Was ist neu

Bockwurst und Mohnkuchen

Empfehlung
Mitglied
Beitritt
10.09.2016
Beiträge
901
Zuletzt bearbeitet:

Bockwurst und Mohnkuchen

»Eber hat ‘ne Überraschung«, verkündete Hauke. »Kriegst du nächste Woche.«
Zwei Jahre war Hauke schon hier. Ich mochte die Arbeit mit ihm. Wir hatten so unseren Rhythmus.
»Was willst du später mal machen?«, fragte er.
»Weiß nicht. Architekt.«
Hauke hob die Brauen und nickte.
»Gieß mal ordentlich«, sagte er. »Ist heiß gewesen die letzten Tage.«
Ich holte noch zehn Liter, tauchte die Hände ins Brunnenwasser. Nicht trinken, selbst wenn’s aus der Leitung kommt, hatte Hauke gesagt. Alles vom Gruftmoder verseucht.
Ich goss das Grab bis an den Schieferrand, ging zum nächsten. Eine Pflegestelle. Ich bückte mich, pflückte die verkapselten Knospen der Eisbegonien. Nicht alle blühten. Die meisten waren Blindgänger.
Ein Trauermarsch bog um die Ecke, verschwand hinter der Abteilung.
»Gleich Mittag!«, rief Hauke. »Mach fertig, ich geh zum Bäcker, Bockwurst holen und Mohnkuchen.«
Ich nickte, fühlte das Grummeln im Magen. Bockwurst und Mohnkuchen, was anderes aßen wir hier nicht. Zum Glück mochte ich beides. Mit Kaffee und Milch spülten wir den Matsch aus Zucker und Wurst hinunter. Diese Minuten des Tages waren die schönsten überhaupt.
Am Mittagstisch empfingen uns die anderen Arbeiter. Eber aß im Büro, hieß es. Manchmal fragte ich mich, ob er überhaupt existierte. Immer wenn ich ihn treffen sollte, vertrat ihn irgendwer. Mir fiel die Überraschung ein, die Hauke mir versprochen hatte. Was sollte Eber von mir wollen? Mein Sommer endete in weniger als drei Wochen.
»Gehst gleich mit mir«, nuschelte Guido, die rechte Hand des Ebers, und knabberte weiter an seinem Wurstzipfel.
Ich schmatzte in seine Richtung, zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.
Hauke warf mir einen mitleidigen Blick zu. Er wusste, wie sehr Guido und ich uns leiden konnten.

Wenn ich zu langsam lief, rief Guido ›Gärtnerschritt!‹, womit er meinte, dass ich zu langsam lief. Seine Welt war eindeutig – es gab nichts zu erklären. Guido war fünfzig, Dienstältester und wusste sozusagen alles. Er ging voran, machte mir den Gärtnerschritt vor und ich rannte mit der Schubkarre hinterher; darin lagen Handschuhe und Motorsäge. Wir bogen zweimal ab und erreichten Abteilung achtzehn. Ich schnaufte.
»Den«, sagte Guido und wies auf eine schmale Tanne, die über einer Doppelstelle wuchs.
»Ich weiß nicht, wie das geht«, sagte ich.
Guido verdrehte die Augen. Er nahm die Motorsäge, schmiss sie an, machte sie aus.
»Jetzt du.«
Ich tat mich schwer, das Ding überhaupt anzuheben. Ich zog am Seil. Nichts.
»Entriegeln«, stöhnte Guido.
Endlich sprang sie an.
»Hopp! Schneid ‘nen Keil in den Stamm. Nicht zu tief.«
Ich lief übers Beet, wuchtete die Säge auf den Grabstein.
»Langsam!«, rief Guido.
Ich entriegelte die Säge. Etwas klemmte. Je mehr ich das Seil zog, desto weniger bewegte es sich.
»Stopp, halt!«, brüllte Guido und kam in zwei Gärtnerschritten auf mich zu. Er riss mir die Motorsäge aus den Händen. »So wird das hier nichts.«
Ich nickte, stellte mich an den Rand. Gern hätte ich ihm auch mal was an den Kopf geworfen, aber er machte ja nie etwas falsch. Still sah ich zu, wie er einen Keil in die Tanne schnitt, sie mit einer lockeren Handbewegung umstupste. Nicht ein Grab berührten die Zweige.
»Was hältst du davon, Reicherts Gruft zu reinigen?«, fragte Guido.
Ich verstand die Aufforderung und nickte.
Nachdem wir den Baum zugeschnitten hatten, brachten wir das Fragment auf den Kompost. Guido begleitete mich zur Zweiundvierzigsten. Staunend betrachtete ich den Eingang zur Gruft: zwei Säulen hielten ein Dach aus glattem Stein, eine Treppe führte ins Dunkel hinab. Guido schnippte mit den Fingern, bis ich ihn ansah.
»Ich geh bei Lörschers Rasenmähen. Übrigens ist das hier keine Strafarbeit. Du kannst das mit dem Rasenmähen bloß nicht.«
Ich schaute einsichtig. Natürlich wusste ich, dass Guido so wenig Lust auf Totenmief hatte wie ich auf Guido und das Rasenmähen zu den angenehmsten Tätigkeiten der Friedhofsarbeit zählte.
»Ich hol dich in zwei Stunden. Bis dahin hast du die Stele geschrubbt und die Fugen ausgekratzt.«
»Geht klar«, sagte ich.
Guido drückte mir Besen, Kehrblech und Beitel in die Hand und verschwand hinter einem Denkmal.
Ich seufzte, trat zwischen den Säulen hindurch. Mit einer Taschenlampe leuchtete ich mir den Weg hinab. Das Licht fiel auf die Stele, die am Ende des schmalen Raums mittig aufgestellt war. Ich las die Inschrift, auch das Lateinische, obwohl ich davon nichts verstand. Die Kälte hier unten war jedenfalls angenehm. Große Spinnen gab es kaum. Ich legte die Taschenlampe auf den Boden und machte mich an die Arbeit.
Bald hatte ich Stele und Bodenplatten gebürstet und ging mit dem Beitel daran, das Moos aus den Fugen zu schaben. Wie ein Bauer, der sein Feld pflügt, dachte ich. Ich versuchte mir auszumalen, wie viel die Erben der Reicherts wohl jährlich blechten, damit die Gebeine ihrer Ahnen es hier unten gemütlich hatten.
Kaum war ich in Gedanken versunken, stand Guido wieder am Eingang. Er machte einen zufriedenen Eindruck.
»Gut«, sagte er.
Ich nickte, war mir nicht sicher, ob er es auch so meinte.
»Hast dir ‘ne Belohnung verdient. Kriegst du morgen.«
Ich bedankte mich vorsichtshalber unverbindlich.

Der Tag hatte mich geschafft. Es war an der Zeit, nach Hause zu fahren. Nicht müde, verbraucht fühlte ich mich. Den Abend lang schaute ich Serien, aß aufgewärmte Tomatensuppe.
Im Bett schließlich richtete ich die Augen in die Dunkelheit. Zwei Überraschungen. Zwei Wochen, bis meine Arbeit auf dem Friedhof endete und ich mir überlegen musste, was ich mit meiner Zukunft anfing.

*​

Den nächsten Morgen begann ich mit Kaffee und der Erinnerung an einen Mann, der mich im Traum nach Laugengebäck gefragt hatte. Mit dem Fahrrad fuhr ich durch Nebel, Innenstadt und Tunnel, bis ich pünktlich um sieben den Friedhof erreichte. Die Floristen räumten bereits Blumen, Grableuchten und Gestecke in die Auslage. Im Umkleideraum traf ich Hauke, der einen geknickten Eindruck machte.
»Darfst heute nochmal mit Guido«, sagte er.
»Schon gut.«
»Hab gehört, dass du in die Gruft musstest. Hattest hoffentlich ‘ne gute Taschenlampe.«
Hauke knuffte mir gegen die Schulter.
»Nächste Woche ist es so weit …«
»Wofür?«
»Für die Überraschung.«
In diesem Moment kam Guido in die Umkleide. Ich nickte Hauke zu, zog mir die grüne Latzhose an.

Guido schien bester Laune zu sein; keine Anspielung auf meine Langsamkeit, kein ›Gärtnerschritt‹.
Wir gingen ins Lager, wo er mir zwei längliche Röhren in die Hände drückte.
»Auf den Hänger damit und noch ‘nen Schlauch«, sagte er.
Als wir die Sachen aufgeladen hatten, fuhren wir die Abteilungen entlang. Nebel waberte über den Schotterwegen, hing wie Watte in den Koniferen.
»Bist du aufgeregt?«, fragte er.
Er riss das Lenkrad herum, bog in die Achtzehnte ein. Einige Meter vor dem Familiengrab und abgesägten Tannenstumpf kam der Wagen zum Stehen.
»Um die Zeit ist niemand hier«, flüsterte er.
Ich nickte, als würde ich verstehen, worauf er hinauswollte.
Wir sprangen aus dem Wagen und Guido fügte die Röhren zu einer Stange zusammen.
»Eine lebendige Tradition der Friedhofsarbeit … Mein Geschenk, weil du bald gehst.«
Er drückte mir das Ende der Röhre in die Hand, schraubte ein Schlauchventil darauf, dann wischte er sich die Hände an der Hose ab. »Das ist die Schlämmstange, die musst du ins Grab stechen.«
Ich hielt die Schlämmstange fest, schaute zu Guido, zum Grab.
»Das ist wichtig«, erklärte er. »Der Sarg verrottet, da unten bilden sich Lufthöhlen. Stell dir vor, du machst das Grab deiner Oma und zum Dank rutschst du rein.«
»Meine Oma lebt noch«, sagte ich.
»Ist nur ein Beispiel … Jetzt mach.«
»Und wo genau?«, fragte ich.
»Mittig … Ich stell Wasser ein.«
Widerwillig richtete ich die Stange auf die Mitte des Grabes, stach einige Zentimeter tief.
»Wasser läuft«, rief Guido und kam zurück. »Jetzt aber los, der Sarg liegt auf zwei fuffzig.«
Ich hielt die Stange in der Hand.
»Mach endlich!«
Ich zögerte. Durfte man das eigentlich?
In Guidos Gesicht mischten sich Wut und Enttäuschung. Er riss mir die Stange aus der Hand. Schwarzer Schlamm bildete sich auf der Oberfläche. Guido schob die Stange tief in die Erde, bis er auf etwas Hartes stieß. Mit einem Ruck durchbohrte er das Hindernis. Bläschen stiegen auf, zerplatzten.
»Deine Eltern sind Architekten, hat Hauke gesagt.«
Ich nickte.
Guido schüttelte den Kopf.

Die anderen waren fast fertig, als ich zum Mittagessen kam. Hauke nagte an seinem Würstchen, würdigte mich keines Blickes. Auf meinem Teller lag eine Brezel. Sonst nichts. War das die Strafe?
»Du gehst mit Hauke«, sagte Guido und erhob sich vom Tisch.
Hauke sah mich verstohlen an. Klar war seine Ignoranz Fassade. Trotzdem war ich sauer. Nach und nach entfernten sich alle, bis Hauke und ich allein waren.

»Ich verrat dir was«, sagte Hauke verschwörerisch.
Mit den Laubbläsern unter unseren Armen liefen wir Richtung Südeingang.
»Es geht um Eber … Er will dich überzeugen bei uns zu bleiben.«
»Hast du mir die Brezel auf den Teller gelegt?«, fragte ich.
Hauke schüttelte den Kopf.
»Er will, dass du bei einer Nachtaktion mithilfst … Was meinst du?«
Ich nickte und bereute es auf der Stelle.

*​

Die folgenden Tage kamen mir eigenartig gelöst vor. Immer war ich mit Hauke unterwegs. Zum Mittag gab es wieder Bockwurst und Mohnkuchen und ich bekam das Gefühl, den Segen des Friedhofs wiederzuerlangen. Wir pflückten Knospen, gossen, zuppelten Laub aus den Lieschen. Je näher das Ende meiner Friedhofszeit rückte, desto unruhiger erwartete ich Haukes Zeichen für die Nachtaktion. Wenigstens einmal wollte ich Eber begegnen.
In der Nacht vorm letzten Tag ging ich spät ins Bett. Ich hatte die Augen schon geschlossen, als mein Handy vibrierte; eine Nachricht von Hauke.
›Gegenüber Reicherts Gruft in 15 Minuten‹
Ich legte das Handy beiseite, zog meine Arbeitskluft an, schwang mich aufs Rad.

Die Nacht war klar, die Straßen leer. Ich fuhr durch den Tunnel, beim Bäcker vorbei zum Friedhof. Das Rad machte ich am Zaun fest, öffnete die Pforte am Eingangstor mit einem Trick, den Hauke mir gezeigt hatte. Orientierungslos streifte ich die dunklen Wege entlang, bis ich das Licht der Baustrahler entdeckte. Gegenüber von Reicherts Gruft vor einem Grab stand Hauke. Er unterhielt sich mit einem bärtigen Hünen; es gab ihn also wirklich.
»Da is er«, brummte Eber.
»Hey«, begrüßte mich Hauke.
Ich zog den Mundwinkel hoch.
»Hast du ihm alles erklärt?«
»Nee«, sagte Hauke.
Eber nickte mir zu.
»Wir kennen uns zwar nicht, aber du scheinst dich gut zu machen.«
Hauke grinste wie ein Mohnkuchenpferd.
»Selbst Guido meint, dass du was drauf hast, und wenn der das sagt, kannst du hier praktisch anfangen.«
Eine unangenehme Zeit lang schwiegen wir.
»Jetzt lernst du eine der lebendigsten Traditionen der Friedhofsarbeit kennen.«
»So lebendig wie das Einschlämmen?«, fragte ich. Keine Ahnung, woher ich das Selbstbewusstsein nahm.
»Lebendiger.«
Hauke nickte bekräftigend.
»Wir nennen es Auskoffern.«
»… und Umbetten«, ergänzte Hauke.
»Richtig. Erst auskoffern, dann umbetten.«
Ich starrte die beiden an.
»Warum?«

Nachdem Hauke mir Kaffee aus einer Thermoskanne eingeschenkt hatte, erklärte Eber mir alles über Totenruhe, begrenzte Liegezeiten und die Notwendigkeit, seine Rechnungen beim Friedhof zu begleichen.
»Wieso nicht am Tag?«, wollte ich wissen.
»Würdest du sehen wollen, wie jemand deine Großmutter ausbuddelt?«, fragte Eber.
»Meine Großmutter lebt.«
»Nur ein Beispiel …« Er drückte mir einen Spaten in die Hand. »Fangt an, Jungs! Ich geh nochmal rein.«
Eber nickte uns zu, dann verschmolz sein massiger Körper mit der Dunkelheit.
»Der ist nett«, sagte ich.

Hauke erklärte mir, was wir zu tun hatten. Als Eber mit der Thermoskanne, einer schwarzen Mülltonne und einem Vorschlaghammer zurückkam, hatten wir bereits einige Spaten Erde ausgehoben. Wenn das Grab ein Koffer war, drangen wir allmählich zu seinem Inhalt vor. Zuerst meinte ich, ein helles Stück Holz gefunden zu haben. Ich betrachtete es im Baustrahlerlicht.
»Tu das weg«, sagte Hauke und wies auf die Mülltonne.

Wir gruben mehr und mehr Schädel- und Knochenstücke aus. Zusehends fiel es mir schwer, aus dem Grab zu steigen.
»Fertig machen«, sagte Eber irgendwann.
»Und das Umbetten?«, fragte ich.
Eber schaute Richtung Tonne.
»Machen wir nicht, gibt ja nicht mehr viel … Hauke, holst du mal den Wagen?«
Mit dem Zeigefinger deutete er mir herzukommen. Ich trat näher, staunte. Eber hatte einen Strahler auf den gelockerten Grabstein gerichtet: Theo Gramlich.
»So heiße ich nicht«, sagte ich, als wäre der Grabstein für mich bestimmt.
»Aber der Vorname passt«, erwiderte Eber und legte mir seine Pranke auf die Schulter. »Ist dein letzter Job. Danach will ich ‘ne Entscheidung von dir.« Damit drückte er mir den Vorschlaghammer in die Hände.
»Ich …«
Eber lachte. »Hast du mal versucht einen Grabstein anzuheben?«
»Aber wir haben Hauke …«
Eber schüttelte den Kopf.
Ich konnte nicht sagen, ob es das Baumfällen, Einschlämmen oder Auskoffern war, das mich von der Notwendigkeit der Tat überzeugte. Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, wie es sich anfühlte, einen Grabstein zu zertrümmern, auf dem mein eigener Name stand. Mir schien, ich war Teil einer Totengräber-Clique geworden. Zwei Monate Schwarzarbeit hatten mich dazu gemacht.
Ich holte aus, schleuderte den Hammerkopf gegen meinen eingravierten Namen. Eine Turmglocke beim zwölften Schlag konnte nicht mehr vibrieren als mein Körper jetzt. Es durchdrang mich, machte mich wach und klar. Der Name zeigte keinen Kratzer. Wieder wuchtete ich mich und das Eisen auf die Buchstaben. Ich biss die Zähne zusammen; der nächste Glockenschlag ertönte. Ich hielt den Hammer fest umklammert, holte aus zu einem letzten Schlag, der den geballten Zorn meiner jungen Jahre enthalten sollte. Der Stein knackte und sprang unterm Echo der Glocke in vier gleichmäßige Stücke. Mein Name war in der Mitte zerbrochen.
»Bleibst du?«, fragte Eber.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Carlo Zwei,

tolles Ding, was Du da eingestellt hast!
Du erzählst fabelhaft, wirst immer besser. Für mich als Leser ist Dein Stil wie gemacht. Haha, das hattest Du sicherlich nicht im Sinn – aber Deine Schreibe gefällt mir aus vielerlei Gründen *).

Nie wieder käme mir etwas anderes in den Sinn, als der Geruch von Sonnencreme auf ihrer braunen Haut.
*)

Wir nahmen zwei Abzweigungen ...
Das haut nicht hin, mMn. Wie nimmst Du eine Abzweigung? Erst die linke, dann die rechte :dozey: ?
... und kam in zwei Gärtnerschritten auf mich zu.
Ja, das kann er, der Guido (sehr passender Name).
... bejahte in einer Weise, die nach Herzensangelegenheit klingen musste.
*)

Den nächsten Morgen beging ich mit Kaffee und der Erinnerung ...
Einen Morgen begehen? Oder ‚begann ich’?

In Guidos Gesicht bildete sich ein seltsames Korrelat aus Wut und Enttäuschung.
Weg mit dem Korrelat. ‚In Guidos Gesicht mischten sich W. und E.’
Guidos Gesicht / Miene drückte beides aus: Enttäuschung, aber auch Wut (als Vorschlag).

bärtigen Hühnen
... der mit den Hühnern

der wie ein Mohnkuchenpferd grinste
Mohn und Honig – die ideale Kompo

Oja, mein lieber Herr Carlo Zwei – es bleibt dabei: schreiben kannste. Zum Ende hin hatte ich allerdings die Nase voll von all diesen merkwürdigen Friedhofsdingen, obwohl ich Deinen Plot ohne Abstriche einfach klasse finde. Echtes Neuland. Allerdings, das muss ich ehrlicherweise zugeben, hab ich nicht den kompletten Rahmen Deiner Geschichte verstanden.

Bockwurst und Mohnkuchen, was anderes aßen wir hier praktisch nicht.
Sagt er, weiß er, dat isso.
... ich geh zum Bäcker, Bockwurst holen und Mohnkuchen, ja?«
Das fragende ‚ja?’ wäre somit überflüssig, wie überhaupt die ganze Frage ‚ich geh zum Bäcker, Bockwurst holen und Mohnkuchen, ja?’, denn es ist doch eh klar, was es geben wird. „Ich hol uns was zum Mampfen“ hätte ich eher erwartet.
Wieauchimmer – es bleibt dabei: Ich lese Deine Sachen immer gerne. Die haben Normalität, sind dabei originell – und Du hast ein Gespür für die idealen Schwingungen.

Meine besten Wünsche!
José

PS: Prima Formatierung, jedoch fehlt ein Haufen Kommas!

Eine Träne kullerte meine Wange hinab, blieb am Kinn hängen.
Ist der Prota nicht allzu sehr als Weichei gezeichnet? Ein geerdeter, wenn auch unglücklich Verliebter könnte doch gerade an dieser Stelle tief Luft holen und der Welt zeigen wollen, was eine Harke ist?
Der Tag hatte mich geschafft und ich ihn hoffentlich bald auch.
Ja, schon witzig, aber nur ein bissschen.
Die Zweien tanzten in meinem Kopf, ...
Pardon – aber welche Zweien? Ich hab was übersehen, stimmt’s?

 

Hallo @Carlo Zwei
du wirst immer besser. Die Geschichte liest sich wunderbar und sie eröffnet einen Zugang in eine Welt, die den meisten Menschen verborgen bleibt. Das ganze Konzept, die sprachliche Gestaltung, der Aufbau - das spiegelt ein hohes schriftstellerischen Niveau. Allerdings möchte ich nicht verhehlen, dass ich auch etwas zum bemäkeln entdeckt habe. Neben dem Plot ist die Figurendarstellung sehr wichtig. Die emotionale Verfassung des Helden wird sehr schön deutlich. Nur tendiert er für meinen Geschmack etwas zu sehr in Richtung Passivität. Ein bisschen angedeuteter Widerstand gegen die herablassende Art von Guido täte dem Character gut. Du weißt: der Leser hat mehr Interesse, einem Protagonisten zu folgen, der zumindest ansatzweise aktiv wird. Und auch bei den anderen sehe ich ein kleines Problem: Hauke und Guido sind sich so ähnlich, dass ich mitten in der Story nochmal prüfen müsste, mit wem der Theo jetzt an den Gräbern wurstelt. Ich würde empfehlen, kleine Einschübe über àußere Merkmale oder Eigenschaften einzubauen, die die Charaktere deutlich unterscheidbar machen. Sei es eine Augenklappe oder ein Lispeln, oder dass einer deutlich freundlicher ist als der andere. Das würde die Situation greifbarer machen. Es wird schon klar, dass Theo den Guido nicht mag und mit Hauke klarkommt. Aber von meiner Position kann ich die unterschiedlichen Beziehungen nicht nachvollziehen. Selbst wenn eine Figur nur kurze Nebenrolle spielt, sollte der Autor ihre ganze Biographie kennen und daraus spezielle Merkmale extrahieren.
Gut, das war schon alles. Leichte Abzüge bei der Charakterzeichnung, ansonsten eine sehr schöner Text, den ich auch mehrmals lesen werde.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Hallo @Carlo Zwei ,

ich möchte mich meinen Vorschreibern anschließen. Ich habe selbst einen Hang zum Morbiden und stehe total auf diese Mischung "Krise des Protagonisten" und lakonischem Friedhofshumor.
Vor allem die Kombination bzw. der Kontrast von Friedhof (Tod, Trauer, Andacht) und Arbeitsalltag (Leben, Humor, Pragmatismus) gefällt mir.
Ich habe selbst als Kind/Jugendliche lange Zeit neben einem Friedhof gewohnt (ok, das klingt jetzt creepy, war aber halb so wild) und bei allen Szenen deiner Geschichte hatte ich einen bestimmten Ort von dort im Kopf, was deine Geschichte für mich sehr (Achtung Wortspiel) "lebendig" werden lässt.

Jetzt noch ein subjektiver Kritikpunkt: Dein Protagonist leidet unter zwei Krisen. Die eine, offensichtliche, sind die Probleme mit seiner Freundin. Die andere die Erwartungshaltung seiner Eltern, in deren berufliche Fußstapfen zu treten. Bei der Kürze hätte ich mich für eine entschieden und diese konsequenter aufgebaut.
Ich persönlich finde Beziehungskrisen immer etwas abgeschmackt. Ist aber nur meine Meinung.
Der Schluss passt so wunderbar zur Identitätskrise. Er gräbt sich selbst aus, zerschmettert sein altes Ich und wählt einen neuen, eigenen Weg. Wie ne kleine berufliche Wiederauferstehung.

Die Nebenbaustelle mit dem Arm und dem Mückenstich finde ich eher unnötig. Obgleich hier vielleicht auch die familiäre Fürsorge der Friedhofsgärtner gezeigt wird.

Freu mich auf jeden Fall schon auf mehr!
Grüße,
JG

 
Zuletzt bearbeitet:

Ich hab ja schon ewig keine Story mehr von dir kommentiert, @Carlo Zwei … (Wie überhaupt ich in letzter Zeit immer weniger kommentiere hier im Forum, was jetzt nicht unbedingt nur an mangelnder Zeit liegt, sondern vielmehr an einer gewissen Lustlosigkeit, an so einer Art Überdruss. Zur Verdeutlichung bzw. als Rechtfertigung meiner Kommentiermüdigkeit muss dir ein Hinweis auf die Anzahl meiner Beiträge genügen … ja, irgendwie hab ich das Gefühl, alles irgendwann schon einmal gesagt zu haben, und in letzter Zeit fühle ich mich als (beinahe) ausschließlicher Leser einfach verdammt wohl, erinnert mich an die Zeit, als ich noch nicht angemeldet und nur stiller Mitleser war hier im Forum. Man liest unbefangener und irgendwie lustvoller, kommt mir vor, wenn man nicht andauernd den Rotstift in der Hand hat und sich nicht schon während der Lektüre den Kopf darüber zerbrechen muss, was man verdammt noch mal zum Text sagen könnte.)
Wie auch immer, jetzt ist es einfach wieder einmal an der Zeit*), dir zu sagen, Carlo, dass ich Geschichten von dir immer lese, und sie nahezu ausnahmslos alle richtig, richtig gut finde. (Ja, der Fettdruck musste jetzt einfach sein.)
Und diese hier besonders. Da stimmt für mich so ziemlich alles: Das originelle Setting, die dem Ich-Erzähler Theo perfekt auf den Leib geschneiderte Sprache, Theos einigermaßen durcheinandere Gefühlswelt, die vielen witzigen und nichtsdestoweniger stimmigen Details, und dass du das Ding lapidar mit Alltag und Sonstiges taggst, setzt dem ganzen gewissermaßen die Krone auf, hat es doch so was sympathisch Tiefstaplerisches.
Ich finde es wirklich großartig, wie du diesen Mikrokosmos einer eingeschworenen Gemeinschaft von Handwerkern zeichnest, einer Welt, in der sich der … äh, der studentische Schnösel mit den dünnen Ärmchen erstaunlich gut zurechtfindet, wie er trotz (oder gerade wegen?) seines Liebeskummers mit der Unbeschwertheit eines Tom Sawyer eine ihm fremde Welt entdeckt und seinen (von den Eltern vorgegebenen?) Lebensentwurf möglicherweise zu überdenken beginnt, ihn vielleicht sogar über den Haufen wirft, um nicht zu sagen, ihn zu Grabe trägt.

Eine wunderbare Mischung von „Literatur aus der Arbeitwelt“ und einer Coming of Age-Story ist dir da gelungen. War mir ein großes Lesevergnügen, Carlo.

offshore


*)nachmittägliches Edit:
Dass du heute meine Copywrite-Geschichte kommentierst, konnte ich gestern Nacht, als ich diesen Kommentar schrieb, natürlich nicht wissen. Hätte ich’s gewusst, hätte ich ihn natürlich trotzdem geschrieben, mir allerdings mit dem Posten vermutlich nicht so viel Zeit gelassen. Dann wärst jetzt nämlich du derjenige, der erklären müsste, dass sein Kommentar kein Quid pro quo ist, sondern dass du ihn sowieso hättest schreiben wollen, selbst wenn du gewusst hättest, dass … usw.
Leider sind mir gestern Nacht noch vor dem Schlusssatz die Augen zugefallen und heute wollte ich unbedingt in der Werkstatt was fertigmachen, deshalb die Verspätung. Aber eigentlich egal, oder?

 

Lieber @josefelipe ,

Für mich als Leser ist Dein Stil wie gemacht. Haha, das hattest Du sicherlich nicht im Sinn

hah, wieso das ›nicht‹? Also ich hab um ehrlich zu sein ein bisschen Schiss gehabt nach meinem Centershock-Flop (das Serien-Fragment mal ausgelassen). Insofern bin ich erleichtert.

Wie nimmst Du eine Abzweigung? Erst die linke, dann die rechte :dozey: ?

heißt jetzt ›Abbiegung‹ :-p nich schön, aber selten..

Einen Morgen begehen? Oder ‚begann ich’?

ja, das kann man wohl so schreiben ›begehen‹. Aber ich bin jetzt auch wieder bei ›beginnen‹

Weg mit dem Korrelat. ‚In Guidos Gesicht mischten sich W. und E.’

An der Stelle habe ich auch viel rumüberlegt. Bin nun bei deiner Version.

... der mit den Hühnern

:lol: :wein:

Das fragende ‚ja?’ wäre somit überflüssig, wie überhaupt die ganze Frage ‚ich geh zum Bäcker, Bockwurst holen und Mohnkuchen, ja?’, denn es ist doch eh klar, was es geben wird. „Ich hol uns was zum Mampfen“ hätte ich eher erwartet.

die Anmerkung muss ich noch etwas setzen lassen. Heikel, heikel. Kommt aber noch, denk ich.

Ist der Prota nicht allzu sehr als Weichei gezeichnet? Ein geerdeter, wenn auch unglücklich Verliebter könnte doch gerade an dieser Stelle tief Luft holen und der Welt zeigen wollen, was eine Harke ist?

da mach ich mich in der nächsten halben Stunde dran ... mal sehen, wie weit ich komme.

Ja, schon witzig, aber nur ein bissschen.

so witzig, dass du es streichen würdest? :shy:

Pardon – aber welche Zweien? Ich hab was übersehen, stimmt’s?

zwei Wochen, zwei Überraschungen. Steht aber in den Sätzen davor.

@josefelipe vielen, vielen Dank für deinen Besuch, die Anstöße und Hüneraugenentfernung.

LG
Carlo

 

Hola @Carlo Zwei,

eine klitzekleine Sache nur:

Wir nahmen zwei Abzweigungen ...
Das haut nicht hin, mMn. Wie nimmst Du eine Abzweigung? Erst die linke, dann die rechte ?

(Das Durchgestrichene sollte ein Scherzchen sein :hmm: .)

Carlo: schrieb:
... heißt jetzt ›Abbiegung‹ :-p nich schön, aber selten..

Wir nahmen zwei Abbiegungen und erreichten Abteilung achtzehn.
Mir geht’s nicht um Abzweigung oder Abbiegung, das ist egal – sondern um ‚eine Abbiegung nehmen’.
Geläufig ist mir: ... einer Abbiegung folgen / den kürzeren Weg nehmen.

Ich wünsche Dir noch viele – verdientermaßen – lobende Kommentare.
José

 

Hallo @Carlo Zwei ,
ich habe deine Geschichte gestern im Bett gelesen und sehr genossen. Das Setting ist wunderbar und der Gegensatz Tod-lebendig, die simplen Figuren, die trotzdem, oder genau deshalb etwas in Theo auslösen. Du hast mit wenigen Worten seine Liebeskrise gezeichnet und mit noch weniger Worten das Architekten-Schwert über seinem Kopf. Es wurde ja angemerkt, dass eines der Themen gereicht hätte, ich finde, sie haben sich gut ergänzt und Theo vielschichtiger gemacht.

Ein paar Sachen, im Guten wie im Nachdenklichen:

Mit ausgestrecktem Hintern pflückte ich die verkapselten Knospen der Eisbegonien.
Bei mir ruft dieses Bild eine Außenansicht seines Hinters hervor, was der Erzählperspektive wiederspricht. Liegt aber vielleicht nur an mir.

Wieder spukte mir Isa durch den Kopf. Ständig sah ich ihr Gesicht zwischen Hecken, Bäumen und Gräbern schweben.
Sehr schön. So simpel und deutlich.

Der Traum von Schweden steckte sicher noch irgendwo in Isas Kopf.
Auch so ein kleiner Hinweis, der einen ganzen Zeitgeist widerspiegelt. Klar, mit dem umgebauten Van nach Skandinavien... Ist auch mein mentaler HappyPlace, wenn es zuhause mal anstrengend wird.

Ich seufzte, öffnete das Gatter zur Gruft
Hier habe ich gestutzt, weil ich nicht mitbekommen habe, dass es sich um eine Gruft handelt und so habe ich ein, zwei Dinge vorher nicht verstanden. Ein kleiner Hinweis (mannshohe Wände oder geschmacklose girechische Säulen, die den Stein vom Eingang halten) hätte mir da geholfen.

Ich war nicht stolz darauf, aber die Notwendigkeit von Abschieden vorzutäuschen lag mir.
Ich versteh den Satz nicht ganz. Vermutlich liegts an der Uhrzeit, aber ich kriegs nicht hin.
So liest es sich, als ob ihm die Notwendigkeit liegt, nicht das Vortäuschen des Abschiedes.
Er könnte die Notwendigkeit, Abschiede vorzutäuschen, verstehen. Oder ihm liegt das Vortäuschen von Abschieden. Hm...

Mein rechter Arm war hart wie ein Baseballschläger.
»Du hast ‘ne Blutvergiftung, dein Arm ist hart wie’n Baseballschläger, oder seh ich was falsch?«
Hier mochte ich nicht, dass der Kollege den selben Vergleich bringt, wie Theo. Dadurch waren sie plötzlich eine, nämlich die Autorenstimme, nicht mehr zwei unterschiedliche Individuen.

»Tu das weg«, sagte Hauke und wies auf die Mülltonne.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Na was wohl?«
Oh Man ^^ Herrlich.

Ich konnte nicht sagen, ob es das Baumfällen, Einschlämmen oder Auskoffern war, das mich von der Notwendigkeit der Tat überzeugte. Jedenfalls waren es nicht Isa, Skandinavien oder die fünfhundert Euro
Auch eine großartige Stelle, weil sie alles so schön zusammenfasst, ohne aufdringlich zu wirken.

Eine Sache habe ich mich noch gefragt: Warum wollen sie Theo bei sich behalten? Er hat mir in der gesamten Geschichte keinen sehr kompetenten Eindruck gemacht. Gibt es keinen Anderen? Es klang bei Hauke so positiv und auch Guido hat ihn offenbar empfohlen, aber ich sehe nicht warum. Mitleid mit dem suchenden jungen Mann? Vielleicht ist das die Kerbe mit der Passivität, die da anklingt. Wenn er irgendwo aktiv was gut gemacht hätte, oder besonders, dann fände ich es nachvollziehbarer, dass sie ihn haben wollen.
(Vielleicht ist die Batterie der Taschenlampe runter in der Gruft aber er macht unbeeindruckt weiter im ersterbenden Flackerlicht.) <-- Nur ne dumme erste Idee, aber es transportiert, aus was für einem Holz er ist. Totengräberholz nämlich.

Alles in Allem war es eine wunderbare Geschichte. Ich mag ja diese leisen, morbiden Töne und Dialoge, die einfach sitzen und denen man nicht ansieht, dass man Stunden dran gefeilt hat.

man liest sich
huxley

 

Hallo Carlo,

auf die Idee muss man erstmal kommen, aus der Sicht eines Totengräbers, äh, Friedhofgärtners zu schreiben. Fachlich/arbeitstechnisch hat der Text überzeugt, als hättest du selbst schon mal ...

Im Einzelnen:

»Kriegst du nächste Woche …«
Wofür die Auslassungspunkte? Folgt da noch etwas?
Hast du öfter im Text.

»Gieß mal ordentlich«, rief Hauke. »Ist heiß gewesen.«
Würde ein Ausrufezeichen im ersten Satz setzen, zumal er ja ruft.

Mit ausgestrecktem Hintern pflückte ich die verkapselten Knospen der Eisbegonien.
Wofür ist der ausgestreckte Hintern wichtig?
Hat mich ein wenig irritiert, dachte zuerst, da käme noch was.

Es würde mein Leben nicht aufhören.
Klingt, als seien Wörter vertauscht.

mit Isa und jetzt dieser Typ, mit dem sie sich traf,
Ach, Isa lebt. Dachte, sie sei tot, weil er ja auf dem Friedhof an sie denkt ;)

und kam in zwei Gärtnerschritten auf mich zu.
Du hast so oft Gärtnerschritte, dass die Wirkung verpufft. Und ich kann mir dennoch nichts drunter vorstellen.

»Schon gut … Bist du jetzt dabei oder nicht?«
»Ja«, sagte ich und bereute es auf der Stelle.
Die Spannung steigt. Gut gemacht!

»Würdest du sehen wollen, wie jemand deine Großmutter ausbuddelt?«, fragte Eber.
»Meine Großmutter lebt.«
»Nur ein Beispiel …«
Zum zweiten Mal die Oma. Witzig.

Hauke, hol den Wagen.«
Ausrufezeichen anstatt Punkt.

Hat mir gut gefallen. Konnte gut eintauchen und habe mich wohl gefühlt, wenn man das von einem Friedhof behaupten kann.

Wünsche einen guten Wochenstart.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo @Carlo Zwei,

hat mir sehr gut gefallen, deine Geschichte. Ich weiß nicht, ob ich das schon mal erwähnt habe, gut möglich, aber ich hatte bei dir oftmals den Eindruck, dass du genau das Zeug hast, das man halt so braucht, um großartige Geschichten zu schreiben, dass dir dabei aber immer mal wieder das verflixte Handwerk in die Quere kommt. So, als würden da zwei Mächte gegeneinander ankämpfen. Na, hier hat das "Zeug" jedenfalls gesiegt, das Handwerk macht zwar stellenweise immer noch Sperenzchen, wird aber schwächer und schwächer in seinen Bemühungen.

Ich wollte zuerst einen Kommentar zu einer anderen Geschichte schreiben, hatte da irgendwas gefaselt von wegen, dass es am schönsten ist, wenn man nichtsahnend, wie gerade aus Bett gefallen, in eine Geschichte stolpert und gar nicht dazu kommt, über die fehlenden Klamotten oder den schlimmen Harndrang nachzudenken, oder anders gesagt, die Handlung einen gleich so einsaugt, dass man halt einfach ... liest, nicht in Wortkriegermanier, sondern wie hier, bei deiner Geschichte. Zum Vergnügen. (Das beißt sich ein bisschen mit dem, was weiter unten kommt, aber egal.)

Besonders gefällt mir an der Geschichte dieses Gefühl, das für mich persönlich Literatur ausmacht, also dieses Feingefühl des Autors, das Geschriebene nicht zu konstruieren bzw. es nicht so wirken zu lassen, als sei da etwas konstruiert. Du schreibst halt einfach. Lose Fäden kommen dabei nicht zustande, finde ich, aber, und das ist auch das einzige Aber, das ich vorzubringen habe: Die Gewichtung leidet ein bisschen. Bis zu einem gewissen Punkt fühlte sich alles noch geradlinig, stringent an, dann kommt die Geschichte für meine Begriffe aber ein bisschen ins Schlingern, als könnte sie sich nicht so recht entscheiden, wo genau sie hinwill. Und so gehe ich dann am Ende mit dem Gefühl raus, eine tolle, vielschichte Geschichte gelesen zu haben, die großen Spaß gemacht hat, wo aber nicht alle Zahnräder so ineinandergreifen, wie sie es vielleicht könnten. Aber ich rate dir, dich von diesem, meinem persönlichen Eindruck, nicht verunsichern zu lassen, manchmal ist es der perfekt durchdachte Plot, der einen begeistert, manchmal ganz andere Dinge. Hier wären das zum Beispiel die Charakterentwicklung, die besondere und anschaulich geschilderte Szenerie, die - bis auf kleine Ausnahmen - sprachliche Eleganz, der Witz, die angedeutete Melancholie. Vielleicht gelingt dir irgendwann der Glücksgriff, das alles mit dem perfekten Plot zu kombinieren. Dann schreibe ich einen Verriß, weil ich Minderwertigkeitskomplexe habe.

Trotz aller Euphorie: So ganz ohne Fehleraufgezeige schaff ich's dann doch nicht. Also hier, nimm dir, was du willst.

Ich entschied mich dagegen zu antworten.

So früh im Text schon so eine 50:50 Formulierung ... Hm ... Vielleicht geht es nur mir so, aber mir gefällt das nicht, ich lese jedes Wort einzeln, es fühlt sich nicht wie ein Satz an. Vielleicht eher so was wie: "Ich sagte dazu nichts."?

Ich schmatzte in seine Richtung zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.

"schmatzte in seine Richtung zum Zeichen" ... Hm. Weiß nicht. Denke, da gehört ein Komma nach Richtung, aber selbst dann ...

Er wusste wie sehr Guido und ich uns leiden konnten …

Komma nach wusste

Wenn ich zu langsam lief, rief Guido ›Gärtnerschritt!‹, womit er meinte, dass ich zu langsam lief.

Klingt ungewollt komisch, das Doppelgemoppel. Wenn das gewollt ist, hab ich nichts gesagt.

Was waren schon ein paar Wochen auf dem Friedhof für die Chance jemanden wie sie zu beeindrucken?

Komma nach Chance, vielleicht auch eher "gegen die Chance"?

Ich verstand die Aufforderung und bejahte in einer Weise, die nach Herzensangelegenheit klingen musste.

Versteh ich nicht

Bis dahin hast du die Stelen geschrubbt

Ist das ein gebräuchlicher Ausdruck? Hab ich noch nie von gehört, eben das erste mal, beim Googlen. Dachte erst, du wolltest "Stellen" schreiben. Vielleicht wäre ein geläufigeres Wort besser, vielleicht ist es gerade gut, weil Berufsjargon, keine Ahnung.

Bald hatte ich die Stelen und Bodenplatten gebürstet und machte mich mit dem Beitel daran das Moos aus den Fugen zu schaben.

Komma nach daran

Der Tag hatte mich geschafft und ich ihn hoffentlich bald auch. Es war an der Zeit nach Hause zu fahren. Nicht müde, verbraucht fühlte ich mich.
Den Abend lang schaute ich Serien und aß aufgewärmte Tomatensuppe.
Im Bett schließlich richtete ich die Augen in die Dunkelheit. Zwei Überraschungen. Zwei Wochen noch bis ich das Geld sah. Die Zweien tanzten in meinem Kopf, bis ich müde wurde und müder.

Es war an der Zeit, nach Hause zu fahren. ... Den Abend lang - weiß nicht so recht, ob die Formulierung "richtig" ist ... Zwei Wochen noch, bis ich das Geld sah. ... bis ich müde wurde und müder - vielleicht eher: bis ich müde und müder wurde?

Den nächsten Morgen beging ich mit Kaffee

Den Morgen "begehen"? Denke, das müsste "begann" heißen

und zum Dank rutscht du rein.

rutschst

»Ist nur ein Beispiel … jetzt nimm die Schlämmstange!«

Hätte da groß weitergeschrieben nach den Auslassungspunkten, also "Jetzt"

Widerwillig richtete ich die Stange auf die Mitte des Grabes, stach einige Zentimeter tief.
»Wasser läuft«, rief Guido und kam zurück.
»Los jetzt! Der Sarg liegt auf zwei fuffzig.«
Ich schüttelte den Kopf, reichte Guido die Stange.
»Mach kein’ Scheiß …«
Ich schüttelte den Kopf heftiger.

Hier hatte ich bisschen Probleme mitzukommen. Lag vielleicht daran, dass ich dachte, der Prota sagt das "Los jetzt!", des Absatzes wegen. Aber auch so ist mir das an der Stelle alles ein bisschen zu vage, ich finde, es wird nicht so richtig deutlich, warum er das Ding nicht reinbohren will. Hat er Angst, eine Leiche zu piksen? Übersehe ich hier irgendwas?

War dies die Strafe für illoyales Verhalten?

Hm ... Finde, das "dies" klingt etwas zu hochgestochen, "das" fände ich besser. Auch "illoyal" und das "köstliche Ritual" erscheinen mir unpassend - vielleicht "feige"? Oder ganz ohne Verhalten, einfach nur "War das die Strafe für eben?" oder so?

Sauer war ich ihm trotzdem.

"Jemandem sauer sein" ist glaube ich so ein regionales Ding, wenn ich mich nicht täusche, hier fände ich "Trotzdem war ich sauer auf ihn" besser.

Ich nahm mir vor bei nächster Gelegenheit zum Arzt zu gehen.

Komma nach vor

Ich war nicht stolz darauf, aber die Notwendigkeit von Abschieden vorzutäuschen lag mir.

"Die Notwendigkeit von Abschieden vorzutäuschen lag mir"? Entweder stimmt da was nicht mit der Konstruktion oder ich sitz aufm Schlauch.

die Notwendigkeit seine Rechnungen beim Friedhof zu begleichen.

Komma nach Notwendigkeit

Zuerst meinte ich ein helles Stück Holz gefunden zu haben.

Komma nach ich

Zusehends fiel es mir schwer aus dem Grab zu steigen, zumal mit nur einem Arm.

Vielleicht eher "schwerer"? Und die zumal-Konstruktion erscheint mir auch nicht ganz rund, kann mich aber täuschen.

ein Stückweit

Stück weit

Danke für die Geschichte und bis bald,

Bas

 

Hallo @Carlo Zwei,

ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen, bin deinem Theo gerne gefolgt durch sein düsteres Friedhofsabenteuer, oder vielleicht auch beim Beginn seiner Berufslaufbahn.
Die anderen Kommentare habe ich nicht gelesen.

»Eber hat ‘ne Überraschung für dich«, verkündete Hauke.
Das schräge Personal mag ich natürlich auch sehr, aber da könnte mMn auch noch etwas mehr gehen, Hauke z.B. ein paar detaillierte Charakterzüge bekommen und die anderen Typen etwas deutlicher voneinander abgegrenzt werden. Manchmal ist mir das zu durcheinander. Ein Problem habe ich auch mit (dem) Eber, und da weiß ich natürlich nicht genau, ob du das so willst. Manchmal nennst du ihn "Eber", als wäre es ein normaler Nachname, manchmal auch der Eber, was wiederum nach Spitznamen klingt, der natürlich gut dazu passt, wie du ihn am Ende dann beschreibst mit seiner Riesenstatur und wildem Bart - ein Eber, der Boss, ein wilder Schweinemann, der ohne Rücksicht auf Verluste die Erde durchpflügt … Also, mich stört lediglich die inkonsequente Form, einmal mit Artikel, einmal ohne. Ich vermute, Theo weiß es selbst nicht genau. Der Eber ist vielleicht so eine Art Grüffelo in seiner Vorstellung ...
Wieder spukte mir Isa durch den Kopf. Ständig sah ich ihr Gesicht zwischen Hecken, Bäumen und Gräbern schweben.
Ja, das glaube ich so. Schönes Bild!
Auf keinen Fall trinken; nicht mal wenn’s aus der Leitung kommt, hatte Guido mich beschworen.
Who the fuck is Guido? Mich haut der Name hier raus, weil ich ihn noch mit nix verbinden kann. Es würde auch genügen, hatten sie mich beschworen.
Nicht alle blühten. Die meisten waren Blindgänger.
Hihi!
»Mach fertig, ich geh zum Bäcker, Bockwurst holen und Mohnkuchen, ja?«
Das ja passt mMn nicht. Hauke bittet Theo ja nicht um seine Zustimmung. Er holt das Zeug, und fertig, wie immer. Also eher:
Bockwurst holen und Mohnkuchen - du weißt ja … (oder: wie immer …)
Kurz fiel mir die Überraschung ein, die Hauke mir versprochen hatte. Vielleicht ein schlechter Witz. Was sollte Eber schon von mir wollen?
»Gehst gleich mit Guido«, nuschelte André, die rechte Hand des Ebers,
Inkonsequent. Und André hat nur diesen kurzen Auftritt, braucht es den dann überhaupt? Würde ja auch zu Guido passen, die rechte Hand des/vom Eber/s zu sein, dann könnte Guido einfach sagen, jetzt gehste gleich mit mir. Nur mal als Vorschlag.
Ich schmatzte in seine Richtung zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.
Komma nach Richtung. Aber sonst nice!
… mein erstes Mal auf der Schwimmbadwiese mit Isa und jetzt dieser Typ, mit dem sie sich traf, obwohl wir noch zusammen waren. Es wunderte mich kaum. Nicht mal eine Motorsäge konnte ich halten.
Sehr schön! Ach, Theo ...
Eine Träne kullerte meine Wange hinab, blieb am Kinn hängen. Es machte mich wütend.
Musst du den wirklich weinen lassen? Stärker würde ich finden, wenn er es sich verkneift, und Guido das dann trotzdem sagt:
»Wenn du heulen willst, geh nach Hause.«
Ich nickte und stellte mich an den Rand.
»Vielleicht solltest du Reicherts Gruft reinigen«, schlug Guido vor.
Ich verstand die Aufforderung und bejahte in einer Weise, die nach Herzensangelegenheit klingen musste.
Damit komme ich nicht recht klar, ist mir etwas zu wirr ...
in kühler Hauch umwehte mich. So merkwürdig es klingen mochte: Ich hätte Isa diesen Ort gern gezeigt. Es wäre nicht unser erster seltsamer Ausflug.
Das Kursive ist unnötig. So denkt er das ja nicht.
Der Tag hatte mich geschafft und ich ihn hoffentlich bald auch.
Passt nicht zum restlichen Ton, ist auch nicht extra witzig.
Nicht müde, verbraucht fühlte ich mich.
Vllt besser einfach: Ich fühlte mich verbraucht?
Den Abend lang schaute ich Serien und aß aufgewärmte Tomatensuppe.
Den Abend lang klingt nicht gut. Eh klar, dass Abend ist. Einfach: Ich schaute Serien und aß ...
Den nächsten Morgen beging ich mit Kaffee und der Erinnerung an einen Mann, der mich im Traum nach Laugengebäck gefragt hatte.
Hä? Aber die "Erinnerung an einen Mann ..." mag ich sehr!
»Was machen deine Eltern, hm?«, fragte er ohne mich anzusehen.
»Architekten«, antwortete ich.
»Ja ja … So was hab’ ich mir gedacht …«
Also, natürlich passt das schon gut dahin, und ich mag den schrägen Kontrast zwischen den beiden Berufszweigen: die einen planen die Zukunft und bauen in die Höhe, die anderen kümmern sich um das Vergangene und graben in die Tiefe - trotzdem kann ich mir nicht recht vorstellen, dass Guido nach dem Beruf der Eltern fragt ...
Den Beschreibungen nach musste es der Eber sein. Begegnet waren wir uns nie, da ich mich im Büro beworben hatte. Umso eigenartiger, ihn nun nachts auf dem Friedhof zu treffen.
Das verstehe ich jetzt nicht. Wo hätte er sich sonst bewerben sollen, der Theo? Und normalerweise macht man das ja beim Chef. Also, da ist einfach ein großes Hä? meinerseits an dieser Stelle.
Aber sonst, Carlo Zwei, mag ich deine Geschichte sehr, hatte großen Spaß daran!

Danke und viele Grüße von Raindog

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebes @Kellerkind ,

freue mich sehr, dass du wieder vorbeigeschaut hast. Hat richtig gekribbelt… Ich habe bis jetzt noch nicht geantwortet, weil ich noch immer an deinen Vorschlägen (teilweise auch noch an dem von @josefelipe) sitze. Habe erste erfolglose Testläufe hinter mir und versuche es gleich nochmal (habe ja gerade Ferien …). Deinen Hinweis finde ich jedenfalls hilfreich. Das nächste Mal mache ich mir vorher über die Passivität Gedanken, dann habe ich hinterher nicht den Ärger … stelle hoffentlich in ein paar Stunden, vielleicht auch erst nach einer Nacht drüber schlafen, ne neue, überarbeitete Version ein. Freue mich drauf, falls es klappen sollte :-)

Okay! Dann nochmal vielen Dank und bis sehr bald!
Carlo

-----

Liebe/r @JGardener ,

danke für deinen Kommentar :-) Du bist neu hier und da freue ich mich, dass du einfach so meine Story rausgepickt hast und kommentierst. Deine Friedhof-Vergangenheit :p finde ich gar nicht creepy, sondern fast beneidenswert. Ist schließlich meistens nachts sehr ruhig da, hehe.
Deine Kritik mit den zwei Konflikten kann ich nachvollziehen. Da traue ich mich allerdings nicht ran. Nicht bei dieser Geschichte. Aber für weitere Stories merke ich mir den Einwand und versuche mehr noch den zentralen Konflikt zu suchen.

Danke @JGardener.
Bis dann
Carlo


-----

Edit:
@josefelipe

Dein Kommentar:

eine klitzekleine Sache nur
Wir nahmen zwei Abzweigungen ...

Das haut nicht hin, mMn. Wie nimmst Du eine Abzweigung? Erst die linke, dann die rechte ?

(Das Durchgestrichene sollte ein Scherzchen sein :hmm: .)

Den Scherz habe ich schon gerafft :lol: Ich hatte den Punkt bloß nicht richtig verstanden, glaube ich. Aber du hast recht. Wiktionary kennt diese Wendung, der Duden scheinbar nicht. Ergo ist das dünnes Eis. Da überlege ich mir was Sauberes.

LG und danke nochmal

 

»Stell dir vor, du machst das Grab deiner Oma frisch und zum Dank rutscht du rein.«
»Meine Oma lebt noch«, sagte ich.
[...]
»Würdest du sehen wollen, wie jemand deine Großmutter ausbuddelt?«, fragte Eber.
»Meine Großmutter lebt.«

Mir gingen beim Lesen dieser makabaren Geschichte zwo vielleicht gar nicht so passende Vergleiche spontan durch den Schädel. Als ich es satt war, als Werkstudent während der Semesterferien immer gleiches zu tun (1970-er Jahre in der Schwerindustrie bedeutete bei meinem ehemaligen Lehrherren (kfm. Ausbildung), sechs Monate arbeiten und sieben Monate – Weihnachtsgeld! - kassieren – und doch wollte ich auch was lernen und pfiff einmal auf sieben gute Monatsgehälter Tariflohn, um was zu lernen im Garten- und Landschaftsbau und landete auf Autobahnböschungen (der Hollandbahn!). Der Lerneffekt war gering, mit der Sense kann ich heute noch arbeiten und das Gefühl hab ich, auch im Weinbau selbst an der steilsten Stelle über Cochem notfalls einspringen zu können – hab es aber nie gebraucht.

Das zwote ist, ich übertreib sicherlich, aber Literatur darf übertreiben, die Schweizer haben Romeo und Julia auf dem Lande und wir jetzt eine shakespearige Friedhofsgeschichte, gehen wir mal von aus, dass Shakespeare nicht immer schon der Homer der Neuzeit gewesen ist. Und direkt zu Anfang,

lieber Carlo Zwei,

steht ein Satz, der nicht besser belegen kann, wozu Kommas gut sind, wenn es heißt
(Stand gestern so nach 22 Uhr, kann sich also alles ein bisschen überschneiden)

Ich entschied mich dagegen zu antworten.
Was will der Icherzähler uns sagen? Dass er schweigen will
Ich entschied mich dagegen[,] zu antworten.
oder Widerworte geben und antworten
Ich entschied mich[,] dagegen zu antworten.

Eine ähnliche Konstellation erfolgt noch einmal weiter unten - aber ohne Infinitiv - wenn es heißt
»Darfst heute nochmal mit Guido«, sagte er.
Entweder
»Darfst heute nochmal mit[,] Guido«, sagte er.
Guido darf noch mal mit … oder
»Darfst heute nochmal[,] mit Guido«, sagte er.
Ein anderer darf mit Guido
Womit ich den schwersten Berg (der Art, wie bring ich's dem xy bei?) schon bestiegen hab.
Auf keinen Fall trinken; nicht mal[,] wenn’s aus der Leitung kommt, hatte Guido mich beschworen.

Es kommt aber auch mehr als nur Zeichensetzung
... waren meine Gedanken wieder ganz bei Isa. Es würde mein Leben nicht aufhören. Nie wieder käme mir etwas anderes in den Sinn[...] als der Geruch von Sonnencreme auf ihrer braunen Haut.
a) Warum die würde-Konstruktion (also Zweifel an der eigenen GlaubWÜRDigkeit), wenn das einfache Futur in seiner bescheidenen binären Wertigkeit – es wird oder es wird eben nicht (und sei‘s nur halb)- unbestimmt genug ist. Dieses absolut sich gebende „nie wieder“ verdient den Konj. irrealis sogar!
b) das Komma vorm als muss weg, „als“ leitet einen bloßen Vergleich ein, keinen vollständigen Satz, im Gegensartz zu dem nun vergleichenden „wie“
Hauke warf mir einen mitleidigen Blick zu. Er wusste[,] wie sehr Guido und ich uns leiden konnten …
das somit das Komma erzwingt.

Bald hatte ich die Stelen und Bodenplatten gebürstet und machte mich mit dem Beitel daran[,] das Moos aus den Fugen zu schaben.
Ich versuchte mir auszumalen, wie[…] viel die Erben der Reicherts jährlich blechten, damit die Gebeine ihrer Ahnen es hier unten gemütlich hatten.
„wie viel“ immer auseinander, nur substantiviertes „Wieviel“ zusammen

Es war an der Zeit[,] nach Hause zu fahren.
»Nächste Woche ist es so[...]weit …«
Soweit ich weiß, nur als Konjunktion zusammen, bei unbestimmten örtl./zeitlichen Angaben „so weit“ immer auseinander.
Weil die Konjunktion eher selten vorkommt, empfehl ich im Zweifelsfalle immer getrennte Schreibung und die Fehlerquote sinkt trotzdem ...

Zum Mittag gab es wieder Bockwurst und Mohnkuchen und ich bekam das Gefühl[,] den Segen des Friedhofs wiederzuerlangen.
»Hast du ihm alles erklärt«, fragte der Eber.
¿

Nachdem Hauke mir Kaffee aus einer Thermoskanne eingeschenkt hatte, erklärte der Eber mir alles über Totenruhe, begrenzte Liegezeiten und die Notwendigkeit[,] seine Rechnungen beim Friedhof zu begleichen.
Zuerst meinte ich[,] ein helles Stück Holz gefunden zu haben.
Wir gruben mehr und mehr Schädel- und Knochenstücke aus. Zusehends fiel es mir schwer[,] aus dem Grab zu steigen, zumal mit nur einem Arm.
Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, wie es sich anfühlte[,] einen Grabstein zu zertrümmern, auf dem mein eigener Name stand.

Ob Architekt oder Kioskbesitzer, ein Stück[...]weit gehörte ich jetzt zu ihnen.

Die meisten Komma-Fehler finde ich im Umfeld von Infinitiv-Gruppen. Ich kopier Dir einfach die Regeln hier runter: „Um das Lesen zu erleichtern, können Infinitiv- und Partizipgruppen mit einem Komma abgetrennt oder zwischen Kommas eingeschlossen werden: Den Ball richtig zu treffen[,] ist anfangs nicht leicht. Oder: Ein großes weißes Taschentuch schwenkend[,] winkte er dem Zug hinterher.
Allerdings: Wenn eine Infinitivgruppe mit ohne, um, als, [an]statt, außer eingeleitet wird, ist das Setzen von einem oder zwei Kommas zwingend: Er ging, ohne sich noch einmal umzublicken, aus dem Haus.
Ebenfalls zwingend ist das Komma, wenn eine Infinitivgruppe von einem Nomen, einem Verweiswort oder einem Wort mit Platzhalterfunktion abhängig ist: Wir hatten nur noch den Wunsch, endlich am Ziel anzukommen. Kannst Du mich daran erinnern, den Wecker zu stellen? Einmal mit einem Flugzeug über Afrika zu fliegen, das ist ihr größter Wunsch.“ (Duden | Kommasetzung bei Hauptsätzen, Infinitiv- und Partizipgruppen
ganz ausführlich unter ganz ausführlich und mit Beispielen unter Duden | Komma

Bis 2017 hab ich im Zweifel immer empfohlen, ein Komma zu setzen (vgl. Satz 1 hier), sei ja nicht verboten. Bis vor Kurzem diese Möglichkeit ausgeschlossen wurde im Vorrang des komplexen Prädikats gegen den Rest der Welt:

Der Infinitiv mit zu bildet mit einem übergeordneten Verb ein komplexes Prädikat. In diesem Fall wird kein Komma gesetzt.“

so sind Kombinationen mit „lassen“ oft komplexe Prädikate (auffangen/bestechen/bieten … lassen z. B.), aber auch Modalverben erzeugen sie usw. usf. Beispiele komplexer Prädikate unter Komplexe Prädikate)

So, der Himmel zieht sich zusammen - schnell noch mal raus ...

Ach ja, bevor ich's vergess: Gern gelesen vom

Friedel

 

Hey @ernst offshore ,

hm, macht mir ein bisschen Sorge das mit dem Überdruss. Aber vielleicht fehlt mir mit zehn Prozent deiner Kommentartätigkeit einfach auch die Relation
:hmm:
Ich hoffe jedenfalls, dass du auch als »stiller Mitleser«, Autor und »gelegentlicher« Kommentator weiterhin auf deine Kosten kommst. Ich danke dir, dass du mir trotzdem einen Kommentar dagelassen hast. Zwar musste ich quid pro quo nochmal googlen, aber verstanden hab ichs gleich. Ich hab mich ein bisschen geschämt, schließlich bin ich selten da gewesen in letzter Zeit und meistens mit ner Story. Ich hab deine aber weder wegen des Autors noch wegen einer offenen Rechnung kommentiert
:lol:
Ich hab die ersten Zeilen gelesen und bin daran hängen geblieben, obwohl der Text fast ein bisschen roh wirkte, hat er mir wirklich gefallen. 


Deinen Fettdruck druck ich mir aus und versteck ihn in einer Tischritze für schlechte Tage. Danke dafür!
Es hat mich sehr gefreut, dass dir der Text gefallen hat. Habe ne ganze Weile daran rumgeschraubt und bin froh, wenns am Ende funktioniert. Über den studentischen Schnösel mit dünnen Ärmchen musste ich lachen. Das Cliché steckt auf jeden Fall zwischen den Zeilen. Ich fand auch interessant, dass du den Aspekt Arbeitswelt bzw. eingeschworene Handwerksgemeinschaft angesprochen hast. Ich finde sowas persönlich interessant. Als ich vor nem Jahr wieder den Krabat von Preußler gelesen hab, ist mir aufgefallen, wie detailreich der das Müllerhandwerk beschreibt ohne damit zu langweilen. Hat mir jedenfalls sehr imponiert. Schon ein meisterliches Buch, hab direkt Lust, es wieder zu lesen.

Also. Ich hoffe du hast alles fertig gekriegt in der Werkstatt. Ich wünsche dir noch ne schöne restliche Woche. Danke für deinen Kommentar.

Carlo

--

Liebe/r @Huxley ,

wie du es beschreibst, klingt es sehr schön. Im Bett sitzen, der Laptop auf dem Schoss, ein Kakao und ungestört ein paar Zeilen lesen. So ähnlich sah jedenfalls auch das Setting beim Schreiben aus ;)

Danke für die genauen Anmerkungen und dein Plädoyer für die mehreren Konflikte. Den »ausgestreckten Hintern« habe ich mal aus dem Bild geschnitten. Ich wollte damit eigentlich nur ergonomische Körperhaltung andeuten :lol:

Ein kleiner Hinweis (mannshohe Wände oder geschmacklose girechische Säulen, die den Stein vom Eingang halten) hätte mir da geholfen.

das habe ich bislang noch nicht so richtig hinbekommen. Mal schauen, vielleicht wirds ja noch..

Ich versteh den Satz nicht ganz. Vermutlich liegts an der Uhrzeit, aber ich kriegs nicht hin.
So liest es sich, als ob ihm die Notwendigkeit liegt, nicht das Vortäuschen des Abschiedes.
Er könnte die Notwendigkeit, Abschiede vorzutäuschen, verstehen. Oder ihm liegt das Vortäuschen von Abschieden. Hm...

Haha, das hat Bas auch schon angestrichen. Wieso versteht ihr das bloß nicht?! Für mich völlig klar .. Die Notwendigkeit Abschiede vorzutäuschen liegt mir. Ergo habe ich ein Talent für das Vortäuschen notwendiger Abschiede; ich kann also Leuten gut weiß machen, dass ein Abschied notwendig ist, es also kein Wenn und Aber gibt. :idee:

Hier mochte ich nicht, dass der Kollege den selben Vergleich bringt, wie Theo. Dadurch waren sie plötzlich eine, nämlich die Autorenstimme, nicht mehr zwei unterschiedliche Individuen.

ich glaube, das ist Geschmackssache. Aber ich habe es erstmal geändert. Vielleicht mach ich es aber nochmal rückgängig, wenn ich das Gefühl bekomme, da fehlt etwas.

Eine Sache habe ich mich noch gefragt: Warum wollen sie Theo bei sich behalten? Er hat mir in der gesamten Geschichte keinen sehr kompetenten Eindruck gemacht. Gibt es keinen Anderen?

ist auf jeden Fall noch ein Loch in der Logik. Wahrscheinlich nicht mal so leicht zu stopfen. Meine Hoffnung ist bei so etwas eigentlich immer, dass Leser das akzeptieren und der leicht schrägen Realität in der Story und nicht dem Autor in Rechnung stellen, hehe.

Vielen Dank, Huxley, dass du dich an meinen Text gesetzt und deine Eindrücke mit mir geteilt hast. Ich mache mir jetzt einen Kakao. Ciao :-) !!

Carlo

 

Ich entschied mich dagegen zu antworten.

Dann einfach nichts schreiben. Nächster Satz.

Wieder spukte mir Isa durch den Kopf. Ständig sah ich ihr Gesicht zwischen Hecken, Bäumen und Gräbern schweben.

Fünf Sätze, drei Namen: Eber, Hauke, Isa. Schwierig, das alles zu prozessieren.

Ich holte noch zehn Liter, tauchte die schwieligen Hände ins Brunnenwasser. An den Steinrändern brüteten seltsame Mücken.

Schwielig klingt nach Selbstbetrachtung. Kann weg. Er arbeitet. Schwielige Hände sind die Norm. Außer er hat vorher noch nie körperlich gearbeitet. Dann muss mir das aber gezeigt werden. Seltsame Mücken. Warum seltsam? Ist das wichtig? Eher nicht, oder?

Mit gebeugtem Rücken pflückte ich die verkapselten Knospen der Eisbegonien.

Klingt unschön und ungelenk. Lieber einfacher. Ich pflückte die Knopsen der Eisbegonien. Gebeugter Rücken ist klar, er macht ja keinen Handstand.

Bockwurst und Mohnkuchen, was anderes aßen wir hier praktisch nicht.

Warum praktisch nicht? Was hat dieses Beiwort für einen Sinn? Was anderes aßen wir hier nicht. Punkt.

Nie wieder käme mir etwas anderes in den Sinn, als der Geruch von Sonnencreme auf ihrer braunen Haut.

Hier würde ich Isa das erste Mal erwähnen.

womit er meinte, dass ich zu langsam lief.
Schon klar. Kann weg.

Also, man sieht, du bist auf dem Weg. Ich finde, du hast hier vieles richtig gemacht. Ich würde mir trotzdem mehr Verschlankung wünschen, die Dialoge sind immer noch sehr voll, und das an den falschen Stellen.

Bsp:

»Tu das weg«, sagte Hauke und wies auf die Mülltonne.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Na was wohl?«

Nach: Tu das weg würde ich rausgehen. Du erklärst es dann im nächsten Satz sowieso. Das ist ein gutes Exemplar, ein gutes Beispiel, und das zieht sich durch den gesamten Text. Dein Protagonist ist, bezogen auf die Welt, die Umstände, in denen er sch bewegt, viel zu redefreudig. Er müsste stiller, verhaltener sein, abwartender, in einer angespannten Neugierde verharrend. Die Konstruktion steht, würde ich sagen, aber da könntest du noch nachlegen.

Ganz klar ist mir auch nicht geworden, warum es Isa braucht. Die soll so ein wenig als Gegensatz herhalten, so ein Stück Hoffnung, aber in was? Die Umstände werden mir nicht klar. Natürlich ist das auch ein wenig erwartbar, ein wenig durchschaubar, deswegen würde ich mir das überlegen, denn dein Text braucht das nicht, hat das nicht nötig. Diese Konstruktion hinter der Konstruktion sollte wenn, dann nur vage erahnbar sein. Du vermengst dann gegen Ende alles ein wenig, Isa, Schweden, die Architekteneltern, aber mir nie klar, warum er in dieser Position ist, aus welcher Haltung heraus er da erzählst. Dann wird das richtungslos. Das KANN man machen, aber dann solltest du nicht diese red herrings auswerfen, diese Fährten, die nirgends hinführen. Das ist zuviel für eine Andeutung. Vielleicht lieber auf ein Motiv konzentrieren. Oder einfach nur diese Welt zeigen, die ja ihre ganz eigenen Regeln hat. Mehr hat der Text, mMn, auch gar nicht nötig, da braucht es diesen Effekt nicht.

Gruss, Jimmy

 

Hey @GoMusic ,

hoffe du hattest auch einen guten Start in die Woche! Danke, dass du vorbeigeschaut hast.
Die Auslassungs verwende ich oft um Pausen in der Rede zu setzen. Das ist wahrscheinlich ungebräuchlich, in dem von dir zitierten Beispiel habe ich es auch geändert. Das erste Ausrufezeiche (»Gieß mal ordentlich[!]«, rief Hauke. »Ist heiß gewesen.«) habe ich gesetzt, im zweiten Fall (Hauke, hol den Wagen.«) allerdings nicht. Da spricht Eber zwar in der Befehlsform, aber trotzdem nicht laut, weil er eben Autorität hat. Er muss seine Befehle nicht schmettern.
Den rausgestreckten Hintern habe ich nach Huxleys und Deinem Hinweis rausgenommen. Werde wohl aber nach Jimmys Erklärung, die ganze Beschreibung der Körperhaltung streichen.
Ich: »Es würde mein Leben nicht aufhören.« --> Du: Klingt, als seien Wörter vertauscht.
Ich weiß, was du meinst. Ist nicht so clean, hat aber auch Melodie. Habe es umgeschrieben für mehr Klarheit. Danke für deine Einschätzungen, GoMusic!

LG
Carlo


Hey @Bas,

danke für den kurzen Prolog deines Kommentars! Du beschreibst da etwas, worüber ich sicher nicht selten nachgebrütet habe. Ich glaube, ich bin etwas renitent was Struktur angeht, weshalb sich mein Leben manchmal wie ein großes Trial-and-Error anfühlt :lol: Diesmal hab ich zumindest ein Dramenmodell benutzt. Vielleicht liegt es ja daran ... Ich danke dir jedenfalls, dass du mir gute Geschichten zutraust. Das Kompliment nehm ich an, geb es aber auch gern zurück!

Ich wollte zuerst einen Kommentar zu einer anderen Geschichte schreiben, hatte da irgendwas gefaselt von wegen, dass es am schönsten ist, wenn man nichtsahnend, wie gerade aus Bett gefallen, in eine Geschichte stolpert und gar nicht dazu kommt, über die fehlenden Klamotten oder den schlimmen Harndrang nachzudenken

:lol: was war das für eine Story?

Dein persönlicher Eindruck, dass die Geschichte irgendwann so eine Schlinger-Tendenz bekommt, verunsichert mich nicht, macht mich aber neugierig. Ich glaube, dass du da in deinem Prolog schon alles Wesentliche gesagt hast. Dieses Handwerk treibt eben doch noch gerne seine Sperenzien mit mir.. Ich erinnere mich übrigens schmerzlich an den Begriff ›Stringenz‹, weil Peeperkorn den gerne benutzt hat, um etwas zu beschreiben, was er meinen Storys wünschen würde. Ich denke eigentlich, dass ich damit besser geworden bin. Allerdings geht da sicher noch einiges, wenn ich mir andere Stories so anschaue.
Wenn mir der »Glücksgriff«, den du beschreibst, tatsächlich gelingt, hoffe ich, dich damit nicht in die Depression zu stürzen. Ich glaube im übrigen, dass der Tag noch auf sich warten lässt :gelb:

»50:50-Formulierung« ist ein schöner Begriff. Muss ich mir mal merken. Gerade teste ich die von dir vorgeschlagene Version Gefällt mirn. Auch wenn Jimmys Vorschlag, den Satz ganz zu streichen, mir ebenso einleuchtet. Mal sehen.

Das Doppelgemoppel (Wenn ich zu langsam lief, rief Guido ›Gärtnerschritt!‹, womit er meinte, dass ich zu langsam lief) werde ich wohl wieder auflösen. Habs noch nicht gemacht, weil ich ein bisschen daran hänge. Aber es ist schon sehr tautologisch. Das soll eigentlich das Witzige daran sein. Außer mir lacht bloß niemand darüber:shy:
Danke auch für die Komma-Korrekturen. Friedl hat mir jetzt nochmal den Rest gegeben. Ich glaube diesmal habe ich es wirklich gerafft. Hatte immer noch Schwierigkeiten mit Kommas bei Infinitivgruppen mit zu. Ich muss sagen, so traurig das klingt, Kommasetzung habe ich hier im Forum gelernt...

Du hattest dann nach den »Stelen« gefragt. Nee, »Stellen« wollte ich nicht schreiben. Stelen sind wuchtige (antike) Gedenktafeln. Eigentlich ein archäologischer Begriff. Insofern könnte ich das fairerweise in Normaldeutsch überführen.

Den Abend lang - weiß nicht so recht, ob die Formulierung "richtig"

Ja.. Wahrscheinlich eine von denen, die alle außer mir als falsch empfinden.

müde und müder wurde?

hmm, da gefällt mir meins momentan noch besser. ... müde wurde und müder. Weils dann nicht auf das Hilfsverb ausklingt. Aber vielleicht seh ich das heute Abend schon anders ^^

Den Morgen "begehen"? Denke, das müsste "begann" heißen

Also ein Fest begehen, einen Morgen begehen – war so die Idee. Aber hat schon José verwirrt.

Hätte da groß weitergeschrieben nach den Auslassungspunkten, also "Jetzt"

sehr feine Anmerkung. Habe ich gemacht. Find ich besser.

Hier hatte ich bisschen Probleme mitzukommen. Lag vielleicht daran, dass ich dachte, der Prota sagt das "Los jetzt!", des Absatzes wegen. Aber auch so ist mir das an der Stelle alles ein bisschen zu vage, ich finde, es wird nicht so richtig deutlich, warum er das Ding nicht reinbohren will. Hat er Angst, eine Leiche zu piksen? Übersehe ich hier irgendwas?

Den Hinweis merke ich mir und versuche dafür noch eine gute Lösung zu finden. Ich habe das nicht ganz deutlich gemacht, denke ich. Will ich auch nicht. Aber ein bisschen deutlicher muss es wohl noch werden (Theo hat keine Angst aber Abscheu davor).

Hm ... Finde, das "dies" klingt etwas zu hochgestochen, "das" fände ich besser. Auch "illoyal" und das "köstliche Ritual" erscheinen mir unpassend - vielleicht "feige"? Oder ganz ohne Verhalten, einfach nur "War das die Strafe für eben?" oder so?

hab ich versucht und bin nochmal zurückgerudert. Ich hab gemerkt, dass das schon irgendwie was mit der Passage macht. Ich glaub, ich hab einige Stellen, die dem Text etwas Komödienhaftes verleihen und auf denen ich mich bislang gerne ausruhe, auch um Logikbrücken zu schlagen, bestimmte Dinge nicht ausformulieren zu müssen. Weiß nicht, ob klar ist, was ich meine. Das Komödienhafte besteht vielleicht in diesem sprachlichen Regelverstoß. Ich muss das nochmal offline ausprobieren. Bisschen setzen lassen und so.

"Jemandem sauer sein" ist glaube ich so ein regionales Ding, wenn ich mich nicht täusche, hier fände ich "Trotzdem war ich sauer auf ihn" besser.

genommen

"Die Notwendigkeit von Abschieden vorzutäuschen lag mir"? Entweder stimmt da was nicht mit der Konstruktion oder ich sitz aufm Schlauch.

hehe, das hatte auch Huxley angestrichen. Warum?! Ich kopier einfach mal meine Erklärung:

Für mich völlig klar .. Die Notwendigkeit Abschiede vorzutäuschen liegt mir. Ergo habe ich ein Talent für das Vortäuschen notwendiger Abschiede; ich kann also Leuten gut weiß machen, dass ein Abschied notwendig ist, es also kein Wenn und Aber gibt.
Macht das Sinn?

Lieber Bas, nochmal vielen Dank für deine Anmerkungen und das genaue Lesen. Wir sehen uns spätestens bei deinem Verriss meines Glücksgriffs.:rolleyes:

LG
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei

"Für mich völlig klar .. Die Notwendigkeit Abschiede vorzutäuschen liegt mir. Ergo habe ich ein Talent für das Vortäuschen notwendiger Abschiede; ich kann also Leuten gut weiß machen, dass ein Abschied notwendig ist, es also kein Wenn und Aber gibt. "

Beim Leser springt der Bezug des "liegt mir" zwischen den Substantiven hin und her. In Deiner Erklärung verwendest Du "Vortäuschung" als Substantiv. Das deutet schon darauf hin, wie Du es besser formulieren könntest.
Die Vortäuschung der Notwendigkeit von Abschieden liegt mir.
Das wäre grammatisch eindeutiger. Stilistisch allerdings ... Fingernagel an Tafel :)

Grüße!
Kellerkind

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Raindog,

danke für deinen ausführlichen Kommentar. Ich bin noch nicht ganz fertig mit der Umsetzung deiner Hinweise, aber möchte dir trotzdem gerne schon schreiben.

Wie Kellerkind forderst du mehr Charakterdetails. Ich habe da schon einen ersten Entwurf, möchte das noch ein bisschen weiterentwickeln. Die Stimmung der Geschichte hat sich mit diesen kleinen Figurendetails sehr gewandelt. Guido war plötzlich viel angsteinflößender und Hauke nicht mehr der im besten Sinne treudoofe Kumpel, den ich mir ursprünglich erdacht habe. Wahrscheinlich habe ich noch nicht nach den richtigen Details gegriffen. Ich habe noch nicht versucht, Eber konsequent mit oder ohne Artikel zu schreiben. Was ich auf jeden Fall ausprobiere, ist, ihn ohne Artikel zu schreiben, sonst ist mir das Tier zu sehr im Vordergrund. Mein Gefühl sagt mir auch, dass Konsequenz hier besser wäre. Aber auf die Probe stellen muss ich es noch.

Who the fuck is Guido? Mich haut der Name hier raus, weil ich ihn noch mit nix verbinden kann. Es würde auch genügen, hatten sie mich beschworen.
Hihi!

Auch das ist noch nicht abgeschlossen ... deine Version habe ich ausprobiert, es aber einige zeit später wieder geändert. War mir zu unbestimmt. Das Problem besteht aber weiter und wurde auch von Jimmy nochmal angesprochen. Scheinbar werden zu viele Figuren in zu kurzer Zeit eingeführt. Das fordert mehr Konzentration. Mein Schweinehund-Gedanke, den mir ein Testleser eingepflanzt hat: Durch die Komplexität entsteht eine Überforderung zu Anfang der Story, die mehr Interesse für diesen Mikrokosmos weckt und so eine Sogwirkung entwickelt. Mein innerer Kritiker sagt aber, dass das eine faule Ausrede ist und man gar nicht erst mit solchen Mätzchen anfangen sollte ...

Das ja passt mMn nicht. Hauke bittet Theo ja nicht um seine Zustimmung. Er holt das Zeug, und fertig, wie immer. Also eher:
Bockwurst holen und Mohnkuchen - du weißt ja … (oder: wie immer …)

hab ich geändert. Danke!

Inkonsequent. Und André hat nur diesen kurzen Auftritt, braucht es den dann überhaupt? Würde ja auch zu Guido passen, die rechte Hand des/vom Eber/s zu sein, dann könnte Guido einfach sagen, jetzt gehste gleich mit mir. Nur mal als Vorschlag.

Ausprobiert. Das hat auch dazu geführt, dass Guido irgendwie bedrohlicher und präsenter wurde. Das ist ja eigentlich nichts Schlechtes, im Gegenteil. Es erfordert nur, dass ich die Story umschreibe und das braucht mehrere Durchgänge.

Musst du den wirklich weinen lassen? Stärker würde ich finden, wenn er es sich verkneift, und Guido das dann trotzdem sagt:

gute Idee!! Hab ich gemacht und bin zufrieden damit. War schon etwas melodramatisch. Nicht so richtig fühlbar.

Ich verstand die Aufforderung und bejahte in einer Weise, die nach Herzensangelegenheit klingen musste.

Damit komme ich nicht recht klar, ist mir etwas zu wirr ...


ist raus. Danke!

in kühler Hauch umwehte mich. So merkwürdig es klingen mochte: Ich hätte Isa diesen Ort gern gezeigt. Es wäre nicht unser erster seltsamer Ausflug.

Das Kursive ist unnötig. So denkt er das ja nicht.


habe ich versucht, war es fehlte dann irgendwie etwas. Ich stelle mir Theo als Träumer vor, der aber schon in gewisser Weise geerdet ist. Das »So merkwürdig es klingen mochte« empfand ich in gewisserweise als Rechtfertigung gegenüber dieser Seltsamkeit. Deswegen mag ich es, glaube ich. Auch weil die übrigen Figuren so spleenig sind und er noch so eine gewisse Normalität hat.

Der Tag hatte mich geschafft und ich ihn hoffentlich bald auch.

Passt nicht zum restlichen Ton, ist auch nicht extra witzig.


Menno! So ein kleines unlustiges Wortspiel tut doch niemandem weh. Naja, euch zu liebe (du warst nicht die einzige ...)


Den Abend lang
klingt nicht gut. Eh klar, dass Abend ist. Einfach: Ich schaute Serien und aß ...

Der Absatz wird mir dadurch zu elliptisch. Aber schräg ist die Formulierung schon. Das habe ich noch nicht gelöst ...

ich mag den schrägen Kontrast zwischen den beiden Berufszweigen: die einen planen die Zukunft und bauen in die Höhe, die anderen kümmern sich um das Vergangene und graben in die Tiefe

Inpirierende Sichtweise!

- trotzdem kann ich mir nicht recht vorstellen, dass Guido nach dem Beruf der Eltern fragt ...

Naja. Ich hab mir das so gedacht: Es gibt schon immer noch so etwas wie Stand und Habitus. Manche Leute glauben halt an die Vererbbarkeit von Dünkel und anderen schlechten Eigenschaften, die mit Stand zusammenhängen. Ich wollte Guido ihm solche Vorurteile unterschieben lassen, um Guido noch mehr als genuinen Handwerker zu zeichnen. Macht das Sinn?

Das verstehe ich jetzt nicht. Wo hätte er sich sonst bewerben sollen, der Theo? Und normalerweise macht man das ja beim Chef. Also, da ist einfach ein großes Hä? meinerseits an dieser Stelle.

oje, ein großes Logikloch also. Naja, in meiner Vorstellung geht sowas. Das würde sich wahrscheinlich gut mit der näheren Charakterisierung Guidos auflösen lassen. Aber auch ein mittelschwerer, operativer Eingriff ...

Hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut, Raindog, danke, dass du dir solche Mühe mit dem Text gemacht hast!

Carlo

 

Haha, das hat Bas auch schon angestrichen. Wieso versteht ihr das bloß nicht?! Für mich völlig klar .. Die Notwendigkeit Abschiede vorzutäuschen liegt mir. Ergo habe ich ein Talent für das Vortäuschen notwendiger Abschiede; ich kann also Leuten gut weiß machen, dass ein Abschied notwendig ist, es also kein Wenn und Aber gibt. :idee:
Ich habe mir den Satz jetzt noch ein paar Mal durchgelesen. Ich habe schon verstanden, worauf du hinaus wolltest und er kommt mir auch nicht mehr so komplett falsch vor wie gestern Abend.
Kellerkind hat mein Problem mit dem Satz sehr gut beschrieben:

Beim Leser springt der Bezug des "liegt mir" zwischen den Substantiven hin und her. In Deiner Erklärung verwendest Du "Vortäuschung" als Substantiv. Das deutet schon darauf hin, wie Du es besser formulieren könntest.
Die Vortäuschung der Notwendigkeit von Abschieden liegt mir.
Das wäre grammatisch eindeutiger. Stilistisch allerdings ... Fingernagel an Tafel :)

So herum wäre es mit weniger Dissonanz behaftet, aber ja, stilistisch herausfordernd.
Ich hab mal ein wenig probiert.
... das Vortäuschen der Notwendigkeit von Abschieden liegt mir.
... vorzutäuschen, dass Abschiede notwendig sind, liegt mir.
... die Notwendigkeit von Abschieden vorzutäuschen, liegt mir.

Andererseits steht oder fällt dein Text ja nun nicht mit diesem einen Satz, darum lass ich es jetzt auch gut sein.

man liest sich
huxley

 

Lieber @Friedrichard,

danke, dass du hier wiedermal aufgekreuzt bist und über diesen Text nachgedacht hast. Natürlich auch für die vielen Tipps. Mit Komma und Co. bin ich wohl immer noch nicht ganz firm... (das sage ich immer, glaube ich).

Deine Anekdote hört sich nach gutem Geld und dem unbestimmten Gefühl, einer Erfahrung nachjagen zu wollen an. Ich habe mich immer gefragt, wer die Leute sind, die da auf den grünen Streifen rumtingeln. Jetzt weiß ichs :)
Mit der Sense umgehen zu können, stelle ich mir nicht so übel vor. Manchmal sind es die bescheuert willkürlichen Dinge, die mir das Gefühl geben, mich von irgendwem anders von diesen paar Milliarden zu unterscheiden (wofür auch immer das gut ist).
Ich mag Shakespear. Keller hab ich nicht gelesen. Ich bin insofern Kulturpessimist, als ich glaube, dass Besseres uns nicht mehr bevorsteht. Nicht weil heute niemand mehr (erlernen) könnte gute Kunst zu machen, sondern weil das Niveau so weit gesunken ist, dass Künstler es nicht mehr nötig haben. Macht aber nix, nur eine Konsequenz der Konsum-Logik unserer Gesellschaft. Blabla.

Ich entschied mich dagegen zu antworten. Was will der Icherzähler uns sagen? Dass er schweigen will
--> ist raus. danke!

Ich entschied mich[,] dagegen zu antworten.

das ist eine witzige Version.

Eine ähnliche Konstellation erfolgt noch einmal weiter unten - aber ohne Infinitiv - wenn es heißt
»Darfst heute nochmal[,] mit Guido«, sagte er.

oje, diese Art von Kommasetzung habe ich gar nicht auf dem Schirm gehabt. Ich schätze das fällt unter die Kategorie, Komma setzen, wenn dadurch der Sinn des Satzes deutlicher wird. "Komm wir essen, Opi." "Komm wir essen Opi" höhöö

Warum die würde-Konstruktion (also Zweifel an der eigenen GlaubWÜRDigkeit), wenn das einfache Futur in seiner bescheidenen binären Wertigkeit – es wird oder es wird eben nicht (und sei‘s nur halb)- unbestimmt genug ist. Dieses absolut sich gebende „nie wieder“ verdient den Konj. irrealis sogar!

zur GlaubWÜRDigkeit des Futurs habe ich es nicht gebracht, aber zumindest ist es nun entkonjunktiviert :-) und ins Präteritum gesetzt (weiß nicht wie man das in dem Fall dann nennt).

Danke für die Hilfe bei Zusammen- und Getrenntschreibung. Ich glaube, dieses Thema bleibt für mich weiter ein Ratespiel. Hoffentlich schärft sich mein Gefühl dafür demnächst.

»Hast du ihm alles erklärt«, fragte der Eber.
¿

gesetzt :-)

Soweit ich weiß, nur als Konjunktion zusammen, bei unbestimmten örtl./zeitlichen Angaben „so weit“ immer auseinander.
Weil die Konjunktion eher selten vorkommt, empfehl ich im Zweifelsfalle immer getrennte Schreibung und die Fehlerquote sinkt trotzdem ...

muss ich mir ausdrucken!! (Erinnerung: Soweit/so weit-Regel ausdrucken)

Die meisten Komma-Fehler finde ich im Umfeld von Infinitiv-Gruppen.

leider ja. Dabei habe ich mir die Regeln alle schon mal eingeprägt. Ich werde mir fortan merken: Immer mit Komma außer bei komplexen Verben – hm, die muss ich mir wohl auch nochmal genau anschauen.. Danke für das Reinkopieren der Regeln!

So, der Himmel zieht sich zusammen - schnell noch mal raus ...

Bei mir ist eher so: Oh, es hat sich zusammengezogen, schnell noch mal raus, bevor es zu Donnern und Regnen aufhört.

Vielen Dank, Friedel, für deine Gedanken und's Wissenteilen.
Liebe Grüße
Carlo


------

@Kellerkind

danke, für die Erklärung.

Beim Leser springt der Bezug des "liegt mir" zwischen den Substantiven hin und her. In Deiner Erklärung verwendest Du "Vortäuschung" als Substantiv. Das deutet schon darauf hin, wie Du es besser formulieren könntest.
Die Vortäuschung der Notwendigkeit von Abschieden liegt mir.
Das wäre grammatisch eindeutiger. Stilistisch allerdings ... Fingernagel an Tafel

macht Sinn. Hab schon ein bisschen rumprobiert, bislang aber auch nichts gefunden, was mich überzeugt hat. Werde es wohl mal mit einem anderen Verb versuchen...

Liebe Grüße


---

@Huxley

Auch dir vielen Dank für die nachgeschobene Erläuterung. Ja, das ist interessanterweise eine harte Nuss. Ich danke dir für deine Versuche. Ähnliches ist bei mir auch rausgekommen. So ganz zufrieden bin ich damit aber immer noch nicht. Vielleicht wie schon an Kellerkind geschrieben ein anderes Verb..

LG

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom