Was ist neu

Copywrite Auf einem Eisberg

Seniors
Beitritt
22.10.2011
Beiträge
2.960
Zuletzt bearbeitet:

Auf einem Eisberg

Manche Nächte sirren in einem Ton, der sich tief in den Verstand gräbt. Ich schalte die Nachttischlampe an. Carla zuckt. Schweiß überzieht ihr Gesicht. Schön ist es – und fremd - wie eine von Firnis überzogene Maske. An der Schläfe pocht eine Ader. Ich will ihr über die Stirn streichen, sie beruhigen, doch kurz bevor ich die Falte zwischen ihren Augen berühre, ziehe ich die Hand zurück.
Leise stehle ich mich hinaus und fürchte, dass Carla im Schlaf spricht. Und mehr noch fürchte ich zu verstehen, was sie sagt.

Im Bad hängt mein Faschingskostüm. Eigentlich wollte ich im Bademantel zum Ball, ein Handtuch über der Schulter, aber Carla meinte, das kapiere niemand. Na gut, dann eben das alte, karierte Flanellnachthemd. Hauptsache, ich muss kein Pilot sein oder Pirat oder irgendein anderes Dicke-Eier-Gepose. Jetzt ist das Hemd mit Rotweinflecken übersät.
Ich dusche, mache Kaffee, decke den Tisch und schalte die Musikanlage ein. Alles wie immer am Wochenende. Muss ja weitergehen. Ich schneide Obst, verquirle Eier, hacke Lauchzwiebeln. Im Player läuft Every man is evil yes and every man's a liar. Ich drehe lauter. Ist das Sixteen Horsepower? Oder schon Woven Hand? Egal. Auf jeden Fall gute Musik. Nur der Text ist dümmlich. Obwohl, denke ich, manchmal passt er. Auf Frank zum Beispiel. Oder auf mich. Ich biege das Grün der Zwiebeln zu einem Bogen und schneide weiter. Aber wen belüge ich? Ein scharfer Schmerz reißt mich aus den Gedanken. Nur ein kleiner Schnitt. Ich werfe das Messer auf die Küchenplatte.
Als ich Geräusche aus dem Bad höre, stecke ich eine Kerze an. Ja, es soll weitergehen. So ein Leben gibt man doch nicht einfach auf. Und schon gar nicht wegen eines kleinen Faschingsflirts.
Carla zieht den Morgenmantel eng um sich, als sie hereinkommt. „Grad richtig“, sage ich. Meine Stimme klingt kratzig. Ich räuspere mich und setze erneut an. „Bissel weiß bist du halt nach der Tanzerei. Aber sonst. Geht doch.“ Endlich trägt die Stimme, auch wenn sie aufgesetzt klingt. Carla flüstert etwas und lässt sich auf einen Stuhl fallen, dann fasst sie sich an ihren Bauch.
Hastig greife ich nach einem Brötchen und beiße hinein. „Bin hungrig“, sage ich. Carla erhebt sich abrupt und schenkt sich Kaffee ein. Mit so heftigen Bewegungen, dass die Kanne scheppert. Sie setzt sich zurück an den Tisch, starrt vor sich hin, umschließt die Tasse mit beiden Händen, formt eine Halbkugel, ganz fest, ganz eng, als wäre die Tasse die einzige Wärmequelle in der Kälte. Dann führt sie die Handtassenkugel zum Mund und schlürft.
Ein neues Lied hat angefangen. Way down we go. Dieser Isländer, den sie jetzt überall spielen. Ich stelle mir vor, ich wäre mit Carla auf einem riesigen Eisberg. Dort gäbe es wenigstens keine Kinderwagen. Nur uns beide.
Die Lampe an der Decke summt. Ich schalte sie aus. Carla sitzt ganz still da, die Schultern hochgezogen, die Tasse immer noch am Mund. Ich mag keine Kinder, Carla. Ich habe dir das nie gesagt. Aber ich habe mich für dich gefreut, als du schwanger warst. Für uns.
„Hast du toll gemacht gestern Abend“, sage ich. „Einfach mal ausgehen nach der schweren Zeit. Die Hürde nehmen. Und Zack.“ Ich bemerke erst jetzt, dass das Messer wieder in meiner Hand liegt und ich zum Takt meiner Worte auf das Schneidbrett hacke. Es rutscht mir aus der Hand und fällt hinunter.
Carla schaut herüber, rollt mit den Augen und schlürft erneut von ihrem Kaffee.
„Doch, ich finde schon, das war …“ Wieder ist etwas falsch mit meiner Stimme, zu schnell, zu langsam, zu nervös, zu sicher, als hätte ich vergessen, wie man gut und richtig spricht. Ich massiere mir den Hals. „Gut. Ja. Gut war das. Man muss nur wollen.“ Dann trete ich ans Fenster und schaue hinaus. Ich presse den Vorhangstoff zwischen meinen Händen, verzwirbele ihn zu Wülsten. Als ich loslasse, bleiben Falten zurück.


Ich habe sie gesehen gestern Abend auf dem verdammten Maskenball. Sie und Frank an der Bar. Ich dachte erst, was für ein schönes, verliebtes Paar, der Pirat und die Frau mit dem Tüllhütchen. Erst, als sie sich küssten, erkannte ich die vertraute Neigung ihres Kopfes. Wie ein Schlag war das. Direkt ins Herz. Meine Frau und mein Freund. Ich starrte sie an. Die Küsse. Die Hände. Die Blicke. So ein inniges Verschmelzen. Ich wandte mich ab. Und gleichzeitig ertappte ich mich dabei, wie ich doch immer wieder zu den beiden hinstarrte. Dann drehte ich mich weg, endgültig, und hastete davon, mein dämliches Kostüm hochgerafft über die Waden, um nicht zu stolpern. Ein Trottel im Flanellnachthemd.
Die Nonne, mit der ich vorher getanzt hatte, hielt mich auf. „Deine Frau?“, sagte sie. Ich schwieg. Irgendwo dahinten im Raum war unser Tisch. Vielleicht saß Babs jetzt dort im Nixenkostüm und wartete auf ihren Frank. Ich hoffte nur, sie ginge ihn nicht suchen.
Die Nonne drückte meine Hand. „Die traut sich ja was, deine Olle. Machs ihr doch nach.“ Mit Schwung zog sie mich auf die Tanzfläche und presste sich an mich. Ihre Brüste, der Bauch - wie Kissen. Sie schob ein Bein hoch bis in meinen Schritt, warf den Kopf zurück und lachte. Ich griff in ihren Nacken und küsste sie, saugte an ihren Lippen, biss hinein in das zarte Fleisch. Sie schrie auf und schlug mir spielerisch an den Kopf. Am Rand der Tanzfläche stand ein süßes Straßenmädchen mit grellem Make-up und sah uns zu. Als sie meinen Blick auffing, lächelte sie. Ich zog sie hinein in unsere Umarmung, legte meine Arme um die Schultern beider Frauen und wirbelte sie im Kreis, küsste mal links, mal rechts, mal blond, mal braun, mal sündig, mal gottgeweiht. Ich genoss die Lippen, die Körper, die Schenkel, die Brüste, den wilden Taumel, bis mir schwindlig wurde. Heftig stieß ich die Frauen von mir, fast brutal. „Sack“, hörte ich noch. Und Gekicher. Dann taumelte ich davon.
Draußen fiel Schnee. Ich blieb stehen und zwischen Ballbesuchern, Taxis und Rauchern breitete ich die Arme aus und öffnete den Mund. Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.
Ein Zombie rempelte mich an. „Hier Alter. Besser als Schnee saufen.“ Er drückte mir eine Flasche Wodka in die Hand und einen Schirm, dann rülpste er und stieg in ein Taxi. Ich kehrte zurück in den Saal.

Nur drei Straßen weiter war es, im Sabrosa. Carla lästerte normalerweise über meinen Hang zu gutem Essen und Feinschmeckerlokalen. Wölbt den Bauch und leert den Beutel, sagte sie immer. Aber heute hatte sie mich unbedingt hier treffen wollen. Sie saß schon am Tisch, als ich reinkam, und winkte mir zu. Vor ihr stand eine Flasche. „Champagner“, sagte sie und schenkte mir ein Glas ein. Sie selbst trank Mineralwasser. Ich hob mein Glas. „Wie kommts?“ Carla trank einen Schluck, ein Tropfen perlte über ihre Unterlippe. Sie kicherte, dann kramte sie in ihrer Handtasche. „Voila“, sagte sie und hielt einen weißen Umschlag in der Hand. Sie wedelte ihn vor meinem Gesicht hin und her, dann hob sie ihn hoch über den Kopf wie einen Siegerpokal. „Trommelwirbel“, rief sie und betonte jeden einzelnen Konsonanten, dazu klopfte sie mit den Fingerknöcheln der anderen Hand auf den Tisch. Mit einer dramatischen Geste riss sie den Umschlag auf und zog ein Ultraschallbild heraus.
„Siehst du“, sagte sie und wies mit dem Finger auf eine Stelle. „Unser Baby.“ Ihre Stimme klang hoch und silbrig. Ich sah nur einen Punkt.
Und dann redete Carla. Über Augenfarbe und Namen und Strampelhöschen und Elternzeit und wohin wir ziehen würden. Ihre Augen strahlten, als ob helle Lampen in ihrem Inneren leuchteten.
„Ich freue mich“, sagte ich.
„Jetzt freu dich doch mal richtig.“
„Aber das tu ich doch.“
Sie hob ihr Glas. „Jetzt sind wir endlich ganz.“
„Aber wir sind doch schon ganz.“
„Ach du immer“, sagte sie, „du weißt genau, was ich meine.“
Ja - das wusste ich - und dachte an Empfängnisvögeln und an die Enttäuschungen, wenn es nicht geklappt hatte, und an Tränen und Gespräche, die sich um Kinder drehten und, wenn sie beendet waren, von neuem begannen, und ich dachte daran, dass ich mir gar nicht sicher war, ob ich jetzt schon ein Kind wollte. Oder überhaupt. Aber Carlas Augen strahlten.
„Jetzt haben wir endlich eine Zukunft.“
Ich legte meine Hand auf ihre. „Alles, was du willst“, sagte ich.

Es ging ganz schnell. Als ich nach der Notoperation zu ihr durfte, lag sie noch in einem Überwachungszimmer. Schwestern huschten durch den Raum, die Türen standen offen, so dass jeder von draußen reinschauen konnte. Neben Carlas Bett lag eine Frau im OP-Hemd, die leise schnarchte. Carla hatte den Kopf zur Wand gedreht. Ihre Augen waren geschlossen. Ich ergriff ihre Hand. Sie war kalt und leblos. Ich streichelte ihre Finger. Jeden einzelnen. Als sie mich endlich anschaute, war ihr Blick leer. „Alles weg“, sagte sie.
„Ja“, antwortete ich und wusste nicht weiter.

Irgendwann kam der Herbst. Und ein Frühjahr und wieder ein Herbst.
„Wollen wir nicht mal wieder zum Markt gehen?“
„Ich habe zu tun.“
„Komm Carla, du musst doch mal vor die Tür. So kann das doch nicht weitergehen. Frische Luft, ein Glas Wein. Blauer Himmel und bunte Blätter. Das hast du doch früher so geliebt.“ Carla saß vor ihrem Laptop, irgendwelche Kalkulationen. Sie klappte den Rechner zu, als sie meinen Blick sah. Ich setzte mich neben sie und legte vorsichtig die Hand auf ihre Schulter. Carla drehte sich zur Seite, so dass meine Hand abrutschte.
„Ach Carla, Schatz.“
Sie schüttelte den Kopf. „Jetzt frag doch nicht immer.“
„Aber was ist denn nur?“
„Was mit mir ist, fragst du?“ Es klang höhnisch.
„Jetzt sei doch nicht so.“
„Ich soll nicht so sein? Wie soll ich denn sein? Wie soll man sein, wenn einem ein Kind aus dem Leib geschnitten wird?“
Hilflosigkeit überkam mich. Wie eine schwere Welle. Was sollte man darauf antworten? Dass ich das auch nicht wusste? Dass es keine richtige Antwort gab?
„Komm Carla, lass uns trotzdem los. Wir können über den Dammweg zum Markt.“
„Den Dammweg? Warum den Dammweg?“ Carla lachte.
„Du sagst doch immer, du kannst keine Frauen mit Kinderwagen sehen. Der Dammweg ist eng.“
Carla schaute mich an, Ungläubigkeit lag in ihrem Blick. Und noch etwas anderes.
„Das sagst du doch immer.“
Und dann wusste ich, was in dem Blick lag, es war Verachtung. Carla stand auf und ging hinaus. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Ich war müde.


Wann haben die Nächte begonnen zu sirren? War es, als Carla im Krankenhaus lag oder erst danach? Oder schon vorher? Ich reibe mir über die Augen. So müde. Wir leben. Jeder für sich. Zwei Hälften, die kein Ganzes sind.
Das Leuchten in Carlas Augen ist erloschen. Nur gestern Nacht, als sie bei Frank saß, da ist es wieder aufgeflammt.
Herzensprojekt hatte sie ihr Baby genannt.
Nein, Carla, ich mag keine Kinder. Und noch weniger Kinder, die sterben. Und am wenigsten mag ich Herzensprojekte.
Noch einmal reibe ich mir über die Augen. Das Grau draußen verschwimmt zu Linien und Mustern. Im Player laufen mittlerweile die Stones. Our love was like the water, that splashes on a stone.
Ich drehe mich um und schaue Carla an. Da sitzt sie. Den Oberkörper aufgerichtet. Die Sommersprossen heben sich von ihrem blassen Gesicht ab. Erwartungsvoll schaut sie mich an. Als hinge alles von diesem einen Moment ab. Alles. Sie ist so wunderschön. Selbst jetzt.
„Achim“, sagt sie. „Welche Augenfarbe habe ich?“
Ich zögere. “Graublau“, sage ich leise.
„Aha.“ Carla wendet sich ab und schaut hinaus. Ihre Hände liegen immer noch um die Tasse, bilden eine warme Kugel. Oder einen runden, kleinen Bauch.
Und dann weiß ich es. Was wird aus einem Mann, dessen Frau nur glücklich sein kann, wenn sie ein Kind hat? Die den Verlust zelebriert wie einen Gottesdienst und will, dass der Mann der Messdiener ist? Er macht sich zum Affen. Zu einem riesigen, unbeholfenen Affen.
Ich stehe auf und schalte den Player aus. Draußen beginnt es wieder zu schneien. Schwere Flocken, die den Pfad zur Straße zudecken. „Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Vielen Dank, peregrina dass ich Maskerade kopieren durfte.

Und jetzt - endlich Zeit, die anderen Copywrite-Texte zu lesen und zu genießen und natürlich auch zu kommentieren.

 

Liebe Novak,

meine Güte, zweimal dieselbe Idee (Novak und Bas) und zweimal doch ganz unterschiedlich. Gleich im ersten Abschnitt dachte ich, die kenne ich doch, das ist doch die Geschichte von der armen Frau, die über den Verlust eines noch nicht geborenen Kindes nicht hinwegkommt. Erst dann schaute ich auf die Copywrite-Paarung Novak - Peregrina, alles klar.

Du gehst sehr souverän mit dem Perspektivenwechsel um, hältst dich an die Vorlage und kreierst doch was Neues. Endlich erfahre ich, was hinter dem blassen, hilflosen Ehemann Carlas für eine Person steckt. Es gelingt dir, jedenfalls bei mir, für ihn Sympathie zu wecken. Klar, er ist nicht der Frauenversteher, der mit seiner Virilität Carla aus ihrer anscheinend grenzenlosen Trauer herausreißt, obwohl er es gerne möchte. Aber er sorgt sich um seine Frau, schafft es aber nicht, mit den kleinen Gesten seiner Fürsorge zu ihr durchzudringen.
Bis ihn (endlich) die Erkenntnis erreicht

Und dann weiß ich es. Was wird aus einem Mann, dessen Frau nur glücklich werden kann, wenn sie ein Kind hat? ... Er macht sich zu einem Affen. Zu einem riesigen, unbeholfenen Affen.

Eine harte Selbsteinschätzung, aber in dieser Ehekonstellation höchst zutreffend.

"Kennst du denn meine Augenfarbe?", frage ich.


Diesen letzten Satz interpretiere ich als ersten (oder doch letzten?) Versuch, an dieser Konstellation etwas zu verändern. Ob er eine Chance hat?

Das ist Copywrite, wie ich es mir vorstelle. Mehr sage ich jetzt nicht dazu.

Dass du wie immer wunderbare Bilder einstreust, weißt du ja selbst. Ich nenne mal

Ein Trottel in einem Flanellnachthemd

oder

Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.

Auch die gedankliche Zuspitzung durch Gegensatzpaare gefällt mir

... ich lernte kochen und Carla schweigen. Ich lernte, das Wort "Kind" zu meiden und ich lernte, dass das falsch war.

Ja, hat mir sehr gut gefallen. Eine interessante Ergänzung zu pereginas Text. Und doch eine eigenständige Geschichte.

Liebe Grüße von
speedy wieselmaus

 

Huhu liebe Novak!

Da hast du ja eine sehr traurige und intensive Geschichte verfasst. Ich habe das Original von peregrina nicht gelesen, sondern mir zunächst mal deine Geschichte vorgenommen.

Fangen wir mit dem Titel an: der ist schon mal Weltklasse. Nicht nur aufgrund des Bezugs zur isländischen Musik, sondern auch in Hinblick auf die Eiseskälte der gestorbenen Beziehung/Ehe. Ein sehr passender Einstieg in die Geschichte.

Die Charaktere sind ebenfalls sehr gefühlvoll und ausgesprochen authentisch. Natürlich habe ich mir so meine Gedanken gemacht - und ich fürchte, dass die fremdknutschende Ehefrau dabei nicht allzu besonders gut bei wegkommt. Natürlich ist der Verlust des Kindes furchtbar. Insbesondere, da ein Kind ja scheinbar der einzige und ausschließliche Zweck ihrer Beziehung war! Das gibt ihr und ihrem Verhalten jedoch weder eine Rechtfertigung, noch besonders viel Sympathie. Jedenfalls nicht bei mir! Denn offenbar war oder ist ihre Trauer und Verzweiflung ja doch nicht groß genug, um so heftig und emotional tiefgehend mit Frank rumzuknutschen! Wäre ich ein böser Mann, würde ich darin nicht die verzweifelte und irrationale Augenblickstat oder einen „harmlosen Flirt“ sehen, sondern ein herzlos egoistisches Verhalten einer moralisch verkommenen Person.
Das Verhalten ihres Mannes ist übrigens auch nicht viel besser! Wie du mir, so ich dir - selbst in so einer tragischen Lebenslage.

Kurz zur Geschichte in technischer Hinsicht: extrem gut und souverän geschrieben. Und was die Handlung angeht, so wurde ich zwar nicht angenehm unterhalten, aber in jedem Fall berührt und auch zum Nachdenken angeregt. Und das ist sehr gut!

Daher ein großes Lob vom EISENMANN

 

Hallo Novak,

danke, ich hab mich total gefreut, Joachims Sichtweise kennenzulernen. :D

Eine Trottel im Flanellnachthemd.

Ein E zu viel?

Sie schob ein Bein zwischen meine, zog es bis in meinen Schritt und lachte.

'Bein' ist Singular und dann mit 'meine' im Plural darauf Bezug nehmen? In meinen Ohren klingt das nicht schön.

Dann setzt sie sich zurück an den Tisch, starrt vor sich hin, umschließt die Tasse mit beiden Händen, formt eine Halbkugel, ganz fest, ganz eng, als wäre die Tasse die einzige Wärmequelle in der Kälte. Dann führt sie die Handtassenkugel zum Mund und schlürft.

Beide Sätze beginnen mit 'dann'.

Ich griff in ihren Nacken und küsste sie, hart, biss in ihre Lippen, dass sie aufschrie, und mir spielerisch an den Kopf schlug.

Das letzte Komma darf weg. Sorry, ist jetzt ein bisschen dünn der Kommentar, hab gerad wenig Zeit.

LG, Anne

 

Liebe Novak,

wenn ich eine Geschichte von mir hätte kopieren müssen, wäre es wohl genau diese geworden. Oder Messerklingen oder beide. Umso mehr freue ich mich, dass deine Wahl so ausgefallen ist.

Das war eine kluge Entscheidung, die KG aus Achims Sicht aufzurollen. Und ich denke und hoffe, dass du damit seine Ehre gerettet hast. Er hat die Chance bekommen, zu einem greifbaren, sympathischen Mann zu reifen. (In meinem Text steht er ja mehr wie ein dummer August da und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich so gekonnt in seine Gedankenwelt hätte schlüpfen können.)

Beim ersten Lesen war ich sehr gerührt, mit wie viel Einfühlungsvermögen du die Stimmung, die Schwingung zwischen dem Paar getroffen hast. Da ist für mich nichts Fremdes, sondern nur Vertrautheit im Umgang miteinander. So hab ich die beiden während des Schreibens gesehen und das weiß ich noch genau, weil ich immer noch unter dem Eindruck stehe, ist ja noch nicht sooo lange her.

Schönes Ende übrigens, erst der Erkenntnisprozess ein Affe zu sein, dann der Übergang zum aufrechten Gang. Die Frage, ob denn Carla seine Augenfarbe kennt, das hat was von entschlossenem Ruder rumreißen. Gefällt mir.

Ich habe zu danken für die gefühlvolle Umsetzung der Copy-Idee.

Liebe Grüße,
peregrina

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Novak,

am besten finde ich an deiner Geschichte die Idee des Schlusses. Allein dafür hat sich das Lesen für mich gelohnt. Das Ende ist genial.

Nach dem Lesen der Geschichte habe ich mich gefragt, ob du es geschafft hast, mir diesen recht eindimensionalen Mann der Vorlage nahe zu bringen. Ich denke, das hat geklappt, du hast ihm Kontur geben können. Er ist nicht der Mann, der tiefschürfend über etwas nachdenkt, und doch ist er einer, der sehr sensibel die Krise wahrnimmt, der den Eisberg spürt, auf dem sie sitzen, aber unfähig ist, zu reagieren:

Ja, es soll weitergehen. So ein Leben gibt man doch nicht einfach auf. Und schon gar nicht wegen eines kleinen Faschingsflirts.

Doch er macht an diesem Morgen eine Wandlung durch. Das zu zeigen, ist die eigentliche Stärke deiner Geschichte. Er findet sein Selbst wieder, er kann seiner Frau wieder auf Augenhöhe begegnen, er wird nicht weiterhin der alberne Trottel des Vorabends sein.

Nicht so gut zurechtgekommen bin ich mit dem Mittelteil, der Rückblende. Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt. Vielleicht ist es dieses durchgängige erzählende Präteritum, das diesen inneren Monolog irgendwie zum Erklärblock für einen imaginären Hörer oder Leser macht. Auf mich wirkt dieser Absatz in dieser Form und in diesem Zusammenhang etwas unecht und hölzern. Das sind nicht seine Gedanken, das ist ein Bericht über das Vorangegangene.

Besonders an dieser Stelle habe ich mich gefragt, wem er das eigentlich erzählt.

Im letzten Winter hätte unser Kind kommen sollen.
Ich kannte den Blick, den Carla dem Piraten geschenkt hatte. Ich kannte ihn von jenem Abend im Juni. … Wir gingen nicht mehr die Fuhrstraße zum Markt, sondern den Dammweg, weil dort weniger Kinderwägen waren, ich lernte kochen und Carla schweigen. Ich lernte, das Wort „Kind“ zu meiden und ich lernte, dass das falsch war.

Um das zu durchbrechen, könntest du vielleicht hin und wieder eine Frage, einen Vorwurf, einen Gedanken, eine stille Ansprache an die am Tisch sitzende Carla richten, so wie du es ja vorher machst:

Ich mag keine Kinder, Carla. Ich habe dir das nie gesagt. Aber ich habe mich für dich gefreut, als du schwanger warst. Für uns. Das ist doch was.

Und auch später, um den Anschluss zur Gegenwart zu finden:

Nein, Carla, ich mag keine Kinder. Und noch weniger Kinder, die sterben. Und am wenigsten mag ich Herzensprojekte.
Das würde diesem Mittelteil das Berichtende nehmen und eventuell auch den Prozess verdeutlichen, den er durchläuft, während er sich alles noch einmal vergegenwärtigt.

Liebe Novak, das sind nur ein paar Gedanken zu einem Text, der mir als Ganzes und eben auch als Pendant zur peregrina-Geschichte wirklich gut gefallen hat.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

"How can I give love when I don't know what it is I'm giving?
How can I give love when I just don't know how to give?
How can I give love when love is something I ain't never had?"
John Lennon, "How?"(auf: "Imagine")​

Alles wie immer am Wochenende. Muss ja weitergehen.

Routine ist ein gefährlicher Begleiter, vielleicht sogar "Gefährder" und potentieller Tod einer lebendigen Beziehung, selbst wenn Routine das Leben an sich einfacher macht,sagt hier der unrasierte und ungeschorene, relativ nackte Graurücken,der immer noch meint, dass die große Zahl der Menschen der eigentliche Sündenfall ist wider alle Natur,

liebe Novak,

und dann - egal, was gleich kommt - Du kriegstden Geschlechtertausch hin, als wärstu selbst mal ein Bursche gewesen (wobei mir einfällt, dass ich bei unserer ersten Begegnung hierorts - natürlich unwissentlich - die falsche Endung im Attribut der Anrede verwendete) oder doch näherungsweise ein mask., wären da nicht die vielen weichen Endungen des unbetonten e und ausgerechnet bei einem Konjunktiv irrealis fehlt es dann

Ich hoffte nur, sie ging ihn nicht suchen.
Dabei ist der entscheidende Unterschied zwischen Präteritum und Konj. II das Endungs-e, "sie ging" (Ind.) aber "sie ginge" (Konj. II)

Und dann - was ich zunächst für eine Kuriosität halt - Sracheigenheit unseres Helden oder Flüchtigkeit in Zusammenhang zum gelingenden Konjunktiv?

Dort gäbe es wenigstens keine Kinderwägen.
Bis der Plural nochmals auftaucht
..., sondern den Dammweg, weil dort weniger Kinderwägen waren, ...
Spracheigenheit unseres Helden - oder doch Schreibfehler?

Kleine, gezeitenwechselnde Flüchtigkeit

Ich räuspere mich und setzte erneut an.

Hier kommt der ganze Kerl raus
Ich will ihr über die Stirn streichen, ...
Ja, so denken Kerle wie Du und ich, streichen, wie bestenfalls ein Butterbrot oder schlimmstenfalls die Wand ... Klar, ursprünglich gab's wohl nur "streichen" - ahd. strihhan, mhd. strichen (mit gedehntem i), aber immer schon gab es zu dem starken Verb die schwache, zartere Variante "streihhon", streicheln, bei dessen Definition selbst die Dudenredaktion der Adjektivitis frönt und an der Grenze zum Kitsch vorbeischreddert: "mit leichten, gleitenden Bewegungen der Hand sanft, liebkosend berühren; leicht, sanft über etwas streichen, hinfahren" (Duden.de "streicheln"). So was haucht man doch nur für sich hin ...

Am Rand der Tanzfläche stand ein süßes Straßenmädchen mit grellem Makeup und sah uns zu.
Make-up
..., küsste mal links[,] mal rechts, mal blond,] mal braun, mal sündig, mal gottgeweiht.

„Sack“, hörte ich noch.
Das ist mehr als eine bloße Aussage!

So viel oder wenig fürs erste vom

Friedel,
der auf wundersame Weise wie vor anderthalb Jahren wieder im Blut der Nibelungen watet ...

 

Hallo liebe Novak,

ich empfinde deinen Text wie eine schwere Decke, die sich beim Lesen über die Schultern legt. Mich trifft sowas immer mitten rein, dieses Thema der gescheiterten Beziehung, die sich beide Partner aber noch nicht eingestehen möchten.

Bei mir war es tatsächlich so, dass ich mit Achim mitgefühlt habe. Die Frage ist ja, was kann er tun, um Carla mit ihrem Kummer zu helfen? Klar, man kann einerseits sagen, er stellt sich dumm an mit seiner Küchenpsychologie, andererseits ist es auch schwierig, für eine solche Situation die richtigen Worte zu finden. Sagt man also besser nichts mehr? Dann ist die Gefahr groß, sich noch weiter voneinander zu entfernen. Was ich sagen will: Ich verstehe seine Hilflosigkeit sehr gut.

Was Carla durchmacht, kann er natürlich nicht wirklich nachempfinden. Einfach, weil er so etwas NIE selbst erleben wird. Erleben kann. Ich bin in solchen Situationen echt immer zwiegespalten. In meinem Freundeskreis habe ich das schon miterlebt, wie das Thema Kind Beziehungen beeinflusst, in jeglicher Richtung. Sei es nun der Verlust des Ungeborenen oder der Wunsch nach einem Kind, der nicht von beiden geteilt wird oder aber das tatsächliche Kind, das beide auf eine Probe stellt. Ich empfinde Carla als anstrengend. Ja, sie hat etwas erlebt, was schmerzhaft ist und sie geprägt hat, aber muss das alles von Achim aufgefangen werden? Ich bin mir nicht sicher, was sie verlangt. Ich persönlich denke, egal um was es geht, die meiste Arbeit muss man mit sich selbst leisten. Man selbst muss die Dinge verarbeiten, die einen bedrücken. Ich glaube, von dem Partner oder Freunden zu erwarten, dass sie dabei helfen können oder alles auffangen sollten, ist falsch. Man kann Unterstützung erwarten, aber verarbeiten muss man das ganz allein.

Du siehst schon, da geht einiges los bei mir im Kopf durch deine Geschichte. Das hier ist ganz stark:

Draußen fiel Schnee. Ich blieb stehen und zwischen Ballbesuchern, Taxis und Rauchern breitete ich die Arme aus und öffnete den Mund. Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.

Und das hier:

„Achim“, sagt sie. „Welche Augenfarbe habe ich?“
Ich zögere. “Graublau“, sage ich leise.
„Aha“, antwortet sie. Sie wendet sich ab und schaut hinaus. Ihre Hände liegen immer noch um die Tasse, bilden eine warme Kugel. Oder einen runden, kleinen Bauch.

So, da schwirrt mir noch einiges mehr durch den Kopf gerade, aber was ich sagen will: Hat mir sehr gut gefallen, deine Geschichte, und mit gemischten Gefühlen zurückgelassen.

Liebe Grüße
RinaWu

 

Liebe Novak

Ich werde nicht ganz warm mit dem Text. Das ist nicht einfach zu erklären, denn du hast ja ganz wunderbare Passagen drin, wie gewohnt. Sagen wir zum Beispiel die Szene(n) auf dem Maskenball, das hat mir sehr gut gefallen, da zeigst du, was du drauf hast.
Was mich nicht so ganz überzeugt, ist die Konstruktion der Geschichte, die Motivation der Rückblenden. Du hast die unmittelbare Problematik, die Knutscherei mit Frank. Diese ist aber bloss Reflex einer tieferen Problematik und für dich als Autorin eine Art Sprungbrett, um in die Abgründe einer Beziehung zu tauchen, aufzudecken, was dahinter und darunter liegt. Das ist, wage ich mal zu behaupten, eine klassische Art und Weise, eine Geschichte aufzuziehen, und daran ist bestimmt nichts verkehrt.
Hier aber hatte ich das Gefühl, mir als Leser wird der Kopf unters Wasser gedrückt, damit ich auf den Grund blicken kann:

auf einem riesigen Eisberg. Dort gäbe es wenigstens keine Kinderwägen.

Ist ja nicht unplausibel, dass Achim in dieser Situation so denkt, das ist es nicht. Dennoch empfand ich dieses Abtauchen in die Tiefe als zu forciert, vielleicht hat das auch auf die weitere Lektüre abgefärbt und beim zweiten Durchgang sind mir dann auch die Songs als Ausgangspunkte für thematische Übergänge und Abtaucher aufgefallen:

Nur der Text ist dümmlich. Obwohl, denke ich, auf manche Männer trifft er zu. Frank zum Beispiel.
Dieser Isländer, den sie jetzt überall spielen. Ich stelle mir vor, ich wäre mit Carla auf einem riesigen Eisberg.

Da merkt man halt als Leser, wie die entsprechenden Passagen gemacht sind, da schimmert die Technik hinter dem Text durch, die Übergänge wirken wenig organisch. Manchmal verzichtest du auf so Auslöser, …

Die Lampe an der Decke summt. Ich schalte sie aus. Carla sitzt ganz still da, die Schultern hochgezogen, die Tasse immer noch am Mund. Ich mag keine Kinder, Carla. Ich habe dir das nie gesagt. Aber ich habe mich für dich gefreut, als du schwanger warst.

… was mir schon fast besser gefallen hat. Hier hingegen noch eine Kombination von unmittelbarem Einbruch und Auslöser:

Ich kehrte zurück in den Saal.
Im letzten Winter hätte unser Kind kommen sollen.
Ich kannte den Blick, den Carla dem Piraten geschenkt hatte. Ich kannte ihn von jenem Abend im Juni. Sie hatte Sekt gekauft und mir ein Glas eingegossen. In ihrer Hand hielt sie ein Ultraschallbild.

Das fand ich dann wieder weniger gelungen.

Ich hoffe, du verstehst mich richtig. Ich finde die Figuren sehr schön gezeichnet. Die Erzählstimme funktioniert. Psychologisch erscheint mir der Text stimmig. Zudem kritisiere ich technische Lösungen, die in fast jedem Text vorkommen: Ereignisse, die beim Erzähler Assoziationen hervorrufen und ihn Rückblenden erzählen lassen, ihn dazu anregen, mehr zu erzählen, den Leser tiefer eintauchen zu lassen. Machen wir alle. Vielleicht rede ich auch wieder mal mehr von dem, was mich selbst beschäftigt, als über den Text. Dennoch: Vielleicht könntest du die Narbe, die Eisbergsache, den Kinderwagen noch etwas nach hinten schieben, die Sache noch etwas stärker an der Oberfläche brodeln lassen und dir etwas mehr Zeit nehmen, den Leser in die Tiefe zu führen, den Hintergrund langsamer aufzudecken. Ja, das ist es wohl: Mir kam diese Kinderwagengeschichte einfach zu schnell. Ich lese das Wort und weiss schon fast alles, ja eigentlich schon bei der Kombo: Bauch/Narbe. (Und nein, ich hatte die Vorlage vorher nicht gelesen). Das war es, das mich gestört hat, glaube ich.

Falls du hingegen gar nie die Absicht hattest, den Text so aufzuziehen, wie ich das jetzt dargestellt habe, du gar kein Aufdecken von Hintergründen intendiert hast, sondern diese zweite Schicht, das verlorene Kind, von Anfang an mitschwingen lassen wolltest, dann frage ich mich, was genau der Fokus des Textes ist. Wie Achim mit der Situation umgeht? Womöglich. Dann aber braucht der Text eher lange, bis die Sachen ausgelegt und die Situation dargestellt ist. Wenn Achims Entwicklung hin zur Selbsterkenntnis dargestellt sein sollte, dann käme dies eher zu kurz. Die Wendung am Ende wird ja nicht ausgearbeitet, eher angedeutet, wirkt eher wie eine Pointe des Textes, nicht als dessen Fokus. Insgesamt weiss ich nicht so recht, was genau der Text mir erzählen will, auch wenn so vieles an ihm mich wirklich überzeugt, die Figurencharakterisierung, gelungene Bilder und gelungene Sätze wie der hier:

Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Liebe Leute,
auf diesem Wege erst mal ein ganz großes Dankeschön an alle. Fürs Lesen und Gedanken machen, fürs Anregen und Grummeln und Loben und Rauspicken.
Ich freu mich über die Korrekturen, ich freu mich über die Gedanken zum Text und ich freu mich darüber, ins Schleudern gebracht zu werden.
Ich hab alles gelesen und bin hocherfreut, mehr noch, gerührt und ganz verdammt gespannt, das alles richtig zu begreifen.
Die ersten Rechtschreiberlis sind eh schon korrigiert. Aber genauer und ausführlich und individuell antworten, das braucht noch ein bisschen. Ich hab nicht so viel Zeit momentan, am WE bin ich gar weg. also - es dauert noch ein bisschen.
Vielen lieben Dank euch allen.
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Novak,


ich gehe gleich mal (kleinlich) in den Text:


Manche Nächte sirren in einem Ton, der sich tief in den Verstand gräbt.
Das liest sich schön, ja, aber ich bekomme diesen Ton im Kontext leider nicht zu hören. Auch nicht im übertragenem Sinn. Der schöne erster Satz steht für mich irgendwie recht isoliert im Raum, finde ich.

Fremd sieht sie aus – und schön, wie eine von Firnis überzogene Maske.
Ich lese hier, dass sie so schön aussehe wie eine Maske. So: Ey, guck mal, die Frau sieht aus wie 'ne Maske :). Finde ich unpräzise - du wolltest den Bezug doch zum zuvor erwähnten Gesicht, denke ich. Und, ehrlich, ein mit Firnis überzogenes Maskengesicht stelle ich mir eher etwas unheimlich, denn schön vor.

... doch kurz bevor ich die kleine, tiefe Falte zwischen ihren Augen berühre, ziehe ich die Hand zurück.
Ja, ist kleinlich (tief hast du schon im ersten Satz), aber ich würde es ersetzen oder rauswerfen (beide Adjektive sogar :)).

Leise stehle ich mich hinaus und fürchte, dass Carla im Schlaf spricht. Und mehr noch davor, dass ich verstehe, was sie sagt.

Im Bad hängt noch mein Faschingskostüm. Eigentlich wollte ich im Bademantel zum Ball gehen, ein Handtuch über der Schulter, aber Carla sagte, das verstehe keiner. Also wählte ich das alte, karierte Flanellnachthemd. Hauptsache, kein Pilot oder Pirat ...

Ich bin mir nicht sicher, ob das grammatikalisch so hinhaut. Ich lese (oben): Ich fürchte ... mehr noch davor. Hm.
Ich verstehe (unten) auch nicht, was es zu verstehen bzw. nicht zu verstehen gibt. Aber gut.

Vorschlag: Leise stehle ich mich hinaus und fürchte, dass Carla im Schlaf spricht. Mehr noch, dass ich verstehe, was sie sagt.

Im Bad hängt mein Faschingskostüm. Eigentlich wollte ich im Bademantel zum Ball (gehen), ein Handtuch über der(den) Schulter(n), aber Carla meinte, das kapiere niemand. Also wählte ich das alte, karierte Flanellnachthemd. Hauptsache, kein Pilot oder Pirat ...

Ich schneide Obstsalat, verquirle Rührei, hacke Lauchzwiebeln.
Obstsalat kann man nicht schneiden. Also, kann man natürlich schon, aber ... na ja, du weißt schon.
Das mit den Eiern ist irgendwie doppeltgemoppelt (Rührei deswegen, da es ja schon, ja ...).
Und zuletzt die Lauchzwiebeln, die du kurz darauf doppelst. Einmal Lauch weniger, dann hätte ich das nicht erwähnt.

Ein scharfer Schmerz reißt mich aus den Gedanken. Nur ein kleiner Schnitt.
Offtopic jetzt: Krass, als hättest du eine Schublade geöffnet und in meiner neuen Geschichte gelesen :D.

Grad richtig ... Bissel weiß bist du halt nach der Tanzerei. Aber sonst. Geht doch ... Bin hungrig ...
Das ist die erste wörtliche Rede von ihm, und klar, du willst ihn hier begründeterweise einsilbig halten, aber das ist schon sehr einsilbig, wirkt schon etwas grenzdebil. Ich würde mir da etwas mehr Fleisch auf den Rippen wünschen. Sonst wundert mich schon deswegen überhaupt nicht mehr, dass sie mit Frank rummacht.

... umschließt die Tasse mit beiden Händen, formt eine Halbkugel, ganz fest, ganz eng ...
Ich kann nerven, ich weiß, aber wolltest du den Bezug so? Sollte das Feste und Enge nicht eher das Umschließen näher erläutern?

Dann führt sie die Handtassenkugel zum Mund und schlürft.
Ich weiß, Novak, du machst das gerne, und du kannst das auch wirklich gut, aber so denkt und erzählt kein Mann. Never ever - behaupte ich jetzt einfach mal.

Dort gäbe es wenigstens keine Kinderwägen.
Kinderwagen; weiter unten auch.

Aber ich habe mich für dich gefreut, als du schwanger warst. Für uns. Das ist doch was.
Würde ich unbedingt streichen. Das wirkt so plump.

Ich dachte erst, was für ein schönes, verliebtes Paar, und sie passen so gut zusammen, der Pirat und die Frau mit dem Tüllhütchen. Erst, als sie sich küssten, erkannte ich die vertraute Neigung ihres Kopfes
Finde ich unglaubwürdig.

„Deine Frau?“[K] sagte sie.
Komma

Vielleicht saß Babs jetzt dort im Nixenkostüm und wartete auf ihren Frank. Ich hoffte nur, sie ging ihn nicht suchen.
Babs erwähnst du genau ein mal. So, als wenn du sie unbedingt erwähnen müsstest, wegen der Vorlage. Ich würde sie weglassen.
Und, wieso hoffte er das? Wäre doch nachvollziehbarer, wenn er sich das Gegenteil wünschte, oder? Welchen Grund hat er denn, Frank zu verzeihen, zu schonen, zu schützen? Ich finde das nicht angelegt im Text.

Ich griff in ihren Nacken und küsste sie, hart, biss in ihre Lippen, dass sie aufschrie ...
Ist nichts falsch dran, aber beinahe jedes mal, wenn ich diesen Satz lese, lese ich ihn derart: ... und küsste sie hart bis in ihre Lippen ...

... ein süßes Straßenmädchen mit grellem Makeup ...
Make-up

Ich kehrte zurück in den Saal. Im letzten Winter hätte unser Kind kommen sollen. Ich kannte den Blick, den Carla dem Piraten geschenkt hatte. Ich kannte ihn von jenem Abend im Juni. Sie hatte Sekt gekauft und mir ein Glas eingegossen. In ihrer Hand hielt sie ein Ultraschallbild. „Siehst du“, sagte sie und wies mit dem Finger auf eine Stelle. Ich sah nur einen Punkt. Aber Carlas Augen strahlten, wie wenn ein Licht in ihrem Inneren leuchtete. Als das Kind starb, erlosch der Blick und Carla versank. Wir gingen nicht mehr die Fuhrstraße zum Markt, sondern den Dammweg, weil dort weniger Kinderwägen waren, ich lernte kochen und Carla schweigen. Ich lernte, das Wort „Kind“ zu meiden und ich lernte, dass das falsch war. Jetzt war der Blick wieder da. Herzensprojekt hatte sie ihr Baby genannt.
Sie schaut Frank an, als wenn sie ihm verkünden würde, ein Kind wachse in ihr heran? Ne, oder?
Der ganze Abschnitt in Folge wirkt so nach Infodump auf die Schnelle, finde ich. Der ist auch sprachlich nicht sehr schön. Hier zum Beispiel.
Würde ich überdenken und noch mal schauen, was und wie du das schöner lösen könntest.

Ich lernte, das Wort „Kind“ zu meiden[Komma] und ich lernte, dass das falsch war. Jetzt war der Blick wieder da.
Unelegant, würde ich mir noch mal ansehen, Novak.

„Aha“, antwortet sie. Sie wendet sich ab und schaut hinaus.
Das sind so ungewohnte Dinge bei dir, finde ich.
Vielleicht: „Aha“, antwortet sie, wendet sich ab und schaut *hinaus.
*Würde ich übrigens näher präzisieren.

Die den Verlust zelebriert wie einen Gottesdienst und will, dass der Mann der Messdiener ist?
Was du mir hauptsächlich gezeigt hast, ist, dass sie mit Frank rumgemacht hat, und keinen zelebrierten Gottesdienst.

„Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.
Der Schlusssatz ist toll. Der gibt dem Ganzen diese bestimmte Wendung, der gibt mir eigentlich erst den tieferen Einblick in Achim.


Ich finde die Idee gut, aus Achims Perspektive zu copywriten, ja, aber so richtig warm wurde ich nicht mit deinem Text. Ich finde den Erzähler, Achim inkonsistent. Was und wie er denkt, finde ich teilweise nicht geschlechterspezifisch genug (klar, mag ein Vorurteil sein), zudem hat er Gedanken wie "Manche Nächte sirren in einem Ton", "wie eine von Firnis überzogene Maske", "Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost", und er sagt den letzten Satz, der ihn sehr verletzlich und sensibel wirken lässt. Und auf der anderen Seite wirkt, spricht und verhält er sich, ja, dumpf irgendwie, geistlos und plump. Ich finde die Figur einfach widersprüchlich. Falls du ihn so angelegt haben solltest, fehlt mir ein Bindeglied, das mir Achim nachvollziehbarer machen, mir die Zerrissenheit näherbringen könnte - was mir die Figur glaubhafter erscheinen ließe. Vielleicht ist der Text auch zu kurz, ich weiß nicht. Ach, keine Ahnung, ob du verstehst, was ich meine.
Ich hatte phasenweise das Gefühl, dass du unter großem Zeitdruck oder so geschrieben hättest, da sind einige holprige Stellen im Text, wie ich finde, manches wirkt ungelenk, unelegant, was ungewöhnlich für dich ist.

Ich bin gespannt ob und wo du an deiner Geschichte feilen wirst.

Versteht sich von selbst, dass auch in dieser Geschichte deine schreiberischen Fähigkeiten klar erkennbar sind. Gemessen an der hohen Qualität, die deine Texte normalerweise haben, setze ich natürlich auch die Maßstäbe anders an. Das will ich natürlich unbedingt noch loswerden :).


Danke fürs Hochladen


hell

 

Hallo Novak,

das wird jetzt ein sehr wohlwollender Kommentar. Ich hab die Geschichte gern gelesen. Das ist aber auch was. Richtig "schwere" Themen, die du anschneidest und trotzdem hast du sie sehr leicht und mit schönen Bildern verpackt.
Ich hab die Geschichte ungefähr so gelesen: Häkchen, Häkchen, Häkchen, Dicke-Eier mag ich nicht, Häkchen, Häkchen, Häkchen, was?, Kaleo kommt doch nicht aus Island!, Häkchen, Wägen?, guck ich gleich mal bei Duden nach, und dann bis zum Ende durchgehend weitergehende Häkchen.

Wie du siehst, hab ich also nicht viel zu meckern. Kaleo kommt ja tatsächlich aus Island. Wägen ist, denke ich, falsch. Und den Ausdruck "Dicke-Eier" mag ich in dieser Geschichte zumindest nicht.

Die Tanzszene hat mir am besten gefallen. Dann auch noch mit zwei Frauen:). Eieiei, aber halt jedes Mal nachvollziehbar und unterhaltsam umgesetzt.

P.S. Die Ursprungsgeschichte hab ich nicht gelesen. Fyi.

Eine sehr sehr schöne Geschichte!

 

Liebe Novak,

hört sich jetzt vielleicht strange an, aber ich finde, der Text könnte gewinnen, wenn er in einer auktorialen Perspektive geschrieben wäre. Dann würde man nicht über Wörter wie „Firnis“ stolpern, sich fragen, ob der wirklich denkt, wie du es beschreibst. In der Ich-Perspektive wirkt er wie ein Intellektueller auf Sinnsuche. Die Vorlage ist ja aus ihrer Sicht geschrieben, hat starke Bilder, zeigt, wodurch das Abenteuer mit Frank entstand, was sie zu ihm zog. Warum er sie bei der Küsserei beobachtet und nichts unternimmt, sie in Ruhe lässt, bleibt ein Rätsel. Auch warum er mit den beiden Mädels nichts anfängt, oder mit einer von ihnen, seine Lethargie, weist auf einen unsicheren, in sich gekehrten Mann hin, der sich für kaum etwas interessiert und sich in seiner Innenschau selbst bemitleidet.

Sprachlich beherrscht du das Handwerk, könntest vielleicht besser auf den Rhythmus achten, die Wogenbewegung der Gedanken, dieses Auf und Ab nachahmen, gerade wenn sich die Emotionen hochpeitschen.

Textstellen:

doch kurz bevor ich die kleine, tiefe Falte zwischen ihren Augen berühre, ziehe ich die Hand zurück.
hier würde auch ein Adjektiv genügen: klein oder tief

Wie kommt es, dass Musiktexte immer zu der Lebensphase passen, in der man gerade steckt?
er versteckt sich hinter den Musiktiteln, das zieht sich durch den Text. Aber warum musst du das erklären, traut die Erzählerin dem nicht, was sie zeigt?

formt eine Halbkugel, ganz fest, ganz eng, als wäre die Tasse die einzige Wärmequelle in der Kälte. Dann führt sie die Handtassenkugel
schönes Bild. Handtassenkugel werde ich mir merken. :Pfeif:

Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.
das ist sehr schön, besonders das Frosttrinken, aber auch ein Beispiel für den intellektuellen Ton.

ich lernte kochen und Carla schweigen.
schöne Verbindung.:Pfeif:

Die den Verlust zelebriert wie einen Gottesdienst und will, dass der Mann der Messdiener ist? Er macht sich zum Affen. Zu einem riesigen, unbeholfenen Affen.
gut beschrieben, aber auch hier ist die Adjektivdopplung unnötig.

„Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.
gutes Ende

viele Grüße und ich hoffe, du bist mittlerweile den Unbilden der Natur entronnen oder wenigstens im Warmen
Isegrims

 

So, wieder zuhause, Gottseidank. In Frankfurt gibts keine Natur, also bin ich ihr auch entronnen. :D
Erst mal auch einen lieben Dank an die nachfolgenden Kommentatoren hell kayoschi und Isegrims für eure Gedanken. Das hat mir sehr geholfen.


Schon mal so viel: Der Text ist korrigiert bis einschließlich der Korrekturhinweise vom strengen hell. :) Kleinlich wärst du, hast du gemeint. Nein, kleinlich würde ich deine Hinweise nicht nennen, genau vielleicht, und saugut. Und manches sehe ich natürlich anders. Aber mit sehr vielem hattest du einfach recht.
Die Hinweise von dir, Isegrims, habe ich noch nicht genau genug gelesen, vielleicht folgt da auch noch was.

Eine Sache wollte ich aber noch schnell loswerden. Der Hinweis von dir, Peeperkorn, hat mich nicht mehr losgelassen.

Falls du hingegen gar nie die Absicht hattest, den Text so aufzuziehen, wie ich das jetzt dargestellt habe, du gar kein Aufdecken von Hintergründen intendiert hast, sondern diese zweite Schicht, das verlorene Kind, von Anfang an mitschwingen lassen wolltest, dann frage ich mich, was genau der Fokus des Textes ist. Wie Achim mit der Situation umgeht? Womöglich. Dann aber braucht der Text eher lange, bis die Sachen ausgelegt und die Situation dargestellt ist. Wenn Achims Entwicklung hin zur Selbsterkenntnis dargestellt sein sollte, dann käme dies eher zu kurz. Die Wendung am Ende wird ja nicht ausgearbeitet, eher angedeutet, wirkt eher wie eine Pointe des Textes, nicht als dessen Fokus.
Da hab ich mich selbst fragen müssen, was für mich eigentlich der Schwerpunkt war. Das zu wissen und festzulegen, ist sonst immer ein Hauptpunkt für mich, hier hab ich es irgendwie nicht so richtig gemacht. Mir war halt wichtig: Perspektive von Joachim. Und: Ohje, Copywrite, was macht man denn da um Himmels Willen. Da ist mir der rote Faden abhanden gekommen. Oder die Prämisse oder was immer.
Schon beim Schreiben hatte ich ein paar Ruckler gespürt, weil ich gegen Ende gemerkt hab, ich telle recht kräftig.
Und auch die Hinweise von dir, barnhelm
Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt. Vielleicht ist es dieses durchgängige erzählende Präteritum, das diesen inneren Monolog irgendwie zum Erklärblock für einen imaginären Hörer oder Leser macht. Auf mich wirkt dieser Absatz in dieser Form und in diesem Zusammenhang etwas unecht und hölzern. Das sind nicht seine Gedanken, das ist ein Bericht über das Vorangegangene.
oder dir, hell,
Was du mir hauptsächlich gezeigt hast, ist, dass sie mit Frank rumgemacht hat, und keinen zelebrierten Gottesdienst.
gehen in eine ähnliche Richtung wie der Hinweis von Peeperkorn. Und ergänzen die Nachfrage von peeperkorn.

Ich fürchte, ich hab mir den Schwerpunkt hier in diesem Text gar nicht so ganz klargemacht. Aufzudecken, dass hinter der Faschingsgeschichte mehr steckt, und dass sozusagen das verlorene Baby zwischen den beiden steht, das war nicht der Punkt, das wollte ich tatsächlich von vorneherein mitschwingen lassen. Möglicherweise habe ich es aber auch damit zu sehr übertrieben, aus lauter Furcht, man könnte das als Leser nicht realisieren, worum es geht, denn ich kann ja nicht voraussetzen, dass alle Leser die Originalgeschichte kennen. Worum es mir, das merke ich aber erst jetzt so richtig, tatsächlich ging, war, seine Kehrtwende zu zeigen, den Moment, wo er ausbricht aus dem bisherigen Trott. Also den Weg seiner Selbsterkenntnis. Und das ist tatsächlich sehr kurz geraten. Das raffe ich aber erst jetzt. Den Weg dieser Erkenntnis oder diese Wandlung hab ich wohl weniger gezeigt als durch die getellten Passagen ersetzt.
Ich weiß jetzt im Moment grad selbst nicht, wie ich das am besten löse. Oder ob ich den Schwerpunkt verschiebe. Ich wollte nur schon mal anmerken, da ist was angekommen.
Ob ich das besser hinkriege, Isegrims, wenn ich eine auktoriale Perspektive wähle, ich weiß das grad nicht. Es wäre reizvoll, das zu probieren. Aber wie gesagt, ob es des Rätsels Lösung wäre, keine Ahnung.
Ich muss einfach bisschen dran rumwienern und nachdenken und mich dran abarbeiten.

Soviel schon mal.
Einzelne Antworten folgen noch.
Viele liebe Grüße
Novak

 

So - für die, die es interessiert. Jetzt habe ich auch inhaltlich überarbeitet und um zwei oder drei kurze Szenen ergänzt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak

So - für die, die es interessiert. Jetzt habe ich auch inhaltlich überarbeitet und um zwei oder drei kurze Szenen ergänzt.

Mich interessiert das! Und die Szenen tun der Geschichte für mein Empfinden gut. Sie verleihen ihr Struktur und einen Schwerpunkt. Ja, schönes Thema :D. Muss ich ja sagen, habe mich schließlich selbst daran "abgearbeitet". Und dann vergleicht man innerlich, schaut, wie jemand anderes es anpackt. Ich habe es damals nicht geschafft, es in eine KG zu packen, und wenn ich deine Geschichte so lese, also für mich hast Du hier gute Szenen gefunden, die das Drama dem Leser näher bringen.

Leise stehle ich mich hinaus und fürchte, dass Carla im Schlaf spricht. Und mehr noch fürchte ich zu verstehen, was sie sagt.

Ich liebe diese zwei Sätze!

Als ich Geräusche aus dem Bad höre, stecke ich eine Kerze an. Ja, es soll weitergehen. So ein Leben gibt man doch nicht einfach auf. Und schon gar nicht wegen eines kleinen Faschingsflirts.

Schöne Entwicklung, die sich im Verlauf der Geschichte vollzieht.

Dann führt sie die Handtassenkugel zum Mund und schlürft.

Was für ein schönes Wort.

„Hast du toll gemacht gestern Abend“, sage ich. „Einfach mal ausgehen nach der schweren Zeit. Die Hürde nehmen. Und Zack.“ Ich bemerke erst jetzt, dass das Messer wieder in meiner Hand liegt und ich zum Takt meiner Worte auf das Schneidbrett hacke. Es rutscht mir aus der Hand und fällt hinunter.
Carla schaut herüber, rollt mit den Augen und schlürft erneut von ihrem Kaffee.
„Doch, ich finde schon, das war …“ Wieder ist etwas falsch mit meiner Stimme, zu schnell, zu langsam, zu nervös, zu sicher, als hätte ich vergessen, wie man gut und richtig spricht.

Das ist wirklich ein dämlicher Spruch, den er da zu Beginn ablässt. Aber genau solche dämlichen Sachen sagt man eben in solchen Situationen. Ich mag übrigens, wie Du seine Unsicherheit an den Tisch bringst, seine Zweifel, Hoffnungen, seine Verletztheit, seine Angst, kurz, seine Zerissenheit der ganzen Situation wegen.

Dann drehte ich mich weg, endgültig, und hastete davon, mein dämliches Kostüm hochgerafft über die Waden, um nicht zu stolpern. Ein Trottel im Flanellnachthemd.

Mein Lieblingsbild in der ganzen Geschichte.

Ich war ein Baum, ich war Äste, ich trank Frost.

Lass Dir das Bild von niemanden ausreden! So ein verdammt schöne Perle.

Nur drei Straßen weiter war es, im Sabrosa. Carla lästerte normalerweise über meinen Hang zu gutem Essen und Feinschmeckerlokalen.

Den Übergang finde ich nicht so gelungen. PQ wäre an dieser Stelle wahrscheinlich auch angebracht. Zumindestens würde es auf die zeitliche Einordnung hinweisen.

„Ich freue mich“, sagte ich.
„Jetzt freu dich doch mal richtig.“
„Aber das tu ich doch.“
Sie hob ihr Glas. „Jetzt sind wir endlich ganz.“
„Aber wir sind doch schon ganz.“

Diese fünf kurzen Zeilen erzählen eigentlich schon die ganze Geschichte. So dicht, so kurz, und mit einem Subtext, der einen ganzen Roman füllen könnte. Wirklich groß!

Aber Carlas Augen strahlten.
„Jetzt haben wir endlich eine Zukunft.“

Das ist ja auch total traurig irgendwie. Ist ja ganz nett so mit dir, aber ohne Kinder sind wir nur halb, wir brauchen ein Kind, sonst taugt das alles mit uns nix. Ist jetzt bisschen übertrieben formuliert, aber im Prinzip steht das so da. Fühlt sich sicher nicht wie eine Liebeserklärung an.

„Alles weg“, sagte sie.
„Ja“, antwortete ich und wusste nicht weiter.

Wer weiß das schon in dieser Situation. Das trifft es so gut.

Irgendwann kam der Herbst. Und ein Frühjahr und wieder ein Herbst.

Mag ich in der Formulierung nicht unbedingt. Aber Geschmackssache.
Irgendwann kam der Herbst, das Frühjahr und wieder ein Herbst.

„Ich soll nicht so sein? Wie soll ich denn sein? Wie soll man sein, wenn einem ein Kind aus dem Leib geschnitten wird?“
Hilflosigkeit überkam mich. Wie eine schwere Welle. Was sollte man darauf antworten? Dass ich das auch nicht wusste? Dass es keine richtige Antwort gab?

Das ist auch so ein Ding. Diese Hilflosigkeit in der man gefangen ist, und die letztendlich den Blick vernebelt. Zumindest seinen. Er sich ungenügend fühlt, er all die Schuld für die Situation, in der die beide gefangen sind, auf sich nimmt, sie gar nicht erst in Frage stellt. Gesellschaftlich, moralisch vorgegeben. Und jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, da macht dieses Fremdgehen auch auf einmal so viel Sinn. Es verändert die Blickrichtung. Auf einmal darf er ihr wieder Schuld zuschreiben.
Beim ersten Lesedurchlauf habe ich mich gefragt, warum sie da fremdgeht, was ihre Motivation ist, ab davon, dass die Vorlage es vorgibt, aber hier in deiner Geschichte, unabhängig der Vorlage? Und wo ich jetzt alles so aufdrödel, ja, klar, die beiden haben lange was angestaut, der Ausbruch muss irgendwann erfolgen, die müssen sich irgendwann entladen. Und Carla in diesem Fall zuerst.

Ich stehe auf und schalte den Player aus. Draußen beginnt es wieder zu schneien. Schwere Flocken, die den Pfad zur Straße zudecken. „Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.

Ein sehr viel besseres Ende, das neue. Ich habe mich in der ersten Version schon gefragt, wieso er es nicht wissen sollte. Ich denke, auch Carla kennt die seine. Aber die Frage zielt gar nicht wirklich darauf. Es ist eher die Frage: Was siehst du dahinter? Weißt du, wie es dahinter aussieht?

Ich finde, du hast durch die Szenen das Ruder gut übernommen. Es überhaupt erst in die Hand genommen. Und für mich fährt diese Geschichte einen ziemlich geraden Kurs auf einem echt traurigen Gewässer. Vielleicht bin ich thematisch zu befangen, kann gar nicht objektiv an den Text gehen, aber ich mag diese Geschichte sehr, sehr gern.

Beste Grüße, Fliege

 

Hallo Novak,

ich hab gerade deine aktuelle Fassung gelesen. Du hast das sehr ausgebaut, mit dem Verlust des Kindes. Wobei ich mich jetzt schon wieder frage, ob es nicht vielleicht gut war so, wie es gekommen ist. Ob die beiden es denn MIT Kind geschafft hätten?!

Egal, ich mag das, die Verunsicherung deines Protagonisten und wie er dann zusammenpuzzelt und begreift.

Wieder ist etwas falsch mit meiner Stimme, zu schnell, zu langsam, zu nervös, zu sicher, als hätte ich vergessen, wie man gut und richtig spricht.

Hier frag ich mich, ob das 'gut und' weg könnte. An Adjektiven ist ja kein Mangel in diesem Satz und so vom Gefühl her würd mir 'wie man richtig spricht' genügen.

Ich habe sie gesehen gestern Abend auf dem verdammten Maskenball.

Hier nun muss ich an die Diskussion über die Funktion des Punktes denken, um den Lesefluss ins Stocken zu bringen, um Rhythmus zu erzeugen. Vielleicht auch erst ein Punkt, dann ein Komma:
'Ich habe sie gesehen. Gestern abend, auf dem verdammten Maskenball.'
Diese Verunsicherung von Joachim, für mich würde es helfen, da mal zwischendurch Luft holen zu können.

Erst, als sie sich küssten, erkannte ich die vertraute Neigung ihres Kopfes.

Ja, ich hab hier auch Probleme mit der Glaubwürdigkeit, dass er sie nicht sofort erkennt.

Hilflosigkeit überkam mich.

Ich bin weiß Gott nicht die Hohepriesterin des Show, don't tell, aber das hier ist Tell, gell? - von Hessin zu Hessin gesprochen und gereimt ... :D

„Du sagst doch immer, du kannst keine Frauen mit Kinderwagen sehen. Der Dammweg ist eng.“

Und das ist schon brutal, dass er ihr das so direkt sagt! In der alten Fassung fand ich es megasympathisch, dass er mit ihr einen anderen Weg gehen wollte. Aber jetzt, ihr das so zu sagen?? Boah, ist schon fies! Willst du das so, ist das Absicht?

Und dann weiß ich es. Was wird aus einem Mann, dessen Frau nur glücklich sein kann, wenn sie ein Kind hat? Die den Verlust zelebriert wie einen Gottesdienst und will, dass der Mann der Messdiener ist? Er macht sich zum Affen. Zu einem riesigen, unbeholfenen Affen.
Ich stehe auf und schalte den Player aus. Draußen beginnt es wieder zu schneien. Schwere Flocken, die den Pfad zur Straße zudecken.

Ich trau es mich fast nicht, zu fragen, aber brauchst du denn dringend die beiden Sätze mit dem Affen? Ich finde die Bilder davor so unglaublich stark, so großartig: den Gottesdienst, den Messdiener. Für mich wird das durch den Affen gleich wieder plattgetrampelt. Das ist dann der Bilder-Overkill. Ich hab das doch in der ganzen Geschichte schon erlebt, das hast du mir doch gezeigt, wie Joachim sich zum trotteligen Affen macht, wie hilflos er ist, so dass ich ihn am liebsten in dem Arm nehmen möchte.
Wieder mal typisch, aber ich mag diese religiösen Bilder. Denn so ist es doch: Wir können planen und planen, wie wir wollen, aber ob ein Kind kommt, das lässt sich nicht erzwingen, das steht nicht immer in unserer Macht. Mir würde es besser gefallen, die Fragen nicht zu beantworten. Na ja, du bist viel erfahrerer als ich, du wirst dir was dabei gedacht haben dabei, aber ich empfinde es so, weniger ist mehr. Außerdem ist das wieder Tell ...

„Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.

Wenn wir jetzt noch einen Thread für den letzten besten Satz hätten, das wär für mich ein Kandidat. Ich find den so rührend!

LG, Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Speedy wieselmaus,
aufregend war das. War immerhin mein erstes Mal Copywrite. Und ich muss sagen, ich fand das nicht einfach. Irgendwie hatte ich Schiss, dass der Text vielleicht zu nah an der Vorlage sein könnte. Aus den Vorgaben werde ich übrigens immer noch nicht so ganz schlau. Aber naja. Und deine Kritik an mancher Art des Copywritens, wieselmaus, ohne näher drauf eingehen zu wollen, hat ja auch ihre Spuren bei mir hinterlassen. Also ich hatte echt Schiss, dass Peregrina es doof findet, wenn ihre Carla nun weniger sympathisch ist als im Originaltext. Und dass auch du das vielleicht zu krass finden könntest, wie ich die Frau hier zeichne. Umso froher war ich dann, dass ich Gnade vor deinen gestrengen Wieselaugen (ganz nett gemeint) gefunden habe.
Ich habe den Text nun abgeändert, hast du vielleicht schon gesehen, ein paar Szenen eingebaut. Ich weiß nicht, ob mir das gelungen ist, aber jedenfalls haben mir einige Hinweise einfach eingeleuchtet und ich wollte die Wandlung von Achim einfach verdeutlichen. Ich hoffe sehr, dir gefällt die Geschichte immer noch, auch wenn ich ein paar Sachen gestrichen habe, die dir gefielen. Wie zum Beispiel das Gegensatzpaar, das mir übrigens auch saugut gefiel. So eine Art Liebling. Hat bissel weh getan, das zu streichen.

meine Güte, zweimal dieselbe Idee (Novak und Bas) und zweimal doch ganz unterschiedlich.
Keine Ahnung, ich hab Bas Text noch nicht mal gelesen. Aber da komm ich jetzt endlich dazu. Bin schon gespannt.

Du gehst sehr souverän mit dem Perspektivenwechsel um, hältst dich an die Vorlage und kreierst doch was Neues. Endlich erfahre ich, was hinter dem blassen, hilflosen Ehemann Carlas für eine Person steckt.
Ich freue mich sehr. Als ich Pergrinas Geschichte las, war es genau das, was mich total interessiert hat: wie könnte die Perspektive dieses Mannes aussehen. Irgendwie hatte ich wohl schon beim Lesen des Originaltextes ein gewisses Mitleid oder auch Interesse mit und an ihm. Ich wollte ihn ein bisschen so lassen, wie Peregrina ihn gezeigt hat, also so unbeholfen, aber eben auch zeigen, dass hinter der Tapsigkeit und Ignoranz noch eine weitere Schicht stecken könnte. Und das kann man wohl nur, wenn man in die Ichperspektive reinschlüpft. Bei dir ist mir das geglückt.

Bis ihn (endlich) die Erkenntnis erreicht

Und dann weiß ich es. Was wird aus einem Mann, dessen Frau nur glücklich werden kann, wenn sie ein Kind hat? ... Er macht sich zu einem Affen. Zu einem riesigen, unbeholfenen Affen.

Eine harte Selbsteinschätzung, aber in dieser Ehekonstellation höchst zutreffend.

Da war ich mir sehr, sehr unsicher. Eigentlich war ich (für mich) schon dazu entschlossen, diese Stelle wieder zu streichen, weil zu sehr behauptend, zu sehr zusammengefasst und getellt. Irgendwie so ein komisches Gefühl. Aber mein Freund, dem ich die Geschichte vorlas, hat mich überredet, sie drin zu lassen. Und jetzt kommst du auch noch. :D Also jetzt seid ihr schon zwei. Und ich lass sie mal stehen. Es gibt zwar Leute, die die Stelle kritisieren als zu sehr getellt, oder zumindest teilweise, aber noch bin ich hartnäckig. Und warte einfach ab, was es mir weiter sagt. Und irgendwann, so handhabe ich das einfach gerne, ist so eine Geschichte auch mal abgeschlossen.


"Kennst du denn meine Augenfarbe?", frage ich.


Diesen letzten Satz interpretiere ich als ersten (oder doch letzten?) Versuch, an dieser Konstellation etwas zu verändern. Ob er eine Chance hat?

Ganz genau so war es gemeint. Dieses Ende lebt natürlich sehr von Peregrinas tollem Ende, ist total von ihr inspiriert und doch der Spieß umgedreht, wenn man so will. Und ja, das ist dann was, was total Spaß machen kann.
Liebe Wieselmaus, ich danke dir sehr für deinen wohlwollenden Kommentar. Du hast eine ernsthafte, aber auch sehr sachliche Art. Das schätze ich sehr an dir.
Ich danke dir auch für das Nennen der Bilder, die dir gefallen haben. Sowas ist mir immer sauwichtig, weißt du ja auch, man neigt dazu, vor lauter Selbstkritik schnell mal was wegzustreichen – da ist es einfach wichtig, wenn man auch andere Stimmen hört. Damit meine ich vor allem die Stelle, wo Achim vor dem Ballhaus steht und die Arme ausbreitet. deine Einschätzung der Gegensatzpaare, die ich persönlich sehr sehr mochte. Das sind leider auch die, die jetzt meinen eingenauten Szenen zum Opfer gefallen sind. Trotzdem finde ich sie nach wie vor sehr schön. Und ich denke auch, es ist sehr richtig, auch mal auf diese Weise zu tellen. Warum eigentlich nicht. Hier fand ich es im Nachhinein aber wichtig, dass ich die Gegensätze aber bildlich mache.
Machs gut und wir "sehen" uns dann spätestens bei deinem Copytext, über den ich jetzt mehrfach schon schmunzeln musste.
Bis bald
Novak


Lieber Eisenmann,
und noch so ein wohlwollender, freundlicher Kommentar. Eisenmann, der hat sich total gut angefühlt.
Ich hab mich sehr gefreut, dass dir der Titel aufgefallen ist. Ich find den selbst sehr gut. Ich habs nicht so mit den langen Satztiteln, ist halt Geschmackssache, bei mir muss das eher knapp, aber dafür aussagekräftig sein. Und da hab ich mich einfach gefreut, dass dir der metaphorische Bezug aufgefallen ist.


Die Charaktere sind ebenfalls sehr gefühlvoll und ausgesprochen authentisch. Natürlich habe ich mir so meine Gedanken gemacht - und ich fürchte, dass die fremdknutschende Ehefrau dabei nicht allzu besonders gut bei wegkommt. Natürlich ist der Verlust des Kindes furchtbar. Insbesondere, da ein Kind ja scheinbar der einzige und ausschließliche Zweck ihrer Beziehung war!
Das fand ich irre, dass du das auch aus der kürzeren Fassung so deutlich herausgelesen hast. Bei dir hat das funktioniert. Ich hoffe, dir gefällt die Geschichte immer noch, ich habe sie ein wenig erweitert um ein paar Szenen. Der Grund war, dass ich die Wandlung von Achim deutlicher machen wollte. Ich hoffe sehr sehr sehr, sie gefällt dir immer noch und du bist jetzt nicht enttäuscht. Gestern morgen um fünf Uhr früh bin ich aufgestanden, hab Kaffee gekocht und die Szenen geschreiben, Übergänge hingewurstelt, und eben erweitert. Es hatte mich einfach nicht mehr losgelassen. Wie gesagt, ich hoffe, es gefällt dir trotzdem noch.
Das gibt ihr und ihrem Verhalten jedoch weder eine Rechtfertigung, noch besonders viel Sympathie. Jedenfalls nicht bei mir! Denn offenbar war oder ist ihre Trauer und Verzweiflung ja doch nicht groß genug, um so heftig und emotional tiefgehend mit Frank rumzuknutschen! Wäre ich ein böser Mann, würde ich darin nicht die verzweifelte und irrationale Augenblickstat oder einen „harmlosen Flirt“ sehen, sondern ein herzlos egoistisches Verhalten einer moralisch verkommenen Person.
Ja, sie kommt in meiner Geschichte nicht allzu gut weg. Das ist einfach der anderen Perspektive geschuldet. Ich hoffe, durch die neu eingesetzten Kurzszenen merkt man aber auch, dass es in dieser Beziehung auch vorher schon nicht gestimmt hat. Und manchmal ist so eine Verliebtheit, das scheinbar Verkommene (aber klar, das gibt es natürlich auch) nichts weiter als ein sehr unglücklicher und verzweifelter und schädlicher Ausbruch bei Menschen, die sich und ihr Leben und das, was sie von anderen wollen, nicht in beziehung setzen und reflektieren. Und von daher bin ich mit ihr nicht ganz so streng wie du, für moralisch verkommen halte ich sie nicht, sondern für sehr sehr unglücklich und in ihrem Unglück für sehr selbstbezogen. Das allerdings. Ich glaube, es mit Menschen zu tun zu haben, die aus ihrer Trauer nicht mehr herauskommen wollen oder können, das ist sehr sehr schwer.

Das Verhalten ihres Mannes ist übrigens auch nicht viel besser! Wie du mir, so ich dir - selbst in so einer tragischen Lebenslage.
Das stimmt schon, es ist ein "Wie du mir ...", so sagt die Nonne das ja auch. Da habe ich persönlich mir aber auch gedacht, es ist eine Art von Kurzschlussreaktion. Eine Übersprungshandlung. Nicht schön. Nicht moralisch gut. Aber eben auch ein verzweifelter Ausbruch. Den er dann auch gleich wieder beendet, weil ihm die Knutscherei in dieser Situation gar nichts bringt. Seine Gefühle, also Wut, Agression, die da mitschwingen und eigentlich von ganz woanders herrühren – das hatte ich in der Szene mit den beiden Frauen darstellen wollen.

Lieber Eisenmann, ich bedanke mich sehr fürs Lesen und für deine Gedanken zu dem Text. Und vor allem, dass du mir schreibst, er hätte dich zum Nachdenken gebracht. Das ist eine Menge.
Bis zu deinem Copy spätestens.
Novak

Weitere persönliche Antworten folgen die Tage. Liebe Grüße an auch.
Novak

 

Hi Novak ,

„Manche Nächte sirren in einem Ton, der sich tief in den Verstand gräbt. Ich schalte die Nachttischlampe an. Carla zuckt. Schweiß überzieht ihr Gesicht. Schön ist es – und fremd - wie eine von Firnis überzogene Maske. An der Schläfe pocht eine Ader. Ich will ihr über die Stirn streichen, sie beruhigen, doch kurz bevor ich die Falte zwischen ihren Augen berühre, ziehe ich die Hand zurück.
Leise stehle ich mich hinaus und fürchte, dass Carla im Schlaf spricht. Und mehr noch fürchte ich zu verstehen, was sie sagt.“

Der Anfang wirkt melodisch auf mich. Gut gemacht.

„Aber sonst. Geht doch.“
„Aber sonst … geht noch“ fände ich schöner.

„Ich stelle mir vor, ich wäre mit Carla auf einem riesigen Eisberg. Dort gäbe es wenigstens keine Kinderwagen. Nur uns beide. “

Besser wäre es so: „Island hat so große Eisberge. Sehr kalt, aber wenn ich uns Carla dort wären, gäbe es wenigstens keine Kinderwägen.“

„Ihre Brüste, der Bauch - wie Kissen.“
Schön.

„„Alles weg“, sagte sie.
„Ja“, antwortete ich und wusste nicht weiter. “
Oh :(

„Irgendwann kam der Herbst. Und ein Frühjahr und wieder ein Herbst.“
Nette Metapher.

„Sie ist so wunderschön.“
Das kannst du streichen.

„„Achim“, sagt sie. „Welche Augenfarbe habe ich?“
Ich zögere. “Graublau“, sage ich leise.“
Aww, schön.

„ „Kennst du denn meine Augenfarbe?“, frage ich.“
Seine Augen sind schwarz.

Aaalso,
schöne, tragische Geschichte, Novak. Die hat mir gefallen.

LG,
alexei

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom