Hallo @wörtherr
habe bitte Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht deinen Kommentar zu einem anderen Kommentar kommentiere, das wirkt doch dann irgendwann nur noch lächerlich. Nur kurz:
Im Übrigen mach ich lieber kein Feuer auf dem Beton und steh daneben, da mir die eigenen Füße und meine Schuhe etwas wert sind.
Das steht da nicht. Da steht nur, dass er auf dem Beton steht, nicht, wo er das Feuer macht.
Der Bezug funktioniert nicht. Daher meine ich: Seit dem Tag geht mir das nicht aus dem Kopf. Oder vielleicht, naiver: Immer wenn der Vater mir über den Kopf streicht, erinnere ich mich daran.
Der Bezug funktioniert sehr wohl, denn auf was bezieht sich das hier? Auf etwas, was im Text nicht gesagt wird, was aber zwischen den Zeilen steht: dass man mit der gleichen Hand einen Mann erwürgen, aber auch Zärtlichkeit und Wärme spenden kann.
Hier bin ich mit Sammis. "davontragen wird" äußert eine Vermutung, "weggeweht werden" ein rein indikatives Passiv, eine Feststellung etwas zukünftiges betreffend. D
Auch hier: Wenn das bereits schon einmal passiert ist, dann ist es eine feststehende Beobachtung, es ist etwas sich wiederholendes, das soll natürlich auch etwas indizieren. Nichts sonst steht da. Der Prot weiß, was mit den Hüllen der toten Fliegen geschieht, deswegen kann er das so sagen.
Jimmy, ich glaub, auf diesen Absatz würde ein Lektor einen ganzen Rotstift verwenden. An diesem Absatz stimmt so vieles nicht, der torkelt und schlakst irgendwo zwischen ausformuliert und Bewusstseinsstrom.
Ich weiß nicht. Das glaube ich nicht. (Ich denke an die Stilblüten von Clemens Setz!) Ich finde auch nicht, das der torkelt oder schlakst, das ist ja eine Art Rollenprosa, da ist die Perspektive im Grunde nie ganz gelöst, es darf auch gesprungen werden, weil es mündlicher ist, so würde man auch tatsächlich reden,
hatte, hat, tut, macht. Aus welcher Perspektive erzählt der Prot, was kann er wissen, was ist Vermutung. Ich gebe dir mit den Zeiten Recht, da passt etwas nicht, ich weiß aber nicht, wie ich das sauber lösen kann, ich muss da noch ein "hatte" reinpacken. Ich denk nochmal drüber nach.
Der Mann hatte etwas zu meiner Mutter gesagt, was man nicht sagen darf, was man zu einer Frau einfach nicht sagen sollte. Dieses Wort kann eine Frau ruinieren, sagte mein Vater. Er hob den Mann hoch, als sei es nichts. Ich konnte die Angst in seinen Augen sehen, diese Kraft hatte er nicht erwartet. Mein Vater sagt, dass es ihm nicht leid tut. Er hatte das nur nicht zu Ende gebracht, weil er mich nicht auch noch verlieren wollte.
Was mir bei beiden Versionen auffällt, die von dir und Sammis, ist das vollkommene Fehlen von Musikalität und Rhytmus. Da swingt es irgendwie nicht. Da gibt es auch kein Geheimnis, die Sprache wirkt einfach nur hart und flach, das mag zwar grammatikalisch richtiger sein, aber mir scheint, es ist nun jedem Geheimnis beraubt, das wirkt wie ein Monolith. Auch dass du es schade findest, dass das Wort nicht genannt wird: GENAU darum geht es doch bei einem solchen minimalistischen Stück. Dass die Sprache auch eine Verschleierungstaktik anwendet.
Ich kann mir denken, warum du den Absatz so und zwar genauso formuliert hast. Um eine Minderbemittelung oder geistige Behinderung des Sohnes darzustellen? Aber eingedenk seines vermuteten Alters, in dem Väter ihren Kindern noch den Kopf streicheln, muss das nicht sein. Trotzdem ist der Satz einfach kein echter Jimmy. Sage ich mal.
Es ist interessant, dass du den Prot als Sohn und auch noch als geistig behindert liest, oder wenigstens minderbemittelt. Da würde ich dich doch glatt fragen, wie du darauf kommst? Vielleicht liegt es daran, dass ich im letzten halben Jahr fast nur Kurzprosa von Frauen gelesen habe, aber für mich ist hier sonnenklar, der Prot ist ein junges Mädchen. Ich sehe sie auch nicht als geistig behindert oder minderbemittelt, aber da schwingt für mich eine seltsame Stimmung mit, einerseits fatalistisch, aber auch sehr nah, also körperlich nah, der Vater steht einerseits für Kraft und Sicherheit, andererseits auch für Gewaltausbrüche, überall lauert der Tod, sie sind ja umgeben vom Sterben. Gibt einen Text von Christine Schutt, der mir beim ersten Lesen die Schuhe ausgezogen hat, da geht es um ein inzestuiöses Verhältnis zwischen Vater und Tochter, aber es wird nie erwähnt, es sind nur winzige Indikationen, man fühlt das eher, als das man es liest, und dann ... DAS ist ein Hammer. Ich will nicht sagen, ich wollte das hier genauso, aber genau hingeguckt habe ich schon. Nicht unbedingt Punkt für Punkt, aber vom sound und von der Stimme her.
Sammis' Version finde ich besser, würde auch hier eher zu zwei Sätzen tendieren.
Stimmt, da mach ich zwei draus, habt ihr Recht.
Ein tiefer, eindrücklicher Text. Inhaltlich habe ich ansonsten nichts daran auszusetzen.
Danke dir sehr, ich probiere gerade so short shorts aus, alles unter 500 möglichst, das schränkt ein, aber es ist interessant und auch eine Herausforderung, zu sehen, was man da alles unterbekommen kann. Man probiert so seine Taktiken aus, man weiß halt nie, was der Leser dann dazu sagt, deswegen bin ich ja hier.
Danke dir also für Zeit und Kommentar,
Gruss Jimmy