Was ist neu

Contenance oder die letzte Möglichkeit

Mitglied
Beitritt
15.03.2003
Beiträge
20

Contenance oder die letzte Möglichkeit

Contenance oder die letzte Möglichkeit

Im Radio entschwanden gerade die letzten Takte von ‚Sie liebt den DJ’, als uns die Todesnachricht erreichte. Beate war heute Vormittag vom Krebs erlöst worden. Zu unserem Erstaunen übermittelten uns ihre Eltern die traurige Kunde. Wir hatten sie in den zwanzig Jahren unserer Bekanntschaft höchstens drei Mal gesehen. Es muss also etwas zwischen uns gewesen sein, was über den Tod hinaus verband und von dem die Eltern ahnten.

Als mir Sofie, meine Frau, die traurige Nachricht übermittelte, kam ich gerade von der Toilette. Ich hatte wohl den Anruf mitbekommen, und auch dessen wesentlicher Inhalt blieb mir nicht verborgen. Aber erst als mir Sofie mit leidender Miene die unausweichliche Wahrheit enthüllte, erkannte ich die Endgültigkeit. Ich musste einige Male heftig aufatmen. Mein Brustkorb weitete sich erkennbar. Und mit belegter Stimme, hüstelnd vor innerer Aufgewühltheit, stammelte ich einige Worte des Bedauerns. In meiner Wesensart war ich viel zu sachlich für echten, sichtbaren Schmerz. Insofern glich ich durchaus der Verstorbenen, die stets Contenance zeigte, auch wenn es ihr furchtbar dreckig ging. Sofie floss für einige Augenblicke dahin. Sie hatte eine Freundin verloren, die ihr zwar nah, aber nicht so nah stand, dass sie darüber lange die Fassung verlieren könnte. Nach einer unbewussten Schweigminute verständigten wir uns deshalb zunächst nur darauf, ob wir an den Begräbnisfeierlichkeiten teilnehmen würden. Immerhin war der Reiseweg in den Frankfurter Raum von Holstein aus, und noch dazu im Winter nicht zu unterschätzen.

Die folgenden Stunden des Abends waren angefüllt mit Gesprächen über unser Beisammensein mit der Verstorbenen. Dabei fiel uns sogleich auf, dass wir über fast zwanzig Jahre keine zwei Dutzend Mal Kontakt mit ihr hatten. Und doch war sie uns stets nah und vertraut erschienen. Damals wohnte sie eine halbe Autostunde von Kiel entfernt. Meine Frau hatte sie zufällig bei einem Konzert in der Ostseehalle kennen gelernt. Die beiden jungen Frauen verstanden sich sofort und sind noch in der gleichen Nacht um die Häuser gezogen. Ich habe sie dann vielleicht zwei Wochen später kennen gelernt. Sie wohnte in einem kleinen Einfamilienhaus zusammen mit ihrem Mann und ihrer damals gerade erst geborenen Tochter. Noch heute erinnere ich mich, dass es damals zum Mittag Wiener Schnitzel gab, das sie als ausgebildete Köchin vorzüglich herzurichten verstand.

Mich hatte sie schon beim ersten Anblick als Frau ungewöhnlich beeindruckt. Das lag sicher weniger an ihrer äußerlichen Erscheinung als an ihrem Auftreten. Das dunkle Haar trug sie, wohl weil es ungeheuer fein war, stets gesteckt, mal nach hinten, dann wieder zur Seite hin. Sicher, sie hatte eine wunderbar sanft erscheinende, schlanke frauliche Gestalt. Dazu schienen die leicht gebogenen Beine, die sie stets in Hosen versteckte, nicht zu passen. Auf besonders elegante Kleidung hat Beate ohnehin nie Wert gelegt. Ihr genügten meist Bluse oder Pullover und Hose, im Winter legte sie sich gerne eine Strickjacke über. Geschminkt habe ich Beate nie gesehen. Allerdings legte sie großen Wert auf gepflegte Hände und Füße, deren Nägel stets sorgfältig geschnitten und gefeilt und mit farbigem Nagellack überzogen waren.

Diese eher unscheinbare Gestalt raubte mir schon bei unserem ersten Zusammentreffen nahezu den Atem. Sie antwortete schroff, manchmal auch nöhlig-gelangweilt und schien hierdurch unnahbar, und doch hatte sie durch ihr ungezwungenes Verhalten, ihr offenes Lachen etwas an sich, das mich unwillkürlich anzog. Möglicherweise war es der sichtbare Widerspruch zwischen äußerlicher Kühle und der dennoch spürbaren Herzenswärme, das sie für mich so anziehend, ja geradezu erotisch machte. Sie gab sich einen burschikosen, zuweilen männlichen Anstrich, was mir als Mann auch den Weg zu körperlicher Nähe erleichterte, und doch erahnte man stets ihre innere Weichheit, die Zartheit ihrer Empfindungswelt.

Sofie hat dies wohl sogleich erkannt, vielleicht weil sich die beiden Frauen insofern durchaus ähnelten. Sie mochte diese zupackende, wenig zögerliche Art auch bei Frauen sehr. Vor allem aber genoss sie es, eine verlässliche Freundin zu haben. Sicher hatten wir in Kiel einen größeren Bekanntenkreis. Aber oft standen fadenscheinige Gründe einem spontanen Treffen entgegen. Und selbst wenn wir uns verabredeten, konnten wir letztlich erst zur vereinbarten Stunde sicher sein, ob wir einander sehen würden. Nicht selten ‚kam etwas dazwischen’ oder war einer unserer Gäste ‚unpässlich’. Dies ist uns mit Beate nie passiert. Stets war sie am vereinbarten Ort zur verabredeten Zeit. So konnten wir jedes der Treffen uneingeschränkt genießen. Im Nachhinein denke ich, dass vielleicht nur dieser Charakterzug Beate in unserer Erinnerung bis heute so gegenwärtig erscheinen lässt.

Wolfgang, ihr Mann, war ein äußerst ruhiger Vertreter. Er sprach kaum, aber das Wenige was er sagte, war durchdacht. Er war die helfende Hand. Nur selten habe ich Ehemänner gesehen, die im Haushalt so viel mitarbeiteten. Er saugte und reinigte Fenster und Türen, kaufte ein und kümmerte sich mit Selbstverständlichkeit um die Tochter. Nur das Kochen musste er seiner Frau überlassen. Darin war sie eigen. Vom Typ her erschien Wolfgang viel eleganter als seine Frau. Er war bullig, hatte wild zerzauste dunkle Haare, war aber stets in feinstes italienisches Tuch gehüllt. Nie habe ich ihn in Freizeitkleidung erblickt. Selbst auf dem Fußballplatz bei Holstein Kiel erschien er im schicken Kurzmantel, wie es der damaligen Mode entsprach.

Doch dem Glück dieses Paares war keine lange Zeit beschieden. Wolfgang verstarb ganz überraschend schon zwei Jahre nach unserem ersten Kennenlernen an einem Herzinfarkt. Er ließ eine junge, traurige Frau und ein kleines Kind zurück. In dieser ersten Zeit war Beate dann öfter unser Gast. Nie habe ich sie weinen sehen. Sie schaute zuweilen betrübt einher und war auf äußere Haltung bedacht.

Die Trauerhalle war nur schwach besucht. Neben den engen Verwandten und ihren beiden Geschwistern waren wir die einzigen Fremden. Die beiden schon gebrechlichen Eltern kamen uns sogleich entgegen. Auch sie hatten uns ins Herz geschlossen, obgleich wir sie bei geselligen Anlässen nur einige wenige Male erlebt hatten. Sie kannten ihre Tochter wohl und verstanden instinktiv, welche Intensität unser gegenseitiges Verhältnis hatte. Aber sie waren so ganz anders als Beate. Es waren offene, fröhliche Leute, die ihr Herz auf der Zunge trugen und ihre Trauer offen zeigten.

In den wenigen Augenblicken vor dem Sarg, bevor er zum Krematorium hinausgerollt wurde, ging mir durch den Sinn, was für wenige freudige Augenblicke das Leben unserer lieben Freundin gehabt hatte. Der kurzen Zeit einer liebevollen Ehe waren äußerst schwere Jahre gefolgt. Finanziell stand sie stets am Abgrund. So manches Mal hat nur ein Lebensmittelpaket der Eltern das Hungern verhindern können. Beate hat uns das nie gesagt. Aber so ganz beiläufig verplapperte sich ihre Tochter, und so wussten wir es. Das Haus bei Kiel hat sie nur kurz halten können. Dann ist sie die Umgebung satt geworden und hat sich in den Frankfurter Raum aufgemacht. Wir haben nie erfahren weshalb. Eine Beziehung stand augenscheinlich nicht dahinter. Dort blieb sie wohl im Wesentlichen ohne Anschluss. Sie musste sehen, wie sie mit Gelegenheitsarbeiten und den bescheidenen Renten für sich und ihre Tochter durchkam. Da blieb keine Zeit für ausschweifende Hobbys oder gar Urlaub in fernen Ländern. Wie sie dies im Innern verkraften konnte, ist uns letztlich immer verborgen geblieben. Aber sicher hat ihr so früher Krebstod seinen ganz wesentlichen Grund in den eher trüben Verhältnissen ihres letzten Lebensjahrzehnts.

Bei der anschließenden Trauertafel, die übrigens in durchaus gelöster Stimmung stattfand, haben wir Einiges aus der Jugend unserer Freundin erfahren, was wir nie für möglich gehalten hätten. Mir war schon bei unserem ersten Treffen aufgefallen, wie geschmeidig sie sich bewegte. Sie war leichtfüßig, schien nahezu an einem vorbei zu schweben. Trotz kräftiger Schritte und ausladender Gesten ihrer muskulösen Hände und Arme fühlte ich mich nie eingeengt oder gar bedroht. Ihr Körper strahlte stets eine Leichtigkeit aus, allerdings ohne unbeschwert zu wirken. Die Schwere des Gemüts klang stets mit, meist nur in einem undefinierbaren Unterton ihrer leicht brüchigen Stimme. Diese scheinbare Gewichtslosigkeit - das wurde mir klar – musste auf die langjährige Übung im Turnverein zurück zu führen sein, dem sie vom Eintritt der Schulpflicht bis in die Pubertät angehörte. Umso mehr erstaunte uns denn doch, dass sie über die durchaus erfolgreiche Karriere ihrer Jugendzeit – sie war mit ihrer Riege wohl mehrmals Bezirksmeisterin geworden – nie ein Wort verloren hatte.

Immer mehr erkannte ich bei den Berichten der Verwandten die Geistesverwandtschaft, die uns von Anfang an nahe machte. In ihrem Innern muss Beate immer etwas schwermütig gewesen sein. Jedenfalls berichteten die Eltern, dass sie sich seit der Pubertät immer stärker auf sich zurückgezogen hätte. Sie kam immer weniger aus sich heraus. Die Eltern hätten ihren ganz kurzfristig gefassten Beschluss zu heiraten nie verstanden. Und doch war die Ehezeit ganz offen erkennbar glücklich gewesen. Vielleicht liebte Beate das Dunkle in sich und empfand es sogar als positiv und angenehm. Wie hätte sie sonst auch durchaus fröhlich und glucksend vor Glück, geradezu emphatisch und ausgelassen mit uns am Tisch sitzen können. Es war dieser trockene, manchmal auch beißende Witz, der die Tischrunde brüllen machte. Wer ihr Verhalten fehl deutete in dieser Situation - wir haben es einmal im Kreis mit Hausnachbarn erlebt – und ihr zu nahe kam, sie vielleicht unüberlegt an intimer Stelle berührte, musste mit einem schweren Gewitter rechnen. Beates Laune schlug unvermittelt um, sie wurde kurz angebunden, sprach im Stenogrammstil und gab unmissverständlich zu erkennen, dass sie derartiges Verhalten noch nicht einmal aus Versehen dulde. Es dauerte dann zwar eine Weile, aber schließlich hatte sich der Rauch gelegt und die vorherige Fröhlichkeit war wieder hergestellt. Schon damals habe ich mich gefragt, was sie eigentlich verletzt haben könnte. Ich kann mir bis heute nur vorstellen, dass irgendein ehernes Prinzip beschädigt war, das Beate zu ihrem Schutz aufgebaut hatte. Denn nur die Verletzung von Prinzipien oder von Tabus, die nur rational erfassbar sind, können nach menschlichen Maßstäben derartig überzogene Reaktionen auslösen.

Mir war Ähnliches nie zugestoßen, obgleich ich Beate mehrfach bei Rangeleien unbeabsichtigt im Intimbereich nicht nur gestreift, sondern sogar angefasst habe. Als Wolfgang noch lebte, haben wir oft mit unseren beiden Kindern und ihrer Tochter herumgetollt. Was gibt es Schöneres, als bei herrlichem Sonnenschein miteinander die Wiese hinab zu kullern oder in Reiterkämpfen die Geschicklichkeit des Anderen auf die Probe zu stellen! Bei einem dieser Reiterspiele geschah es dann, dass ich im Eifer des Gefechts mit der Hand unter Beates Pullover geriet und ihre Brust fest drückte. Sie schrie kurz und bat mich nur bestimmt, künftig vorsichtiger zu sein. Das war alles. Ein anderes Mal forderte sie mich zum Zweikampf heraus. Beate war kaum kleiner als ich und war auch damals noch sportlich gewandt und für eine Frau sehr kräftig. Ich wusste, dass ich schon einige Kraft aufbringen müsste, um diese Frau zu Boden zu ringen. Der Kampf begann. Wir fassten einander an den Händen, versuchten einen Arm des Anderen einzuklemmen, um die Beweglichkeit zu mindern und ihn über das ausgestellte Bein zu Fall zu bringen. Dann umschlangen wir uns mit beiden Armen und versuchten auf diese Weise das Gleichgewicht des Anderen zu brechen. Wir drückten beide fest zu. In diesem Augenblick verspürte ich das erste Mal das Weibliche von Beates Körper. Ihr ist es wohl ähnlich gegangen. Wir lächelten uns an und verharrten für einen Moment genüsslich in dieser Situation. Wie angenehm es war, diesen weichen und doch kräftigen Körper zu spüren. Das waren keine harten Knochen, sondern das feste Fleisch einer Frau, das ich durch die Kleidung hindurch fühlen konnte. Es schien seidig weich und hingebungsvoll. Wenn man mich heute fragt, ob ich sie in dieser Situation, wenn wir allein gewesen, ausgezogen und aufs Bett geworfen und leidenschaftlich geküsst haben würde, weiß ich es nicht. Es war kein sexuelles Verlangen im eigentlichen Sinne, kein Wunsch in sie einzudringen, sondern nur unendliche Zuneigung. Ich hätte Beate in dieser Position Stunden festhalten können, ohne mehr von ihr zu erwarten. Und ich denke, ihr ist es ähnlich ergangen. Es war dieses Gefühl, das uns künftig, bis an ihr Lebensende verbinden sollte. Jedenfalls haben wir uns kurz darauf getrennt und den Kampf für unentschieden erklärt.

Als die Trauerfeier mit dem Abschlusslied ihrem Ende zuging, stellte ich mir zum aller letzten Mal die Frage, ob ich Beates Tod nicht hätte verhindern können, indem ich mich ihr ganz zuwandte. Ich kam zu keinem anderen Ergebnis als in der Vergangenheit. Es bleibt meine feste Überzeugung, dass wir einander viel zu ähnlich waren. Unsere eigenen Prinzipien hätten so etwas wie Liebe aufgefressen. Wir wären verkümmert, weil wir uns stets vorgeworfen hätten, einen anderen zu verlassen, nur um selbst glücklich zu sein. Unser Glück hätte deshalb nur auf einer einsamen Insel bestand haben können, abseits der anderen, die ihr Recht auf Zufriedenheit einforderten. Und dann fehlte uns der Reibepunkt. So sehr Wolfgang Ruhe und Verlässlichkeit zeigte, war er doch stets auf Neues aus. Er wollte den häuslichen Rahmen durchbrechen, war auf der Suche nach Veränderung. Beate genügte hingegen immer das Erreichte. Sie wollte nie etwas anderes, und wäre so an ihrem eigenen Konservatismus zugrunde gegangen. Ich denke deshalb, dass wir bereits nach kurzer Zeit an unserer eigenen Beschaulichkeit kaputt gegangen wären. Wir hätten unsere Zukunft nur in der Gegenwart gesucht und wären deshalb zum Scheitern verurteilt. Die äußere Schale wäre gleich einem weißen Riesen mit Urgewalt zusammengebrochen und hätte ein schwarzes Loch hinterlassen.

Über etliche Jahre war nach Wolfgangs Tod der Kontakt zu Beate eingeschlafen. Irgendwann dann nach Jahren fasste sich meine Frau ein Herz und rief in Frankfurt an. Beate war hoch erfreut. Und schon einige Wochen später reisten wir das erste Mal in Beates neue Umgebung. Ihre Tochter Julia erkannte uns sogleich wieder und warf sich mir geradezu an den Hals. Wie sehr muss sie ihren Vater vermisst haben! Beate gab sich zunächst sehr zurückhaltend. Aber gleichwohl spürten wir die große Freude in ihren funkelnden Augen. Alles hatte sich gegenüber früher verändert. Die Lebenshaltung war äußerst bescheiden. Nach den vielen Jahren gab es kein neues Möbelstück. Ich meinte sogar feststellen zu können, dass Beate dieselben Kleidungsstücke wie früher trug. Meine Frau sah dies auch. Wir verständigten uns kurz mit einem Augenaufschlag und beschlossen, gemeinsam ein Restaurant aufzusuchen.

Julia muss das erste Mal seit langer Zeit in einer Gaststätte gewesen sein. Ganz ruhig betrachtete sie die Inneneinrichtung der Pizzeria. Wir mussten ihr sogar dabei behilflich sein, die Speisekarte zu lesen. Immer wieder richtete sie fragend die Augen auf ihre Mutter. Erst als wir versicherten, dass beide selbstverständlich unsere Gäste seien, entspannte sie sich. Beate war ohnehin bescheiden und bestellte nur eine Pizza. Erst nach einigem Zureden konnten wir Julia davon überzeugen, dass sie auch ein Fleischgericht auswählen darf. Beate war hierüber sichtlich nicht begeistert; es widersprach ihrer Vorstellung von Sparsamkeit. Sie zog die Stirn in Falten, blieb aber aus Höflichkeit ruhig. Julia zeigte sich als aufgewecktes Mädchen, das kurz vor dem Übergang aufs Gymnasium stand. Sie war außerordentlich selbständig, geradezu wissbegierig und verstand es trotz ihrer Jugend durchaus, im Gespräch eine feste Meinung zu vertreten. Natürlich überhäufte sie uns mit Geschichtchen aus der Schule und dem üblichen Mädchentratsch vorpubertärer Kinder. Sie war so offen und angenehm im Umgang. Im Nachhinein denke ich, das mag auch an der großen Zurückhaltung ihrer Mutter gelegen haben. Beate war wenig gesprächig und konnte wohl als Frau dem Kind nicht die nötige Geborgenheit vermitteln. Julia suchte sie deshalb bei anderen. Hierauf deutete auch, dass sie sich ihren Erzählungen zufolge wohl oft bei Freundinnen aufhielt.

Überhaupt wirkte Beate damals schon verändert. Sie war noch wortkarger als wir sie ohnehin schon kannten. Und auch die unerwartet hervorbrechende Fröhlichkeit konnten wir nicht mehr beobachten. Nur bei den Begrüßungen und Abschieden erkannte ich meine Beate wieder. Wenn sie mich umarmte – sie schlang wie eine jung Verliebte die Arme um meinen Hals – und dann inniglich drückte, fühlte ich ihre herzliche Zuneigung zu mir. Das waren keine getupften Küsse auf die Wange. Nein, Beate drückte mir ihre liebevolle Seite geradezu schmachtend auf die Backe. Und ich konnte ihren immer noch festen, weiblichen Leib in der Umarmung spüren. Ich fühlte schon, dass in ihrem Leben das männliche Element fehlte. Ihr genügten vielleicht diese wenige Sekunden der Berührung, von denen sie dann lange zehren konnte. So sind die Tage in Frankfurt dann einigermaßen beruhigend für uns vergangen.

In den folgenden Jahren hat uns eine Stippvisite in unterschiedlichen Abständen nach Frankfurt geführt. Meist waren wir nur für wenige Stunden auf der Durchreise bei Beate zu Gast. Die Lebensverhältnisse hatten sich zu unserem Bedauern kaum verändert. Es wirkte alles sehr ärmlich. Nur Julia machte uns jedes Mal große Freude. Sie war ausweislich ihrer Zeugnisse eine hervorragende Schülerin, sehr strebsam und eloquent. Wir sahen schon, dass sie ihren Weg machen würde. Wann immer es möglich war, auch außerhalb unserer Besuche, schickten wir ihr hin und wieder etwas Geld, damit sie sich wenigstens einige kleine Wünsche erfüllen könnte. Ihre Mutter durfte davon nie erfahren. Das hatte sie uns vor vielen Jahren einmal zugeflüstert. Wir wussten es auch so. Denn hierin war Beate eigen: sie ließ sich nie etwas schenken. Das verletzte ihren Stolz und kam auch prinzipiell nicht in Frage.

Beate hatte ihr Verhalten nicht geändert. Uns war im Laufe der Jahre allerdings aufgefallen, dass sie sehr ruhebedürftig wurde. Sie war kaum zu bewegen, das Haus zu verlassen, um etwa gemeinsam einen Kinobesuch zu machen. Da wir sie nicht regelmäßig sahen, meinten wir, es könne mit den anstehenden Wechseljahren oder Kreislaufproblemen zu tun haben. Das war ein Irrtum. Auf der Beerdigung erzählten ihre Eltern, dass Beate schon seit Jahren mit dem Krebs gekämpft habe. Sie selbst hätten es erst vor einem halben Jahr erfahren von Julia, die sie ängstlich herbeigerufen hätte, als ihre Mutter wieder einmal in stationäre Behandlung ins Krankenhaus musste. Selbst diese Mitteilung an die eigenen Eltern hatte Beate unterlassen. Nie hätte sie uns Fremde ins Vertrauen gezogen. Und sie hat es verstanden, die Krankheit zu verbergen. Wir wären nie darauf gekommen, sie in einer derart glimpflichen gesundheitlichen Lage zu vermuten. Die Eltern berichteten auch, dass Beate sich stets geweigert hätte, größere Maßnahmen wie eine Operation oder Chemotherapie über sich ergehen zu lassen. Die Krankenhausaufenthalte dienten einzig dazu, vorübergehend Linderung zu verschaffen. Heilende Maßnahmen durften die Ärzte nicht durchführen.

Und doch hat dieser Wesenszug meine Empfindungen gegenüber Beate nie beeinträchtigt. Allerdings schienen uns mit der Zeit die kurzen Besuchsaufenthalte nicht ausreichend. Wir hatten die Hoffnung, eine Reise würde Beate aus ihrer Lethargie befreien, von der wir nicht wussten, dass sie krankheitsbedingt war. Uns war auch bewusst, dass eine gemeinsame Pauschalreise nie akzeptiert würde. Beate würde die Kosten nicht tragen können, und schenken ließ sie sich nichts. So beschlossen wir, uns ein Wohnmobil zu mieten und sie für eine Woche mitzunehmen.

Der Frühsommer dieses Jahres brachte schon heiße Tage mit sich, als wir Kiel verließen. Beate schien dieses Mal aufgeräumter, vor allem gesprächiger als sonst zu sein. Julia war gerade ausgezogen und suchte ein Zimmer in ihrer Studienstadt Marburg. Zu unserer großen Überraschung willigte Beate sogleich in unsere Pläne ein. Man muss nicht glauben, dass sie sich begeistert gab oder vor Freude sprudelte. Allein schon ihre Zustimmung ohne zu überlegen war Anzeichen großer Beglückung. Da Beate noch einen Tag arbeiten gehen musste, verschoben wir den Start in die Ferien. Dies gab auch Gelegenheit, miteinander die Route abzustimmen. Beates Wunsch war es vor allem, einmal München zu besuchen. Sie sagte, ihr genüge eine kleine Rundfahrt zur Oktoberfestwiese, zum Olympiastadion und vielleicht einmal entlang des Viktualienmarkts. Und so packte sie am Vorabend einige Kleidungsstücke zusammen, die wir in einem Schränkchen des Wagens verstauten. Beate hatte an dem Fahrzeug sichtlich Spaß. Sie ließ sich die Technik, vor allem die Funktionen des Gasherds erklären und wollte unbedingt einmal die Dusche nutzen. So umtriebig und rührig hatten wir sie selten erlebt, und wir freuten uns natürlich diebisch, das Richtige für Beate ausgesucht zu haben.

Die Straßen waren in der Vorsaison glücklicherweise nicht überfüllt, und so erreichten wir schon gegen Mittag München. Am Rande der Stadt fand sich ein geeigneter Parkplatz, und Beate durfte endlich für uns kochen. Das Kochen entsprach sicherlich nicht Beates Anforderungen an gute Küche, es war mehr ein Warmmachen mitgebrachter verpackter Speisen. Aber Beate genoss selbst dies ganz ersichtlich. Sie wurde gesprächig, erzählte von früheren Campingausflügen noch zu ihrer Kinderzeit mit den Eltern und fühlte sich erkennbar wohl. Kotelett mit Kartoffeln und Salat war bestimmt keine Speise für den verwöhnten Gaumen. Aber selten haben wir gemeinsam in dem beengten Raum so vergnügliche Stunden verbracht. Immer wieder knuffte Beate mal meine Frau, dann auch mich; es war ein äußerst harmonischer Tag, der Beate ohne Zweifel ihre schwere Krankheit vergessen machte.

Den Nachmittag über quälten wir uns mit dem großen Fahrzeug durch den dichten Münchener Verkehr. Als Fahrer hatte ich kaum Gelegenheit, die Sehenswürdigkeiten ausreichend wahrzunehmen. Die beiden Frauen hatten - wie ihrem angeregten Geschnatter untrüglich zu entnehmen war – viel Spaß. Es war ein Tag, wie ihn sich Beate wohl seit Jahren insgeheim erwünscht hatte. Am Abend steuerten wir dann wieder matt und voll mit Eindrücken den Parkplatz außerhalb der Stadt an, um uns auf die Nachtruhe vorzubereiten. Nach dem Abendessen spielten wir noch einige Runden Mau Mau. Dann wurde es Zeit zum schlafen gehen. Da Sofie immer viel Raum benötigt, sollte sie unten schlafen. Beate und mir wurde der Alkoven als Ruheplatz zugeteilt. Übertriebene Schamhaftigkeit war uns dreien fremd. So zogen wir uns aus und schlüpften behände in unsere Nachtwäsche. Dabei konnte ich erkennen, dass Beate auch ohne Kleidung eine durchaus passable Figur machte. Der Leib war schon etwas faltig, die Brüste hingen recht schlaff hinab, aber immer noch war sie für eine Frau von über vierzig Jahren durchaus attraktiv. Ich hatte mich als letzter für die Nacht fertig gemacht und war gerade oben im Alkoven angelangt, als schon Sofies Schnarchen zu vernehmen war.

Es war am Abend doch noch etwas frisch und ich drückte mich an Beate, um einen angemessenen Zipfel der Decke zu bekommen. Beate lag mit dem Gesicht mir gegenüber. Ich hob ein wenig den Kopf und drückte ihr einen Gutenacht-Kuss auf die Wange. Als ich gerade meinen Kopf zurück auf das kleine weiche Kissen legen wollte, spürte ich im Nacken Beates Hand. Bestimmt zog sie meinen Kopf an sich, und plötzlich lagen unsere Münder aufeinander. Ich fühlte sogleich diese bislang nur geahnte Sanftheit ihres Mundes. Schließlich kannte ich diese weichherzigen Lippen vom Anschauen nur zu gut. Beate brauchte in der Tat keinen Farbstift. Ihre Lippen waren stets rosig und klar konturiert, so als ob sie einen Konturstift verwenden würde. Und doch hatte man schon vom bloßen Anschauen Gewissheit, dass ihre Lippen zart und geradezu kuschelig sind. Ganz lind schoben wir die Münder aufeinander und bewegten sie nur für uns bemerkbar zur Seite und in alle anderen Richtungen. Schon spürte ich Beates Zunge an meinen Lippen. Sie benetzte sie zärtlich. Dann brach es aus mir heraus. Gierig drückte ich meine Zunge an ihren Zähnen vorbei in ihre Mundhöhle. Der Druck auf meinen Hinterkopf verstärkte sich und ich fühlte nun auch Beates Wollust in meinem Schlund. Das alles geschah äußerlich kaum bemerkbar. Immer noch war das leichte Vibrieren von Sofies Atem zu hören. Und doch tat sich oben im Alkoven etwas wie eine Explosion der Leidenschaft.

Nun schob sich schon meine Hand unter Beates Nachthemd. Dieser kleine feste runde Po hatte es mir immer schon angetan. Ich vermeinte jeden Muskel einzeln spüren zu können. Wie sehr hatte ich in meinem Innern diesen Wunsch gehabt, Beate derart nah sein zu können! Die große Erregung ließ mich nur daran denken, dass heute der Tag gekommen sei, auf den ich seit Jahren gehofft hatte. Ich musste mich eilen, rennen, spurten, um die verlorene Zeit einzuholen und in die Gegenwart zu gelangen. Rasend und mit feuchter zittriger Hand fuhr ich immer wieder aufgeregt über den Po, drang bis tief in die Poritze hinein. Dann fand sich meine Rechte auf der Weite von Beates Rücken wieder. Eine genaue Erforschung wäre eine Welterkundung, dachte ich. Und so eilten die Einzelheiten, eine kleine Unebenheit, ein Pickelchen, eine Falte an mir vorüber. Ich bemerkte nur die großen Erhebungen, die spürbaren Fettpolster, die kräftigen Muskeln an der Lende. Endlich war ich auf der Vorderseite angelangt! Mein Atem wurde schneller und flacher. Die innere Spannung steigerte sich. Schon fühlte ich ihre weiche Brust. Es war nur die kleine Brustwarze, die sich ein wenig aufgestellt hatte und mich wohl zum Betasten einlud. Wie genoss ich diese kleinen Knubbel, die nur auf meine Finger gewartet haben. Ich wollte Beate ganz fühlen. Schon lag ihre linke Brust vollkommen in meiner Hand. Beate hatte in der Tat nicht viel zu bieten. Mir aber genügte diese Empfindung seidiger Haut, die schon bei leichtem Druck nachgab, aber mir ein Gefühl von Manneskraft gab. Immer wieder glitt nun meine Hand von der rechten zur linken Brust und zurück. Ich wollte doch nichts prüfen oder vergleichen. Und doch musste ich geradezu versessen immer wieder diese Attribute ihrer Weiblichkeit mit leichtem Druck untersuchen.

Ich habe nicht mitbekommen, was Beate während dieser Erkundungsreise gemacht hat. So kann ich nur vermuten, dass sie auch meinen Rücken, meinen Po und meine Brust sanft ertastet hat. Ich wurde ihrer erst gewahr, als ich ihre linke Hand im Schritt bemerkte. Durch die Schlafanzughose hindurch spürte ich ihre kräftigen Finger. Beate hatte in der Tat große Hände. Mein Sack passte vollends hinein, und sie begann mich dort unten ganz sanft zu massieren. Mein Steuerungsvermögen war dahin; ich konnte Beate fortan nicht mehr streicheln. Gierig wartete ich, was sie nun mit mir anstellen würde. Der Druck ihrer Finger auf mein Geschlecht war nun so stark, dass mein Sack sich ganz klein zurückgezogen und dafür das Glied hart und steif aufgerichtet hatte. Beate schob nun ihre Hand durch den Hosenbund und begann die eiserne Latte zu drücken. Ganz zart und vorsichtig rieb sie daran, kam an die Spitze und schob nun die Vorhaut weit zurück. Wie unendlich heiß hatte sie mich gemacht! Mein Kopf war leer und nur noch auf das Eine aus. Fahrig glitt meine Rechte nun unter ihrem Nachthemd bis zu ihrer Weiblichkeit. Beate war schon richtig nass. Schon hatte ich einen, dann zwei Finger in ihrer feucht-klebrigen Spalte. Ihre Klitoris hatte sich schon fest aufgerichtet. Beate sollte meine Wollust spüren. Und ich rubbelte sogleich kräftig ihre kleine feste Erbse, bis sie mir mit leichtem, abwehrenden Händedruck signalisierte, dass es genug sei. Und dann passierte das Unausweichliche. Beate zog mich an meinem Ständer nah an sich heran, schob ihr linkes Bein über meine Hüfte und führte zunächst nur die Eichel in sich ein. Welche ungeheure Hitze sie von sich gab! Ein kräftiger Ruck von mir, und schon war mein Glied zur Hälfte in ihrer schleimigen Höhle versunken. Beates Muskeln begannen zu arbeiten. Und gleichzeitig spürte ich den mächtigen Druck ihrer Hand auf meinem Po. Sie schien mich geradezu in sich hineinschieben zu wollen. Mein hartes Fleisch war nun voll in ihr verpackt. Wir mussten vorsichtig und leise sein, um Sofie nicht zu wecken. Unhörbar ging es nun hin und her. Mein Saft hatte die Schwanzspitze erreicht, und Beate schien sich leicht zitternd geradezu über mein Geschlecht ergießen zu wollen. Nach zwei, drei kräftigen Rucken war das Ziel erreicht. Ich floss aus. Es war kein übliches Spritzen. Ich hatte das Gefühl, ein leichter Strom von Flüssigkeit entlade sich unentwegt. Und mit jedem kaum fühlbaren Pulsieren verringerte sich der Umfang des Schaftes. Mir war, als ob es Minuten gedauert hätte. Dann war alles vorbei. Wir sind in die frühere Liegeposition zurückgekehrt. Beate hielt mein Geschlecht in ihrer Hand umschlossen, ich durfte die ganze Feuchte ihrer Weiblichkeit an Zeige- und Mittelfinger fühlen.

Am nächsten Morgen, ganz früh haben wir die Geheimnisse der Nacht, die sich immer noch nass und feucht auf dem Laken niedergelegt hatten, mit unserer Nachtkleidung überdeckt. Am Abend war alles getrocknet. Ich bin heute noch fest überzeugt, dass Sofie von dem allen nichts mitbekommen hat. Beim Aufstehen begrüßte sie uns zwar mit den Worten. „Na, habt ihr gut miteinander geschlafen?“ Aber es war wohl eher eine scherzhafte Bemerkung, die sich auf unser enges Beieinanderliegen bezog. Da Beate auch in den folgenden drei Tagen unserer Fahrt nicht durch kleinste Andeutungen erkennen ließ, was uns in jener Nacht verband, dürfte sie unser Geheimnis mit in den Tod genommen haben. Ich habe mich den Rest unseres Urlaubs möglichst unauffällig verhalten. Auch Sofie hat Andeutungen in den folgenden Tagen unterlassen.

Es sollte unsere einzige intime Beziehung dieser Intensität bleiben. Als ich in den folgenden Nächten versuchte, Wiederholungen folgen zu lassen, zeigte sich Beate äußerst zurückhaltend. Sie erlaubte mir nur, ihr ein wenig über den Körper zu streicheln. Als ich versuchten, meine Hand an ihr Geschlecht zu legen, wies sie mich bestimmt zurück.

 

Hallo Achterlaub.

Ich hatte wohl den Anruf mitbekommen
'Wohl' lässt den Satz wie eine Vermutung klingen. Der Prot wird doch aber wissen, ob er den Anruf mitbekommen hat oder nicht. Lass das Wort am besten weg.

Schweigminute
Schweigeminute

und noch dazu im Winter, nicht zu unterschätzen
Komma, weil der Satz links davon eingeschoben ist.

Ich finde, dass du den Todesfall von Beate sehr ergreifend geschildert hast. Das hat auch den Rückblick interessanter gemacht, denke ich. Und die vielen Rückschläge, die sie erleiden musste, ließen auch die Spannung nicht vergehen, sondern spornten zum Weiterlesen an.

Die Trauerhalle war nur schwach besucht.
Davor hast du noch vom Todesfall des Ehemanns gesprochen, deswegen dachte ich zuerst, dass seine Beerdigung gemeint ist. Das solltest du klarer ausdrücken.

Ab da habe ich nicht mehr nach Fehlern geschaut, sondern nur noch gelesen, weil mich die Story so ergriffen hatte.

Die Liebesszene hast du sehr detailiert dargestellt und größtenteils schön geschrieben, allerdings haben mMn einige Wörter darin die Harmonie zerstört und die Szene vulgärer gemacht: Sack, Ständer, Latte

„Na, habt ihr gut miteinander geschlafen?“
;)

Das Ende wirkt wie abgebrochen, als würde da was fehlen. Und irgendwie habe ich noch eine Meldung der Rahmenhandlung bei der Beerdigung erwartet.

Außerdem verstehe ich nicht: Warum haben der Prot und Beate beieinander geschlafen und nicht der Prot und Sofie?

Einen Pluspunkt habe ich noch, und das sind die Absätze. Die haben das Lesen angenehm erleichtert.

Viele Grüße von Jellyfish

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom