Hey @kiroly
Falls du immer noch Lust auf ein brechendes Bild hast: Vielleicht Raumfähre oder Raumschiff oder Satelliten im Orbit statt Raumkapseln?
Werde ich mir merken, wenn ich das Bild dann doch noch mal verwende. Ja, Kapsel oder Fähre, das weckt andere Assoziationen.
Steht davon nichts im Text, aber im grösseren Kontext, den ich im Hinterkopf habe, ist das ein zentraler Punkt. Interessant, dass du das gleich mit dazu denkst.
Ein Junge mit philosophischem Interesse (Rousseaus Naturmenschen, er muss ja dieses Wissen irgendwo erworben haben), andererseits fehlen noch zoologische Kenntnisse zur Beschreibung des Inneren einer Schmetterlingspuppe (Matsch, Schleim, durcheinander, eine Art kindersprachliche Restinsel).
Da gehe ich nicht mit. Die Passagen zum Schmetterling (und zu Rousseau) sind im Präsens geschrieben, für mich ist damit klar, dass auch das Wissen des erwachsenen Erzählers mit rein in den Text darf. Die fehlenden zoolgischen Kenntnisse sind hingegen eindeutig in der Vergangenheit verortet.
Wie viele Gardinen hat er denn für den riesigen Raupenkasten benötigt?
Hehe. Hab's in den Singular gesetzt.
Vielleicht greife ich zu weit weg: Aber traut sich der Junge, in einen Schlafsack zu schlüpfen und ihn mit einer Schnur zu umwickeln? Wenn er am nächsten Morgen schweißgebadet erwacht, zum Frühstückstisch geht, wird den Eltern etwas auffallen? Fürchtet er die Konsequenzen für dieses Verhalten? Wenn schon das ungelenke Anziehen eines Pyjamas als "krank" bewertet wird, wie wird dann dieses Verhalten eingeschätzt? Psychiatrischer Notfall? Oder ist der Junge ganz woanders, schläft er außerhalb der elterlichen Sphäre? Kontrolliert ihn die Mutter abends oder nachts?
Leiht er einen Schlafsack einfach so aus? Wie begründet er das? Macht er sich Gedanken, wie er was wann erklären kann? Einen Schlafsack ausleihen, das ist keine alltägliche Handlung für einen minderjährigen Menschen.
Ja, das sind sehr gute Überlegungen. Eine Freundin hat mir gesagt, dass sie als Kind niemals einen Schlafsack geborgt oder ausgeliehen hätte. Ich denke, als Leser macht man sich da mehr Gedanken als mir lieb ist. Ich habe die Passage daher gestrichen, der Schlafsack liegt jetzt griffbereit daheim. Dass das geheim bleibt, kann ich mir nun gut vorstellen, wenn das Kind ihn tagsüber wieder verstaut. Die Eltern werden ja nicht schauen, ob da noch ein Schlafsack unter der Decke liegt, wenn das Kind schläft.
Das ist eine Spannung, die ein längerer Text aus diesem Text, denke ich, durchhalten sollte.
Du hast recht, denke ich, aber genau das will ich nicht machen.

Der Text fährt anschliessend mit anderen Stilmitteln fort, und erst an einer entscheidenden Stelle (die Prota wird ungewollt schwanger), will ich dann diese Befruchtungssache, dieses naturalistische Vokablular wieder aufgreifen.
Hat mich sehr gefreut, lieber kiroly, immer sehr cool, deine Gedanken zu einem Text zu lesen!
Hey @linktofink
Vielen Dank für deinen Kommentar, der hat mich dazu gebracht, noch mal über ganz grundsätzliche Dinge nachzudenken.
Anfangs würde ich den Hinweis auf Rousseau rauskicken, weil es den für mich nicht braucht, er tut nicht mehr dazu.
Ja, ich will deutlich machen, dass es im Folgenden um Menschen geht und nicht um Schmetterlinge. Ich will da auch eine bestimmte Erzählhaltung anzeigen. Ich weiss, dass das nicht so glatt daherkommt. Ich denke noch darüber nach.
Ähnliches Fremdkörperempfinden habe ich beim ersten Satz im zweiten Absatz "Vor den Raupen ekelte sich meine Mutter am meisten". Der kommt so ohne Kontext und wirft die Frage auf: Wer ist der Prota und warum erzählt er mir das?
Hier fand ich es reizvoll, den Text gerade nicht so zu strukturieren, wie "man" es so macht. Und die beiden Fragen, die da aufgeworfen werden, sind doch genau die richtigen, das will ich ja. Danach kommt aber ein retardierendes Element: Noch einmal Beschreibung des Schmetterlings. Könnte man ja auch so lesen, dass die Prota lieber von diesen erzählt als von ihrer Familie. Aber grundsätzlich hast du schon recht, es ist etwas unorganisch.
Und doch hätte ich mir den Konflikt krasser gewünscht, mir wird nicht so recht klar, was genau Prota eigentlich quält, dass er doch recht abseitige Wege beschreitet.
Was da aus der Familienkonstellation durchschimmert, ist nichts wirklich Extremes, als Mitglied der Familie ist man gesund, der Vater beschwichtigend, die Mutter bemüht versöhnlich.
So denke ich, Prota ist ein wenig weird und kämpft mit Zwängen, aber eigentlich ist das Schmetterlingsding eine zeitweilige Obsession, vllt. auch nur ein Experiment oder ein kindliches Spiel.
Über sowas denke ich schon länger nach. Hier konkret und auf angriffige Weise formuliert: Warum willst du als Leser lieber einen krassen Konflikt haben, damit das seltsame Verhalten des reinen unschuldigen Kinds sich erklärt, und bist nicht bereit, die zweite Hypothese zu akzeptieren, die ja der Text eher nahelegt: Das ist
tatsächlich ein etwas seltsames Kind, das auf die üblichen bürgerlichen Zwänge sehr heftig reagiert. Denn genau so wollte ich die Figur eigentlich charakterisieren.
Ich muss zugeben, dass mich krasses Zeugs momentan auch einfach nicht mehr so richtig interessiert. Ich finde alltägliche Konstellationen viel spannender. Der Druck, der von liebevoll gemeinten Erwartungen ausgeht, die subtilen Zwänge. Ich möchte gerade nicht, dass die Leser denken, aha, Kind wird geschlagen, Kind wird angeschnautzt, Kind wird im Schnee ausgesetzt, kein Wunder, dass es sich so verhält wie hier beschrieben. Die Vorstellung, dass jede Abweichung vom reinen und unschuldigen und guten Verhalten des Kindes irgendwie erklärt werden kann/muss und gesellschaftlich verschuldet ist (was ja u.a. Rousseaus Erbe ist), ist meines Erachtens sehr dominant. Oder aber die radikale Umkehr: Das monströse Baby, geboren im Zeichen des Teufels. Ich frage mich: Was ist mit all den Welten dazwischen?
Aber ja, mir ist auch bewusst, dass ich mit so was in die Nische gehe. Das lesen wahrscheinlich nicht so viele Leute gerne, weil sie denken, Alltag hab ich ja schon genug und mir sind eindeutige Charaktere und Konflikte lieber.
Dein Kommentar hat mich sehr gefreut, lieber linktofink!
Hey @Carlo Zwei
Schön, dass du reingeschaut hast, du bringst immer was Bedenkenswertes mit.
Vielleicht gibt es da ein treffenderes Wort. Oder etwas Genaueres.
Ich finde "stark" hier genau das richtige Wort, auch wenn es sich um zarte Schmetterlinge handelt. Das Recht des Stärkeren, sich fortzupflanzen, das wollte ich hier anklingen lassen ...
Wieso?, habe ich mich hier gefragt. Was ich daran grundsätzlich gut finde: Es ist verschrobene Wahrnehmung, die deinen Prot charakterisiert. Aber ich hätte gerne Gelegenheit gehabt, den Gedanken zu verstehen.
... was ja auch mit dem Determinismus zu tun hat, der in der Natur herrscht. Ich weiss nicht, ich finde, der Gedanke ist durchaus lanciert: Der Körper ist auf das Wesentliche beschränkt, die Raupe sieht kaum etwas und dann frisst sie unablässig. Sie besitzt nicht die Frieheit etwas anderes zu tun. Ich habe noch kurz daran gedacht, so etwas wie "frisst wie eine Maschine" hinzuzufügen, aber ich finde, das braucht es nicht. Für mich ist das hier sehr deutlich.
wird zu eng ist schon eine recht schwache Verbkonstruktion. Da gibt es doch bestimmt ein Verb, dass dich ohne Partizip und "werden" auskommen lässt. "Die Außenhaut spannt" – vielleicht etwas, dass sich in den übrigen Stil fügt.
Na ja, ich finde, wenn etwas ein passiver Vorgang ist, dann darf der auch passiv beschrieben werden, es ist nun mal so, dass der Körper wächst und die Haut eben nichts tut und dann wird sie zu eng. Ich habe dafür den folgenden Satz ins Aktiv gesetzt, damit sich das "wird" nicht wiederholt.
Bis hier hin habe ich das als Wohlwollen gelesen. Eine Mutter, die sich mit einem Schmunzeln dazusetzt. Wenn sie über sein Verhalten schockiert wäre, würde ich eher erwarten, dass sie in der Tür stehenbleibt oder dergleichen.
Ja, ich möchte da eben die typischen Klischees vermeiden.
da gibt es vielleicht ein besseres Verb
Ja, habe ich umformuliert. "holen" ist wirklich kein Verb erster Güte. Wobei "legen" auch nicht viel besser ist.
Ein bisschen unmotiviert kommt mir die Beziehung zu den Eltern vor und ich frage mich, ob das nicht auch anders optimaler erzählt werden könnte. Zum Beispiel zurückhaltende, selbst verkapselte Eltern (wenn man den Konflikt will: Eltern, denen das Verhalten des Prots zur realen Gefahr wird). Oder ein ganz klar liebloser Hintergrund, der aber auch skizziert ist. Ein Waisenhaus, eine zerstörerische Mutter, ein grausamer Vater. Allein dass es 'unschicklich' ist, reicht mir da nicht.

Begründung siehe oben in meiner Antwort auf linktofinks Kommentar. Grausamer Vater, zerstörerische Mutter, da verdrehen sich mir gleich die Augen, sorry, ich mag solche Storys irgendwie auch nicht mehr lesen. Als Autor interessiert mich das Leben in den Extremen ebenfalls nicht mehr so sehr, da wird schon genug darüber geschrieben und ich habe davon auch keine Ahnung. Aber von kleinen seltsamen Verhaltensweisen, von leisem Druck, von Zwängen und Nöten, von Begierden und Verfehlungen, davon habe ich eine Ahnung. Wollen wahrscheinlich nicht so viele Leute lesen, aber

?
Lieber Gruss
Peeperkorn