Was ist neu

Angeklickt

Mitglied
Beitritt
19.03.2008
Beiträge
6

Angeklickt

Er klickte sie an. Sie tasteten sich ab, ganz anonym. Keine Namen, keine Adresse, nur das Alter und die Hobbys interessierten. Langsam versuchten sie aus den Daten eine Person zu formen - Wer bist du? Was denkst du? Magst du Musik - und welche? Und deine Haarfarbe? Wie kann ich mir dich vorstellen? Ich will dich nicht in eine Schublade stecken, aber erkennen möchte ich dich eines Tages.
Sie tasteten sich ab, per Mausklick. Jeden Tag wurde das Bild des anderen deutlicher, bunter und, das war neu für sie, über die Datenleitung zogen sie sich an wie Magneten.
Warum? Das konnte er nicht genau sagen und sie wusste auch keine Antwort. Und dann eines Abend war es soweit: Sie gaben die lange gewahrte Anonymität auf. Doch niemand aus dem Netz durfte sie erwischen, ihre sorgsam gesponnene Verbindung stören, sich womöglich noch einmischen oder einen dem anderen "abspenstig" machen. Sie umschifften auch diese Klippen raffiniert, schicken sich E-Mails und formten ein Bild des anderen. Ein Monat dauerte diese Phase der Annäherung oder waren es zwei - später konnte es keiner mehr sagen. Die Zeit verfloss, aber die Spannung stieg. Ihre innere Sehnsucht treibt sie aufeinander zu. Warum? Sie wissen es nicht. Oder sie wollen es nicht wissen.
Dann verabredeten sie sich zu einem ersten Treffen. Wie sieht sie aus? Das Bild das ich von ihr habe, entspringt den Daten die sie mir gab und dem was meine Phantasie daraus gemacht hat. Und er? Malt meine Sehnsucht nach Liebe, womöglich einen Traumprinzen ins Hirn? Oder soll es ihn wirklich geben?
Sie sitzt schon im Zug. Da fällt ihr ein: Wir haben vergessen ein Erkennungszeichen auszumachen. Gut die Nelke im Knopfloch wäre wohl zu altmodisch gewesen aber irgendwas! Auch ihm steht plötzlich der Schweiß auf der Stirn. "Vergessen" sagt er sich immer wieder "Einfach vergessen". Wie kann ich nur so was vergessen!? Meine Sehnsucht nach ihr kann doch niemals so groß sein, als das ich sie unter den Hunderten von Menschen hier finden und erkennen könnte. Ich werde einfach warten, bis niemand sonst auf dem Bahnsteig steht. "Das muss sie dann sein" Aber was wenn sie nicht die Richtige ist, zwar die Angeklickte, aber halt nicht die Richtige? Wie kann ich dann flüchten - stehe ich nah genug am Ausgang? Schon kommt der Zug. Hält. Übervoll. Die Menschen Strömen heraus und hasten an ihm vorbei. Er steht wie benommen auf dem Bahnsteig. Immer mehr kommen - Und plötzlich das muss sie sein. Das ist sie. Da bin ich mir sicher.
"Unter den Wartenden, wie soll ich ihn da finden. Ihn erkennen - oder wenn ich mich getäuscht habe, einfach weitergehen? Er wird mich schon nicht erkennen! Oder einfach einen schönen Abend verbringen? Und das war`s dann!" Sie merkt wie rote Ohren bekommt und ihr Hals trocken wird. Ganz gelassen wollte sie diese Treffen angehen. Aber nun merkt sie, wie die ihr Aufregung bis in die Haarspitzen schießt.
Der Zug fährt ein. " O, mein Gott" denkt sie, "Hunderte von Wartenden. Wie soll ich ihn da finden? Wie den Augenblick erkennen wenn er vor mir steht?"
Der Zug steht. Übervoll! Die Menschen quellen heraus. Auch sie geht zur Türe, als vierte oder fünfte. Sie kann sich nicht mehr erinnern, so aufgeregt war sie: Steht oben auf der Stufe und sucht. Nur einen Augenblick und doch fast eine Ewigkeit!
"Das darf nicht wahr sein" fährt es ihm plötzlich durch den Kopf. Das ist sie! Hier direkt vor mir. Hier wo ich stehe. Das muss sie sein."
In all diesem Durcheinander vergessen sie alles was sie sich zurechtgelegt haben. " Bist du es" stürmt er auf sie zu. "Bist du´s" fragt sie zurück-. Und dann stehen sie da, inmitten der ganzen Menschen und sagen kein Wort. Sie nicken sich zu - und langsam erkennen sie. Sie müssen sich nicht mehr anklicken, sie tasten sich nun mit den Augen ab und als sich ihre Blicke das erste Mal treffen, wissen beide: Wir haben uns getroffen - nicht nur Heute!

 

hallo!
Willkommen bei uns!

Deine Geschichte fängt ganz gut an, verliert aber nach einer Weile deutlich. Ich finde auch die plötzlichen Zweifel gut, realistisch irgendwie, aber dass am Ende doch alles so völlig unproblematisch verläuft, fand ich dann ein wenig langweilig. du baust - vielleicht unbeabsichtigt - eine große Erwartungshaltung auf, nämlich, dass die Begegnung vielleicht gar nicht stattfindet oder nur in letzter Sekunde noch klappt, aber nein, sie finden sich einfach, im unübersichtlichen Getümmel, ohne langes suchen, ohne herumlaufen, ohne angedeutete Enttäuschung.
Sie finden sich einfach. Und natürlich finden sie einander auf Anhieb toll, vergleichen nicht das Bild der virtuellen Person mit dem wirklichen Menschen, sind noch nicht einmal misstrauisch deswegen. Sie sehen sich und dann ist es natürlich selbstverständlich, dass sie einander wohl für immer haben werden. Das ist mir ehrlich gesagt ein bisschen zu wenig.

Vielleicht liegt das aber einfach auch an meiner allgemeinen Abneigung gegen Happyendings.

Georg

 

Hallo!
Ich finde das Thema gut, weiß aber aus eigener Erfahrung, dass einem viel mehr Dinge beschäftigen, die du noch mehr herausarbeiten könntest.

Hier kenn ich mich nicht aus:
Doch niemand aus dem Netz durfte sie erwischen, ihre sorgsam gesponnene Verbindung stören, sich womöglich noch einmischen oder einen dem anderen "abspenstig" machen. Sie umschifften auch diese Klippen raffiniert, schicken sich E-Mails und formten ein Bild des anderen.

Wieso e-mails?? es gibt doch ganz einfach "private Dialoge" "MSN" - da versteh ich die Schwierigkeit nicht und auch die Gefahr nicht

Er entdeckt sie 2 mal in deiner Geschichte

Und ich bin mir nicht sicher, ob man sich mit jemanden trifft, von dem man nicht einmal ein Foto kennt - ich würds nicht tun sfg

-Sie merkt wie sie rote Ohren bekommt


Mir ist der Schluss auch ein bisschen zu glatt.
Es wäre schön wenn es so einfach wäre.

Viel Spaß noch beim Schreiben

kröte

 

Hallo Georg,
nein, der Spannungsaufbau ist nicht ungewollt! Er soll dem Leser vermitteln wie die Aufregung steigt, wenn das erste Treffen näher rückt.
Und das "Sie" sich ohne Probleme finden besagt, dass wenn man die Liebe spürt, plötzlich alles so einfach erscheint.

Gruß Jörg

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom