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Blöde, brave Ameisen!

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11.12.2015
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Blöde, brave Ameisen!

„Hey, du Göre!“ Janis und sein Kumpel Ivo bauen sich vor Becky auf. „Wat willst du denn hier?“, setzt er nach und tritt noch einen Schritt näher heran an das sitzende Mädchen. Becky zuckt zusammen, schielt ängstlich unter ihrem Pony zu den zwei Jugendlichen hoch. Der Geruch von Deodorant und Alkohol schlägt ihr entgegen. Sie weiß, dass sie keine Chance gegen die beiden hat. Sie ist ja erst fünf Jahre alt.
„Meine Mama hat gesagt, dass ich hier auf sie warten soll“, versucht sie sich zu erklären.
„Jaaa, deine Mama.... Ja, wo ist die wohl nun gerade?“, höhnt Janis sichtlich amüsiert und dreht sich demonstrativ im Kreis, um den Raum abzuscannen.
„Ooch! Hat dich deine Mami einfach allein gelassen?“, fängt Ivo an, den Besorgten zu spielen.

Hinter den Jugendlichen, bewegen sich die anderen Oberklässler im Rhythmus der Musik. Bunte Lichter wabern über die Wände. Der Tanzabend ist das Highlight dieses Sommercamps.
Sie soll doch hier bloß sitzen und warten.

Vor wenigen Stunden noch lief das Sportfest. Das gleißende Licht und die schwere Luft der Mittagssonne legtein sich bleierne über das Campgelände. Ihre Mutter, die Trainerin der Leichtathletikgruppe, schleppte sie an den Rand des Sportplatzes und sprach knapp: „Rebecca, das hier ist mein Job! Ich bin die Trainerin und hab jetzt keine Zeit für dich. Sei brav und lass mich jetzt arbeiten!“ „Aber Mama, ich könnte doch da bei Jennifer sitzen.“ Dieses Mädchen hatten ihr schon öfter freundlich zugezwinkert und ihr einmal einen Sitzplatz neben sich im Speisesaal angeboten. Damals war sie froh, dass sie nicht wieder alleine speisen musste. „Ich könnte ihre Trinkflasche halten. Oder ihre Trainingsjacke“, bettelte sie.
„Nein, Rebecca!“, erwiderte die Mutter genervt und winkte gleichzeitig mit ihrem schönsten Lächeln den wartenden Sportlern auf dem Platz zu. Becky wusste, dass sie ihre Mutter nicht umstimmen würde, ohne noch mehr Ärger zu riskieren.

Dabei hätte sie selbst so gerne mitgemacht bei den Wettkämpfen und auch eine Medaille gewonnen, denn sie war in der Vorschule eine der Schnellsten. Das würde Spaß machen und sie wäre auch mal mit Mama zusammen. Sie kann ja auch nichts dafür, dass sie mit ins Camp fahren musste. Papa war beruflich zu eingebunden, um sich während der Zeit des Sommercamps um Rebecca zu kümmern. So hat Mama das dem Leiter des Camps erklärt.

„Mann, da haben die aber echt laut gestritten“, dachte sie an den vorangegangenen Streit zwischen den Eltern zurück, sog tief Luft in ihren kleinen Brustkorb und lehnte sich, die Arme lässig hinter dem Kopf verschränkt, gegen den Stamm einer Eiche, die am Rande des Sportplatzes nur mäßigen Schatten spendete. Becky kam sich in diesem Moment mächtig erwachsen vor.

Dann pulte sie ein wenig im trockenen Gras herum, beäugte die Schüler auf dem Platz und probierte, ob sie ihre eigene kraußgezogene Nase sehen konnte. Das klappte ganz gut.
Eine Weile beobachtete sie die Ameisen, die um ihre Sandalen herum, ihren emsigen, aber vorhersehbaren Wegen nachgingen. „Blöde, brave Ameisen!“, dachte sie, sprang plötzlich auf und trampelte wütend alle Ameisen tot, bevor sie in den Fahrradschuppen flüchtete.

Die Kühle im Schuppen tat ihren verweinten, heißen Wangen gut. „Warum ist Mama nur so gemein?“, fragte sie sich.
Da hörte sie fröhliche Stimmen, die sich dem Schuppen näherten. Einige Mädchen kamen plaudernd herein, um sich ein Fahrrad zu nehmen, darunter auch Jennifer. „Hey, Becky! Warum versteckst du dich denn hier im Schuppen? Draußen war gerade die Siegerehrung. Die hast du verpasst“, stolz hielt sie eine Silbermedaille in die Luft.
„Och! Ist die schön!“, schniefte Becky und versuchte unbemerkt die Tränenspuren zu verwischen.

Es gab für alle Medaillen.

***

„Rebecca, du setzt dich jetzt hier hin und wartest auf mich“, flüstert ihre Mutter verschwörerisch und drückt Becky unsanft auf einen Stuhl in der Ecke des Tanzsaals. Dann zieht sie lachend den Betreuer Uwe mit sich und beide verschwinden links neben dem Eingang in einer unscheinbaren Tür.

Becky hat keine Ahnung, wie lange sie da jetzt schon sitzt und wie viel Zeit vergangen ist. Die Tanzfläche leert sich. Die Musik läuft leiernd weiter. Sie sitzt nun völlig alleine da und fühlt, dass es spät ist. Selbst der doofe Janis und sein Freund haben das Interesse an ihr verloren und sich irgendwann getrollt. Das Diskolicht rotiert weiter in seinen elliptischen Bahnen, macht der Fünfjährigen nun Angst.

Die Musik ist inzwischen aus. Sie weiß nicht, was sie jetzt machen soll. Warten auf die Mama. In diesem Moment wird die Saaltür aufgestoßen und ihr Vater kommt herein. Becky springt von ihrem unbequemen Sitz auf, rennt durch den Saal auf ihn zu und wirft sich weinend vor Glück in seine Arme. „Papa!“, ruft sie erleichtert. „Ich wusste gar nicht, dass du heute kommst. Mama hat gar nichts gesagt! Ist das eine Überraschung für mich? Das ist aber schön!“

Als sie ihre Mama erwähnt, bekommt sie ein beklemmendes Gefühl im Bauch und schaut schnell zu der Tür in der linken Ecke. Sie ist unsicher, will jetzt nichts falsch machen. „Wo ist denn Mama?“, fragt der Vater. „Ich weiß nicht“, presst sie hervor, „Mama sagte, ich soll hier auf sie warten.“ Wieder schnellt ihr Blick zu der Tür.

Schweigend setzt der Vater sein kleines Mädchen auf den Rücksitz des Autos. Er kehrt in den Tanzsaal zurück. Dann verschwindet auch er hinter der linken Tür. Lange. Sehr lange.
Sie ist eingeschlafen, und wacht durch die Bewegung des Wagens auf, als der Vater einsteigt. Er keucht. Die Knöchel seiner Hand bluten. „Wir fahren jetzt nach Hause.“

Becky beobachtet kleine Regentropfen, die sich auf der Autoscheibe sammeln und im Fahrtwind kleine Ströme bilden. Fest presst sie ihre Hand um die silberne Medaille.

 

Moin,

Generell fand ich die Geschichte gut zu lesen, obwohl mir der rote Faden an manchen stellen entglitten ist. Kann es sein, dass du den aufgemachten Erzählstrang mit den drei Jugendlichen, mit der blutenden Hand des Vater schließen wolltest? Wenn ja, würde ich das noch etwas klarer erzählen.

Kleinkrams:

„Hey, du Göre!“ Janis und seine beiden Kumpanen Mike und Ivo bauen sich vor Becky auf. „Wat willst du denn hier?“,
Würde statt "Hey" "He" Schreiben. Passt besser zu dem "Wat willst du."
„Meine Mama hat gesagt, dass ich hier auf sie warten soll.“, versucht sie sich zu erklären.
soll", versuchte (Punkt entfernen)
Oder ihre Trainingsjacken.“ bettelte sie.
Trainingsjacken", bettelte sie (Punkt weg, Komma hin)
verpasst.“, stolz
verpasst", stolz oder aber verpasst." Stolz
mich!“, flüstert i
Für mich ergibt das Ausrufezeichen keinen Sinn. Falls du eine Eindringlichkeit herstellen wolltest, würde ich das entweder mit einer Beschreibung machen, oder den Text des Satzes für sich stehen lassen.
„Papa!“ ruft
Papa!", ruft (Komma hin). Hier finde ich das Ausrufezeichen besser.
fragt der Vater.
Das "der" stellt eine Distanz zwischen Vater und Tochter her. Würde hier "ihr" verwenden.

Ich nehme einmal an, dass der Wechsel zwischen den Zeiten gewollt ist, würde aber generell in die Vergangenheit wechseln.

Liebe Grüße
Helge

 

Hallo Helge, @hspajonk

vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Feedback genommen hast und danke, wegen der Kommas. (Das krieg ich wohl nie in meinen Schädel...)

Kann es sein, dass du den aufgemachten Erzählstrang mit den drei Jugendlichen, mit der blutenden Hand des Vater schließen wolltest?

Nein, das hat nichts miteinander zu tun. Die blutigen Handknöchel des Vaters kommen vom Geschehen hinter der Tür in der linken Ecke.
vielleicht ist das nicht klar genug herausgearbeitet.

einen schönen Abend!
Gruß
Lind

 

Habe noch einige Figuren aus der Geschichte rausgenormen. Das war eventuell etwas verwirrend. Hoffe, so läuft es geschmeidiger.

Gruß
Lind

 

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