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Der eiserne Zyklop

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01.05.2009
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Der eiserne Zyklop

Nässe rinnt die Tunnelwände herab, tropft von der Decke auf rußgeschwärztes Eisen. Die Zugmaschine ist von öligen Verbrennungsrückständen überzogen wie von einem stacheligen Pelz, zwei Scheinwerfer ihres Dreilichtes sind zersplittert. Hinter ihr ragen Metallstreben der ausgebrannten Waggons wie zerborstene Rippen in die Dunkelheit. Ein Tunneleinsturz hat ihr das Rückgrat gebrochen und die hintersten Wagen zerschmettert unter Tonnen von Gestein begraben. Pt 47-65 steht direkt hinter dem Tunnelausgang, vor ihr überwuchern Gräser und Flechten die Gleise, neigt sich ein Birkenwäldchen im Wind. Die Lokomotive wartet. Im Dämmerlicht glimmt ihre rechte Lampe auf wie ein verirrter Glühkäfer.


Als Janek Żagań ins Büro des Bahnhofsvorstehers gerufen wurde, schlug sein Herz vor Freude schneller: Er wird eine Prämie bekommen, eine Auszeichnung für fünfundvierzig Jahre im Dienst der Eisenbahn. Vielleicht den Vorruhestand, worauf er sich in seinem Geburtsort am Fuße des Tatra-Gebirges eine kleine Hütte suchen und den Lebensabend in der Nähe seiner ersten Dienststelle verbringen würde. Er riss die Tür auf ohne anzuklopfen und stürzte ins Büro.
Der Vorsteher jedoch sah ihn ernst an. „Janek, alter Kollege“, seufzte er. „Die Stelleneinsparungen, Redundanzen … Nun, um es kurz zu machen: In Wolsztyn benötigt man einen Gleiswächter, aber hier … Es tut mir leid.“
Den Namen des kleinen Bahnhofs hatte Żagań nie zuvor gehört und der Gedanke daran, die letzten vierzehn Monate seines Dienstes an einem solch entlegenen Ort zu verrichten, erfüllte ihn mit Hoffnungslosigkeit. Er löste seinen bescheidenen Hausstand auf, ließ ein paar Möbel und Gebrauchsgegenstände verladen und bestieg den Zug. Wolsztyn – Stara Kopernia stand als Ziel auf dem Laufschild.

Entgegen seiner Befürchtungen erwies sich nicht nur der Bahnhof, sondern auch sein abseits gelegenes Wächterhäuschen als heimelige Einöde, die Kollegen nahmen ihn überaus freundlich auf. Die Halbtagsstelle erlaubte es, seine Behausung zu renovieren, und er fand sogar die Zeit, ein ungenutztes Nebengleis, das davor entlangführte, von Grasbewuchs und Rost zu befreien. Mit seinem geschlossenen Stellwerk und der eingleisigen Strecke, auf der alle paar Tage ein Zug durchfuhr, hatte der neue Gleiswächter nicht viel zu überwachen – und dennoch hielten er und seine Kollegen mit viel Liebe alles so in Schuss, wie es einem Hauptbahnhof zur Ehre gereicht hätte.

Als die ersten diesigen Herbsttage anbrachen, Nebel ins Tal kroch, entfachte Żagań Feuer in einer ausgedienten Öltonne, setzte sich mit einem Starka oder Dunkelbier zu den alten Bahnwärtern, Lokführern und Heizern, lauschte ihren Heldentaten und Schauermärchen, nickte gelegentlich dabei ein und wurde so – ohne es zu merken – ein stummer Teil ihrer Legenden.
„Nicht mehr lange“, pflegten sie zu sagen. „Nicht mehr lange und auch diese Station wird geschlossen, die Strecke dem Vergessen anheimfallen. Nur noch die dunklen Hänge der Schlucht werden über die verlassenen Gleise wachen.“
An diesem Abend erwähnte der alte Lokführer beinahe flüsternd eine katastrophale Kollision, die sich auf dem Streckenabschnitt unweit von Żagańs Häuschen ereignet hatte: Vor zehn Jahren war ein voll besetzter Passagierzug in einen Güterwagen gerast – ein falsch gesetztes Signal hatte das Nebengleis freigegeben, auf dem der Passagierzug rangierte. Beide Lokomotiven wurden vom Aufprall von den Schienen geschleudert, dann ließ die Gasbeleuchtung alles in Flammen aufgehen. Es gab fast einhundert Tote, die Aufräumarbeiten dauerten mehrere Wochen und nur eine der beiden Loks konnte wieder eingesetzt werden. Die andere – schwarz verrußt und vom Inferno gleichsam skelettiert – wurde in einem aufgegebenen Tunnel untergestellt. Die Bahnleitung hatte verlauten lassen, man wolle die Lok restaurieren, zumindest ihr Eisen einschmelzen, doch die Arbeiten wurden nie begonnen. Schließlich brach ein Tunnelabschnitt ein und die Stadtverwaltung hielt es für das Beste, den Zug der Vergessenheit anheimfallen zu lassen. Nachdem der Lokführer geendet hatte, wurde nicht wie üblich der Starka herumgereicht, die Männer saßen in tiefem Schweigen da, jeder seinen Erinnerungen nachhängend. Żagań wurde angesteckt von dieser Trauer und den lebendigen Bildern der Katastrophe, die der Bericht in ihm heraufbeschwor. Er bedankte sich schließlich leise beim Erzähler, legte ihm die Hand auf die Schulter und verabschiedete sich zur Nacht.

Żagań hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, in der Dämmerung an den Schienen entlang nach Hause zu laufen und dort – in einen Wintermantel gewickelt – auf einem Streckenstein eine Pfeife zu rauchen. Die Geschichten der alten Eisenbahner setzten sich immer stärker in seinem Gemüt fest. Er ließ seinen Blick über die Hänge schweifen und meinte, weit über sich einen Feuerschein auszumachen, der den Dunst rötlich färbte und den Wald als Silhouette hervortreten ließ. Als er ins Häuschen eilte, um sein Fernglas zu holen, erlosch das seltsame Licht.
Żagań verließ die Kollegen am folgenden Nachmittag unter einem Vorwand und legte sich auf die Lauer. Er wurde belohnt: Wieder glühte der Abenddunst wie von einer Lohe und der alte Streckenwärter meinte, hinter dem Feuerschein eine Höhle ausmachen zu können. Lange fand er keinen Schlaf und plante, am nächsten freien Tag eine Wanderung den Hang hinauf zu unternehmen – dort oben musste einfach die verunglückte Zugmaschine stehen! Es gab keine natürliche Erklärung für dieses Phänomen, so spät im Herbst, mit Feuchtigkeit und Nebel. Was, wenn die Vergangenheit ihn heimsuchte wie ein Gespenst? Er mochte sich schelten, dass die Legenden der Eisenbahner seine Phantasie beflügelten, wie Seemannsgarn die Schiffer ängstigen mag. Und doch konnte er es kaum erwarten, den Berg nach verlassenen Schienensträngen und dem aufgegebenen Tunnel abzusuchen. Seinen Kollegen gegenüber verschwieg er seine Gedanken.

Am Samstagmorgen rüstet sich Żagań mit Rucksack, Lampe und Fernglas aus, immer den Hügel im Blick, mögliche Spuren einer ehemaligen Strecke, die sich durch ihre menschgemachten Linien offenbaren müssten. Er rechnet den Vormittag für den Aufstieg ein, doch schreitet er so zügig aus – getrieben von der Hoffnung, die geheimnisvollen Überbleibsel der Katastrophe zu finden –, dass er bereits nach zwei Stunden auf einen überwucherten Schienenstrang stößt. Das verrostete Metall führt den Hang hinauf, und in den Lücken, wo Schrotthändler die Gleise abmontiert haben mussten, weist ihm eine Schneise die Richtung. Er ist sicher, der Unglückszug rufe ihn – nur ihn, denn die Kollegen, die die Kollision selbst gesehen hatten, erwähnten keinen verdächtigen Feuerschein oben am Berg. Żagań flüstert zu sich selbst: „Sie alle eint dieses Unglück, nur ich, der nun zu ihrem Kreis gehört, habe es nicht gesehen … Dies ist nicht irgendeine Strecke, die bald aufgegeben, demontiert und verlassen sein wird, und die Stara Kopernia nicht irgendein Tal, das verödet daliegen wird, nur noch vom Wind und dem Regen besucht. Der Platz und der Zug sind eins, und sie wollen in den Köpfen der Menschen fortleben. Oder … sie suchen sich die alten Eisenbahner, mit denen sie endlich sterben können.“ Er ist so versunken in seinen phantastischen Theorien, dass er beinahe über einen Birkenast gestolpert wäre, der über den Schienen liegt.

Hinter schlanken Baumstämmen und Wildgras klafft dunkel der Tunnel. Und schwarz vor dem Schwarz kann Żagań die Umrisse einer Zugmaschine erkennen.
Er stürzt vorwärts, wirft Rucksack und Kompass ins Gras, reißt im Laufen die Lampe aus der Manteltasche – und hält inne. Vor ihm ragt das eiserne Ungeheuer auf: ein kurzer Schlot, Rauchkammer, Schneeräumer, zwei massive Pufferteller und über allem liegt – wie eingebrannt – eine dicke Schicht Ruß. Żagań hebt die Hand und legt sie ehrfürchtig an das Metall. Erst nach einer Weile meint er, Erlaubnis zu erhalten, den Tunnel zu betreten und seine Laterne anzuschalten. Er wagt es kaum, hörbar aufzutreten, als er sich am Kessel vorbeischiebt. Im Führerstand sind alle Fenster zerborsten, die Kabine gähnt dunkel wie ein verlassener Bunker, ebenso lichtlos wie der eingestürzte Tunnel dahinter. Żagań entzündet seine Laterne, klettert den steilen Tritt hinauf und leuchtet den engen Raum ab. Durch die Fensterhöhlen streicht feuchtkalter Wind, trägt den Duft des Birkenwaldes mit sich, den regennasser Erde und etwas, das ihn an verzweigte Höhlensysteme erinnert: Mineralien und kalkiges Kondenswasser. Über allem aber liegt der Geruch öligen Rußes, verbrannten Holzes, verschmorter Leitungen. Rußpartikel tanzen im Lichtkegel, möglicherweise von seinen Schritten hochgewirbelt, denn er hat weder Rahmen noch Wände berührt. Żagań hustet, schmeckt Asche. Er hebt die Laterne höher, für einen Moment überzeugt, etwas außer ihm müsste die winzigen Metallplättchen abgestreift haben.

Alles, was im Führerstand noch zu erkennen ist, sind die Rahmen eines Sitzes, Schraubventile und Schalthebel. Auf dem Boden liegt undefinierbares Gerät, zerbrochen, geschmolzen, zu bizarren Formen verdreht. Er wendet sich dem Kohlenkasten zu, von dessen Klappe nichts zu sehen ist. Beugt sich vor, als etwas Helles im Lampenschein aufleuchtet. Er hängt die Laterne an ein abgebrochenes Scharnier und kniet sich vor die Öffnung: Inmitten von kalzinierten Briketts liegen lose Papiere – fast alle sind verbrannt, doch einige nur verfärbt. Er hält kurz inne, bevor er eines davon mit den Fingerspitzen aufnimmt und herauszieht. Es wird doch niemand den Aufstieg zum Tunnel unternommen haben, um ein Tagebuch oder Briefe zu verbrennen, fragt er sich selbst und schilt sich gleichzeitig einen Narren. Andererseits: Papier hätte keine Feuersbrunst überstanden, die ganze Holzwaggons auffraß. Behutsam hebt er das aschfarbene Blatt zum Licht, erkennt eine alte Handschrift, ihre Tinte so schwarz, dass er einige Worte sogar an den verkohlten Stellen entziffern kann: der Antrieb … sonderbar … violett … eine Kraft reißt alles mit sich …
Das Papier zerbröselt unter seinen Fingern und driftet zu Boden. Żagań befreit vorsichtig ein weiteres. Vaters Beerdigung …nd die Soldaten … so viel Blut … wie ein Kugelblitz durchschlä… Mehr ist nicht zu erkennen. Er legt das gewellte Blatt sorgfältig zur Seite, hebt ein drittes hoch. …das Mädchen darf nicht … Herberge … Steinhaven … die Brücke über dem Tal soll nicht … Florek und das Ande…
Die Laterne flackert. Erlischt.
Der alte Bahnwächter zieht sich an einem Ventil hoch, wischt sich schartige Metallsplitter am Mantel ab und klettert die Stufen hinunter aufs Gleis. Das Herz hämmert ihm gegen die Rippen, er bekommt kaum Luft und fühlt doch einen Zwang, keine Furcht zu zeigen. Nicht aus dem Tunnel ins Freie zu stürzen und hinunter ins Tal. Draußen erwartet ihn kein Tageslicht, sondern das Indigo der Abenddämmerung. Wind peitscht die Äste, trägt ein leises Heulen und Pfeifen aus dem Tunnel. Żagań stolpert, fällt auf die Knie. Als er sich wieder aufrichten will, sieht er eine Reflexion von den Schienensträngen aufblitzen. Er schaut auf – die rechte Lampe der Lokomotive glüht aus der Dunkelheit hervor. Der schwache, gelbe Schein wird gleich darauf verdunkelt von dichten Schwaden, die an der Zugmaschine vorbei aus dem Tunnel rollen. Żagań hustet, kriecht auf Händen und Knien rückwärts, gebannt von der geisterhaften Erscheinung und beinahe überzeugt, einer Halluzination zu erliegen.

Aus der Tiefe des Tunnels glüht oranger Feuerschein und hebt die Umrisse der Lok als Schattenriss hervor, das Fauchen und Tosen eines Infernos schluckt alle anderen Geräusche, eine Hitzewelle kräuselt das hohe Gras. Bevor Żagań aufstehen, weglaufen kann, schießt eine Flammenzunge über die Zugmaschine hinweg nach draußen, leckt am Tunnelbogen und den Bäumen darüber. Im Innern birst Stein, Eisen knirscht und knackt, Hitze entzündet das Rauchgas, lässt die Rußwolken schwarz und rot-orange aufglühen. Der alte Eisenbahner sieht noch, wie eine Dampfwolke aus dem Schlot der Lok schießt, sich vor der Lohe in die Höhe schraubt, dann wirft er sich flach aufs Gleis, die Arme über den Kopf gelegt. Er meint, über dem Grollen des Feuers Metall auf Metall schlagen zu hören – wie Stangen an Kolben, dann erbeben die Schienen unter ihm.

 
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Liebe Leute,

dieser Text ist eine Kurzgeschichte, sie ist in sich abgeschlossen (mit einem offenen / ambivalenten Ende) und aus ihr soll weder ein längerer noch ein anderer Text entstehen.

Vom Stil und teils Inhalt her ein Stefan-Grabinski-Pastiche (das Thema der Anthologie, zu der sie das Vorwort ist), die Zettel da im Zug nehmen Bilder und Themen der Beiträge im Buch auf. Daher steht die eine kurze Szene gegen Ende in Abhängigkeit von diesem Kontext.

Ich tagge mal zwei Kandidaten ganz dreist: @greenwitch und @kiroly :gelb:

Ganz lieben Dank für eure Hilfe, herzlichst,
Katla

P.S. Falls sich jemand in Polen auskennt und wundert: Wolsztyn liegt im Flachland. Aber es ist der Heimatbahnhof der Pt 47-65.

 

Moin liebe @Katla,
na, da wäre ich auch ohne Ping dabei gewesen, aber hab Dank.
Spannend! Wirklich spannend, jedenfalls aus meiner Sicht. Ich finde, Du triffst hier einen ganz besonderne Ton, viele Bilder, dazu dieses besondere Eisenbahndingens - also ich finde es sehr gelungen.

Nichtdestotrotz habe ich ein bisschen Kleinkram, oft einfach subjektives Empfinden, schau mal, was vielleicht noch zu frickeln ist ...

Der eiserne Zyklop
Coller Name, wobei ich im Kopf immer wieder das Bild eines stehenden Monsters habe und für das Lokbild müsste er liegen.

öligen Verbrennungsrückständen überzogen wie von einem stacheligen Pelz,
Da hatte ich beim ersten Lesen kein Bild, später lässt Du ihn Metallspänne von der Hand wischen, da war mir klar, was Du meinst.

zwei Scheinwerfer ihres Dreilichtes
Naja, das verdirbt mir das Zyklopen-Bild, ist schon geschummelt, oder. Aber anderesseits ist die Illustration ja auch noch da, passt also wieder.

ausgebrannten Waggons wie zerborstene Rippen in die Dunkelheit, ein Tunneleinsturz hat ihr das Rückgrat gebrochen und die hintersten Wagen
Das war mir zu sehr hin und her gehopst

Die Lokomotive wartet. Im Dämmerlicht glimmt ihre rechte Lampe auf wie ein verirrter Glühkäfer.
Spannend, mag ich sehr

erfüllte ihn mit Hoffnungslosigkeit.
Es sit auf alle Fälle nicht falsch, aber gefühlt ist Hoffnungslosigkeit nicht das richtige Wort. Er geht in die Einöde, wird abgeschoben, ist enttäuscht ... traurig, mutlos, ohne Erwartungen

seine Behausung zu renovieren und er fand sogar die Zeit, ein ungenutztes Nebengleis, das davor entlangführte,
echter Eisenbahner halt, mag ich . Aber der Satz ist irgendwie holperig.

Vor acht Jahren war ein voll besetzter Passagierzug in einen Güterwagen gerast
Mir erscheint der Abstand zu kurz. Nur acht Jahre her? Die Bilder, die Du später erzeugst weisen auf viel mehr Zeit hin.

den Transporter auf das Nebengleis geführt,
Das Wort ist mir zu modern und mit Autos verknüpft, gibt es da nichts in der Eisenbahnersprache, was auch passen würde. Davor steht, er sei in einen Güterwagen gerast, aber es sind doch zwei Loks beschädigt. Schau noch mal, vielleicht sollte ich auch erst einen zweiten Tee trinken.

Die andere – schwarz verrußt und vom Inferno gleichsam skelettiert
Die Waggons als Skelett glaube ich sofort, aber die Lok?

Żagań wurde angesteckt von dieser Trauer und den lebendigen Bildern der Katastrophe, die der Bericht in ihm heraufbeschwor. Er bedankte sich schließlich leise beim Erzähler, legte ihm die Hand auf die Schulter und verabschiedete sich zur Nacht.
Schön geschrieben, sehe ich so vor mir.

an den Schienen entlang nach Hause zu laufen und dort – in einen Wintermantel gewickelt
Das Bild mochte ich, der Wntermantel hat mich irritiert, es ist ja nicht immer Winter, oder? Jetzt, wo ich es schreibe sehe ich meinen Denkfehler. Doch, es ist immer Winter, Du beschreibst ja nur ein überschaubares Zeitfenster. Also passt es.

Als er ins Häuschen eilte, um sein Fernglas zu holen, erlosch das seltsame Licht.
Spannend

dass er bereits nach zwei Stunden auf einen überwucherten Schienenstrang stößt.
Das verstehe ich wirklich nicht! Bahngleise fangen irgendwo an und enden irgendwo, er muss ihnen also nur vom Bahnhof an folgen. Er sucht eine Abkürzung? Und Du hast nur acht Jahre Abstand angenommen, da sind die Gleise zwar zugewuchert, aber erkennbar.

Sein Herz hämmert ihm
Hier ist wirklich eine Stelle, wo ich beim Lesen so ein "wessen sonst" Gefühl hatte.

und beinahe überzeugt, einer Halluzination zu erliegen.
hier unnötig, er glaubt es

hebt die Umrisse der Lok als Schattenriss ab
Das erscheint mir nicht richtig, zumindest klingt es schräg. Mag aber Grabinski-Ton sein. Ich würde behaupten, etwas "hebt sich ab" oder "Umrisse treten hervor" - aber oft ist sowas auch regional unterschiedlich.

Das offene Ende ist für das Vorwort super, ich will jetzt unbedingt die Geschichten lesen ...
Prima, das Du endlich den Abgabetermin in Sicht hast, irgendwann muss es ja auch gut sein. Also, spuk in die Finger, reibe den Ruß aus den Augen und hau ne Schaufel rein.
Liebe Grüße
witch

 
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Liebe Witch @greenwitch ,

uff, ich bin sehr, sehr erleichtert über deinen Erstkomm! Vielen lieben Dank.
Hätte es null funktioniert (und du kennst ja Grabinski nicht, soweit ich weiß, das ist super für mich), hätte ich nämlich gar nicht so unheimlich viel ändern können.

na, da wäre ich auch ohne Ping dabei gewesen, aber hab Dank.
:herz::kuss: Danke!
Spannend! Wirklich spannend, jedenfalls aus meiner Sicht.
Klasse, das freut mich - wobei das mehr auf Grabinskis als auf mein Können geht, zumindest, was den grundsätzlichen / groben Plot angeht. Das alles ist sehr typisch, ich hab heute Nacht schon überlegt, ob ich im ersten Drittel zu eng dran bin ...
wobei ich im Kopf immer wieder das Bild eines stehenden Monsters habe und für das Lokbild müsste er liegen.
Ah ... aber wenn die Lok auf ihren Rädern steht, steht sie ja - wäre sie hochkant, würde sie auf ihrem Hintern sitzen, oder? :schiel:
Naja, das verdirbt mir das Zyklopen-Bild, ist schon geschummelt, oder.
Aber Euer Ehren!
2. Satz Intro: Zwei der drei Lampen sind kaputt, eine bleibt, das ist doch dann korrekt. :shy: ->
zwei Scheinwerfer ihres Dreilichtes sind zersplittert.

Es sit auf alle Fälle nicht falsch, aber gefühlt ist Hoffnungslosigkeit nicht das richtige Wort.
Hm, okay. Das ist jetzt allerdings das, was ich ausdrücken wollte.
Das war mir zu sehr hin und her gehopst
Ich sehe das als: Erst geht es um die Loks, aber das, was du rauszitiert hast beschreibt ja ausschließlich die Wagen hinter ihr - die Lok als Kopf, die Wagenkette als Rückgrat. Warum hopst es hin und her? (Ernst gemeinte Nachfrage, kein Abschmettern.)
echter Eisenbahner halt, mag ich . Aber der Satz ist irgendwie holperig.
Ich guck mir das an. EDIT: Hm, es ist ein Einschub. Holpern heißt ja eigentlich, dass etwas unsauber anschließt, aber das sehe ich hier jetzt nicht.
Mir erscheint der Abstand zu kurz. Nur acht Jahre her? Die Bilder, die Du später erzeugst weisen auf viel mehr Zeit hin.
Ah, hätte ich dich vorher gefragt als Pflanzenexpertin! Ich hatte erst 20, das erschien mir aber aus verschiedenen Gründen, die auch mit dem Plot zu tun haben, als zu viel. Die Strecke am Hang ist ja auch abgebaut worden, nachdem die Lok in den Tunnel geschafft wurde. Was wäre denn das absolute Minimum an Zeit, um so ein Überwuchern zu rechtfertigen? (Noch vllt. mit einem Auge zugedrückt.)
Das Wort ist mir zu modern und mit Autos verknüpft, gibt es da nichts in der Eisenbahnersprache, was auch passen würde. Davor steht, er sei in einen Güterwagen gerast, aber es sind doch zwei Loks beschädigt. Schau noch mal, vielleicht sollte ich auch erst einen zweiten Tee trinken.
Ja, das hab ich genommen, weil ich schon die anderen Begriffe ein paar Mal habe, aber noch keinen Weg fand, davon was zu kicken und doch dasselbe zu sagen. Edit: Ha! Ich hab Transporter durch diesen ersetzt, dann ist es eh flüssiger, danke!

WW ja, falsch kann es aber nicht sein, denn die beiden Loks sind aufeinandergestoßen, daher beide kaputt, und die Waggons dann auch. Das ist selbst in heutiger Zeit nicht ungewöhnlich, von solchen Unfällen hab ich Dutzende Bilder gesehen, zwischen 1910 und heute.

Die Waggons als Skelett glaube ich sofort, aber die Lok?
Für mich ja - ich dachte an eine abandoned Dampflokomotive hier im open air Zugmuseum Pasila. Wenn da Scheiben, alles Gerät, alle Verkleidungen etc. raus sind, sieht es doch sehr skelettig aus.
Schön geschrieben, sehe ich so vor mir.
Danke (darf ich sagen, das ist nix Übernommenes).
Das Bild mochte ich, der Wntermantel hat mich irritiert, es ist ja nicht immer Winter, oder? Jetzt, wo ich es schreibe sehe ich meinen Denkfehler. Doch, es ist immer Winter,
Es ist Herbst - allerdings ist der Mann älter und es ist eine Talschlucht ohne Bebauung, also sicher ... ähm ... zugig. Daher, und weil ich ihn etwas zerbrechlich zeigen wollte.
Das verstehe ich wirklich nicht! Bahngleise fangen irgendwo an und enden irgendwo, er muss ihnen also nur vom Bahnhof an folgen. Er sucht eine Abkürzung? Und Du hast nur acht Jahre Abstand angenommen, da sind die Gleise zwar zugewuchert, aber erkennbar.
Die Strecke ist aufgegeben und teils abgebaut (im meinem Kopf zumindest die Verbindung Hügel - Tal, aber das hab ich tatsächlich glaube ich so genau nicht da reingeschrieben, weil ich dachte, ich erkläre schon eh zu viel oben/unten/mitte waswiewo. Ich gucke noch mal.)
Hier ist wirklich eine Stelle, wo ich beim Lesen so ein "wessen sonst" Gefühl hatte.
Vielleicht wollte ich einen gleichförmigen Satzbeginn vermeiden. Ich mache ein Das draus.
hier unnötig, er glaubt es
Nein, glauben ist viel stärker. Fast überzeugt sein hat sehr viel mehr Zweifel und genau das will ich hier. Sonst nehme ich dem Text auch zu viel Spekukatives, denn dann bekommt man den Eindruck, der Prota wäre sicher, das alles eigentlich ganz normal ist und er sich das einbildet.
Was ich letztlich eh offenlasse. Mein erster Plan war ein Nachsatz, dass er tot / verbrannt auf den Knien vor der Lok gefunden wird, aber dann fiel mir auf, wie sehr ich diese "zeitungsnotiz-artigen" Nachsätze hasse. :D Das hab ich nämlich grad gestern aus dem polnischen Beitrag rauseditiert *gn*. Macht immer die ganze Stimmung kaputt und ist viel zu geschlossen / definiert.
Das erscheint mir nicht richtig, zumindest klingt es schräg. Mag aber Grabinski-Ton sein. Ich würde behaupten, etwas "hebt sich ab" oder "Umrisse treten hervor" - aber oft ist sowas auch regional unterschiedlich.
Nee, du hast recht - hebt hervor muss es bestimmt sein.
Prima, das Du endlich den Abgabetermin in Sicht hast, irgendwann muss es ja auch gut sein.
:kaffee: Und wie!
Auch, wenn es nicht die letzte Dampflokgeschichte sein wird. Aber erstmal ein paar andere Sachen ... Vor allem hab ich grad von Übersetzungen die Schnauze voll. Das ist immer mehr Aufwand als ich dachte.

Meine liebe Witch, hab ganz, ganz lieben Dank für deine super schnelle Rückmeldung, ich freue mich sehr!
Herzliche Grüße aus dem Schneegestöber,
Katla

 

Ich schon wieder (draußen ist es echt oberbäh - kann ich bitte drei Scheeflocken abhaben! :huldig:

Ah ... aber wenn die Lok auf ihren Rädern steht, steht sie ja - wäre sie hochkant, würde sie auf ihrem Hintern sitzen, oder? :schiel:
Aber Euer Ehren!
2. Satz Intro: Zwei der drei Lampen sind kaputt, eine bleibt, das ist doch dann korrekt. :shy: ->
Lass gut sein, geht bestimmt so in Ordnung, ich will es mal wieder obergenau und mache damit die Stimmung kaputt - passt, der Typ hat halt ein paar Hühneraugen auf der Stirn.
Es sit auf alle Fälle nicht falsch, aber gefühlt ist Hoffnungslosigkeit nicht das richtige Wort.
Hm, okay. Das ist jetzt allerdings das, was ich ausdrücken wollte.
Worauf bezieht sich die Hoffnungslosigkeit? Er ist ja nicht entlassen, "nur" auf ein Abstellgleis" geschickt worden. Aber er wollte eh in Rente, also wo ist jetzt sein konkretes Problem, worauf in der Zukunft richtete sich seine Hoffnung?

Das war mir zu sehr hin und her gehopst
Ich sehe das als: Erst geht es um die Loks, aber das, was du rauszitiert hast beschreibt ja ausschließlich die Wagen hinter ihr - die Lok als Kopf, die Wagenkette als Rückgrat. Warum hopst es hin und her? (Ernst gemeinte Nachfrage, kein Abschmettern.)
Hinter ihr ragen Metallstreben der ausgebrannten Waggons wie zerborstene Rippen in die Dunkelheit, ein Tunneleinsturz hat ihr das Rückgrat gebrochen und die hintersten Wagen zerschmettert unter Tonnen von Gestein begraben. Pt 47-65 steht direkt hinter dem Tunnelausgang,
1. Hinter ihr (der Lok) ragen
2. die Waggons raus
3. ihr das Rückrad gebrochen (Lok)
4. hintersten Wagen (Waggons)
5. PT 47-65 (Lok)
ich denke, mein Leseproblem ist das 3. das ihr beziehe ich auf Lok!

Mir erscheint der Abstand zu kurz. Nur acht Jahre her? Die Bilder, die Du später erzeugst weisen auf viel mehr Zeit hin.
Ah, hätte ich dich vorher gefragt als Pflanzenexpertin! Ich hatte erst 20, das erschien mir aber aus verschiedenen Gründen, die auch mit dem Plot zu tun haben, als zu viel. Die Strecke am Hang ist ja auch abgebaut worden, nachdem die Lok in den Tunnel geschafft wurde. Was wäre denn das absolute Minimum an Zeit, um so ein Überwuchern zu rechtfertigen? (Noch vllt. mit einem Auge zugedrückt.)
Birken sind fix. Aber Schienen abbauen, Baumaschienenschäden nicht mehr sehen, Birken wachsen - wie wäre es mit 10-12 Jahren, gefühlt ist für mich zehn Jahre wesentlich mehr als acht :D


hier unnötig, er glaubt es
Nein, glauben ist viel stärker. Fast überzeugt sein hat sehr viel mehr Zweifel und genau das will ich hier. Sonst nehme ich dem Text auch zu viel Spekukatives, denn dann bekommt man den Eindruck, der Prota wäre sicher, das alles eigentlich ganz normal ist und er sich das einbildet.
Interessanter Einwurf, okay! Muss ich mal von der Wirkung her beobachten.

Viel Spaß beim Frickeln und dann raus in den Schnee
witch

 
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Liebe Witch,

ganz herzlichen Dank für die Erklärungen! :gelb:

kann ich bitte drei Scheeflocken abhaben!
Aber gerne :xmas: - wobei es bei uns auch wieder über Null rutschen wird, meh.

Worauf bezieht sich die Hoffnungslosigkeit? Er ist ja nicht entlassen, "nur" auf ein Abstellgleis" geschickt worden. Aber er wollte eh in Rente, also wo ist jetzt sein konkretes Problem, worauf in der Zukunft richtete sich seine Hoffnung?
Das wollte ich Katta schon unter meiner anderen kleinen Geschichte antworten: Obwohl ich schon finde, dass präzise Sprache, Wortwahl und Beobachtung extrem wichtig sind, ist ja nicht jedes Wort oder jeder Satz eine unauffällig verpackte Info des Autors zu einem Fakt oder Backstory an den Leser.

An einigen Stellen möchte ich eher, dass das Gefühl, der Zustand oder die Haltung einer Figur vermittelt wird. Und daher ging es mir hier nicht um einen bestimmten Fakt, so wie Er wollte XY erreichen und das geht jetzt nicht. Das hier soll eher zeigen, dass er mit der Nachricht mehr verbindet als eine Versetzung. Es ist als eine Art der Charakterisierung gedacht - wie ist sein Verhältnis zu seiner Arbeit und was sind Emotionen für ihn?
Vielleicht ist hat er sich in seiner Vorstellung alles bis zum Lebensabend zurechtgelegt und geplant, vielleicht hat er den Eindruck, durch den Umzug zur neuen Dienststelle fehlte ihm später die Kraft, an seinen Heimatort zurück zu ziehen. Was genau das ist, möchte ich gar nicht vermitteln, sondern nur, dass ihn die Nachricht trifft. Auch, weil er etwas ganz anderes erwartete.

Hier möchte ich eigentlich gar nicht genau sagen, mit was das Gefühl zusammenhängt (für ihn), sondern mehr eine emotionale Situation etablieren bzw. eine bestimmte Stimmung für den näxten Abschnitt.
Aber sicher ein guter Punkt, da mal bei Fremdtexten drauf zu achten, wie ich das jeweils sehe.

1. Hinter ihr (der Lok) ragen
2. die Waggons raus
3. ihr das Rückrad gebrochen (Lok)
4. hintersten Wagen (Waggons)
5. PT 47-65 (Lok)
ich denke, mein Leseproblem ist das 3. das ihr beziehe ich auf Lok!
Damit hast du ja auch absolut nicht Unrecht, es steht ja alles mit sie/ihr.

Vielleicht "sehe" ich das einfach anders vor meinem Auge, das ist für mich eine Richtung (in den Tunnel rein, zur Lok und etwas weiter, aber alles in einer Linie). Der Blick nicht so, als ob ich einen Surfer im Meer hätte, einen Strandspaziegänger mit Hund, ein Flugzeug, das weit oben über der Szene fliegt und dann einen Hai weitab vom Surfer.
Dann bilden Lok & Wagen für mich optisch den Zug, aber a) möchte ich bei der Zugmaschine als Fokus bleiben und b) gleiche ich sonst vielleicht das Objekt an (Zug gegen Lok), hab dann aber keine Harmonie mehr beim Personalpronomen. Hier ist der Fokus auf der Lok, die Waggons sind Nebensätze, tausche ich das aus und mache die Wagen zwischendrin zum (Haupt)Subjekt, dann springt imA der Blick. Grad meine ich also, ich tauschte ein mögliches Problem gegen ein anderes.

Ich hab das jetzt eine Weile hin- und hergewendet und bleibe erst mal dabei, behalte aber ein Auge auf sowas (und auf diese Stelle).

wie wäre es mit 10-12 Jahren, gefühlt ist für mich zehn Jahre wesentlich mehr als acht
Zehn Jahre sind es. Liebsten Dank!

Ganz herzlichen Dank noch mal für deine guten Einwürfe und die Erläuterungen, die mir sehr helfen, auch, wenn ich (momentan) nicht alles ändere.

Liebe Grüße,
:gelb: Katla

 
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Hallo @Katla =)

Frohe Weihnachten nachträglich!

Bewunderswert, wie sehr du von den Bahngeschichten begeistert bist, also, wie sehr dich das inspiriert, motiviert und stabil im Schreiben strukturiert, das heißt wie lange und kontinuierlich dich Grabinskis Texte zu eigenen Texten animieren.

Deinen Stil mag ich irgendwie (was für ein Urteil - nichtssagend und supersubjektiv). Einerseits scheint deine Perspektive auktorial, andererseits auch personal zu sein ... deine Sätze erzählen über Zagan oder berichten aus Zagan. Meine ich weder positiv noch negativ, fällt mir nur auf. Dadurch lese ich deinen Text ein bisschen wildwuchsig, ich hätte die Mentalmachete fast gebrauchen können. In deinem Text ränkelt sich hier eine Wortschlaufe, dort bedeckt ein ordentlicher Wortwuchs die Story.

Alle Angaben subjektiv - oft viel zu kritisch - mehr auf das, was nicht gefällt, als das, was gefällt, bedacht - typisch deutsche Schulerziehung, sie wirkt auf ewig nach. Und auch ein bisschen arrogant, wenn ich bestimmte bahntechnische Dinge als Nichtbahner in Zweifel ziehe.

Nässe rinnt die Tunnelwände herab, tropft von der Decke auf rußgeschwärztes Eisen.
Nicht so leicht vorstellbar, da "rinnen", "tropfen" auf sehr konkrete, sichtbare "Wasserform" hinweisen, Nässe aber ein Wort eines Zustandes ist. Vlt "Aus der Nässe" statt Nässe als Subjekt? Also, Nässe als Objekt setzen.

Auch wenn ich rußgeschwärztes Eisen sehr schön finde, gewinne ich hier den Eindruck einer willentlichen Schwärzung - das ist nicht der Fall. Die Lok dampft, der Stahl wird schwarz. Oder ist er schwarz lackiert? Klassische Reichsbahn-Lackierung (schwarz/rot, rote Farbe für die "bewegenden" Teile, d.h. Bauelemente, die der Kraftübertragung auf die Schiene dienen, wie Räder, Treibachsen, Achsgestell etc.)

Die Zugmaschine ist von öligen Verbrennungsrückständen überzogen wie von einem stacheligen Pelz, zwei Lampen ihres Dreilichtes sind zersplittert.
Vielleicht: Ein stacheliger Pelz von (öligen) Verbrennungsrückständen. Dreilicht, hier könntest du auch "Zugspitzlicht" schreiben.
Pt 47-65 steht direkt hinter dem Tunnelausgang, vor ihr überwuchern Gräser und Flechten die Gleise, neigt sich ein Birkenwäldchen im Wind. Die Lokomotive wartet. Im Dämmerlicht glimmt ihre rechte Lampe auf wie ein verirrter Glühkäfer.
Hier fiel es mir schwer, eine Vorstellung über den Streckenzustand zu gewinnen: Ist das Unglück jetzt eben passiert oder vor einiger Zeit? Ist die Strecke stillgelegt und vergessen? Oder noch in Betrieb? Verirrter Glühkäfer ... hm. Hm. Hm. Dein Text suggeriert, dass die Lokomotive auf jemanden wartet, der sie entdeckt. Legt sie sich auf Lauer? Wartet sie? Letzteres schreibst du. Da fände ich die Metapher eines verirrten Glühkäfers unpassend. Eher ein Glühkäfer, der sich zur Ruhe setzt und auf einen Lufthauch wartet, der seine Insektenflügel erheben lässt. Der auf den einen Moment wartet, das ihn jemand entdeckt. Dein Text spielt ja mit dieser Begegnung: Hier, der alte Eisenbahner, dort, die vergessene Lokomotive. Hier der Mann, der an seine Hütte in der Tatra denkt, dort die Lok, die ihm neue unendliche Abenteuer bereiten könnte.
Als die ersten diesigen Herbsttage anbrachen, Nebel ins Tal kroch, entfachte Żagań Feuer in einer ausgedienten Öltonne, setzte sich mit einem Starka oder Dunkelbier zu den alten Bahnwärtern, Lokführern und Heizern, lauschte ihren Heldentaten und Schauermärchen, nickte gelegentlich dabei ein und wurde so – ohne es zu merken – ein stummer Teil ihrer Legenden.
Schöner Satz!
An diesem Abend erwähnte der alte Lokführer beinahe flüsternd eine katastrophale Kollision, die sich auf dem Streckenabschnitt unweit von Żagańs Wärterhäuschens ereignet hatte: Vor zehn Jahren war ein voll besetzter Passagierzug in einen Güterwagen gerast – eine fehlerhafte Weichenschaltung hatte diesen auf das Nebengleis geführt, auf dem der Passagierzug rangierte.
Ich weiß nicht, wie präzise Grabinskis Bahngeschichten sind. Mit präzise meine ich: Geht es Grabinski auch um bahntechnische Authenzität? Aus deinen bisherigen Schilderungen nehme ich einen anderen Eindruck, weniger die exakte Darstellung eines Rangiervorgangs als vielmehr das durch Bahn beeinflusste Denken steht im Fokus. Also eine Weltsicht, in der etwas von A nach B transportiert wird, in der ein System riesige Geographien überwinden kann, in der in Linien und Zeiten und Handlungsschritten gedacht wird, für das man nicht nur arbeitet, sondern sich auch hingibt. Eisenbahner ist man. Man ist dem Menschen sehr nahe, aber nur, weil er die Rolle eines Fahrgasts erfüllt und fühlt sich in seiner Einsamkeit mit der Welt verbunden.

Das Unglück entstand durch eine fehlerhafte Weichenstellung. Hier könntest du auch bahntechnischer sein, z.B. "ein klemmender Klammerspitzenverschluss" oder "eine Weichenzunge, die sich an die Schiene nicht legte" oder "ein gebrochenes Herzstück (sehr kitschig, ich weiß)".

Der Rangiervorgang eines Personenzuges auf dem Nebengleis ... rein technisch frage ich mich, warum man einen Personenzug im Fahrplanbetrieb rangieren lässt. Ob das erlaubt ist, ist eine andere Frage. Man rangiert ja an einem solch kleinen Bahnhof wie Wolsztyn nicht grundlos. Wird ein anderer Zugteil angekoppelt? Muss der Zug wenden? Findet außerhalb von Kopfbahnhöfen recht selten statt. (Gibt übrigens ein sehr aktuelles Gegenbeispiel aus dem Raum Leipzig-Halle-Merseburg, Hashtag Bahninput @Carlo Zwei : S3 Wurzen-Leipzig Hbf - Schkeuditz - Halle (Saale) Hbf - WENDE - Halle-Nietleben)

Idee: Der Personenzug muss den Güterzug überholen lassen, was selten der Fall ist (da ja ein Güterzug grundsätzlich auf Kraft, nicht auf Geschwindigkeit aus ist). Oder ein Postzug?

Zur Lok: Sie wird in einem Tunnel untergestellt. War sie nach dem Unglück noch betriebsbereit? Bzw. hat sie den Kontakt zur Schiene nicht verloren? Moderne Lokomotiven sind sicherheitstechnisch so konstruiert, das sie selbst beim extremen Aufprallkräften in der Schienen bleiben sollen. Nur eine Detailfrage, mehr nicht =)

Wieder glühte der Abenddunst wie von einer Lohe und der alte Streckenwärter meinte, hinter dem Feuerschein eine Höhle ausmachen zu können. Lange fand er keinen Schlaf und plante, am nächsten freien Tag eine Wanderung den Hang hinauf zu unternehmen – dort oben musste einfach die verunglückte Zugmaschine stehen!
Schön! Mit dem Bericht über das Zugunglück verändert sich Zagan. Hier greifst du das, finde ich, sehr passend auf, denn Zagan sieht das Abendlicht jetzt anders. Nicht nur Zagans Denken, sondern auch seine Wahrnehmung verändert sich.
Am Samstagmorgen rüstet sich Żagań mit Rucksack, Lampe und Kompass aus. Er rechnet den Vormittag für den Aufstieg ein, doch schreitet er so zügig aus – getrieben von der Hoffnung, die geheimnisvollen Überbleibsel der Katastrophe zu finden –, dass er bereits nach zwei Stunden auf einen überwucherten Schienenstrang stößt.
Ein Zagan hat, mit den vielen Jahren seiner bahntechnischen Erfahrung, definitiv einen anderen Sinn für Orientierung: Er wird nach linienförmigen Strukturen suchen, sich dem Tunnel über die Streckentopographie annähern und nicht wie ein Wanderer im Waldschutzgebiet per Kompass und Gefühlssinn. Das ist verschenktes bahntechnisches Potential, denn ganz ehrlich: Wer ist denn in der Lage, eine stillgelegte, abgebaute Eisenbahnstrecke in einem Waldgebiet oder Ackergebiet zu erkennen? Zagan! Zagan kann's. Zagan schaut auf das veränderte Licht der jüngeren, lichteren Vegetation und entdeckt im Unterholz zwei Parallelen eines eigenen Grüns ... das muss ein Bahndamm gewesen sein!
Das verrostete Metall führt den Hang hinauf, und in den Lücken, wo Schrotthändler die Gleise abmontiert haben mussten
Schienen werden nach ihrem Gewicht pro Meter klassifiziert. Eine S 49 wiegt also 49kg pro Meter. Speziell im ehemaligen Ostblock wurden Schienen sehr selten dem Verfall überlassen; dazu war die Qualität des Schienenstahls viel zu hoch und der Bedarf an gutem Stahl groß. Ich weiß nicht, ob ein paar Schrotthändler eine Schiene einfach so abmontieren können und ob das die PKP auch zugelassen hätte.
Erst nach einer Weile meint er, Erlaubnis zu erhalten, den Tunnel zu betreten und seine Laterne anzuschalten. Er wagt es kaum, hörbar aufzutreten, als er sich am Kessel vorbeischiebt.
Begegnung mit der Lok. Kleine Idee: Das Zeichen der Erlaubnis gibt die Lok, zum Beispiel durch das Zugspitzlicht.
Durch die Fensterhöhlen streicht feuchtkalter Wind, trägt den Duft des Birkenwaldes mit sich, den regennasser Erde und etwas, das ihn an verzweigte Höhlensysteme erinnert: Mineralien und kalkiges Kondenswasser.
Aber der Tunnel ist doch eingestürzt!
Als er sich wieder aufrichten will, sieht er ein Licht von den Schienensträngen reflektieren.
hier vielleicht "blitzen" statt reflektieren
Aus der Tiefe des Tunnels glüht orangener Feuerschein und hebt die Umrisse der Lok als Schattenriss hervor, das Fauchen und Tosen eines Infernos schluckt alle anderen Geräusche, eine Hitzewelle kräuselt das hohe Gras. Bevor Żagań aufstehen, weglaufen kann, schießt eine Flammenzunge über die Zugmaschine hinweg nach draußen, leckt am Tunnelbogen und den Bäumen darüber. Im Innern birst Stein, Eisen knirscht und knackt, Hitze entzündet das Rauchgas, lässt die Rußwolken schwarz und rot-orange aufglühen. Der alte Eisenbahner sieht noch, wie eine Dampfwolke aus dem Schlot der Lok schießt, sich vor der Lohe in die Höhe schraubt, dann wirft er sich flach aufs Gleis, die Arme über den Kopf gelegt. Er meint, unter dem Grollen des Feuers Metall auf Metall schlagen zu hören – wie Stangen an Kolben, dann erbeben die Schienen unter ihm.
Vielleicht könntest du hier, am Endpunkt und Höhepunkt deiner Geschichte, personaler werden. Mehr! Die! Wucht! Beschreiben! Nicht das Feuer brennt, sondern das Metall schmilzt sein zweites Mal ... zum Ende setzt sich die Lok in Bewegung. So, wie sich das liest, schlägt eben Metall auf Metall. Doch aus all dem Lärm und Towubawohu erhebt sich der eigene, rhythmische Sound dampfgefüllter Zylinderkolben, das Andampfen aus Schlägen, die eine unbekannte Kraft auf die Schiene tragen, von der Zagan nie erahnt hatte, dass sie in einem toten Tunnel existiert.

Lg aus Leipzig Stadt
kiroly

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @kiroly ,

wie wunderbar, dass du zum Kommentieren gekommen bist, ich freue mich riesig!

Hyvää joulua :xmas: und vor allem einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Es wird sicher so verrückt weitergehen, da hab ich keinen Zweifel.

Bewunderswert, wie sehr du von den Bahngeschichten begeistert bist
Hehe, inzwischen konnte ich auch schon einige damit anstecken, was mich sehr freut.
Einerseits scheint deine Perspektive auktorial, andererseits auch personal zu sein ..
Das dürfte die gängigste Form des 3. Person-Erzählers sein - ich bin sogar halbwegs überzeugt, dass mir das nicht (allzusehr) aus den Händen gelaufen ist. Äh, oder?
Nicht so leicht vorstellbar, da "rinnen", "tropfen" auf sehr konkrete, sichtbare "Wasserform" hinweisen, Nässe aber ein Wort eines Zustandes ist. Vlt "Aus der Nässe" statt Nässe als Subjekt? Also, Nässe als Objekt setzen.
Hier muss ich leider Widerrede geben, daran hatte ich sogar ne Weile überlegt: Nässe ist die nassere Variante von Feuchtigkeit, Synonym zu: Wasser, Niederschlag, Regen, Feuchtigkeit. Poetisch: das Nass.
Es ist nicht so nass, dass es ein regelrechter Strom ist, aber so viel, dass es sich sammelt und läuft & tropft. Das ist eigentlich genau das, was ich als Bild vermitteln will.
Auch wenn ich rußgeschwärztes Eisen sehr schön finde, gewinne ich hier den Eindruck einer willentlichen Schwärzung - das ist nicht der Fall. Die Lok dampft, der Stahl wird schwarz. Oder ist er schwarz lackiert?
Das Intro ist schon absichtlich so geschrieben, dass ich nicht gleich alle Karten auf den Tisch lege. Ein bissl geheimnisvoll sollte es sein, dass man nicht weiß, worum es genau geht, was passiert ist etc.
Diese Lok tritt am Anfang (angerissen), in der Mitte (ganz konkret) und am Ende (spekulativ) auf. Ich rechne da einfach mit der Geduld oder vielmehr der Neugier der Leser, und nach den paar Zeilen erzähle ich ja klassischr mit Figuren und Verortungen und so.

Ich meine, eine Beschreibung könnte auch ein bisschen 'fliegen', eine KG sollte zwar präzise geschrieben sein, aber nun auch kein Einkaufszettel sein. Weißt du, was ich meine?

Vielleicht: Ein stacheliger Pelz von (öligen) Verbrennungsrückständen. Dreilicht, hier könntest du auch "Zugspitzlicht" schreiben.
Brutus, du hattest mir doch in der ersten Grabinski-Geschichte zu Dreilicht geraten, wenn mich nicht alles täuscht. :lol: Oder?
Da es den Berg Zugspitze gibt und ich - vom eigenen Unwissen her - sagen würde, unter Dreilicht kann sich der Laie doch mehr vorstellen, belasse ich es dabei. Aber ich freue mich grundsätzlich sehr über neue Zugvokabeln, ganz lieben Dank!
Hier fiel es mir schwer, eine Vorstellung über den Streckenzustand zu gewinnen:
Hm, ich schaue noch mal drüber - selbst hatte ich schon den Eindruck, ich infodumpe viel zu viel dazu. Dann zumindest wohl das schon mal nicht (immerhin).
Da fände ich die Metapher eines verirrten Glühkäfers unpassend. Eher ein Glühkäfer, der sich zur Ruhe setzt und auf einen Lufthauch wartet, der seine Insektenflügel erheben lässt.
Das ist vllt. einfach eine andere Assoziationskette. Meine war: Glühkäfer glühen ja nicht generell, sondern nur, um zur Paarung anzulocken (also, es glüht glaube ich nur das Männchen oder nur das Weibchen), und ein Glühkäfer allein in einem Tunnel, ganz weit weg von Artgenossen, hat sich wohl verirrt. So wie die Lok auch nicht dort steht, wo sie hingehört.
Hier der Mann, der an seine Hütte in der Tatra denkt, dort die Lok, die ihm neue unendliche Abenteuer bereiten könnte.
... oder ihn beim Überfahren verbrennen könnte. :D
Das Unglück entstand durch eine fehlerhafte Weichenstellung. Hier könntest du auch bahntechnischer sein,
Ah, my bad: Ich wollte eigentlich menschliches Versagen implizieren. Die Weiche funktionierte tadellos, nur hat sie jemand falsch gestellt und damit den Unfall verursacht. Wie könnte ich das besser ausdrücken?
Der Rangiervorgang eines Personenzuges auf dem Nebengleis ... rein technisch frage ich mich, warum man einen Personenzug im Fahrplanbetrieb rangieren lässt.
Da hab ich einfach einen realen Unfall genommen (UK, erster Weltkrieg). Den Fehler dort hat sogar ein Angestellter gemacht, der in dem Zug ankam, der dann durch die Weichenstellung zerstört wurde. Aber ich denke mal drüber nach, ob deine Version nicht eleganter ist.
Zur Lok: Sie wird in einem Tunnel untergestellt. War sie nach dem Unglück noch betriebsbereit?
Nein, ist das unklar? Ich schreibe ja da, dass Pläne gemacht wurden, sie wieder instand zu setzen.
Moderne Lokomotiven sind sicherheitstechnisch so konstruiert, das sie selbst beim extremen Aufprallkräften in der Schienen bleiben sollen.
Ja, sollen ... *gn*.
Ich hab aber wirklich ne Menge Photos von Unglücken gesehen, wo halbe oder ganze Züge - auch mehr als zwei - nach Kollisionen teils weit neben den Gleisen liegen / stehen. Dampfeisenbahnen wie auch Bilder aus den letzten Jahren.
Schön! Mit dem Bericht über das Zugunglück verändert sich Zagan. Hier greifst du das, finde ich, sehr passend auf, denn Zagan sieht das Abendlicht jetzt anders. Nicht nur Zagans Denken, sondern auch seine Wahrnehmung verändert sich.
Sehr cool, dass das rauskommt, das war die Idee. Ich freue mich riesig.
Ein Zagan hat, mit den vielen Jahren seiner bahntechnischen Erfahrung, definitiv einen anderen Sinn für Orientierung: Er wird nach linienförmigen Strukturen suchen, sich dem Tunnel über die Streckentopographie annähern und nicht wie ein Wanderer im Waldschutzgebiet per Kompass und Gefühlssinn. Das ist verschenktes bahntechnisches Potential,
:idee::idee::idee: Genial! Wenn ich ehrlich bin, ar mir schon klar, dass ich da drübergewuscht bin und hatte schon ein bissl schlechtes Gefühl dabei. Vielleicht segelte ich da auch auf Land ... *gn* . Das werde ich die Tage so ändern, wunderbar, allerliebsten Dank, was für eine schöne Idee. :herz:
Ich weiß nicht, ob ein paar Schrotthändler eine Schiene einfach so abmontieren können und ob das die PKP auch zugelassen hätte.
Das Bild ist ein kleines, aber wichtiges Motiv aus einer Grabinski-Geschichte. Wie verbreitet es damals war, oder ob Grabinski es als Motiv gefiel, weiß ich nicht.

Generell hab ich ein immr größeres Problem mit Fragen nach: Wie wahrscheinlich ist das und das? Wenn es möglich ist, lässt es sich erzählen, solange man es nicht in einen total hahnebüchenen Kontext stellt.

Begegnung mit der Lok. Kleine Idee: Das Zeichen der Erlaubnis gibt die Lok, zum Beispiel durch das Zugspitzlicht.
Nee, sorry, das wäre mir nicht nur zu zeichentrickfilmhaft, sondern bewegt sich aus seiner Kopfwelt in die dezidiert spekulative, Fokus-Switch auf den Zug als Akteur, und grad das will ich nicht.
Aber der Tunnel ist doch eingestürzt!
Ja, aber ich sage ja nicht, er rieche diese Art Höhle, weil sie da sei, sondern, der Geruch im Tunnel erinnere ihn daran.
hier vielleicht "blitzen" statt reflektieren
Da sehe ich momentan keine Verbesserung, aber ich behalte es im Kopf.
So, wie sich das liest, schlägt eben Metall auf Metall. Doch aus all dem Lärm und Towubawohu erhebt sich der eigene, rhythmische Sound dampfgefüllter Zylinderkolben, das Andampfen aus Schlägen, die eine unbekannte Kraft auf die Schiene tragen, von der Zagan nie erahnt hatte, dass sie in einem toten Tunnel existiert.
Das ist zweifellos ein super spannendes, dynamisches Bild. Und der Vorschlag hilft mir sicher bei einer weiteren Geschichte bzw. überhaupt fürs Szenen-Konstruieren.
Hier möchte ich etwas anderes: je mehr physische Kraft und Bewegung ich erzähle, desto physischer, realer wird das Lebendigwerden der Zugmaschine. Ich hätte es gern in dem dezenteren Moment festgehalten, in dem es noch ungreifbarer, halluzinatorischer ist (und damit evt. kein spekulativer Fakt, sondern Wahn). Diese Andeutung über das Geräusch, und er sieht das nicht, weil er das Gesicht zur Erde gewandt hat, um sich vor der Hitze zu schützen. Mein Hauptfokus lag dabei mehr beim Flashover, als Symbol für das, was den Zug in der Realität zerstörte.

Es geht mir um die Idee von Derridas Hauntology, die Grabinski faszinierenderweise explizit - nur eben nicht mit dem Begriff - als Theorie vorwegnahm: die Vergangenheit, die uns heimsucht wie ein Gespenst. Die Vergangenheit des Feuers sucht quasi den Zug heim und der Zug seinerseits die Welt der Lebenden - und dann tötet er den Prota, zumindest als Möglichkeit. Daher ist mir ein Fokus auf diese starke Aktion etwas zu heftig.

Es ist aber auf jeden Fall ein wunderbarer Punkt, der mich sicher noch länger drüber nachdenken lässt.


Ich ziehe mal deine beiden Fragen zu Grabinski aus der Besprechung zu meinem Text, damit nicht der Eindruck entsteht, ich würde mich irgendwie mit ihm vergleichen können. Auch, wenn ich ein Pastiche geschrieben hab, heißt das ja nicht, dass was vom Original auf mein Schreiben abfärbt.

Ich weiß nicht, wie präzise Grabinskis Bahngeschichten sind. Mit präzise meine ich: Geht es Grabinski auch um bahntechnische Authenzität?
Das ist unterschiedlich, je nachdem, worum es in der jeweiligen Story geht. Er war auch von Beruf Lehrer, kein Eisenbahner. Es gibt aber immer sehr viele - zumindest in meinen Augen - authentische Details, auch mechanische etc.
als vielmehr das durch Bahn beeinflusste Denken steht im Fokus.
Das aber auch, entweder zusammen mit technischen Details oder allein.
Man ist dem Menschen sehr nahe, aber nur, weil er die Rolle eines Fahrgasts erfüllt und fühlt sich in seiner Einsamkeit mit der Welt verbunden.
Jein. Grabinskis Fokus liegt zwar auf jeweils einem Protagonisten und seinen sehr menschlichen Seiten, oder mal zwei, aber andere Menschen sind oft als störend, grob, grausam beschrieben und die Bahn oder speziell eine Zugmaschine als das eigentlich Verehrenswerte. (Mag sein, dass das - abgesehen von seiner wunderbaren Psychologie - das ist, was mich an seinen Geschichten so reizt.)

Ich hab mich außerordentlich über deine Hilfe gefreut, Kiroly! Danke sehr.

Liebe Grüße,
Katla

 

Hallo @Katla =)

alles gut. Freut mich, dass ich dir helfen konnte.

Vielleicht: Ein stacheliger Pelz von (öligen) Verbrennungsrückständen. Dreilicht, hier könntest du auch "Zugspitzlicht" schreiben.
Brutus, du hattest mir doch in der ersten Grabinski-Geschichte zu Dreilicht geraten, wenn mich nicht alles täuscht. :lol: Oder?
Echt jetzt? :-D Ich Brutus! Ich, Cäsarenmörder! Da schlummere ich laut Dante im letzten Kreis der Hölle! Oh weia!

:D
Das Unglück entstand durch eine fehlerhafte Weichenstellung. Hier könntest du auch bahntechnischer sein,
Ah, my bad: Ich wollte eigentlich menschliches Versagen implizieren. Die Weiche funktionierte tadellos, nur hat sie jemand falsch gestellt und damit den Unfall verursacht. Wie könnte ich das besser ausdrücken?
Der Rangiervorgang eines Personenzuges auf dem Nebengleis ... rein technisch frage ich mich, warum man einen Personenzug im Fahrplanbetrieb rangieren lässt.
Da hab ich einfach einen realen Unfall genommen (UK, erster Weltkrieg). Den Fehler dort hat sogar ein Angestellter gemacht, der in dem Zug ankam, der dann durch die Weichenstellung zerstört wurde. Aber ich denke mal drüber nach, ob deine Version nicht eleganter ist.
Du meinst vielleicht den Eisenbahnunfall von Quintinshill. Also, ich will jetzt nicht blöd sprechen, aber Weichen lassen sich nicht wild umstellen. Dahinter steckt ein Sicherungssystem, das wiederum in Abhängigkeit zur nächsten Blockstelle steht. Bei vielen Unglücken sind auch mehrere Personen beteiligt, irgendwo wird meist an der Koordination geschludert (ich weiß, es gibt Gegenbeispiele, Bad Aibling zum Beispiel,klar). Allerdings spielt die Unfallursache keine tragende Rolle in deiner Geschichte. Vielleicht erwähnst du sie einfach nicht. Da sind zwei Züge kollidiert; oder vielleicht durch ein fehlerhaftes Signal, das reicht. Bei Weiche ... oh man, das ist echt spießig von mir und ich fühle mich ein bisschen schlecht, aber mir kommt das zu einfach vor, zu "ausgedacht". Signal könnte schon eher stimmen.

Moderne Lokomotiven sind sicherheitstechnisch so konstruiert, das sie selbst beim extremen Aufprallkräften in der Schienen bleiben sollen.
Ja, sollen ... *gn*.
Ich hab aber wirklich ne Menge Photos von Unglücken gesehen, wo halbe oder ganze Züge - auch mehr als zwei - nach Kollisionen teils weit neben den Gleisen liegen / stehen. Dampfeisenbahnen wie auch Bilder aus den letzten Jahren.
Ja klar. Ich hatte nur den Eindruck, das Fahrgestell der Lok übersteht das Unglück und wird zum Tunnel geschoben.

Vielen Dank für die Grabinski-Annäherungen. Ich hatte dieses Zeitdimensionale seiner Texte fast verdrängt, Vergangenheit und System ... da habe ich doch sehr plastisch gedacht ;-D

Hyvää jolua,
kiroly

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @kiroly ,

Du meinst vielleicht den Eisenbahnunfall von Quintinshill.
ganz genau den. Das hat auch diesen Eindruck von Rippenbögen, dem Skelettierten in meinem Kopf festgesetzt.

Da sind zwei Züge kollidiert; oder vielleicht durch ein fehlerhaftes Signal, das reicht.
Ich hatte zu Quintinshill letztes Frühjahr recherchiert, als ich noch dachte, ich hätte Platz für einen längeren eigenen Text, da wollte ich ein 1. Weltkrieg-/Truppentransporter-Setting nehmen, das jetzt aber tollerweise ein Autor zufällig selbst verwendete (ohne Bezug zu diesem Unglück).
Wollte jetzt beim Schreiben aber Grabinski im Blick haben, keine eigene Recherche, aus der ich dann eigene, vielleicht abweichende Ideen bekomme, die diese Geschichte dann zerrissen oder uneinheitlich hätten wirken lassen.
Wenn ich da jetzt noch mal nachlese, ist es so wie du sagst: dort lag es zwar an der Weichenstellung, aber nicht, weil die falsch bedient worden war, sondern, weil das falsch gesetzte Signal diese Strecke freigab. Ich gleiche das einfach an, um nicht das schöne Wort Weiche kicken zu müssen - dann ist nicht alles Gleis / Schiene / Zug, wenigstens. Dann nehme ich auch gleich einen Teil des Buchtitels auf, why not. :gelb:

Es ist wirklich eine Beruhigung, dich als Unterstützung zu haben. Ich will ja keinen Quark schreiben. Und wir haben Eisenbahnfanatiker unter der Leserschaft, ich musste mir schon von einem Vierjährigen anhören (dessen Mutter ich die Ankündigung schickte): "Du weißt aber schon, dass der Zug auf dem Titelbild kein polnischer ist, oder?" :lol:
Ich hab die Pt 47-65 jetzt für eine Innenillustration verwenden lassen. Die ist nämlich mein Lieblingszug.

Apropos: Auf nahezu allen Bildern der Pt 47-65 leuchtet nur ihre rechte Lampe. Ich dachte, die anderen wären kaputt und dies wäre ihr Markenzeichen geworden. Inzwischen hab ich das genau so aber auch bei anderen (polnischen) Dampfloks gesehen. Das ist nicht eine Art Signal, oder? Und damit etwa Absicht / mit einer Bedeutung?

Ganz liebe Grüße, dir noch einen schönen Tag,
Katla

 

Es ist wirklich eine Beruhigung, dich als Unterstützung zu haben. Ich will ja keinen Quark schreiben. Und wir haben Eisenbahnfanatiker unter der Leserschaft, ich musste mir schon von einem Vierjährigen anhören (dessen Mutter ich die Ankündigung schickte): "Du weißt aber schon, dass der Zug auf dem Titelbild kein polnischer ist, oder?"
Hatte als Jugendlicher ein traumatisches Erlebnis am Bahnhof Brilon-Wald, als ich anhand der Baureihenziffern die Dampflokomotive für eine Reichsbahnlok gehalten habe (Bundesbahn: XXX-XXX, Reichsbahn XX-XXXX). Hatte ich verwechselt. Naja. Sind schon alles Fanatiker, die Bahnmenschen. Die werden auch die Geschichte eher bahnakkurat prüfen.

Ist jetzt subjektiv, aber in der Bahnerszene finden sich einerseits die Leute, auf Zugtypen, Loktypen, Baureihen, Leistung etc. und andererseits (dazu gehöre ich) mehr auf Strecke, System und Fahrplan achten. Wann jetzt welche Lok in welcher Reihenfolge auf welchen Strecken herumgedampft ist, fand ich nie wirklich spannend.

Apropos: Auf nahezu allen Bildern der Pt 47-65 leuchtet nur ihre rechte Lampe. Ich dachte, die anderen wären kaputt und dies wäre ihr Markenzeichen geworden. Inzwischen hab ich das genau so aber auch bei anderen (polnischen) Dampfloks gesehen. Das ist nicht eine Art Signal, oder? Und damit etwa Absicht / mit einer Bedeutung?
Keine Ahnung. Grundsätzlich hat alles bei der Bahn eine Bedeutung. Vielleicht hast du auch nur stehende Dampflokomotiven gesehen. Könnte eine Betriebsbeleuchtung sein. Im fahrenden Betrieb wird die Lok sicherlich alle drei Lichter nutzen.

Guten Rutsch =)

 

Hallo @kiroly ,

Hatte als Jugendlicher ein traumatisches Erlebnis am Bahnhof Brilon-Wald, als ich anhand der Baureihenziffern die Dampflokomotive für eine Reichsbahnlok gehalten habe (Bundesbahn: XXX-XXX, Reichsbahn XX-XXXX).
:sconf: Das kann ich mir so lebhaft vorstellen!
Erinnert mich an erhitzte Debatten an Bord, wenn es um die Frage geht, was einen Toppsegelschoner von einer Barkentine unterscheidet - die Antwort ist eigentlich ganz einfach, aber die Debatte wird sogar kontrovers an Seefahrtsschulen geführt. Und Leute können da richtig ausflippen. :lol:

Ist jetzt subjektiv, aber in der Bahnerszene finden sich einerseits die Leute, auf Zugtypen, Loktypen, Baureihen, Leistung etc. und andererseits (dazu gehöre ich) mehr auf Strecke, System und Fahrplan achten. Wann jetzt welche Lok in welcher Reihenfolge auf welchen Strecken herumgedampft ist, fand ich nie wirklich spannend.
Dann bin ich eindeutig der Typ Zug. Mehr über die Optik und das Design als über seine Fahrgebiete sozusagen und sehr fuzzy logic sicher. Sehr schön, dass ich dich auch bei Sachen fragen kann, die mir in der Recherche noch schwerer fallen, herauszufinden.

Vielleicht hast du auch nur stehende Dampflokomotiven gesehen. Könnte eine Betriebsbeleuchtung sein. Im fahrenden Betrieb wird die Lok sicherlich alle drei Lichter nutzen.
Nope, die waren alle in Fahrt, seltener am Bahnsteig oder auf einem Drehkreuz. Interessant.

Ganz liebe Grüße und einen wunderbaren 1.1.2022!
Katla

 

Guten Tag, hallo Katla!
Aufgrund des Ressourcenmangels hat der Tischler meines Vertrauens es noch nicht geschafft, das verkackte Lesezimmer mit einem vernünftigen Bücherregal auszustatten. Alles fertig, sag ich dir. Der Schreibtisch steht, der Lesesessel mit Leuchte, der Kaminofen. Aber - verdammt - die Wände sind kahl, kein Regal und die Bücher alle mehr oder weniger sauber verpackt.
Das heißt, der Grabinski, der schon über dreißig Jahre in meinem Besitz ist (auch was, ich denke, das sind wohl an die vierzig), ist nicht auffindbar. Vorerst, bis das Holz vielleicht doch wieder billiger wird oder ich tiefer ins Portemonaie greife oder die richtige Kiste durch Zauberhand auftaucht.
Was will ich damit sagen?
Liebe Katla, als ich meine erste Ausbildung machte - schon damals zeigten sich nur spärliche Barthaare - wurde ich literarisch sozialisiert von einem Herrn namens Poe. Und gleich danach kam Grabinski sowie solche Exoten wie Villiers de L'Isle-Adam.
Da es sich bei besagter Ausbildung um eine bei der Bahn handelte, kannst du dir sicher vorstellen, meine Freude, ein Pastiche Grabinskischer Kunst (keine Ahnung, ob das in richtiger Beziehung steht, ich kannte das Wort vorher gar nicht - Danke dafür!) noch dazu aus deiner Feder zu lesen, war groß.

Alles, was ich von Grabinski in Erinnerung habe (wie gesagt, sobald der Tischler ... werde ich mir den Guten mal wieder vornehmen!), sagt mir, dass der Stil deines Stückes (auch hier scheue ich mich ein wenig, von einer Geschichte zu sprechen) recht gut getroffen ist. Die Einführung schleppt sich ein wenig, doch ich finde, sobald du in die Jetzt-Form wechselst (ich denke, das ist dann ja die eigentliche Geschichte), nimmt der Text Fahrt auf und ich bin mittendrin.
Eine kleine Sache zu den Zeitformen. Eigentlich fand ich das stringent, allerdings folgendes:

Als Janek Żagań ins Büro des Bahnhofsvorstehers gerufen wurde, schlug sein Herz vor Freude schneller: Er wird eine Prämie bekommen, eine Auszeichnung für fünfundvierzig Jahre im Dienst der Eisenbahn.

habe ich entweder nicht verstanden (warum hier der Zeitwechsel?) oder es ist ein kleines Fehlerchen deinerseits.
Wolsztyn – Stara Kopernia stand als Ziel auf dem Laufschild.

Ein sehr schönes Bild, gerade für Eisenbahner, denke ich. Doch der kleine häßliche Schreiberling in mir quengelt geradezu, dass der Satz unrund und zu lang ist:hmm: (Mann, die Smileys haben sich ja gar nicht geändert die letzten Jahre:heul:). Ich, für meinen Teil, würde das Ziel rausnehmen und aus dem Laufschild das exaktere Zuglaufschild machen. Rein subjektiv, natürlich.

Mit seinem geschlossenen Stellwerk und dem eingleisigen Schienenstrang, auf dem alle paar Tage ein Zug durchfuhr, hatte der neue Gleiswächter nicht viel zu überwachen ...

Der Schienenstrang klingt echt unprofessionell, Strecke würde man vielleicht sagen, ev. Streckenführung. Was mich allerdings mehr stört, ist das "durchfuhr". Ich empfinde das als umgangssprachlich, kein Eisenbahner würde so reden, glaube ich. "Fuhr" ginge gerade noch, "durchgelassen wurde". Hmm, ich denke, das ist zu beamtisch, was? Vielleicht habe ich mich auch schon wieder verrannt.

Aber dringend raten würde ich, wenigstens einem "anheimfallen" an den Kragen zu gehen. Diese Wendung ist so ungewöhnlich, dass sie einmal schon auffällt, zweimal allerdings ist zuviel.
Im selben Absatz:

An diesem Abend erwähnte der alte Lokführer beinahe flüsternd eine katastrophale Kollision, die sich auf dem Streckenabschnitt unweit von Żagańs Häuschens ereignet hatte: ...

Ach herrjeh:shy: Korinthenkackerei.

Verlassene Bahnstrecken haben für mich immer mit Birken zu tun, wahrscheinlich, weil Birken mit die ersten Gewächse sind, die Brachflächen für sich erobern. Deshalb hat das folgende Bild:

Er ist so versunken in seinen phantastischen Theorien, dass er beinahe über einen Birkenast gestolpert wäre, der über den Schienen liegt.

sofort gewirkt. Sehr schön!

Der alte Bahnwächter zieht sich an einem Ventil hoch, wischt sich schartige Metallsplitter am Mantel ab und klettert die Stufen herunter aufs Gleis.

Ich meine, wir hätten schon mal eine ähnlich Diskussion geführt: Müsste es nicht eigentlich hinunter heißen?


Das offene Ende, die ganze Form des Textes macht natürlich Sinn in dem von dir umrissenen Kontext. Ich hätte mir gewünscht, dass ein Zirkelschluss stattgefunden hätte, auf den Anfang ein Bezug genommen worden wäre. Aber das würde vielleicht dem offenen Ende schaden.
Die Anthologie jedenfalls würde mich schon interessieren, wenn sie im Handel ist.

Ich habe hier natürlich auf hohem Niveau gemeckert, allerdings kann kaum abschätzen, wie viel Arbeit in dem Teil wirklich steckt, wer Grabinski nicht kennt. Wie gesagt, ich kenne ihn und finde mich zurückgesetzt in meine Jugend - ach Gott - mit offenem Mund und versunken in düstere Welten.

Natürlich gibt es ein Zugsignal mit nur einem Licht. Ich muss sagen, ich weiß nicht, was es damals aussagte, aber heute ist ein Licht an der Lok das Rangierlokomotivsignal. Denke, das war früher auch so.

Und ja, Grabinski, meines Wissens, war mehr Eisenbahner als damalige Eisenbahner selbst. Ich glaube, auch das hat sich bis heute nicht geändert: Diejenigen, die von Berufs wegen damit zu tun haben, sind weniger begeistert davon, als die "Hobby-Eisenbahner".

Wie gesagt, ein schöner nostalgischer Trip, ich werde mich wohl gleich aufmachen zu den Bücherkisten, ich weiß noch, es war ein schwarzer Einband.

Schöne Grüße von meiner Seite!

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi mein lieber @Hanniball ,

long time no read! Was für eine Freude, dass du wieder im Forum unterwegs bist (ich hatte ja auch 7 Jahre 'Segelpause') und ganz vor allem, dich unter meiner Geschichte zu finden!
:bounce:
Ich bin sehr froh, einen zweiten Eisenbahn-Ansprechpartner zu haben, dies ist mein zweites Grabinski-Pastiche und es wird nicht das letzte sein. (Ich schick dir mal was in einer PM, check mal Posteingang, bitte ;).)

So klasse, dass du Grabinski auch so bewunderst! Es wäre etwas, das ich eigentlich Ewigkeiten kennen sollte, zumal ich als Teenie die Strugatzki & Lovecraft- Suhrkamp Bände im Regal hatte und auch einige Phantastik von Volk & Welt gekauft hatte. Keine Ahnung, wie mir das entgehen konnte! Ich hab ihn erst vor zwei Jahren durch einen Tipp kennen und lieben gelernt. Wirklich ganz einmalig.

Und was für eine wunderbare Verbindung du dann mit deiner Berufswahl geschaffen hast!

Ich, für meinen Teil, würde das Ziel rausnehmen und aus dem Laufschild das exaktere Zuglaufschild machen. Rein subjektiv, natürlich.
Ja, das Ziel zu kicken wollte ich auch schon. Allerdings sieht es dann aus wie Start-Ziel, also die Reisestrecke, aber das sind zwei Orte, die direkt nebeneinander liegen. Daher ist es sozusagen ein gesplittetes Ziel und braucht das Wort. Und Zug / Ziel waren mir zu viele Zs - ich überlege aber mal, danke!
deines Stückes (auch hier scheue ich mich ein wenig, von einer Geschichte zu sprechen)
Soll es aber durchaus sein - dies war mein Hauptplot, als ich noch dachte, es wäre Platz für eine Geschichte von mir, war auf 25.000 geplottet. Jetzt hab ich aber aufs Wesentliche umgeplottet und es gefällt mir sogar besser. Aber wie gesagt: Ich sehe es schon als KG, auch, wenn ich die Notizen auf den Blättern in einer Nichtvorwort-KG natürlich im Text erklären müsste, nicht außerhalb.
habe ich entweder nicht verstanden (warum hier der Zeitwechsel?) oder es ist ein kleines Fehlerchen deinerseits.
Hm, Friedl korrigiert allen überall 'würde' raus. Ich hab es als seinen Gedanken so genommen, weil er das - trotz allgemeinem Perfekt - ja in dem Moment noch glaubt.
Der Schienenstrang klingt echt unprofessionell, Strecke würde man vielleicht sagen, ev. Streckenführung.
Urgh! Das ist nicht gut, der Text ist zwar schon beim Verleger, aber vllt. lässt er mich nachkorrigieren. Gut zu wissen!
Ich meine, wir hätten schon mal eine ähnlich Diskussion geführt: Müsste es nicht eigentlich hinunter heißen?
:sconf: Ja! Und ich habs auch inzw. echt geschnallt, jedes Mal denke ich an dich. Hier bin ich meinem eigenen Tipp zum Opfer gefallen: sich seine eigene Geschichte nicht als Film vorzustellen, sondern, als wär man dabei und es wäre das reale Leben. Ohne Quatsch: hier stand "ich" neben der Lok und sah Zagan von oben auf mich zukommen. Es ist natürlich falsch so. :aua:
unweit von Żagańs Häuschens
Das hatte ich ein paar Mal so und wieder anders. Mir kommt dieser doppelte Genitiv einfach intuitiv falsch vor, mit den beiden -s.
Und wenn man brutal wäre, und ein umgangssprachlichen Dativ nimmt? Unweit von dem Haus ... :shy:?
Ich hätte mir gewünscht, dass ein Zirkelschluss stattgefunden hätte, auf den Anfang ein Bezug genommen worden wäre.
Ah, aber werter Herr! Ich habe einen Zirkelschluß, nur, dass der über die Lok führt, nicht über den Eisenbahner. Die Pt 47-65 ist mein heimlicher zweiter Protagonist und sie bildet die Klammer um den Text, plus gibt es einen Auftritt über ihre erzählte Historie in der Mitte der Geschichte. Ist das zu unauffällig, oder hattest du den Blick ganz auf dem menschlichen Prota?
Das offene Ende, die ganze Form des Textes macht natürlich Sinn in dem von dir umrissenen Kontext.
Ganz so offen ist es doch gar nicht, oder? Er hat die Halluzination, die Lok setzte an, ihn zu überfahren, oder aber (meine eigene Version, auch wenn ich beides möglich mache) die Lok erwacht zum Leben und überfährt ihn wirklich.
Wie gesagt, ich kenne ihn und finde mich zurückgesetzt in meine Jugend - ach Gott - mit offenem Mund und versunken in düstere Welten.
:kuss: So klasse, hier eine ganze private Geschichte unter meiner zu finden - ich schiele mit einem Schuß Neid auf deine Einbauregale, genau das brauche ich eigentlich auch, hab aber den Pltz nicht (that said, hab ich auch keinen Platz für all meine Bücher mehr).
Natürlich gibt es ein Zugsignal mit nur einem Licht. Ich muss sagen, ich weiß nicht, was es damals aussagte, aber heute ist ein Licht an der Lok das Rangierlokomotivsignal. Denke, das war früher auch so.
Sehr interessant, danke! Hier rangiert sie tatsächlich ... ich hab aber auch schon Bilder gesehen, wo sie auf offener Strecke / in Fahrt nur die eine Lampe leuchten hat. Klar, die finde ich jetzt nicht mehr, weil auf Festplatte gespeichert, nicht alles gebookmarkt.
Sowas hier. Vielleicht deute ich in meiner Unkenntnis aber auch die Umgebung falsch - ich behalte da mal ein Auge drauf [no pun intended!].

Und ja, Grabinski, meines Wissens, war mehr Eisenbahner als damalige Eisenbahner selbst.
Hehe, ja, das kommt mir auch so vor.
ich werde mich wohl gleich aufmachen zu den Bücherkisten, ich weiß noch, es war ein schwarzer Einband
Das dürfte Dunst beim Inselverlag sein. Dann hör doch auf zu suchen, und bestell lieber das hier bei Booklooker. Insel & Suhrkamp hat die stark editierte und gekürzte polnische Bearbeitung von 1958 hergenommen (und alles andere entsprechend selbst bearbeitet), Volk & Welt hat in Das graue Zimmer originalgetreu übersetzt und die Geschichten sind noch viel besser.

Alles Liebe, dir ganz herzlichen Dank und ich hoffe, wieder mehr von dir zu hören und zu lesen.
Three cheers, Katla

 

Guten Morgen, Katla,

danke für Deine geheimnisvolle, stimmungsvoll erzählte Geschichte. Ich finde sie sprachlich schön ausgearbeitet und auch spannend erzählt, daher habe ich sie gerne bis zum Schluss gelesen.

Du hast viel Ahnung von Zügen (nur gut recherchiert oder auch damit im realen Leben Berührung gehabt?), zählst viele technische Details auf. Das lässt den phantastischen Hergang (kann denn eine alte Lokomotive noch nach zehn Jahren explodieren?) dennoch realistisch und für den Leser glaubwürdig erscheinen.

Ich habe keine wirklichen Verbesserungsvorschläge und auch keine redaktionellen Anmerkungen, nur ein paar Fragen, die nach dem Lesen für mich offen geblieben sind:

Ich hätte noch gerne mehr von Żagań, Deinem Protagonisten, erfahren. Für seine Motive (vorzeitiger Ruhestand und Vorbereitung auf den „Lebensabend“) und seine Gewohnheiten (z.B. Pfeife rauchen, den Bahngleisen entlang laufen) bekomme ich ein Gefühl, nicht aber von seinem äußeren Erscheinungsbild und seiner Biografie - außer, dass er lange als Streckenwärter gearbeitet hat.

Den Namen des kleinen Bahnhofs hatte Żagań nie zuvor gehört …
Warum weiß der Bahnarbeiter nichts von einem großen Eisenbahnunglück mit über hundert Toten? Das müsste sich doch, zumal in einem kleinen Land wie Tschechien oder der Slowakei, herumgesprochen haben, auch wenn – oder vielleicht gerade weil – das Regime Informationen zurückgehalten haben mag (von der Technik her nehme ich an, die Geschichte spielt in der Zeit vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, richtig?).

Sie alle eint dieses Unglück, nur ich, der nun zu ihrem Kreis gehört, habe es nicht gesehen …
Ich fragte mich, was Żagań genau sucht, als er sich auf die Spurensuche macht. Möchte er die Wahrheit wissen? Oder geht es ihm darum, in seinem neuen Kollegenkreis, den dieses Geheimnis miteinander verbindet, nicht länger ausgeschlossen zu sein?

Sehr gerne gelesen, beste Grüße von

A. Martin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @A. Martin ,

ganz lieben Dank für deinen Besuch, ich hab mich sehr gefreut. Klasse, wenn dir die Geschichte gefallen hat, das beruhigt mich auch sehr. (Super süßer Hund in deinem Profil, übrigens.)

Du hast viel Ahnung von Zügen (nur gut recherchiert oder auch damit im realen Leben Berührung gehabt?), zählst viele technische Details auf.
Oh, schön, wenn es so klingt - aber ganz ehrlich: Ich weiß trotz langer und sehr gründlicher Recherche kaum etwas von Zügen. Ich saß mal im Rasenden Roland - manche mögen das nicht gelten lassen, weil es eine Schmalspurbahn ist. Mich faszinieren aber Dampfloks seit letztem Jahr außerordentlich, ich freue mich wirklich, wenn es glaubwürdig klingt.
Das lässt den phantastischen Hergang (kann denn eine alte Lokomotive noch nach zehn Jahren explodieren?) dennoch realistisch und für den Leser glaubwürdig erscheinen.
Sehr cool - ja, die Geschichte ist spekulativ (ein Flashover im Tunnel wäre so möglich, aber nicht, wenn das eigentlich brennbare Material bereits einmal ausgebrannt ist). Aber auch potenziell Paranormales sollte auf jeden Fall auf der fiktionalen Ebene glaubwürdig sein. Fein, wenn es für dich geklappt hat. :)
Ich hätte noch gerne mehr von Żagań, Deinem Protagonisten, erfahren. Für seine Motive (...) und seine Gewohnheiten (...) bekomme ich ein Gefühl, nicht aber von seinem äußeren Erscheinungsbild und seiner Biografie - außer, dass er lange als Streckenwärter gearbeitet hat.
Finde ich sehr spannend - was Leser erwarten und was die Vorlieben sind. Immer super interessant, zu hören.
Klar hab ich auch manchmal Beschreibungen von Protas, aber hier fand ich das unwichtig. Weil es ja eigentlich auch nur um eine Person geht, die man nicht gegen eine große 'Cast' absetzen muss. Mich stören Beschreibungen zu Kleidung & Aussehen oft eher, besonders, wenn sie nicht handlungsrelevant sind, und man muss das ja auch gleich an den Anfang setzen, sonst hat der Leser schon ein Bild im Kopf und muss das korrigieren. Hier hoffte ich, dass die Leser sich das selbst vorstellen mögen. Aber wie gesagt, ich finde die Rückmeldung sehr interessant.
Warum weiß der Bahnarbeiter nichts von einem großen Eisenbahnunglück mit über hundert Toten? Das müsste sich doch, zumal in einem kleinen Land wie Tschechien oder der Slowakei, herumgesprochen haben, auch wenn – oder vielleicht gerade weil – das Regime Informationen zurückgehalten haben mag (von der Technik her nehme ich an, die Geschichte spielt in der Zeit vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, richtig?).
Groß/klein ist relativ, aber das Setting ist Polen der 1920er, und das war zu dem Zeitpunkt etwas größer als das heutige Deutschland.

Mein Hintergrund war, dass er weiter entfernt wohnt (die erste Dienststelle verorte ich absichtlich nicht) und möglicherweise hatte er eine besonders schöne (neu verliebt, eine Fernreise ...) oder eine schwere Zeit (Trennung / Tod in der Familie, Depressionen ...) und die Nachricht darüber ging an ihm vorbei. Außerdem war 10 Jahre vor Erzählzeit der Erste Weltkrieg, und entsprechende Ereignisse können ja schnell einen zivilen Unfall überlagern.

Ich hab immer ein bissl Probleme mit der Frage nach der Wahrscheinlichkeit - alles, was nicht unmöglich ist, ist mehr oder minder wahrscheinlich. Für mich spielt es in diesem Text keine Rolle, ob das 10%ig oder 99%ig wahrscheinlich ist, weil das alles auch bissl symbolisch gemeint ist.

Ich fragte mich, was Żagań genau sucht, als er sich auf die Spurensuche macht.
Oh, das ist ungünstig - für mich. Das Thema / Motiv meinte ich, in den drei zentralen Abschnitten behandelt zu haben. Wäre der Text länger, hätte es vielleicht noch ein, zwei Szenen dazu gegeben, aber alle Aussagen, die ich geplant hatte, hab ich auch hier im Text, es liegt also nicht an der Kürze.

Das behalte ich mal im Kopf, ich bin nämlich kein Freund davon, alles quasi auszubuchstabieren, auch wenn es Motive aus dem spekulativen Bereich sind, die nicht immer Entsprechungen in der Realität haben (hier ist die Idee zufällig eine aus der Realität, aber es ist ein metaphysisches Konzept).

Ich hab mich über deinen Besuch wirklich gefreut, ganz herzlichen Dank für deine Eindrücke und Fragen,
Katla

 

Hoppela, der Schluss klingt ja wie von einem auferstandenen Monster von Lindwurm,

liebe Katla,

und tatsächlich hat mich auch der Zyklop angezogen, einen älteren Knaben wie mich, der ein kindliches Vergnügen nicht nur an Mythen hat(te), sondern auch Zugunglücke per Trix-Express (Märklin u. a. waren dafür schlecht geeignet) zu simulieren und „nur“ zur Realschule ging, weil sein damaliger bester Freund eine riesige Anlage (mit Landschaft, Tunneln, Brücken, Orten und Bahnhöfen etc.) in einem Kellerraum hatte (wahrscheinlicher ist allerdings, dass dessen alter Herr der eigentlich Modellbau-Fan war – denn ein genialer Baumeister war keiner von uns beiden Bengeln).

Den süßlichen Rauch der Dampfloks in den 1960ern an der Hollandbahn (D’dorf – Arnheim) hab ich heut noch auf der Zunge … und Jim Knopf (in der Version der Augsburger Puppenkiste) ist einer meiner jung geblieben Liebschaften … Von der Schrägheit der Puppenkiste hat die Spielfilmversion nix mehr … Schade drum.

Aber zwei, drei kleine Anmerkungen, gleich hier

Er riss die Tür auf, ohne anzuklopfen und stürzte ins Büro.
kann m. E. das Komma weg – weil das komplexe Prädikat (anklopfen + aufreißen … stürzen) zerschlagen würde. Verstehstu die Passage als Apposition, müsste hingegen vorm und noch ein Komma gesetzt werden,

was tatsächlich dann hier

Die Halbtagsstelle erlaubte es, seine Behausung zu renovierenKOMMA und er fand sogar die Zeit, ein ungenutztes Nebengleis, das davor entlangführte, von Grasbewuchs und Rost zu befreien.
geschieht, denn der Infinitivsatz ist zu Ende und das und leitet einen zwoten Hauptsatz ein

Es gab fast einhundert Tote, die Aufräumarbeiten zogen sich über Wochen und nur eine der beiden Loks konnte wieder eingesetzt werden.
Entweder „zogen sich … hin“ oder „die Aufräumarbeiten dauerten Wochen“
(wobei „hinziehen“ sich länger hinzieht als dauern dauert ...)

Hier ist die Einheit der Zeitenfolge zu beachten

Das verrostete Metall führt den Hang hinauf, und in den Lücken, wo Schrotthändler die Gleise abmontiert haben mussten, weist ihm eine Schneise die Richtung. Er ist sicher, der Unglückszug riefe ihn – nur ihn, denn die Kollegen, die die Kollision selbst gesehen hatten, erwähnten keinen verdächtigen Feuerschein oben am Berg. Żagań flüstert zu sich selbst:
wobei der glückliche Fall „riefe“ Prät. oder Konjunktiv II sein kann (und auch ist, als ein „als ob ...“ - und somit nicht die Bohne mehr mit der Zeitenfolge zu tun hat)
"haben müssen", ggfs. rufe, wenn er denn keinen Zweifel hat

So viel oder eher wenig vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Friedel,

ganz, ganz lieben Dank für deinen Besuch! Mennö, jetzt mache ich auch noch Kommafehler - wenn das so weitergeht, sollte ich vielleicht einen Kurs Deutsch als Fremdsprache beim Goethe Institut machen.

tatsächlich hat mich auch der Zyklop angezogen, einen älteren Knaben wie mich, der ein kindliches Vergnügen nicht nur an Mythen hat(te), sondern auch Zugunglücke per Trix-Express (Märklin u. a. waren dafür schlecht geeignet) zu simulieren
Wie toll! Na, das hätte ich mal wissen müssen, meine Märklineisenbahn hat sich tatsächlich nicht entleisen lassen, die blieb im Zweifelsfall 'Männeken liegt auf Strecke' einfach stehen.
Den süßlichen Rauch der Dampfloks in den 1960ern an der Hollandbahn (D’dorf – Arnheim) hab ich heut noch auf der Zunge … und Jim Knopf (in der Version der Augsburger Puppenkiste) ist einer meiner jung geblieben Liebschaften …
Oh, mein erster Kontakt war erst vor wenigen Jahren. Ich glaube, ich bin überhaupt ein Spätentwickler, was meine neue Leidenschaft angeht. :schiel:
Entweder „zogen sich … hin“ oder „die Aufräumarbeiten dauerten Wochen“
(wobei „hinziehen“ sich länger hinzieht als dauern dauert ...)
Ach, ich kenne das umgangssprachlich durchaus als "Das zieht sich". Ich dachte hier, das hin klingt zu gestelzt. Ich wechsel auf dauerten ...
wobei der glückliche Fall „riefe“ Prät. oder Konjunktiv II sein kann
Mein Plan war Konj II, aber das möchte ich nicht weiter zum Unfallwissen ziehen, denn dass der Kollege davon weiß, ist ja sicher. Das lasse ich mal, wie es ist.

Lieben Dank für deine Korrekturen, Friedel, ich hoffe jetzt mal, dass ich die später in den Druckfahnen einarbeiten kann. Leider gab es ein Missverständnis zum Format dieses Textes, er verschwand dadurch für ein paar Tage in Autoren und damit von der Startseite. Ich hatte ziemlich knapp vor Abgabe gepostet, in der Hoffnung, einige Adleraugen würden mir beim Endkorrektorat helfen (außer mir gibt es keins, das macht mich total nervös - wie man sieht, zu Recht).

Dir ein wunderbares Wochenende, liebe Grüße,
Katla

 

Hallo Katla,

starkes Stück, magic und ein bisschen unheimlich. Ablauf präzise nach Storyboard - da wird schon viel Übung sichtbar.
Aber ... :-) ... wie die alten Männer da zusammen sitzen, reden sie doch sehr "gebildet" und benutzen Wörter wie anheimfallen. Ich bin ein alter Mann und fühle, wie sie zusammen sitzen und ihr Bier trinken ... da fallen oft nur Worte ... unzusammenhängend - vor sich hin träumend, nuschelnd und gegenseitig ergänzend.
Und noch ein bisschen Klitzekram:

Die Geschichten der alten Eisenbahner setzten sich immer stärker in seinem Gemüt fest.
... wie äußert sich das, wenn Geschichten sich im Gemüt festsetzen? Nicht eher in seinen Gedanken? Gemüt wäre jetzt für mich, wenn es ihn traurig oder so machen würde, also eine Reaktion auf die Geschichte, aber es ist von mir auch nur ein Gefühl - muss nicht stimmen.
Seinen Kollegen gegenüber verschwieg er seine Gedanken.
... seine Absicht? Anstatt Gedanken? Viel mir spontan ein ...
Wind peitscht die Äste, trägt ein leises
... okay, Wind peitscht die Äste, also ziemlich eiliger Wind ... wo? Überall? Und dann plötzlich auftretend? Denn vorher war ja noch Windstille, als die Rußpartikel ...
Rußpartikel tanzen im Lichtkegel, möglicherweise von seinen Schritten hochgewirbelt
... und dann wieder der Dampf, der sich in die Höhe schraubt ...
Dampfwolke aus dem Schlot der Lok schießt, sich vor der Lohe in die Höhe schraubt,
... bei windgepeitschten Ästen dürfte der Rauch ganz schön wie eine Fahne wehen ...

... vielleicht sind´s Befindlichkeiten von mir, fielen mir aber in´s Visier. Aber vom Stil und der Story ein Highlight!
Liebe Grüße
Detlev

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Detlev ,

ganz lieben Dank für deinen Kommentar, ich hab mich wirklich riesig gefreut, vor allem hier drüber:

Ablauf präzise nach Storyboard - da wird schon viel Übung sichtbar.
Klasse, dass man die gründliche Planung herausliest - und an der Übung ist dieses Forum selbstverständlich nicht ganz unschuldig. Allerdings gilt auch: Übung schützt nicht vor gelegentlichem Verfransen. :shy:
Aber ... :-) ... wie die alten Männer da zusammen sitzen, reden sie doch sehr "gebildet" und benutzen Wörter wie anheimfallen. Ich bin ein alter Mann und fühle, wie sie zusammen sitzen und ihr Bier trinken ... da fallen oft nur Worte ... unzusammenhängend - vor sich hin träumend, nuschelnd und gegenseitig ergänzend.
Hm, das kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Meine Mutter ist gerade 81 geworden und spricht ganz klar und deutlich. Eisenbahner ist und war ein Ausbildungsberuf, und abgesehen davon bin ich immer sehr skeptisch, intellektuelle Leistungen und Vokabular ganz dezidiert an bestimmte soziale Parameter zu knüpfen. Da hab ich die Tagebücher von Schiffsjungen im Kopf (z. B. in den 1920ern auf der Padua). Oder nimm Hernán Rivera Letelier, der ist Mienenarbeiter in Chile. Zudem ist es Prosa, kein Protokoll.
Ich verstehe selbstverständlich, dass nicht jede Figur jedwedes Register verwenden kann, es gibt Grenzen der Un/Glaubwürdigkeit und da sind Anmerkungen wie deine wichtig als Gegencheck - nur, dass ich das hier als nicht so krass sehe.
... wie äußert sich das, wenn Geschichten sich im Gemüt festsetzen? Nicht eher in seinen Gedanken?
Gedanken sind doch Teil des Gemüts. :shy:
Die Frage nach dem 'wie äußert sich das?' verstehe ich ehrlich gesagt nicht. ImA ist das sogar abgewandelt eine feststehende Phrase (z.B. etwas schlägt einem aufs Gemüt, etwas negativer dann). Ist die Aussage unklar?
... seine Absicht? Anstatt Gedanken? Viel mir spontan ein ...
Danke, das wäre auf jeden Fall die bessere Lösung, wenn es sich nur auf den Satz davor beziehen würde. Es bezieht sich aber auf den Großteil des Absatzes, und seine Überlegungen zur 'Vergangenheit als Spuk' sind keine Absichten.
... okay, Wind peitscht die Äste, also ziemlich eiliger Wind ... wo? Überall? Und dann plötzlich auftretend? Denn vorher war ja noch Windstille, als die Rußpartikel ...
Ah, das ist was, das man eventuell nicht garantiert richtig machen kann.
Meine Idee ist, dass die Erzählung ab dem Eintreffen am Tunnel / bei der Lok ins Spekulative kippt. Der Wind ist plötzlich stärker, nachdem der Prota den Tunnel wieder verlassen hat, und ganz vor allem bricht die Abenddämmerung an (wenn er früh losging und nur zwei Stunden unterwegs war, kann es aber nicht mal mittags sein).

Jetzt mache ich natürlich auch mal Anschlußfehler und daher bin ich sehr froh, dass du es angemerkt hast.
Stärker infodumpen / auserklären möchte ich aber nicht, weil es eben so eine fast unmerkliche Verschiebung der Realität sein soll, die vllt. nur halbbewusst wahrgenommen wird. Ich lasse es also drauf ankommen, ob es als Fehler oder als Dreh gesehen wird (meine Hoffnung war, dass es absichtlich wirkt, weil sich gleich zwei Dinge unnatürlich ändern und das dann nicht als Versehen gelesen würde.)

... bei windgepeitschten Ästen dürfte der Rauch ganz schön wie eine Fahne wehen ...
Nein, der Druck des entweichenden Qualms ist zu stark. Zudem steht diese Lok im Eingang eines eingestürzten Tunnels, und ich sage nicht, woher der Wind weht.
Selbst bei voller Fahrt mit etwas Wind verwirbelt der Qualm nicht gleich (der Cover-Künstler der Anthologie hat das allerdings so gelöst, was ich mir vor deinem Komm nicht recht erklären konnte, aber dann hattet ihr vllt. den gleichen Gedanken :)).

Zudem: Dass da überhaupt Dampf kommt, ist ja rein spekulativ bzw. paranormal. Ebenso wie der Flashover, der so überhaupt nicht möglich wäre, weil bereits alles brennbare Material verbrannt ist. Möglicherweise - das möchte ich offenlassen - ist das 'Erwachen' der Lok auch reine Halluzination.

Vielleicht liegt es daran, dass es hier nur den tag Seltsam oder Horror und SF gibt, und letztere sind zwar spekulativ, aber würden zu falschen Erwartungen führen. Schön wäre, Phantastik als tag zu haben, dann wär vielleicht klarer, dass der Text spekulativ ist.

Ich hab mich wirklich über deine Anmerkungen gefreut, und entschuldige bitte, dass ich so viel erkläre bzw. das für mich nicht genug passte, um es gemäß der Einwände zu ändern. Mir hilft es auch wirklich ausgesprochen, wenn ich einen Eindruck bekomme, wie etwas gelesen wird, wie die Erwartungen sind oder Interpretationen; und wenn ich noch mal neu nachdenken muss, was ich wie geplant hatte, was es für Alternativen gäbe.
Nicht alles, was mir hilft, schlägt sich in konkreten Textänderungen nieder - ist also nicht als Wegerklären gedacht, ich wende Überlegungen nur gern bissl hin und her. :)

Ganz liebe Grüße und noch mal vielen Dank,
Katla

 

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