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Das kinderleichte Spiel mit dem Plopp!?

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04.06.2015
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Das kinderleichte Spiel mit dem Plopp!?

„Der rote runde Stein passt nicht in die eckige Form! Du musst eine anderen Stein ausprobieren, sonst geht es nicht!“ Geduldig zeigt sie ihrem Kind einen grünen eckigen Stein, hält ihn hoch, dreht ihn von allen Seiten und schiebt ihn langsam zu der ebenso großen eckige Öffnung auf der Sortierbox vorbei an dem roten runden Stein. „Plop! Jetzt ist der Stein in der kleinen Kiste, siehst du! Komm wir probieren es gemeinsam noch einmal!“ Wieder macht es plop und plop und nochmal plop. Es ploppt noch etwa zehn Minuten bis dem konstanten und monotonen Ploppen ein Schluchzen, dann ein Weinen gepaart mit Augenreiben und heftigem Gähnen folgt. Scheinbar hat ihn die Monotonie des Spieles müde gemacht. Seinen kleinen runden Stein noch in der Hand haltend, liegt er nun mit ihr im Bett, die kleinen Finger fest um ihn gewickelt, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, scheinbar noch immer überzeugt, den runden Stein irgendwie durch die eckige Form quetschen zu können. Sie die Sortierform in der Hand, fünf unterschiedliche Formen für fünf auch farblich sich unterscheidende Steine. Ein dumpfes, hohles Plopp erklingt nur dann, wenn der passende Stein auf das passende Loch trifft. Sie dreht ihren Kopf leicht seitlich und schaut auf ihren Sohn. Während er gleichmäßig und ruhig atmend schon im Land der Träume zu sein scheint, zieht sie sich in ihre eigene, ferne, nicht der Realität entsprechende Welt zurück. Ihre Gedanken beginnen sich zu bündeln, sich zu formieren und werden wie durch Magie immer wieder in denselben Sog hinein gezogen, der sie in Sekundenschnelle immer wieder zur selben Frage katapultiert, und sie mit einer unglaublichen Wucht dagegen schleudert – unausweichlich, unverhohlen: Die Passform. Das Runde muss in das Runde und das Eckige in das Eckige. Für Kleinkinder ist dieses System schwer nachvollziehbar, sind sie doch noch nicht von Logik und rationellem Denken durchtränkt. Für Erwachsene ist es klar, vielleicht zu klar? Sie blickt auf den roten runden Stein, der immer noch in seiner Hand ruht. Noch weiß er nicht, dass er den Stein problemlos in das runde Loch einlochen kann. Er wird es noch viele weitere Male probieren, er wird den Stein noch viele weitere Male mit dem eckigen Loch in Verbindung bringen und er wird noch viele weitere Male nach kurzer oder längerer Zeit gelangweilt aufhören. Sie schaut ihn an und überlegt, dass Vieles richtig passen muss, um überhaupt funktionieren zu können. Strukturierte Deutsche haben in einem Londoner Hotel keine Chance ihr Haar ordnungsgemäß mit einem Fön zu trocknen. Der deutsche Fönstecker und die englische Steckdose kommen ohne Hilfe, sprich Adapter, nie zueinander und das feuchte deutsche Haar erhöht die Wahrscheinlichkeit sich eine englische Erkältung einzufangen. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Was wären unsere Leben, unsere Alltagsleben, ohne Passformen und Adapter? Chaos. Unüberblickbares Chaos, mit dem jedes Genie, auch Einstein, überfordert wäre. Sie sieht ein, dass ein gewisses Maß an System und Regeln unbedingt einzuhalten ist. Sich von einem Faden zum anderen hangelnd versucht sie, ein Netzwerk weiterer Ideen an diesen Gedankengang zu spinnen und überlegt, dass rein äußerlich Wohlstandsfette nicht in Kleidergröße 36 passen, Plattfüße nicht in High Heels, Quadratschädel nicht in edle Hüte und Fensterglasbrillen nicht auf die Nasen Sehbehinderter. Wagemutige Menschen, die sich wenig an der Passform orientieren, werden mit sich deutlich abzeichnenden Rettungsringen und Fettschwarten Zielobjekte bloßer Finger, selbiges gilt auch für den Quadratschädel. Zerquetsche kleinen Zehen lassen Dollarzeichen in Orthopädenaugen aufblinken und der Fensterglasbrillenträger landet sicherlich mit gebrochenem Nasenbein und zermatschtem Gesicht irgendwann in der nächsten Notaufnahme. Nebenwirkungen, die berechenbar und erträglich sind, glaubt sie.
Was aber tun, wenn der Geist, der Verstand, die Denkweise eine so undefinierbare Form annimmt, für das es nicht ansatzweise ein geeignetes Loch gibt, es also nie Ploppen wird, fragt sie sich. Können Menschen ohne Ploppen leben? Wie können Menschen ohne Ploppen leben? Wie oft Ploppen ist normal? Ab wann spricht man von unnormal? Will ich überhaupt dass es ploppt? Erwarten andere von mir, dass es bei mir auch mal Ploppen sollte. Inwieweit ploppt es bei mir nur, wenn andere mich immer näher an ein Loch drängen und abstürzen, also ploppen, lassen? Kann ich mich dagegen wehren? Kann ich meine Ploppwahrscheinlichkeit durch einen Psychotest berechnen lassen? Wenn es bei mir nie ploppt, kommt dann irgendwann einer mit der Zwangsjacke? Bei welcher Form soll es denn Ploppen? Kann ich Formen, die nicht genau passen, passend machen? Wie? Tut diese Verstümmelung dann körperlich oder geistig weh oder beides? Entferne ich mich denn immer weiter von mir selbst, je häufiger es ploppt? Wie soll ich mit Leuten umgehen, bei denen es ständig, öfter, manchmal ploppt? Will ich überhaupt mit Leuten umgehen, bei denen es ständig, öfter, manchmal ploppt. Sollte ich den Kontakt zu Dauerploppern abbrechen? Kann ich damit umgehen, dass durch mein nur spärlich vorhandenes Ploppgeräusch andere mich als Komisch bezeichnen? Sollte man ein Ploppgeräusch vortäuschen um nicht als Komisch erachtet zu werden? Unterscheidet sich ein vorgetäuschtes Ploppgeräusch von einem echten?
Langsam öffnet sie die Augen und stößt einen kaum hörbaren, aber doch eindeutigen Seufzer aus. Das Runde passt nicht in das Eckige – so einfach ist das, hört sie sich in Gedanken immer wieder zu ihrem Kind sagen. So einfach? Verdammt! Sie dachte doch immer dieses einfache Kinderspiel sicher zu beherrschen und jetzt wird es von Gedanke zu Gedanke komplizierter, verworrener und undurchschaubarer. Zudem schleicht sich noch ein zweiter Gedankenstrang in ihren Kopf, der nun ihre volle Aufmerksamkeit zu erlangen sucht. Was ist überhaupt mit den Formen? Wer bestimmt hier die Formen? Wer gibt die Größe der Steine vor? Wer stellt die Formen her? Nach welchem Plan? Wer ist der Auftraggeber? Ist es eine oder sind es mehrere Personen? Sind es überhaupt Menschen? Kann man diesem Gremium beitreten? Kann man als Einzelner versuchen, die Formengeber in irgendeiner Weise zu manipulieren, zu bestechen, zu erpressen? Bestünde die Möglichkeit, würde ich es machen? Inwieweit könnte ich dann Einfluss auf die Größe und Gestalt der Formen haben? Was ist das überhaupt für ein bescheuertes Spiel? Ist es ein Spiel?
Inmitten ihres Gedankennetzes versucht sie sich an einen dünnen, scheinbar unsicheren Faden zu klammern um nicht ganz ins Bodenlose abzustürzen und total den Verstand zu verlieren. Denn eines sieht sie erst verschwommen, dann immer klarer: ertönt das Ploppgeräusch ist das sicher der einfachere Weg. Mainstream, Durchschnitt, unauffällig, 08/15, keine extremen Ausschweifungen im Psychotest, langweilig, an Normen orientiert, die andere aufstellen, an Normen orientiert, nach denen sich alle richten, regelkonform, gedankenkonform. Ein leichtes Spiel – eigentlich! Ein Erfolg scheint einfach, greifbar, mühelos. Nur ploppen muss es oft!
Will ich das jetzt für mich?, denkt sie. Nein. Also, soll es dann nicht so häufig ploppen? Ja. Warum mache ich dann dieses dumme Spiel mit meinem Kind? Warum bringe ich meinem Kind bei, dass das Runde ins Runde muss. Warum fordere ich ihn nicht im Gegensatz dazu auf, etwas anderes auszuprobieren? Warum lobe ich nicht seine nicht-konformen Ideen? Seine unangepassten, ehrlichen, natürlichen Gedankengänge? Seine Individualität?
Am nächsten Tag beim Spielen mit der Sortierbox gesellt sie sich zu ihrem Kind. Kinder haben eine angeborene, natürliche Intuition, die erst im Laufe der Zeit der Sozialistation immer mehr Raum gewähren muss. Warum eigentlich? „Du hast ganz recht, sagt sie, das Runde muss nicht immer ins Runde. Versuchs doch mal mit dem Eckigen!“

 

Hej lolarennt,

Also, soll es dann nicht so häufig ploppen?
Wäre wünschenswert. Ich habe die Absätze mit den vielen Plopps nicht wirklich gelesen, rate Dir aber davon ab, ein Wort dermaßen häufig zu benutzen wenn Du nicht vorhast, Deine Leser zu foltern - dafür müsstest Du dann gute Gründe und eine Art Gegengewicht einbauen, etwas, was die Leute trotzdem mitfiebern und mitfühlen lässt. Mit weitschweifigen Vergleichen, Absätzen voller Fragen, die in ihrer Aneinanderreihung so gut wie sinnlos werden und diesem angeblich-schwer-reflektierte-(aber-in-meinen-Augen-total-durchgeknallte)-Mutter-Rahmen erreichst Du bei mir das Gegenteil.

Ich konnte mich entsprechend schlecht mit Deinem Erstling anfreunden. Ich lese darin den Versuch, einige noch recht wirre Gedanken in eine erste Form zu bringen, weniger den ernsthaften Wunsch, eine Geschichte zu erzählen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die von Dir gewählten Gedanken sich eignen, um etwas darauf aufzubauen.

Ihre Gedanken beginnen sich zu bündeln, sich zu formieren und werden wie durch Magie immer wieder in denselben Sog hinein gezogen, der sie in Sekundenschnelle immer wieder zur selben Frage katapultiert, und sie mit einer unglaublichen Wucht dagegen schleudert – unausweichlich, unverhohlen: Die Passform. Das Runde muss in das Runde und das Eckige in das Eckige. Für Kleinkinder ist dieses System schwer nachvollziehbar, sind sie doch noch nicht von Logik und rationellem Denken durchtränkt. Für Erwachsene ist es klar, vielleicht zu klar?
Ich kann weder die Frage, noch die Wucht, mit der sie an irgendetwas geschleudert wird, nachvollziehen. Auch, bzw gerade nicht, wenn ich der Mutter extremen Schlafmangel, postpartale Depressionen oder Alleinerziehertum unterstelle.
Wahrscheinlich bin ich von Logik und rationellem Denken durchtränkt. ;)

Ansprüche und Vorstellungen sind eben manchmal doch auch ganz okay. Man kann ja klein anfangen damit.

Viel Spaß noch, hier.

Ane

 

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