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Das Haus am See
Er nahm das Mädchen auf seine Arme.
Während er mit ihr zum Wagen lief betrachtete er glücklich ihren gleichmäßigen Mund.
Sie schlief.
Ihr ebenes Gesicht, ihre glänzenden schwarzen Haare, die blasse, reine Haut...
Behutsam legte er sie auf den Rücksitz seines Autos und stieg vorne ein.
Er trat ins Gas.
Auf keinen Fall konnte er riskieren noch eine Minute länger vor ihrem Haus zu verweilen.
Wenn die Eltern kämen...
Freude breitete sich in ihm aus, ließ ihn erschaudern.
Er drehte den Rückspiegel und beobachtete das junge Mädchen, in seinen schneeweißen Schlafgewändern.
„Du bist mein“ flüsterte er, auf seinen bebenden Lippen zeichnete sich ein glückliches Lächeln.
Er fuhr durch Städte und Wälder, Felder und kleine Vororte, bis in den Morgen hinein.
Die Sonne stand noch tief, der Himmel war lila, die Wolken blau.
Ein merkwürdiges Farbspiel.
Er parkte seinen Wagen und stieg aus.
Tief in den Wald war er gefahren, bis zu seinem Haus.
Es stand vor einem riesigen See, der glitzernde Wellen schlug.
Er öffnete die hintere Autotüre, beugte sich über das kleine Mädchen, das vielleicht 12 Jahre alt war.
Seine blauen Augen blitzten, mit zitternden Händen berührte er ihre Nase, fuhr durch ihr lockiges Haar, über die feinen Augenbrauen.
Sanft hob er sie hoch, seine Muskeln spannten, die Arme glänzten vor Schweiß, das weiße Unterhemd schon völlig durchnässt.
Sein dunkelblondes Haar trug er zurückgebunden, Bartstoppel säumten seine gleichmäßigen, rauen Lippen.
Mit dem Fuß trat er die Türe seines rostigen Autos zu und wankte mit dem Mädchen auf dem Arm in sein Haus.
Sein beschützendes Haus.
Er legte sie auf eine durchgelegene, lederne Couch und lief in die Küche.
Dort öffnete er den Kühlschrank, nahm sich eine Dose Bier kam wieder zurück, setzte sich auf die Couch gegenüber und wartete.
Er betrachtete das magere Geschöpf, legte seinen Kopf zur Seite, konnte seinen Blick nicht von ihr reißen.
Nein, er war süchtig, süchtig nach ihrem Antlitz, ihrem Geruch, ihren Bewegungen...
Schwer atmend lehnte er sich zurück.
Er wurde unruhig...krallte seine Hände in das Leder der Couch, konnte sich kaum noch zurückhalten.
Schweiß perlte von seiner Stirn, er schloss die Augen und stand ruckartig auf.
Keuchend blickte er sich um, rannte zur Türe und aus dem Haus, in die Finsternis des Waldes.
Sein Zeitgefühl blieb aus.
Der Nebel der Nacht bildete sich langsam aber sicher um die Stämme der alten Bäume.
Er schritt durch den Wald hindurch bis er endlich zurück auf die Lichtung kam, in der sein Haus stand.
Erschöpft stütze der die Hände auf die Knie.
Er lief zur Haustüre und ging hinein, blickte zur Couch.
Sie war nicht mehr da.
Ein verzweifelter Schrei entrang sich seinen Lippen und er stürzte aus dem Haus, in sein Auto und trat wutentbrannt ins Gas.
Weit konnte sie nicht gekommen sein.
Dämmerung zog herauf, er blickte auf die Uhr.
Es war schon 21 Uhr abends.
Die Bäume vereinzelten sich und schließlich erreichte er die Straße.
Eine ganze Weile kam nichts.
Irgendwann jedoch tauchte die Tankstelle auf.
Er fuhr mit rasanter Geschwindigkeit und bremste, lies das Auto einfach stehen.
An der Tankstelle befand sich noch eine Bar.
Dort stürmte er hinein und blickte sich um.
Die Männer die vor der Theke saßen grüßten ihn mit Kopfnicken, der Mann hinter der Theke lächelte.
„Mick ! Sieht man dich auch mal wieder. Schon lang nix mehr von dir gehört!“
Doch er überhörte die Begrüßung und quetschte sich zwischen zwei wulstige Männer an die Theke, stieß sie beiseite.
Einer der Männer schrie auf und stieß ihn zurück.
Der Kellner hinter der Bar beschwichtigte ihn und blickte Mick besorgt ins Gesicht.
„Was ist los?“
„War bei euch ein kleines Mädchen? In einem weißen Kleid, mit schwarzen Haaren, ungefähr so groß?“ ,er maß die Größe mit der Hand ab.
„Ja sie ist hinten bei meiner Frau. Aber, hey, gehört die Kleine zu dir?“ schrie er, doch Mick schwang sich schon über die Bar und lief in den hinteren Raum.
Und da saß sie, eine Tasse in der Hand, aus der weißer Dampf stieg.
Die Frau des Kellners hatte einen Arm um sie gelegt und redete auf sie ein.
Das Mädchen schrie auf als sie ihn sah.
„Keine angst“, beschwichtigte sie die Frau.
Mick riss dem Mädchen die Tasse aus der Hand und nahm sie in seine Arme.
Sie begann lauter zu schreien, trommelte mit ihren kleinen Fäusten auf seiner Brust.
Die Frau lief ihm eilig hinterer und tippte ihn auf die Schulter, die Männer hinter der Theke blickten auf, als er an ihnen vorbei lief.
Doch niemand unternahm etwas.
Er schmiss die Kleine auf den Rücksitz seines Wagens und schloss die Türen ab, bevor sie wieder aussteigen konnte.
Sie weinte und schlug gegen die Fensterscheiben, bis sie zu Bruch gingen und sie sich die Hand aufschnitt.
Blut tröpfelte unaufhaltsam über ihren Arm.
Er blickte wütend in den Rückspiegel und verzog das Gesicht.
An seinem Haus angekommen, packte er sie unter einen Arm und schleppte das Mädchen mit in sein Haus, schloss Türen und Fenster, zog die Vorhänge zu.
Er holte Verband aus einem Schrank in der Küche, zerrte die kleine weiße Hand zu sich her und tupfte vorsichtig die Wunde mit Desinfektionsmittel ab.
Sie begann vor Schmerz zu schreien und wand sich hin und her.
Doch er lachte nur, nahm den Verband und wickelte ihn um ihre Hand.
Als er sie los ließ sprang sie auf und rannte zur Türe, riss am Türgriff, trat gegen die Türe, bis sie schließlich schwer Atmend aufgab und niedersank.
Mick stand auf, blickte von oben auf sie herab und begann zu lachen.
Seine Hände fuhren zitternd über das kleine Gesicht, durch das schwarze Haar, über die blassen Arme, er legte einen Finger unter ihr Kinn und blickte ihr in die Augen.
Er legte den Kopf in den Nacken und lachte, mit seiner dunklen Stimme.
„DU BIST MEIN, DU WIRST IMMER MEIN SEIN“ schrie er aus vollem Leib...
“ICH KANN DICH ZERREISSEN.....
DU GEHÖRST ZU MIR....
ICH WERDE DICH TÖTEN, UM DICH ZU LIEBEN“
Das Mädchen schlug schützend die Hände über den Kopf und saß zusammengekauert da.
Und Mick lachte wankte davon und murmelte vor sich her, lächelte und murmelte.
Er sank nieder auf den hölzernen Boden, vergrub das Gesicht in den Händen und weinte, raufte sich die Haare, schrie, stand auf und schlug gegen die Wand.
Er kicherte in sich hinein, drehte sich um und blickte zu der Kleinen die ihn ängstlich beobachtete.
„Entspann dich... es ist vorbei, du gehörst zu mir.
Entspann dich... es ist vorbei, du kannst nie weg.
Liebe... du bist... meine erste.“
Langsam wankte er auf sie zu und ging in die Hocke, legte liebevoll eine Hand an ihre Wange.
„Ich kann kaum atmen.
Du faszinierst mich.
Du bist... mein Favorit, leg dich hin um zu schlafen“ flüsterte er.
Er stand wieder auf und lachte, schlug mit einer Faust gegen den Türrahmen und lehnte sich mit seiner Stirn dagegen.
„Liebe... so traurig... so kaputt...
Ich habe dich noch nicht verlassen.
so kalt…
Rebellisch, deine Augen sind voll von…
Morgen werde ich wieder gehen,
Liebe...“
Und das Mädchen legte sich hin um zu schlafen, um das alles nicht mehr sehen zu müssen.
Und sie wachte nie wieder auf.