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Blackout

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14.12.2009
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Blackout

Sie wusste noch, dass sie kämpfte. Sie kämpfte um eine Freiheit, die sie nicht erreichen konnte, um ein Leben, das schon lange zu Ende war und um eine Zukunft, in der es sich nicht zu leben lohnte. An das, was vor dem Kampf war, konnte sie sich nicht erinnern.

Julia sitzt in der Küche und starrt auf ihren Goldfisch. Er schwimmt glücklich umher. Von der einen Seite des riesigen Aquariums auf die andere. Manchmal taucht er bis ganz auf den Boden. Das würde ich auch gerne tun, denkt sie, weitertreiben im Strom, die Vergangenheit hinter mir lassen, ein neues Leben beginnen. Weg von hier, einfach weg. Frei schwimmen, frei sein.

Gerade als sie den Stuhl zurückschiebt und aufstehen will, hört sie ein Geräusch. Eine gedämpfte Stimme. Julia folgt dem Geräusch, hält ihr Ohr an die Zimmertüre und erkennt die Stimme ihrer Mutter. „... nicht mehr was ich tun soll, Schatz. Sie redet fast nichts mehr, auf Fragen gibt sie nur so kurze Antworten wie möglich. Ich weiss nicht mehr weiter.“ Die andere Person scheint einen Ratschlag zu erteilen. „Spinnst du? Ich stecke meine eigene Tochter doch nicht in eine Anstalt! Ich kann doch nicht...“ Doch der Anrufer scheint ein überzeugendes Argument zu haben. „Meinst du wirklich? So wie früher? Vielleicht wäre es doch keine schlechte Idee...“ Julia rennt in ihr Zimmer. Ihr Herz pocht, ihr Atem rast. In eine Anstalt? Ich? Aber warum, was habe ich getan? Bin ich geistesgestört? Was stimmt nicht mit mir? Die Umgebung beginnt sich zu drehen und Julia fällt auf den Holzboden.

Als sie aufwacht, liegt sie in einem dieser unbequemen Spitalbetten. Sie schaut sich um und entdeckt einen schwarz gekleideten Mann. „Da bist du ja, mein Engel!“ Er küsst sie auf die Stirn. „Was tun Sie da?“, fragt Julia mit leicht hysterischer Stimme, „Wer sind Sie?“ - „Erkennst du mich denn nicht wieder, mein Schatz? Ich bin’s, Thomas, dein Freund.“
Julia starrt den Mann lange an. Ihr Gehirn rattert. Thomas, Thomas, ... Julia ist sich sicher, dass sie noch nie einen Freund gehabt hat, der Thomas heisst. Ausserdem ist dieser Mann nicht gerade der Bestaussehendste und die Farbe Schwarz hat ihr noch nie gefallen. Noch dazu scheint der Mann etwa 15 Jahre älter zu sein als sie. Seine Wurstfinger waren schweissig, die Haare fettig. Warum sollte ich so einen als Freund haben? , fragte sie sich immer wieder. „Was ist überhaupt passiert?“, fragte sie jetzt laut. Thomas schaute sich auf die Hände, er wollte nicht antworten. „Sag es mir schon!“
Er begann stotternd: „Du ... hast versucht... deine Mutter zu töten. Dann wolltest du die Treppe herunterlaufen und ... bist gestürzt.“ – „Ich? Meine Mutter töten? Wo ist sie?“ Er starrte auf seine Hände. „Sie ist verblutet. Du hast mit einem Küchenmesser auf sie eingestochen. Nur zwei Mal, aber sie konnte den Notarzt nicht mehr rufen und ist gestorben. Ich halte dir nichts vor. Du bist eben ausgerastet, das kommt mal vor.“
Julia reisst ihre Augen weit auf und stösst einen spitzen Schrei aus.
„Ich habe meine Mutter getötet und du sagst so viel wie, das sei nicht schlimm? Raus hier! Du bist nicht mein Freund!“
Thomas erhebt sich langsam und beugt sich über Julia. „Du kannst mich nicht verlassen“, flüstert er drohend. „Ich gehe sonst zu der Polizei und was werden die dann wohl machen, wenn sie all das sehen, was du schon angerichtet hast? Ja, sie werden dich einsperren und du wirst verrecken. Ich werde dich ab jetzt immer bewachen. Überlege dir gut, was du tust, Schatz.“ Während er so über sie gebeugt ist, bemerkt Julia die unmittelbare Gefahr. Es beginnt sich wieder alles zu drehen. Doch da erinnert sich Julia plötzlich an das, was geschehen ist.

Sie steht vor ihrer Mutter mit einem Küchenmesser. Von hinten ergreift eine kräftige Hand, die in einen schwarzen Handschuh gepackt ist, Julias. Sie wehrt sich mit aller Kraft gegen die fremde Hand, doch es nützt nichts. Sie sticht zu. Ihre Mutter schaut an Julia vorbei und sagt kraftlos: „Wie konntest du mir das antun? Du hast gesagt du liebst mich.“ Ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf und Julia fällt neben ihrer Mutter zu Boden.

Julia ist wieder im hier und jetzt. Thomas ist immer noch über sie gebeugt und starrt sie mit flackernden Augen an. Er drückt ihr einen Kuss auf die Stirn und verschwindet kurz aus dem Zimmer.
Julia überlegt fieberhaft, wie sie Thomas loswerden könnte. Dann fällt sie eine Entscheidung. Sie greift zum Hörer und ruft die Polizei an. Sie stammelt: „Ich habe einen Menschen getötet. Aber ich wollte es nicht, jemand hat mich gezwungen. Ob ich das beweisen kann? Es ist in meinem Gedächtnis, das muss doch reichen!“
Scheiss Bullen, denkt sie sich und schmettert den Hörer weg. Vater tot… Mutter umgebracht… Was für ein Mensch? Keine Verwandten. Kann nichts tun. Erpressung, Thomas. Für was leben? Alles kreist um Julia.

Als sie erwacht, bemerkt sie einen eiskalten Wind auf ihrem Gesicht, ihrem Körper. Und dann prallt sie auf dem schwarzen Wasser auf. Sie treibt im Wasser und taucht nicht wieder auf, so wie sie es sich einst gewünscht hat, und Thomas sieht ihr lächelnd dabei zu.

 

Hallo marlen,

herzlich willkommen hier!

Die Geschichte der Julia ist schön eingerahmt zwischen dem tauchenden Fisch, den sie beobachtet und beneidet, und am Ende ihr eigenes Abtauchen, beobachtet und belächelt von dem Täter.

Der erste Absatz nimmt zu viel vorweg. Den würd ich streichen, sonst kommt keine Spannung auf.


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Julia überlegt fieberhaft, wie sie Thomas loswerden könnte. Dann fällt sie eine Entscheidung. Sie greift zum Hörer und ruft die Polizei an. Sie stammelt: „Ich habe einen Menschen getötet. Aber ich wollte es nicht, jemand hat mich gezwungen. Ob ich das beweisen kann? Es ist in meinem Gedächtnis, das muss doch reichen!“
= So würde dieses Gespräch niemals ablaufen.
Der Polizist am anderen Ende würde davon ausgehen, dass höchstwahrscheinlich jemand ermordet wurde. Ob nun die Anruferin schuldig ist oder nicht, ist ihm zunächst egal. Auf jeden Fall wird er ihre Daten aufnehmen, damit er die Anruferin später zumindest wegen „groben Unfugs“ (oder so ähnlich) anzeigen kann. Da sind die nämlich ganz sensibel, die Jungs.

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Zur Übersichtlichkeit zwei Beispiele:

Das würde ich auch gerne tun, denkt sie, weitertreiben im Strom, die Vergangenheit hinter mir lassen, ein neues Leben beginnen. Weg von hier, einfach weg. Frei schwimmen, frei sein. Gerade als sie den Stuhl zurückschiebt und aufstehen will, hört sie ein Geräusch. Eine gedämpfte
= Die Fischbeschau ist zu Ende, jetzt beginnt etwas völlig anderes, also Absatz oder mindestens Zeilenumbruch.

Das würde ich auch gerne tun, denkt sie, weitertreiben im Strom, die Vergangenheit hinter mir lassen, ein neues Leben beginnen. Weg von hier, einfach weg. Frei schwimmen, frei sein.

Gerade als sie den Stuhl zurückschiebt und aufstehen will, hört sie ein Geräusch. Eine gedämpfte

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Als sie aufwacht, liegt sie in einem dieser unbequemen Spitalbetten. Sie schaut sich um und entdeckt einen schwarz gekleideten Mann. „Da bist du ja, mein Engel!“ Er küsst sie auf die Stirn. „Was tun Sie da?“, fragt Julia mit leicht hysterischer Stimme, „Wer sind Sie?“ - „Erkennst du mich denn nicht wieder, mein Schatz? Ich bin’s, Thomas, dein Freund.“
Julia starrt den Mann lange an. Ihr Gehirn rattert. Thomas, Thomas, ... Julia ist sich sicher, dass

= Wenn die Perspektive oder der Redner wechselt, dann Zeilenumbruch.

Als sie aufwacht, liegt sie in einem dieser unbequemen Spitalbetten. Sie schaut sich um und entdeckt einen schwarz gekleideten Mann.
„Da bist du ja, mein Engel!“ Er küsst sie auf die Stirn.
„Was tun Sie da?“, fragt Julia mit leicht hysterischer Stimme, „wer sind Sie?“
„Erkennst du mich denn nicht wieder, mein Schatz? Ich bin’s, Thomas, dein Freund.“
Julia starrt den Mann lange an. Ihr Gehirn rattert. Thomas, Thomas, ... Julia ist sich sicher, dass

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Gruß

Asterix

 

Hallo!

Der Vorredner hat ja schon allerhand gesagt, deswegen von mir ganz knapp: Sauber! Mir hat die Geschichte gefallen.

Gruß,
Satyricon

 

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