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Biotope

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05.04.2019
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Biotope

Hefner beginnt seinen Tag wie immer: eine kalte Dusche, danach eine Tasse Kaffee. Bevor er sein Haus verlässt, setzt er sich wie gewohnt auf die Couch, um sein Aquarium zu betrachten. Dieser Handlungsablauf gehört seit Jahren zu Henfers morgendlichem Ritual. Er beobachtet die Fische, die in dem hundert Liter Becken umher schwimmen und ihrem Alltag nachgehen. Ihre Welt ist gewissermassen verletzlich, nur ein Stoss mit dem Ellenbogen und die Glaswand des Beckens könnte einen Riss erleiden. Vergisst Hefner nur einmal, das Aquarium zu reinigen, könnten die Wasserwerte umschlagen, was für die kleinen Tiere tödlich enden könnte. Aber natürlich kümmert sich Hefner als erfahrener Aquarianer gut um seine Schützlinge.

Seine Aktentasche ist gepackt, Hefner verlässt das Haus. Bewölkt ist es heute, hoffentlich fängt es nicht an zu regnen, denkt er sich. Er steigt auf sein Fahrrad, doch als seine Beine den Boden verlassen, durchdringt ein gewaltiges Beben die Erde. Hefner stürzt zu Boden. Was um alles in der Welt war das? Ein Erdbeben? Ein greller Blitz folgt unmittelbar auf die Erschütterung. Der Himmel färbt sich dunkelgrau. Hefner, der noch immer entsetzt am Boden liegt, richtet seinen Blick auf das Meer, das sich über den gesamten Horizont erstreckt. Das Wasser zieht sich zurück. Wie kann das möglich sein? Mein Meer kennt keine Gezeiten, denkt sich Hefner. Es kann unmöglich eine Ebbe eintreten! Plötzlich beginnt Henfer über den Boden zu rutschen. Er kann sich unmöglich dieser gewaltigen Macht widersetzen. Es scheint, als geriete die Gravitation aus dem Gleichgewicht. Horizontale Geraden werden zu vertikalen, Hefner fällt gen Himmel. Doch so urplötzlich wie alles begann, scheint allmählich wieder Normalität einzukehren: Der Himmel nimmt erneut seine horizontale Position ein, die Erde unterliegt ihm als Parallele. Hefner hatte Glück. Sein freier Fall endete im Meer. Was ist gerade geschehen? Ist das ein Traum? Doch Hefner hat keine Zeit nachzudenken. Ehe er seine Gedanken ordnen möchte, fängt das Meer unter ihm an zu schäumen. Gigantische Wellen türmen sich auf, das Wasser blubbert wie in einem Whirlpool. Donner und Blitz färben den Himmel, ein Sturm aus Wasser und Gewitterwolken durchdringt die Welt. Hefner hat keine Chance. Die Wassermassen treiben ihn nach oben, das Schwarz des Universums rückt schnell und unaufhaltsam näher.

„Scheisse, wieso schäumt das Bier immer so, wenn man es zu schnell absetzt?!“. Hans lacht. „Komm, ich gib dir die nächste Runde aus, du Pechvogel“, sagt er. Die beiden Freunde kennen die Situation langsam. Das hauseigene Bier ihrer Stammbar ist mit viel Kohlensäure versetzt, was es spritzig macht, dem Konsumenten jedoch eine gewisse Vorsicht beim Genuss abverlangt.

 

Hallo @Lengel

willkommen im Forum. :)
Erstmal: Ich finde die Idee gut. Sie ist witzig und originell, ich hab mich gleich zu Beginn über den Namen des Protagonisten gewundert, aber das löst sich ja dann auf. ;) Sobald man aber herausgefunden hat, was dein Protagonist für ein "Wesen" ist, tun sich einige Fragen auf. Hier mal ein paar Anmerkungen inhaltlicher und sprachlicher Natur:

Hefner beginnt seinen Tag wie immer: eine kalte Dusche, danach eine Tasse Kaffee. Bevor er sein Haus verlässt, setzt er sich wie gewohnt auf die Couch, um sein Aquarium zu betrachten. Dieser Handlungsablauf gehört seit Jahren zu Henfers morgendlichem Ritual.

Der gefettete Part beschreibt bereits, das dein Protagonist all diese Dinge immer wieder tut. Die durchgestrichenen Parts wiederholen diesen Fakt einfach nur. Deshalb kannst du die eigentlich streichen. :) (Außerdem hast du "Henfer" geschrieben im dritten Satz.)

Aber natürlich kümmert sich Hefner als erfahrener Aquarianer gut um seine Schützlinge.

Wieso ist das "natürlich"? Und wieso ist er ein erfahrener Aquarianer? Wenn dein Protagonist ein Hefepartikel ist (soweit ich das richtig verstanden habe) ist er ja quasi seit seiner Geburt von einem gigantischen Aquarium umgeben? Das macht ihn ja nicht zum Aquarianer, er tut ja nichts dafür.

Wie kann das möglich sein? Mein Meer kennt keine Gezeiten, denkt sich Hefner. Es kann unmöglich eine Ebbe eintreten! Plötzlich beginnt Henfer über den Boden zu rutschen. Er kann sich unmöglich dieser gewaltigen Macht widersetzen.

Dreimal "möglich", das klingt nicht schön. Hier würde ich Alternativen suchen.

Es scheint, als geriete die Gravitation aus dem Gleichgewicht. Horizontale Geraden werden zu vertikalen, Hefner fällt gen Himmel.

»Hefner fällt gen Himmel« finde ich gut, aber das Andere ist Beiwerk. Außerdem kannst du einfach "Horizontale" und "Vertikale" sagen, das beinhaltet die Gerade ja schon. ;)

Doch so urplötzlich wie alles begann, scheint allmählich wieder Normalität einzukehren:

Hier vergleichst du "urplötzlich" mit "allmählich", was nicht funktioniert. Urplötzliches geschieht sehr schnell, Allmähliches logischerweise sehr langsam.

Der Himmel nimmt erneut seine horizontale Position ein, die Erde unterliegt ihm als Parallele.

Das funktioniert garnicht. Die Erde unterliegt ihm als Parallele? Das ist schräg. Wieso drückst du es so kompliziert mathematisch aus? Ich würde es einfacher schreiben. »Der Himmel rückte sich wieder gerade, Hefner spürte den Boden unter den Füßen.« Oder so ähnlich. Jeder weiß, wie Himmel und Erde auszusehen haben, das braucht keine mathematische Erklärung. ;) Es nimmt dem Moment die Spannung.

Ehe er seine Gedanken ordnen möchte, fängt das Meer unter ihm an zu schäumen.

Das hier klappt auch nicht, du musst darauf achten, welche Bezüge zu verwendest. »Ehe er .. ordnen konnte ...« muss es heißen. Denn »möchten« ist ja was freiwilliges.

„Scheisse, wieso schäumt das Bier immer so, wenn man es zu schnell absetzt?!“.

Zu gestelzt. Hier würde ich einfach nur: »Scheiße, wieso schäumt das so?« schreiben und den Rest aus dem Text klarmachen.

Das hauseigene Bier ihrer Stammbar ist mit viel Kohlensäure versetzt, was es spritzig macht, dem Konsumenten jedoch eine gewisse Vorsicht beim Genuss abverlangt.

Die Erklärung am Ende ist viel zu mechanisch, wie aus einem Protokoll der Nahrungsmittelindustrie. »Das Mineralwasser unserer Quelle ist von Natur aus mit viel Kohlensäure versetzt, was es einzigartig spritzig für den Konsumenten macht.« :D So denkt und redet keiner (bloß die Werbung). Das musst du definitiv entzerren und besser ausgestalten. Mach eine Szene draus und beschreib nicht einfach nur das Bier. Vielleicht hat der eine dem anderen die Bierflasche oben so auf den Hals geschlagen, das ist doch so ein alter Gag, dann kommt ja auch das Bier rausgeschossen. Auf diese Weise könntest du dir den Bier-Werbetext sparen, der sich ohnehin widerspricht.

„Scheisse, wieso schäumt das Bier immer so, wenn man es zu schnell absetzt?!“. Hans lacht. „Komm, ich gib dir die nächste Runde aus, du Pechvogel“, sagt er. Die beiden Freunde kennen die Situation langsam.

Erst fragen sie sich, wieso das Bier schäumt und dann schreibst du, sie kennen die Situation langsam? Das macht auch keinen Sinn. ;)

Generell empfinde ich die Geschichte auch noch nicht so ganz schlüssig, wenn sie aus der Perspektive der Hefe erzählt worden ist. Wieso kümmert sich die Hefe um ihr Aquarium? Sie ist doch komplett davon umgeben? Mir gefällt die Sichtweise, okay, die Welt der Menschen ist auch ein Biotop, das Risse bekommen kann, etc. Aber da würde ich das ganze noch stärker aus der Sicht der Hefe ausgestalten. Sie ist seit ihrer Geburt in einem riesigen Aquarium großgeworden, kennt den Anblick der großen Tiere, die vorbeiziehen, weiß um die Fragilität der Scheibe etc. Dann klingt es, als würde ein Kind von Meeresbiologen oder so in einer Meeresstation aufwachsen. Und dann kommt der Plot-Twist. ;)

Fazit: Generell eine witzige Idee, aber ich fürchte, du musst da nochmal etwas an der Ausarbeitung schleifen, die wirkt leider noch ziemlich unfertig. Aber ... es würde sich lohnen! ;)

Viele liebe Grüße, PP

 

Hallo Lengel,
Ich hatte zuerst gedacht, Hefner radelt in Thailand am Meer und wird von einem Tsunami überrascht. Der Schwenk zum Biertrinken hatte mich überrascht, und ich konnte ihn auch nicht ganz mitvollziehen.
Beim zweiten Lesen kamen mir die "gigantischen" Wellen etwas seltsam vor. Und warum radelt Hefner mit der Aktentasche in die Stammbar?
Ich finde deine Idee gut, aber so richtig kriege ich die Kurve nicht.
Liebe Grüße von
`ner flotten Biene.

 
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Vielen Dank für das Feedback! Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die Geschichte innert einer Stunde erfunden und verfasst habe. Wahrscheinlich muss ich mir etwas mehr Zeit nehmen. :)


Hefner trinkt kein Bier. Hefner lebt im Bier. Das Unglück, das ihm widerfährt, wird durch Paul, dem Biertrinker in der Stammbar, ausgelöst.

 

@Lengel

Hallo!
Das ist eine witzige Idee. Zum Ende hin, verstehe ich auch den Einstieg mit dem Aquarium, den ich zuerst für überflüssig hielt.
Einziger Kritikpunkt: Der letzte Satz verdirbt mir den Spaß. Auch wegen der Formulierung, die sehr nach Belehrung klingt. Der Zusammenhang erschließt sich dem Biertrinkenden Leser und muss nicht erklärt werden. Ich würde raten, einfach mit einem Blick auf die Freunde auszublenden.

Schönen Gruß
Kellerkind

 
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Besten Dank für das Feedback! Ja, das Ende könnte ich wohl wirklich anders formulieren...

 

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