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Aegishjalmur

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30.12.2020
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Aegishjalmur

Chefetage Radio 91.4, 20:07 Uhr

Keuchend sprinte ich den Flur entlang, vorbei an leeren Büros und bleibe vor der einzigen Tür stehen, hinter der Licht brennt. Mit jedem Schritt schwappen das Abendessen und die hastig getrunkene Cola in meinem Magen hin und her. Blick auf die Uhr. Fuck. Puls bei Hundertzwanzig. Medikamente vergessen. Sie müssen sich entspannen, hallen die Worte des Arztes in meinem Kopf wider, Sie sind zu jung für einen Herzinfarkt. Aber der Job bedeutet Leben. Meine Finger zupfen automatisch die Krawatte zurecht, bevor ich nicke und die Klinke nach unten drücke. Pockpockpock, protestiert mein Herz. An dem Schreibtisch aus Massivholz sitzt mein Chef, Herr Schulte. Gegenüber im zum Interior passenden Sessel ein grauhaariger Mann mittleren Alters. Mit einem gezielten Blick fixieren Frank Schultes Augen meine und ich werde einen Kopf kürzer. Es ist beinahe wie ein Spiel zwischen uns. Er spielt es besser.
„Ah, endlich! Darf ich vorstellen: Dorian Höver, mein Assistent. Höver, das ist Jan Sigma, Leiter des regionalen Radioverbundes“, kündigt Schulte mich übertrieben an und deutet mit ausgestreckter Hand auf meine am Türrahmen festgewachsene Gestalt. Die Woge aus Scham, die sich aus meinem Inneren hochdrängt, schiebe ich wieder nach unten. Zähne zusammenbeißen. Seine Stimme klingt einen Tick zu locker und ich bemerke die beiden Kristallgläser, welche mit einer verdächtigen Flüssigkeit gefüllt auf dem Mahagoni thronen. Der Grauhaarige, Sigma, sieht mich erwartungsvoll an, doch bleibt sitzen. Ich wische meine Hand am Anzug ab und gehe auf ihn zu. Cool bleiben, beschwöre ich mich, als Sigma angesichts meiner schweißnassen Hand das Lächeln verrutscht.
„Sehr erfreut, Herr Sigma. Jan Höver mein Name“, sage ich. Hinter meinem Rücken höre ich Schulte gackern.
„Ist erst seit vier Monaten hier. Der soll sich was von den Großen abgucken.“ Neun Monate will ich ihm entgegenpfeffern. Sigma nickt und beäugt mich von oben bis unten. Sein Blick ordnet mich in die Hierarchie ein. Frischling. Musterung abgeschlossen. Dass mich der Job aus dem Abgrund gezogen hat, weiß er nicht. Schulte ebenso wenig. Hat ja keiner gefragt. Schnell nehme ich auf einem Bürostuhl abseits der Beiden Platz und falte die Hände. Die Kohlensäure der Cola-Welle droht, in einem Rülpser nach oben zu kommen. Ein geschickt platzierter Huster vertuscht es. Schulte räuspert sich.
„Jan, trotz der Unterbrechung -“, er setzt noch einen nach, indem er mich ansieht. Ich schaue weg. Meine Kehle ist zugeschnürt. „du kennst unsere Situation. Wie stellst du dir die weiteren Schritte vor?“ Jan Sigma kämmt sich mit den Fingern durch die Haare und ergreift das Wort. Er erinnert mich an einen Typen, den ich mal kannte. Aus anderen, hoffnungsloseren Zeiten. Sigmas Stimme klingt irritierend disharmonisch. Ein ständiger Wechsel zwischen hohen und tiefen Tönen.
„Tja, eure Quoten sprechen für sich. Aber so unter uns … wir wissen doch beide, dass wir lange nicht mehr von Kürzungen sprechen, sondern von weitaus umfassenderen Maßnahmen.“ Knoten im Hirn. Schulte fasst meine Frage in Worte.
„Was soll das heißen?“
„Euer Sender wird gestrichen.“ Rumms! Tödlicher Blick zu mir. Verdammt. Hastig stürze ich vom Stuhl und reiße meine Unterlagen vom Boden. Gestrichen? Schnell wieder hinsetzen. Mit einem Mal bricht alles zusammen. Mir ist mir kotzübel. Schulte und Sigma starren sich an, die freundschaftlich geköpfte Alkoholflasche und ich in der Mitte. Ihre Blicke gleichen einem Machtspiel und drängen mich zwischen sich. Wer blinzelt, verliert. Mein altes Leben zwinkert mir zu, winkt mich zu sich. Schweißperlen auf der Stirn. Puls bei Hundertfünfzig. Ich will weg, aber Schultes Blick setzt mich fest. Puls bei Hundertsiebzig. Meine Fingerspitzen auf dem Ärmel. Genau über dem Tattoo. Luft. Die Krawatte sitzt zu eng. Aegishjalmur. Bilder schießen auf mich ein. Der Boden ist aufgeweicht, vom Regen und den vielen Menschen. Eine Hand über dem Kopf. Blitzendes Metall. Ein Schrei in der Kehle. Mein Schrei. Als die Feder in Schultes Sessel knarrt, reißt es mich zurück in die Realität. Ich schüttle den Kopf. Wieder fahren meine Finger über den Anzugstoff. Mein Atem beruhigt sich. Ich habe das Tattoo genau vor Augen. Das Wikingersymbol Aegishjalmur – für Stärke und Unbesiegbarkeit im Kampf. Mein Puls beruhigt sich. Ich fasse mir ein Herz und setze an.
„Herr Sigma, wenn ich etwas dazu sagen dürfte? Wir könnten die Einnahmen erhöhen, indem –.“ Doch Schulte reißt die Hand hoch und die Worte bleiben stecken. Was …?
„Ja, ja, danke, was Herr Höver sagen wollte …“ Sigma mustert mich und richtet den Blick wieder auf Schulte, während dieser beginnt, sich über Einschaltquoten und Kosten/Nutzen-Verhältnisse auszulassen. Einige Minuten und einen Monolog später landet Schulte bei meinem abgewürgten Vorschlag und meine Gedanken schweifen ab. Sigma nickt. Ich zucke zusammen, als Schulte aufspringt und das Angebot mit einem Handschlag besiegelt wird. Das klatschende Geräusch ihrer Handflächen. Ein Schlag ins Gesicht. Doch ich schlucke den bitteren Geschmack lächelnd herunter. Er wird den Vorschlag überdenken, hat er gesagt. Soll ich wieder atmen?
„Es versteht sich, dass diese Informationen vorerst unter uns bleiben und die Belegschaft nichts davon erfahren muss“, schließt er den Satz ab. Der letzte Blick galt mir. Verdammt, wie könnte ich, wenn meine Kehle staubtrocken ist?
„So, Frank“, Sigma lehnt sich entspannt zurück und nippt an dem Glas, „dann sende mir bis morgen das Konzept und leite alles in die Wege. Wenn es sich bezahlt macht, überdenken wir das Ganze nochmal.“ Doch Schulte kommt näher und klopft mir freundschaftlich auf die Schulter. Eine Schlange vor dem Zubeißen.
„Unser Höver hier macht das schon, nicht wahr?“ Dass er mir jeden beschissenen Tag 90 Prozent seiner Arbeit aufhalst, übersieht er geflissentlich. Aber ich halte die Klappe. Seine fette Pranke gräbt sich in mein Fleisch, als er zudrückt. Derselbe auffordernde Blick meines Vaters, derselbe Schlag ins Gesicht, wenn ich die Erwartungen nicht erfüllt habe. Du enttäuschst mich, Junge. Die Worte hallen von den Wänden wider.
„Natürlich“, erwidere ich mechanisch und nicke Sigma zu. Das Lächeln schmerzt, doch meine Fassade hält sich tapfer. Aegishjalmur brennt auf meiner Haut, protestiert.
Sigma lehnt sich in meine Richtung und lächelt: „Einen feinen Burschen hast du da, mal sehen, ob wir den behalten können.“ Meine verkrampften Hände lösen sich und ich spüre, wie mein eigenes Lächeln echt wird. Endlich der erste tiefe Atemzug. Dann reibt er sich mit seiner Hand nachdenklich am Kinn und seine Mine wird ernst. „Aber hältst du den im Büro gefangen? Oder ist der Kleine immer so käsig?“ Stille. Mit einem Mal bricht Schulte in tosendes Gelächter aus.
„Einer ist immer die Büroschlampe“, schreit Schulte. Sigmas Blick schnellt zurück zu mir und Lachsalven durchschütteln sie angesichts meines hochroten Kopfes. Es dröhnt in dem Raum und ich lache mit ihnen. Schulzeit. Tränen auf dem Weg nach Hause. Vater und das Klatschen einer Ohrfeige. Ich habe mich nicht gewehrt. Direkt danach bin ich zum Tätowierer. Überlegenheit in meinen Adern, bis ich für das Tattoo die nächste Ohrfeige kassierte. Durch meine brennenden Augen streiche ich erneut über die Stelle am Ärmel. Schulte drückt mir ein Glas in die Hand und wischt sich schließlich mit den Wurstfingern über die Augenwinkel. „Komm, trink was. Das tut dir gut.“


Zuhause

Mit einem Knall fällt die Tür ins Schloss. Meine Aktentasche schmeiße ich in die Ecke und laufe in den vollgeschwitzten Anzugschuhen den Flur entlang. Direkt in die Küche. Der erste Griff geht zum Kühlschrank. Ich setze erst ab, als die Flasche leer ist. Der herbe Geschmack tut gut. Die Szene im Büro klammert sich an meine Schultern. Unser Höver hier macht das schon, äffe ich die gackernde Stimme nach. Fick dich, Schulte. Das grelle Licht sticht in meinen Augen. Sender wird gestrichen. Meine Brust hebt und senkt sich unter schweren Atemzügen. Außer ich ziehe den Laden aus der Scheiße. Das Ticken der Wanduhr erzeugt ein Echo. Kannst du überhaupt was, schreit Vater und schmeißt damit den ersten Stein. Ich fahre mir über die Stirn, das Zittern hört nicht auf. Alles wird gut, versuche ich mich zu beschwichtigen. Plötzlich wird meine Brust eng und schnürt mir die Luft ab. Unter flachen Atemzügen versuche ich, die Krawatte zu lockern, aber rutsche immer wieder ab. Stoße die Flasche vom Tisch. Das Glas splittert in tausend Teile. Der Boden ist aufgeweicht, vom Regen und den vielen Menschen. Dumpfes Splittern von Glas. Meine Finger schieben Stoff zur Seite. Eine Hand über dem Kopf. Blitzendes Metall. Mein eigener Schrei, der nicht kommen will. Dann bekommen meine Finger die Krawatte zu packen und ich reiße die Schlinge vom Hals. Für einen Moment stehe ich nur da, beide Hände auf der Küchenzeile abgestützt, und atme ein und aus. Die Bildfetzen verschwinden, bevor ich sie zu fassen bekomme. Was war das? Ein letzter, tiefer Atemzug. Auszeit. Auf wackeligen Beinen verlasse ich die Küche und stolpere die Kellertreppe hinunter. Weg von hier. Ich will vergessen.

Als ich den Schlüssel herumdrehe und das Licht anknipse, entfährt mir ein erleichterter Seufzer. Niemand weiß, was sich hier unten befindet.
Wie immer mache ich zuerst den Ofen an. Als der erste Scheit Feuer fängt und sich die Wärme ausbreitet, schalte ich die elektrische Deckenleuchte wieder aus und betrachte mein Werk. Gänsehaut. Jedes Mal. Das diffuse Licht erzeugt genau die richtige Stimmung. Matt strahlt es auf die mit Holz verkleideten Wände. Ein Werk wochenlanger, kleinteiliger Arbeit. Doch das war es wert. Die Kulisse hätte nicht echter, nicht perfekter sein können. Bänke und Tische verteilen sich im Raum, alles aus Holz. Felle, Schüsseln, Würfelspiele sind ausgelegt, beiläufig positioniert neben Krügen und selbstgefertigtem Schmuck. Das Licht des Feuers lässt die Tierschädel an den Wänden erglühen, wirft ihre Schatten durch den Raum. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man denken, eine Zeitreise gemacht zu haben und in einer anderen Welt gelandet zu sein. Genauso wollte ich es. Angefangen hat es mit Filmen. Ich war fasziniert von den grimmigen Gesichtern der Wikinger, dem Gebrüll und der Leidenschaft. Intensiv waren diese Momente, doch zu kurz. Andere machten den Fernseher aus und lebten weiter. Ich wollte mehr. Viel mehr.
Ich ziehe mein Hemd aus, die Anzughose und Schuhe tausche ich gegen Wolle, Leinen und Leder. Aegishjalmur glitzert auf meiner Haut, zwinkert mir zu, als ich auf einer der Bänke Platz nehme und den Scheiten beim Verbrennen zusehe. Ich zwinkere zurück. Die Welt rückt endlich in den Hintergrund. Das Feuer hat etwas Hypnotisches. Mein Puls fährt runter und ich schließe die Augen. Langsam verschwimmen die Gedanken in meinem Kopf. Werden träge und erträglicher. Dann tauche ich in meine Welt ein. Die Geräusche beginnen in meinem Kopf und tönen immer lauter, bis sie schließlich Realität werden. Ich öffne die Augen und lache, als ich die Würfelrunde gewinne und die bekennenden Schulterklopfer meiner Kumpane auf dem Rücken spüre. Einer der Krieger erzählt laut vom letzten Raubzug. Wir alle kennen die Geschichte, doch jeder schmückt sie anders aus. Die Frau gegenüber bricht das Brot und reicht mir ein Stück. Ihre Augen zwinkern mir über ihren Krug hinweg zu. Der Redner springt mit einem Mal auf und verkündet, wie riesig der Mann gewesen sei, dessen Axt ihn um seinen Kopf erleichtern wollte. Die Meute bricht in Gelächter aus. Auch ich lache aus vollem Hals, werde mitgerissen von den Freunden, die ihre Arme um meine Schultern legen. Wir beginnen die nächste Runde. Ich fühle die Blicke der Menschen auf mir. Pure Macht pulsiert in meinen Adern, als ich aufstehe und mit erhobenem Kinn durch die Reihen schreite. Lachende, essende, glückliche Menschen streife. Die Klinge an meinem Gürtel schlägt mir mit jedem Schritt gegen das Bein, doch sie symbolisiert das, was ich bin. Das Oberhaupt dieser Männer und Frauen. Der einzige Sessel im Raum gehört mir. Ich blicke über die Reihen und Stolz erfüllt meine Brust. Ich versinke im Moment.
Auf einmal verschwimmt die Welt erneut um mich herum und es schleicht sich ein anderes Gefühl dazu. Ein einzelner Ton, der nicht zu den anderen passt. Eine Erinnerung drängt an die Oberfläche, manifestiert sich und verändert die Szenerie. Aus den Sitzreihen erhebt sich ein Mann. Ich springe auf. Sein Gesicht verzieht sich und ein Lachen sprudelt zwischen den Lippen hervor. Alle Stimmen um uns herum verstummen. Die Menschen, meine Freunde, Mitkrieger sind verschwunden. Schulte und ich allein in dem sonst so lebhaften Raum. Er schlendert auf mich zu. In seinem Anzug wirkt er fehl am Platz. Die Wurstfinger um ein Kristallglas gelegt, blickt er mich schweigend an. Dennoch höre ich seine Stimme dicht an meinem Ohr. Schweiß auf der Stirn. Das Feuer im Rücken kocht mein Blut. „Du bringst es zu nichts“, zischt Sigma und tritt hinter Schulte hervor. Die beiden flankieren mich. Drängen mich zurück. Eine Hand um meinen Hals. Sie drückt zu. Luft. Bilder schießen mir durch den Kopf. Der Boden ist aufgeweicht, vom Regen und den vielen Menschen. Dumpfes Splittern von Glas. Abwägend blicke ich mich um, doch niemand scheint in der Nähe zu sein. Meine Finger schieben Stoff zur Seite. Eine Hand über dem Kopf. Blitzendes Metall. Mein eigener Schrei, der nicht kommen will. Blut. Plötzlich erhellt sich der Raum. An der Wand breitet sich ein Symbol aus. Aegishjalmur. Und mit einem Mal bricht etwas in mir. Der Schrei kommt so tief auf meinem Inneren, dass die Wände erzittern und meine Adern an der Stirn herausquellen. Die Klinge bohrt sich tief in ihre Leiber, als ich herumfahre und mit zwei Hieben zustoße. Ihre Körper fallen und ich lache aus vollem Hals. Mein Siegesschrei erfüllt den Raum. Ich bin Macht. Und als die Szene vor meinen Augen erneut verschwimmt, bin ich ein anderer. Das Metall des Helmes ist kühl auf der Haut, meine Augen blitzen zwischen den Schlitzen hervor, als ich mit der linken Hand das Schild greife, mit der rechten das Schwert. Ich breche die Tür auf. Das Aufstampfen meiner Stiefel im dunklen Flur und ein Stoß frischer Luft in meinen Lungen.


Und es ward Krieg

Auf den Straßen tobt die Schlacht. Der Mond verbreitet sein Leuchten und der Asphalt ist übergossen mit dem Blut meiner Leute. Ich bin ein Berserker, gehe an vorderster Front. Seite an Seite durch die dunkle Häuserreihe. Das Schwert gegen den Feind gerichtet, um meine Mitkrieger zu schützen. Der Lärm macht mich taub. Überall kämpfende Männer zwischen Schweiß, Leichen und Blut. Mit einem Mal lichtet sich das Getümmel und ich sehe den einen Feind, der für mich bestimmt ist. Er bleibt wie angewurzelt stehen, die Augen weit aufgerissen. Bevor seine Stimme zu einem Schrei ansetzen kann, komme ich bereits mit großen Schritten auf ihn zu. Die Straßenlaterne hüllt uns in ihren Lichtkegel. Kämpfer haben sich um uns versammelt, feuern mich an und brüllen meinen Namen. Der erste Stich geht ins Bein und der Mann sinkt zu Boden. Er versucht, sich mit den Armen wegzuziehen, doch ich trete mit meinem Stiefel auf seine Brust und fixiere ihn auf dem blutverschmierten Asphalt. Sein Flehen widert mich an.
„Bitte – bitte, lassen Sie mich … bitte, lassen Sie mich gehen! Hilf-“. Ich hebe die Klinge. Die Erinnerung ist diesmal glasklar. Der Boden ist aufgeweicht, vom Regen und den vielen Menschen. Vor Stunden haben mich meine Eltern beim Wikinger-Markt abgesetzt. Dumpfes Splittern von Glas. Abwägend blicke ich mich um, doch niemand scheint in der Nähe zu sein. Meine Finger schieben den Stoff eines der Zelte zur Seite. Stimmen und zwei Gestalten. Eine Hand über dem Kopf. Blitzendes Metall. Es schießt herunter und dringt tief ein. Mein eigener Schrei, als die Klinge die Luft zerreißt. Den abgetrennten Kopf meines Gegners in der Hand, bade ich in den Zurufen der Krieger. Die Brust weit herausgestreckt, berauscht von Adrenalin. Immer mehr Lichter erhellen nun die Häuser und mit einem Mal erfüllt das Geräusch von Sirenen die Luft. Blaulicht flackert auf meinem Gesicht. Quietschende Autoreifen. Zwei Männer mit gezückten Waffen.
„Fallen lassen!“, schreit der Erste. Die Mündung zielt auf meine Stirn. Ich lache und werfe ihnen den Kopf meines Gegners entgegen. Er zieht eine blutige Spur und bleibt vor ihren Füßen liegen.
„Lassen Sie sofort das Schwert fallen!!“ Ihre Rufe erreichen mich nicht. Der Blutrausch – ohrenbetäubend laut. Immer mehr Sirenen ertönen aus den Straßen. Das Schwert liegt schwer in meiner Hand, als ich auf die Männer zusprinte. Eine Hand über dem Kopf. Blitzendes Metall. Ein Brüllen tief aus der Lunge. Walhalla ruft nach mir. Beide Schüsse treffen mich in die Brust. Ich sacke zusammen. Das Metall meines Helmes knallt auf den Asphalt, das Schwert kommt einige Meter entfernt zum Liegen. Ein rasselnder Atemzug. Finger greifen nach mir. Weit entfernt das Rauschen eines Walkie-Talkies. Walhalla?

 

Hi @Rob F,
lieben Dank für deinen Kommentar - das hat mir wie immer sehr weitergeholfen :)

Zum Ende hin verschwimmen die Vorstellungen des Prota und die Realität, auch diesen Übergang fand ich gelungen.
Puh, dann hat das zum Glück geklappt. War meine größte Sorge, dass ich mit dem Mischmasch aus Realität und Fiktion übertrieben habe und man es nicht versteht :P
Probleme hatte ich hierbei nur ein wenig mit dem Ort. Es beginnt ja dann in seinem Keller, hat er also nur in seiner Vorstellung Schulte und Sigma getötet? Und am Ende dann seinen Vater, der ihn immer verhöhnt hat? Anscheinend hat er ja tatsächlich jemanden angegriffen, wie das Ende zeigt.
Genau, er ist im Keller, tötet dort in seiner Fantasie Sigma und Schulte. Das mit dem Vater sind Kindheitserinnerungen, welche im Kontakt mit den beiden ab und an hochkommen, da es auch dort um Unterdrückung und Minderwertigkeit ging. Ist vielleicht ein bisschen viel, auch noch die Vater-Geschichte anzuschneiden.
Eine insgesamt unterhaltsame Geschichte, spannend geschrieben, habe ich gerne gelesen!
Ach, super. Das macht mich gerade sehr glücklich :thumbsup:
Da hätte ich ggf. noch eine Rückfrage. Ich selbst mochte die Idee, sprich: Vereinigung von Alltag und Wikinger-Story, Vermischung von Realität und Fantasie, Ausbruch der Gefühle und so. Aber anscheinend konnte ich die Leserschaft damit nicht anlocken. Ich frage mich, was fehlt oder ist das Thema für viele Menschen nicht interessant? Hast du da eine Idee? :)
Ist nur eine Kleinigkeit, ich habe mich nur gefragt, ob er das mitbekommen kann, wenn er den Flur entlang sprintet? Und die genannte Tür ja anscheinend geschlossen ist.
In meiner Vorstellung ist es ein Flur mit mehreren geschlossenen Türen, welche oben drüber eine Art kleines Fenster haben. Da könnte man sehen, ob das Licht an oder aus ist. Habe ich natürlich nicht ausreichend beschrieben.

Ich überdenke das Ganze nochmal. Die anderen Vorschläge habe ich übernommen. Danke dir :)

Noch ein schönes Wochenende,
Waldläufer

 

Da stimme ich dir auf jeden Fall zu, @Rob F. Ich finde es auch im Alltag bzw. realen Leben interessant, wie die eigene Fantasie uns beeinflussen kann. Hm, das ist ja mysteriös. Aber auch spannend, zu erforschen, was die Menschen aktuell emotional anspricht.
Bis dahin, LG. Waldläufer

 

Hallo @Waldläufer,
Da hast du aber eine irre Geschichte geschrieben. Ich hatte ehrlich gesagt Schwierigkeiten dem Ganzen zu folgen. Habe dann aber am Ende gemerkt, dass es mir eigentlich nichts ausmacht, weil klar wird, was du meinst. Aber ein Buch hätte ich so nicht durchgehalten.

Vielleicht hat es mit mir persönlich zu tun, aber ich bin alles, nur kein Wikingerfan. Mir dreht es immer die Augen in den Hinterkopf, wenn ich wieder so einen Spargel sehe, der sich nen fetten Thorhammer um den Hals gehängt hat. Diese ganze verklärte Romantik, die damit einhergeht, von Serien und Filmen komplett verwaschen ... das find ich einfach nur anstrengend.

Genau darum gefällt mir deine Geschichte aber umso besser. Für mich erscheint der Protagonist schwach und gepeinigt. Eine geschundene Seele, die nur noch diesen Wikingertraum hat, um sich aufrecht zu halten. Ich find klasse beschrieben, wie er sich erst auf diesen Traum stützt, bis der Traum ihn übernimmt. Das Wirre muss auch so sein, sonst wirkt es nicht, finde ich.

Liebe Grüße
The Dead Frog

Edit:

Kleiner Tippfehler, ist mir noch aufgefallen.

Die Frau mit gegenüber bricht das Brot und reicht mir ein Stück.

 

Hey @The Dead Frog!

Ich hatte ehrlich gesagt Schwierigkeiten dem Ganzen zu folgen. Habe dann aber am Ende gemerkt, dass es mir eigentlich nichts ausmacht, weil klar wird, was du meinst. Aber ein Buch hätte ich so nicht durchgehalten.
Es sollte prinzipiell auch verwirrend sein, da sich Realität und Fiktion vermischen und hinterher nicht mehr auseinander zu halten sind. Aber es freut mich, dass du die Story insgesamt verständlich fandest. :) Ein ganzes Buch in dem Stil wäre mir aber auch zu viel gewesen :P
Mir dreht es immer die Augen in den Hinterkopf, wenn ich wieder so einen Spargel sehe, der sich nen fetten Thorhammer um den Hals gehängt hat.
Oh ja, hab da gleich eine Szene vor Augen. Schmaler, schwächlicher Schafhirt wird auf seinem Hof von einer Gruppe Steuereintreiber auf Pferden überrascht und ausgelacht. Bis er zum Schwert greift und schwups! schwingt er die Klinge als hätte er nie was anderes gemacht und besiegt alle, die sich ihm in den Weg stellen. Ist ja eine schöne Vorstellung, aber dezent unrealistsich. Schön, dass mein Charakter doch passend war.
Eine geschundene Seele, die nur noch diesen Wikingertraum hat, um sich aufrecht zu halten. Ich find klasse beschrieben, wie er sich erst auf diesen Traum stützt, bis der Traum ihn übernimmt.
Ach, schön. Danke dir! :)

Liebe Grüße und einen schönen Tag,
Waldläufer

 

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