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Besäufnis

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16.06.2002
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Besäufnis

Gestern im Suff erschien mir die Göttin Juno.
„Rufus", sprach sie, „unsittlich ist dein Lebenswandel, verwerflich und abscheulich dein Benehmen!"
„Sieh dich doch an!", fuhr sie fort, „dein Antlitz aufgedunsen, das Augenweiß gerötet. Besudelt ist dein Gewand vom eigenen Erbrochenen! Die Wirte spotten deiner, reiben sich die Hände aus Freude über dein Geld! Rufus besinne dich, sonst bin ich die nicht mehr wohlgesonnen!"

Der Wein war süß, rann mir nur so die Kehle hinunter. Die Becher stellte man auf den Bauch der Cynthia, die unbekleidet am Tresen lag. Oh, jener liebreizende, flache Bauch der Dirne. Sie lachte, die Becher kippten um. Flavius und ich leckten den Wein von ihrem Leib. Noch einen Krug bestellten wir, aßen gebratene Hühner. Flavius verlangte nach edlem Falerner und der Wirt brachte ihn herbei. Zwei Legionäre waren von ihren Stühlen gefallen. Zehn Krüge hatten sie leer getrunken.

Großes Gelächter brach in der Taverne aus. Die zwei Legionäre hatten sich beinahe zu Tode gesoffen. Junge Knaben saßen in der Ecke, spielten Harfe und sangen. Vergoldete Lorbeerkränze hatte man ihnen aufgesetzt. Flavius gab mir eine Mohnkugel in den Becher. Bei Baccus! Alles begann sich in meinem Kopfe zu drehen. Heiter wurde mein Gemüt, fröhlich und unbeschwert. Ich wähnte mich im Fluge, fühlte, als ob ich durch die finstre Kaschemme schwebte. Cythias Reize fing ich zu liebkosen an. Berührte mit meinem Munde ihren weißen Busen, bewegte meine Lippen sachte bis zu ihrer Scham. Die Dirne kicherte, gickste vor Lust. Flavius machte sich inzwischen daran, einen der singenden Knaben zu entkleiden. Ein Soldat stieß ihn weg. Er solle sich den anderen nehmen, brüllte er. Flavius war zu besoffen, um den Streit auszutragen und begann mit dem anderen zu spielen.

Cynthia hatte sich indessen von der Theke erhoben, saß lachend am Boden, ihre Kleidung lag in Wein getränkt am Tresen. Der Wirt brachte noch einen Krug Falerner herbei. Wir tranken aus verzierten Hörnern. Köstlich mundete uns der edle Rebensaft. Oh der Wirt, ein syrischer Gauner, vier Denare und zwanzig Asse knöpfte er uns ab.

Wir wankten im Vollrausche durch die Straßen, Flavius und ich. Wobei Flavius noch übler dran war. Taumelnd versuchte er, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Schwer wie Blei waren seine Beine.

Es drehe sich alles in seinem Schädel, lallte er und legte sich in das Gras des öffentlichen Gartens, welchen wir auf dem Heimweg durchschritten. Er lag da im Gras, war sofort eingeschlafen. Ich legte mich zu ihm. Die Sterne am Himmel drehten sich. Plötzlich meldete sich mein Magen. Bei Jupiter, so schlimm hatte ich es noch nie. Ein übles Gefühl marterte meinen Bauch. Ich konnte es nicht zurückhalten. Der Inhalt meines Magens ergoss sich über die Tunika. Ich stank am ganzen Körper nach Erbrochenem. Auch mein Darm gab ein wenig seines Inhalts ab. Ich hüpfte in den Teich des Gartens. Herrlich tat mir das kalte Wasser. Doch mein Kopf blieb vernebelt im Rausche.

In jenem Augenblick erschien mir Juno. Oh schöne, edle, reine Göttin! Ich weiß ja, dass mein Leben unsittlich, verderbt und ungeziemlich ist. Doch hat sie mir ein liebes Weib beschert? Ich machte ihr dies zum Vorwurf. Dem Marcus hatte sie den Publius geschenkt, ließ sie nach Griechenland ziehen, wo sie einander in Liebe ergeben ein ruhiges Dasein fristen. Und was hatte sie mir beschert? Nichts. Dem Vinicius schenkte sie Lydia, eine Freigelassene, ein Prachtweib, das ihm treu ergeben ist. Einer Göttin darf man nicht auf solch derbe Art antworten. Ich bat sie nur um ein mich liebendes Weib, damit ich mein Leben ändern könne. Auch für den Flavius bat ich sie, ihm zu geben, was immer er sich wünschte. Sie verschwand.

In erbärmlichem Zustand erwachte ich. Mein Kopf war ein Wespennest, der Mund trocken. Die Wespen summten und stachen unzählige Male in meinem armen Kopfe. Oh Jupiter, wie ich sie bereute, die Zecherei der vorigen Nacht. Flavius stand auf, wurde bleich und fiel ohnmächtig ins weiche Gras. Die stechende Morgensonne brannte auf uns herab. Ich tauchte meinen Wollgurt ins kalte Wasser des Teiches, wischte Flavius mit dem nassen Tuch die Stirne ab, bis er erwachte. Er setzte sich auf, erhob sich aus dem weichen, grünen Lager und begann zu fluchen. Übel war ihm und seinen Geldbeutel hatte ihm der Knabe gestohlen.

Ich holte eine Sänfte herbei. Es war nicht einfach, so früh am Morgen eine zu ergattern. Flavius ließ ich bei seinem Hause absetzen. Weich war mein eigenes Bett, frisch und wohl tuend. Die Wespen in meinem Kopfe wurden ruhiger, stachen nicht mehr so heftig. Doch lag ich alleine darin. Bei Baccus, es war nicht meine letzte Zecherei, denn, bei Juno, ich werde noch viele Nächte alleine schlafen.

 

Lieber Echnaton!

Ich hab Deine Geschichte zwar schon zwei Stunden nachdem Du sie gepostet hast ausgedruckt und gelesen, aber aus mir unerklärlichen Gründen habe ich sie immer noch nicht kommentiert – was ich hiermit nachhole. ;)

Zwei kaputte Typen im alten Rom, genauso, wie es sie heute auch gibt… – die Darstellung in der Form hat mir aber ganz gut gefallen. :)
Einige Stellen finde ich besonders gut gelungen, zum Beispiel:

Ein Soldat stieß ihn weg. Er solle sich den anderen nehmen, brüllte er. Flavius war zu besoffen, um den Streit auszutragen und begann mit dem anderen zu spielen.
Auch mein Darm gab ein wenig seines Inhalts ab. Ich hüpfte in den Teich des Gartens. Herrlich tat mir das kalte Wasser.
:lol:
Flavius stand auf, wurde bleich und fiel ohnmächtig ins weiche Gras.

Und jetzt die noch nicht so gelungenen: :D

»Taumelnd versuchte er einen Fuß vor den anderen zu setzen. Schwer wie Blei waren seine Füße
– würde nach „er“ einen Beistrich machen
– zweimal Fuß – würde statt „Füße“ „Beine“ verwenden (das tun soviel ich weiß, auch nur wir, daß wir den ganzen Haxn als Fuß bezeichnen... ;))

»In erbärmlichem Zustanden erwachte ich. Mein Kopf war ein Wespennest,. der Mund trocken.«
– Zustand (ohne -en)
– nach Wespennest entweder Beistrich oder Punkt

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Liebe Häferl,

danke fürs Lesen und die Korrekturen. Hab's eingearbeitet. Freut mich, daß Dir die Geschichte zugesagt hat.

Sowas gab's immer schon, nur daß man das in der Antike nicht so eng gesehen hat...

danke nochmals und liebe Grüße

Echna

 

Hallo Echnaton!

Hat mir gut gefallen, mit Deinen Formulierungen und dem Hintergrund. Besonders gelungen fand ich den Anfang, die Sterafpredigt von Juno, und dann das Ende, das Elend, die Wespen in seinem Kopf...
Habe nichts zu meckern gefunden, diese Episode aus dem Lbene von zwei Römern habe ich sehr gerne gelesen

schöne Grüße
Anne

 

Ich fand sie gut, deine Geschichte :)
Mir hat gefallen, wie dein Text an manchen Stellen wie eine lateinische Übersetzung klingt :)
Schade nur, dass der eine am Ende jetzt doch allein bleibt ... das tut seinem körper sicher nicht gut ^^

An manchen Stellen fand ich den Satzbau etwas verdreht (was nicht falsch ist, aber manchmal komisch zu lesen), z.b. "Schwer wie blei waren seine Beine".

 

Köstlich - mehr habe ich dazu nicht zu sagen!

Zwei Worte fielen mir unangenehm auf, da ihre Derbheit im Kontrast zu der sonst sehr feinen, altertümlichen Ausdrucksweise steht:
- besoffen
- ergattern

Immer noch lächelnd grüßt:
Bobo

PS: den Titel der Geschichte finde ich unpassend, weil: s.o.

 

Servus tagträumer,

danke fürs Lesen. Tja, auch im Alten Rom gab's so was wie ein schlechtes Gewissen. Allerdings war die Antike da ziemlich liberal...

Maus,

danke auch Dir. Freut mich, daß die Geschichte unterhalten hat. War diesmal kurz und bündig.

Akestis,

Dein Pseudonym klingt sehr griechisch, klassisch...

Ich verdrehe oft mal den Satzbau, aber ich mach dies in voller Absicht. Wenn so manches ein wenig nach "Lateinübersetzung" klingt, ist der Leser (hoofentlich) geistig dort im Alten Rom.

danke auch Dir fürs Lesen.

Bobo,

freut mich, daß Dich die Geschichte unterhalten hat. Die Ausdrücke laß ich mal so. Vielleicht ändere ich das, wenns noch mehr Leser stört.


Bei allen Göttern Roms und des Weltkreises, dank ich Euch Ihr Lieben fürs lesen und für Eure Kommentare


herzliche Grüße

Echna

 

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