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Copywrite Bodil

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07.09.2014
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Bodil

Abends überredete Stefan mich, zu dieser Party zu gehen, draußen auf dem Land, in einer umgebauten Scheune, die sie mit dem ausrangierten Boden der Sporthalle ausgelegt hatten. Wir tanzten zwischen schwarzen und weißen Linien, gruben unsere jahrzehntealten Discofoxkenntnisse wieder aus und als wir von weitem Mandanten sahen, flohen wir kichernd auf die andere Seite der Tanzfläche. Es wurde spät. Das Fahrerdisplay zeigte fast drei Uhr, als wir die Stadt erreichten. Stefan lachte leise neben mir.
„Was ist?“, fragte ich. „Ich dachte, du bist längst eingeschlafen.“
„Ich muss dir noch meinen Traum erzählen. Von gestern, oder vorgestern, weiß nicht mehr genau.“
„Was denn?“
Er lachte wieder und ich sah zu ihm rüber.
„Was Erotisches?“
„Kann man wohl sagen.“
„Was denn nun?“
„Ich hab dich gehabt.“
„Mich? Bist du sicher, dass ich das war?“
„Oh ja, das war eindeutig dein Hintern.“
„Und wie fand ich das?“
„Gut, sehr gut.“
Ich lächelte und er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und dann überfuhr ich Bodil.

Tagelang zuckte ich bei jedem lauten Geräusch zusammen, hörte den Aufprall des Fahrrades, sah den Körper des Mädchens über die Motorhaube rollen, wie in einem bescheuerten Actionfilm. Wenn ich im Krankenhaus anrief, sagten sie mir, Frau Kramer wolle keinen Besuch. Stefan fand, wir hätten genug getan. Das Mädel werde ordentlich entschädigt und wieder gesund. Ich aber kaufte Blumen und buk einen Kuchen.

Sie sah jünger aus als achtzehn, so klein, als müsse sie noch ein paar Jahre wachsen. Halb abgewandt hing sie über ihrem angewinkelten Bein und versuchte, ihre Fußnägel zu lackieren. Ihr Knie war bandagiert und so konnte sie den Fuß nicht ganz heranziehen. Wie eine Perlenkette zeichnete sich ihre gekrümmte Wirbelsäule unter dem T-Shirt ab. Erstaunlich, dass sie durch ihre Ponyfransen überhaupt etwas sah.
Die Frauen in den beiden anderen Betten hatten sich aufgerichtet.
„Zu wem wollen Sie denn?“, fragte die eine.
„Zu Bodil Kramer.“
Sie zeigte auf das Mädchen und verzog das Gesicht.
„Schubsen Sie sie mal an.“
Erst jetzt begriff ich, woher das scheppernde Geräusch im Raum kam.
Ich trat in ihr Blickfeld, winkte mit dem Blumenstrauß und lächelte. Bodil lächelte nicht.
„Ja?“, schrie sie.
„Sie sind Bodil Kramer? Ich bin Verena Kuntze.“
Sie stellte den Nagellack ab und riss sich die Stöpsel aus den Ohren.
„Ja?“
„Ich bin Verena Kuntze.“
„Und?“
„Ich bin … Ich hab Sie angefahren.“
Hinter mir wurde aufgeregt eingeatmet.
„Ich wollte Sie fragen, wie es Ihnen geht und ob ich irgendetwas für Sie tun kann.“
„Nee, können Sie nicht.“ Sie klang, als hätte sie Knötchen auf den Stimmbändern.
„Es tut mir so leid.“
„Ich hab gesagt, ich will keinen Besuch.“
„Kann ich Ihnen wenigstens ein paar Blumen hier lassen?“
„Nein.“
„Und Kuchen?“
„Ich vertrag keine Nüsse.“
„Ist ohne Nüsse.“
Ich nahm die Alufolie ab. Ein Duft von Zimt und Hefe stieg auf.
„Soll ich ihn auf Ihren Nachttisch stellen?“
Bodil antwortete nicht. Ihr Blick lag auf dem Kuchen, aber sie rührte sich nicht, saß merkwürdig verkrampft, die Füße angezogen, vielleicht wegen der halb angemalten Fußnägel.
„Oder auf den Tisch da drüben?“
„Nein. Nicht da.“
„Keine Angst, wir essen Ihnen schon nichts weg“, schnappte eine der Frauen.
Bodil sah nicht einmal in ihre Richtung, deutete schließlich auf die Aussparung unter ihrem Nachttisch.
„Dahin.“
„Hoffentlich schmeckt er Ihnen.“ Umständlich verstaute ich den Kuchen und überlegte, was ich noch sagen könnte. Beim Hochkommen deutete ich auf ihren Arm.
„Hübsch, der Schmetterling.“
Sie hob den Arm und ich sah jetzt erst richtig hin. Ein grinsender Totenschädel, gespalten durch den Schmetterlingskörper, die Augen zwei schwarze Löcher in den Flügeln. Zum ersten Mal lächelte sie. Ich holte Luft.
„Okay, du hast mich erwischt. Doch nicht hübsch.“
„Hast du wohl nicht richtig geguckt.“
„Nein. Und jetzt hab ich einfach 'du' gesagt, tut mir leid.“
Sie legte den Kopf schief.
„Macht doch nichts.“

Mein Mann lachte, als er die Sache mit dem Schmetterling hörte.
„Ziemlich morbide.“
„Sie wird am Montag entlassen und sie hat niemanden, der sie abholt. Ich fahr sie nach Hause.“
„Wie, sie hat niemanden? Was ist denn los mit der?“
„Ich weiß nicht, sie hat gesagt, sie hat niemanden. Sie will mit dem Bus fahren.“
„Aha.“
„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
„Und? Wollen wir sie adoptieren?“
„Also einfach ist die nicht. Mit ihren Zimmergenossinnen hat sie sich's auch schon verscherzt. Ich bring sie noch nach Hause und dann ist gut.“

Wir hatten den Sonntag am Meer verbracht, bis nachmittags das Wetter umschlug und wir uns durch peitschenden Regen zu unserem Auto zurückkämpften. Noch beim Einschlafen hatte ich das Rauschen von Wind und Wasser in den Ohren. Als das Telefon klingelte, brauchte ich lange, um zu mir zu kommen.
„Hallo?“ Stille. „Hallo, wer ist da?“
Atmete da jemand? Der Wecker zeigte drei Uhr.
„Also ich lege jetzt auf.“
„Ist da Verena?“
„Bodil?“
„Ja.“
„Was ist los? Geht es dir nicht gut? Hast du Schmerzen?“
„Hab ich deinen Mann geweckt?“ Sie sprach wie gegen Widerstand.
„Nein. Der schläft nebenan.“
„Echt? Ihr schlaft getrennt?“
„Ja.“
Schweigen.
„Er schnarcht. Warum rufst du an?“
„Ich hab schlecht geträumt.“ Bodil, wie ihr Körper durch die Luft flog.
„Was hast du geträumt?“, flüsterte ich.
„Weiß nicht mehr. Mir geht’s schon besser. Kommst du morgen?“
„Ja.“
„Gut.“
Es klickte. Noch lange hielt ich den Hörer in der Hand.

Sie saß am Tisch, umarmte eine Sporttasche auf ihrem Schoß und starrte eine Krankenschwester an, die das Bett neu bezog.
„Eine blutige Entlassung ist das. Kennt man ja. Spart Geld.“
„Nö“, grinste die Schwester, “bei Ihnen ist nix mehr blutig. Sehen Sie mal zu, dass Sie wieder fit werden.“
Bodil stand auf und humpelte an mir vorbei zur Tür. Die Frau im anderen Bett beugte sich vor.
„Fit? Also doch kein Aids, was?“ Aber Bodil hatte den Raum schon verlassen, und ich lief ihr hinterher.
„Mann, bin ich froh, dass ich da raus bin“, sagte sie.

Ein Wohnblock. Der Lärm der nahen Bundesstraße war bestimmt nur mit geschlossenem Fenster zu ertragen. Es stank nach Diesel. Beim Aussteigen presste Bodil die Lippen zusammen, machte sich mühsam gerade, die Sporttasche quer vor der Brust. Während der Fahrt hatte sie pausenlos über das Krankenhaus geschimpft. Nur einmal hatte sie mich gefragt, was ich beruflich mache, und das Gesicht verzogen, als ich sagte, mein Mann und ich seien Steuerberater.
„Soll ich dich noch begleiten?“, fragte ich. „Ich könnte deine Tasche nehmen.“
„Nein.“
„Du humpelst noch so.“
„Es gibt einen Aufzug.“ Einen Moment lang schien sie auf etwas zu warten, dann drehte sie sich um.
„Danke fürs Bringen.“
„Gerne. Gute Besserung. Und wenn mal was ist, ruf an.“ Sie reagierte nicht mehr. Da war etwas Kundenfreundliches in meinem Ton gewesen. Als ich wieder im Auto saß, fielen die ersten Regentropfen. Zwei Männer überquerten die Straße. Sie musterten meinen Wagen, und sahen mir durch die Windschutzscheibe ins Gesicht, bevor sie weiter schlenderten. Bodil lehnte ein paar Meter vor der Haustür an einem Container. Sie hatte die Tasche abgestellt und fingerte Tabak aus ihrer Jacke. Ich stellte den Motor wieder ab.
„Was ist los? Geht es dir nicht gut?“
„Es geht schon. Ich kann nur nicht so schnell.“
„Ich könnte dir helfen. Was einkaufen.“
„Nee, lass mal.“ Sie leckte an ihrem Blättchen und blinzelte mich unter ihrem Pony an. Ich sah mich nach dem Wagen um. Als ich mich wieder zu Bodil wandte, grinste sie.
„Keine Sorge, ich behalte dein Auto im Blick.“ Sie hielt mir ihren Tabak hin. „Willst du auch eine? Rauchst du überhaupt?“
Ich schüttelte den Kopf.
Sie nickte. „Klar.“
Der Regen nahm zu, und ich fröstelte.
„Hast du Lust, uns mal zu besuchen? Ich back uns einen Kuchen, und wir können bei uns im Garten sitzen, wenn das Wetter gut ist.“
Sie nahm einen tiefen Zug und stieß den Rauch aus.
„Darf ich zugucken, wie du backst?“

Stefan wollte wissen, warum ich Bodil nach zwei Monaten immer noch abholte. Er schüttelte den Kopf, als ich sagte, Bodil habe Angst vor dem Fahrradfahren und er meinte, sie müsse so schnell wie möglich wieder rauf auf den Gaul. Klar, er hatte recht. Was ich ihm nicht sagte, war, wie sehr ich mich jedes Mal auf den Moment freute, wenn ich in Bodils Straße einbog und sie dort warten sah, einen Fuß über den anderen gekreuzt, die Tasche auf dem Boden und immer pünktlich. Selbst als ich einmal zehn Minuten zu früh war, stand sie schon da. Ich fuhr sie gerne im Auto zu uns nach Hause, um für sie zu backen und ihr von meinem Leben zu erzählen, von der Arbeit, von unseren Reisen. Davon, dass meine Eltern kurz nacheinander gestorben waren, von meinen Wechseljahren und dass Stefan überall seine Socken herumliegen ließ.
„Wieso habt ihr keine Kinder?“
„Wir wollten keine.“
„Echt? Wieso das denn nicht? Kinder sind doch was Tolles. Ohne Kinder ist das Leben verpfuscht.“
„Du willst also Kinder?“
„Nein. Mein Leben ist sowieso schon verpfuscht. Wer wollte keine Kinder, du oder dein Mann?“
Ich zögerte, und als ich Bodils Blick sah, stieg mir das Blut in den Kopf.
„Wir haben das gemeinsam entschieden“, sagte ich lahm. „Wieso ist dein Leben verpfuscht?“
„Ich bin krank. Ich sterbe bald.“
„Das hast du schon ein paarmal gesagt. Was ist es denn nun?“
„Ich kann nicht darüber reden, sonst breche ich zusammen und der schöne Nachmittag ist kaputt. Hast du mal abgetrieben?“
„Wenn du nicht redest, muss ich auch nicht reden, oder?“
Ich zog den Kuchen aus dem Ofen und behielt Bodil dabei im Blick. Ihre Lippen öffneten sich und ihre Augen glänzten wie die eines Kindes unterm Weihnachtsbaum. Beim ersten Mal hatte sie angefangen zu schluchzen und ich hatte hilflos den Arm um sie gelegt, in der Erwartung zurückgestoßen zu werden. Aber sie hatte still gehalten und leise weiter geschluchzt. Wenn ich daran dachte, spürte ich immer noch ihre schmale, bebende Schulter in meiner Hand.

„Lass uns am Samstag mal wieder nach Sylt fahren“, sagte mein Mann.
„Samstag kommt Bodil.“
„Wird mir allmählich etwas viel. Das Mädel ist ja ständig bei uns.“
„Du profitierst doch auch von dem Kuchen.“
„Schmeckt nicht so gut, wenn man ihn unter so Mörder-Blicken essen muss.“ Er legte den Kopf schief, zog die Schultern hoch und presste die Lippen zusammen. Ich lachte, als er leise zu knurren begann.
„Hör auf, sie hat dich noch nie angeknurrt. Du bist selbst schuld, wenn du versuchst, mit ihr über Politik zu reden.“
„Oder wenn ich sie frage, was sie mal aus ihrem Leben machen will.“
„Genau.“
„Mir wird das zu viel“, sagte er. „Und was ist jetzt mit dem Fahrrad? Nimmt sie das überhaupt? Ich dachte, sie hätte sich so darüber gefreut.“ Sie hatte immerhin danke gesagt und es klingelnd in den Fahrradkeller gefahren. Da stand es seitdem und ich holte sie immer noch mit dem Wagen ab.
„Wir wollen demnächst mal trainieren“, sagte ich.


Ihre Kondition war unglaublich schlecht. Obwohl ausnahmsweise wenig Wind war, kamen wir kaum voran. Die kleinste Steigung zwang sie zum Absteigen und Schieben. Ich achtete darauf, noch früher abzuspringen, noch langsamer zu werden. Sie war hochrot im Gesicht, sie schnaufte und sie ekelte sich vor der Sonnencreme, die ich ihr aufdrängte. Aber als wir auf einer Bank Pause machten, sang sie mir ein wirres Lied vor, das sie noch aus ihrer Jugendwohngruppe kannte. Kurz darauf entdeckten wir ein Café, und mir war klar, dass wir an diesem Tag nicht weiter kommen würden. Wir bestellten Eis und ich ging zur Toilette. Auf dem Rückweg sah ich einen Mann, der seine Hände auf den zweiten Stuhl an unserem Tisch gelegt hatte.
„Nö, den brauchen wir. Meine Mutter kommt noch.“ Bodils Stimme, klar und deutlich. Mit zwei Schritten stolperte ich zurück in den Gang und starrte eine ganze Weile auf die Flyer, die dort auslagen. Das Eis stand schon auf dem Tisch, als ich wiederkam und Bodil strahlte mich an.
„Hat ja lange gedauert.“
„Ja. Schmeckt das Eis?“ Ich lächelte zurück und hob den Schal auf, der von ihrer Stuhllehne gerutscht war.
„Lecker. Mal probieren?“
„Nee, lass mal, ich hab doch mein eigenes.“
Ihr Lächeln blieb für einen Moment wie festgeschraubt, bevor sie mit den Schultern zuckte und sich über ihr Eis beugte.
„Oder doch, lass mich mal Schokolade probieren“, sagte ich schnell.
„Zu spät!“ Sie grinste, schob mir aber mit einer großen Bewegung ihren Becher entgegen. Dann lehnte sie sich zurück und verfolgte mit verschränkten Armen meine Reaktion. Ich nahm einen Löffel und rollte mit den Augen.
„Mh! Willst du bei mir auch probieren?“
Sie rührte sich nicht, sah mich nur an, dieses Kuchen-Glänzen in den Augen.
„Willst du?“, fragte ich.
„Du siehst toll aus“, platzte sie heraus. „Gar nicht wie über fünfzig."
„Ach Bodil ...“
„Du siehst aus wie eine Filmschauspielerin.“
„Das ist der Fahrtwind. Der macht Farbe im Gesicht. Bei dir auch.“
„Fahren wir morgen noch mal? Nach deiner Arbeit?“
Ich hätte es ihr schon lange sagen müssen.
„Vielleicht wird mir das zu eng, ich muss noch packen. Ende der Woche fliegen wir in Urlaub.“
Ihr Blick irrte kurz an mir vorbei, bevor sie mich wieder ansah.
„Wie lange?“
„Drei Wochen.“
„Drei Wochen. Liebesurlaub mit Stefan.“ Sie zog eine Grimasse, und ich war erleichtert, dass sie nur spottete.
„Wanderurlaub. Ja und auch Liebesurlaub. Warum nicht?“

Auf dem Rückweg stürzte sie. Als ich hinter mir ihren Schrei hörte, dachte ich zuerst, sie wolle mich auf etwas aufmerksam machen. Aber dann lag sie im Gebüsch und kratzte sich Arme und Gesicht an den Dornen blutig. Ich sprang vom Rad und zog sie auf die Füße. Wie rasend trat sie nach ihrem Fahrrad, immer wieder. Leute fuhren kopfschüttelnd vorbei und irgendwann packte ich sie und hielt sie fest. Es dauerte lange, bis sie aufhörte zu weinen.

„Das kriegst du nicht mehr raus.“
Die Zahnbürste im Mund sah Stefan zu, wie ich versuchte, über der Badewanne die Blutflecken aus der Bluse zu waschen. „Wieso fällt die plötzlich vom Rad?“
„Keine Ahnung. Bis dahin war es so schön. Vielleicht ist sie wirklich krank. Sie hat überhaupt keine Ausdauer. Ich glaube, sie hat noch ein Trauma, von dem Unfall. Meinst du, das kann sein?“ Ich holte Luft. „Das ist total ungünstig, wenn wir jetzt in Urlaub fahren. Können wir das nicht verschieben? Oder verkürzen, etwas später losfahren?“
„Was?“
„Bodil ist total durch den Wind.“
„Das ist sie hinterher auch noch.“
„Das finde ich überhaupt nicht witzig.“
„Aha, das findest du nicht witzig. Dann sag ich dir mal, was ich nicht witzig finde. Ich lasse mir von dem Mädel nicht bestimmen, wann ich in Urlaub fahre.“
Ich schmiss die Bluse in die Wanne, dass es spritzte.
„'Von dem Mädel'“, äffte ich ihn nach, „sag nicht immer 'Mädel'! Sie heißt Bodil. Außerdem kannst du in Urlaub fahren, wann du willst. Du wolltest doch immer mal alleine los. Dann mach das doch endlich mal. Du bist doch so frei, du brauchst auf niemanden Rücksicht nehmen, so wolltest du das doch immer. Deine Freiheit.“
„Verena ...“
„Ich lass sie jetzt nicht im Stich.“

Als ich ihr am Telefon anbot, sie am Nachmittag abzuholen, fragte sie, ob ich nicht packen müsse. Ich sagte, es sei noch nicht so sicher, ob wir wirklich reisen würden. Stefan und ich hatten kaum ein Wort gewechselt. Er war morgens gleich ins Büro gefahren.
Sie humpelte wieder stärker und zu ihrer Blässe kamen noch die roten Kratzer im Gesicht und an den Armen. Wir redeten kaum. Sie saß auf der Bank am Tisch, sah zu, wie ich den Teig rührte, und schnitt die Äpfel klein, die ich ihr hinstellte. Im Radio lief Musik. Während der Kuchen im Ofen war, räumte ich die Küche auf, und als ich fertig war, setzte ich mich zu ihr auf die Bank. Zum ersten Mal fiel mir nichts ein, was ich ihr erzählen könnte. Ich hatte Angst, sie könne nach dem Urlaub fragen und nach Stefan. Aber das tat sie nicht.
„Darf ich auf deinen Schoß?“, fragte sie.
Wie erwartet, war sie leicht, jedenfalls anfangs. Ihre Stirn lag an meiner Schläfe. Sie schnaufte ein wenig beim Atmen und sank gegen mich, während ich meine Finger um ihre Taille verschränkt hatte. Die ganze Zeit starrte ich auf den Kuchen, der sich im Ofen langsam wölbte. Im Radio spielten sie Madonna. Dann senkte sich die Türklinke und Stefan stand in der Tür. Er prallte zurück, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Als ich seinen Blick sah, ließ ich sofort die Hand sinken, die ich schon abwehrend gehoben hatte. Er holte Luft, trat ein und schloss die Tür hinter sich. Bodil versteifte sich auf meinem Schoß. Ihre Hand krallte sich in meinen Rücken. Mit ein paar Schritten war Stefan am Fenster und öffnete es. Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich schwitzte. Er riss den Kühlschrank auf, nahm Butter und Aufschnitt heraus und stellte sie neben den Herd auf die Anrichte.
„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.
Er nahm Brot aus dem Kasten und begann, Scheiben davon abzuschneiden. Ich fragte mich, warum er so viele Scheiben abschnitt, und ich sah seinen Rücken, seine hochgezogene Schulter, seine bedächtigen Bewegungen. Wie sehr ich mich nachts nach ihm gesehnt hatte.
„Er soll weggehen“, flehte sie. Ihre Finger gruben sich schmerzhaft in mein Fleisch. Ich wand mich vorsichtig, löste meine Hände voneinander, und sie wurde schlaff wie eine Puppe, rutschte mir fast aus dem Arm.
Stefan stellte Brot, Schinken, Käse und Butter auf den Tisch. Erst jetzt sah er mir in die Augen. Ich versuchte zu lächeln. Er nickte, wandte sich um und öffnete einen Schrank.
„Isst du mit, Bodil?“, fragte er, nahm drei Teller heraus und stellte sie dazu. Dann zog er die Besteckschublade auf. Bodil regte sich, drehte sich zögernd um. Ich ließ sie los und sie rutschte auf die Bank.
„Brot mit Schinken?“, fragte ich. “Unser Kuchen dauert bestimmt noch eine halbe Stunde.“
„Mein Licht war kaputt“, sagte sie.
„Was?“
„Bei dem Unfall. Du konntest mich gar nicht sehen. Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.“
Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete.

 

Hi Chutney,

ich schreib jetzt einfach mal drauflos. Keine Ahnung, was ich schreibe, ob mein Kommentar vielleicht anders ausfallen würde, wenn ich nochmal drüber schlafen würde. Egal.

Das Original von maria.meerhaba hab ich (noch) nicht gelesen, gehe also ganz 'unvoreingenommen' an deine Geschichte heran.

Klingt vielleicht banal, ist vielleicht auch ungeschickt, damit anzufangen, aber erst einmal muss ich loswerden, dass deine Geschichte was Rechtschreibung, Zeichensetzung, Sprachfluss angeht, sehr souverän, sehr sauber rüberkommt.

Und deine Dialoge gefallen mir (wie immer) gut, die klingen echt realistisch, fließen einfach so. Ich glaub das total, dass die so reden.

Was es mit den schwarzen Kleidern im ersten Satz auf sich hat, frage ich mich. Ist jemand gestorben? Ach so, vielleicht wegen Verenas Eltern, die kurz hintereinaner gestorben sind.

Der Name Bodil, der ist ja schon ungewöhnlich. Er sei dänisch, lese ich, die Worte Bote und Kampf stecken da drin - hm ... Wie bist du auf den Namen gekommen?

Dieses besondere Spannungsverhältnis zwischen Täter und Opfer, das fängst du gut ein. Und dieses Motiv einer kinderlosen Frau, die da auf einmal so ein 'Ersatzkind' hat. Ich weiß nicht genau, sind es jetzt nur ihre Schuldgefühle oder auch nicht ausgelebte mütterliche Gefühle, die da zum Tragen kommen? Wohl beides.

Gegen Ende nimmt das für mich dann kurzzeitig bedrohliche Züge an, wenn Bodil sagt 'Schick ihn weg' und 'Er soll weggehen'. Dann wieder die Wende, dass ich denke, Bodil ist jetzt endgültig bei Stefan und Verena angekommen, sie haben jetzt das Kind, das sie - warum auch immer - bis jetzt nicht hatten. Und dann Bodils Geständnis, peng! Wie so oft im richtigen Leben geht es hin und her, bleibt es in der Schwebe. Und manchmal finde ich das total Sch... bei Geschichten, aber bei dieser hier ... ja, da find ich das ... hm, das ist der Knackpunkt hier. Ich glaub, warum ich das Gesamtpaket so akzeptieren kann, wie du es geschnürt hast, liegt am Titel deiner Geschichte: 'Geheimrezept Liebe'. Da steckt für mich die ganze Hoffnung drin, dass es mit den Dreien gut weitergehen könnte. Ja, doch. Gefällt mir. :)

LG, Anne

 

Hey Chutney,


wie schön, was Neues von dir lesen zu dürfen.
Ich tauche gleich mal ein:


Endlich hatte ich die schwarzen Kleider gewaschen und weggehängt. Sie waren in den Monaten, in denen sie über der Sessellehne gehangen hatten, ganz staubig geworden. Abends überredete Stefan mich zu dieser Party zu gehen, draußen auf dem Land, in einer umgebauten Scheune, die sie mit dem ausrangierten Boden der Sporthalle ausgelegt hatten. Wir tanzten zwischen schwarzen und weißen Linien, gruben unsere jahrzehntealten Discofoxkenntnisse wieder aus und als wir von weitem Kunden sahen, flohen wir auf die andere Seite der Tanzfläche. Es wurde spät. Die Uhr neben dem Tacho zeigte fast drei, als wir wieder die Stadt erreichten. Stefan lachte leise neben mir.
Ich habe das mit den schwarzen Kleidern nicht verstanden :shy:. Soll das eine Anspielung auf was sein?
Wirkt so gewichtet, gleich im ersten Satz, aber ich kann mir keinen rechten Reim daraus machen.
Hier würde ich näher erklären, da ich die ganzen Zusammenhänge noch nicht kenne. Könnten ja Freier gemeint sein :). Vielleicht: ... und als wir von weitem Kunden aus unserer Kanzlei sahen ...
Insgesamt könntest du den ersten Abschnitt etwas straffen, finde ich. Da sind so viele Infos drin, die eigentlich keine Rolle spielen, finde ich.
Vorschlag: (Endlich hatte ich die schwarzen Kleider gewaschen und weggehängt. Sie waren staubig geworden.) Abends überredete Stefan mich, zu dieser Party zu gehen, draußen auf dem Land, in einer umgebauten Scheune. Wir gruben unsere (jahrzehntealten) Discofoxkenntnisse aus und als wir von weitem Kunden aus unserer Kanzlei sahen, flohen wir auf die andere Seite der Tanzfläche. Es wurde spät. Die Uhr unter dem Tacho zeigte fast drei, als wir die Stadt erreichten.

„Was denn?“
Er lachte wieder und ich sah zu ihm rüber.
„Was Erotisches?“
„Kann man wohl sagen.“
„Was denn nun?“
„Ich hab dich gehabt.“
Dass sie gleich auf was Erotisches tippt ... Aber gut, das sagt ja auch was über die beiden aus, allerdings verpufft das dann wieder mit seiner langweiligen Antwort: Ich hab dich gehabt. Da würde ich etwas mehr von ihm erwarten (und dir als Autor, der mich ganz neugierig macht), vielleicht, dass sie es auf einem schaukelnden Segelboot treiben, irgendwas ...

Ich lächelte und er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und dann überfuhr ich Bodil.
Den Bruch hier finde ich prima. Toller Cliffhanger auch.

Ich aber kaufte Blumen und backte einen Kuchen.
buk - willst ja keinen Indikativ.

Ihr Knie war bandagiert und so konnte sie den Fuß nicht ganz heranziehen. Wie eine Perlenkette zeichnete sich ihre gekrümmte Wirbelsäule unter dem T-Shirt ab. Erstaunlich, dass sie unter ihren Ponyfransen überhaupt etwas sehen konnte.
Vermeidbar.

„Nee, können Sie nicht.“ Sie klang, als hätte sie Knötchen auf den Stimmbändern. „Es tut mir so leid.“
„Ich hab gesagt, ich will keinen Besuch.“
„Kann ich Ihnen nicht wenigstens ein paar Blumen hier lassen?“
„Nein.“
„Und Kuchen?“
„Ich vertrag keine Nüsse.“
„Ist ohne Nüsse.“ Ich nahm die Alufolie ab. Ein Duft von Zimt und Hefe stieg auf. „Soll ich ihn auf Ihren Nachttisch stellen?“
Bodil antwortete nicht. Ihr Blick lag auf dem Kuchen, aber sie rührte sich nicht, saß merkwürdig verkrampft, die Füße angezogen, vielleicht wegen der halb angemalten Fußnägel. „Oder soll ich ihn auf den Tisch da drüben stellen?“
„Nein. Nicht da.“
Keine Angst, wir essen Ihnen schon nichts weg“, schnappte eine der Frauen.
Bodil sah nicht einmal in ihre Richtung, deutete schließlich auf die Aussparung unter ihrem Nachttisch.
...
„Okay, du hast mich erwischt. Doch nicht hübsch.“
„Hast du wohl nicht richtig geguckt.“ „Nein. Und jetzt hab ich einfach „du“ gesagt, tut mir leid.“
Sie legte den Kopf schief.
„Macht doch nichts.“
Ist jetzt keine Kritik oder so, ist mir nur aufgefallen, dass du so ... ja ... wie sagt man das?, diese "verneinenden" Formeln verwendest. Das eine oder andere ließe sich sicherlich umschreiben, "aktiver" (nicht verneinend) ausdrücken. Aber wie gesagt, nur mal so zum Aufzeigen.

Sie wird am Montag entlassen und sie hat niemanden, der sie abholt. Ich fahr sie nach Hause.“
„Wie, sie hat niemanden, was ist denn los mit der?“
„Ich weiß nicht, sie hat gesagt, sie hat niemanden. Sie will mit dem Bus fahren.“
...
Ich bring sie noch nach Hause und dann ist gut.“
Ich komme mir hier manchmal wie der Korinthenkacker vom Dienst vor, sieh es mir bitte nach :Pfeif:.
Vorschlag (irgendwie derart):
Sie wird am Montag entlassen und keiner holt sie ab. Ich will sie fahren.“
„Wie, hat sie niemanden, was ist denn los mit der?“
„Ich weiß nicht, hat sie jedenfalls gesagt. Sie will den Bus nehmen.“
...
Ich bring sie noch nach Hause und dann ist gut.“

„Ich hab schlecht geträumt.“ Bodil, wie ihr Körper durch die Luft flog.
Ich würde den Einschub kursiv setzen, vielleicht auch eine eigene Zeile gönnen.

„Fit? Also doch kein Aids was?“ Aber Bodil hatte den Raum schon verlassen, und ich lief ihr hinterher. „Mann, bin ich froh, dass ich da raus bin“, sagte sie.
Das würde ich etwas ausbauen. "Also doch nicht so krank, wie sie behauptet hat", oder so. Das würde besser verdeutlichen, dass sie damit nur spielt, sekundären Krankheitsgewinn erhofft.

... sie müsse so schnell wie möglich wieder rauf auf den Gaul ...
Gefällt mir nicht und passt nicht so wirklich zu Sprache, finde ich. Warum nicht einfach: aufsteigen?

... wenn ich in Bodils Strasse einbog ...
ß

Ich fuhr sie gerne im Auto zu uns nach Hause, um dort für sie zu backen ...
Würde ich killen, hast du weiter oben schon.

Ich zog den Kuchen aus dem Ofen und behielt Bodil dabei im Blick. Ihre Lippen öffneten sich und ihre Augen glänzten, wie die eines Kindes unterm Weihnachtsbaum.
Das sagt so viel aus. Traurig ist das, ja, Maria hat das ja auch im Text, so, oder ähnlich, wenn ich mich richtig erinnere..

Ich lachte, als er begann leise zu knurren.
Besser vielleicht: ... als er zu knurren begann.

Sie hatte immerhin danke gesagt und es klingelnd in den Fahrradkeller gefahren.
Besser vielleicht: Sie hatte sich immerhin bedankt und es klingelnd in den Fahrradkeller gefahren.

Obwohl ausnahmsweise wenig Wind war, kamen wir kaum voran.
Das ist schon sehr verbfaul, finde ich :).

Fahren wir morgen nochmal?
noch mal

Als ich hinter mir ihren Schrei hörte, dachte ich zuerst, sie wolle mich auf etwas aufmerksam machen.
Wollte sie ja auch. Ach, das ist schon sehr patholgisch alles, und wegen dem Kuchenaugenglänzen ahnt man auch, was (wann) sie krank gemacht hat (wurde).

... wie ich versuchte[K] über der Badewanne die Blutflecken aus der Bluse zu waschen.
Komma

„Ich lass sie jetzt nicht im Stich.“

Als ich ihr am Telefon anbot, sie am Nachmittag abzuholen, fragte sie, ob ich nicht packen müsse. Ich sagte, es sei noch nicht so sicher, ob wir wirklich reisen würden. Stefan und ich hatten kaum ein Wort gewechselt. Er war morgens gleich ins Büro gefahren.
Sie humpelte wieder stärker und zu ihrer Blässe kamen noch die roten Kratzer im Gesicht und an den Armen. Wir redeten nicht viel. Sie saß auf der Bank am Tisch, sah zu, wie ich den Teig rührte, und schnitt die Äpfel klein, die ich ihr hinstellte. Im Radio lief Musik. Während der Kuchen im Ofen war, räumte ich die Küche auf, und als ich nichts mehr zu tun hatte, setzte ich mich zu ihr auf die Bank. Zum ersten Mal fiel mir nichts ein, was ich ihr erzählen könnte. Ich hatte Angst, sie könne nach dem Urlaub fragen und nach Stefan. Aber das tat sie nicht.

Wieder exemplarisch, nur mal so zum mit der Nase draufstoßen - ist jetzt keine Kritik.
Möglich wäre halt hin und wieder etwas wie folgt:
sei nicht so sicher - sei unklar, nicht packen müsse - packen müsse, redeten nicht - schwiegen, nichts mehr zu tun - damit fertig war(wurde).

„Darf ich auf deinen Schoß?“[K] fragte sie.
Komma.
Abgefahren. Für mich ist deine Bodil hochgradig gestört, und weiß genau, was sie für Knöpfe drücken muss.

„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.
Ja, Martin stellt natürlich eine Bedrohung für sie dar.

„Isst du mit, Bodil?“[K] fragte er
Komma

Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.
Das mit dem Licht, hm, ich weiß nicht, aber egal. Interessanter ist diese Provokation. Dieses Ausprobieren, was passiert. Und natürlich das Geständnis, und dabei meine ich nicht, dass sie gelogen hat, um abzukassieren.


Auf die hervorragende Vorlage von maria.meerhaba gehe ich nicht weiter ein, sondern beschränke mich nur auf deinen Text.


Die zwei Frauen, die das Schicksal zusammengeführt hat, sind interessante Figuren. Für mich ist Bodil psychisch mehr als nur auffällig - ich hatte immer wieder eine Borderline-Kranke vor Augen (hätte auch gut gepasst, wenn sie sich immer mal wieder schneiden würde, Narben hätte). Und Verena, ja, sie lebt etwas aus, da ist was Dunkles in ihr, dass sie durch ihre Bemutterung aufhellen möchte - dieser Verlust, die Kinderlosigkeit. Natürlich spürt Bodil das, nutzt das aus, spielt gegeneinander aus, so manipulativ ist sie, und erkennt in Martin natürlich die Gefahr. Ja, du zeichnest das Bild einer hochgradig psychisch erkrankten jungen Frau, die nicht nur sich, sondern auch ihre Umwelt zerstören kann.
So zumindest meine Leseart.
Wenn du das beabsichtigt haben solltest, ist dir das echt gut gelungen.

Natürlich wäre es spannend, wenn du noch ein/ zwei Schritte weitergehen würdest. Du beschreibst die konfliktgeladene Situation, löst sie aber (egal in welche Richtung) leider nicht auf. Der Spannungsbogen ist da, und du brichst ihn einfach entzwei.
Was geschieht mit Martin und Verena weiter? Kommt das Kinderthema nochmals hoch? Wird das aufgearbeitet? Wie spitzt sich das alles zu? Was ist mit Bodil? Was geschieht mit ihr? Gelingt es Martin (als eine Art Antagonisten) die Richtung zu ändern?
Da könntest du noch ansetzen, finde ich, den Bogen noch gespannt lassen (weiter spannen) und befriedigend auflösen.

Sprachlich gefällt mit der Text gut - gibt ja immer was zum Nörgeln, klar. Einige Doppler (hab nicht auf alle hingewiesen), ein paar überdenkenswerte Dinge/ Passagen, aber en gros ist das natürlich prima geschrieben.

Vielleicht kannst du was mit dem einen oder anderen Gedanken von mir anfangen, Chutney.

Vielen Dank fürs Hochladen

hell

 

Ich komme mir hier manchmal wie der Korinthenkacker vom Dienst vor, sieh es mir bitte nach

Hi hell,

ich sach mal prophylaktisch: Wenn ich irgendwann mal wieder 'ne neue Geschichte im Forum poste, würde ich es dir definitiv 'nachsehen', wenn du bei mir zum Korinthenkacken vorbeischauen würdest ... :D Ich find deine Textarbeit großartig.

Nachtrag für dich, Chutney: Hab mir gerade überlegt, ob Steuerberater ihre Kunden nicht eigentlich Mandanten nennen?

Und ich find's spannend, dass hell Bodil als so 'gestört' wahrnimmt. Gibt es nicht eine ganze Menge 'manipulative' Typen?

LG, Anne

 

Liebe Chutney,

ich gehöre zu denen, die beim Copywrite allle Referenzgeschichten vorher liest. Das hat natürlich den Nachteil, da es ganz unmöglich ist, das Vorwissen auszuschalten.
Aber ich finde, es hat auch Vorteile, zum Beispiel, wenn man Namen mitnimmt oder sich weitgehend an den Plot hält. Ich vergleiche sehr gerne, aber nicht in der Absicht, die Autoren gegeneinander auszuspielen, sondern darüber zu staunen, was man alles aus einer Vorlage machen kann.

In deinem Text habe ich vor allem darauf geschaut, wie du das "Unfallopfer" Bodil im Szene setzest. Ich muss sagen, dass dir eine sehr spannende Geschichte gelungen ist, wie das Mädchen Schwachstellen in der Beziehung des Ehepaares aufspürt und ausbeutet. Bei Marias Geschichte habe ich Sympathien für das kranke Mädchen gespürt, bei Bodil läuteten bei mir ziemlich früh die Alarmglocken. Natürlich ist sie auch krank, es ist die berechnende Raffinesse, mit der sie sich in das Leben des Paares drängt.

Sie sah jünger aus als achtzehn, so klein, als müsse sie noch wachsen

Ich kann den Schock verstehen, als Stefan die Achtzehnjährige auf dem Schoß seiner Frau sitzen sieht. Das interpretiere ich als Kampfansage um den Besitz Verenas. Die folgende Szene mit der gemeinsamen Mahlzeit ist für mich ein Waffenstillstand.

Ganz schön gruselig. Wer weiß, was Bodil noch ausheckt. Ein Hauch von Stephen King!

Nur die schwarzen Klamotten zu Beginn konnte ich nicht einordnen. Ich fand sie auch gar nicht so zwingend für den Verlauf der Story. Habe ich da was übersehen?

Zum sprachlichen Teil hat hell so viel geschrieben, da müsste ich schon eine Pinzette nehmen, um noch etwas Flusiges zu finden.

Mir hat dein Copywrite-Abenteuer sehr gut gefallen.

Und sag jetzt nicht, dass du eigentlich eine neue Familienidylle im Sinn hattest.:dagegen:

Herzlichst
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Anne49,

du bist ja auch ganz schön speedy. Vielen Dank für deinen schnellen und ermutigenden Kommentar. Was Rechtschreibung und Zeichensetzung betrifft, da hat hell ja doch noch einiges entdeckt, aber trotzdem, danke!

Das Original von maria.meerhaba hab ich (noch) nicht gelesen, gehe also ganz 'unvoreingenommen' an deine Geschichte heran.

Das Original von Maria lohnt sich wirklich sehr zu lesen.

Und deine Dialoge gefallen mir (wie immer) gut, die klingen echt realistisch, fließen einfach so. Ich glaub das total, dass die so reden.

Dankeschön :)

Was es mit den schwarzen Kleidern im ersten Satz auf sich hat, frage ich mich. Ist jemand gestorben? Ach so, vielleicht wegen Verenas Eltern, die kurz hintereinaner gestorben sind.

Ja, das war der Grund. Ich wollte zeigen, in welcher Lebenssituation sie sich befinden, so eine Zeit der Trauer, der Leere und jetzt das erste Mal feiern. Und in da hinein platzt der Unfall. Ich war aber auch nicht so ganz glücklich mit dem Satz, hatte ihn zwischendurch schon mal draussen. Nach den Rückmeldungen von dir und hell habe ich ihn jetzt gestrichen. Ist besser so.

Der Name Bodil, der ist ja schon ungewöhnlich. Er sei dänisch, lese ich, die Worte Bote und Kampf stecken da drin - hm ... Wie bist du auf den Namen gekommen?

Der Name hat sich schnell in meinem Kopf festgesetzt, zwischendurch dachte ich auch, ihn im Verlauf auf Bo zu kürzen, das fällt mir jetzt erst wieder ein. Das Ganze spielt in Norddeutschland an der dänischen Grenze. (Überraschung - da wohne ich. ;)) Und die Bedeutung habe ich auch mal gegoogelt und fand das ganz passend.

Und dieses Motiv einer kinderlosen Frau, die da auf einmal so ein 'Ersatzkind' hat. Ich weiß nicht genau, sind es jetzt nur ihre Schuldgefühle oder auch nicht ausgelebte mütterliche Gefühle, die da zum Tragen kommen? Wohl beides.

Das denke ich auch.

Wie so oft im richtigen Leben geht es hin und her, bleibt es in der Schwebe. Und manchmal finde ich das total Sch... bei Geschichten, aber bei dieser hier ... ja, da find ich das ... hm, das ist der Knackpunkt hier. Ich glaub, warum ich das Gesamtpaket so akzeptieren kann, wie du es geschnürt hast, liegt am Titel deiner Geschichte: 'Geheimrezept Liebe'.

Ja, da bin ich auch gespannt, wie das weiterhin ankommt. Ich habe einige Komponenten von Marias Text verändert, jedoch versucht, mich an der Struktur ihrer Geschichte zu orientieren. Und da blieb auch am Ende etwas in der Schwebe. Das hat mir gut gefallen. Ich glaube, dass ich die Grundstruktur dieser Beziehungen schon dargestellt habe. Mein Gedanke ist, dass es noch lange so weitergehen wird, mit Höhen und Tiefen, klammern und ohrfeigen. Es wird noch viel "Liebe" brauchen. Da hätte ich noch einige Schleifen mehr drehen können, oder eben hier einen Schnitt machen. Der Titel ist ein Zitat aus Marias Geschichte.

Ja, doch. Gefällt mir.

Dankeschön!

Liebe Grüße von Chutney

Hallo hell,

wow, was für ein ausführlicher Kommentar. Da waren sehr viele Punkte dabei, die mir sehr weitergeholfen haben.

Ich habe das mit den schwarzen Kleidern nicht verstanden

Das ging Anne auch so. Ich zitiere mich nochmal selbst:

"Ich wollte zeigen, in welcher Lebenssituation sie sich befinden, so eine Zeit der Trauer, der Leere und jetzt das erste Mal feiern. Und in da hinein platzt der Unfall. Ich war aber auch nicht so ganz glücklich mit dem Satz, hatte ihn zwischendurch schon mal draussen. Nach den Rückmeldungen von dir und hell habe ich ihn jetzt gestrichen. Ist besser so."

Insgesamt könntest du den ersten Abschnitt etwas straffen, finde ich.

Etwas habe ich ihn gestrafft und auch einige Wortwiederholungen verändert. Mal gucken, ob es reicht.

Dass sie gleich auf was Erotisches tippt ... Aber gut, das sagt ja auch was über die beiden aus, allerdings verpufft das dann wieder mit seiner langweiligen Antwort: Ich hab dich gehabt. Da würde ich etwas mehr von ihm erwarten (und dir als Autor, der mich ganz neugierig macht), vielleicht, dass sie es auf einem schaukelnden Segelboot treiben, irgendwas ...

Sie kennen sich lange, sie weiß, wie er dann lacht. Gleichzeitig kommen sie aus einer Zeit der sexuellen Flaute, da ist allein die Tatsache, dass er vom Sex mit ihr träumt bereits ungewöhnlich.

Ich lächelte und er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und dann überfuhr ich Bodil.
Den Bruch hier finde ich prima. Toller Cliffhanger auch.

Ist inspiriert vom Original. Aber danke.

Ich aber kaufte Blumen und backte einen Kuchen.
buk - willst ja keinen Indikativ.

Indikativ? "Buk" klingt mir zu altertümlich und "backte" kann man heute sagen.

Ihr Knie war bandagiert und so konnte sie den Fuß nicht ganz heranziehen. Wie eine Perlenkette zeichnete sich ihre gekrümmte Wirbelsäule unter dem T-Shirt ab. Erstaunlich, dass sie unter ihren Ponyfransen überhaupt etwas sehen konnte.
Vermeidbar.

Habe ich etwas verändert. Danke.

Ist jetzt keine Kritik oder so, ist mir nur aufgefallen, dass du so ... ja ... wie sagt man das?, diese "verneinenden" Formeln verwendest. Das eine oder andere ließe sich sicherlich umschreiben, "aktiver" (nicht verneinend) ausdrücken. Aber wie gesagt, nur mal so zum Aufzeigen.

Da hast du mich richtig beeindruckt, das ist mir selber nicht aufgefallen und du hast vollkommen recht. Mit diesen ganzen Verneinungen, da werde ich nochmal schwer in mich gehen. In der Krankenhausszene habe ich allerdings nur eine Verneinung geändert und zwar auf Verenas Seite mit den Blumen. In der Szene geht es um die Abfuhr, die Bodil Verena erteilt. Also der Subtext ist hier tatsächlich "nein". Und am Ende steht auch noch kein klares "Ja".

Ich komme mir hier manchmal wie der Korinthenkacker vom Dienst vor, sieh es mir bitte nach .
Vorschlag (irgendwie derart):
Sie wird am Montag entlassen und keiner holt sie ab. Ich will sie fahren.“
„Wie, hat sie niemanden, was ist denn los mit der?“
„Ich weiß nicht, hat sie jedenfalls gesagt. Sie will den Bus nehmen.“
...
Ich bring sie noch nach Hause und dann ist gut.“

Du bist kein Korinthenkacker, du hast eine sehr scharfe Beobachtungsgabe. In diesem Fall lasse ich die Wiederholungen noch mal. Ich finde dieses Unbeholfene, Wiederholende macht den Dialog lebensechter. Vielleicht kommen ja noch mehr Klagen.

„Ich hab schlecht geträumt.“ Bodil, wie ihr Körper durch die Luft flog.
Ich würde den Einschub kursiv setzen, vielleicht auch eine eigene Zeile gönnen.

Überlege ich noch. Nur eine Zeile im ganzen Text kursiv? Hm. Und direkt an die wörtliche Rede drangeklatscht transportiert es für mich dieses unmittelbare Kopfkino, welches bei Verena einsetzt.

„Fit? Also doch kein Aids was?“ Aber Bodil hatte den Raum schon verlassen, und ich lief ihr hinterher. „Mann, bin ich froh, dass ich da raus bin“, sagte sie.
Das würde ich etwas ausbauen. "Also doch nicht so krank, wie sie behauptet hat", oder so. Das würde besser verdeutlichen, dass sie damit nur spielt, sekundären Krankheitsgewinn erhofft.

Wenn ich das ausbaue, habe ich Angst das es Erklärbär für den Leser wird. Und, ganz ehrlich, will ich es in der Schwebe lassen, ob sie nicht tatsächlich krank ist. Für dich ist sie eindeutig eine Simulantin. Interessant.

... sie müsse so schnell wie möglich wieder rauf auf den Gaul ...
Gefällt mir nicht und passt nicht so wirklich zu Sprache, finde ich. Warum nicht einfach: aufsteigen?

Lasse ich auch noch mal.

... wenn ich in Bodils Strasse einbog ...
ß

Ich fuhr sie gerne im Auto zu uns nach Hause, um dort für sie zu backen ...
Würde ich killen, hast du weiter oben schon.


Habe ich beides geändert, danke.

Ich lachte, als er begann leise zu knurren.
Besser vielleicht: ... als er zu knurren begann.

Ist geändert :)

Sie hatte immerhin danke gesagt und es klingelnd in den Fahrradkeller gefahren.
Besser vielleicht: Sie hatte sich immerhin bedankt und es klingelnd in den Fahrradkeller gefahren.

Obwohl ausnahmsweise wenig Wind war, kamen wir kaum voran.
Das ist schon sehr verbfaul, finde ich .


Das Erste lasse ich erstmal, klingt irgendwie frischer für mich als "bedankt", das zweite überlege ich noch, vielleicht "obwohl wir ausnahmsweise wenig Wind hatten ..."
"Verbfaul" sehr nett. :D

„Ich lass sie jetzt nicht im Stich.“

Als ich ihr am Telefon anbot, sie am Nachmittag abzuholen, fragte sie, ob ich nicht packen müsse. Ich sagte, es sei noch nicht so sicher, ob wir wirklich reisen würden. Stefan und ich hatten kaum ein Wort gewechselt. Er war morgens gleich ins Büro gefahren.
Sie humpelte wieder stärker und zu ihrer Blässe kamen noch die roten Kratzer im Gesicht und an den Armen. Wir redeten nicht viel. Sie saß auf der Bank am Tisch, sah zu, wie ich den Teig rührte, und schnitt die Äpfel klein, die ich ihr hinstellte. Im Radio lief Musik. Während der Kuchen im Ofen war, räumte ich die Küche auf, und als ich nichts mehr zu tun hatte, setzte ich mich zu ihr auf die Bank. Zum ersten Mal fiel mir nichts ein, was ich ihr erzählen könnte. Ich hatte Angst, sie könne nach dem Urlaub fragen und nach Stefan. Aber das tat sie nicht.
Wieder exemplarisch, nur mal so zum mit der Nase draufstoßen - ist jetzt keine Kritik.
Möglich wäre halt hin und wieder etwas wie folgt:
sei nicht so sicher - sei unklar, nicht packen müsse - packen müsse, redeten nicht - schwiegen, nichts mehr zu tun - damit fertig war(wurde).


Hier hab ich tatsächlich einige Verneinungen abgeändert. Und es ist wirklich besser. Toller Tip.

Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.
Das mit dem Licht, hm, ich weiß nicht, aber egal. Interessanter ist diese Provokation. Dieses Ausprobieren, was passiert. Und natürlich das Geständnis, und dabei meine ich nicht, dass sie gelogen hat, um abzukassieren.

Ja, das habe ich aus dem Anfangsbild in Marias Geschichte genommen. Sich nach dem Schmetterling sehnen und ihn dann zerstören müssen.

Die zwei Frauen, die das Schicksal zusammengeführt hat, sind interessante Figuren. Für mich ist Bodil psychisch mehr als nur auffällig - ich hatte immer wieder eine Borderline-Kranke vor Augen (hätte auch gut gepasst, wenn sie sich immer mal wieder schneiden würde, Narben hätte). Und Verena, ja, sie lebt etwas aus, da ist was Dunkles in ihr, dass sie durch ihre Bemutterung aufhellen möchte - dieser Verlust, die Kinderlosigkeit. Natürlich spürt Bodil das, nutzt das aus, spielt gegeneinander aus, so manipulativ ist sie, und erkennt in Martin natürlich die Gefahr. Ja, du zeichnest das Bild einer hochgradig psychisch erkrankten jungen Frau, die nicht nur sich, sondern auch ihre Umwelt zerstören kann.
So zumindest meine Leseart.
Wenn du das beabsichtigt haben solltest, ist dir das echt gut gelungen.

Ja, das trifft es. Ich freue mich, dass der Text so bei dir angekommen ist.

Natürlich wäre es spannend, wenn du noch ein/ zwei Schritte weitergehen würdest. Du beschreibst die konfliktgeladene Situation, löst sie aber (egal in welche Richtung) leider nicht auf. Der Spannungsbogen ist da, und du brichst ihn einfach entzwei.

Hier zitiere ich mich nochmal selbst:

"Ich habe einige Komponenten von Marias Text verändert, jedoch versucht, mich an der Struktur ihrer Geschichte zu orientieren. Und da blieb auch am Ende etwas in der Schwebe. Das hat mir gut gefallen. Ich glaube, dass ich die Grundstruktur dieser Beziehungen schon dargestellt habe. Mein Gedanke ist, dass es noch lange so weitergehen wird, mit Höhen und Tiefen, klammern und ohrfeigen. Es wird noch viel "Liebe" brauchen. Da hätte ich noch einige Schleifen mehr drehen können, oder eben hier einen Schnitt machen."

Sprachlich gefällt mit der Text gut - gibt ja immer was zum Nörgeln, klar. Einige Doppler (hab nicht auf alle hingewiesen), ein paar überdenkenswerte Dinge/ Passagen, aber en gros ist das natürlich prima geschrieben.

Dankeschön und ich schau nochmal rein, was die Doppler betrifft.

Vielleicht kannst du was mit dem einen oder anderen Gedanken von mir anfangen, Chutney.

Nach so einem grandiosen Kommentar so ein bescheidener Satz! Du hast mir sehr geholfen. Vielen Dank, hell und eine gute Nacht, wo wir ja noch mit dem einen oder anderen Text rechnen können.;)

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney,

auch ich kenne Meryems Geschichte nicht und stürz mich einfach mal in deine.

Den ersten Abschnitt finde ich sehr gelungen, man kommt leicht in die Geschichte, lässt sich mit treiben und dann

überfuhr ich Bodil.
Ui, da bin ich schon zusammengezuckt.

Danach lernt man Bodil und Verena erst kennen und ich muss zugeben, dass ich die Geschichte nicht beim ersten Mal zu Ende gelesen habe. Ich tu mich schwer damit über Leute zu lesen, die mir unsympathisch sind – und ich kann weder Verena noch Bodil leiden. Das hat nichts mit deinem Schreibstil zu tun – im Gegenteil, ich finde es toll wie du schreibst, wie du es schaffst die richtigen Akzente zu setzen ohne zu viel zu sagen. Da kann ich einiges von lernen.

Ich möchte dich nur wissen lassen, wie ich die Figuren erlebe und vielleicht ist es ja dann genau das was du mit der Geschichte erreichen wolltest.

Bodil ist wirklich gruselig, das haben andere bereits bemerkt. Ist es relevant, ob Bodil eine schwere Krankheit hat oder nicht? Wenn Bodil wirklich unheilbar krank wäre, was würde das für Verena und Stefan bedeuten? Würde Verena ihr komplettes Leben opfern für eine junge Frau, die sie nicht kennt und die noch nicht mal dankbar oder freundlich ist? Eigentlich tut sie das ja jetzt schon. Also spielt es wahrscheinlich für diese Konstellation kein Rolle.
Diese Art von Bodil, dieses „Ach bleib bloß weg von mir.“ und dieses „Ja, schau nur wie schwach und einsam ich bin. Ich hoffe du fühlst dich schlecht!“, das macht mich wütend.

Dass sie sich am Ende noch zwischen Verena und Stefan drängen will ist mir fast schon etwas zu viel. Aber da bin ich schon so weit zu denken: Selbst Schuld, Verena. Und: Lauf, Stefan!

Denn irgendwann kann ich auch Verena nicht mehr ertragen. Es wird nicht ganz klar, warum sie sich so für Bodil verantwortlich fühlt. Es kann nicht nur an dem Unfall liegen. Warum stößt sie sogar Stefan von sich nur um für Bodil da zu sein? Und wieso findet sie die Nähe, die Bodil sucht nicht selber etwas merkwürdig? Also wenn sich mir eine erwachsene Frau auf den Schoß setzen möchte, würde ich schon seltsam schauen, auch wenn es eine Freundin ist.
Überhaupt erfährt man sehr wenig über Verenas Beweggründe, sie macht einfach, will Bodil nicht im Stich lassen.

„Bei dem Unfall. Du konntest mich gar nicht sehen. Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.“
Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete.
Es ist eigentlich egal, was genau Bodil hier sagt. Sie könnte auch sagen: Stefan hat mich angefasst.
Es läuft darauf hinaus, dass Stefan sich über Bodil aufregt und Verena sie verteidigt. Dann trennen sich Verena und Stefan und Verena und Bodil verschmelzen zu einem einzigen Klumpen aus Selbstmitleid und schlechtem Gewissen.

Geheimrezept Liebe
Die Liebe aus dem Titel kann ich nirgendwo entdecken.

Sooo, das sind meine Gedanken dazu und du hast auf jeden Fall erreicht, dass deine Geschichte Gefühle in mir auslöst, wenn auch nicht unbedingt positive. ;) Ich hoffe du kannst damit was anfangen.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Hallo, liebe Anne,

Nachtrag für dich, @Chutney: Hab mir gerade überlegt, ob Steuerberater ihre Kunden nicht eigentlich Mandanten nennen?

Guter Punkt, werde ich ändern, danke.


Und ich find's spannend, dass hell Bodil als so 'gestört' wahrnimmt. Gibt es nicht eine ganze Menge 'manipulative' Typen?

Ein interessanter Gedanke. Tatsächlich ist es mir recht, wenn Bodil unterschiedlich wahrgenommen wird, wenn manche mehr das Manipulative, andere das Gestörte oder das Bedürftige wahrnehmen, das Aggressive und auch Normales. Alles Facetten, die es in abgeschwächter Form auch in anderen Menschen gibt, aber bei ihr ist es schon extrem, finde ich.

Anne, herzlichen Dank, dass du noch mal reingeschaut hast!

Gruß, Chutney :)


Liebe wieselmaus,

dir auch vielen Dank fürs Reinschauen!

ich gehöre zu denen, die beim Copywrite allle Referenzgeschichten vorher liest. Das hat natürlich den Nachteil, da es ganz unmöglich ist, das Vorwissen auszuschalten.
Aber ich finde, es hat auch Vorteile, zum Beispiel, wenn man Namen mitnimmt oder sich weitgehend an den Plot hält. Ich vergleiche sehr gerne, aber nicht in der Absicht, die Autoren gegeneinander auszuspielen, sondern darüber zu staunen, was man alles aus einer Vorlage machen kann.

Uh, jetzt bin ich gespannt, wie der Text bei dir angekommen ist.

In deinem Text habe ich vor allem darauf geschaut, wie du das "Unfallopfer" Bodil im Szene setzest. Ich muss sagen, dass dir eine sehr spannende Geschichte gelungen ist, wie das Mädchen Schwachstellen in der Beziehung des Ehepaares aufspürt und ausbeutet.

Dankeschön!

Ich kann den Schock verstehen, als Stefan die Achtzehnjährige auf dem Schoß seiner Frau sitzen sieht. Das interpretiere ich als Kampfansage um den Besitz Verenas. Die folgende Szene mit der gemeinsamen Mahlzeit ist für mich ein Waffenstillstand.

Ja und für mich auch eine Wiederannäherung zwischen den Ehepartnern.

Ganz schön gruselig. Wer weiß, was Bodil noch ausheckt. Ein Hauch von Stephen King!

Das könnte man natürlich noch weiter treiben, stimmt. Dennoch merke ich, dass ich jetzt Bodil in Schutz nehmen möchte. Sie rutscht auch in das Muster, das Verena ihr anbietet, läßt sich locken und zieht dann eine ziemlich kranke Nummer ab. So habe ich es jedenfalls gedacht.

Nur die schwarzen Klamotten zu Beginn konnte ich nicht einordnen. Ich fand sie auch gar nicht so zwingend für den Verlauf der Story. Habe ich da was übersehen?

Sind schon weg!

Und sag jetzt nicht, dass du eigentlich eine neue Familienidylle im Sinn hattest.

Nee, bestimmt nicht. Wenn es weiter geht mit den Dreien, wird es harte Arbeit.


Mir hat dein Copywrite-Abenteuer sehr gut gefallen.

"Abenteuer" ist gut ausgedrückt, so hat es sich angefühlt. Herzlichen Dank, Wieselmaus!

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nichtgeburtstagskind,

wir kennen uns ja noch gar nicht, ein spätes "Herzlich Willkommen" von mir und danke dass du dich in meine Geschichte gestürzt hast.

Den ersten Abschnitt finde ich sehr gelungen, man kommt leicht in die Geschichte, lässt sich mit treiben und dann
überfuhr ich Bodil.
Ui, da bin ich schon zusammengezuckt.

:D Sollte man auch.

Danach lernt man Bodil und Verena erst kennen und ich muss zugeben, dass ich die Geschichte nicht beim ersten Mal zu Ende gelesen habe. Ich tu mich schwer damit über Leute zu lesen, die mir unsympathisch sind – und ich kann weder Verena noch Bodil leiden.

Am sympathischsten ist wahrscheinlich Stefan, der die kleinste Rolle hat. Schön, dass du trotzdem weiter gelesen hast.

Das hat nichts mit deinem Schreibstil zu tun – im Gegenteil, ich finde es toll wie du schreibst, wie du es schaffst die richtigen Akzente zu setzen ohne zu viel zu sagen. Da kann ich einiges von lernen.

Dankeschön. :shy:

Bodil ist wirklich gruselig, das haben andere bereits bemerkt. Ist es relevant, ob Bodil eine schwere Krankheit hat oder nicht? Wenn Bodil wirklich unheilbar krank wäre, was würde das für Verena und Stefan bedeuten?

Ich denke, es ist für die Geschichte nicht relevant das zu klären. Der "Mechanismus" funktioniert in beiden Fällen. Allerdings macht dieses "Nichtwissen" Bodil noch undurchsichtiger und trennt möglicherweise die Leser in die, die sie gestört und bedürftig wahrnehmen und in die, die sie rein manipulativ und gefährlich wahrnehmen. Das hätte ich nichts dagegen.

Eigentlich tut sie das ja jetzt schon. Also spielt es wahrscheinlich für diese Konstellation kein Rolle.

Ja, genau, das meinte ich.

Dass sie sich am Ende noch zwischen Verena und Stefan drängen will ist mir fast schon etwas zu viel. Aber da bin ich schon so weit zu denken: Selbst Schuld, Verena. Und: Lauf, Stefan!

Kann ich gut verstehen. Er läuft aber nicht obwohl es zuerst so aussieht.

Und wieso findet sie die Nähe, die Bodil sucht nicht selber etwas merkwürdig? Also wenn sich mir eine erwachsene Frau auf den Schoß setzen möchte, würde ich schon seltsam schauen, auch wenn es eine Freundin ist.
Überhaupt erfährt man sehr wenig über Verenas Beweggründe, sie macht einfach, will Bodil nicht im Stich lassen.

Ganz ehrlich, hier bin ich selber, was die Perspektive betrifft, unsicher gewesen. Ich schildere das Ganze aus Verenas Sicht, sie beobachtet und beschreibt sehr genau, wirkt nicht direkt wie eine "unzuverlässige Erzählerin" aber ihr Handeln zeigt, dass sie aus dem Beobachteten nicht dieselben Schlüsse zieht wie die Leser. Hier war ich mir auch nicht ganz sicher, ob das wirklich funktioniert, wenn ich ihre Gedanken zum Beispiel weitgehend weglasse. Den Anfang hatte ich erst in der dritten Person. In der ersten Person kam mir das Ganze aber dichter, lebendiger vor.
Was Verenas Beweggründe betrifft, so weiß ich nicht ob ich den Konflikt zwischen Verena und Stefan, was das Kinderthema betrifft, hinreichend angedeutet habe. Da gibt es einen Mangel bei ihr und auch einen Groll, ob berechtigt oder nicht.

Es ist eigentlich egal, was genau Bodil hier sagt. Sie könnte auch sagen: Stefan hat mich angefasst.
Es läuft darauf hinaus, dass Stefan sich über Bodil aufregt und Verena sie verteidigt. Dann trennen sich Verena und Stefan und Verena und Bodil verschmelzen zu einem einzigen Klumpen aus Selbstmitleid und schlechtem Gewissen.

Ja, sie sagt aber nicht "Stefan hat mich angefasst". Das ist für mich schon ein Unterschied. Hier nimmt sie in Kauf, beide vor den Kopf zu stossen. Denn Verena und Stefan haben gerade eine Einigkeit ihr gegenüber gezeigt. Die Gefahr mit dem Klumpen sehe ich als gegeben, aber noch steht Stefans "gesunder Menschenverstand" im Raum.

Geheimrezept Liebe
Die Liebe aus dem Titel kann ich nirgendwo entdecken.

Ich glaube ich meine hier als Erstes die Liebe zwischen Verena und Stefan, die trotz aller Macken vorhanden ist. Die ihn dazu bewegt, nicht einfach weg zu bleiben, sondern an Verenas Seite zu treten. Und die ihr ermöglicht, Bodil loszulassen in diesem Moment.
Die Liebe, die Bodil mit Sicherheit gefehlt hat. Die Frage, welche Art von Liebe es braucht, damit das Ganze in eine gesündere Schiene kommt. Sowas in der Art. Jedenfalls nicht die romantische Liebe aus dem Liebesroman.
Aber wenn du wirklich wissen willst, was es mit dem Titel auf sich hat, müsstest du doch Marias Geschichte noch lesen. Lohnt sich!

Sooo, das sind meine Gedanken dazu und du hast auf jeden Fall erreicht, dass deine Geschichte Gefühle in mir auslöst, wenn auch nicht unbedingt positive. Ich hoffe du kannst damit was anfangen.

Das war für mich total interessant. Und ich danke dir sehr, dass du bereit warst, mir durch dieses Unbehagen zu folgen, Nichtgeburtstagskind.

Liebe Grüße von Chutney

Liebe maria.meerhaba

Ich fange mal hinten an.


Eigentlich habe ich viel über die Figuren geschrieben, über Verena, Bodil und Stefan. Sie alle gelingen dir, sie alle kriegen ein Gesicht, ein Leben, eine Seele, einen klitzekleinen Mariaanteil und das finde ich echt gut. Der Verlauf, der Spannungsbogen, all das funktioniert in meinen Augen sehr gut. Ich bin von deiner Arbeit begeistert.

Und wieder zurück zum Ende. Gäbe es dieses Ende nicht, würde ich diese Geschichte empfehlen? Nein. Einfach aus dem Grund, weil du meine Vorlage benutzt hast und ich mir deshalb etwas Voreingenommen vorkommen würde. Wäre die Vorlage nicht von mir, gäbe es dieses Ende nicht, hätte ich die Geschichte begeistert empfohlen.


Puh, ich habe das Gefühl, ich bin ganz gut weggekommen. Das freut mich. Das Ende, tja, da geh ich nochmal drauf ein. Aber der Reihe nach:

„Sie sind Bodil Kramer? Ich bin Verena Kuntze.“
Okay, das verläuft alles total anders.

Bis hierher fand ich deine Verwirrung wirklich lustig. Bodil ein Hund! Ob da auch noch andere dran gedacht haben?

Sie sah jünger aus als achtzehn, so klein, als müsse sie noch ein paar Jahre wachsen.
Das ist eine schöne Beschreibung!

Wie eine Perlenkette zeichnete sich ihre gekrümmte Wirbelsäule unter dem T-Shirt ab.
Nice!


Danke!

„Ich bin Verena Kuntze.“
„Und?“
Das passt zu meiner Schlampe :3

Ich habe echt alles gegeben, wissend, dass es mir niemals gelingen wird, deinen krassen Ton zu treffen. Aber immerhin hast du mir einen "klitzekleinen Mariaanteil" attestiert. :D

Ich bin ein Riesenfan von Tattoos, nur will ich die nicht an meinem Körper. Und auch nicht an den Körpern meiner Protagonisten. Ich mag die Idee des Permanenten nicht und irgendwie stört es mich, dass du ihr ein Tattoo verpasst hast. Halt, weil sie meine Figur ist bzw. war. Jetzt ist sie deine, deine Vorstellungen, deine Ideen und ich bin nur eine Leserin.

Das Tattoo war ein kleiner Hinweis auf die Schmetterlingsszene, die so lieblich startet und mit einem Schockmoment endet.

Sie sprach wie gegen Widerstand.
Ich weiß nicht, ob das so richtig ist, also Rechtschreibmäßig halt, aber ich finde diese Beschreibung total unschön.

Mir gefiel das ganz gut. So frech es ist, mitten in der Nacht anzurufen, glaubt Verena in ihrer Stimme etwas zu hören, was eher der Sorge Nahrung gibt.

Es klickte. Noch lange hielt ich den Hörer in der Hand.
Sogar, wenn ich das Original nicht zur Hand kennen würde, würde ich diesen Moment bemängeln. Es geht darum (falls ich mich nicht falsch erinnere), gab es bei meiner Version eine Entwicklung, in der sich Karl fast gewaltsam in das Leben von der Schlampe drang und sie nicht mehr in Ruhe ließ, bis die Dame seine Abwesenheit zu vermissen begann.

Stimmt, das geht viel schneller bei mir. Die Annäherung der beiden erfolgt doch etwas anders. Ich hatte das Gespräch mit Stefan dazwischen, wo sie berichtet, dass sie Bodil abholen wird. Damit hatte ich das eigentliche weitere Gespräch nach der Tatooszene ersetzt. Vielleicht zu schnell.

Hast du mal abgetrieben?“
Solche Fragen passen zu ihr

Ich finde auch.

Die Ähnlichkeit ist da. Du hast Karl und den Hund aus meiner Geschichte geworfen und meiner Schlampe einen Namen gegeben, doch die Ähnlichkeit ist da: In beiden Geschichten finden etwas ältere Menschen etwas, was ihnen gefehlt hat. Karl fehlte die jugendliche Liebe, Verena fehlt die Erfahrung mit Jugendlichen. Karl findet Liebe, Verena findet auch Liebe, nur eben total anders verpackt.

Ja, ich habe Karl durch Verena ersetzt und geguckt, was sich entwickelt und ein bisschen denke ich auch, ich habe Karl aufgespalten in Verena, die sich voll da reinziehen läßt und Stefan, der klar blickt. Karl hat ja hinterher auch die Kurve gekriegt. Den Hundebiss habe ich durch den Unfall ersetzt. Ich brauchte so ein paar Veränderungen um mich dann wieder den Ideen deiner Vorlage zu nähern, die mich vor allem von der Erzählstimme her ziemlich eingeschüchtert hat. So mußte ich mich nicht so vergleichen.

Zitat Zitat von maria.meerhaba Beitrag anzeigen
Geheimrezept Liebe.
Ich denke mir die ganze Zeit, was für ein schwuler Titel, woher den sie wohl her hat und booom, schon habe ich es entdeckt! :3

Ja, hier liegt auch die Wurzel für mich, in der Störung deiner Figur und ich habe ihre Vorgeschichte für meine Figur übernommen, ohne sie in meiner Geschichte explizit zu beschreiben. Aber daraus zieht die Handlung die Kraft, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist und das Verena auf ihre Bedürftigkeit anspringt. Das hatte ich im Hinterkopf. Ich fand die Szene bei der Blutspende grandios.

„Nö, den brauchen wir. Meine Mutter kommt noch.“ Bodils Stimme, klar und deutlich.
Daaaaamn, da mache ich mir die ganzen Überlegungen und alles passiert wirklich :3 Daaaamn, Chutney, mit dem Zerfetzungsmodus wird wohl nichts :/ Ich sag es gleich heraus: Ich bin echt begeistert davon, was du aus meiner Geschichte gemacht hast und ich kann mir nicht vorstellen, wie du das alles noch ruinieren möchtest. Mein Gott, ich hoffe doch nicht, dass das alles nur ein Lobgesang der Maria wird. Das brauchen wir doch gerade nicht, oder :3

Ich fand die Stelle auch gelungen. :D

Mit zwei Schritten stolperte ich zurück in den Gang und starrte eine ganze Weile auf die Flyer, die dort auslagen.
Nice! Nice! Nice!

Auf dem Rückweg stürzte sie. Als ich hinter mir ihren Schrei hörte, dachte ich zuerst, sie wolle mich auf etwas aufmerksam machen. Aber dann lag sie im Gebüsch und kratzte sich Arme und Gesicht an den Dornen blutig.
Ich schwör, die Schlampe hat das mit Absicht gemacht!!!!


;)

„Fit? Also doch kein Aids was?“
Das hat mir echt gut gefallen. Nur eine Andeutung, mehr nicht und das ist schön.

Prima, so wollte ich es auch lassen.

Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete. FUCK YOU!

Tja, was soll ich sagen? Mir gefällt der Schnitt hier, wo das Ganze klar vor uns liegt. Jetzt ist alles gesagt. Ich wollte es ursprünglich noch etwas freundlicher haben, so wie in deiner Geschichte, die ich am Ende übrigens genauso offen empfinde. In deiner Geschichte holt er sie ab und sie lächelt, ist zwar nicht ganz zufrieden, aber denkt, das ist ein Schmetterlingsmoment. (so ähnlich) Aber anfangs hat sie gesagt, sie würde den Schmetterling in diesem Moment zerquetschen. Bodil probiert das. Könnte sonst zu harmonisch werden, vielleicht.

Na ja, den Zerfetzungsmodus musste ich doch leider aktivieren.

Oh, du hast mir so wunderbare Sachen geschrieben! (s.o.) Ich bin sehr erleichtert. Ist doch ein komisches Gefühl, einfach eine Geschichte zu nehmen und selber was draus zu basteln.

Vielen herzlichen Dank, Maria!

Liebe Grüße von Chutney

 

Meine Güte, konnt' ich gestern Mittag Deinen Atem im Nacken fühlen ...,

liebe Chutney.

Der Name Bodil hat mich natürlich jetzt neugierig gemacht und die ahd. "bot" + "hildr" sind nahezu identisch mit den nordischen: bot = Bote, aber auch Gebot, und hildr = Kampf / Schlacht, also ein widerspenstiges Wesen, vielleicht sogar Giftzwerg, Troll,

wer weiß das schon außer ihrem Schöpfer?
Näherungsweise kommen Stefan - als der der Bekränzte / Gekrönte. und Verena natürlich als die Glaubwürdige, Wahrhaftige herüber. Aber das so ganz nebenbei: Die meisten Steuerberater haben "Klienten", Mandant ist aber auch nicht schlecht. Und wer im Krankenhaus arbeitet wird wissen, dass aus den Patienten inzwischen solide Kunden geworden sind. Krankheit / Gesundheit als Ware, das hat was.

Aber wie kommt so früh die Aussage

„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
„Und? Wollen wir sie adoptieren?“
Stefans zustande. Für mich kommt der Satz wie aus heiterem Himmel. Hab ich was bis dahin übersehn? Kein Grund, mir beizustehn, les ich halt in absehbarer Zeit (irgendwann sind ja auch für einen Gelegentlichen alle copywrite-Beiträge durch ...) nochmals (nebst Vorlage, natürlich). Sind ja auch noch Flusen aufzulesen.

Hier gehts schon los

Abends überredete Stefan mich[,] zu dieser Party zu gehen, draußen ...
(Infinitivgruppe von Substantiv abhängig)

Klar[,] hatte er recht.

... und riss sich die Stöpsel aus dem Ohr.
Für einen mit der Gnade des tauben Ohrs beglückten Menschen stellt sich das Problem gar gar nicht erst, aber fragen muss ich mal: tatsächlich die Stöpsel (plur.) aus "dem" Ohr (sing.)? Vielleicht ists schon ne Redewendung, die ich ja beharrliche ignorieren kann ...

„Nein. Und jetzt hab ich einfach „du“ gesagt, tut mir leid.“
Besser innerhalb der wörtl. Rede halbierte Gänsefüßchen. Auch hier
„Von dem Mädel“, äffte ich ihn nach, „sag nicht immer „Mädel“! Sie heißt ...

Hier
Wir hatten den Sonntag am Meer verbracht, bis nachmittags das Wetter umgeschlagen war und wir uns durch peitschenden Regen zu unserem Auto zurückgekämpft hatten. Noch beim Einschlafen hatte ich das Rauschen von Wind und Wasser in den Ohren. Als das Telefon klingelte, brauchte ich lange, um zu mir zu kommen.
lassen sich die Hilfsverben
Wir hatten ... verbracht, ... umgeschlagen war ... zurückgekämpft hatten
begrenzen, umso mehr, als gleich darauf "haben" sich als Vollverb zeigt. Also etwa "Wir hatten den Sonntag am Meer verbracht, bis nachmittags das Wetter umgeschlug und wir uns durch peitschenden Regen zu unserem Auto zurückkämpften/zurückkämpfen mussten."

Ungewöhnliche Formulierungen

Sie sprach wie gegen Widerstand.
"gegen die Wand / den Wind"
Beim Aussteigen presste Bodil die Lippen zusammen, machte sich mühsam gerade, die Sporttasche quer vor der Brust
"richtete sich mühsam auf"?

„Wieso habt Ihr keine Kinder?
ihr

„Mir wird das zuviel“, sagte er.
i. d. R. "zu viel" auseinander. Die Ausnahme ist das Substantiv "Zuviel"
Kleine Flüchtigkeit - ein Punkt ..
„Wir wollen demnächst mal trainieren.“, sagte ich.

Gewollte Ellipse zu Bodils Stimme?
Aber die Rede klingt mehr als nach einer bloßen Aussage ...!

„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.

So viel oder wenig für heute und bis bald

Friedel

 
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Liebe Chutney,

das ist wieder eine sehr souverän geschriebene Geschichte, sprachlich und auch inhaltlich. Die meisten Kleinigkeiten, die vielleicht zu beanstanden wären, sind schon benannt worden. Und auch eine Deutung, der ich mich anschließen kann, hat schon hell formuliert. Dabei würde ich nicht so weit gehen, dass es sich bei Bodil um eine ‚hochgradig psychisch’ Kranke handelt. Sie manipuliert, aber in dem Sinne, dass sie die Situation, die sich ihr bietet, ausnutzt. Sie erfasst sehr schnell, beinahe instinktmäßig, wie sie Verena manipulieren kann. Deren Schuldgefühl und nicht ausgelebten Mutterinstinkte kommen Bodil entgegen. Beide profitieren von dieser Begegnung, beide benutzen den jeweils anderen. Und Bodil steigert durch Tricks, aber auch weil Verena es zulässt, diese gegenseitige Abhängigkeit. Bodils Sehnsucht nach Geborgenheit(?) und Verenas Bedürfnis, jemanden zu bemuttern, ergänzen einander. Nur so kann das alles funktionieren, nur so kann sich der Konflikt steigern. Stefan wird im selben Maße für Verena unwichtig, wie ihr Bodil wichtig erscheint. Das, liebe Chutney, hast du für mein Empfinden stark und psychologisch gut nachvollziehbar dargestellt.

Jetzt zum Ende: Maria wirft dir mit Recht vor, dass du den Konflikt zwischen Stefan, Verena und Bodil nicht ausgetragen hast, wenn ich sie richtig verstanden habe.

Er nahm Brot aus dem Kasten und begann, Scheiben davon abzuschneiden. Ich fragte mich, warum er so viele Scheiben abschnitt, und ich sah seinen Rücken, seine hochgezogene Schulter, seine bedächtigen Bewegungen. Wie sehr ich mich nachts nach ihm gesehnt hatte.
„Er soll weggehen“, flehte sie. Ihre Finger gruben sich schmerzhaft in mein Fleisch. Ich wand mich vorsichtig, löste meine Hände voneinander, und sie wurde schlaff wie eine Puppe, rutschte mir fast aus dem Arm.
Stefan stellte Brot, Schinken, Käse und Butter auf den Tisch. Erst jetzt sah er mir in die Augen. Ich versuchte zu lächeln. Er nickte, wandte sich um und öffnete einen Schrank.
„Isst du mit, Bodil?“, fragte er, nahm drei Teller heraus und stellte sie dazu. Dann zog er die Besteckschublade auf. Bodil regte sich, drehte sich zögernd um. Ich ließ sie los und sie rutschte auf die Bank.
„Brot mit Schinken?“, fragte ich. “Unser Kuchen dauert bestimmt noch eine halbe Stunde.“

Der Konflikt verpufft in einer lapidaren Szene, das Show-Down zwischen Stefan und Bodil findet nicht statt. Nichts geschieht. Verena erinnert sich daran, dass sie Stefan immer noch liebt, Bodil wird immer fordernder, Stefan geht zur Tagesordnung über. Der bis hierin gut aufgebaute Spannungsbogen fällt in sich zusammen.

Doch das ist nicht das Ende deiner Geschichte. Denn du gibst ihr eine völlig neue Wende:

„Mein Licht war kaputt“, sagte sie.
„Was?“
„Bei dem Unfall. Du konntest mich gar nicht sehen. Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.“
Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete.

Jetzt kommt es darauf an, wie man diesen Schlussakkord deutet. Bodil gibt mMn mit diesen Worten ihre Deckung, ihre Tricks, ihre Manipulation auf. Sie liefert sich den beiden aus, stellt es ihnen anheim, was sie nun von ihr halten. Sie liefert Verena und auch Stefan damit einerseits die Möglichkeit, sie zu verachten, sich von ihr zu distanzieren, auf der anderen Seite eröffnet sich ihnen nun aber auch die Chance, auf einer neuen, einer ehrlicheren Basis miteinander fortzufahren.

Chutney, ich finde diesen offenen Schluss deiner Geschichte sehr interessant, weil du mit ihm den Leser herausforderst. Du reichst ihm den ‚Schwarzen Peter’, lässt ihn allein mit seinen Überlegungen, wie sich das Leben der drei fortan gestalten könnte.

Für mich bleibt allerdings die Frage, ob dieses Eingeständnis am Ende zur kurz vorher noch ‚Er soll weggehen’ fordernden Bodil passt. Bin mir da nicht ganz sicher.

Chutney, auf jeden Fall eine Geschichte, die in mir nachwirkt und mich sehr berührt hat.

Liebe Grüße
barnhelm

Ps: Mit dem Titel kann ich mich leider überhaupt nicht anfreunden.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lieber Friedrichard,

Meine Güte, konnt' ich gestern Mittag Deinen Atem im Nacken fühlen ...,

Zu Recht, ich habe in dem Moment auch intensiv an dich gedacht. Auch bin ich vorher nur deshalb auf die Idee gekommen, die Namen, die mir in den Sinn gekommen waren zu googeln, weil es dich gibt. Bin zu ähnlichen Ergebnissen gekommen und fand es alles in Ordnung. "Bodil" passt sogar ziemlich gut, finde ich, auch wenn Maria gedacht hat, das ist ein Hundename.
Ich habe jetzt "Mandanten" geschrieben, vielleicht ändere ich es noch in Klienten.

Aber wie kommt so früh die Aussage
„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
„Und? Wollen wir sie adoptieren?“
Stefans zustande. Für mich kommt der Satz wie aus heiterem Himmel. Hab ich was bis dahin übersehn?

Mein Gedanke dabei war, dass das Kinderthema ein verbanntes Thema zwischen den beiden ist, dass im Untergrund vor sich hin schwärt und bei so flapsigen Äußerungen, die witzig gemeint sind, plötzlich an die Oberfläche flutscht. Dir kommt es jetzt zu wenig anmoderiert vor. Hm. Sollte eher ein kleiner Vorbote sein.

Oh, die Stöpsel, die sie sich aus einem Ohr gerissen hat. :hmm: Das war einfach schlampig von mir. Vielen Dank, sie hat jetzt zwei Ohren.

begrenzen, umso mehr, als gleich darauf "haben" sich als Vollverb zeigt. Also etwa "Wir hatten den Sonntag am Meer verbracht, bis nachmittags das Wetter umgeschlug und wir uns durch peitschenden Regen zu unserem Auto zurückkämpften/zurückkämpfen mussten."

Das habe ich so übernommen. Ja, klingt viel besser so. Danke!

Ungewöhnliche Formulierungen
Sie sprach wie gegen Widerstand.
"gegen die Wand / den Wind"
Beim Aussteigen presste Bodil die Lippen zusammen, machte sich mühsam gerade, die Sporttasche quer vor der Brust
"richtete sich mühsam auf"?

Ehrlich gesagt, da habe ich gedacht, ich habe mal ein paar frischere Formulierungen gefunden. Kann ich mich (noch?) nicht von trennen.

Gewollte Ellipse zu Bodils Stimme?
Aber die Rede klingt mehr als nach einer bloßen Aussage ...!
„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.

Du meinst, da sollte noch ein Verb hin? Wirkt das nicht irgendwie umständlicher? Wie sie spricht, habe ich ja durch das Adjektiv ausgedrückt. Hm.

Alle Kommata und sonstigen Rechtschreibsachen habe ich geändert. Das war wieder sehr nett, dass du die für mich rausgesucht hast.:)

Vielen herzlichen Dank, lieber Friedel,

liebe Grüße von Chutney

Liebe barnhelm,

das ist wieder eine sehr souverän geschriebene Geschichte, sprachlich und auch inhaltlich.

Oh, vielen Dank! Ich freue mich, dass du dich so intensiv mit meiner Geschichte auseinandergesetzt hast.

Dabei würde ich nicht so weit gehen, dass es sich bei Bodil um eine ‚hochgradig psychisch’ Kranke handelt.

Ich glaube, es hängt, wie in der Realität, immer vom Betrachter und seiner eigenen Geschichte ab, als wie schwer gestört jemand empfunden wird. Bodil hat keine Schizophrenie oder so und sie kann ihren Alltag offenbar regeln.

Sie manipuliert, aber in dem Sinne, dass sie die Situation, die sich ihr bietet, ausnutzt. Sie erfasst sehr schnell, beinahe instinktmäßig, wie sie Verena manipulieren kann. Deren Schuldgefühl und nicht ausgelebten Mutterinstinkte kommen Bodil entgegen. Beide profitieren von dieser Begegnung, beide benutzen den jeweils anderen. Und Bodil steigert durch Tricks, aber auch weil Verena es zulässt, diese gegenseitige Abhängigkeit. Bodils Sehnsucht nach Geborgenheit(?) und Verenas Bedürfnis, jemanden zu bemuttern, ergänzen einander. Nur so kann das alles funktionieren, nur so kann sich der Konflikt steigern. Stefan wird im selben Maße für Verena unwichtig, wie ihr Bodil wichtig erscheint.

Ja, genau das wollte ich zeigen. Das hast du gut auf den Punkt gebracht. Auch den Aspekt, dass beide zunächst profitieren.

Jetzt kommt es darauf an, wie man diesen Schlussakkord deutet. Bodil gibt mMn mit diesen Worten ihre Deckung, ihre Tricks, ihre Manipulation auf. Sie liefert sich den beiden aus, stellt es ihnen anheim, was sie nun von ihr halten. Sie liefert Verena und auch Stefan damit einerseits die Möglichkeit, sie zu verachten, sich von ihr zu distanzieren, auf der anderen Seite eröffnet sich ihnen nun aber auch die Chance, auf einer neuen, einer ehrlicheren Basis miteinander fortzufahren.

Das ist sehr interessant für mich. Denn damit eröffnest du noch einen neuen Aspekt, neben dem, dass sie provoziert, manipuliert und etwas kaputt schlägt in diesem Moment. Das hatte ich nur so halb bewusst im Kopf. Und nachdem du das jetzt so benannt hast, denke ich weiter, dass es das ist, was Bodil womöglich den beiden zu geben vermag, wenn es gut läuft. Das Ehepaar hält alles unter dem Deckel und geht zur Tagesordnung über. Und Bodil rappelt an diesem Deckel.


Für mich bleibt allerdings die Frage, ob dieses Eingeständnis am Ende zur kurz vorher noch ‚Er soll weggehen’ fordernden Bodil passt. Bin mir da nicht ganz sicher.

Naja, da sehe ich schon auch die Provokation, sie macht lieber selbst was, als sich einfach der Situation anzuvertrauen. Und dann ist da auch noch Ärger, sie hat ja gerade "verloren". Ob sowas alles gemischt da sein kann? Ich glaube schon.


Was den Titel betrifft, so wird mir immer klarer, dass er vielleicht wirklich erst in Zusammenhang mit Marias Geschichte wirklich Sinn macht. Der Titel ist ein Zitat aus der Szene, wo das Mädchen Blut spenden will, um eine "unschuldige Seele" mit ihrer Krankheit anzustecken, (so ähnlich). Und dann zeigt sich, dass sie ihre Mutter bei der Geburt verloren hat. Dabei kam mir die Idee eine Frau zu nehmen und den Kuchen, dem Bodil nicht widerstehen kann. Bei Maria sind es Kekse, die mit Liebe gebacken sind.

Liebe Barnhelm, du hast stärker die konstruktiven Aspekte dieser Beziehungen wahrgenommen, die Chancen. Das hat auch für mich selbst das Bild runder gemacht.

Vielen Dank dafür :)

herzliche Grüße von Chutney

 

Ich noch mal,

liebe Chutney,

Ehrlich gesagt, da habe ich gedacht, ich habe mal ein paar frischere Formulierungen gefunden. Kann ich mich (noch?) nicht von trennen.
Trau Dich einfach, sind doch die meisten Hinweise Vorschläge. Vielleicht gelingt doch die Wortschöpfung - Grudbedingung ist natürlich dabei das Selbstvertrauen. Wenn Luther jedes neue Wort, jede neue Konstruktion von andern hätte kommentieren lassen, gäbe es ungezählte Wörter, die wir heute gebrauchen wie selbstverständlich gar nicht.

Gewollte Ellipse zu Bodils Stimme?
„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.
Du meinst, da sollte noch ein Verb hin? Wirkt das nicht irgendwie umständlicher? Wie sie spricht, habe ich ja durch das Adjektiv ausgedrückt. Hm.
Ist doch in Ordnung. Statt des Verbs empfehl ich nun einen Gedankenstrich. Soll der Leser doch die Lücke auffüllen. Wird er schon schaffen, "Bodils Stimme - ganz leise an meinem Ohr" z. B.

Schönen Abend noch vom

Friedel

 

Liebe Chutney,
nur ein kurzes Feedback.

Sie humpelte wieder stärker und zu ihrer Blässe kamen noch die roten Kratzer im Gesicht und an den Armen. Wir redeten kaum. Sie saß auf der Bank am Tisch, sah zu, wie ich den Teig rührte, und schnitt die Äpfel klein, die ich ihr hinstellte. Im Radio lief Musik. Während der Kuchen im Ofen war, räumte ich die Küche auf, und als ich fertig war, setzte ich mich zu ihr auf die Bank. Zum ersten Mal fiel mir nichts ein, was ich ihr erzählen könnte. Ich hatte Angst, sie könne nach dem Urlaub fragen und nach Stefan. Aber das tat sie nicht.
„Darf ich auf deinen Schoß?“, fragte sie.
Wie erwartet, war sie leicht, jedenfalls anfangs. Ihre Stirn lag an meiner Schläfe. Sie schnaufte ein wenig beim Atmen und sank gegen mich, während ich meine Finger um ihre Taille verschränkt hatte. Die ganze Zeit starrte ich auf den Kuchen, der sich im Ofen langsam wölbte. Im Radio spielten sie Madonna.
Was für eine wunderschöne und gleichzeitig so gruselige Stelle. Irgendwo hast du geschrieben, Chutney, dass die Leser Bodil wohl unterschiedlich wahrnehmen werden. Entweder als psychisch gestört und manipulativ oder als extrem bedürftig. Ich sehe beides in dieser Figur. Das Zerstörerische und das Bedürftige. Ich glaube, nur jemand, der sehr verletzt und sehr bedürftig ist, kann so manipulativ werden und die Beziehungen anderer zerstören wollen.
Was ich sehr spannend fand, du hast im Radio Madonna spielen lassen. ich habe die Komms nicht verfolgt, weiß also nicht, ob das bereits besprochen worden ist, aber ich musste natürlich sofort an die Madonnenbildnisse denken, an die Madonna mit dem Kind, die Inkarnation der reinen, aber auch der aufopfernden Mutterliebe. Ich glaube, da wurde es mir dann noch ein bisschen gruseliger. Hast du bewusst Madonna spielen lassen? Ich nehme es mal an, aber auch wenn nicht, ich finde das manchmal total schräg, welche Streiche einem unbewusste Eingebungen spielen können.

Dass die Maipulation klappt, dazu gehören natürlich immer zwei. Die beiden Frauen passen zueinander, die Bodil, die Geborgenheit sucht und die Icherzählerin, die ebenso auf der Suche nach Nähe ist. Und noch einmal Bodil, die genau weiß, so sie ansetzen muss, um herauszufinden, wo die wunden Stellen liegen. Exemplarisch diese Stelle:

„Wieso habt ihr keine Kinder?“
„Wir wollten keine.“
„Echt? Wieso das denn nicht? Kinder sind doch was Tolles. Ohne Kinder ist das Leben verpfuscht.“
„Du willst also Kinder?“
„Nein. Mein Leben ist sowieso schon verpfuscht. Wer wollte keine Kinder, du oder dein Mann?“
Ich zögerte, und als ich Bodils Blick sah, stieg mir das Blut in den Kopf.
„Wir haben das gemeinsam entschieden“, sagte ich lahm. „Wieso ist dein Leben verpfuscht?“
„Ich bin krank. Ich sterbe bald.“
„Das hast du schon ein paarmal gesagt. Was ist es denn nun?“
„Ich kann nicht darüber reden, sonst breche ich zusammen und der schöne Nachmittag ist kaputt. Hast du mal abgetrieben?“
„Wenn du nicht redest, muss ich auch nicht reden, oder?“
Ich zog den Kuchen aus dem Ofen und behielt Bodil dabei im Blick. Ihre Lippen öffneten sich und ihre Augen glänzten, wie die eines Kindes unterm Weihnachtsbaum.
Interessant finde ich, dass man nicht weiß, ob die tränenfeuchten Augen am Ende gut gemacht sind, oder einem inneren Bedürfnis Bodils entsprechen. Ich tippe ja auf letzteres.

Die ambivalente junge Frau aus der Vorlage, die ja genauso wie deine Bodil auf der Suche nach Liebe ist und den, der sie liebt, gleichzeitig zerstören will, ist toll getroffen. Die Schmetterlingszerquetscherin in Marias Geschichte kriegt am Ende, was sie will, sie versucht zu zerstören und findet trotzdem die Liebe. Bei deiner Bodil ist das nicht ausgemacht.
Sie ist abwehrend am Anfang der Geschichte, will keinen Kontakt, dann lässt sie die Icherzählerin an sich heran und testet sie, saugt die Icherzählerin aus und drängt sich in deren Leben, immer weiter, bis sie auch ihre Beziehung stören will. Als sie merkt, dass das so nicht klappt, schaltet sie wieder um auf ein ihr auch bekanntes Verhaltensmuster: Distanz und Abwehr.
Marias Geschichte hat ein happyend. Deine Geschichte ist sperriger, man weiß noch nicht, wie es enden wird. Ob mit Bodils Rausschmiss oder dem Beginn einer Beziehung auf einer neuen Ebene.

Chutney, ich finde, du schreibst sehr schön und eindringlich. Ich fand das beängstigend, fast horrormäßig, wie sich die Beziehung zwischen den beiden entwickelt hat. Hat mir sehr gut gefallen. Unterhaltung ist das natürlich keine. :)
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lieber Friedrichard,

oder vielleicht ein Komma? "Bodils Stimme, ganz leise an meinem Ohr."

Danke schön für deine Worte, Friedel!

Liebe Grüße von Chutney (die sehr beeindruckt ist von deinem neuen Text)


Liebe Novak,

ich habe mich riesig über deinen Kommentar gefreut. Du hast wirklich gut auf den Punkt gebracht, was ich mit meiner Geschichte sagen wollte. Und über soviel Lob von dir bin ich natürlich auch sehr glücklich.

Was für eine wunderschöne und gleichzeitig so gruselige Stelle.

Dankeschön! Ja, die Stelle ist sowas wie das Ende der Sackgasse.

Ich glaube, nur jemand, der sehr verletzt und sehr bedürftig ist, kann so manipulativ werden und die Beziehungen anderer zerstören wollen.

Ja, das glaube ich auch.

Was ich sehr spannend fand, du hast im Radio Madonna spielen lassen. ich habe die Komms nicht verfolgt, weiß also nicht, ob das bereits besprochen worden ist, aber ich musste natürlich sofort an die Madonnenbildnisse denken, an die Madonna mit dem Kind, die Inkarnation der reinen, aber auch der aufopfernden Mutterliebe. Ich glaube, da wurde es mir dann noch ein bisschen gruseliger. Hast du bewusst Madonna spielen lassen?

Ja, hab ich, ich dachte, das passt wie Faust aufs Auge. :D Wie schön, dass dir das aufgefallen ist. Das überhaupt das Radio an ist, brauchte ich, damit ihr Geflüstere glaubhaft für Stefan zu leise ist.

Dass die Maipulation klappt, dazu gehören natürlich immer zwei. Die beiden Frauen passen zueinander, die Bodil, die Geborgenheit sucht und die Icherzählerin, die ebenso auf der Suche nach Nähe ist.

Ich sehe auch nicht unbedingt Verena nur als Opfer von Bodil. Sie bekommt ja auch durchaus mit, wie Bodil sich verhält. Bodil weckt in ihr etwas und stillt auch ihre Bedürfnisse. Und ich verstehe Bodil auch nicht so, dass sie ununterbrochen lügt. Das tut die Erzählerin in Marias Text ja auch nicht, obwohl sie auch extrem manipulativ ist.

Interessant finde ich, dass man nicht weiß, ob die tränenfeuchten Augen am Ende gut gemacht sind, oder einem inneren Bedürfnis Bodils entsprechen. Ich tippe ja auf letzteres.

Ja, das war angeregt durch die Szene in Marias Text, mit der Blutspende und den Keksen. Dort waren die Tränen auch echt. Und Verena ist hiervon sehr berührt und davon, dass sie sich von ihr trösten lässt.

Die Schmetterlingszerquetscherin in Marias Geschichte kriegt am Ende, was sie will, sie versucht zu zerstören und findet trotzdem die Liebe. Bei deiner Bodil ist das nicht ausgemacht.

Marias Geschichte hat ein happyend.

Das finde ich sehr interessant. Ich habe das Ende bei Maria auch als offen empfunden. Denn sie bekommt nicht genau das, was sie am Tag vorher wollte, sondern er bietet ihr einen anderen Kontakt an, das Spazierengehen. Er hat ja auch eine Ehe. Und wie weit das alles auf Dauer gut geht, weiß man auch nicht.
Eigentlich wollte ich das Ganze auch so in etwa enden lassen, also auch an einem versöhnlichen Punkt und dann kamen die beiden letzten Sätze in meinen Kopf geschossen. Ja, die Bodil wie ich sie mir vorstelle, ist so, wie du sie beschreibst:

Sie ist abwehrend am Anfang der Geschichte, will keinen Kontakt, dann lässt sie die Icherzählerin an sich heran und testet sie, saugt die Icherzählerin aus und drängt sich in deren Leben, immer weiter, bis sie auch ihre Beziehung stören will. Als sie merkt, dass das so nicht klappt, schaltet sie wieder um auf ein ihr auch bekanntes Verhaltensmuster: Distanz und Abwehr.

Deine Geschichte ist sperriger, man weiß noch nicht, wie es enden wird. Ob mit Bodils Rausschmiss oder dem Beginn einer Beziehung auf einer neuen Ebene.

Ja, beides ist drin.

Chutney, ich finde, du schreibst sehr schön und eindringlich. Ich fand das beängstigend, fast horrormäßig, wie sich die Beziehung zwischen den beiden entwickelt hat.

Wow, das von dir Horrorspezialistin, ich bin echt geschmeichelt.

Unterhaltung ist das natürlich keine.

Um aus einer Geschichte von maria.meerhaba einen netten Unterhaltungstext zu stricken, möglichst noch mit dem tag "Humor" müsste ich schon die Unbekümmertheit eines alexei besitzen. :lol:

Hat mir sehr gut gefallen.

Herzlichen Dank, Novak, ich habe mich sehr gefreut.

Liebe Grüße von Chutney

 

Hallo Chutney,

Marias Vorlage für dein Copywrite beschreibt eindringlich den Gemütszustand eines tief verletzten Mädchen, ein bisschen auch des Mannes, der sich mit seinen Schuldgefühlen an sie klammert. In deinem Text zeigen sich gleich drei Personen, das Mädchen, das Ehepaar. Du entfaltest ihre Seelenzustände, überhöhst, übertreibst die Versuchsanordnung, um sie exemplarisch, literarisch zu gestalten. Das gelingt dir, auch wenn ich phasenweise Ungeduld empfand, mir die Handlung zu langsam erzählt vorkam. Kann aber daran liegen, dass ich die Vorlage zuvor erneut gelesen habe, um mich auf deinen Text besser einzulassen. Ich finde, dass dir der Text gelungen ist, besonders die Dialoge, die sind saftig, enthalten Zwischenraum für Ungesagtes und klingen natürlich. Klar, ein richtiges Finale fehlt vielleicht, ein krachendes Ende hätte dem Text mehr Schwung verleihen können, andererseits lässt du eine Menge Möglichleiten offen, Horror und Liebe, beides ist möglich.

Textstellen:

Die Uhr beim Tacho zeigte fast drei, als wir die Stadt erreichten.
auf dem Tacho?

Ich aber kaufte Blumen und backte einen Kuchen.
backte ist solch ein elendes Wort, keine Ahnung, warum das mies klingt.

Wie eine Perlenkette zeichnete sich ihre gekrümmte Wirbelsäule unter dem T-Shirt ab.
schöne Stelle:Pfeif:

„Ich weiß nicht, sie hat gesagt, sie hat niemanden. Sie will mit dem Bus fahren.“
„Aha.“
„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
geschickt die Beobachtung eingeflochten, sehr schön:shy:

[Q

„Echt? Wieso das denn nicht? Kinder sind doch was Tolles. Ohne Kinder ist das Leben verpfuscht.“
„Du willst also Kinder?“
„Nein. Mein Leben ist sowieso schon verpfuscht. Wer wollte keine Kinder, du oder dein Mann?“
Ich zögerte,
auch das ist gut.:Pfeif:

Sie rührte sich nicht, sah mich nur an, dieses Kuchen-Glänzen in den Augen.
gefällt mir: Kuchen-Glänzen

„Mein Licht war kaputt“, sagte sie.
„Was?“
„Bei dem Unfall. Du konntest mich gar nicht sehen. Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.“
Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete.
[/QUOTE

Liebe Grüße und eine schöne Glanzrestwoche
Isegrims

 

Hallo Isegrims,


In deinem Text zeigen sich gleich drei Personen, das Mädchen, das Ehepaar. Du entfaltest ihre Seelenzustände, überhöhst, übertreibst die Versuchsanordnung, um sie exemplarisch, literarisch zu gestalten. Das gelingt dir, auch wenn ich phasenweise Ungeduld empfand, mir die Handlung zu langsam erzählt vorkam.

Ja, das ist treffend beschrieben. Mir ist nicht ganz klar, ob du die Erzählweise meinst, die nicht so dynamisch ist, wie die der Vorlage oder ob du den Plot meinst, der sich zu langsam entwickelt. Eigentlich hatte ich sogar das Gefühl, man hätte das Ganze noch sehr viel ausführlicher machen können.

Ich finde, dass dir der Text gelungen ist, besonders die Dialoge, die sind saftig, enthalten Zwischenraum für Ungesagtes und klingen natürlich.

Freut mich!

Klar, ein richtiges Finale fehlt vielleicht, ein krachendes Ende hätte dem Text mehr Schwung verleihen können, andererseits lässt du eine Menge Möglichleiten offen, Horror und Liebe, beides ist möglich.

Ja. Für mich war es ein Gefühl, als ob jetzt alle Karten auf dem Tisch liegen und das ein guter Punkt ist die Geschichte zu beenden.

Zitat Zitat von Chutney Beitrag anzeigen
Die Uhr beim Tacho zeigte fast drei, als wir die Stadt erreichten.
auf dem Tacho?

Bei mir ist die Uhr neben dem Tacho. Das Tacho zeigt doch nur die Geschwindigkeit an.

Zitat Zitat von Chutney Beitrag anzeigen
Ich aber kaufte Blumen und backte einen Kuchen.
backte ist solch ein elendes Wort, keine Ahnung, warum das mies klingt.

So, du bist jetzt schon Zweite nach hell, die das Wort stört. Anfangs hatte ich "buk". Das kam mir dann so altertümlich vor und "backte" ist auch korrekt. Aber jetzt habe ich es wieder verändert.

Und über die Stellen, die dir gut gefallen haben freue ich mich auch. Herzlichen Dank, Isegrims!

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Chutney,

wow! Was sind in dieser CW-Runde für tolle Geschichten entstanden. Hier wieder eine! Ein wirklich starker Text.

Ich lächelte und er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und dann überfuhr ich Bodil.

Ja, schade, dass man ein Maria-CW nicht mit einem Dialog beginnen darf. Aber der Satz knallt. Und zwar richtig böse. Man sitzt gleich wieder aufrecht, die Ohren gespitzt, die Augen weit offen.

„Soll ich ihn auf Ihren Nachttisch stellen?“
Bodil antwortete nicht. Ihr Blick lag auf dem Kuchen, aber sie rührte sich nicht, saß merkwürdig verkrampft, die Füße angezogen, vielleicht wegen der halb angemalten Fußnägel.
„Oder soll ich ihn auf den Tisch da drüben stellen?“

Da die zweite Nachfrage ja die Fortsetzung der ersten ist, würde ich einfach nur: Oder auf den Tisch da drüben? - schreiben.

„Nein. Nicht da.“
„Keine Angst, wir essen Ihnen schon nichts weg“, schnappte eine der Frauen.

Die Aussage steht doch für sich. Das musst Du dem Leser nicht noch mal durch schnappte interpretieren ;).

„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
„Und? Wollen wir sie adoptieren?“

Hier steht ja praktisch schon die ganze Geschichte in zwei Sätzen :). Ich mag das.

Was ich ihm nicht sagte, war, wie sehr ich mich jedes Mal auf den Moment freute, wenn ich in Bodils Straße einbog und sie dort warten sah, einen Fuß über den anderen gekreuzt, die Tasche auf dem Boden und immer pünktlich. Selbst als ich einmal zehn Minuten zu früh war, stand sie schon da.

Großartig. So dicht und so viel Dramatik. Da stecken so viele Infos drin, ganz knapp zeichnest Du hier die Dreierkonstellation die sich entwickelt hat - ein Psychogramm in Reinformat.

Davon, dass meine Eltern kurz nacheinander gestorben waren, von meinen Wechseljahren und dass Stefan überall seine Socken herumliegen ließ.

Und gleich darauf in diesen Infos, womit Du das absolute Vertauensverhältnis beschreibst. Man redet über alltägliches, wie mit der besten Freundin, wie mit jemanden, der einem sehr nahe steht.

Wer wollte keine Kinder, du oder dein Mann?“
Ich zögerte, und als ich Bodils Blick sah, stieg mir das Blut in den Kopf.
„Wir haben das gemeinsam entschieden“, sagte ich lahm. „Wieso ist dein Leben verpfuscht?“
„Ich bin krank. Ich sterbe bald.“
„Das hast du schon ein paarmal gesagt. Was ist es denn nun?“
„Ich kann nicht darüber reden, sonst breche ich zusammen und der schöne Nachmittag ist kaputt. Hast du mal abgetrieben?“
„Wenn du nicht redest, muss ich auch nicht reden, oder?“

So, und das steht jetzt hier so im Raum. Ihre Reaktion verrät so viel, Bodil sagt, sie stirbt bald. Beides nimmt der Leser mit für den Rest der Geschichte, und obwohl hier zwei mega Themen aufgemacht werden, hat es mich nie im weiteren Verlauf gestört, dass sie nicht vertieft werden. Hut ab!

„Nö, den brauchen wir. Meine Mutter kommt noch.“

Das ist wirklich super gut gemacht. Wie sich das alles zusammenzieht, Du an den Schrauben drehst, und die Spannung steigt.

„Darf ich auf deinen Schoß?“, fragte sie.

Sie ist schon eine Meisterin der Manipulation. Ich glaub, das habe ich an der Geschichte auch am meisten genossen, dieses Miststück von Bodil. Okay, die hat Maria Dir geschenkt, aber Du hast sie meisterhaft übernommen. Ich liebe Bodil! Zumindest als literarische Figur.
Mir fällt so beim zweiten Lesen auf, durch ihre Kurzatmigkeit, die ja den Text durchzieht, seit sie ihre Krankheit erwähnt hat, wahrscheinlich sorgt das dafür, dass man keine weiteren Fragen nach der Krankheit stellt. Die Prot. erklärt das durch schlechte Kondition, aber der Leser deutet mehr hinein.
Und gleichermaßen wird auch die Frage nach dem Kinderwunsch beantwortet, indem Verena ihre Mutterinstinkte auslebt. Cool gemacht.

„Schick ihn weg.“ Bodils Stimme ganz leise an meinem Ohr.

Zum niederknien!

„Isst du mit, Bodil?“, fragte er, nahm drei Teller heraus und stellte sie dazu.

Ein riesen Schritt auf seine Frau zu. Bodil verliert an Boden, ihre Lücke wird wieder schmaler, sie spürt das sofort, und reagiert entsprechend:

„Bei dem Unfall. Du konntest mich gar nicht sehen. Ich habe euch alle angelogen. Die Kohle kassiert. Peng.“
Sie saß mit hochgezogenen Schultern und wartete.

Und für mich ist die Geschichte genau hier zu Ende. Was soll noch kommen? Wenn der Mann (mit klarem Kopf) sich nicht mehr auf Bodils Intriegenspiel einlässt, nicht einfach seinen Platz räumt, nicht mehr Marionette ist, und Verena Bodils Bitte, den Mann wegzuschicken, nicht nachgibt, dann hat das Mädel kurz vor dem Ziel verloren.
Und wie perfide sie ist, wie wenig es ihr tatsächlich darum ging, eine "Familie" zu finden, zeigt sich in ihrer Reaktion für mich. Oder Bodil setzt Liebe mit Besitzen gleich, und sie liebt Verena auf ihre eigene, kranke Art und Weise, aber sie wird sie nicht bekommen, dass wird ihr hier bewusst. Bodil fühlt sich gerade verkauft und verraten, verletzt, und sie reagiert gleichermaßen verletzend. Wenn ihr mich nicht liebt, ich habe euch auch nie geliebt!
Egal ob man Bodil jetzt intrigantes Spiel und krankhafte Liebe oder beides im Zusammenspiel zuspricht, hier ist auf jeden Fall das Ende. Entweder man kehrt als Autor jetzt Scherben auf (was nicht mehr wirklich spannend ist) oder Bodil setzt zur zweiten Runde an (was letztendlich eine Wiederholung wäre).

Ich werde die Geschichte noch empfehlen, muss mir nur noch einen Text dazu ausdenken. Übe Dich in Tee trinken und Geduld ;).

Beste Grüße,
Fliege

Nachtrag: Den Titel mag ich trotzdem nicht.

 

Liebe Fliege,

so endlich habe ich Muße, dir auf deinen Kommentar zu antworten, der mich schon gestern sehr glücklich gemacht hat.

wow! Was sind in dieser CW-Runde für tolle Geschichten entstanden.

Ja, es sind wirklich tolle Geschichten entstanden und jetzt kommen noch so viele neue, interessante Geschichten. Zur Zeit verfalle ich geradezu in eine Kommentierstarre, weil ich mich gar nicht entscheiden kann, wo ich anfangen soll.

Hier wieder eine! Ein wirklich starker Text.

Herzlichen Dank.:shy:


Ich lächelte und er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und dann überfuhr ich Bodil.
Ja, schade, dass man ein Maria-CW nicht mit einem Dialog beginnen darf. Aber der Satz knallt. Und zwar richtig böse. Man sitzt gleich wieder aufrecht, die Ohren gespitzt, die Augen weit offen.

Freut mich. :baddevil:


„Soll ich ihn auf Ihren Nachttisch stellen?“
Bodil antwortete nicht. Ihr Blick lag auf dem Kuchen, aber sie rührte sich nicht, saß merkwürdig verkrampft, die Füße angezogen, vielleicht wegen der halb angemalten Fußnägel.
„Oder soll ich ihn auf den Tisch da drüben stellen?“
Da die zweite Nachfrage ja die Fortsetzung der ersten ist, würde ich einfach nur: Oder auf den Tisch da drüben? - schreiben.

Ja, stimmt, habe ich gerne übernommen. Vielen Dank!


„Nein. Nicht da.“
„Keine Angst, wir essen Ihnen schon nichts weg“, schnappte eine der Frauen.
Die Aussage steht doch für sich. Das musst Du dem Leser nicht noch mal durch schnappte interpretieren .

Du hast recht, aber davon kann ich mich nicht so leicht trennen. Jedenfalls fällt mir momentan noch nichts Eleganteres ein, um die Frau zu bezeichnen. "Sagte" finde ich hier zu schwach.

„Sie wirkt wie aus dem Nest gefallen.“
„Und? Wollen wir sie adoptieren?“
Hier steht ja praktisch schon die ganze Geschichte in zwei Sätzen . Ich mag das.

Schön, dass dir das auch gefällt.

Was ich ihm nicht sagte, war, wie sehr ich mich jedes Mal auf den Moment freute, wenn ich in Bodils Straße einbog und sie dort warten sah, einen Fuß über den anderen gekreuzt, die Tasche auf dem Boden und immer pünktlich. Selbst als ich einmal zehn Minuten zu früh war, stand sie schon da.
Großartig. So dicht und so viel Dramatik. Da stecken so viele Infos drin, ganz knapp zeichnest Du hier die Dreierkonstellation die sich entwickelt hat - ein Psychogramm in Reinformat.

Oh danke!

Wer wollte keine Kinder, du oder dein Mann?“
Ich zögerte, und als ich Bodils Blick sah, stieg mir das Blut in den Kopf.
„Wir haben das gemeinsam entschieden“, sagte ich lahm. „Wieso ist dein Leben verpfuscht?“
„Ich bin krank. Ich sterbe bald.“
„Das hast du schon ein paarmal gesagt. Was ist es denn nun?“
„Ich kann nicht darüber reden, sonst breche ich zusammen und der schöne Nachmittag ist kaputt. Hast du mal abgetrieben?“
„Wenn du nicht redest, muss ich auch nicht reden, oder?“
So, und das steht jetzt hier so im Raum. Ihre Reaktion verrät so viel, Bodil sagt, sie stirbt bald. Beides nimmt der Leser mit für den Rest der Geschichte, und obwohl hier zwei mega Themen aufgemacht werden, hat es mich nie im weiteren Verlauf gestört, dass sie nicht vertieft werden. Hut ab!

Hier freue ich mich auch über deine Rückmeldung, dass es funktioniert.

„Nö, den brauchen wir. Meine Mutter kommt noch.“
Das ist wirklich super gut gemacht. Wie sich das alles zusammenzieht, Du an den Schrauben drehst, und die Spannung steigt.

:)

Sie ist schon eine Meisterin der Manipulation. Ich glaub, das habe ich an der Geschichte auch am meisten genossen, dieses Miststück von Bodil. Okay, die hat Maria Dir geschenkt, aber Du hast sie meisterhaft übernommen. Ich liebe Bodil! Zumindest als literarische Figur.

Es hat viel Spaß gemacht über sie zu schreiben. Ich bin Maria auch sehr dankbar. Miststücke sind einfach interessant.

Mir fällt so beim zweiten Lesen auf, durch ihre Kurzatmigkeit, die ja den Text durchzieht, seit sie ihre Krankheit erwähnt hat, wahrscheinlich sorgt das dafür, dass man keine weiteren Fragen nach der Krankheit stellt. Die Prot. erklärt das durch schlechte Kondition, aber der Leser deutet mehr hinein.
Und gleichermaßen wird auch die Frage nach dem Kinderwunsch beantwortet, indem Verena ihre Mutterinstinkte auslebt. Cool gemacht.

Danke. :) Ja, das Ausmaß der Krankheit wollte ich in der Schwebe lassen.


„Isst du mit, Bodil?“, fragte er, nahm drei Teller heraus und stellte sie dazu.
Ein riesen Schritt auf seine Frau zu. Bodil verliert an Boden, ihre Lücke wird wieder schmaler, sie spürt das sofort, und reagiert entsprechend:

Ja, das habe ich auch so gemeint. Eigentlich ist er hier der Prinz auf dem weißen Schimmel, der seine Liebste rettet.


Und für mich ist die Geschichte genau hier zu Ende. Was soll noch kommen? Wenn der Mann (mit klarem Kopf) sich nicht mehr auf Bodils Intriegenspiel einlässt, nicht einfach seinen Platz räumt, nicht mehr Marionette ist, und Verena Bodils Bitte, den Mann wegzuschicken, nicht nachgibt, dann hat das Mädel kurz vor dem Ziel verloren.

Egal ob man Bodil jetzt intrigantes Spiel und krankhafte Liebe oder beides im Zusammenspiel zuspricht, hier ist auf jeden Fall das Ende. Entweder man kehrt als Autor jetzt Scherben auf (was nicht mehr wirklich spannend ist) oder Bodil setzt zur zweiten Runde an (was letztendlich eine Wiederholung wäre).

Oh, danke, danke, danke, liebe Fliege! Du hast jetzt echt nochmal die richtigen Worte gefunden, für das, was ich meinte.

Und wie perfide sie ist, wie wenig es ihr tatsächlich darum ging, eine "Familie" zu finden, zeigt sich in ihrer Reaktion für mich. Oder Bodil setzt Liebe mit Besitzen gleich, und sie liebt Verena auf ihre eigene, kranke Art und Weise, aber sie wird sie nicht bekommen, dass wird ihr hier bewusst. Bodil fühlt sich gerade verkauft und verraten, verletzt, und sie reagiert gleichermaßen verletzend. Wenn ihr mich nicht liebt, ich habe euch auch nie geliebt!

Ja, ich sehe die letzten Sätze auch als Provokation und Trotz. Sie wird sie so nicht bekommen, wie sie sich das vorstellt und eine andere, gesündere Art kennt sie nicht. So rutscht sie in ein altes Muster, so wie Novak das auch genannt hat.


Nachtrag: Den Titel mag ich trotzdem nicht.

Vielleicht hört sich der Titel wie eine Mogelpackung an und es gab ja schon mehrere, die irritiert waren, bis auf Anne49, die auch das Hoffnungsvolle darin sah. Der Titel bezieht sozusagen die Entstehungsgeschichte mit ein, das Copywrite-Spiel. Somit ist es eigentlich ein Insider für Wortkrieger, die beide Geschichten lesen. "Geheimrezept Liebe" ist für mich das zentrale Wort aus dem Absatz in Marias Geschichte, der, um im Bild zu bleiben, die Hefe für meine Geschichte war. Bodil hält sich nicht für liebenswert, weil sie kaum Liebe bekommen hat. Sie giert danach, aber sie wird sich auf Dauer immer so verhalten, dass man sie wegstößt. Die Protagonistin in Marias Geschichte lebt mit einem schrecklichen Mangel und dem Wissen, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist. Meine Interpretation war, dass sie sich für böse hält und sich dementsprechend verhält. Ich dachte an Menschen, die als Kinder so schwer verletzt worden sind, dass das Zusammensein mit ihnen kein Zuckerschlecken ist, eben keine rosarote Liebe, sondern harte Arbeit. Die auch zerstörerisch sind.
Das Paar in meiner Geschichte findet hinterher auf eine Art zusammen und falls es irgendeine Hoffnung gibt, dass das Ganze noch konstruktiv wird, wäre das der einzige Weg, auch für Bodil. Ach, ich finde den Titel immer noch ganz gut. Interessant, sich nochmal dazu Gedanken zu machen, danke für den Anstubser.

Ich werde die Geschichte noch empfehlen, muss mir nur noch einen Text dazu ausdenken. Übe Dich in Tee trinken und Geduld .

Uiii, darüber würde ich mich natürlich riesig freuen. :shy:


Liebe Fliege, ganz herzlichen Dank für deinen ermutigenden Kommentar!

Viele Grüße von Chutney, die jetzt einen schönen Tee trinken geht.

 

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