Was ist neu

Novelle A Handful of Death in the West

Mitglied
Beitritt
02.10.2019
Beiträge
12
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkungen zum Text

Ein kräftiger Schneesturm wütet auf einem hohen Berg und ein einsamer Priester stapft mit kräftigen Schritten seinen beschwerlichen Weg durch den tiefen Schnee.
Dabei zieht er einen Sarg hinter sich her.
Das Böse, was er damit entfesseln wird, verschlingt alles, was ihm lieb und teuer ist.
Kann ein Mann seine Seele retten, wenn sie bereits verloren ist?

A Handful of Death in the West

Der Fremde betrat den Saloon und zog den Sarg hinter sich her. Bis auf ein Flüstern, welches durch den Raum eilte, wurde es still. Das Gewicht der Holzkiste zog tiefe Furchen in den Holzboden. Der Fremde ließ das Seil, an dem der Sarg befestigt war, fallen und ging zum Tresen. Jeder seiner Schritte knarrte auf dem alten Dielenboden. Zum ersten Mal bemerkte der Barkeeper, wie laut dieses Geräusch sein konnte.
»Einen Whiskey. Und ein Zimmer für die Nacht.«
Der Barkeeper hörte auf seine Gläser zu polieren. Diese waren schon, bevor der Fremde eingetroffen war, gründlich poliert worden. Doch irgendetwas brachte ihn dazu, es noch einmal zu tun.
»Tut mir leid Mister, aber für Sie haben wir hier kein Zimmer. Ein Mann, der in der Dunkelheit, einen Sarg hinter sich herschleppt, zieht nur Unheil an. Und das haben wir in unserer kleinen, gottesfürchtigen Stadt zur Genüge.«, antwortete der Barkeeper.
»Gottesfürchtig also?«, fragte der Fremde.
Er starrte den Barkeeper einen kurzen Augenblick an und öffnete langsam seinen schweren Ledermantel, wodurch ein schwarzes Hemd mit einem weißen Priesterkragen zum Vorschein kam.
»Gut, dann nehme ich an, Ihr wollt euch nun korrigieren und mir Euer bestes Zimmer anbieten.«
Der Barkeeper nahm das polierte Whiskey-Glas und stellte es vor den Priester hin. Er griff nach einer Flasche und schenkte dem Fremden ein. Er hätte ihm den hiesigen Gaumenbeleidiger als seine beste Marke andrehen können, aber das tat er nicht. Der Barkeeper verschüttete etwas von der goldenen Flüssigkeit über dem Tresen. Der Priester kippte den Whiskey fein säuberlich hinunter und verzog dabei keine Mine.
»Tut mir leid Mister, ich wusste nicht, dass Sie ein Mann Gottes sind. Natürlich haben wir eine Unterkunft für Sie.«
Er zog aus seiner Hosentasche einen Schlüssel mit der Zimmernummer sechs und überreichte ihm diesen. Dieser steckte den Schlüssel ein und blickte sich noch einmal im Saloon um. Der Barkeeper folgte seinem Blick und rief in die Menge. »Jetzt starrt ihn nicht so an! Habt ihr es nicht mitbekommen? Dieser Mann ist ein Mann Gottes. Los, spielt weiter! Wofür bezahl ich euch?«
Der zahnlose Klavierspieler begann wieder zu spielen und der ältere Mann mit der Geige und dem abgewetzten Hut folgte seinem Beispiel. Der Barkeeper richtete seinen Blick erneut auf den Priester.
»Seid ihr auf der Durchreise?«
Der Fremde schwieg. Der Barkeeper versuchte die Frage zu wiederholen, doch der Priester schüttelte den Kopf.
»Sprecht nicht von trivialen Dingen. Der Tod selbst befindet sich gerade unter euch.«
Der Priester nahm das Glas und die halbleere Whiskey-Flasche und setzte sich an einen der leeren Tische des Saloons. Die Gäste hielten noch immer ihren Blick gespannt auf den Fremden gerichtet. Dieser deutete zu dem Holzsarg.
»Den rührt mir keiner an.«
Der Priester lehnte sich im Holzstuhl zurück. Er wollte sich einen Moment Ruhe gönnen, hielt aber beständig seinen Blick auf den Sarg gerichtet.
Dabei übersah er, dass der Barkeeper mit einem jungen Mann redete. Hastig flüsterte er Worte in sein Ohr. Im schummrigen Licht der Lampen wirkte der Junge ziemlich hager. Und obwohl es draußen kalt war trug er kurze Hosen. Der junge Mann blickte fragend zum Barkeeper. Einen kurzen Moment später lief er wie vom Blitz getroffen aus dem Saloon. Hinaus in die Dunkelheit, die ihn verschlang. Zwei Gläser Whisky und ein Lied der schönen Blondine auf der zusammengebretterten Bühne später, betrat der Junge wieder den Saloon. Ihm folgte ein stämmiger Kerl mit einem schwarzen Wollmantel. Sein Blick wurde starr, als er den Sarg erblickte.
»Wem gehört diese Holzkiste des Todes?«
Der Klavierspieler deutete auf den Priester.
»Dem dort drüben, Marshall. Ist augenscheinlich ein Priester.«
»Ach, wirklich? Seit wann laufen Priester mit Särgen durch die Gegend?«
Der Marshall setzte sich an den Tisch des Priesters.
»Was bewegt einen Diener Gottes unsere schöne Stadt aufzusuchen?«
Der Priester trank das Glas Whiskey aus und stellte es auf den Tisch.
»Gottes Wege sind unergründlich.«
»Hör mir gut zu Priester, wir brauchen hier keinen Ärger. Särge mit Toten brauchen wir schon gar nicht. Davon haben wir selbst mehr als genug.«
Bevor der Priester antworten konnte, drangen kratzende Laute aus dem Sarg. Die Menschen im Saloon wurden erneut still, als ein weinerliches Schluchzen aus dem Sarg zu vernehmen war. Der Priester versuchte aufzuspringen, doch der Marshall zückte seinen Revolver.
»Schön sitzen bleiben! Wen zur Hölle hast du dort eingesperrt?«
»Unter keinen Umständen öffnen, wenn euch euer Leben lieb ist.«, betonte der Priester mit Nachdruck. Eine zarte, weibliche Stimme drang plötzlich aus dem Inneren des Sarges.
»Helft mir bitte... Ich habe solchen Durst.«
Der Klavierspieler sprang auf und eilte zu der Holzkiste.
»Oh mein Gott, da ist ein Mädchen eingesperrt.«
Er versuchte das Mädchen zu befreien, doch der Sarg ließ sich nicht öffnen.
»Hat jemand ein Brecheisen?«, fragte er.
Der Priester sprang auf, doch auch der Marshall tat es ihm gleich.
»Öffnet unter keinen Umständen den Sarg!«
Der Marshall stellte sich dem Priester in den Weg.
»Schön hierbleiben, sonst bist du der Nächste, der in dieser Kiste landet.«
Der Klavierspieler schaffte es den Sarg ein Stück weit zu öffnen.
Doch die süße, kindliche Stimme aus dem Inneren verwandelte sich in ein tiefes und furchterregendes Knurren.
Das Licht im Saloon erlosch wie von Geisterhand und der Boden unter den Tischen fing an zu beben. Der Sargdeckel sprang auf. Da wich der Klavierspieler erschrocken zurück. Eine dunkle Gestalt erhob sich aus dem Sarg.
Diese zischte und knurrte unmenschlich. Das Holzkreuz, welches auf der gegenüberstehenden Wand hing, fing Feuer und fiel brennend zu Boden. Das Wesen schien die Form einer nackten Frau zu haben, doch der Körper war mit einer pechschwarzen Flüssigkeit umhüllt. Ihre knöchrigen Finger und Gelenke waren doppelt so lang wie die eines normalen Menschen und ihre Augen wirkten schneeweiß. Das Wesen packte den Klavierspieler und warf ihn zu Boden. Es beugte sich über den wehrlosen Mann. Die pechschwarze Flüssigkeit des Wesens lief dabei über sein Gesicht und fing an ihn am Atmen zu hindern. Er drohte zu ertrinken, da feuerte der Marshall Schüsse auf das Wesen ab.
Das unmenschliche Ding betrachtete die Einschusswunden an seinem Köper. Doch scheinbar schien es keinerlei Schmerzen zu spüren. Es knurrte in Richtung des Priesters. Der Klavierspieler schlug aus purer Verzweiflung auf das Wesen ein. Doch es packte seinen Arm und riss ihn mit Leichtigkeit vom Körper.
Der Priester zog seine Waffe.
»Möge der Herr dir eine Kugel zwischen die Augen jagen.«
Die Patronen trafen ihr Ziel.
Während das Wesen zurück wich, warf der Priester die Whisky-Flasche auf die Kreatur. Splitter der Flasche schossen durch den Raum. Der Priester schleuderte die Zigarre des Marshalls in Richtung der Kreatur. Er traf sein Ziel und das Wesen ging in lodernden Flammen auf. Es stürmte brennend aus dem Saloon und fiel hinter der Schwingtür, laut schreiend zu Boden.
»Feuer ist das Einzige, das sie töten kann.«
»Was zur Hölle war das, verdammt noch mal?«, fragte der Marshall.
»Eine Moorhexe.«
»Eine was? Sagten Sie gerade, eine Hexe?«
»Nicht nur irgendeine Hexe, sondern eines der schlimmsten Ausgeburten, die der Teufel auf die Erde losließ. Sie ernähren sich von Kindern, ihrem Fleisch, ihren Knochen.«
Er hielt kurz Inne.
»Sie verschlingen sogar ihre Seelen.«
Das Wesen verkohlte vor dem Saloon. Das Feuer konnte man noch lange in dieser kalten, sternenlosen Nacht knistern hören.

Der Priester inspizierte den leblosen Körper des Klavierspielers.
»Ich scheine sehr nahe an ihr dran zu sein.«
»An wem seid ihr nahe dran? Warum habt ihr uns diesen Dämon in unsere Stadt gebracht?«
Der Blick des Marshalls wanderte über den verwüsteten Saloon und blieb am zerbrochenen Sarg hängen.
»Feuer kann sie töten, es reinigt ihre verlorenen Seelen.« Der Priester begab sich zum Tresen und legte seinen Colt vor sich ab. »Geweihtes Silber, wie die Kugeln in meinem Colt, oder an der Innenseite des Sarges, halten sie auf. Es lähmt sie förmlich.«
Der Marshall setzte sich und bemerkte das Kruzifix am Griffstück des Schießeisens. Er griff in seine Tasche und zündete sich erneut eine Zigarre an. Dabei musterte er lange den Priester.
»Es befindet sich unter den Hexen eine Lamia - eine Oberhexe, die sich noch zu Lebzeiten mit einem Dämon einließ, um den Totengeist über die Menschen zu bringen. Und je näher eine Hexe dieser Lamia kommt, desto stärker wird sie. Deswegen sperrte ich diese Moorhexe in den Sarg, um die Lamia aufzuspüren und dem Ganzen ein Ende zu setzen. Und diese Spur brachte mich direkt in eure Stadt.«
Der Blick des Marshalls wanderte erneut zu dem Sarg.
»Ihr habt dieses Ding also bewusst als so eine Art lebenden Kompass benutzt?«
»So ist es.«
»Verzeiht mir die Frage, Priester. Aber wenn eine Hexe in der Gegenwart ihrer Herrin immer mächtiger wird, ist es dann ratsam, dass Ihr sie dorthin bringt?«
»Hätten ihre gottesfürchtigen Leute auf mich gehört, wäre diese Kreatur niemals aus ihrem Gefängnis entkommen.«
Einen Moment lang schwiegen beide, während der Barkeeper den Saloon aufräumte.
»Wieso trägt ein Diener Gottes ein Schießeisen?«
»Gott hat dafür gesorgt, dass meine Arbeit dreckig geworden ist. Diese Hexen fielen während der Sonntagsmesse über meine Kirche her.“
»Das ist schrecklich.«, antwortete der Marschall. »Aber dies ist meine Stadt und ich bin für die Sicherheit meiner Leute hier verantwortlich. Ich helfe Ihnen und werde Sie begleiten. Sagen Sie mir, was Sie brauchen.«
Der Priester nahm seinen Colt und betrachtete ihn eindringlich.
»Nur eine Handvoll Tod...« Er steckte den Colt wieder in seinen Halfter.
»Und ein Pferd könnte nicht schaden.« Der Marshall reichte ihm seine Hand. »Mein Name ist übrigens Kurt Barlow.« Der Priester nahm die Hand des Marshalls entgegen. »Roland Pope.«, erwiderte er.
»Mister Pope, ich habe vor zwei Tagen eine Mörderin eingebuchtet, die etwas von einer Hexe erzählt hatte. Ich hielt sie für verrückt, aber in Anbetracht dessen, was heute Abend geschehen ist…«
»Ich muss diese Frau unbedingt sprechen.«
»Gut, ich schlage vor, wir ruhen uns die restliche Nacht aus und treffen uns morgen bei Sonnenaufgang, dann befragen wir die Gefangene. Habt Ihr ein Zimmer bekommen?«
»Durchaus.«
»Gut, dann bis zum Morgen. Angenehme Nacht, Mister Pope.«
Die beiden verabschiedeten sich und der Marshall verließ den Saloon, während der Priester noch einige Zeit an der verwüsteten Bar sitzen blieb.

Am nächsten Morgen betrachteten der Marshall und der Priester eine Frau, die alleine in einer Gefängniszelle saß. Sie trug schwarze Kleidung und ihre linke Augenhöhle bedeckte eine schwarze Augenklappe.
»Sie will uns ihren Namen nicht sagen und spricht nicht viel, dafür ist sie umso tödlicher. Wir benötigten vier Leute, um sie zu bändigen. Wir haben sie erwischt, als sie einen Typen abgeknallt hat, der um ein Vielfaches besser bewaffnet war als dieses Dreckstück hier.« Die Frau sah den Priester an und lächelte dabei, als würde sie einen alten Freund nach langer Zeit wiedersehen.
»Man muss mir schon zu Gute halten, dass der Bastard, den ich ins Jenseits befördert habe, ein junges Mädchen verhungern und sterben ließ.«
Sie betrachtete dabei den Marshall. »Wir haben dieses scheinbar misshandelte Mädchen nie gefunden. Mord bleibt Mord und Gesetz bleibt Gesetz. Du wirst für diese Tat am Galgen hängen.« Die Frau blickte auf ihre gefesselten Hände hinab.
»Was soll ich sagen? Schlechte Zeiten sind im Sattel. Ja, das sind sie wohl.« Der Priester sah sie eindringlich an und empfand etwas Mitleid mit der Gefangenen. Ein Schmerz quälte ihn plötzlich am Unterarm, als hätte ihn etwas gestochen. Er kratzte sich und das schlimme Gefühl ließ langsam nach. »Ich habe gehört, du bist einer Hexe entkommen?« Sie warf dem Priester einen erstaunten Blick zu. Zum ersten Mal seit geraumer Zeit schien ihr jemand Glauben zu schenken.
»Einer Lamia höchstpersönlich, so wahr ich hier sitze.«
»Das ist nicht möglich.«
»Glaubt es oder lasst es, das ist mir einerlei.«
Der Priester blickte schockiert, aber mit hohem Interesse zu der Gefangenen.
Die Frau sah den Priester dabei eindringlich an. »Brennen soll diese Hexe und bei Gott, ich werde das Streichholz dabei halten. Sie hat mir meinen geliebten Vater genommen.«
»Kannst du mir sagen, wo sie sich aufhält?«
»Nein, aber ich könnte euch zu ihr hinführen.« Der Marschall schlug gegen die Gitterstäbe. »Das kannst du dir abschminken.«
»Dann viel Glück bei der Suche, meine zwei Helden.«
Der Priester drehte sich zum Marschall und führte ihn ein paar Meter von der Zelle weg, um mit ihm unter vier Augen sprechen zu können.
»Mister Barlow, wie mir scheint, sitzen wir drei im selben Boot. Ich würde empfehlen, wir lassen sie mit uns gemeinsam diese Hexe jagen. Sie bekommt die Chance, uns zu helfen und sich an der Lamia zu rächen. Was dann mit der Gefangenen geschieht, überlassen wir Gott.«
Er blickte immer wieder zur Zelle zurück, so als wollte er sichergehen, dass die Gefangene, wohl wissend, dass sie eingesperrt war, noch an ihrem Platz saß. »Hören Sie, Priester. Sie hat einen Menschen eiskalt ermordet. Sie verdient es nicht, wie ein freier Mensch behandelt zu werden.«
Der Priester legte nun seine Hände auf die Schulter des Marshalls und drückte etwas stärker zu. »Mister Barlow, bedenken Sie, dass wir ihre Hilfe benötigen. Wäre nicht mein Sarg von Ihren Leuten gewaltsam geöffnet worden, wären wir jetzt nicht auf sie angewiesen.«
»Meinetwegen, aber eines sei gewiss, sobald wir diese Hexe gefunden haben, bringe ich sie wieder hierher zurück.« Die Gefangene hob ihre Hände, an denen sie mit schweren Ketten gefesselt war.
Der Marshall nahm, nach wie vor widerwillig, die Schlüssel aus seiner Jackentasche und sperrte die Gefängniszelle auf.

Die drei erreichten nach einem Tagesritt einen Wald, vor dem sie ein Feldlager für die Nacht errichteten. Der Marshall hatte die Gefangene für die Nachtruhe an ihren Händen und Füßen gefesselt. Nachdem er sichergestellt hatte, dass sie nicht über Nacht fliehen konnte, legte er sich ins hohe Gras und schlief nach kurzer Zeit unter seinem Hut ein. Nur noch ein tiefes Atmen war von ihm zu vernehmen.
Der Priester machte sich am Lagerfeuer etwas zu Essen und gab der Gefangenen mit einem Löffel einen Teil davon ab.
»Die Bohnen sind hart wie Schrotkugeln und der Mais ist zäh. Aber es füllt den Magen.« Der Wind heulte und das Feuer fing immer heftiger an zu knistern. Es warf seltsame Schatten, die im Wind zu tanzen begannen.
»Erzähl mir, wer du bist.«
»Einfach nur ein Mensch. Einer, der dir nichts Böses will.«
»Auch ich will dir nichts Böses.«
»Das sagen viele und tun es bewusst oder unbewusst dennoch. Ich habe diesen Mistkerl erschossen. Aber nur, weil er es verdient hatte. Dieses arme Mädchen, nicht viel älter als drei Jahre.«
Sie blickte in den klaren Sternenhimmel über ihr.
»Ich habe für sie gebetet. Zu Gott und dem Jesusmenschen.«
Sie sah dem Priester dabei tief in die Augen.
»Aber, er erhörte nicht mein Flehen und ließ das Mädchen einfach sterben.«
»Das tut mir leid. Manchmal kann man schlimme Dinge auf dieser Welt nicht aufhalten. Das ist die traurige Wahrheit. Es liegt an uns, wie wir damit umgehen und ob wir Schatten dadurch in unser Herz lassen.«
Sie betrachtete dabei erneut den Sternenhimmel, so als würde sie nach einer Antwort darin suchen.
»Diese Welt ist verdorben. Vielleicht wäre es an der Zeit, sie einfach gewähren und untergehen zu lassen.«
Er betrachtete die junge Frau erneut und registrierte im Schein des Lagerfeuers plötzlich ihre makellose Schönheit.
Sie bemerkte dies und schenkte dem Priester ein kurzes, aber dankbares Lächeln. Als der Priester am nächsten Morgen etwas unsanft mit dem Stiefel des Marshalls geweckt wurde, bemerkte er, dass sich die junge Frau in der Nacht zu ihm gelegt hatte.
»Na, war es etwa kalt in der Nacht? Los, packt zusammen, wir reiten weiter.«, sagte der Marshall dabei mürrisch.
Als sie wach wurde, sah sie den Priester verschlafen an und bemerkte den Speichelfleck von ihr auf seinem Hemd.
»Tut mir leid, ich...«
Doch bevor sie sich entschuldigen konnte, unterbrach sie der Priester.
»Muss es nicht.«
Die Drei packten ihre Sachen zusammen und der Priester überreichte ihr einen seiner zwei Colts sowie ein Messer.
»Damit du sicher bist.«
Völlig fassungslos stellte sich der Marshall zwischen sie.
»Bei allen guten Geistern! Sind Sie sicher, Mister Pope?«
»Wenn es gefährlich wird, ist sie unbewaffnet nur eine Last, bewaffnet jedoch eine wertvolle Gefährtin.«

Die drei kamen an eine Stelle, an der sich ein dunkler Wald bedrohlich weit vor ihnen ausbreitete. Die Pferde schreckten auf und fingen heftig an zu wiehern.
Der Priester versuchte, sein Pferd zu beruhigen. »Ruhig mein Freund, was ist plötzlich los mit dir?«
Die Frau stieg vom Pferd ab und streichelte sanft den Kopf des Tieres. »Es ist dieser Ort, besser gesagt, dieser Wald. Tiere können das Böse sehr gut wahrnehmen. Es scheint, dass wir auf der richtigen Fährte sind. Wir müssen hier hindurch, um zu der schwarzen Mine zu gelangen, in der sich die Lamia aufhält.«
Der Marshall versuchte, die Kontrolle über sein Pferd wieder zu erlangen und dabei nicht abgeworfen zu werden. Als sich sein Pferd einigermaßen zu beruhigen schien, stieg der Marshall ab und band das Zaumzeug mit einem Seil an einer Eiche fest, die vor dem dichten Wald stand.
»Gut, dann gehen wir eben ohne die Pferde in den Wald. Der Wald scheint sowieso für die Tiere viel zu dicht bewachsen zu sein.«
Er betrachtete den Wald und zum ersten Mal, schien er so etwas wie Angst zu verspüren.
»Das ist der Galgenwald, richtig?«
»Ja, so wird er von Einigen genannt, obwohl es mehrere Namen für ihn gibt.«, bestätigte sie ihm.
Der Marshall sah den Priester besorgt an.
»Ich hoffe, dein Gott ist immer noch auf deiner Seite. Es heißt, wenn man den Wald betritt, kommt man nie wieder aus ihm heraus. Er verschluckt einen regelrecht wie ein Raubtier.«
Sie marschierten durch den kniehohen Nebel, der sich im dunklen Wald wie ein Teppich ausbreitete und bei jedem Schritt unter ihnen knirschte etwas, das sie aber nicht erkennen konnten.
Der Vollmond leuchtete den Wald in einem unheimlichen, bläulich schimmernden Licht aus. In der Dunkelheit waren keine Tiere zu hören, nicht einmal der Wind gab ein Geräusch von sich. Alles in diesem Wald war totenstill - bis auf das unheilvolle Knirschen unter ihnen.
Die Frau blieb plötzlich stehen und zeigte auf eine Stelle, bei der unzählige Stricke von den Bäumen herabhingen. Der Nebel verzog sich dort langsam und es wurde ein Meer aus Knochen und menschlichen Schädeln sichtbar, die den gesamten Waldboden zu bedecken schienen.
Mit Entsetzen betrachteten die drei das verstörende Bild, das sich vor ihnen bot. Sie griff sich plötzlich einen der Stricke und schnitt ihn durch, betrachtete diesen und hängte ihn sich lächelnd um ihren Hals.
»Na, tapferer Marshall, so wolltest du mich doch immer sehen, oder? Steht mir ausgezeichnet, findest du nicht?«
Der Marshall sah den Priester mit einem ungläubigen Blick an.
»Versteht Ihr keinen Galgenhumor, oder was?«, fragte sie und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, weiter voraus.
Dabei wirbelte sie den Strick um ihren Hals, als wäre es ein in Mode gekommener Schal. Die drei kamen durch einen langen Fußmarsch immer tiefer in den unheimlichen Wald hinein. Sie war ihnen dabei immer ein paar Schritte voraus, doch plötzlich blieb sie abrupt stehen. Der Marshall und der Priester blieben ebenfalls stehen und zogen ihre Revolver.
»Interessant. Seht ihr das auch?«
Sie deutete dabei auf eine Leiche, die halb vergraben ein paar Meter entfernt aus dem Waldboden herausragte. Die Leiche stützte ihren Torso dabei an einem Baum. Moos und Blätter zierten den stark verwesten Körper, wodurch er nur noch sehr schwer als solcher zu erkennen war.
Der Marschall blickte in ihre Richtung.
»Was, eine Leiche? Ja, das haben wir wohl alle schon mal gesehen, wenn auch nicht in so einem gottlosen Zustand.«
»Möge der Herr seiner armen Seele gnädig sein.«, bedauerte der Priester. Die junge Frau drehte sich zu den beiden um und schüttelte energisch den Kopf.
»Nein, ich meine, ob ihr schon mal gesehen habt, dass sich eine Leiche bewegt.«
»Bewegt? Wie meinst du das.«
Sie deutete nochmals auf den verwesten Leichnam.
»Los, geh hin und überzeuge dich selbst.«
Der Marshall warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. »Was ist das wieder für eine kranke Ausgeburt deines Geistes, Weib?«
Der Priester bewegte sich vorsichtig auf die Leiche zu. Als er ihr näherkam, warf er einen prüfenden Blick auf sie. Aber er konnte nichts Außergewöhnliches erkennen. Mit seinem Colt bewegte er den Kopf des Toten langsam und vorsichtig zur Seite.
Als nach wenigen Momenten, wie vom Priester angenommen, keine Reaktion vom leblosen Körper kam, atmete er etwas erleichtert auf und drehte sich nach hinten zu den beiden Anderen um.
»Da ist nichts. Sag mir bitte ehrlich, weißt du überhaupt, wo sich die Lamia aufhält? Oder war das nur loses Gerede, um aus dem Gefängnis rauszukommen?«
Plötzlich drehte sich der Kopf des verwesten Leichnams leicht zur Seite in Richtung des Priesters. Mit einer tiefen, hohlen Stimme drang ein Stöhnen, gefolgt von einem deutlich wahrnehmbaren Ausruf aus dem verwesten Schädel.
»Laaamiaaa.« Der Priester erschrak dermaßen, dass er rücklings auf den Waldboden fiel. »Was zur Hölle...« Während der Leichnam sprach, fielen Insekten, wie Maden, Käfer, Spinnen und andere kleine Kriechtiere aus dessen Mund. Der Kiefer knackte dabei in einem unheimlichen Ton. »Weeerr suuucht dieee Laaamiaaa?«
»Wir, wir suchen die Lamia. Was zur Hölle bist du?«, fragte der Priester.
Die Leiche starrte den Priester mit einem festen und eisigen Blick an. Die Augen sind schneeweiß und trübe. »Niiicht wasss, sondernnn weeer. Ichhh binnn...«
Seine Stimme wurde immer undeutlicher. Die Wörter verschwammen unter dem lauten kratzartigen Geräusch, das aus seiner Kehle hervordrang. Der Kopf des Untoten fiel ruckartig nach vorne. Plötzlich huschte eine Ratte aus dem Kiefer hervor und grub sich hektisch ihren Weg aus dem Hals der Leiche in die Freiheit. Sie krabbelte dabei über den verfaulten, moosartigen Oberkörper hinab. Bis die Leiche mit ihrer knochigen Hand die Ratte mit einem lauten Knirschen zerquetschte. »...Salem.« Der Priester und der Marshall standen beide angespannt mit ihren Revolvern im Anschlag da. Ein Gefühl von Angst und Hilflosigkeit durchfloss ihre Körper wie ein stechender Schmerz. Der Leichnam, der sich selbst Salem nannte, bewegte seinen Kopf wieder nach hinten und richtete seinen Blick zurück auf den Priester. »Warum sucht ihr die Hexe? Sie wird euch nur den Tod bringen.«
Der Untote schien kurz zu überlegen.
»Oder etwas Schlimmeres.« Eine Spinne krabbelte aus dem verfaulten Ohr Salems und huschte in die Nasenhöhle. Noch etwas verängstigt beobachtete der Priester diese makabre Szenerie und steckte seinen Colt wieder zurück in den Halfter. Der Marshall musste sich auf den Waldboden setzen, da seine Beine zu stark zu zittern begonnen hatten. Kreidebleich im Gesicht versuchte, er eine vernünftige Erklärung für dieses verrückte Geschehen zu finden.
»Kannst du uns sagen, wo sich diese Hexe befindet?«
Regungslos antwortete Salem dem Priester.
»Nicht weit von hier. Seid ihr etwa gekommen, um sie zu vernichten?«
»Ja, das ist das Ziel unserer gemeinsamen Reise.«
»Gut, dann werde ich euch behilflich sein. Ich kann meinen Frieden nur finden, wenn die Hexe tot ist. Sie hat mich verflucht, ewig zu leben und mich den Wölfen zum Fraß vorgeworfen. Erst wenn sie vernichtet ist, wird ihr Fluch gebrochen und alles nimmt wieder seinen natürlichen Gang.«
»Dann verrate uns, wo wir sie finden.«
»In der schwarzen Mine, weiter westlich durch diesen Wald hindurch.«
»Was habe ich euch gesagt?«, rief die junge Frau und tänzelte mit dem Strick um den Hals. »Dort hat sie ihr Nest errichtet, aber hütet euch! Es ist ein gefährlicher Weg durch den Wald. Sie hat ihn verflucht und alle Lebewesen mit ihnen. Die Vögel sind ihre Augen und die Bäume ihre Ohren. Sie fühlt jeden Schritt, den ihr auf diesen Waldboden setzt. Die Lamia wird euch töten, noch bevor ihr die schwarze Mine erreicht habt.«
Der Marshall stand schwerfällig auf, so als würde ihn der Boden festhalten wollen und wischte sich die Blätter von seiner Hose.
»Gut, lasst uns weitergehen und keine Zeit mehr verlieren. Wenn die Lamia gewarnt ist, sollten wir schnell handeln. Danke für deine Hilfe, Salem. Noch vor Sonnenaufgang wirst du erlöst sein.«
Die junge Frau zog ihr langes Messer aus dem Gürtel, den ihr der Priester überreicht hatte. »Ach, die Erlösung kann ich ihm auch bringen. Keiner hat jemals eine Enthauptung überlebt.« Sie holte aus und schnitt ohne weitere Vorwarnung der sprechenden Leiche den Kopf ab, der anschließend von ihrem verwesten Körper herunterrollte. »Bist du verrückt, was soll das?«, brüllte der Marschall sie an.
»Verrückt? Ich dachte, über diesen Moment sind wir schon hinaus?«
Der Kopf Salems lag jetzt abgetrennt am Waldboden vor dem Marshall.
»Kann es wirklich noch schlimmer kommen?«, stöhnte Salem.
Die Gefangene hob Salems Kopf auf und betrachtete diesen etwas traurig und verwundert darüber, dass er noch immer lebte.
»Oh, tut mir leid. Wollte dir eigentlich nur helfen.« Sie packte den verwesten Kopf in die Schlinge um ihren Hals und zog den Strick fester zusammen. Jetzt hing der Kopf Salems zwischen ihren Brüsten wie ein Anhänger an einer Kette herunter.
»Perfekt, oder?«
»Du kannst doch nicht einfach einen Kopf mit dir herumtragen.«, wendete der Priester ein.«
»Es ist doch nicht irgendein Kopf, sondern der unseres Freundes hier. Willst du ihn einfach rücksichtslos hier liegen lassen, währenddessen sich die Tiere über ihn hermachen?« Der Marschall packte den Strick und schnitt ihn ihr vom Hals.
»Immer noch besser, als wenn er deine Gesellschaft ertragen muss.«
»Ach, wir hätten doch so gute Freunde werden können.«, erwiderte sie.
Der Marschall band den Strick mit dem Kopf Salems an einem Ast fest.
»So kommen die Tiere wenigstens nicht an dich ran.«
Als die Gruppe den Wald verließ, erreichten sie eine endlose Einöde, die an einer Küste endete.


Vor diesem schier endlosen Meer ragte ein verfallenes Industriegelände wie eine verrostete Krone aus dem Erdboden hervor.
Wracks von Autos standen verstreut vor dem Eingang herum. Verlassene Gebäude und rostige Stahlträger bäumten sich aus dem moosbewachsenen Boden hervor als die drei das Gelände betraten. Der Priester sah sich erstaunt um, so weit war er noch nie auf seinen Reisen gekommen, um Relikte aus der Alten Welt betrachten zu können. Er kratzte sich erneut an seinem rechten Arm, während er erstaunt die Bauwerke betrachtete, die er nur aus Geschichten kannte. »Wir müssen hier vorsichtig sein, wir betreten Überreste aus der alten Welt. Man spricht mit vorgehaltener Hand, dass Anhänger vom mechanischen Volk hier heimisch sein sollen.«, flüsterte sie ehrfürchtig. »Ich dachte, die gehören einer Legende an?«, erwiderte der Marshall. Sie sah sich vorsichtig um und bemerkt dabei, dass kleine Gestalten mit weißer bis gräulicher Haut sie aus den Trümmern heraus beobachteten.
»Genauso wie Hexen und dennoch weilen sie, seit das nukleare Feuer vom Himmel kam und alles dabei verschlang, unter uns.«
Nun bemerkten auch der Priester und der Marschall, dass sie beobachtet wurden. »Beachtet sie nicht, Augenkontakt provoziert sie nur. Man nennt diese Kleinwüchsigen Aschenkinder. Sie scheinen sich vor irgendetwas zu fürchten, aber wir sind bestimmt nicht der Grund dafür.«
Als sie die letzten Überreste der Industriestadt überquert hatten, blieben sie plötzlich wie erstarrt stehen. Vor ihnen befand sich ein riesiges Monstrum. Es sah irgendwie menschlich aus, war aber mindestens drei Meter hoch, wenn nicht noch größer. Es hatte eine kreidebleiche Haut und der Körper war von schwarzem Leder umwickelt. An seinen Armen waren Dampf und zahnradgetriebene Mechanik sichtbar. Sein Kopf war durch einen goldenen Helm in Form eines Totenkopfes vollständig bedeckt.
Sein Atmen klang künstlich und metallisch.
Als es die drei erblickte, fing es an, tiefer zu atmen und bewegte sich bedrohlich schnell auf sie zu.
»Halt!« Plötzlich stoppte eine Stimme dieses Ungetüm. Das Monstrum blieb mitten in der Bewegung stehen, so als hätten die Worte des Unbekannten es ausgeschaltet. Ein Mann mittleren Alters kam dabei hinter einem Gebäude hervor. Er trug einen gut gebügelten Anzug und eine mit goldenen Blättern verzierte Weste. Ebenfalls einen Zylinder, um den eine Schutzbrille gespannt war. Es waren auch Verzierungen mit Spielkarten und bunten Federn daran zu erkennen.
»Da soll doch mein Aufziehherz stehen bleiben.« Er musterte die drei sorgfältig. »Was machen Herrschaften aus dem wilden Westen hier in unserem Viktoria? Eure Epoche liegt doch weit hinter den Hügeln?«
»Wir kommen nicht mit bösen Absichten und sind nur auf der Durchreise.«, erklärte ihm der Priester.
»Durchreise? Ihr seid gerade dem Uhrenmacher in die Hände gelaufen und das wäre wohl oder übel nicht besonders gut für euch ausgegangen.«
Der Marschall betrachtete das Ungetüm, das immer noch mitten in der Bewegung verharrte.
»Der Uhrenmacher?«
»Ah, euch irritiert sicherlich der Name, nicht wahr? Mein Freund hier wird der Uhrenmacher genannt, weil er für jedes Leben, das er nimmt, eine Uhr macht. Die Zeit, die er also den Menschen stiehlt, läuft auf einer neuen Uhr weiter. So hält er das Gleichgewicht des Todes aufrecht.«
Der Fremde lächelte, wobei seine Goldzähne in der Sonne aufblitzten. Er verbeugte sich vor den dreien.
»Bitte entschuldigt meine Unhöflichkeit. Wo sind nur meine Manieren geblieben? Mein werter Name lautet Jules Verne und ich bin der Bürgermeister dieses wunderbaren Ortes.«
Die Frau stieß den Priester mit ihrem Ellenbogen leicht an und deutete mit ihren Augen auf die Ruinen.
»Wunderbarer Ort, « sagte er...
Jules Verne kam auf sie zu und kniff ihr in die Wange.
»Oh, meine holde Dame, lasst euch nicht vom Verfall täuschen. Es ist einer der wenigen Orte, die noch von der alten Welt stammen.«
Dann verschwand sein freundliches Lächeln.
»Nicht wie euer Nachgebautes aus den Büchern. Ihr und alle anderen Epochen seid nur Heuchler. Ihr imitiert nur das vergangene Leben. Wir hingegen verehren das einzig Wahre. Das, was von ihnen selbst erbaut wurde.«
»Wir respektieren eure Ansichten, doch wir sind nicht hier, um diese zu untergraben oder euch zu beleidigen.«, meinte der Priester.
»Doch wir müssen unseren Weg durch euer Viktoria bestreiten, damit wir das Böse, das unsere Epoche heimgesucht hat, vernichten können.«
Die Worte des Priesters schienen dem Bürgermeister zu gefallen und er setzte wieder ein Lächeln auf.
»Das Böse sucht sich immer einen Weg in das Unterbewusstsein und findet Dinge, die so schrecklich sind, dass wir ihnen nicht einmal einen Namen dafür geben können. Wir erlauben es uns, ihnen gegenüberzutreten. Doch nur wenige sind in der Lage, dem Bösen geradewegs in die Augen zu blicken. Und noch wenigere erkennen, dass am Ende wir doch selbst das einzig Böse auf dieser Welt sein können.«
»Dürfen wir nun passieren und unseren beschwerlichen Weg fortführen?«
»Natürlich dürft ihr, habt ihr es doch selbst in der Hand, diese Reise fortzuführen. Dieses und das nächste und sogar das darauffolgende Mal. Doch, was ihr auch tut, bleibt immer westlich eures Weges.«
Der Bürgermeister deutete mit seiner Hand gegen Osten.
»Denn hier kommt ihr am schiefen Turm vorbei, wo der schiefe Mann lebt. Und glaubt mir, dem wollt ihr sicherlich nicht begegnen. Er würde sich nur in euren Köpfen einnisten und euch auf schiefe Gedanken bringen.«
Nachdem sie die Industriestadt verlassen hatten und dem schiefen Turm, wie empfohlen, aus dem Weg gegangen waren, erreichten sie eine Küste. Endlich waren sie am Ende ihrer langen Reise angekommen, denn in einer Felsformation direkt am Meer war schon von weitem deutlich eine Mine erkennbar. Sie war in schwarzen Stein gehauen. Die drei betraten sie.

Jeder Schritt in der Mine knirschte unter ihren Füßen. Der Boden bestand aus menschlichen Schädeln, teilweise verwest. Es stank bestialisch nach verfaultem Fleisch und nach etwas Undefinierbarem. Der Priester wollte gar nicht erfahren, um was es sich bei diesem Gestank so alles handeln konnte.
»Wo versteckst du dich, du Ausgeburt der Hölle?«, rief der Priester in die Dunkelheit der Mine hinein.
Nichts. Kein Geräusch, außer dem Echo seiner Stimme, die noch eine gefühlte Ewigkeit in der Dunkelheit nachhallte.
Plötzlich kam seine Stimme rasend schnell wieder zum Priester zurück.
Sie wurde immer lauter. Viel lauter, als er hineingerufen hatte.
Doch nicht der ganze Satz kam aus der Finsternis zurück.
»Ausgeburt« und »Hölle« diese Worte drangen zu ihm durch.
Der Priester bemerkte den Schauer, der über seinen Rücken lief. Und nachdem sein gesprochenes Wort »Wo?« zurückgehallte, herrschte eisige Stille.
Plötzlich ragten verweste Hände aus dem Boden empor und packten die Füße der drei Gefährten. Der Marschall wurde in den Boden gezogen, wobei sich seine Haut abzog und er vor Schmerzen entsetzlich aufschrie.
Der Priester versuchte, ihm etwas zuzurufen. Es drang jedoch kein einziges Wort aus seinem Mund. So als wäre er tief unter Wasser gezogen worden.
Die Hände, die sich an die Beine der Frau gekrallt hatten, ließen sie plötzlich los.
»Hier ist sie. Sie ist gerade heimgekehrt.«, sagte sie.


Als der Priester sich zu ihr umdrehte, bemerkte er, wie die junge Frau sich vor seinen Augen in ein kleines Mädchen verwandelte.
»Das kann nicht wahr sein.«
Sie ging auf ihn zu, während die toten Hände den Priester in die Knie zwangen.
»Du wolltest doch meinen Namen erfahren?«, flüsterte ihm nun das kleine Mädchen ins Ohr.
»Nun lass dir gesagt sein, dass du ihn bereits kennst.«
»Was geht hier vor sich?«
»Los, erinnere dich, wie lautet mein Name?«
Er sah sie verwundert an.
»Was redest du da, du Ausgeburt der Hölle?«
»Denk doch mal genau nach und sieh mir dabei in die Augen.«
Sie packte seinen Kopf und blickte ihm tief in sein Innerstes.
»Woher kennst du mich, Priester?«
Er versuchte sich zu erinnern, und plötzlich, wie ein Stich im Herzen, erkannte er sie wieder. »Nein, das kann nicht sein...«
Der Priester befand sich nun wieder am Hügel seiner Kirche, nachdem die Moorhexen seinen Gottesdienst in ein Blutbad verwandelt hatte.
Er blickte auf das Gesicht des toten Mädchens, das er schützend in seinen Armen hielt, als wollte er sie noch retten, obwohl es dafür bereits viel zu spät gewesen war.
Das kleine Kind, nicht älter als drei Jahre, riss ihre Augen auf und starrte dem Priester, während sie behutsam sein Gesicht streichelte, tief in seine Augen.
»Wie lautet nun mein Name?« Der Priester zögerte und haderte mit sich, ihn auszusprechen.
»Das kann nicht wahr sein.«
»Sag meinen Namen!«, brüllte sie ihn plötzlich an.
»Sarah.«, flüsterte er schließlich.
»Und, wer bin ich? Wer ist Sarah?«
Der Priester fing, während er sich daran erinnerte, zu weinen an.
»Meine Tochter.«
Das kleine Mädchen lächelte.
»Und, wo sind wir, Papa?« Er blickte sich um.
»Wir sind vor meiner Kirche, nachdem die Hexen alle getötet hatte.«
Ihr Lächeln verschwand und sie sieht ihn mit großen, traurigen Augen an.
»Papa, sieh genau hin. Wo sind wir wirklich?«
Er sah sich noch einmal um, wobei seine Augen irritiert umherwanderten. Bis sie plötzlich innehielte und starr wurden.
»Zuhause...« Die Augen des Priesters wurden leblos und er befand sich am Boden seiner vollkommen verwahrlosten Wohnung wieder. Zeitschriften vom Wilden Westen und Fantasie-Romane lagen verstreut um ihn herum.
Eine Spritze mit einer Überdosis Heroin steckte noch in seinem rechten Arm.
Seine kleine Tochter kauerte ausgehungert am Boden und zog immer wieder verzweifelt an ihrem rosaroten T-Shirt, auf dem ein Mädchen mit einem fliegenden Besen und die Aufschrift „Papas kleine Hexe“ aufgedruckt war. Und mit letzter Kraft flüsterte sie immer und immer wieder mühevoll diesen einen Satz.
»Hilf mir bitte, ich habe solchen Durst.«
Bis das Flüstern des Mädchens schließlich endgültig verstummte.


Ende

 

@Patrick1984

Herzlich willkommen an Bord der Wortkrieger!

Dein Einstand ist ja ganz schön wuchtig. Man spürt, dass in dir eine unbändige Fabulierlust steckt und mir scheint, da liegen noch etliche Texte entweder schon geschrieben bei dir rum oder befinden sich in deiner Gehirnpipeline.
Ich bin gespannt, wie sich das hier mit dir weiter entwickelt.

Denn Entwicklung ist bei deinem Text leider noch recht nötig.

Ich fange einfach mal quer so an, dir zu berichten, was mir alles bei deiner Geschichte aufgefallen ist, ohne dass es jetzt eine bestimmte Gewichtung in der Reihenfolge sein soll. Letztendlich ist alles wichtig.

Zunächst machst du deine Geschichte so auf, dass ich dachte, es handelt sich um einen Roman.
Diese Kapitel mitsamt ihren Titeln schuffen in mir das Gefühl, dass hier ein Romanstoff vor mir liegt.
Ich würde mir überlegen, ob nicht diese Unterteilungen wirklich erforderlich sind. Mir erschließt sich zudem auch nicht, welche Strukturen du der Geschichte dadurch geben wolltest, denn ja, es soll wohl eine Art Untergliederung sein, aber nein, du ziehst sie nicht stimmig durch. Anfänglich dachte ich, immer wenn eine neue Figur auftaucht, erfolgt diese in einem Kapitel, aber diesen Gedanken konnte ich nicht in den folgenden Kapiteln bestätigt finden. Mir hat sich folglich auch nicht erschlossen, was du genau unterteilen wolltest und wozu es sein.
Manchmal macht es Sinn, auch schon bei diesen strukturellen Dingen die Frage zu stellen, ob so etwas der Geschichte dient.

Dann bleibe ich mal bei den Titeln, die mir zeigen, dass du, wir mir scheint, eine andere Auffassung von ihrer Bedeutung zu haben scheinst, als ich. Für mich stellt ein Titel einen Hinweis auf den nachfolgenden Text dar. Klar kann man nicht mit Hilfe eines Titels einen ganzen Textinhalt wieder geben, aber wenigstens ein bisschen schon. Ich bringe dir mal ein sehr schlichtes Beispiel. Du willst eine Kurzgeschichte schreiben, in der Tomaten eine tragende Rolle spielen. Dann darf der Titel durchaus einfach nur "Tomate" lauten. Haben in der Geschichte aber Tomaten gar keinen Auftritt, wäre dieser Titel eindeutig falsch, weil er etwas vortäuscht.
Sicherlich sind wir beide einig, dass "Tomate" ja nun wirklich sehr bieder und nicht grad einfallsreich ist. Es gilt also, eine Formulierung zu wählen, die ungewöhnlich ist, vielleicht spannend, vielleicht exzentrisch. Ziel ist es, den Leser und du schreibst doch für den Leser und nicht nur für dich (sonst wäre es ein Tagebuch) anzulocken. Wie wäre es anstelle von "Tomate" dann mit "Die Tomate des Generals" oder "Die lange Reise der Tomate mit der transsibirischen Eisenbahn" oder wir "karierte Tomaten" oder, wir haben ja grad einen Challenge, mit dem Thema "irgendwas mit Koffer" : "Die Koffertomaten" oder "Die Tomate, die im Koffer reiste".
Ich hoffe, ich habe dir verdeutlichen können, dass der Titel mehr kann als nur einfach dastehen und Leute langweilen.

Dann ist mir in deiner Geschichte aufgefallen, dass du einen fast schon statischen Schreibstil hast. Du schaut sehr aus der Erzählperspektive auf das Geschehen und du schreibst dem Leser recht viele Eindrücke bereits vor. Mir scheint, das liegt daran, dass du dir zu wenig Zeit nimmst, wirklich ins Detail zu gehen, als ginge es nur darum, eine oberflächliche Geschichte schnell zu erzählen.
Deine Figuren sind teils etwas holzschnittartig dargestellt, es fehlt ihnen an besonderen Merkmalen, die es mir als deiner Leserin möglich machen, Typen zu erkennen. Mir fällt gerade ein Beispiel aus einem Western mit Clint Eastwood ein. Da hat er laufend einen Streichholz oder Zahnstocher, anfänglich erkennt man es nicht sofort, im Mund. Auf dem einen Ende kaut er laufend rum und man spürt, dass allein die Art, wie er gerade mit diesem Stückchen Holz zwischen den Lippen umgeht, zu erfassen ist, was er fühlt. Mal bleibt das Stück ganz ruhig, dann wird es zwischen die Zähne gedrückt und fast durchgebissen, mal wandert es zwischen den Lippen hin und her und als er sich davon befreit und ausspuckt, weiß man als Zuseher, dass jetzt was gleich was passiert.
Es reicht auch in der Literatur oftmals nur so eine Winzigkeit, die eine Figur plastischer werden lässt. Ein Tick, jemand dreht laufend an seinen Hemdknöpfen, zupft sich am Ohrläppchen, leckt mit der Zungenspitze immer nur die Aussenseiten des Mundes ab, irgendetwas, was du dem Leser an die Hand gibst, was diese Person individuell macht, ihr einen Wiedererkennungswert gibt, etwas Einzigartiges.
Innerhalb eines Romans ist es oftmals etwas einfacher, eine Figur dem Leser näher zu bringen, weil dort viel mehr geschehen kann, deswegen ist es ja gerade in einer Kurzgeschichte die hohe Kunst, mit wenigen Federstrichen eine Figur lebendig zu machen.
Deine Figuren sind leider etwas leblos.

Einen Großteil deiner Möglichkeiten verschenkst du auch dadurch, dass du so wenig Dialoge in die Geschichte gepackt hast, denn durch die Art wie jemand etwas formuliert, kann man ebenfalls sehr viel über eine Person aussagen.

Auch hier möchte ich dir ein schlichtes Beispiel geben:

"Bitte, geht nach Hause."
Das ist auf verschiedene Weisen mit Gefühlen belegbar.

"Du arbeitest Zuviel. Bitte, geh nach Hause." hat eine ganz andere Bedeutung als

"Mir reicht es! Hör auf, mich zu verfolgen! Bitte, geh nach Hause." oder

"Deine Frau wartet auf dich, sie macht Sorgen wo du bleibst. Bitte, geh nach Hause."

Man kann also durch manchmal nur ein zwei kleine weiteren Bemerkungen, ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugen. Ich würde dir gern vorschlagen, dass du deinen Text da nochmals durchschaust, ob du nicht mehr Aussage und Lebendigkeit in deine Dialoge bringen kannst.

Dann ist es auch immer wichtig, in die jeweilige Figur zu schlüpfen, man muss als Autor für eine kleine Weile diese Person werden, wenn sie authentisch sprechen soll.

So... ich mache gern noch weiter, wenn du magst, muss aber nun ausgerechnet heute mal was tun.

Daher vorerst

lieben Gruß
lakita

 

Hab dem Titel mal Allcaps geklaut und dem Text das Präfix "Novelle" verpasst.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Patrick, und herzlich willkommen im Forum.

Du hast das als Buch ja schon im Eigenvertrieb draußen. Hast du den Text also nur als Reklame hier eingestellt, oder was versprichst du dir davon? Inwieweit bist du denn bereit, zu verbessern und zu ändern? Machen sich Kommentierende hier die Mühe umsonst?

Ein kräftiger Schneesturm wütet auf einem hohen Berg und ein einsamer Priester stapft mit kräftigen Schritten seinen beschwerlichen Weg durch den tiefen Schnee.
Er hält sich den linken Arm schützend vors Gesicht. Sein dunkelbrauner Ledermantel ist durch die eisige Kälte steif geworden und mit gefrorenem Schnee bedeckt. Der unbarmherzige Wind bläst so stark, dass man das monoton knirschende Geräusch des zusammengedrückten Schnees unter seinen Lederstiefeln kaum noch wahrnehmen kann. Der Weg vor ihm scheint sich in alle Richtungen in einem weißen und grellen Licht auszubreiten. Mühsam zieht der Priester ein Seil hinter sich her, das er über seine rechte Schulter gespannt hat und an dessen Ende sich ein Sarg aus dunklem Eichenholz und Verzierungen aus Silber befindet. Er kämpft sich zitternd, erschöpft und am Ende seiner Kräfte aber dennoch beharrlich durch den Sturm. Plötzlich sucht ihn ein vorübergehendes Schwindelgefühl heim. Eine jener zehrenden Empfindungen, bei denen die ganze Welt flüchtig zu werden scheint.

Soweit ich in deinen Einstand hier gelesen habe, könnte sich das als Western-Horror-Crossover entpuppen, was an sich ganz spannend ist. Aber obwohl ich nicht grundsätzlich etwas gegen Adjektive habe, findet sich davon eine derartige Häufung, dass ich nach einem Kapitel nur noch im Quickread überfolgen und dann abgebrochen habe. Das Problem hier ist a) dass manche Kombinationen lächerlich sind (gefrorener Schnee) und b) das deinen Text extrem verlangsamt. Das war für mich so zäh zu lesen, dass ich mir das beim besten Willen nicht antun mag.

Du kannst u.a. gut feststellen, ob ein Adjektiv (oder Adverb) überhaupt sinnvoll ist, indem du testweise das gegenteilige wählst:
- vorübergehendes Schwindelgefühl - Im Gegensatz zu dem, das einen ganzen Monat anhält?
- gefrorener Schnee - im Gegensatz zu flüssigem? (Schnee besteht aus Eiskristallen, und Eis ist gefrorenes Wasser)
- monoton knirschen - das ist inhaltlich ziemlich Nonsense, denn ein Knirschen hier ensteht indem man (etwa beim Gehen) den Schnee zusammendrückt, genau wie du selbst ja schreibst. Das kann also kein durchgängiger Ton sein: monoton ist ja etwas, das keine Rhythmik hat, einförmig/eintönig ist.

- Verzierungen aus Silber -> Dafür gibt es ein Wort: Beschläge
- zehrenden Empfindungen -> Schlag bitte nach, wenn du nicht genau weißt, was ein Wort bedeutet. Zehren bedeutet: "von etwas Vorhandenem leben und es dabei aufbrauchen" oder "die körperlichen Kräfte stark angreifen, verbrauchen; schwächen". Empfindungen können nicht aktiv etwas aufbrauchen. Was auch immer du sagen willst, das müsstest du anders ausdrücken, so macht das keinen Sinnn, auch nicht im übertragenen oder symbolischen Sinne.
- Mühsam zieht der Priester ein Seil hinter sich her, (...) an dessen Ende sich ein Sarg (...) befindet. -> Dann zieht er kein Seil hinter sich her, sondern einen Sarg (an einem Seil).
- dunklem Eichenholz -> Eichenholz selbst ist nicht dunkel. Es kann dunkel lasiert sein, aber anstatt hier noch mehr unnötige Infos reinzupacken: nimm doch ein Holz, das auch ohne Lasur oder Anstrich dunkel ist.

Zum Titel: Da der Tod hier etwas Abstraktes, Universales ist und keine zählbare oder meßbare Größe hat, klingt der Titel falsch. Möglicherweise nickt dir das ein Mutterspracler ab, keine Ahnung, aber arg schön finde ich es nicht.

Ich denke, es würde dem Text schonmal guttun, wenn du Adjektive und sonstige überflüssige Beschreibungen (= weil du schon über die Verben/Substantive dasselbe sagst) aussieben würdest. Wie das da steht, halte ich es für nahezu unlesbar.

Tut mir leid, dass ich erstmal nix Positives zu deinem Text schreiben kann, aber ich wünsche dir trotzdem viel Erfolg und Spaß beim Überarbeiten, Schreiben und Kommentieren (davon lernst du selbst sehr viel!).

Viele Grüße, Katla

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Patrick1984

und herzlich willkommen hier! Ich wünsche Dir viel Spaß!

Ich geh einfach mal durch, was mir so aufffiel:

A HANDFUL OF DEATH IN THE WEST
Oh - Webby hat die CAPS gerade entfernt - dachte mir schon, dass das nicht lange auf sich warten lässt.
Warum der Titel unbedingt englisch sein muss, darfst Du gern für Dich entscheiden. Die "handvoll irgenwas" sugeriert ja gleich das Western Thema.
Black Mountains
Kann Weg. Wüsste nicht, wofür diese Mittel-Überschrift gut sein soll.
Ein kräftiger Schneesturm wütet auf einem hohen Berg und ein einsamer Priester stapft mit kräftigen Schritten seinen beschwerlichen Weg durch den tiefen Schnee.
Der berühmte erste Satz - wenn ich das richtig deute, weißt Du jetzt ganz genau, worauf ich hinaus will ;) "ein einsamer Priester" --> "der Priester", dann kommst Du dem Original näher und vor allem setzt es den Fokus auf DEN Priester - und nicht auf irgenndeinen.
Der Weg vor ihm scheint sich in alle Richtungen in einem weißen und grellen Licht auszubreiten.
Ich finde das ungeschickt formuliert. Breitet sich ein Weg aus? Es scheint? - scheint im Schneestumr irgendwas? Dann auch noch "grell" im düsteren Schneesturm. Passt für mich nicht so.
Dann setzt du mit den unpassenden Sachen noch einen drauf:
Er kämpft sich zitternd, erschöpft und am Ende seiner Kräfte aber dennoch beharrlich durch den Sturm.
Bis eben war er noch "kraftvoll" - jetzt kräpelt er so dahin.
Plötzlich sucht ihn ein vorübergehendes Schwindelgefühl heim. Eine jener zehrenden Empfindungen, bei denen die ganze Welt flüchtig zu werden scheint. Das Gefühl verfliegt und ...
Das kann aus meiner Sicht ganz weg.
Der Priester bleibt vor einem steilen Abhang, ... und macht sich auf den Weg.
Gibt es an einem Abhang, bei dem der Wald endet einen Weg? kommt mir unglaubwürdig vor.
Sogar der ständig betrunkene Joe Hardin ...
Das finde ich soo schade. Der Priester wird mir so allgemein vorgestellt, und diese Nebenfigur bekommt gleich einen Namen - warum nicht der Protagonist? (Ja - später wird sein Name ja enthüllt - trotzdem.). Joe verschwindet ja auch gleich - das könnte auch nur irgendein Säufer sein, aber nein, er bekommt einen Namen - Du verstehst was ich meine?
Joe sieht den Fremden missmutig an ...
Warum ist der Priester für den Erzähler plötzlich ein Fremder?

So - das war es mal zum ersten Kapitel. Insgesammt war mir der Anfang zu lang. Ja - ich habe mich die ersten 50? 100? Seiten auch so durch den Turm gequält. Aber da lernte ich Protagonisten kennen. Wie es auch @lakita schon erwähnte, bleibt dein Protagonist etwsa Charakterlos.
Apropos erstes Kapitel: Die Geschichte würde genauso funktionieren, wenn man mit Kapitel zwei anfängt. Im ernst:

Der Priester betritt den Saloon und zieht mühselig den Sarg mit hinein.
DAS wäre ein guter erster Satz für die Geschichte! :)
schon mal drüber nachgedacht, das erste Kapitel ganz zu streichen? ;)

Das solle s von mir auch erstmal gewesen sein.
Ich hoffe, Du kannst mit meinem Leseeindruck etwas anfangen.
Schöne Grüße an Sergio und Stephen.

pantoholli

edit:
PS: Mir gefallen solch absurde Geschichten - sonst würden mir ja die ganzen Dinge, wo ich Queerbezüge gesehen habe (bei Barlow hab ich mich gefragt, ob Rayne auch noch auftaucht) gar nicht auffallen ;) also mir hat es gefallen. (wollte ich noch erwähnt haben)

 

Hallo Patrick1984,

gefällt mir alles, der Inhalt, die Sprache, die Gegenden, die Personen, alles, bis auf den Schluss. Das Heroin-Traumende nimmt der Geschichte das Absurde. Denn gerade das Absurde hat mir so gefallen.

Ein paar Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen. Ich müsste jetzt den ganzen, langen Text nochmals lesen, um alles wiederzufinden.
Ich erinnere mich noch an mindestens zwei fehlende Kommas und ein falsches Fürwort irgendwo in der Mitte.

Hier ist das Vermurkste, was ich auf die Schnelle gefunden habe. In Fett.

Der Priester bemerkt den Schauer, der über seinen Rücken läuft. Und nachdem sein gesprochenes Wort »Wo?« zurückgehallte, herrscht eisige Stille.

»Hier ist sie. Sie ist gerade heimgekehrt.«, sagt sie. Punkt weg!

»Wir kommen nicht mit bösen Absichten und sind nur auf der Durchreise.«, Punkt weg!

»Wunderbarer Ort, sagt er...«. er ... (Leerzeichen vor den Auslassungs- oder Überlegungspunkten)

»Nein, das kann nicht sein...« sein ...

Dann ist noch viel Erzähltes Kursiv. Hat das einen Grund? Ich habe ihn nicht erkannt.

Den ersten Satz empfinde ich als "adjektivüberladen".

Ein deutscher Titel würde besser passen.

Ansonsten gratuliere ich Dir zu Deiner ersten, hervorragend gelungenen Geschichte und nachträglich ein herzliches 'Willkommen'.

Viele Grüsse
Fugu

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

@Fugusan,
Danke dir für deine Zeit es zu lesen und deine Kritik.

@pantoholli,
Danke dir, ja hilft mir tatsächlich sehr.

@Katla,
Ich will natürlich besser werden und nehme mir jede Kritik zu Herzen. Jede hilft natürlich enorm meine Geschichte zu verbessern.

@Fugusan,
Danke dir vielmals. :)

@pantoholli,
Danke das sind sehr konstruktive Punkte die mir weiterhelfen. :)

@Webmaster,
Ok, danke dir.

 

So, ich bins nochmals.
Beim Durchscrollen habe ich noch anzumerken, dass das kursiv Gedruckte nicht sein muss. Es irritiert eher, du willst damit sicherlich etwas Struktur erreichen, aber für mich erreichst du das Gegenteil. Das würde ich also ändern.

ein einsamer Priester stapft
Einsam ist so ein allgemeiner Begriff. Woran erkenn ich, dass jemand einsam ist? Ist das nicht eher ein Gemütszustand? Dass er allein dort den Weg geht, das bedarf nicht der Erwähnung, einfach, weil der Leser sonst erfahren würde, dass da noch mehr Menschen unterwegs sind zusammen mit dem Priester. Also wie stellt man "Einsamkeit" dar? Vielleicht blickt er sich suchend um und blickt enttäuscht, weil er niemanden findet? Ich finde das sehr schwierig zu zeigen. Du könntest allenfalls dem Priester ein paar Gedanken schenken als Autor. Der Leser erfährt also über seine Einsamkeit etwas, ABER bitte nicht: Der Priester dachte: "ich fühle mich einsam", so bitte nicht, sondern er denkt vielleicht an seine Frau, die er grad begraben musste oder die zu Hause auf ihn wartet, ihm gehen Freunde durch den Kopf und er wünscht sich jetzt deren Unterhaltung. So in der Richtung könnte es laufen.

seinen beschwerlichen Weg

Sag nicht, beschwerlich, sondern beschreibe, was an ihm beschwerlich ist.

Er kämpft sich zitternd, erschöpft und am Ende seiner Kräfte aber dennoch beharrlich durch den Sturm.

Am Ende seiner Kräfte zu sein, ist ein Begriff, der nichts konkret aussagt. Entweder streichen oder ebenfalls mit Details füllen.

Das Gefühl verfliegt und ähnlich wie die Welt, auf deren eiskalten Decke er wandelt, zieht auch er weiterhin seine einsamen Wege. Kilometer um Kilometer legt er dabei stur nach vorne blickend zurück.

Das klingt sehr pathetisch und deswegen etwas lächerlich. Metapher passt nicht, löst im Leser kein Aha-Gefühl aus. Vorsicht Klischeealarm. Kilometer um Kilometer und stur nach vorne blickend, erinnert so an die Polarforscherfilme. Wie wäre es, wenn er so erschöpft ist, dass er eigentlich nicht mehr richtig geradeaus geht, sondern schlingernd, ab und zu in den Schnee fällt, sich aufrappelt und so weiter...
Und ist es überhaupt wichtig, dass der lange Weg beschrieben wird?

Aus dem Inneren des Holzsarges fängt es unvermittelt an zu kratzen und zu rütteln. Fingernägel versuchen mühevoll, sich den Weg aus dem Sarg zu scharren. Leises, unverständliches Flüstern dringt dabei durch das Eichenholz.

Unvermittelt bitte streichen. Logisch ist es unvermittelt, wenn es vorher noch nicht da war, das Geräusch. Fingernägel versuchen? Wer kann das sehen? Offensichtlich jemand, der genau weiß, was im Sarg los ist. Also ein allwissender Erzähler? Halte ich für sehr unglücklich. Schildere, welche Geräusche zu hören sind und der Leser soll selbst raten, was da in dem Sarg passiert.
Das erhöht doch auch den gruseligen Moment.
Flüstern ist meist leise, daher das Wort streichen.


Irgendetwas oder irgendjemand scheint wohl in diesem Sarg eingeschlossen zu sein.

Jetzt weiß der Erzähler wieder nicht genau, was los ist. Sehr unglücklich formulierter Satz, weil da der Erzähler mutmaßt. Lass den Leser sein eigenes Resümee ziehen, den Satz würde ich streichen.

Er durchquert den dunklen Wald, der ihn bedrohlich umgibt.

Ein Wald ist von Haus aus nicht bedrohlich, weshalb dieser? Das enthältst du dem Leser vor. Fies von dir. :D
eine kleine, belebte und durch Öllampen beleuchtete Stadt namens Abilene. Schrilles Lachen von Betrunkenen, die aus dem Saloon torkeln, drängen durch die nächtlichen Straßen, Pferde wiehern auf, Hunde bellen.

Einfach: er blickte auf das durch Öllampen erleuchtete Abilene und nahm die Geräusche in der Ferne wahr, das Grölen und Lallen der Betrunkenen,dazwischen Hundegebell und das Wiehern und Hufeschlagen aus den Ställen. Aber auch dieser Satz steht noch schwerst unter Kitschalarm.

Der Priester zieht seinen Stetson-Hut tief ins Gesicht und macht sich auf den Weg.
Jetzt fehlt nur noch eine Pall Mall und wir haben hier Werbung geschaltet. :D Der Satz ist brutal das Klischee. Streichen bitte.

Joe kann es sich nicht eingestehen, dass es womöglich Angst sein könnte.
Streichen. Du hältst dich viel zu lange mit den Gefühlen einer Nebenfigur auf.

Aber nein, Angst hat er nicht und wer das jemals behaupten würde, dem würde Joe sofort die Zähne ausschlagen.
Das ist eigentlich gar nicht mal schlecht, aber wieso hier so ausführlich und die anderen Figuren so wenig plastisch?

dem „Staked Plains“-Saloon zu
Der Name ist hier irgendwie nicht wichtig. Ich würde ihn weglassen.

zieht mühselig den Sarg mit hinein
Wie sieht Mühseligkeit bei deinem Protagonisten aus? Was genau macht es ihm mühselig.
Jetzt sag nicht, weil der Sarg schwer war, war es mühselig. Wehe! Was, wenn ihm (hat er eigentlich Handschuhe an?) immer wieder das Seil aus den Händen rutscht, er also abrutscht und dann natürlich keine Zugkraft drauf bekommt. Oder die Holzdielen haben Kanten und Aufwerfungen, so dass der Sarg nicht darüber rutschen kann, sondern immer wieder festhängt. Überleg dir was. Vielleicht kann er auch sich nicht mehr krumm machen. Probier zur Not selbst aus, eine sauschwere Kiste mit einem Seil zu ziehen. Ich bin mir sicher, dass danach hier genau stehen wird, was daran so mühselig ist.

plötzlich totenstill.
to much...still reicht dicke.

Jeder seiner Schritte knarrt auf dem alten Dielenboden.
Klischee...das will der Leser nicht lesen. Streichen.

Ich brauche etwas zu trinken und ein Zimmer für die Nacht.«
Wenn du ein paar Kilometer durch den Schnee stapfst, fertig bist und in einen Saloon kommst, dann kannst du entweder vor lauter Erschöpfung gar nichts mehr sagen und stehst da nur noch und forderst mit den Augen und deiner Körperhaltung oder du hast unterwegs schon deine Getränkebestellung so klar im Kopf, dass du sofort nach Whiskey verlangst. Deine wörtliche Rede ist unrealistisch.

Die Gläser waren schon, bevor der Fremde eingetroffen war, poliert worden, aber es war diese Nervosität, die ihn dazu brachte, es noch mal zu tun.
aber es war diese Nervosität...weshalb kaust du dem Leser vor, was er denken soll? Vielleicht möchte ich mir lieber einen gläserputzenden Barkeeper vorstellen, der einen Putzfimmel hat oder dessen Markenzeichen die saubersten Gläser im ganzen Westen sein eigen zu nennen ist.
Wenn du dringend Nervosität haben möchtest, dann zeige sie. Was macht jemand, der Gläser putzt und nervös ist?

und schenkt dem Fremden ein Glas ein.
ein Glas bitte streichen
in die Hand geht ja schlecht.

Durch sein etwas nervöses Zittern verschüttet der Barkeeper etwas von der goldenen Flüssigkeit über den Tresen.
Abgesehen davon, dass zweimal in einem Satz das Wort "etwas" auftaucht, was etwas zu viel ist, ist diese Relativierung unglücklich. Er zittert, er verschüttet. Ob das jetzt Parkinson ist oder ein nervöses Zittern, weil er Alkoholiker ist oder weil er Angst hat, kann dem Leser nicht egal sein.
Weswegen zittert er?

ältere Mann mit der Geige und dem abgewetzten Hut folgt seinem Beispiel.
Klischeealarm, aber sowas von...

Nachdem er sich noch ein Glas eingeschenkt hat, zeigt der Priester zu dem Holzsarg, der vor dem Tresen liegt.
der vor dem Tresen liegt, das hat mich sehr gestört. Es gibt nur einen einzigen Sarg in dem Saloon, also ist egal, wo genau er liegt.

»Und den Sarg, den rührt mir keiner an!«
Er zeigt da hin und sagt dann: "DEN rührt mir keiner an!"

Der zahnlose Klavierspieler fängt wieder an zu spielen und der ältere Mann mit der Geige und dem abgewetzten Hut folgt seinem Beispiel.
Mir würde ein Klavierspieler reichen, er hat keine tragende Rolle, seine Zahnlosigkeit ist kein irgendwie ihn mir näher bringendes Persönlichkeitsmerkmal (es sei denn, ich wäre Zahnärztin), also kannst du es auch weglassen. Wie wäre es, wenn du was anderes wählst, wenn du ihn schon mit etwas ausstaffieren möchtest. Raus aus den klischeehaften Eigenschaften, rein in die der interessanten Persönlichkeiten.
Die Wiederholung des älteren mit Geige und dem abgewetzten Hut ist Folter für die Leseraugen. Die haben ja keine Demenz.

Er hat von den Leuten draußen vernommen, dass ein Fremder mit einem Sarg dem Saloon einen Besuch abgestattet hat und will daher nach dem Rechten sehen. Als er den Sarg mit eigenen Augen erblickt, wirft er dem Barkeeper einen fassungslosen Blick zu. »
Dieser Abschnitt bringt die Geschichte nicht ein Stückchen weiter voran. Ich würde ihn weglassen. Und nur und ausschließlich diesen nachfolgenden Satz stehen lassen.

»Wem gehört diese Holzkiste des Todes, um Gottes Willen?«

Warum sagt der Marshall "um Gottes Willen?" Ein gestandener Mann flennt nicht und ruft auch nicht Gott an, wenn ihm mulmig zumute ist. Du willst ja keine Marshallmemme darstellen.

Der zahnlose Klavierspieler hört
unschöne Wiederholung, bitte streichen.

Der zahnlose Klavierspieler
dito

Der Marshall sieht in die Richtung, in die der Klavierspieler gezeigt hat und begibt sich zu dem Fremden.
»Seit wann laufen denn Priester mit Särgen durch die Gegend?«
Der 1. Satz ist viel zu hölzern und total überflüssig. Es reicht der 2. Satz allein.

Der Marshall setzt sich unaufgefordert zum Priester an den Tisch. Er positioniert sich auf einem der leeren Stühle ihm gegenüber und starrt ihn ungläubig an.
Dass er nicht aufgefordert wurde, weiß der Leser, dass er sich üblicherweise auf einen leeren Stuhl setzen wird, weiß er auch und wozu starrt der Marshall ihn ungläubig an? Lass das doch in die wörtliche Rede einfließen. Aber ist ungläubig das richtige Gefühl? Ist er nicht eher entrüstet?
Ich würde die beiden Sätze ersatzlos streichen.
Die vermisst niemand.

»Hört mich an, öffnet ihn unter keinen Umständen, wenn euch euer Leben lieb ist!«, betont der Priester mit Nachdruck.
Nee, so redet man nicht in so einer brenzligen Situation. Ich würde "Nicht öffnen! Unter keinen Umständen öffnen, wenn euch euer Leben lieb ist."

Jetzt wird der Priester nervös, aber es ist nicht der Revolver des Sheriffs, der ihn beunruhigt
Weglassen den Satz.

Doch der zahnlose Klavierspieler
tse...:D

Die Schüsse des Marshalls zeigen keine sonderliche Wirkung auf das Wesen.
Woran erkennt er das? Beschreibe, wie er schießt und sich das Wesen weiterhin bewegt, was es macht. Ihn vielleicht sogar bedroht`?

Der Klavierspieler windet sich auf dem Boden und ringt um sein Leben. Er schlägt mit der rechten Hand auf das Wesen ein, bis sie schließlich seinen Arm packt
er ringt um sein Leben...was genau macht er? Beschreiben bitte.

Das Wesen verkohlt vor dem Saloon und das Feuer knistert noch lange in dieser kalten, sternenlosen Nacht.
Ich weiß, du willst ein ordentlicher Autor sein, der am Ende auch noch mitteilt, was mit der Hexe geschehen ist. Aber das interessiert keinen mehr. Der Leser weiß, die ist hinüber. Ob sie noch lange irgendwo knistert ist dem wurscht. Das alles wäre nur dann spannend, wenn man nicht sicher sein kann, dass sie sich nicht doch trotz der Verbrennung aus dem Feuer löst und doch nochmals auftaucht. Ja dann...dann wäre es wichtig.
Den Satz würde ich daher streichen.

Schockiert über die gerade geschehenen Vorgänge, blickt sich der Marshall im verwüsteten Saloon um.
Mann, du machst den Marshall wirklich zu einem ziemlich verweichlichten Typen. Willst du das wirklich? Klar, es gibt auch softige Marshalls, aber wozu brauchst du hier so einen?
Ich würde den Satz streichen. Der ist nicht schockiert, der weiß, was jetzt zu tun ist.

Der Marschall sieht den Priester kurz an, dann wandert sein Blick auf den Sarg.
Streichen.

Uff... so mehr an sog. Textarbeit mache ich jetzt nicht. Mach du mal erstmal bitte.

Und nicht entmutigen lassen, ist viel, ich weiß, aber es sind viele sich wiederholende Dinge drin.

Lieben Gruß
lakita

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

So ich hab den ersten Teil Überarbeitet. Die Bergszene gestrichen und ihn gleich mal im Saloon ankommen lassen. Der berühmte erste Satz wirkt deutlich besser @pantoholli

;)
Bin gespannt wie der Einstieg in die Geschichte nun wirkt.

 

hallo.
unter jedem kommentar, aber insbesondere unter dem Text ist ein "bearbeiten"-Button. Damit kannst du den Text ändern.
Gruß

 

Hallo @Patrick1984,

sorry, mir hat dein Text nicht besonders gut gefallen. Das geht damit los, dass ich mit Präsens immer Schwierigkeiten habe. Das klingt für mich meistens hölzern. Ich denke, man muss schon sehr gut formulieren können, um einen Text im Präsens gut umsetzen zu können.
Ich brauchte mehrere Anläufe, um deinen Text ganz zu lesen. Vielleicht habe ich dadurch Änderungen verpasst.
Es sind mir viele Fehler aus der Kategorie "Sie und sie" (Höflichkeitsform und Plural) aufgefallen. Du hältst die Anredeform auch nicht stringent durch, sie ist gemischt mit "Ihr", einer altertümlichen Höflichkeitsform. Damit schleuderst du mich ins 19. Jahrhundert.

»Tut mir leid, Mister, aber für sie haben wir hier kein Zimmer. ...
»Gut, dann nehme ich an, ihr wollt euch nun korrigieren und mir euer bestes Zimmer anbieten.«
»Tut mir leid Mister, ich wusste nicht, dass sie ein Mann Gottes sind. Natürlich haben wir eine Unterkunft für Sie.«
Die vielen Adjektive machen den Text zäh, oft sind sie unnötig, eine Beschreibung hätte die Situation in vielen Fällen klarer gemacht.
Die Menschen im Saloon wurden nervös als ein weinerliches Wimmern und Schluchzen aus dem Sarg nach außen drang.
Weinerlich brauchts nicht, Wimmern und Schluchzen reicht nach meiner Meinung. Aber wie wäre es mit: Die Menschen im Saloon ließen die Gläser sinken. Im Sarg wimmerte jemand. Schluchzte. Schrie um Hilfe. Stille lastete im Raum, niemand wagte es sich zu bewegen ...
Du bleibst nicht durchgängig beim Präsens, und hast mehrmals auch eine falsche Vergangenheitsform gewählt.
Während das Wesen zurückweichte = zurückwich, warf der Priester die Whisky-Flasche auf die Kreatur. Splitter der Flasche schleuderten durch den Raum. Der Priester schleuderte die Zigarre des Marshall in Richtung der Kreatur. Er traf sein Ziel und das Wesen ging in loderndem Flammen auf. Es stürmte brennend aus dem Saloon und fiel hinter der Schwingtür, laut schreiend zu Boden.
Von Kommasetzung sage ich jetzt mal wenig, da ich selbst auch kein besonderer Held darin bin. Trotzdem kommt mir vor, als müsste der Text dringend dahingehend überarbeitet werden.

Vom Technischen zum Inhaltlichen:
Die Hexen im Wilden Westen finde ich eine klasse Idee, ein Hinweis auf uralte Indianermythen, wie man das Gesocks umbringen kann, wäre noch ganz nett.
Das Ganze könntest du auch als Road-Movie anlegen. Die drei sind unterwegs, um die schwarze Mine zu finden, es würde sich anbieten, den Anfang mit dem Saloon und den Ausbruch der Hexe aus dem Sarg in Rückblenden zu erzählen. Dann könntest du zwischen Präsens (den Ritt zur Mine) und Präteritum und/oder Perfekt (die Rückblenden) wechseln. Das würde den Text lebendiger gestalten.
Die Passage mit der Industriestadt trägt nichts zum Fortgang der Geschichte bei. Sie bleibt flach, weil die Endzeitatmosphäre nicht rüberkommt. Der Name des Bürgermeisters, Jules Verne, ist zwar witzig, aber muss eine Nebenfigur überhaupt einen Namen haben?
Das Ende hat mich nicht überzeugt. Die Tochter des Priesters/der Hauptfigur, um die er in der Geschichte so leidenschaftlich kämpft, stirbt, weil er im Heroinrausch steckengeblieben ist? Das passt für mich gar nicht. Es gibt am Anfang der Geschichte keinen Hinweis, dass wir uns in einer Traumsequenz befinden könnten. Deswegen ist das Ende in meinen Augen ein Deus ex machina. Ein Notausstieg.
Viele Grüße
Karlchen

 

So, du willst es also
@Patrick1984

wir sind hier bei den Wortkriegern, dann kämpfen wir mal um jedes Wort ;)

Ein Fremder betrat den Saloon und zog einen Sarg hinter sich her.
Ich weiß wie der Satz entstanden ist, und ich bin da ja auch nicht ganz anteilslos. Dennoch hat der Satz an Biss verloren. warum nicht "Der Fremde" und "den Sarg"? das "ein" klingt so willkürlich. Aber es ist ja nicht irgendein Typ - es ist DER Protagonist. Und es ist auch nicht irgendein Sarg - sondern eben genau der. Es war eben nicht "Ein Mann in Schwarz ...", sondern "Der Mann in Schwarz ...".
Die Flügeltüren schlugen wild um sich.
Das passt für mich nicht gaz, wenn er da so einen Sarg durchzottelt, dann ballern die Türen nicht so rum. Entweder er schlägt sie polternd auf, oder sie klappern am Sarg, oder sowas.
Die Musik im Saloon endete abrupt und bis auf ein Flüstern, welches durch den Raum eilte, wurde es still.
Dass die Musik endet, kannst Du streichen. "Bis auf ein Flüstern, ..., wurde es still" genügt.
Das Gewicht der Holzkiste zog tiefe Furchen in den Holzboden.
Tiefe Furchen erinnern mich eher an ein Feld. Aber das ist Geschmackssache ;)
Der Fremde ließ das Seil, an dem der Sarg befestigt war, fallen und begab sich zum Tresen.
Ich würde eher "ging" anstatt "begab" nehmen. Dann passt auch der nächste Satz besser, da er mit "begab" ja schon beim Tresen ist, der nächste Satz aber noch den Weg dahin beschreibt.
Jeder seiner schweren Schritte knarrten auf dem alten Dielenboden.
"Schwer" kann weg.
Zum ersten Mal bemerkte der Barkeeper, wie laut dieses Geräusch sein konnte.
Irgendwie stört mich das "zum ersten Mal" - weil das so ein Perspektivwechsel vom Fremden zum Barkeeper ist. Ich würde die Erzählerperspektive auf dem Protagonisten lassen. Aber ohne "zum ersten Mal" macht der Satz auch keinen Sinn - insofern hab ich gerade keinen Gegenvorschlag für den Satz.
»Einen Whiskey. Und ein Zimmer für die Nacht.«
Müsste da nicht ein Ausrufezeichen hin, weil das eine Aufforderung ist?
Der Barkeeper hörte auf, seine Gläser zu polieren. Diese waren schon, bevor der Fremde eintraf gründlich poliert worden. Doch irgendetwas brachte ihn dazu, es noch einmal zu tun.
Das wirkt ein wenig chaotisch. Bis auf ein Flüstern war ja alles still. Da wirkt es komisch, dass er nun an den Gläsern rumrubbelt. Dazu kommt. "er hört auf ... doch etwas brachte ihn dazu, das nocheinmal zu tun". Vielleicht lieber so, dass er nach dem direkten ansprechen anfängt die Gläser zu polieren - und nicht damit aufhört.

Das sind meine Gedanken zum neuen Anfang.
Man merkt, dass Du die Bilder, wie es aussehen soll, im Kopf hast.

Gruß
pantoholli

 

Hallo,

ich habe die Erzählung gerne gelesen.
Allerdings wirkt der Text noch teilweise ungestüm auf mich, v.a. was Interpunktion (z.B. "Stadt zur Genüge.«, antwortete der Barkeeper.") und dem plötzlichen Zeitwechsel innerhalb der Story angeht; das erste Drittel ist im Präteritum, der Rest plötzlich im Präsens. Das mag jetzt wie Kleinlichkeiten wirken, aber eine korrekte Rechtschreibung sowie eine einheitliche Zeitform sind wie eine Visitenkarte, die du dem Leser über deinen Text ausgibst - ist dort geschlampt, verliere ich schnell die Lust am Lesen, weil ich mir denke, dass dann im Plot und der Erzählung selbst nicht weniger geschlampt sein wird.
Letzteres kommt mir eben nicht so vor, sondern ich sehe Mühe, erzählerisches Talent und sehr unterhaltsame Plottwists, weswegen ich die Interpunktions-Fehler umso ärgerlicher finde. (By the way: "Stadt zur Genüge.«, antwortete der Barkeeper. = Stadt zur Genüge«, antwortete der Barkeeper. (!)" - die falsche Nutzung zieht sich durch den Text)

Jetzt zur Story :D

Wie gesagt, ich hab das echt gerne gelesen. Ich möchte dir nicht schmeicheln, aber ich meine zu merken, dass in dir ein erzählerisches Talent steckt bzw. dass der Text sich für mich wie einer der ersten Gehversuche in Prosa liest, von einem Autor, der mit Übung und Zeit durchaus sehr viel reißen könnte.
Das beziehe ich auf den guten Anfang und den guten Zug, der mich als Leser durch deine Story geführt hat, dazu ein Gefühl für originelle Plottwists im Text. Ich hatte in keinem Absatz das Gefühl, dass die Geschichte langweilig oder zäh wäre. Und das für einer der ersten Texte, das finde ich schon gut (falls es einer deiner ersten ist, wie ich hier einfach mal behaupte).
Den Anfang fand ich wirklich catchy, die Plottwists in deiner Story auch oft unvorhersehbar, aber sehr organisch (bspw. die Auflösung der jungen Hexe bzw. des Mädchens am Ende), das hält bei der Stange und hält auch die Spannung. Insgesamt dachte ich öfter an Kings Der dunkle Turm, was das Wilde Westen-Setting und das "große Ganze" bzw. die Dimensionen in Mikro- und Makro-Universen deiner Welt angeht. Der Text hat viel Fantasie, das finde ich erfrischend und gut. Hat mir gut gefallen.

Mit der Figurentiefe ist das jetzt so eine Frage. Ohne meinen Vorrednern ins Wort fallen zu wollen, ist das natürlich auch eine Frage des Genres. Ja, es stimmt, unter gewissen Gesichtspunkten sind deine Figuren relativ plotgetrieben und eindimensional, aber unter anderen Gesichtspunkten ist das für mich in einem Rahmen, wo es für dieses Genre noch geht. Ich kenne mich eben mit dem Genre Western nicht aus - und ich würde deine Erzählung mal grob in dieses Genre rechnen -; ich hab ein paar gelesen, und dort kam mir die Figurendichte jetzt auch nicht so tief wie in anderen Romanen vor. Aber grundsätzlich kann ich mich meinen Vorrednern in der Hinsicht anschließen, dass es dir als Autor, abgesehen vom Text hier, sicherlich nicht schadet, wenn du dich mit Figurenzeichnung in Prosa, mit Klischeevermeidung und der Verbindung einer "Prot-Reise" im Inneren wie im Äußeren beschäftigst. Ich denke, du könntest sehr stark davon profitieren. Also, für den Rahmen und das Genre hier fand ich die Figurentiefe okay, man versteht ja bspw. am Ende schon, warum der Priester so hinter der Hexe her ist (sie hat seine Tochter getötet), das ist wirklich für den Anfang einer Autorenkarriere absolut in Ordnung und ich möchte nicht übertrieben herum meckern, aber ich denke, die Intensität deiner Erzählung würde noch mal stark ansteigen, wenn du auch hier wüsstest, wie du deine Fantasie und dein Erzähltalent richtig einsetzen könntest. Klingt jetzt sehr technisch, und ich hoffe, ich tue dir nicht unrecht, aber das ist gerade meine Einschätzung.

Ich finde das eine ordentliche, unterhaltsame und fantasiereiche Geschichte, die du hier rausgehauen hast, und ich bin gespannt, was noch an Kommentaren und weiteren Storys von dir kommt. Wie gesagt, ich denke, du hast Talent, und ich bin wirklich gespannt.

Beste Grüße
zigga

P.S.: Woher zum Henker kennst du Fitzek? :D

 

Hallo @pantoholli, deine Anmerkungen sind gut. Habe ich dem Text hinzugefügt. Das mit dem Gläser polieren kommt davon weil ich die Nervosität des Barkeepers verdeutlichen möchte ohne jetzt zu schreiben das er nervös ist.

Hallo Zigga, danke für dein Kommmentar. Ja das mit der Zeit ist deswegen so, weil ich es gerade in die Vergangenheit umschreibe. Da ich gerade am Text feile, (gut das ihr mich so tatkräftig unterstützt) ist er grade neu am entstehen. Das mit der Figurentiefe ist ein guter Tipp, an dem ich unbedingt arbeiten muss. Mich freut es ausserordentlich zu lesen das du die Geschichte ganz gut findest. Die Frage mit Fitzek schreib ich dir gern mal Privat :)

 

Hi Patrick,

da sind noch jede Menge (Flüchtigkeits)Fehler im Text, die du beheben solltest. So wirkt der Text auf mich schlampig.

Der Fremder betrat den Saloon
Der Fremde

Jeder seiner Schritte knarrten
knarrte

aber für sie haben wir hier
Sie

Stadt zur Genüge.«,
Kein Punkt

ihr wollt
Ihr

stellte es dem Priester hin. Er griff nach einer Flasche und schenkte dem Fremden ein.
Was denn nun? Priester oder Fremder?

Er hätte ihm den hiesigen Gaumenbeleidiger, (KEIN KOMMA) als seine beste Marke andrehen können, aber das tat er nicht.

dass sie ein Mann
Sie

Los, spielt weiter.
Ausrufezeichen, da Aufforderung.

Der Saloon Besitzer
Saloonbesitzer oder Saloon-Besitzer.

Der Fremde schwieg. Der Barkeeper versuchte die Frage zu wiederholen, doch der Priester schüttelte den Kopf.
Was denn nun? Fremder oder Priester?

Usw.

Zwei Hinweise noch:
In deinen Antworten bitte nicht immer den kompletten Kommentar des Kommentators einfügen. Nur die Stellen, auf die du dich speziell beziehst. Sonst scrollt man sich zu Tode.
Und bitte zeitnahe Antworten in einem Post zusammenfassen. Sonst scrollt man sich zu Tode.

Danke und viel Spaß hier.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo Patrick1984,

ich habe mir deine Geschichte nun nochmals durchgelesen und freue mich ausserordentlich, dass du meine und die Hinweise der anderen Kritiker umgesetzt hast. Das Ding wirkt nun viel viel runder, solider und hat seinen Amateuranzug eindeutig abgestreift.
Respekt vor so viel Wandlungsfähigkeit!
Als ich vor gefühlten 100 Jahren hier anfing als blutige Nichtskönnerin, da war ich in Bezug auf viele Kritiken völlig vernagelt, hab oft gar nicht begriffen, was man von mir wollte, musste laufend nachfragen oder es erstmal liegen lassen, um es dann erst mit gehörigem Zeitabstand zu kapieren.
Und in puncto Überarbeitung meiner Babys bin ich meist derartig lustlos, dass viele Kritiker bei mir davon ein Lied singen können.
So aber nicht bei dir, ich merke, du hast praktisch alles begriffen, was man dir gesagt hat, bist nicht schmollend hier wieder ausgezogen, sondern hast fix an deinem Werk geschuftet. Und das noch mit absolutem Erfolg.

Es gibt jetzt nur noch wenige Stellen, an denen ich etwas Textarbeit machen würde.
Ich schlage vor, dass du ab und zu nochmals (so mache ich es immer) dir deine Geschichte laut vorliest, um Stellen zu finden, die keinen guten Rhythmus haben und sicherlich wird der eine oder andere Kritiker jetzt nach mir , dir noch ein paar Stellen aufzeigen.
Ich überlasse gerne meinen Nachfolgern nun die Feinarbeiten.

Gut ist, dass dein Marshall endlich aus dem Memmenmodus raus ist und kerniger wirkt, einzig an einer Stelle, die ich dir jetzt aber nicht raussuche, stellt er zu zaghaft seine Frage an den Priester, aber ansonsten hat er echt an Männlichkeit gewonnen. Gut so!
Die anfängliche Sargdurchdenschneeschleppszene ganz rauszulassen, war nicht verkehrt, bringt sie doch der Geschichte selbst keinen besonderen Vorteil in puncto Fortkommen oder Spannungsaufbau.

Auch, das Ende der Geschichte ist ok, wenn auch ich zu den Gegnern dieser "unddannhatteerallesnurgeträumt"-Enden gehöre. Aber hier ist es irgendwie akzeptabel, mir gefällt auch sehr, dass zum Ende der Geschichte hin, es immer bunter wird, immer schräger, fast schon wirrer und insoweit leitest du ja schon zum Ende hin, so dass dieser negative Überraschungsmoment, den man sonst in solchen Geschichten mit solchen Enden hat, dieses "ÄtschallesnurgeträumtdudummerLeser-"Gefühl sich gar nicht erst einstellt.

Ich bewundere deine Fortschritte, weiter so!

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Lakita, danke für deine aufmunteren Worte. Die Textarbeit macht sehr viel Spaß mit euch und ist sehr produktiv. Diese Seite verfeinert das Schreiben absolut. Bin absolut froh hier zu sein.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom