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Das Monster

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26.06.2019
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Das Monster

Ich weiß, es wird gleich auftauchen und es wird mich töten. Töten, wie es Laura getötet hat, langsam und unbarmherzig. Aber ich habe keine Angst mehr.

Ich sitze am Ende des kurzen, schmalen Holzpiers, meinen müden Kopf an eine der alten Holzbohlen gelehnt, die links und rechts auf den letzten Metern des Piers angebracht sind.

Unter mir fließt das Wasser des kleinen Sees so ruhig wie eh und je, aber heute baumeln nur zwei Beine in Richtung des sanft dahinplätschernden Wassers. Der Platz neben mir, auf dem Laura immer gesessen hat, ist leer.

Ich bin absolut ruhig, das elende Pochen, das ich noch den ganzen gestrigen Tag bis in die Schläfen hinein gespürt habe, mein Herzrasen, meine Übelkeit in der Magengegend, all das ist verschwunden. Ich bin die Ruhe selbst, nur das Plätschern des Wassers und mein eigener Atem sind zu hören.

Sogar meine Gedanken spielen nicht mehr verrückt, sie haben verstanden, dass ich mich entschieden habe. Entschieden, zu sterben.

Laura, meine Laura, wir beide hatten doch noch so viel vor. Wir waren dankbar gewesen. Dankbar, dass uns das Schicksal überhaupt eine Chance gegeben hatte, eine, wie sie vielleicht in einem von hundert Fällen vorkommt.

Obwohl Laura im gleichen kleinen Ort wie ich lebte, waren wir uns nie zuvor begegnet. Wir hatten uns erst vor acht Monaten kennengelernt, wir gehörten zu den glücklichen Menschen, die aus einer Vielzahl von Bewerbern ausgewählt worden waren, um an einem speziellen Ferienlager teilnehmen zu dürfen.

Zwischen uns entwickelte sich eine zarte, wunderbare Freundschaft, mehr nicht. Wir waren beide zum ersten Mal in unserem Leben weit weg von zuhause und wir waren beide doch sehr unsicher. Ich war 19, als ich Laura im Ferienlager das erste Mal begegnet bin. Laura war 17, sie war eine sanfte Schönheit, ihre rehbraunen Augen und ihr schulterlanges braunes Haar bildeten eine einzigartige Harmonie. Dazu hatte sie ein riesengroßes Herz, das jeden erst einmal regelrecht umarmte. Wenn sie einen Raum betrat, wurde es hell, sie strahlte von innen heraus, heller als jede der leuchtenden Lampen.

Wir wurden unzertrennlich, uns beiden war schnell klar, dass wir uns nach dem Ferienlager weiter treffen würden. Und so trafen wir uns immer, wenn es möglich war, abends gegen 22.00 Uhr an diesem kleinen See. Irgendwann hatten wir dieses lauschige Plätzchen am Pier entdeckt und uns auf Anhieb darin verliebt. Ein kleiner Pier aus uralten Holzbohlen, gerade so breit, das wir beide an seinem Ende gemütlich sitzen konnten.

Wir konnten beide unsere Beine baumeln lassen, ohne dass das unter uns plätschernde Wasser unsere Beine berührte, niemals in der ganzen Zeit hat auch nur ein einziger Spritzer uns getroffen. Wir saßen oft hier und genossen diese Ruhe, die uns beiden so gut tat.

Aus unserer Freundschaft wurde nach und nach mehr, wir verliebten uns ineinander und verlebten hier viele Minuten unseres geschenkten Glücks. Mitten in dieser Glückseligkeit ist Laura unvorsichtig geworden und trotz aller Vorsichtsmaßnahmen diesem Monster in die Hände gefallen. Es hat nicht lange gefackelt, es hat sie getötet, genauso unbarmherzig getötet, wie so viele vorher schon und so viele, die noch durch seine Hand werden sterben müssen.

Gestern war Lauras Beerdigung, ich bin mit ihr gestorben, mein Herz ist gebrochen. Es ist so schwer geworden, dass ich es am liebsten herausreißen würde. Ich habe geweint, unendlich lange, ich weiß nicht, wie viele Stunden. Später, als ich keine Tränen mehr hatte, reifte nach und nach mein Entschluss, Laura zu folgen, denn ein Leben ohne sie war für mich undenkbar geworden. Es war doch kein Leben mehr, mit ihr war alles in mir gestorben, ich lief nur noch als Hülle herum.

Es war nicht einfach gewesen, mich zu meinem Entschluss durchzuringen, ich hatte Angst, Angst vor dem, was kommen würde, denn es würde endgültig sein. Ich habe viele Kämpfe mit mir ausgetragen, elende, qualvolle Kämpfe, aber nun habe ich mich entschieden, zu sterben. Zu sterben durch die Hand dieses Monsters, dass auch Laura getötet hat.

Gestern Abend war ich noch so aufgewühlt von allem und bin ruhelos am See herumgewandert. Und selbst, als ich gegen Mitternacht an unserem lauschigen Plätzchen eingetroffen bin und mich auf den so vertrauten Platz gesetzt habe, war ich immer noch unruhig. Ich habe am ganzen Körper gezittert, mein Herzpochen kroch derart meine Schläfen hoch, dass ich dachte, sie würden platzen.

Ich habe 2 Flaschen Wein mit an den Pier genommen, um mir Mut anzutrinken, aber ich habe sie nicht angerührt, denn ich will bei klarem Verstand sein, wenn das Monster erscheint. Ich will diesem Monster, das meine Laura getötet hat, in die Augen sehen, ganz bewusst. Einmal nur, nur dieses eine Mal, bevor es mich auch tötet. Daher habe ich diesen Platz gewählt, denn hier sehe ich es auf alle Fälle, hier kommt es immer und immer wieder hin.

Und so warte ich auf das Endgültige, das auch mein Leben beenden wird.

Gleich wird es kommen, es, das die Erde so dringend braucht, das Menschen, Tiere und Pflanzen über alles lieben und ohne das ein Leben auf der Erde nicht vorstellbar ist. Es hat auch einen Namen, es nennt sich „Sonne“.

Aber mich wird dieses Monster töten, töten wie es Laura getötet hat und wie es vor uns schon so viele Menschen auf seine oft qualvolle und unbarmherzige Art getötet hat.

Denn ich bin, wie Laura, ein Mondscheinkind.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @lewihe,

unbekannterweise erstmal ein Herzlich Willkommen im Forum. Das was ich im Folgenden schreibe, ist meine subjektive Meinung und nicht als persönliche Kritik gemeint.
Zur Textarbeit: Ich habe zwei Problemchen mit deinem Text. Das erste nennt sich Langeweile Das zweite Konfusion. Ich versuche, mal zu umreißen, woher das kommt.

Langeweile stellt sich bei mir dadurch ein, dass du teilweise abgelutschte Plattitüden benutzt:
"Ich bin die Ruhe selbst", "sie war eine sanfte Schönheit, ihre rehbraunen Augen und ihr schulterlanges braunes Haar", "Aus unserer Freundschaft wurde nach und nach mehr, wir verliebten uns ineinander und verlebten hier viele Minuten unseres geschenkten Glücks.", "Es war doch kein Leben mehr, mit ihr war alles in mir gestorben, ich lief nur noch als Hülle herum.", "Dazu hatte sie ein riesengroßes Herz, das jeden erst einmal regelrecht umarmte.", "Wenn sie einen Raum betrat, wurde es hell, sie strahlte von innen heraus" etc., etc., etc..
Das hört sich alles schön an, aber es sind alles Allgemeinplätze, Worthülsen, Phrasen, die an sich nichts aussagen, sondern nur Zeilen füllen. Ich spüre weder Furcht (wovor auch?), noch Liebe (weshalb liebt er sie?) noch sonst ein Gefühl wie z.B. Resignation, weil du es mir erzählst, aber nicht zeigst, Thema "show, don´t tell".
Um mich emotional zu berühren, müsste der Text anders daherkommen als im Schnulzenduktus. Er müsste mir zeigen, was dein Prota fühlt, hört, sieht. In echt, ungeschönt und nicht geglättet, wie das Leben halt so ist.
Aber möglicherweise gehöre ich nicht zu deinem anvisierten Publikum, denn einen Romantik-Text habe ich hier noch nicht gelesen.

Die Konfusion liegt darin begründet, dass du Behauptungen aufstellst, die ich als Leser dir abkaufen soll, aber nicht verstehe:
"Ich weiß, es wird gleich auftauchen und es wird mich töten." (Woher weiß er das?)
"Aber ich habe keine Angst mehr."(Warum denn nicht?)
"Sogar meine Gedanken spielen nicht mehr verrückt, sie haben verstanden, dass ich mich entschieden habe. Entschieden, zu sterben."(Wo kommt das alles her?)
Mir scheint, du hast deine Geschichte um diese Mondscheinkinder-Kiste herum quasi von hinten raus konstruiert. Das alleine ist eine nette Idee, füllt aber keine Kurzgeschichte. Mit dem Wissen des Schlusssatzes erschließt sich einiges im Nachhinein, aber dann kommt die finale Frage, die du nicht beantwortest: Was zur Hölle ist ein Mondscheinkind? Ich denke, es sind Menschen, die nur während des Mondscheins nach draußen dürfen, aber genau darüber hätte ich gerne mehr erfahren.

Peace, linktofink

 

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