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Alles Watte

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17.10.2002
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Alles Watte

Alles Watte

Die Mutter rief zum x-ten Mal aus der Küche: „Conny, jetzt geh‘ doch bitte ins Bad und putz‘ dir deine Zähne. Ich möchte es nicht noch einmal sagen!“ „Ja gleich, Mama, ich gehe gleich“, kam aus dem Kinderzimmer zurück, begleitet von allerhand Klapper –und Raschelgeräuschen. Conny räumte mal wieder um, oder aus, wie man es nimmt. Es war ihre Lieblingsbeschäftigung, ihre Spielzeugkisten mitten in ihr Zimmer zu kippen und zu sortieren, wenn sie eigentlich längst ins Bett gehen sollte. Dabei war es völlig egal, wie sie ihre Figuren, Puppen und Bausteine neu ordnete, Hauptsache sie konnte das Schlafengehen noch hinauszögern. Und gegen Aufräumen konnte Mutti immerhin kaum etwas sagen, dachte zumindest die kleine Conny. Sie war vor ein paar Tagen gerade sieben Jahre alt geworden und hatte heute ihren ersten Milchzahn verloren. Wenn sie jetzt lachte, und das tat Conny oft, dann sah sie mit der Zahnlücke, ihrem langen, blonden Wuschelhaar und den blitzenden, blauen Augen noch süßer aus. Sie war ein aufgewecktes, hübsches Mädchen, das nur einfach nicht gerne schlafen ging. Und das hatte einen guten Grund, wie Conny meinte.
Seit einiger Zeit kamen nachts nämlich gruselige Gestalten in Conny’s Zimmer wenn sie schlief und weckten sie auf. Manchmal waren es Menschen mit roten Augen und schwarzen Mänteln, ein anderes Mal waren es Hunde mit grünem Fell oder riesige Raben mit langen, gelben Schnäbeln. Jedenfalls fürchtete sich Conny sehr, wenn eine solche Gestalt in ihrem Zimmer war. Einmal hockte so ein Vogel mitten auf Conny’s Decke und klapperte mit dem Schnabel. Sie hatte sich furchtbar erschreckt und da war der Vogel auch schon weg. Aber trotzdem hatte sie große Angst gehabt und nach Mama gerufen. Die kam auch ganz schnell und tröstete sie. Sie hatte Conny in den Arm genommen und ihr ganz lieb gesagt:
„Du hast nur geträumt, mein Schatz, hier ist kein Vogel in deinem Zimmer, glaub‘ mir.“ Und dann hatte Mama das Licht angeschaltet und Conny gezeigt, dass alles in Ordnung und an seinem Platz war. „Aber wenn der Hund wieder kommt, der mit dem grünen Fell und der in meinem Zimmer immer im Kreis läuft, was dann, Mama?“, fragte Conny und drückte sich fest an ihre Mutter. „Es kommt kein Hund, Kind, wo soll der denn auch herkommen? Das sind nur böse Träume, die alle Menschen mal haben. Laß‘ dich nicht erschrecken, Conny, mach‘ dir einfach klar, dass kein Hund in dein Zimmer kommen kann, auch niemand mit roten Augen und kein Vogel mit langem Schnabel. Schau, das Fenster ist zu. Und jetzt schlaf‘ schön weiter, wir lassen die kleine Leuchte hier auf deinem Nachttisch an.“

Nun stand Mama im Türrahmen und ermahnte Conny: „Geh‘ jetzt bitte sofort ins Bad, Cornelia!“ Oh, oh, Mama hatte „Cornelia“ gesagt. Das war ein Zeichen, besser sofort zu gehen. „Na gut, Mama, ich gehe jetzt.“ Conny ließ das Spielzeug liegen und schlich ins Bad, ziemlich langsam, denn jede Sekunde, die sie noch nicht schlafen musste, war ihr lieb.
Ein paar Minuten und noch eine Ermahnung später lag Conny in ihrem Bett und Mama kam, um Gute-Nacht zu sagen. „Mama?“ „Ja, Conny?“ „Und wenn heute wieder der Hund kommt? Oder vielleicht sogar ein blauer Tiger, oder ein Elefant mit lila Rüssel..?“ Conny schaute ihre Mutter mit großen Augen an. „Mein kleiner Schatz,“ sagte Mama, „ich verspreche dir, es kommt kein Hund, kein Tiger und kein Löwe. Auch kein Elefant und schon gar kein Nilpferd. Und falls doch, dann sag‘ dem Tier doch einfach, dass es besser zurück in den Zoo gehen soll, anstatt ein kleines Mädchen beim Schlafen zu stören. Und dann sagst du noch, dass du viel stärker bist, als dieses aufgeblasene Watte-Traumtier. Ok?“ Conny kicherte und sagte:
„Ok, Mama, das mache ich. Gute Nacht. Aber lass das kleine Licht an, ja?“ Und Mama gab ihr einen lieben Gute-Nacht-Kuss und ging.
Conny schloss die Augen, nahm ihren Teddy fest in den Arm und versuchte einzuschlafen. Einige Male noch blinzelte sie im Zimmer umher, prüfte alle Ecken und Winkel und schaute auf das Fenster, ob es auch geschlossen war. Sie versuchte an etwas Anderes zu denken, als an diese Gestalten, aber es wollte ihr nicht gelingen. Schließlich machte sich Conny einen Schlachtplan. Mama hatte gesagt, sie solle mit den Gestalten reden und sie seien aus Watte. Pah, Watte! Damit würde sie locker fertig, mit Watte! Sie dachte an Onkel Klaus und seinen Bart aus Watte, als der im letzten Jahr, als Nikolaus verkleidet, im Kindergarten Geschenke brachte. Und ihr fiel ein, dass Mama letztens ihren Teddy an der Pfote reparieren musste, weil vom vielen Knuddeln ein Stück Watte aus dem Fuß hervorkam. Und während Conny noch an Watte dachte, ging die Tür von ihrem Kleiderschrank langsam auf. Conny erschrak und schaute gebannt auf ihren Schrank. Und auf einmal kamen drei Raben mit langen, gelben Schnäbeln aus dem Schrank gehüpft und setzten sich ausgerechnet auf die Kante von Conny’s Bett. Sie klapperten mit den langen Schnäbeln und Conny traute sich nicht, sich einen Millimeter zu bewegen. Sie wollte nach Mama rufen und hatte große Angst, aber mit einem Mal dachte sie wieder an Watte. Sie setzte sich in ihrem Bett gerade auf, schaute die Raben streng an und sagte:
„Was wollt ihr hier, ihr komischen Vögel. Ihr seid ja aus Watte! Und außerdem haben Raben keine gelben Schnäbel! Und es gibt keine Hunde mit grünem Fell, sagt ihnen das! Die Elefanten mit den lila Rüsseln brauchen gar nicht erst zu kommen! Alles Watte! Und die Leute mit den schwarzen Mänteln und den roten Augen, pah, alles aus Watte!“
„Conny, Conny, du träumst....“ Mama saß auf der Bettkante und zog das Mädchen an sich. „Alles Watte...“ murmelte Conny halb im Schlaf und schlief lächelnd weiter.
Die grüne Hunde und Raben mit gelben Schnäbeln kamen nie mehr wieder.

 

Hallo wondering!
Eine wirklich süße Geschichte und nicht nur aus Watte.
Hat mir gut gefallen wie Du sie erzählt hast, denn wer hatte nicht das Bedürfnis als Kind länger aufzubleiben? Selbst wenn es einfach nur ohne Grund war.
Aber Du hast es gut verbunden die Albträume der Kinder und das "ins-Bett-herauszöger-taktik"!
Mir hats gefallen!!

Gruß Joker

 

Hallo wondering,

mir hat diese Geschichte ebenfalls sehr gut gefallen. Zuerst einmal zeigt sie Kindern, die es betrifft (und den vorlesenden Eltern), daß sie mit diesen Erlebnissen nicht allein sind. Dann ist es auch schön, daß die Mutter das Kind ernst nimmt und ihm erlaubt, das Licht anzulassen, obwohl es sich aus ihrer Sicht "nur" um Träume handelt. Das wichtigste ist aber, daß den Kindern ein Weg gezeigt wird, die Gestalten zu vertreiben.

Ich erinnere mich daran, daß ich in der dritten oder vierten Klasse einen Aufsatz schreiben sollte, und zwar über einen beliebigen Traum, den ich geträumt hatte. Der einzige, der mir einfiel, war ein Alptraum, in dem ich nachts in unserer Wohnung einem Gespenst begegnet war. Diesen Traum hatte ich zwar mehrmals geträumt, er lag aber zu jener Zeit schon Jahre zurück (da wir aus der betreffenden Wohnung längst ausgezogen waren) - was zeigt, wie belastend so etwas für ein Kind sein kann. Da der Traum inhaltlich nicht besonders viel hermachte, habe ich dafür eine Fünf erhalten - zweifelsohne der Gipfel der pädagogischen Unfähigkeit. Die Conny aus Deiner Geschichte kann also wirklich von Glück sagen, eine so einfühlsame Mutter zu haben.

Alles in allem ist Dir eine sehr kindgerechte Darstellung eines Themas (fantastische Gestalten kommen nachts an's Bett) gelungen, das sich quer durch die Weltliteratur zieht - von "Dracula" über "Peter Pan" bis zu den "Entführt von Außerirdischen"-Geschichten unserer Zeit.

Folgende Fehler sind mir beim Lesen aufgefallen:

„ Was wollte ihr hier
"Was wollt ihr hier
Mama saßauf der
saß auf
Die grüne Hunde
grünen

Was Du unbedingt verbessern solltest, ist allerdings die Absatzgestaltung.

Schöne Grüße
Roy

 

Hallo wondering,

ich habe mich gefreut, mal wieder eine Kindergeschichte von Dir zu lesen, nachdem mir "Himmelblau im Streik" so besonders gut gefallen hatte! :)

Diesmal hast Du Dir ein für viele Kinder sehr wichtiges Thema vorgenommen und Du hast sehr nett erzählt, wie Conny das Zubettgehen hinauszögert, aus Angst vor den Monstern... Das kennen wohl alle Eltern irgendwie :D

Zunächst hatte ich das Gefühl, die Mutter wiegelt ab, als sie von Connys Ängsten erfährt. Aber dann wurde ja klar, dass sie Conny mit ihrer "Watte-Erklärung" ein perfektes Hilfsmittel an die Hand gibt, um die unheimlichen Gestalten weniger gefährlich zu machen und zu verscheuchen. Prima Idee!

Dass mir Deine Himmelblau-Geschichte noch sehr viel mehr gefallen hat, liegt sicher daran, dass jene ein ungleich originelleres Thema hatte. (Geschichten über Monster im Schrank, die Nachts herauskommen gibt es einfach schon viel öfter.)

Trotzdem las ich die Geschichte sehr gerne! :)

An einer Stelle stolperte ich über die Wiederholung des Wortes furchtbar - ich find's jetzt grade nicht wieder - vielleicht fällt es Dir beim Überarbeiten auf.

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo wondering!
Mir hat deine Geschichte über die Alpträume und deren Vertreibung auch gut gefallen. :)
Tja, die Kinder können sich auch gegen Träume wehren.
Man kann nur allen Kindern wünschen, dass sie auch so eine einfühlsame und liebevolle Mutter wie Conny haben.

Das Problem mit den Alpträumen hatte ich auch. Ich hatte immer schreckliche Angst im Dunklen und dann auch noch diese Träume. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich nachts das Licht auslassen konnte ;)

Ein paar Bemerkungen habe ich noch:

„ Conny, jetzt geh‘ doch bitte ins Bad und putz‘ dir deine Zähne.
Vor 'Conny' keinen Leerschritt.

„ Du hast nur geträumt, mein Schatz, hier ist kein Vogel in deinem Zimmer, glaub‘ mir.“
Vor 'du' keinen Leerschritt.

„Aber wenn der Hund wieder kommt, der mit dem grünen Fell und der in meinem Zimmer immer im Kreis läuft, was dann, Mama?“ , fragte Conny und drückte sich fest an ihre Mutter.
Am Ende der wörtl. Rede, zwischen Anführungszeichen und Komma keinen Leerschritt.

So, bei diesen Stellen hast du zwischen an Anführungszeichen vorne und dem ersten Wort immer einen Leerschritt gemacht:

„ Es kommt kein Hund, Kind, wo soll der denn auch herkommen?

„ Geh‘ jetzt bitte sofort ins Bad, Cornelia!“

„ Na gut, Mama, ich gehe jetzt.“

„ Und wenn heute wieder der Hund kommt?

„ ich verspreche dir, es kommt kein Hund, kein Tiger und kein Löwe.

„ Ok, Mama, das mache ich.

„ Was wollte ihr hier, ihr komischen Vögel

bye und tschö

 

Hallo Ihr Lieben,
vielen Dank für die Mühe, die Ihr Euch mit der korrektur gegeben habt. Und schön, dass euch die Geschichte gefallen hat. Ich habe ja länger die Kindergeschichten, wegen eines anderen Buchprojekts, vernachlässigt. Aber nun geht es verstärkt weiter.
ich werde auf jeden Fall euren Korrekturen nachgehen und den Text überarbeiten.
Vielleicht habt ihr ja Lust, euch an meinem nächsten Buchprojekt zu beteiligen, es wird ein Vorlesebuch. Ich habe Bibliothekar gebeten, die Ausschreibung ins Forum zu stellen, oder Ihr schaut auf meine HP, ab nächste Woche steht das Projekt dort zu lesen.
www.scenario-bonn.de

Viele Grüße
wondering

 

Hallo Wondering,
nette Geschichte, die ich mit meinen eigenen Kindern schon am eigenen Leib erfahren habe. Was lassen sich die lieben Kleinen nicht alles einfallen, um das Insbettgehen hinauszuzögern und wie oft kam meine Jüngste schon mit ihrem Teddy im Arm wieder ins Wohnzimmer und erzählte von all den schrecklichen Kreaturen, die in ihrem Zimmer waren.
Die Idee mit den Wattegestalten finde ich sehr gut, da wird vielleicht manch einem kleinen Kind, das Deine Geschichte vorgelesen bekommt seine Angst genommen.

LG
Blanca

 

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