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Das tapferste Mädchen

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28.08.2020
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Das tapferste Mädchen

Veränderungen sind gut hat meine Oma mir früher immer gesagt. Egal ob sie negativ oder positiv sind wir können auf jeden Fall etwas daraus lernen. Entweder wachsen wir an einem gescheiterten Versuch oder wir können uns glücklich schätzen, dass unser Mut belohnt wird. So oder so. Doch mit so einer Veränderung hätte wohl niemand gerechnet. Wobei... Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass es vielleicht doch ein paar Menschen hatten kommen sehen. Als all das angefangen hatte hatte ich sie schon vor mir stehen sehen wie sie begeistert jedem erzählen würden, dass sie Recht gehabt hatten. Ich hatte sie verabscheut.
Sie waren die ersten die getötet wurden.
Nun auch das war abzusehen denke ich. Science fiction Nerds und Begeisterte die keinerlei Ahnung hatten von der Gefahr in der sie sich begaben. Oder war es ihnen egal gewesen? Höher entwickelte Lebensformen dringen in unsere Erdatmosphäre ein und bedrohen unseren Planeten und das erste was diese Holzköpfe machen ist blind drauf loszustürmen. Als wären diese Drecksäcke wirklich in der friedlichen Absicht gekommen die sie uns versprochen hatten.
So fing alles an. Denke ich zumindest.
Wenn man schon so lange in Angst um sein Leben lebt vergisst man schnell wie genau es dazu kam. Doch dafür behält man anderes im Kopf, bedeutsames. Tage die wirklich etwas in unsern Leben verändert haben.
Seltsam, dass wir es grade ihr zu verdanken haben. Dem tapfersten Mädchen dem ich je begegnet bin. Meiner Nichte. Es ist schmerzlich an sie zu denken. Sie hat uns den Mut gegeben zu kämpfen als wir selber schon aufgegeben hatten. Für eine neunjährige hat sie erstaunliches geleistet. Bis zu ihrem letzten Atemzug hat sie gekämpft wie eine Löwin und nur dank ihr, nur dank diesem einen besonderen Neuen Jahr, haben wir niemals aufgegeben...

"Aber das hier ist was besonders! Es ist nicht wie die letzten Jahre!", schrie sie. "Sovieles hat sich für uns geändert..."
Abwechselnd sah Sora jeden von uns an.
"Wir haben unsere Familien verloren, geliebte Menschen mussten sterben, unsere Heimat ist zerstört... Das hier ist was anderes. Wir müssen das jetzt tun um damit abschließen zu können. Es ist schrecklich was passiert ist und was noch passiert aber wir können nicht einfach aufgeben!"
Je länger Sora sprach desto klarer wurde mir, dass sie recht hatte. In wenigen Minuten wurde das Jahr zu Ende sein und wir steckten mit unseren Gedanken noch viel zu tief in unseren Verlusten um damit zurecht kommen zu können im neuen Jahr.
Ich trat aus der Gruppe hinaus und stellte mich neben die kleine rothaarige welche überrascht zu mir hinauf sah als ich ihre Hand nahm.
"Ich stimme Sora zu", sagte ich mit fester klarer Stimme und blickte auf das Haus vor uns.
"In den letzten Monaten hatten wir nur noch uns. In diesem Haus stecken all die schlechten Erinnerungen die uns an das erinnern was wir verloren haben und was wir erstmal nicht mehr haben werden. Unsere Eltern sind hier gestorben, unsere Freunde, die Menschen die wir lieben. Hier haben wir alles verloren."
"Ihr wollt es wirklich nieder brennen?", fragte Joshua und sah uns ernst an. Ich nickte. Josh war wohl derjenige der am besten verstand warum wir das tun mussten also nickte er schließlich. Sein kleiner Bruder Jeremy nickte ebenfalls.
Ich sah auf mein Handy.
5 Minuten bis das neue Jahr beginnen würde.

"Holt alles was ihr auf keinen Fall hier lassen wollt. Eine Sache die euch für immer bleiben wird. In der Zwischenzeit kümmerte ich mich um alles andere", murmelte Josh und die kleinen liefen ins Haus. Ich wusste was Sora holen würde und tatsächlich. Einige Minuten später kam sie mit den rosanen Plüschhasen zurück den sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Ich wusste, auch mich würde er immer an meine geliebte Schwester erinnern. Jeremy kam mit einem blauen Teddy zurück den Josh und ich ihm einst zusammen geschenkt hatten.
Erneut schaute ich auf mein Handy.
Eine Minute bis Neujahr.

Josh kam raus und zog eine Benzinspur bis zu uns welche mit den Haus verbunden war. So wollte er es also machen.
Er stellte den leeren Kanister auf die Seite und holte sein Zippo raus.
Seine freie Hand legte er in die meine.
"Die letzten Sekunden", flüsterte er. Ich nickte.
Sora klammerte sich an mein Bein während Jeremy sich an das von Josh klammerte. Nun würde es soweit sein.
Im nächsten Jahr würden wir von ganz vorne anfangen.
Im selben Moment in den mein Handy auf 0 Uhr umsprang warf Josh das Feuerzeug und wir beobachteten wie die Flammen sich ihren Weg zum Haus suchten bis es endgültig von Flammen eingehüllt war.
Erleichterung machte sich in mir breit. Jetzt würden wir abschließen und weiter kämpfen können.

Das war es was uns hat kämpfen lassen. Seither sind viele Jahre vergangen doch wir sind niemals zurück gekehrt. Obwohl weniger als die Hälfte der Menschen nur noch lebte haben wir in den letzten Monaten gute Fortschritte gemacht. Ob wir es schaffen würden den Kampf zu gewinnen weiß ich nicht. Das liegt verborgen in den Sternen. Doch wir haben unseren Mut wieder.
"Kommst du?"
Josh drückt einmal kurz meine Schulter.
"Es wird Zeit."
Ich nicke. Er weiß wie schwer es mir fällt hier weg zu gehen. Dich zu verlassen.
Regentropfen lösen sich aus den dunklen Wolken und fallen hinab auf dein Grab.

Hier ruht Sora Moon,
Eine Freundin, eine Schwester, eine Heldin

Die goldenen Buchstaben schimmern leicht. Jedes Jahr kommen wir her. Immer zu Neujahr. Seit sie gestorben war. Und wie jedes Jahr habe ich nur einen einzigen Wunsch.
Frieden.
Frieden für meine Nichte, für uns, für die Menschheit. Irgendwann, so hoffe ich, werden wir in Frieden leben und an sie denken können...

 

Hallo @Naty,

willkommen im Forum!

Deine Story hat was. Die Jungen, die Kinder, die in der Welt-Katastrophe (gegen ihren Willen?) zu Kämpfern werden müssen - da steckt viel drin. Das Erzählen liegt dir, das merkt man deinem Text an. Der personale Erzähler funktioniert, die - wenigen - Bilder sind interessant.

Ich habe zwei konkrete Vorschläge, wie du den Text weiterentwickeln könntest, danach redigiere ich ein bisschen:

1. Du solltest unbedingt an Kommata denken. Die fehlen oft. Die Sache mit Kommata ist, dass sie das Lesen deutlich erleichtern, weil sie mir als Leser helfen, den Text in Sinnabschnitte zu gliedern. Deshalb setze ich diesen Hinweise auf die 1. Das ist eben nicht nur ein "ohjee, bisschen Rechtschreibung"-Ding, sondern es ist wirklich relevant, um deine Leser durch den Text zu führen. (Ich hab' mal alle Kommata, die ich setzen würde, unten eingefügt.)

2. Kontext. Erzähl' uns ruhig ein bisschen mehr. Wie sind die Außerirdischen angekommen? Was genau ist passiert, als die ersten - naiven - Menschen Kontakt mit ihnen aufnehmen wollten? Wie sind die Erwachsenen gestorben? In welcher Situation befinden sich die Jugendlichen und Kinder jetzt? (Es wird ja zum Beispiel klar, dass die Ich-Erzählerin jetzt auf ihre Nichte aufpasst. Kannst du das ein bisschen beschreiben?) Die Story lässt im Augenblick viel im Ungefähren und ich kann mir ganz viele verschiedene Richtungen vorstellen - du kannst eine Art Sozial-Dings daraus entwickeln, irgendwo zwischen "Lord of the Flies" und "The Society" (die Netflix-Serie, nicht der Brian-Yuzna-Streifen), du kannst aber auch - hier und da blitzt das durch - voll auf den alttestamentarischen Ton einschwenken und irgendwo bei Cormac McCarthys "The Road" landen, und vermutlich wären auch die "Tributes of Parnem" ein Erzählhorizont. Entwickle die Welt, in der deine Story spielt. Du musst sie dann nicht in langen Absätzen erklären - reiße sie stattdessen hier und da kurz an, damit wir den Hintergrund mitbekommen. @DaDraußen hat das zuletzt in ein paar Stories wirklich cool gemacht, schau dir das vielleicht mal an.

So viel zu den ungefähren Ideen und Vorschlägen, jetzt geht's an die Werkbank:

Veränderungen sind gut, hat meine Oma mir früher immer gesagt. Egal, ob sie negativ oder positiv sind, wir können auf jeden Fall etwas daraus lernen. Entweder wachsen wir an einem gescheiterten Versuch oder wir können uns glücklich schätzen, dass unser Mut belohnt wird. So oder so. Doch mit so einer Veränderung hätte wohl niemand gerechnet. Wobei ... Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass es vielleicht doch ein paar Menschen hatten kommen sehen. Als all das angefangen hatte, hatte ich sie schon vor mir stehen sehen, wie sie begeistert jedem erzählen würden, dass sie Recht gehabt hatten. Ich hatte sie verabscheut.
Sie waren die ersten, die getötet wurden.

Nun, auch das war abzusehen, denke ich. Science-Fiction-Nerds und -Begeisterte, die keinerlei Ahnung hatten von der Gefahr, in der die sie sich begaben. Oder war es ihnen egal gewesen? Höher entwickelte Lebensformen dringen in unsere die Erdatmosphäre ein und bedrohen unseren Planeten und das Erste, was diese Holzköpfe machen, ist blind drauflos zu stürmen. Als wären diese Drecksäcke wirklich in der friedlichen Absicht gekommen, die sie uns versprochen hatten.
So fing alles an. Denke ich zumindest.

Wenn man schon so lange in Angst um sein Leben lebt, vergisst man schnell, wie genau es dazu kam. Doch dafür behält man anderes im Kopf, Bedeutsames. Tage, die wirklich etwas in unserem Leben verändert haben.
Seltsam, dass wir es gerade ihr zu verdanken haben. Dem tapfersten Mädchen, dem ich je begegnet bin. Meiner Nichte. Es ist schmerzlich, an sie zu denken. Sie hat uns den Mut gegeben zu kämpfen, als wir selber schon aufgegeben hatten. Für eine Neunjährige hat sie Erstaunliches geleistet. Bis zu ihrem letzten Atemzug hat sie gekämpft wie eine Löwin und nur dank ihr, nur dank diesem einen besonderen Neuen Jahr, haben wir niemals aufgegeben ...

"Aber das hier ist was Besonders! Es ist nicht wie die letzten Jahre!", schrie sie. "So vieles hat sich für uns geändert ..."
Abwechselnd sah Sora jeden von uns an.
"Wir haben unsere Familien verloren, geliebte Menschen mussten sterben, unsere Heimat ist zerstört ... Das hier ist was anderes. Wir müssen das jetzt tun, um damit abschließen zu können. Es ist schrecklich, was passiert ist und was noch passiert, aber wir können nicht einfach aufgeben!"
Je länger Sora sprach, desto klarer wurde mir, dass sie recht hatte. In wenigen Minuten würde das Jahr zu Ende sein und wir steckten mit unseren Gedanken noch viel zu tief in unseren Verlusten, um damit zurechtkommen zu können im neuen Jahr.
Ich trat aus der Gruppe heraus und stellte mich neben die kleine Rothaarige, welche überrascht zu mir hinauf sah, als ich ihre Hand nahm.
"Ich stimme Sora zu", sagte ich mit fester klarer Stimme und blickte auf das Haus vor uns.
"In den letzten Monaten hatten wir nur noch uns. In diesem Haus stecken all die schlechten Erinnerungen, die uns an das erinnern, was wir verloren haben und was wir erstmal nicht mehr haben werden. Unsere Eltern sind hier gestorben, unsere Freunde, die Menschen, die wir lieben. Hier haben wir alles verloren."
"Ihr wollt es wirklich niederbrennen?", fragte Joshua und sah uns ernst an. Ich nickte. Josh war wohl derjenige, der am besten verstand warum wir das tun mussten, also nickte er schließlich. Sein kleiner Bruder Jeremy nickte ebenfalls.
Ich sah auf mein Handy.
Fünf Minuten, bis das neue Jahr beginnen würde.

"Holt alles, was ihr auf keinen Fall hier lassen wollt. Eine Sache, die euch für immer bleiben wird. In der Zwischenzeit kümmere ich mich um alles andere", murmelte Josh und die Kleinen liefen ins Haus. Ich wusste, was Sora holen würde und tatsächlich: Einige Minuten später kam sie mit dem rosa Plüschhasen zurück, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Ich wusste, auch mich würde er immer an meine geliebte Schwester erinnern. Jeremy kam mit einem blauen Teddy zurück, den Josh und ich ihm einst zusammen geschenkt hatten.
Erneut schaute ich auf mein Handy.
Eine Minute bis Neujahr.

Josh kam raus und zog eine Benzinspur bis zu uns, welche mit den Haus verbunden war. So wollte er es also machen.
Er stellte den leeren Kanister auf die Seite und holte sein Zippo raus.
Seine freie Hand legte er in die meine.
"Die letzten Sekunden", flüsterte er. Ich nickte.
Sora klammerte sich an mein Bein während Jeremy sich an das von Josh klammerte. Nun würde es soweit sein.
Im nächsten Jahr würden wir von ganz vorne anfangen.
Im selben Moment, in dem mein Handy auf 0 Uhr umsprang, warf Josh das Feuerzeug und wir beobachteten, wie die Flammen sich ihren Weg zum Haus suchten, bis es endgültig von Flammen eingehüllt war.
Erleichterung machte sich in mir breit. Jetzt würden wir abschließen und weiterkämpfen können.

Das war es, was uns hat kämpfen lassen. Seither sind viele Jahre vergangen, doch wir sind niemals zurückgekehrt. Obwohl weniger als die Hälfte der Menschen nur noch lebte überlebt hat, haben wir in den letzten Monaten gute Fortschritte gemacht. Ob wir es schaffen werden, den Kampf zu gewinnen, weiß ich nicht. Das liegt verborgen in den Sternen. Doch wir haben unseren Mut wieder.
"Kommst du?"
Josh drückt einmal kurz meine Schulter.
"Es wird Zeit."
Ich nicke. Er weiß wie schwer es mir fällt hier weg zu gehen. Dich zu verlassen.
Regentropfen lösen sich aus den dunklen Wolken und fallen hinab auf dein Grab.

Die goldenen Buchstaben schimmern leicht. Jedes Jahr kommen wir her. Immer zu Neujahr. Seit sie gestorben ist. Und wie jedes Jahr habe ich nur einen einzigen Wunsch.
Frieden.
Frieden für meine Nichte, für uns, für die Menschheit. Irgendwann, so hoffe ich, werden wir in Frieden leben und an sie denken können ...

PS. -- Beim erneuten Durchlesen beschleicht mich das Gefühl, dass dieser Text der Auftakt einer längeren Erzählung sein könnte ..?

Hatte Spaß, möchte mehr lesen:

Christophe

 

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