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Daytripper

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16.02.2012
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Daytripper

Jeder hat so seine Marotten, da bilde ich definitiv keine Ausnahme. Ich mag das Gefühl, wenn sich von etwas extrem Saurem der Mund zusammenzieht, der Speichel zusammenläuft und es unlokalisierbar mitten im Kopf anfängt zu knacken und zu knistern. Brausepulver, das weiße mit Zitronenaroma, eignet sich für diesen Kick am besten. Hurtig eine Tüte aufreißen und in einem Zug in den weit geöffneten Mund schütten. Nicht anecken, nicht ausatmen, sonst klebt es. Da bin ich inzwischen Profi. Wie ein Herzkranker seine Nitro-Sprays habe ich überall in der Wohnung die kleinen Tütchen verteilt. So muss ich nie lange suchen. Herbert, mein WG-Partner, lacht sich immer halb scheckig über meinen Spleen.

Heute stimmt aber irgendätwas nicht mit dem Zeug. Es schmegt ganz anders, und statt des Knisterns höre ich in meinem Kopf eine Engelshaar singen. Ich bin doch noch viel zu junk, um zement zu werden?

Gleich darauf werben meine Knie weit wie Mutter und ich sehe alles durch einen fichten Nabel. Wie ein Elegant im Porzellanloden schwenke ich durch das Flimmer. Das dorf doch nicht warm sein! Ich muff doch noch piss nach Humbug, Sand Pauli spielt häute gegen Werner. Ober in dösem Zugstand schiff ich es kaum rentner bus zum Toxi. Sieh ein Mast, ich bar schön wo im Faßbullfieder!

Schwiemlig schnall wirt mir karl, wer mir diese Maus in den Pilz gesalzt hat. Daf kamm nuhr Hirnbart feingeädelt haben. Beschimpft natter mir Keks in die Braune gewischt, der Surenhohn, omm neine Einritzkerze zu kraulen.

Penn ich dem verwasche trott ich ihn mett sophie Einlauf in dehn Harsch, pass ihn sein Gewiss auf dem Mond fließt, wund dann reif ich ihn die Eimer saft und trümpel wald rauf dumm.

 

Hi veermouth,

dein Experiment besteht darin, eines Tagestrip zu verbalisieren. Das machst du, indem du Wechstaben verbuchselst. An manchen Stellen ist da sogar mehr:

wer mir diese Maus in den Pilz gesalzt hat.

Ich muss zugeben, ein bisschen hat das schon gewirkt. Aber das liegt eben daran, dass einem übel wird bei so viel Wortdreherei. Ein richtiges Experiment ist es ja nicht, aber doch genug, um hier sein zu dürfen, meine ich. Es ist eben ein bisschen einfältig. Außerdem: Wie soll etwas in solche Tütchen kommen, wenn der Ich-Erzähler diese jedesmal neu aufreißt? Bei einem Trip nimmt man seine Umgebung viel verrückter wahr. Aber dein Protagonist denkt klar, weiß, wer was getan hat und beschließt dann auch noch Konsequenzen zu ziehen. Hätte er das Knisterzeugs genommen und würde sich einbilden, er wäre ein Vogel. Da geht er nach draußen, spricht mit anderen Vögeln, Fögeln, Flügeln. Das Experiment hätte ruhig etwas tiefer gehen, kreativer und länger sein können. Auch in Experimente muss man eben manchmal viel Arbeit stecken.

Interessant war es, aber nicht überwältigend. Ein bloßer Brocken, wenn man bedenkt, wie sehr man da noch hätte schleifen können.

Beste Grüße
markus.

 

Schwiemlig schnall wirt mir karl

Das erinnerte mich an den Zipferlaken:
"Verdaustig war's, und glaße Wieben
rotterten gorkicht im Gemank.
Gar elump war der Pluckerwank,
und die gabben Schweisel frieben."

Der Jammerwoch ist aber besser. Mir gefällt das Experiment ziemlich gut, auch wenn es schlicht ist. Sprachlich gefällt mir so etwas. Du schaffst es hier, dass das Experiment nicht ein beliebiger Unsinnstext wird, indem du eine Erklärung mitlieferst.

 

Hallöche,

ich fands auch ganz nett zu lesen, besonders das hier hats mir angetan:

noch piss nach Humbug

Hier noch ein Rechtschreibfehler, der sicherlich keine Absicht war:
etwas extrem Saurem

 

Na, dann will ich mal:

Die Idee ist, eine Droge ähnlich wie Curare wirken zu sehen. Der Geist ist hellwach, aber die Sprache (und der Körper, sonst könnte der Protagonist einfach die Klappe halten und trotzdem zu seinem Fußballspiel fahren) versagt zusehends. Nicht einfach irgendwie, sondern durch überwältigende Assoziationen.

Der dahinterliegende Text ist sinnvoll. Die Verfremdung besteht zwar auch darin, Buchstaben zu vertauschen (die körperliche Seite, sozusagen), aber eigentlich nur, um das langsame Einsetzen der Wirkung zu zeigen. Gewollt war schon etwas anderes als bei Carroll.

Eine erste Assoziationskette (wie komme ich zu dem Fußballspiel?) besteht folgerichtig aus Fahrzeugen: Zug(stand), Schiff, Bus, Taxi.

Die anschließenden hilflosen Flüche (das Spiel kann ich jetzt vergessen...) werden durch assoziierte Wörter ergänzt und verstärkt, die letztlich rund um den 'Arsch' Herbert kreisen: braun, wischen, Ritze, kraulen, waschen, Einlauf, dehnen, wund

Der Balanceakt beim Schreiben besteht darin, den Grundtext erkennbar zu belassen. Das hat offenbar nicht so gut funktioniert wie ich hoffte, und ja!, es ist wohl zu flüchtig hingeworfen.

Hier der Klartext des letzten Teils:

Heute stimmt aber irgendetwas nicht mit dem Zeug. Es schmeckt ganz anders, und statt des Knisterns höre ich in meinem Kopf eine Engelsschar singen. Ich bin doch noch viel zu jung um dement zu werden?

Gleich darauf werden meine Knie weich wie Butter und ich sehe alles durch einen dichten Nebel. Wie ein Elefant im Porzellanladen schwanke ich durch das Zimmer. Das darf doch nicht wahr sein! Ich muss doch noch bis nach Hamburg, Sankt Pauli spielt heute gegen Werder. Aber in diesem Zustand schaff ich es kaum runter bis zum Taxi. So ein Mist, ich war schon so im Fußballfieber!

Ziemlich schnell wird mir klar, wer mir diese Laus in den Pelz gesetzt hat. Das kann nur Herbert eingefädelt haben. Bestimmt hat er mir Koks in die Brause gemischt, der Hurensohn, um meine Eintrittskarte zu klauen.

Wenn ich den erwische(,) tret(e) ich ihm mit soviel Anlauf in den Arsch, dass ihm sein Gebiss aus dem Mund fliegt, und dann reiß ich ihm die Eier ab und trampel wild drauf rum.

 

Hallo veermouth,
nichts Großes, nur eine Rükmeldung.

Ich mag solche Spielereien, deshalb hattest du mich schnell in deiner Buchstabenverdrehergeschichte drin.
Gut fand ich die Idee, den Buchstabeneintopf durch die Vorgeschichte zu erklären, ihm sozuasagen einen stimmigen Rahmen zu geben.

Der dahinterliegende Text ist sinnvoll. Die Verfremdung besteht zwar auch darin, Buchstaben zu vertauschen (die körperliche Seite, sozusagen), aber eigentlich nur, um das langsame Einsetzen der Wirkung zu zeigen.

Erst mal hab ich mich gefreut über die beknackten Wörter, die entstanden sind. Dann habe ich natürlich versucht rauszukriegen, worin das Experiment genau besteht. Ich scheiterte. Buchstabentauscher, Schüttelreime irgendwas in der Richtung, nichts half. Und nach deiner Erklärung bin ich jetzt richtig froh, denn so einfach war es denn wohl auch nicht, das herauszubekommen.

Der Balanceakt beim Schreiben besteht darin, den Grundtext erkennbar zu belassen. Das hat offenbar nicht so gut funktioniert wie ich hoffte, und ja!, es ist wohl zu flüchtig hingeworfen.

Da kann ich dich beruhigen, obwohl das leicht gesagt ist im Nachhinein, du musst es mir halt einfach glauben. Der Text war verständlich, ich war nur unschlüssig bei
Einritzkerze zu kraulen
Aber das war mir irgendwie auch wurscht, es klang so hübsch schweinisch.

Hat Spaß gemacht, sehr gerne gelesen
Gruß Novak

 

ich fands lustig.
und die Kommentare erst! Fragt man sich da tatsächlich, wie das Zeug in das Tütchen gekommen ist? Könnt ihr irgendeinen Film mit Genuss sehen, bei dem die Logik und Handlungsabfolge in den allermeisten Fällen zum Wohl der Spannung auf der Strecke bleiben? (Er reißt die Tütchen immer oben auf, sie hätten ja unten manipuliert und wieder zugeklebt sein können, aber was soll´s?) Und möchtet ihr uns von euren Tripps nicht noch mehr erzählen, die "anders" waren? Wie jeder einzelne wohl ist?
Das erinnert irgendwie an den, der in einer Filmkritik sagt, es sei doch suspekt, dass in den Tagen der Zeitspanne, die die Story umfasst, kein Mensch jemals zum Klo gegangen ist.
Veermouth´ Erklärung erklärt alles und das ist fast schade - die beknackten Wörter waren erkennbar, die Absicht mit den Assoziationsketten aber weit ausgeklügelter, als ich erwartet hatte.
MMn ein sehr gelungenes Experiment und sehr interessant, wie auch diese beleuchtet werden. Da ist ja alles möglich hier! Klasse
Gruß
Dea

 

Vielen Dank euch allen für die kritischen und ermutigenden Kommentare.

Wenn mich die Muse nochmals küssen sollte, während ich unter Drogen stehe (sehr selten multipliziert mit fast nie = die Hoffnung stirbt zuletzt) lasse ich euch wieder teilhaben, versprochen.

Das Thema 'Assoziationen' beschäftigt mich immer wieder. Ich glaube, dass solche Anklänge, Reime usw. beim Schreiben fast unbewusst einfließen und einen Teil des Flairs ausmachen, der einen 'guten' Text umgibt.

Dieses Mittel bewusst und gezielt einsetzen zu können wäre schon klasse. Hier ist es ja eher mit dem Holzhammer passiert, als Experiment eben.

Liebe Grüße

 

Hi veermouth,

Als ich beim zweiten Absatz war, wollte ich erst mal anfangen, die Rechtschreibfehler aufzulisten, das ist anscheinend schon eine Art Reflex bei mir :lol:

Dann habe ich daber doch noch bemerkt, dass das zum Experiment gehört, und mich sehr amüsiert. Vor allem der Ausdruck

wer mir diese Maus in den Pilz gesalzt hat

hat's mir aus irgendeinem Grund total angetan, was dagegen, wenn ich den ab jetzt verwende? :D

Die richtigen Bedeutungen habe ich eigentlich alle herausgefunden. Auf die Assoziationsketten, die du in deinem Kommentar erwähnt hast, wäre ich von allein nicht gekommen, aber nachdem ich den Kommentar gelesen hatte, dachte ich mir, ja, das ist ziemlich einleuchtend.

Ich bin echt beeindruckt, wieviel in diesem kurzen Text drinsteckt, und finde ihn wirklich sehr gelungen.

Grüße von Perdita

 

Ich fand's irgendwie lustig. Vorallem, weil ich am Anfang dachte "Das ist aber nicht richtig" und nach und nach wurde es willkürlicher.

 

Salut veermouth

Mir ging es wie Perdita, auch ich musste den Rotstift schnell wieder weglegen.
:)

Jo, das wäre nun die grosse Kunst, deine Grundidee zum Experiment in eine richtige Geschichte zu packen. Denn so bleibt dem Leser nur die Bedeutungen hinter der lustigen Buchstabendreherei zu erraten, die du sogar in #5 unnötigerweise nachlieferst.

Fazit: Ein witziger Versuch, durch Wortspielerei den Drogenrausch erlebbar zu machen, doch durch die Beschränkung auf den schnellen Effekt bleibt die Geschichte auf der Strecke.

Gruss dot

 

Hallo Daytripper,

die Idee zu diesem Experiment ist nicht neu (welche ist das schon?), aber mir hat die kleine Geschichte gefallen. Man weiß warum der Protagonist so reagiert, wie er es tut und kann gut verfolgen, welche Auswirkungen der Tütcheninhalt auf den Armen hat, seine Rationalität sich langsam verabschiedet.

Wenn dann noch „Hirnbart“ etwas „feingeädelt“ hat, ist der Ausgang kein Wunder …

Es ist selbstverständlich immer besser, mit einem unerwarteten Gag zu enden, aber es ist auch schwer, einen zu finden ...


Tschüss …

Woltochinon

 

Ihr habt ja Recht!

Die Geschichte ist recht simpel: Prot. will zum Fußball, sein Zimmergenosse setzt ihn schachmatt, klaut sein Ticket und Prot. muss zu Hause bleiben. Aber eine Geschichte ist es doch? (Ich verfolge ehrfürchtigst die Diskussion um diesen Punkt...)

Was aber könnte danach noch kommen? Kater? Rache? 'Alles geträumt'? Klassische Katharsis? Ich denke, es ist ein leicht verdauliches Häppchen, das sich gerade so durchmogelt.

Woltochinon:

Ich kenne neben einigen sinnfreien, aber melodischen Texten dieser Machart einen pornografischen, in dem sich der Autor einer ähnlichen Verfremdung bedient, um die Stimmung nicht durch kalte termini technici zu gefährden. Das gelingt dort ausgezeichnet und mag unbewusst Pate gestanden haben. Aber nur ein bisschen...

Liebe Grüße

 

Ich präzisiere, eine Geschichte steckt da schon drin, nur ist's halt so ein Schlaglicht ohne Pointe, aber auf jeden Fall nicht Teufel komm raus was dranpappen jetzt, lieber so stehen lassen, weil das kleine Xperiment als solches bereits gefällt.

:gelb:

 

Ich habe alles verstanden, außer "wer mir diese Maus in den Pilz gesalzt hat". Dabei kommt doch gerade dieser Teil so gut an.

 

Hallo veermouth,

du hast eine interessante Idee kurz und knackig umgesetzt. Von der Länge her passt das genau.

Ich hatte selbst hin und wieder den Gedanken, zu beschreiben, wie das ist, wenn einem das Denkvermögen entgleitet. Diese Kombination aus herumirrenden Gedanken, ähnlich klingenden Wörtern und vertauschten Buchstaben hast du großartig umgesetzt! Einfach, aber wirkungsvoll.

Bin schon gespannt auf weitere ungwöhnliche Ideen von dir!

@Leif: Wer mir diese Laus in den Pelz gesetzt hat.

Freundliche Grüße,

Berg

 

Mir gefiel es, denn ich hatte einfach eine Dimension mehr beim Lesen - Experiment gelungen.
Die Pointe könnte ja sein, dass der Protagonist noch versucht, im Radio wenigstens das Spiel mitzubekommen und erfährt, dass es wegen Bombendrohung abgesagt worden ist :D - natürlich in immer wirrer werdenden Sätzen.

 

hi vermut,
ich finde deine Idee echt gut! Es ist wie bei einem echten Trip - während man umherläuft fallen einem plötzlich kleine Ungereimtheiten in der Umgebung auf. Man denkt: Ist das nun nur Zufall oder Teil des Trips? So auch beim Lesen deiner Geschichte. Die gut erläuterte Brause-Sucht am Anfang ist sehr gut formuliert und ganz klar, auch die Bilder im Kopfkino, die man beim Lesen hat. Plötzlich kleine Schreibfehler und man denkt: ist das jetzt Zufall, oder gehört das zum Text? Und schließlich verschwimmt alles, alles wird ganz undeutlich und man sieht die ganze Welt der Geschichte plötzlich auch ganz schwankend und verzerrt. Hat mir gut gefallen, mehr hätte man auch nicht darauß machen können, denn würde man das in die Länge ziehen wäre der Witz schnell verblasen und es wäre einfach nur nervig.

 

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