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Dämonen

Monster-WG
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10.09.2014
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Dämonen

Acht Kinder waren wir. Eine irische Familie, in einem der Arbeiterhäuser mit den räudigen Wänden: Nässe, Salpeter, Schimmel. Die Straßen schwarz von Ruß und Dreck.
Es war irrsinnig laut, ständig wurde gestritten und geschrien. Vier Jungen und vier Mädchen immerfort im Krieg, mit allen Gemeinheiten, fiesen Tricks und Hinterhältigkeiten, die man sich nur denken konnte. Unser Vater fuhr zur See, war selten zu Hause und kümmerte sich um nichts. Mutter hatte ständig die Teetasse in der Hand, doch wir wussten, da war etwas anderes drin. Und ich? Ich war leider der Jüngste.

Meine Schwestern machten mich zum Sklaven. Hyra, Verena, Ada und Katie – vier hundsgemeine Luder; was die eine nicht wusste, fiel der anderen ein.
Am schlimmsten waren ihre Stimmen. Grell und durchdringend; wie Bohrer marterten sie mein Hirn. Selbst nachts waren sie in meinem Kopf. In diesen Momenten hätte ich sie am liebsten umgebracht. Doch ich wusste, mein Tag würde kommen.
Auch meine Brüder nahmen mich halbe Portion nicht ernst. Ich musste spuren, sie hatten das Kommando. Trat einer in Hundescheiße oder hatte sich nachts bekotzt - ich musste das immer sauber machen.
Meine Mutter saß am Küchentisch, schälte Zwiebeln und Kartoffeln, legte dann den Kopf auf die verschränkten Arme und schlief ein.
Ringsumher tobte die Hölle. Raufereien mit ausgekugelten Armen, Modeschauen mit vor Wut und Neid zerfetzten Kleidern, Handgemenge um die letzten Bratkartoffeln – ein Irrenhaus, das niemals zur Ruhe kam. Ich tat das einzig Richtige und haute ab. Irland war nicht mein Land, machte ich mir weis – und hatte doch Kopf, Brust, Herz und Seele strotzend voll von unseren Liedern.
Die trage ich noch heute in mir. Keine leichte Bürde. Dieses Ziehen am Herzen mag ich nicht, auch nicht den Druck in den Augen.

Es musste Australien sein. Ich dachte damals, in den Staaten wären alle Chancen schon vergeben. Viele aus unserer Siedlung hatten es dort nicht geschafft; das Geld, was sie nach Hause schicken wollten, kam nie an.

Merkwürdig, dass ich an meine jungen Jahre solch glasklaren Erinnerungen habe, manches Mal aber nicht weiß, was ich gestern getan habe.
Jetzt, nach unvorstellbar langer Zeit, bin ich Aussie – und leider schon schwer in die Jahre gekommen. Ich fühle, wie ich feststecke und in Gedanken immer mehr in Irland lebe, so beschissen es auch war. Vielleicht ist’s nur Träumerei, ich weiß es nicht.
Ich habe die alten Melodien im Kopf. Aber auch die alten Schrecken.

Bufford sitzt schon am Frühstückstisch und durchforstet die ‚Airlie News’ nach Neuigkeiten.
„Na, altes Haus“, sage ich, „gut geschlafen?“
„Morning, Barron!“, sagt er. „Leider nicht. Ich träum’ immer so komisches Zeugs.“ Er legt die Zeitung auf den Toastkorb.
„Entschuldige bitte“, werbe ich um Verständnis für mein Eingreifen und lege die „AN“ neben den Korb, „Toast muss atmen.“
„Ja, wie ein Mensch“, sagt er gedehnt und gähnt. „Hast ja recht.“
Bufford stochert pikiert im Rührei, ein winziges Stück Eierschale stört ihn gewaltig. Fehlende Sorgfalt in der Küche? Aber das wird er Betty Nightingale, unserer Wirtin, nicht sagen. Er streicht seine eisgrauen Locken zurück, salzt noch einmal, kostet und schiebt den Teller beiseite.

Ein Hüne mit Hosenträgern. Gegen ihn wirke ich winzig, er hat australische Steaks gegessen und ich Kohl und Kartoffeln. Wahrscheinlich wirken wir zwei wie ein Komikerpaar: ich mit meinem kahlen Vogelkopf, er mit seinem markanten Künstlerschädel. Bufford ist Bass, ich bin Tenor.
Dieser Gegensatz ist wohl die Basis für unsere Männerfreundschaft: Wir sind zu unterschiedlich, um miteinander zu konkurrieren.

Als er hier einzog, diskutierten wir nächtelang die großen Dinge: den Sinn des Lebens, die Irrtümer der Liebe. Endlich hatte ich einen Gesprächspartner gefunden.
Wir sind Pensionäre. Im Gegensatz zu mir hat Bufford eine Höhere Schule besucht, doch er macht kein Aufhebens davon. In der letzten Zeit bemerke ich allerdings, wie er sich unaufhaltsam von mir entfernt, jeden Tag ein bisschen mehr. Sein Interesse an der Welt lässt spürbar nach.
Das fällt auf, weil uns im Hause Betty Nightingales nichts von der Unruhe der Welt erreicht. Hier hat das Wenige eine größere Bedeutung, jede Bewegung, jede Veränderung, jedes Wort. Auch das nichtgesagte.
Wir leben wie in einem Terrarium, aber mir gefällt das.
Mein Zimmer hat Charme: große Fenster zum Garten, Mahagoni-Schreibtisch, blühender Hibiskus und eine ganze Wand voller Bücher über Pferde, Jagd und Angelsport. Einen Teil des Regals kann man beiseite schieben und dahinter wichtige und wertvolle Sachen deponieren.
Ich habe dieses Geheimverlies beim Suchen nach dem interessantesten Buch entdeckt. Da ist ein kleiner Hebel, der auf den ersten Blick keinen Sinn ergibt. Ich bin mir sicher, Missis Betty weiß nichts davon. Sie ist die zweite Ehefrau des dahingegangenen Hausherrn.
Der hatte sich hier ein erotisches Kabinett eingerichtet: weit gespreizte Beine, spitze Brüste und manches mir Unbekannte.
Ich hab mir alles angeschaut, doch in meinem Alter wirkt der ganze Krempel wie Kuriosa.
Doppelt kurios, denn Erotik brachte früher oft Unruhe in mein Leben.

Die Sonne sticht und Betty Nightingale lässt die Jalousien halb herunter; das gefilterte Tageslicht ist wie unser Leben, gedämpft und indirekt.
Am Nachmittag bezieht sich der Himmel, Windböen bringen die Eukalyptusbäume zum Ächzen und Dachschindeln fliegen wie Vögel davon. Blitze zucken, es kracht wie im Krieg. Bufford und ich haben die Siesta abgebrochen und treffen im Salon auf unsere Wirtin. Es scheint, dass wir zusammenrücken, wenn Gefahr im Verzug ist. Die Hauskatze verschwindet unter der Couch.

Bald jedoch ist der Spuk vorbei, aber es schüttet, dass die Dachrinnen überlaufen.
Ich trete ans Fenster, um das Unwetter zu beobachten, mir fällt ein grüner Buick auf. Ein Ehepaar mit einem kleinen Mädchen balanciert mit Trippelschritten zwischen den Pfützen und strebt unserem Haus zu – „Rooms to let“.
Der Türklopfer dröhnt wie der Nachhall des Donners.
Selbstverständlich öffnet unsere Wirtin den patschnassen Leuten die Tür. Ihr Auto streikt. Das Mädchen schreit wie irre. Eine Frequenz, die mich wie ein Stromschlag trifft. Die Kleine ist nass und friert, die Eltern ziehen sie mit sich, folgen der Hausherrin auf das Zimmer.
Ich gehe ebenfalls nach oben und lasse Bufford wissen, dass ich mir nur was zum Lesen hole und gleich zurück sein werde. Missis Betty sagt ihren neuen Gästen, sie brächte ihnen gleich heißen Tee und bald gäbe es Dinner.
Minuten später knallt eine Tür. Wieder hallt grässliches Geschrei durchs Haus. Die Kleine rast bis zum Ende des Gangs, genau vor meine offenstehende Zimmertür. Zornig tobt und stampft sie mit den Füßen, will essen und trinken, ein heißes Bad, Honig, fernsehen. Eine nervtötende Prinzessin, ein kleines Monster, rücksichtslos, egoistisch, tyrannisch.
In meinem Hirn platzt eine Drüse mit ätzender Lake. Honig habe ich nicht, aber irische Sahnetoffees.
Gierig greift sie danach und schreit dabei in den höchsten Tönen: „ Ja, ja, ja – ich will alle!“ Langsam ziehe ich meine Hand zurück. Danach grapschend folgt sie mir. Ich werfe die Tür zu, Sekunden später ruft draußen die Mutter „Susan, Susan! Wo steckst du schon wieder?“ Das Mädchen öffnet den Mund.
Vor meinen Augen drehen sich rote Spiralen. Hyra, Verena, Ada und Katie – mein Kopf ist aus Porzellan und zerspringt.

Nur langsam komme ich wieder zu Verstand. Ich nehme das nächstbeste Buch und gehe nach unten.
„Ah“, sagt Bufford, „ich dachte schon, du wärst eingeschlafen. Hast du deinen Schmöker gefunden?“
„Na hör mal“, sage ich, „dieses Buch hat Anspruch. Edle Pferde!“
Erst jetzt sehe ich, dass es ein Fachbuch übers Fliegenfischen ist und lege es mit der Rückseite nach oben neben mich. Susans Eltern hasten durch den Salon, Betty Nightingale zeigt ihnen den Weg in den Keller. Ich beteilige mich an der Suche
Bald ist der Teufel los. Polizei überall. Eine Hundestaffel sucht das Gelände ab. Die kleine Susan ist und bleibt verschwunden. Auch ich werde verhört. Der Inspektor kommt in mein Zimmer und ist stinksauer: „Vielleicht haben Aliens das Mädchen entführt? Sie können mir nicht erzählen, dass Sie nichts gesehen oder gehört haben! Die Kleine hat sich doch nicht in Luft aufgelöst!“
„Aber Inspektor, ich verlasse das Haus fast nie, bin entweder in diesem Zimmer oder im Salon. Ich bin sehr betroffen vom plötzlichen Verschwinden des Mädchens.“ Kopfschüttelnd füge ich hinzu: „Dass ihre Eltern aber auch nicht acht gegeben haben!“
Vor der Bücherwand liegt ein Toffee. Ich trete drauf und beteuere: “Tut mir leid, selbst wenn Sie mir ein Loch in den Bauch fragen, ich kann Ihnen wirklich nichts sagen.“ Wütend steckt er sein Notizbuch weg und verlässt mich grußlos. Liebend gern hätte er die Tür ins Schloss gepfeffert, das weiß ich. Aber es ist nicht sein Haus.

Nach der Mittagsruhe komme ich die Treppe runtergeschlendert und freue mich auf den Nachmittags-Tee.
Betty Nightingale läuft geschäftig hin und her, als ob die Küchenarbeit sie nie zur Ruhe kommen ließe, wischt ihre Finger in einem fort an der gestreiften Schürze ab; ihr gütiges Gesicht glänzt. Manchmal serviert sie noch eine Nettigkeit, die uns eigentlich gar nicht zusteht. Glasiertes Sandgebäck, einfach unwiderstehlich! Ein anderes Mal sind es Welsh rarebits. Bufford und ich reißen dann immer die Arme hoch und rufen: „My Goodness! Das können wir unmöglich annehmen. Betty, Sie machen sich immer so viele Umstände wegen uns!“

Bufford steht am Fenster. Ich will ihn mit einem Klaps auf die Schulter begrüßen, aber Betty Nightingale hält mit Verschwörermiene den Zeigefinger vor die verschlossenen Lippen. Ja, natürlich – ich weiß Bescheid. Seine arme Enkelin!
Oft überkommt es ihn und dann empfiehlt es sich, ihn nicht anzusprechen. Ich halte mich daran, Betty natürlich auch.
Jenen Tag habe ich so klar in Erinnerung, als wäre es gerade erst geschehen:

Bufford hat Besuch aus Sydney - seine Tochter, ihr Mann und die kleine Abi.
Der Tag ist heiß und drückend, die schicken Sommersachen kleben am Körper. Sie wollen ans Meer. Missis Nightingale, Bufford und ich kommen mit.
Wir essen Fish ’n Chips. Abi ist entsetzlich laut, schreit herum, will lieber Süßes, drangsaliert ihre Eltern bis aufs Blut – immer in den höchsten Tönen. Wie meine Schwestern. Das ist grausam für meine Nerven.
Unsere Strand-Mahlzeit ist üppig, wir spazieren die Pier entlang, um mit den Resten die Möwen zu füttern.
Ich soll ein paar Fotos von ihnen machen. Das tue ich natürlich gerne. Abis Mutter lehnt sich in Starpose ans Geländer. Das endet hier, obwohl die Pier noch weiter ins Meer führt. Ein rotes Schild besagt, dass nach diesem Punkt jegliche Aktivität auf eigene Verantwortung geschieht. Der Windsack steht prall vom Mast ab, die See ist rau.
Wieder schreit das Mädchen ganz schrecklich. Mühelos übertönt sie die Möwen, reißt mir die Chips aus der Hand, wirft sie hoch in die Luft und quiekt vor Vergnügen – so hoch und schrill, dass es mich schaudert. Ich spüre ihre fettigen Finger an meiner Jacke. Meine Kopfhaut zieht sich zusammen, ich fühle einen reißenden Schmerz. Unbarmherzig kreischt sie weiter: eine Kreissäge, die aufjault. Eine chinesische Folter, sinnlos und gellend laut, in meinem Kopf tausendfach wie mit einem Megafon verstärkt.
Ein fliegender Händler kommt vorbei und ich kaufe einen balinesischen Drachen – den mit der grausamsten Fratze.
Der Wind steht gut, er steigt hoch hinauf, auch wir Älteren haben unseren Spaß. Der bunte Dämon reißt wie ein Gefangener an der Leine, er könnte genauso gut in meiner Seele verankert sein. Sein Schuppenschwanz ruckt und schüttelt sich.
Abis Gekreisch macht mich wahnsinnig.
Ich übergebe ihrem Vater die Leine. Er ist stolz wie ein Kapitän und meint, diesen Kobold dirigieren zu können. Ich habe die Hände frei. Alle schauen gebannt nach oben, gefesselt von den Flugkünsten dieses papiernen Ungeheuers.
In unvermuteten Turbulenzen wirbelt und schießt der Balinese über ihren Köpfen, stürzt aber dann wie ein Stein ins Meer.

Da war Abi schon nicht mehr da. Haie sind schlimmer als Piranhas. Das Wasser hat rosa aufgeschäumt. Bei dem hohen Wellengang wäre sie wohl auch so ertrunken.

Viel später erzählte mir Bufford, dass seine Tochter wahnsinnig geworden sei. Den halben Kopf habe sie sich scheren lassen, darauf ließ sie den Namen ihres Mädchens in allen Schriftarten der Erde tätowieren. Die Haare der anderen Hälfte hingen ihr runter bis zum Gesäß, durchzogen von schwarzen und weißen Strähnen.
Weiß ist in China die Farbe der Trauer.

 
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Hallo José,

ich komme gerade aus dem Grinsen nicht mehr raus. Eine bitterböse Geschichte ist das, ganz nach meinem Geschmack. Dein Prot ist mir äußerst sympathisch :D

Als ich die ersten drei oder vier Absätze gelesen hatte, dachte ich: "Laaangweilig." Aber ich bin drangeblieben, weil ich mir sicher war, dass Du Dir was dabei gedacht hast. Und als ich schon, vollkommen eingelullt von der Seniorenheim-Atmosphäre, kurz vorm Einnicken war, da taucht dieses kleine Biest mit seiner hochfrequenten Kreischerei auf, jagt mich aus meinem gemütlichen Halbschlaf und er ... murkst sie ab, um dann gleich wieder zur Senioren-Tagesordnung überzugehen, natürlich nicht ohne vorher noch bei der Suche geholfen zu haben, wie sich das gehört.

Kopfschüttlend füge ich hinzu: „Dass ihre Eltern aber auch nicht acht gegeben haben!“

Gnihihi :baddevil:

Die Abi-Episode am Ende kommt gut, entlarvt sie ihn doch als Wiederholungstäter, der ja eigentlich nur die Lautstärke runterdrehen will. Allerdings würde ein Kind, das gepackt und ins Meer gestoßen wird, doch zumindest einmal kurz schreien, bevor es von den Haien in Stücke gerissen wird, oder? Kam mir an der Stelle unlogisch vor.

Ein Ehepaar mit einem kleinem Mädchen balanciert mit Trippelschritten zwischen den Pfützen

einem kleinen

Missis Betty sagt ihren neuen Gästen, sie brächte ihnen gleich heißen Tee und bald gäbe es Diner.

Müsste es nicht Dinner heißen? Ein Diner ist doch ein Restaurant ...

Die kleine Susan ist und bleibt verschwunden. Auch ich werde verhört. Der Inspektor kommt in mein Zimmer und ist stinksauer: „Vielleicht haben Aliens die Kleine entführt? Sie können mir nicht erzählen, dass Sie nichts gesehen oder gehört haben! Die Kleine hat sich doch nicht in Luft aufgelöst!“

Hier hast Du "die Kleine" auf engem Raum so oft verwendet, dass es auffällt.

Ich trete drauf und beteure

beteuere

In unvermuteten Turbulenzen wirbelt und schießt der Balinese über Pier und Meer, stürzt aber dann wie ein Stein ins Meer.

Dopplung von "Meer"

Eine tolle Geschichte, die bei mir für gute Laune gesorgt hat. Wir haben doch alle eine boshafte, mordlüsterne Seite, die wir (mehr oder weniger gut) verstecken und die bei Gelegenheiten wie dieser hervorkommen und mitfiebern darf. Oder? Vielleicht geht`s nur mir so ;)

Diabolische Grüße, Kassiopeia

Nachtrag: Habe nochmal darüber nachgedacht, ob das Kind schreien wird, wenns ins Meer gestoßen wird und bin zu dem Schluss gekommen, dass es letztlich irrelevant ist. Die Art und Weise, wie er die Kinder umbringt, ist für die Geschichte nicht wichtig. Vielleicht hat er Abi ja mit einem schnellen Ruck das Genick gebrochen, bevor er sie ins Meer geworfen hat. Von daher passt des schon so.

 

Hej josefelipe,

mit einem unglaublichen Tempo, lustigen Wortspielen, schwarzem Humor und Protagonisten, die gut dosiert charakteriert sind, damit sie auf Distanz bleiben und ich der absurden Geschichte folgen kann. (Meinetwegen hätte sie durchaus länger sein können ;)).
Zum Frühstück mutet sie leicht bitter an, doch ich freue mich über etliche Details, über die ich sinnieren kann. Zum Beispiel bekomme ich Appetit auf glasiertes Sandgebäck und nehme mir vor, das nachzuschlagen und zu backen. :D Ich hoffe, du verzeihst mir diesen Ausflug, denn ich bin wirklich bei der Sache. Viel zu mitfühlend bin ich mit dem Sirenengeplagten Iren. Wie er sich wohl die Zeit in Australien vertrieben hat, bis er in diese reizende Pension einzog? :hmm:
Ich dachte bisher, ich mag es nicht so gerne, wenn man mir gleich eingangs Fakten um die Ohren haut, aber ich hatte gar keine Zeit, mich darüber zu ärgern, so brennend gerne habe ich deine kleine Geschichte verschlungen.
Ich mag den vogelköpfigen Barron total (drollig in Kombination mit dem Gegenstück Bufford), so dass ich ihm sogar die verschwundenen Mädchen verzeihe. :hmm:
Du hast den Text so hübsch geschmückt mit Details, dass ich ganz sicher zum Lunch noch einmal lesen werde.

Freundlicher Gruß und einen schönen Frühlingstag, Kanji

 

Hi, ich bin noch neu hier und habe erst ein paar erste Eindrücke sammeln können. Ich muss sagen ich bin von der Qualität einiger Geschichten sehr positiv überrascht. Diese gehört definitiv dazu. Deine Wortwahl und die gut gewählten Details, damit kannst du diese kurze Geschichte wirklich lebendig erscheinen lassen. So als hättest du das selbst so erlebt.
Da ich selbst auch eine zeitlang in Australien gelebt habe, kann ich mich gut in deinen Plot heineindenken.

beste Grüße

 
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Hola Kassiopeia,

ich habe mich über Deinen Kommentar gefreut. Vielen Dank.

Als ich die ersten drei oder vier Absätze gelesen hatte, dachte ich: "Laaangweilig."
Ja, das ist richtig. Da hab ich wohl zu hoch gepokert, einige Leser sind deswegen vermutlich ausgestiegen.
Du aber glaubst an mich:D und bist drangeblieben. Aber das beruht auf Gegenseitigkeit – nur warte ich auf Deine Überarbeitung der Moorgeister (immer mit der Ruhe), um dann von meinem Leseeindruck zu berichten.

Allerdings würde ein Kind, das gepackt und ins Meer gestoßen wird, doch zumindest einmal kurz schreien, bevor es von den Haien in Stücke gerissen wird, oder? Kam mir an der Stelle unlogisch vor.
Versteh ich. Könnte mich rausreden, dass ein ständig schreiendes Kind keine Aufmerksamkeit erregt, wenn es schreit – und dass da sowieso ein hoher Geräuschpegel herrscht: das Gekreisch der Möwen, das Schlagen der Wellen gegen die Pier (oder deren Pfeiler).

Die anderen von Dir angemerkten Punkte habe ich verbessert, bedankt.

Kassiopeia: schrieb:
Wir haben doch alle eine boshafte, mordlüsterne Seite, ...
Mein Gott, was hast Du nur für ein Bild von Deinen Mitmenschen! Aber so gänzlich falsch liegst Du wohl nicht:shy:.
Für mich zählt Dein Fazit:
Eine tolle Geschichte, die bei mir für gute Laune gesorgt hat
... und somit ist alles in Butter.

Ei, jetzt sehe ich Deinen Nachtrag:

Vielleicht hat er Abi ja mit einem schnellen Ruck das Genick gebrochen, bevor er sie ins Meer geworfen hat.
Das glaube ich eher nicht, auch wenn er die Hände frei hatte. Warum so umständlich-aufwendig – ein Schubs genügt doch.
Nein, so etwas sollte man gar nicht denken.

Kassiopeia, alles Gute und schöne Grüße!
José

 

Lieber josefelipe,

was für ein böser alter Mann (Mensch)! So ein Glück, dass nicht alle so werden, du zum Beispiel und ich.

Wobei ein Quäntchen Verständnis von meiner Seite schon da ist. Kleine Kinder können schon recht nervig sein, zumal sie sich ganz selten in erträglicher Lautstärke miteinander verständigen.

Bestimmt hast du die Geschichte von dem italienischen Gastronomen gelesen, der in seinem Nobelrestaurant Nachlass auf die Rechnung gibt, wenn sich die Kinder seiner Gäste geräusch- und bewegungslos verhalten. Das heißt, Messer und Gabel dürfen sie schon bewegen, aber nur, um das Pollo fino vom Teller in den Mund zu befördern. Es versteht sich von selbst, dass mit vollem Mund nicht gesprochen, schon gar nicht geschrieen wird.

Ob die schlimme Kindheit das hinterhältige Vorgehen deines Prots rechtfertigt? Sehr schön, wie du aus harmlosem Jammern einen amoralischen Alten erweckst, der sich der Quängelgeister wie lästiger Fliegen erwehrt: am besten umbringen.

Hat mir gut gefallen, dein schwarzer Humor.

Viele Grüße nach Ungarn
wieselmaus

 

Hi José,

nur warte ich auf Deine Überarbeitung der Moorgeister (immer mit der Ruhe), um dann von meinem Leseeinruck zu berichten.

Das macht sicher Sinn, im Großen und Ganzen ist dazu ja auch alles gesagt worden. Interessant wirds erst wieder nach der Generalüberholung. Wird aber etwas dauern, denn ich habe gerade einen Wahnsinnsschub beim Schreiben meiner Diss (nicht zuletzt durch das kreative Ventil, das ich hier gefunden habe!) und das muss ich unbedingt ausnutzen. Ich schätze, in etwa zwei Wochen bin ich soweit fertig und dann setze ich mich sofort an die Moorgeister :D

LG Kassiopeia

 

Hallo José,
was für eine bitterböse, wunderbare Geschichte. Anfangs ließ sie mich dahintreiben auf der rauen irischen See, bis das Monster kam und mich hinunter zog zu den Abgründen einer äußerlich sicher sehr sanften Seele.
Deine Texte entführen mich stets in andere Welten - nicht nur, weil sie in vielen Ländern Zuhause sind. Nimm mich gern einmal wieder mit.

Viele Grüße

Willi

 

Hola Kanji,

Viel zu mitfühlend bin ich mit dem Sirenengeplagten Iren. Wie er sich wohl die Zeit in Australien vertrieben hat, bis er in diese reizende Pension einzog?
‚Eigentlich’ wurde das im Text geschildert, aber rabiater Streichungen wegen, um das Format ‚KG’ einzuhalten, ist’s dann unter die Räder gekommen, besser gesagt zwischen die Shredderzähne – doch für Dich noch einmal exklusiv: Bufford war Verwaltungsmensch und Barron Fußpfleger, später Weinhändler:shy:.

Jedenfalls herzlichen Dank für Deinen Kommentar, liebe Kanji. Mich freut es, dass Dir die Szenen zwischen den Alten nicht die Leselust genommen haben; hätte sein können, dass ich das rechte Maß nicht fand. Höchstwahrscheinlich sind einige Leser dabei ausgestiegen, aber die langsameren Partien brauchte ich, damit es dann zweimal richtig knallen kann (Das war zumindest die Idee).

Kanji: schrieb:
(Meinetwegen hätte sie durchaus länger sein können ).
Hätte ich wissen sollen! Barron mordete kleine Mädchen and I was Killing a Lot of my Darlings. Aber jetzt isses passiert:crying:.

... bekomme ich Appetit auf glasiertes Sandgebäck und nehme mir vor, das nachzuschlagen und zu backen.
Ich wünsche viel Spaß bei der Plätzchenbäckerei. Und bei der Glasur bitte sorgfältig arbeiten: Die muss glänzen:teach:!Nonpareilles brauch nich.

Danke und einen schönen Gruß zurück!
José

PS: ‚Mai’ von Kanji ist fest gespeichert. Gefällt mir heute noch sehr gut.

 

Hej josefelipe,

da muss ich mich doch noch einmal melden.

Bufford war Verwaltungsmensch und Barron Fußpfleger, später Weinhändler.

Mir war doch so. Als ich sie ein drittes Mal zum Dinner las, war mir so, als wäre es zum Frühstück mehr gewesen. Naja, man soll ja abends nicht mehr so viel ...

Höchstwahrscheinlich sind einige Leser dabei ausgestiegen, aber die langsameren Partien brauchte ich, damit es dann zweimal richtig knallen kann (Das war zumindest die Idee).

Barron mordete kleine Mädchen and I was Killing a Lot of my Darlings. Aber jetzt isses passiert.

Vielleicht sollte man sich während der kreativen Phase nicht allzu viele Gedanken um den gemeinen Leser machen, denn der ist eh wankelmütig.,:D Und bei deiner Frequenz kann's ruhig mehr Text sein. Du hast ja auch was zu erzählen.

Nonpareilles brauch nich.

Gut, dass du's sagst: du möchtest also probieren.

Mai’ von Kanji ist fest gespeichert. Gefällt mir heute noch sehr gut.

Das ein Wortkrieger "sowas" hätt ich im Leben nicht gedacht. Wie lieb von dir. :shy:

Lieber Gruß, Kanji

 

Hola Raw Man,

danke für Dein kurzes und bündiges Statement.
Das ist völlig ausreichend, wenn nur dieser Satz enthalten ist:

Ich muss sagen ich bin von der Qualität einiger Geschichten sehr positiv überrascht. Diese gehört definitiv dazu.

Bisschen Lob ist gut fürs Innenleben – sehr wichtig in dieser freudlosen Welt:D.

Raw Man, schöne Grüße und bis bald mal im Outback!
José


Hola@Kanji,

vielleicht habe ich mich etwas verschwommen ausgedrückt, aber -

Kanji: schrieb:
Mir war doch so. Als ich sie ein drittes Mal zum Dinner las, war mir so, als wäre es zum Frühstück mehr gewesen.
- hier sind Irrlichter und arglistige Täuschungen im Spiel. Das Reduzieren der Geschichte hatte schon vor dem Einstellen stattgefunden. Möglicherweise schien der kupierte Text etwas mehr zu sein, weil das Frühstück nur winzig war, z. B. Zigarette und Kaffee:hmm:.

Noch ein schöner Gruß!
José

 

Hola wieselmaus,

was für ein böser alter Mann (Mensch)! So ein Glück, dass nicht alle so werden, du zum Beispiel und ich.

Gell? Besonders Du nicht – bei mir bin ich da nicht so sicher, denn wer so etwas denkt und schreibt, ist doch wohl nicht allzu weit entf ... aber lassen wir das. Hauptsache, Dir hat’s einigermaßen gefallen.

Von diesem Gastronomen habe ich nicht gehört. Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Italiener essen mehrgängig, im Nobelrestaurant sowieso. Vielleicht hält die erwünschte, um nicht zu sagen erzwungene Ruhe bis zum secondo piatto an, aber dann rumort es hundertprozentig! Und italienische Eltern, die ihren Kindern jeden Mucks übel nehmen, um Geld zu sparen, kann ich mir auch nicht vorstellen, besonders jene nicht, die mit den lieben Kleinen in einen noblen Laden gehen. Zum Ende meiner langatmigen Ausführungen: Dieses ‚Sitz und Platz!’ ist mit italienischer Mentalität nicht vereinbar – der ‚pfiffige’ Gastronom wird wohl auf Oropax zurückgreifen müssen:shy:.

Ob die schlimme Kindheit das hinterhältige Vorgehen deines Prots rechtfertigt? Sehr schön, wie du aus harmlosem Jammern einen amoralischen Alten erweckst, ...
Ich weiß nicht so recht – so harmlos scheint mir sein Jammern nicht. In beengten Verhältnissen Tag und Nacht mit vier keifenden Weibern die Kindheit verbringen zu müssen, würde zumindest bei mir bleibende Schäden verursachen, und der Barron scheint mir so zart wie auch ich es bin:D.

Liebe wieselmaus, ich danke Dir und wünsche prächtige Frühlingstage!
José

 

Hola Willi,

möchte mich für Deine netten Zeilen bedanken. Ich habe am Text lange herumgedoktert, bevor ich ihn einstellte, aber aus heutiger Sicht meine ich, dass ich schon früher Spannung hätte aufbauen müssen. Immerhin ist späte Erkenntnis besser als gar keine.

Übrigens: Deine ‚Rabenkönigin’ liest sich erstklassig. Der besonnene Grundton nimmt mich als Leser ein, er ist perfekt ans Genre angepasst; da ist Klugheit und Gefühl, aber auch ein fein austarierter Humor des Autors zu spüren (ich weiß, das ist gendermäßig nicht korrekt, aber wenn sie – die Autorin – sich einen männlichen Nick verpasst?:D).
Für meine Begriffe ist das absolut professionell geschrieben. Schon beim Exposé zog ich meinen Hut – Du hattest eine ganze Welt entworfen, wie Gottvater in seinen besten Tagen! Eine Heidenarbeit, und eine Obsession, die mich sehr beeindruckt. Ich finde das großartig, Leute wie Dich im Forum kennenzulernen – Du gibst Dich bescheiden, hast aber eine Menge auf der Pfanne. Ein Schnellschuss wie die ’Nachtfahrt’ kommt bei Deiner Kompetenz ziemlich unverhofft, doch trotzdem sympathisch, weil nicht jeder Text wie „dry aged“ vierzig Tage abhängen muss. Schreiben hat ja auch eine emotionale Seite:cool:.

And: Listen to the Birds, besonders jetzt im Frühling – See You!
José

PS: Liebe Willi, dass ich nichts Gescheites zum Inhalt der ‘Königin der Raben’ sagen kann, hat zu tun mit einer Fantasy / SF – Blockade in meinem Kopp. Dessen ungeachtet bist Du für mich eine Schriftstellerin ohne Fehl und Tadel.

 

Hallo José,

Deine Geschichte gefällt mir sehr gut. Da gibt es nur sehr wenig zu mäkeln, allenfalls Kleinigkeiten. Das Thema ist irre spannend und lässt sofort unsere evolutionär codierten Programme anspringen. Einige Menschen meinen ja, Kinder wären irgendwie wertvollere Menschen als Erwachsene. Ich halte das für einen Irrtum. Der besondere Schutz, den Kinder völlig zu recht genießen, leitet sich aus ihrer Hilflosigkeit und ihrer beschränkten Einsichtsfähigkeit ab. Wenn man überhaupt über so etwas wie den Wert eines Menschen nachdenkt, kommt man wahrscheinlich eher zu dem Schluss, dass ein solcher Wert sich erst innerhalb des Reifeprozesses entwickelt und letztlich auf die Frage hinausläuft, ob man es mit einem guten oder einem schlechten Menschen zu tun. Lehnt man solche ethischen Maßstäbe ab, käme man zu dem Schluss, dass Hitler ein ebenso wertvoller Mensch war wie beispielsweise Gandhi. Hm. Ich schweife ab, aber ist das nicht letztlich ein gutes Zeichen, wenn Deine Geschichte den Leser zum Grübeln bringt?

Meiner Beobachtung nach gibt es eindeutig Kinder mit einem miesen Charakter. Glücklicherweise haben sie gute Chancen, genug zu lernen und sich zu ändern. Aus der Perspektive der Entwicklungspsychologie muss man allerdings auch sagen, dass die kindlichen Verhaltensweisen, die Du in der Geschichte beschreibst, notwendige Phasen von Erkenntnisprozessen darstellen (können). Und so sehr diese kleinen Tyrannen, diese gierigen Monster dem Alten auch auf die Nerven gehen, er sollte verstehen, dass er es eben nicht mit kompletten Persönlichkeiten, mit fertigen Menschen zu tun hat. Aber er reagiert aus einer Art Trauma heraus, obwohl das Ganze schon recht vorsätzlich wirkt. Böser, alter Mann.

Der erste Abschnitt hat mich ein bisschen auf die falsche Spur gesetzt. Ich hatte bei Deinen Beschreibungen ein England/ Irland des neunzehnten Jahrhunderts vor Augen. Und als dann die Erwähnung der Karatewettkämpfe kam, hat es mich erst mal rausgehauen. Karate als Wettkampfsportart kam in Europa wahrscheinlich nicht vor den siebziger Jahren auf. Da stimmt dann irgendwie das Alter des Protagonisten nicht mehr, der ja im Hauptteil der Geschichte ein alter Mann ist. Außerdem wird bei Karatewettkämpfen nicht gerungen und (meist) nicht gegriffen/ gehebelt. Im Gegensatz zum Boxen liegt der Schwerpunkt auch nicht auf der Härte der Schläge, sondern eher auf der Schnelligkeit und Kombination der eingesetzten Techniken (Schläge und Tritte). Aus diesem Grunde sind ausgekugelte Schultergelenke wahrscheinlich eher selten. Aber das ist Kleinkram.

Ich finde, dass die eine oder andere Satzkonstruktion ein wenig zu formal klingt. Hier zum Beispiel:

Mutter hatte ständig die Teetasse in der Hand, doch wir wussten, da war ein anderes Getränk drin.

Oder hier:

Trat einer in Hundescheiße, musste ich seine Schuhe sauber machen, hatte sich einer nachts bekotzt, musste ich seine Klamotten reinigen.

Wie gesagt, das fällt kaum ins Gewicht. Sehr gern gelesen.

Gruß Achillus

 

Hola Achillus,

das freut mich sehr, dass Du meine Geschichte kommentierst – auch mit dem Fazit bin ich sehr zufrieden.
So langsam stellt sich bei mir mehr Ruhe beim Schreiben ein (wohl altersbedingt:D); ich lasse den Text etwas liegen und geh dann nochmals ran. Immer wieder bin ich erstaunt, wie viel Verbessernswertes da ins Auge fällt.
Aber wem sage ich das? Ich sehe ja bei Deinen Texten (die ich nicht zu kommentieren wage), wie präzise Du die Dinge zusammenbringst – ja, und Dein scharfer Blick (vom Bogenschießen?) kommt auch diesem Kommentar zugute.

Das ‚Formale’ hab ich gleich geändert:

Mutter hatte ständig die Teetasse in der Hand, doch wir wussten, da war ein anderes Getränk drin.
... doch wir wussten, da war etwas anderes drin.
Trat einer in Hundescheiße, musste ich seine Schuhe sauber machen, hatte sich einer nachts bekotzt, musste ich seine Klamotten reinigen.
... ich musste das immer sauber machen.
Im Nachhinein finde ich das blöd, denn – in dieser KG z. B. auch ‚Diner/Dinner’, oder bei anderen Texten – immer sind es Stellen, bei denen es auch bei mir gehakt hat und die ich wohl aus Bequemlichkeit dennoch so gelassen habe, bis mich jemand anderer darauf hinweist.
Danke jedenfalls.
Achillus: schrieb:
Einige Menschen meinen ja, Kinder wären irgendwie wertvollere Menschen als Erwachsene.
In der Tat: „Leider sind zahlreiche Opfer zu beklagen, darunter Frauen und Kinder.“:shy:

Achillus: schrieb:
Meiner Beobachtung nach gibt es eindeutig Kinder mit einem miesen Charakter. Glücklicherweise haben sie gute Chancen, genug zu lernen und sich zu ändern.
Achillus: schrieb:
Wenn man überhaupt über so etwas wie den Wert eines Menschen nachdenkt, kommt man wahrscheinlich eher zu dem Schluss, dass ein solcher Wert sich erst innerhalb des Reifeprozesses entwickelt und letztlich auf die Frage hinausläuft, ob man es mit einem guten oder einem schlechten Menschen zu tun. Lehnt man solche ethischen Maßstäbe ab, ...
Ja, Achillus, ich steig dann mal hinab ins Gewölbe und hole uns zwei schöne Flaschen Roten. Je mehr ich über all das nachdenke, desto mehr zieht es mir den Boden unter den Füssen weg. Ich werde immer unsicherer. Was mir früher felsenfest richtig und wahr erschien, ist teilweise schon zerbröselt. Momentan, eigentlich schon seit längerem, sieht es so aus, dass ich statt Buddhist eher Anhänger der Chaostheorie werde – denn (wie bei der Klimaforschung) je mehr Informationen wir haben, desto wirrer wird das alles.
Und wenn mir die Evolution als chaotische Lotterie erscheint, warum dann nicht auch der Rest?

... als dann die Erwähnung der Karatewettkämpfe kam, hat es mich erst mal rausgehauen. Karate als Wettkampfsportart kam in Europa wahrscheinlich nicht vor den siebziger Jahren auf. Da stimmt dann irgendwie das Alter des Protagonisten nicht mehr, der ja im Hauptteil der Geschichte ein alter Mann ist.
Oh ha. Das meinte ich weiter oben mit ‚gründlichster Recherche’. Statt Karatemeisterschaften gibt’s jetzt Raufereien.

Achillus, ich danke Dir für Deine Meinung zum Text und für’s „Sehr gern gelesen.“

José

 

Hi josefelipe,

hübsche Geschichte, drei in einer eigentlich ja, aber mit sauberem Zusammenhang, eine Minikette aus drei Gliedern sozusagen.

Acht Kinder waren wir. Eine irische Familie, in einem der Arbeiterhäuser mit den räudigen Wänden: Nässe, Salpeter, Schimmel. Die Straßen schwarz von Ruß und Dreck.
Schn stimmungsvoll, gut gesetzt, finde ich, deswegen würde ich - d.h. wenn ich jetzt in dem text herumpfusche sollte - den folgenden Satz wahrscheinlich streichen:

Tumult als Dauerzustand.
Das klingt mir hier ein Tick zu viel nach Alltagsironie, irgendwie nett, aber für die Geschichte zu oft so oder so ähnlich gehört.
Vor allem kommt es aber weiter unten ja viel besser:
Ringsumher tobte die Hölle. Raufereien mit ausgekugelten Armen, Modeschauen mit vor Wut und Neid zerfetzten Kleidern, Handgemenge um die letzten Bratkartoffeln – ein Irrenhaus, das niemals zur Ruhe kam.
Den Effekt würde ich nicht durch den Tumult vorwegnehmen.
Man könnte sich sogar überlegen, gleich noch die darauf folgenden Sätze zu streichen und gleich mit dem Vater weiterzumachen, also so: "Die Straßen schwarz vor Ruß und Dreck. // Unser Vater fuhr zur See"

Und ich? Ich war leider der Jüngste.
Tja, ganz elegant alles gesagt.

Merkwürdig, dass ich an meine jungen Jahre solch glasklaren Erinnerungen habe, manches Mal aber nicht weiß, was ich gestern getan habe.
Ich bin mir nicht sicher, ob es das braucht. Gibt es das nicht in jedem Alter?


Jetzt, nach unvorstellbar langer Zeit, bin ich Aussie – und leider schon schwer in die Jahre gekommen.
Hier könnte evtl. die unvorstellbare Zeit weg, die sich ja aus den Jahren schon ergibt.

durchforstet die ‚Airlie News’
Feiner Witz ganz nebenbei - oder bin ich auf dem falschen Dampfer und die gibt's wirklich?

Ein Hüne mit Hosenträgern. Gegen ihn wirke ich winzig, aber er hat australische Steaks gegessen
Dieses einräumende "Aber" sehe ich ein, könnte mir dennoch auch gut vorstellen, dass es ohne geht: "... winzig. Er hat ..."

weil uns im Hause Betty Nightingales nichts von der Unruhe der Welt erreicht. Hier hat das Wenige eine größere Bedeutung, jede Bewegung, jede Veränderung, jedes Wort. Auch das nichtgesagte.
Wir leben wie in einem Terrarium, aber mir gefällt das.
Schön gesagt!

mir fällt ein grüner Buick auf.
Hättest du mich vor einer Minute gefragt, was ein Buick ist - ich weiß nicht, was ich dir geantwortet hätte :)

Minuten später knallt eine Tür. Wieder hallt grässliches Geschrei durchs Haus. Die Kleine rast bis zum Ende des Gangs, genau vor meine offenstehende Zimmertür. Zornig tobt und stampft sie mit den Füßen, will essen und trinken, ein heißes Bad, Honig, fernsehen. Eine nervtötende Prinzessin, ein kleines Monster, rücksichtslos, egoistisch, tyrannisch.
Das geht mir jetzt ein bisschen zu schnell. Ich habe noch das durchnässte Kind vor Augen, wer weiß, ob sie sich nicht beruhigt, wenn sie mal wieder ausgeschlafen hat? Ein Zeitsprung bis zum nächsten Morgen könnte eine Überlegung wert sein? Es muss nicht mehr passieren, ich müsste mir nur mehr Zeit vorstellen dürfen.

Ich werfe die Tür zu, Sekunden später ruft draußen die Mutter „Susan, Susan!
Das geht auch wieder ziemlich schnell, aber klar, es gehört zum Dasein der Prinzessin, dass jeder ihrer Schritte beobachtet wird.

Vor meinen Augen drehen sich rote Spiralen. Hyra, Verena, Ada und Katie – mein Kopf ist aus Porzellan und zerspringt.//
Nur langsam komme ich wieder zu Verstand.
Dazwischen (oder auch im Anschluss) könnte ich mir gut vorstellen, dass das Verlies noch mal ins Spiel kommt, ganz behutsam. Aber es hat auch etwas für sich, dass es nicht erwähnt wird.

Ich nehme das nächstbeste Buch und gehe nach unten.
„Ah“, sagt Bufford, „ich dachte schon, du wärst eingeschlafen. Hast du deinen Schmöker gefunden?“
„Na hör mal“, sage ich, „dieses Buch hat Anspruch. Edle Pferde!“ Erst jetzt sehe ich, dass es ein Fachbuch übers Fliegenfischen ist
Beim ersten Lesen habe ich den Gang nach unten nicht registriert. Deswegen habe ich mir die Szene etwas anders vorgestellt: Bufford klopft, kommt rein, der andere greift sich schnell ein Buch. Das fände ich glaubwürdiger, denn sonst hätte er bei Runtergehen doch sicher mal auf den Titel geschaut.

Bald ist der Teufel los.
Vielleicht eine konkretere Zeitangabe: Es ist inzwischen dunkel geworden oder so. Ich meine nur: Es wird ja etwas dauern, bis die Polizei eintrifft, das könntest du andeuten.

(Das hier:

Nach der Mittagsruhe komme ich die Treppe runtergeschlendert und freue mich auf den Nachmittags-Tee.
müsste man dann natürlich anpassen ...)

Bufford steht am Fenster. Ich will ihn mit einem Klaps auf die Schulter begrüßen, aber Betty Nightingale hält mit Verschwörermiene den Zeigefinger vor die verschlossenen Lippen. Ja, natürlich – ich weiß Bescheid. Seine arme Enkelin!
Oft überkommt es ihn und dann empfiehlt es sich, ihn nicht anzusprechen. Ich halte mich daran, Betty natürlich auch.
Was für ein Fiesling noch dazu, dieser - Barron, wie er wohl mal hieß. Wie der unbeteiligt tut!

Da war Abi schon nicht mehr da. Haie sind schlimmer als Piranhas. Das Wasser hat geschäumt wie ein mit rosa Champagner gefüllter Jacuzzi. Bei dem hohen Wellengang wäre sie wohl auch so ertrunken.
Ach so, jetzt kapier ich das erst! Ich dachte, die wäre von der Drachenschnur hinweggerissen worden.

So, das waren so ein paar Überlegungen. Und jetzt hab ich auch mal endlich eine Geschichte von dir kommentiert, nachdem ich schon einige gelesen habe.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hola Erzbischof,

ich möchte mich – mit einer hoffentlich entschuldbaren Verspätung – für Deinen freundlichen Kommentar bedanken. Mit Deinem Humor hast Du mich ganz und gar auf Deiner Seite, deshalb bin ich auch Deiner Empfehlung gefolgt:

... deswegen würde ich ... den folgenden Satz wahrscheinlich streichen:
Tumult als Dauerzustand.
Vor allem kommt es aber weiter unten ja viel besser:
– ein Irrenhaus, das niemals zur Ruhe kam.
Den Effekt würde ich nicht durch den Tumult vorwegnehmen.
Ist gestrichen.

Merkwürdig, dass ich an meine jungen Jahre solch glasklaren Erinnerungen habe, manches Mal aber nicht weiß, was ich gestern getan habe.
Ich bin mir nicht sicher, ob es das braucht. Gibt es das nicht in jedem Alter?
Schorsch, na hör Er mal! Wie alt bist Du:shy:? Jedenfalls will ich das für Dich nicht hoffen:).

... durchforstet die ‚Airlie News’
Feiner Witz ganz nebenbei - oder bin ich auf dem falschen Dampfer und die gibt's wirklich?
Hm, hab mir da mal einen Sonnenbrand geholt, aber die Zeitung gibt’s nicht, mMn.

Gegen ihn wirke ich winzig, aber er hat australische Steaks gegessen
Dieses einräumende "Aber" sehe ich ein, könnte mir dennoch auch gut vorstellen, dass es ohne geht: "... winzig. Er hat ..."
Indeed. Es geht ohne. Ist gestrichen.
Grundsätzlich kann ich Deinen Einwänden in allen Punkten folgen, einiges kann oder könnte man so oder so machen, aber das ist wohl zum Teil Geschmackssache.
Beim ersten Lesen habe ich den Gang nach unten nicht registriert. Deswegen habe ich mir die Szene etwas anders vorgestellt: Bufford klopft, kommt rein, der andere greift sich schnell ein Buch. Das fände ich glaubwürdiger, denn sonst hätte er bei Runtergehen doch sicher mal auf den Titel geschaut.
Ich weiß nicht so recht – schließlich hat er gerade ein Mädchen umgebracht:D. Das Buch ist nur Deko, der Titel wird ihn nicht interessieren.
Georg – da ich Dich gerade beim Wickel habe: Kompliment für Deine neue Geschichte! So viel Überarbeitung war gar nicht nötig – und jetzt macht das Lesen Spaß.
Was lernen wir daraus? Dass wir uns an das erinnern sollten, was wir schon wissen – nämlich unseren Texten mehr Zeit geben:teach:!

Ich wünsch’ Dir viel Spaß beim Tanz in den Mai!
José

 

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