da viel passiert im Kopf. So viel, dass sich am Ende gar nichts mehr bewegt. Mein Problem bei der Erzählweise hier sind die vielen Alsos, Quasis und So wies. Gewiss muss man die Gefühle vergleichen, erklären auch, aber das liest sich weniger gefühlt - falsch. Es liest sich schon gefühlt, aber so als wären die Gefühle schon vorbei, als hätte er das schon einmal gefühlt und berichtet davon. Das Präsens schlägt sich nicht in die Lesestimmung, zumindest bei mir nicht. Trotz der nebulösen Unkenntnis und Orientierungslosigkeit (!) des Ich-Erzählers, steckt in manchen Sätze sehr viel Reflexion und Gedankengang.


Ein bisschen Textkram:

Obst und Gemüse halten nicht lange vor.
Die Formulierung mag ich nicht. Liegt wohl daran, dass ich so was weder gesagt bekomme noch sage.

Wenn man den Kopf frei kriegt, also wenn man wirklich nur treibt, ist man offen für winzige Anstöße, die einen dann in die richtige Richtung lenken.
Wenn man also wenn man ...
Ist der Kopf frei, braucht's nur einen kleinen Stoß in die richtige Richtung. Das ist Treiben!
Das Bild finde ich schön, aber deine Formulierung hier viel zu umständlich. Ich weiß nicht, inwiefern das so sein muss, wegen Erzählton und so, aber ich erfreue mich an solchen Sätzen nicht.

Da passieren die abgefahrensten Dinge, die zum Umkrempeln des ganzen Lebens führen können.
Da passieren die abgefahrensten Dinge, die einem das Leben umkrempeln können. ?

Oft mit Bauchschmerzen, weil ich es nur zum Döner geschafft habe, den ich nicht vertrage.
Ich weiß, was du sagen willst, aber semantisch stimmt das nicht ganz, oder? Oder verträgt der Ich-Erzähler das Dönergeschäft oder den Dönermann nicht?

Beim Fasten steigern sich die Sinne. Ich sollte fasten. Wenn ich ein Zeichen in diese Richtung erhalte, fange ich sofort damit an.
Sinne steigern sich, okay. Aber sie dürfen sich auch schärfen. Ich sollte fasten. Gib mir ein Zeichen und ich faste! Du schreibst so verzwickt, die Buchstaben stellen mir Füße!

»Worüber soll ich denn bitte dankbar sein?«, blafft Frank.
Worüber oder Wofür, fragt das W und weint undankbar.

»Ich versuche dir doch nur zu sagen ...«
»Ich sagt dir jetzt mal was!«, donnert Frank und verspritzt Bier aus seiner Flasche.*
»Du hast doch gar keine Ahnung. In deiner Position ist es leicht von Dankbarkeit zu labern. Du hast ne Wohnung und hast nen Job und du hast Carola.«
Bei der zweiten wörtlichen Rede: Ich SAGE dir jetzt mal was!
Beim letzten Satz: Du hast ne Wohnung, du hast nen Job und du hast Carola.

Ein gieriges Leer, wie das Nichts in der Unendlichen Geschichte, das alles zu verschlingen droht.
So krass? Da fährst du große Geschütze auf.

Also (!!!) in einer Realität bin ich noch mit Carola zusammen (!). In einer anderen war ich nie mit Carola zusammen (!).
In einer Realität bin ich noch mit Carola zusammen. In einer anderen war ich's nie.

Speichelsprühregen
So eklig wie die Bedeutung!

Aber jetzt mal bisschen weg vom dunklen Fleck ...


Ich will tief Luftholen, verschlucke mich dabei, huste einen Speichelsprühregen auf den Bildschirm. Ein besonders dicker Tropfen zittert in der Mitte, vergrößert lupenartig ein A, verzerrt es an den Rändern, weicht die harten Kanten des Buchstabens auf. Da rutscht der Tropfen ab, hinterlässt einen schmierigen Film. A wie abrutschen, wie Abgrund, wie Alptraum, wie ...

»Nein!«, rufe ich und wische mit meinem Ärmel den Monitor ab. »A wie Anfang! A wie annehmen!«*
Dann hacke ich auf die Tastatur ein. Ich tippe und tippe, hämmere auf die Tasten, als hänge mein Leben davon ab. Ich lache, als mir bewusst wird, dass*dieses*Leben tatsächlich davon abhängt. Tippen, tippen, klickklackklick. Meine Finger werden schweißig, irgendwann verschwimmen die Buchstaben vor meinen Augen und bevor meine Augen gänzlich versagen, versagt der Akku. Alles wird schwarz.

Diese Szene fand ich sehr gelungen! Wie der Speichel die Kanten weich macht. Alles eine Sache der Perspektive wird. Die Lupe vergrößert's, der Akku macht's schwarz. Die Definition von A. Dass es Ansichtssache ist, ob man abrutscht oder in etwas Neues fällt.

Ist das nun ein Text über Schreibblockade, über die Flasche Mensch, bei der sich die heraus fließenden Gedanken in einen Korken verwandelt haben? Satire und Ironie wird hinein gelesen und ich glaube, dass das der Ich-Erzähler verdammt ernst meint. Vom A tropft auch Verzweiflung. Ich denke, der Text zeigt etwas - nicht über, sondern anhand einer Schreibblockade. Der Wunsch nach Paralleluniversen ist nichts Neues. Immerhin ein schöner Gedanke, dass es einem in einer anderen Welt besser geht, alles besser geht. Aber dass alles Scheiße sein könnte vergisst man allzu schnell und den Moment, der Punkt auf der Linie der Zeit, der uns das Gefühl gibt, zu existieren. Da haut man deinem Ich-Erzähler extra eine gute Flasche Bier (ich glaube, es war billiges Bier) auf den Kopf und das einzige, was zerbricht, ist die Flasche - das Gespinne, die Wegphantasiererei - die bleibt.

Zeichen = Schlüssel zu Paralleluniversen, in denen man selbstverwirklichter ist. Ein Gedankenspiel, das dein Protagonist verliert.

Ich mag die Geschichte, ein bisschen nervt sie mich, ein bisschen enttäuscht sie sogar. Die Gedanken und Ideen, denen du Kinderschuhe anziehst - dabei wäre es barfuss so viel echter. Das ist so eine DO NOT Geschichte, eine zum Aufregen, nicht zum Verlieben.

Es ist nicht mein 666. Beitrag, aber eine Stunde nach Mitternacht!

Beste Grüße
markus.

 

He Markus,
lieben Dank fürs Flecken-Suchen ;)

Gleich deine ersten Zeilen verwirren mich allerdings

Manchmal lese ich Geschichten und denke mir, was meine Geschichte hier will.
Und manchmal denke ich mir das auch bei Kommentaren.
das kann man jetzt in alle Richtungen deuten. Vielleicht einfach so stehen lassen. (?)

Ich entnehme deinem Kom, dass du da mit ambivalenten Gefühlen schwanger gehst, was den Text anbelangt.

Mein Problem bei der Erzählweise hier sind die vielen Alsos, Quasis und So wies.
mja, das ist dann natürlich schwierig, wird der Text doch ganz klar von dieser Sprache getragen. Ich hab für mich festgestellt, dass ich das gern mag, diese Sprache.
Trotz der nebulösen Unkenntnis und Orientierungslosigkeit (!) des Ich-Erzählers, steckt in manchen Sätze sehr viel Reflexion und Gedankengang.
das stimmt wohl. Allerdings sehe ich da jetzt keinen Widerspruch. Dieses ewige Reflektieren von Dingen, immer wieder und wieder und von der Seite und der ... Das kann einem ja auch abhalten davon, überhaupt irgendwas zu tun, also dreht man sich ewig weiter im Kreis und verliert die Orientierung

Die Formulierung mag ich nicht. Liegt wohl daran, dass ich so was weder gesagt bekomme noch sage.
Obst und Gemüse halten nicht lange vor. :teach: So, jetzt hast du es mal gesagt bekommen. Formulierung nun besser? :D
Nee, kenne ich, wenn einem Formulierungen fremd klingen, sodass sie einen stören. An dem Passus finde ich jetzt allerdings nichts ungewöhnliches. Vielleicht, weil ich als Vegetarier ständig damit konfrontiert werde, von Leuten, die meinen mi- :sealed:

Ich weiß nicht, inwiefern das so sein muss, wegen Erzählton und so, aber ich erfreue mich an solchen Sätzen nicht.
Nach meinem Empfinden passen deine Zitate so in den Erzählton. Wie eingangs schon erwähnt, ist das natürlich doof, wenn man davon rausgekickt wird. Da kann dann auch die Geschichte kaum gegen halten
Ich weiß, was du sagen willst, aber semantisch stimmt das nicht ganz, oder? Oder verträgt der Ich-Erzähler das Dönergeschäft oder den Dönermann nicht?
och komm! ;)

Bei der zweiten wörtlichen Rede: Ich SAGE dir jetzt mal was!
Beim letzten Satz: Du hast ne Wohnung, du hast nen Job und du hast Carola.
hier stimm ich dir allerdings zu, da werd ich deinen Vorschlag übernehmen (und den Fehler natürlich auch eliminieren)

So eklig wie die Bedeutung!
du meinst diese Wortschöpfung?
Da war ich mir auch unsicher, ob das so gehen wird. Ich finds gut, fürchtete aber schon, dass da Protest kommt. Bisher bist du der einzige. Denke also, das geht in Ordung so :p

Diese Szene fand ich sehr gelungen! Wie der Speichel die Kanten weich macht. Alles eine Sache der Perspektive wird. Die Lupe vergrößert's, der Akku macht's schwarz. Die Definition von A. Dass es Ansichtssache ist, ob man abrutscht oder in etwas Neues fällt.
das freut mich. Die Szene ist nämlich erst ganz zum Schluss dazugekommen. Da fehlte einfach noch was

Ich denke, der Text zeigt etwas - nicht über, sondern anhand einer Schreibblockade.
das ist ein interessanter Punkt.
Wie deine gesamte Lesart.
Immerhin ein schöner Gedanke, dass es einem in einer anderen Welt besser geht, alles besser geht. Aber dass alles Scheiße sein könnte vergisst man allzu schnell und den Moment,
ja, das ist so der Zwispalt zwischen: eigentlich geht es mir doch gut (Dankbarkeit/Annehmen) und dem Gefühl, da könnte/müsste mehr gehen

Das ist so eine DO NOT Geschichte, eine zum Aufregen, nicht zum Verlieben.
so kann man das sicher auch sehen. Verlieben oder aufregen, liegt ja eh dicht beieinander ;) Wenn die Geschichte geschafft hat, eins dieser Gefühle zu wecken, dann kann ich doch schon sehr zufrieden sein.
Es ist nicht mein 666. Beitrag, aber eine Stunde nach Mitternacht!
:baddevil:

Danke für deine Zeit und Gedanken, hat mich gefreut

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Weltenläufer,

ein sehr philosophierender Ansatz, eines sehr auf den eigenen Zustand fixierten Ich Erzählers. Der "geschwätzige" Einstieg (mit vielen interessanten Gedanken, aber für mich doch irgendwie zu lang) kriegt so gerade noch die Kurve.

Frank kenne ich ;-) Und die Gespräche mit ihm kenne ich auch. Das ist sehr unterhaltsam, das ist das Filetstück des Textes.

Insgesamt habe ich das Gefühl, du hast dich nicht für einen Schwerpunkt in der Story entscheiden können, und deshalb mehrere Bälle in die Luft geworfen.

Schreiben.
Sinnkrise.
Auf Zeichen warten.
Parallelwelten.
Der Blick zurück.
Freundschaft.
Und lustige, entlarvende Laberei über das Leben an sich.

Das Schreiben ist dir wichtig, da arbeitest du dich am intensivsten ab. Meine Kritik: Du kommst zu spät damit rüber, dass der Prot schreibt, und dass ihm das so wichtig ist. Das gehört in den ersten Absatz rein, wenn es im weiteren Verlauf so wichtig ist. Finde ich.

Die Idee mit den Parallelwelten finde ich spannend, da hat wohl jeder schon mal drüber nachgegrübelt. Da ließe sich wohl auch was draus machen.

So greifst du in der Story einige interessante und spannende Ansätze auf, ohne dann im weiteren Verlauf etwas Richtiges draus zu machen. Und vielleicht wirkt der Text deshalb am Ende kaum weniger richtungslos als dein Erzähler.

Wenn genau der Effekt gewünscht war, dann hast du das Ziel erreicht. Aber dann find ich es schade, dass du die tollen Möglichkeiten im Text nicht wirklich nutzt. Damit verschenkst du meines Erachtens viel Potenzial. Teile davon würde ich dir am liebsten klauen ;-)

Aber genau das, was ich kritisiere, macht auch für mich den Unterhaltungswert aus. Allerdings ist das so ein bisschen Insiderstoff. Die "schreibende Zunft" kann sich da sicher mehr rauslesen, als Gaby und Klaus Mustermann.

Rick

 

Hallo Rick,

sorry, dass es so lange gedauert hat. Hatte den Eindruck auf einige Kritiken zu schnell reagiert zu haben und wollte deine erstmal sacken lassen. Und dann habe ich irgendwie auf den berühmten richtigen Moment gewartet. Der natürlich nicht gekommen ist, der jetzt auch nicht da ist, aber ich wollte die ausstehende Antwort nicht ins nächste Jahr vertrösten - deswegen also jetzt ein dickes Dankeschön für deinen Kommentar.

ein sehr philosophierender Ansatz, eines sehr auf den eigenen Zustand fixierten Ich Erzählers. Der "geschwätzige" Einstieg (mit vielen interessanten Gedanken, aber für mich doch irgendwie zu lang) kriegt so gerade noch die Kurve.
um ehrlich zu sein, habe ich darauf gewartet, doch da die Kritik in diese Richtung ausblieb, dachte ich, es ist doch aufgegangen. Gerade noch die Kurve ist ja schon mal was, sollte natürlich aber Ansporn sein, es besser zu schleifen.

Frank kenne ich ;-) Und die Gespräche mit ihm kenne ich auch. Das ist sehr unterhaltsam, das ist das Filetstück des Textes.
:D

Insgesamt habe ich das Gefühl, du hast dich nicht für einen Schwerpunkt in der Story entscheiden können, und deshalb mehrere Bälle in die Luft geworfen.
hm, so im Nachhinein war es wohl nicht clever, so viele Punkte aufzuwerfen. In meiner Idee liegen die natürlich alle dicht beieinander und sollen einen Blick auf das hinundhergerissene Dasein des Prots bieten, aber da habe ich die Bälle wohl zu hoch in die Luft geworfen. Oder nicht beeindruckend genug in der Luft gehalten. Im Prinzip sagst du ja das gleiche wie Quinn und fiz, der Text ist nicht konsequent genug:
So greifst du in der Story einige interessante und spannende Ansätze auf, ohne dann im weiteren Verlauf etwas Richtiges draus zu machen.

Wenn genau der Effekt gewünscht war, dann hast du das Ziel erreicht.
naja, immerhin passt das dann wieder zusammen :aua:

Teile davon würde ich dir am liebsten klauen ;-)
Hast hiermit meine Erlaubnis. Ich erwarte dann aber eine Huldigung unter dem entsprechenden Text :p

Aber genau das, was ich kritisiere, macht auch für mich den Unterhaltungswert aus. Allerdings ist das so ein bisschen Insiderstoff. Die "schreibende Zunft" kann sich da sicher mehr rauslesen, als Gaby und Klaus Mustermann.
der erste Satz lässt mich doch wieder frohlocken. Und ob das jetzt Insiderstoff ist. Naja, ein bisschen schon, aber ich denke (hoffe) doch, hier werden ein paar Ebenen mehr angesprochen - so einen Frank kennen wahrscheinlich einige Leute mehr über die schreibende Zunft hinaus :D

Noch mal einen dicken Dank für deine Worte, bedeuten mir nach wie vor sehr viel.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Weltenläufer.
Auch hier lese ich zwischen den Zeilen "das Paradies ist immer woanders."
Das hast du sehr schön verpackt:
Abhängen in der Ranzbude, Drogen, philosophieren, träumen.
Dann, die Wende: Alles Mist, wie das hier ausssieht, nichts geschafft im Leben...
Paradies:
Der schicke Anzug, das riesige Loft, Licht.
Dann aber der Abgabe - Termin -Stress, Panik, Angst.
Also zurück.
Das neue Paradies ist das alte Paradies:
Die Couch und das Bier.
Fazit: kommt Zeit, kommt Rat.

Schöne Geschichte, hat Spaß gemacht.
Danke und Gruß
Blues

 

Hallo Blues,
schön, dass du auch mal wieder vorbei guckst. :)
Danke für deine netten Worte. Deine Lesart hat was. Ich versuchte ja das Ende so hinzustellen, dass beides möglich ist: Entweder ist der Prot wieder am gleichen Punkt angelangt (wenn auch in der Spirale vll eine Ebene höher), oder aber es tut sich was und er bricht aus dem selbst geschaffenen Kreislauf aus.
Kommt Zeit, kommt Rat stimmt wohl in jedem Fall.

grüßlichst
weltenläufer

 

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