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Der ganz normale Wahnsinn...

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27.06.2002
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Der ganz normale Wahnsinn...

Der ganz normale Wahnsinn...

Draußen sind fast dreißig Grad und ich mummel mich ein. Nicht unbedingt, damit mir (noch) wärmer wird, sondern eher, damit das Zittern, welches fast schon an ein angeschossenes Reh erinnert, wenigstens nicht allzu sichtbar ist.

Schniefender Weise suche ich meine letzten Taschentücher zusammen, obwohl ich längst aus Bequemlichkeit die dritte Rolle Klopapier in Folge mit mir rum schleppe. Geht einfach schneller, als ständig irgend welche Taschentuchpackungen zu öffnen, um ein Zehntel dessen zu entnehmen, was nach kurzem Gebrauch eh gleich im Müll landet. Kleenex in der 150er Box sind noch viel praktischer aber inzwischen leider restlos verbraucht.

Macht ja nix; mit DER Erkältung muss ich eh zum Arzt. Auf dem Weg werde ich mir irgendwo Kleenex besorgen und zur Apotheke kann ich dann auch gleich noch. Jeder Knochen tut mir weh, jede Berührung einer Haut – selbst beim Duschen – tut unendlich weh, unfallfrei geradeaus gucken war mal und mein Kreislauf probiert gerade aus, wie tief es noch geht. „Kannst aufhören; bist bereits ganz unten angekommen“ denke ich bei mir aber so leicht lässt er sich nicht überzeugen und probiert es weiter.

Egal... SO schlapp wie ich bin, hatte ich nicht wirklich vor, auf dem Dach zu balancieren. Außerdem fordert ein solcher Zustand von mir anfänglich für drei Tage die höchste Leidensbereitschaft. Kein Publikum... keine Kompromisse... nur Leiden pur. Muss sein... hört dann nach drei Tagen automatisch wieder auf. Doch bis dahin... Boah! Geht’s mir schlecht!!!

Nach kurzem Check beim Arzt und Diagnose Virus-Grippe steigen wir flüchtig in Verhandlungen ein in puncto Antibiotikum. Er sagt ich soll. Ich sag ich will nicht. Ich gewinne. Der Kompromiss: Strickte Bettruhe und diverse andere Medikamente. Wenn bis Freitag nicht alles top in Ordnung ist, wieder zum Arzt und Antibiotikum. Es WIRD Freitag alles in Ordnung sein! Beschlossene Sache.

Der Apotheker lächelt bedauernd, weil er nicht alle Medikamente vorrätig hat. Seine Frage, ob ich nachmittags nochmal zu ihm kommen kann, beantworte ich abgekämpft mit einem ausgiebigen Gähnen und dem Hinweis, dass ich froh bin, wenn ich es bis in mein Bett geschafft habe. Daraufhin bietet er an, mir die Medikamente abends rum zu bringen. Es wäre ja ganz in der Nähe und mein Elend wäre kaum mit anzusehen. Na danke... Aber DAS nenne ich Service!

So ein Zustand kostet mich jede Form von Appetit und somit innerhalb einer Woche locker fünf Kilo Lebendgewicht, wenn ich nicht höllisch aufpasse. Das wiederum ist eine prima Unterstützung beim Sturzflug meines Kreislaufs, dessen Achterbahn-Verhalten ich ehrlich gesagt dadurch nicht noch unterstützen will. Hunger habe ich so dermaßen, dass mein Magen lauter knurrt, als das Radio einstellbar ist. Also essen. Aber was? Irgend-WAS... Nach vergeblicher Suche von Lebensmitteln, auf die ich in normalen Zeiten Appetit habe, verdrücke ich eine halbe Scheibe Brot mit Wurst, Ananas, Käse überbacken und ein Spiegelei drüber. Eigentlich mag ich das sehr gern doch im Moment treibt es nur der Hunger und der Gedanken an das Verhindern potentieller Gewichtsverluste rein. Was soll‘s. Ich habe was gegessen. Alles andere ist egal.

Ich bin müde und total abgekämpft. Was soll ich hier rumhängen. Ab ins Bett. Das Telefon klingelt und mein Geliebter erkundigt sich nach meinem Befinden. „Gut, alles soweit okay!“ lüge ich ihn an. Was soll er sich Sorgen machen? Bei mir sein kann er in Moment nicht und sonst auch nichts für mich tun. Außerdem gönne ich mir ja gleich ein wenig Schlaf und dann wandelt sich die Lüge sicher zur Realität.

Noch während des Telefonates klingelt es an meiner Tür. Ich erwarte niemanden... ganz sicher nicht! Zum Türöffner schlappend und rumnölend, wer hier jetzt klingelt, nehme ich die scherzhafte Äußerung meines Geliebten „vielleicht der Gerichtsvollzieher“ nur marginal wahr. Später werde ich sicher darüber lachen. Beim Nachfragen via Sprechanlage höre ich gerade noch, wie wer-auch-immer bereits Einlass erhalten hat und drehe direkt in mein Schlafzimmer ab. Mein Liebster wünscht mir noch gute Besserung und schon liege ich flach und versuche zu schlafen.

Schlafen... ein wundervoller Gedanke. Dumm nur, dass ich wahnsinnigen Schnupfen habe und immer mindestens ein Nasenloch nahezu hermetisch abgeriegelt ist. Also von der linken auf die rechte Seite drehen, damit ich irgendwie Luft bekomme. Ich bin müde und schlafe auch direkt ein. Allerdings... schade eigentlich... meine Nase muss sich relativ schnell beidseitig geschlossen haben, so dass mein Mund beim Atmen auf war. Dadurch bedingt wurde der Hals trocken und der gemeine Trockenhusten löste mein ruhiges Schlafatmen relativ brutal ab. Aufsetzen... trinken... husten... Schlafen? Nicht mehr dran zu denken. Also aufstehen... motzen... rumnölen... wieder hinlegen... weiter schlafen.

Keine drei Minuten und mein Handy klingelt, als ich Millisekunden vor’m Einschlafen war. Ich will das jetzt nicht und drehe mich samt aller verfügbaren Kissen über meinem Kopf auf die andere Seite. Das Handy hört irgendwann auf zu klingeln und ich versuche erneut, einzuschlafen. Klappt auch... fast. Bis es an der Tür klingelt. Meine Nachbarin hatte mich husten gehört und sich gedacht dass ich krank bin. Sie bot an, mir Lebensmittel, Getränke, Medikamente oder was auch immer ich brauche mitzubringen. Sie ist eine super Liebe!!! Immer! Nur JETZT nicht. Na ja, eigentlich schon. Wo findet man noch Nachbarn, die SO aufmerksam sind? Aber ich wollte nichts... außer schlafen.

Ich kuschelte mich zurück in mein Bett und war gerade am Einschlafen, als erneut das Handy klingelte. Es hätte das Büro sein können. Also ging ich nach drei-, viermal Klingeln und kurzfristig rasantem Sortieren meiner Sinne doch ran. In der Sekunde wurde aufgelegt. Ich war kurz davor, loszuschreien. Das kann doch alles nicht wahr sein...

Nebenbei dudelt das Radio. Irgendwer erzählt irgend etwas. Warum gibt es hier eigentlich keinen einzigen Sender, der nur und ausschließlich Musik spielt? Irgend welche Trailer wollen mir erzählen, was ich am folgenden Wochenende unternehmen soll. Wenn ich das folgende Wochenende noch erlebe und nicht bis dahin mittels Schlafentzug umgebracht wurde, werde ich mir DANN überlegen, was ich mache.

Ich verbuddel meinen Kopf erneut in die Kissen und bin gerade endlich fast am Einschlafen, als ich dem Radio entnehme, was ich jetzt definitiv überhaupt nicht will: Johanna von Koczian lässt mich mittels einer Comedy mit einem Kurzausschnitt des Titels „Aufstehen ist schön“... darüber nachdenken, wie hoch Aggressionen kochen können. „Ich will doch nur schlafen“ flehe ich das Radio an und stelle es ab. Kaum in Richtung Erlösung wegschlummernd klingelt es erneut an der Tür. Ich sprinte wutentbrannt an die Sprechanlage und bölke mit aller verfügbaren Heiserkeit in den Hörer „WAS?!“ Eine ruckartig kleinlaute Stimme verkündet, dass deren Besitzerin von der Apotheke kommt und die Medikamente bringt. Gleich anschließend vernehme ich die kleinlaute Frage, ob sie einfach alles in den Briefkasten stecken soll, was ich mit einem dann doch milder gestimmten „ja bitte, das ist sehr nett von ihnen! Vielen Dank.“ quittiere.

Ein letzter Versuch... ich gehe zurück ins Bett. Decke mich zu. Kleenex und Tee stehen vor dem Bett. Es ist ruhig... fast friedlich... mein Handy ist leise gestellt und die Festnetz-Telefone aus dem Schlafzimmer verbannt. Ich höre mein ruhiges Atmen und beginne die charmante Hoffnung zu hegen, dass ich es nun vielleicht doch schaffen könnte, ein wenig zu schlafen. Meine Sinne schwinden erschöpft und ich muss auch kaum husten. Als... Als ich merke, dass der Tee seine Wirkung tut. Es kann nicht wahr sein... ich muss auf’s Klo.

Völlig genervt vor mich hin nölend steuere ich mein Badezimmer an und erledige im Halbschlaf, was mich erneut am Einschlafen hinderte. Da trifft mich fast der Schlag und ich nuschel nur noch verzweifelt vor mich hin „Oh man, auch DAS noch... Wer verdammt nochmal hat das letzte Klopapier aufgebraucht?

Tina
(verzweifelt schniefend *hust*)

 

Hi,

zu Beginn erst einmal ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind:

Nicht unbedingt, damit mir (noch) wärmer wird, sondern eher, damit das Zittern, welches fast schon an ein angeschossenes Reh erinnert, wenigstens nicht allzu sichtbar ist.
1. Zusätze in Klammern wirken eher störend. Da du ja sagst, dass es draußen 30 Grad sind, geht man als Leser davon aus, daß ihr nicht noch wärmer werden soll.

2. Zittern, das an ein angeschossenes Reh erinnert? Sorry, aber der Vergleich hinkt etwas. Ich hab mich noch nie an ein angeschossenes Reh erinnert, wenn ich jemanden sah, der zitterte. Erstens weil ich sowas noch nie gesehen habe, um mich daran zu erinnern und zweitens weil es etwas weit her geholt ist ;)

3. Da man hinterher weiß, dass sie erkältet ist und deshalb zittert, ist der Gedanke, dass sie sich in den Mantel einhüllt, weil ihr kalt ist, gar nicht so abwägig. Ich meine, wenn man erkältet ist zittert man, weil die Temperaturanzeige im Kopf "verstellt" ist und der Körper glaubt, dass ihm kalt ist. Da der Körper das nun glaubt, glaubt logischerweise der Mensch an sich auch, dass ihm kalt ist. er glaubt zu frieren.

...die dritte Rolle Klopapier...
...Kleenex in der 150er Box...
Hm, trägt sie nun eine Rolle oder eine Box mit sich rum?

...unfallfrei geradeaus gucken war mal...
Wie jetzt? Seit was ist bloßen Geradeausgucken lebensgefährich?

„Kannst aufhören; bist bereits ganz unten angekommen“ denke ich bei mir aber so leicht lässt er sich nicht überzeugen und probiert es weiter.

Egal... SO schlapp wie ich bin, hatte ich nicht wirklich vor, auf dem Dach zu balancieren.

Hm, was hat jetzt der Kreislauf mit einem gestörten Gleichgewichtssinn zu tun?
Beide Sachen arbeiten unabhängig von einander.

Nach kurzem Check beim Arzt und Diagnose Virus-Grippe steigen wir flüchtig in Verhandlungen ein in puncto Antibiotikum.
Satzstellung! "In puncto Antibiotikum" sollte vor dem "ein" stehen.

Er sagt, ich soll. Ich sag, ich will nicht.
Ich gewinne. Der Kompromiss: ...
Entweder man gewinnt, oder es gibt einen Kompromiss. Bei einem Kompromiss gewinnen beide bzw. keiner.

So ein Zustand kostet mich jede Form von Appetit und somit innerhalb einer Woche locker fünf Kilo Lebendgewicht,...
Das "Lebend" kann mir getrost weglassen, weil Tote gewöhnlich eh nichts abnehmen ;)

Das wiederum ist eine prima Unterstützung beim Sturzflug meines Kreislaufs, dessen Achterbahn-Verhalten ich ehrlich gesagt dadurch nicht noch unterstützen will.
Eine Achterbahn fährt für gewöhnlich auf und ab. Vorher sagst du: er ist ganz unten, es geht nicht mehr tiefer, jetzt sagst du, er geht weiter nach unten und dann sprichst du vom Achterbahnfahren. Das passt mE nicht ganz.

So ein Zustand kostet mich jede Form von Appetit ...
Hunger habe ich so dermaßen, dass mein Magen lauter knurrt, als das Radio einstellbar ist.
Widerspruch!

...
Das reicht erstmal ;)

Was ich persönlich als störend empfand, waren die Wörter in Großbuchstaben. Das ist erstens nicht nötig, da du schon dem Leser überlassen solltest, was er beim Lesen betont und zweitens stört es den Lesefluss.
Das Wort nölend kam mir zu häufig vor.

Soviel zur formellen Seite.

Zur Geschichte an sich.
Was ist die Satire? Du bemühst dich (oft leider vergeblich) fast zwanghaft witzig sein zu müssen. Die einzige Stelle, wo es dir wirklich ein wenig gelungen ist und ich schmunzeln mußte, war der Schlusssatz.
Der Text geht eindeutig in Richtung Humor, hat aber nichts mit Satire zu tun.
Ich sehe auch leider keinen Ansatz, was genau du satiren willst.
Grippale Infekte?
Mißstände in deutschen Schlafzimmern?
:confused:

Ich weiß es nicht, aber vielleicht kannst du ja Licht ins Dunkel bringen. ;)

Gruß, Pandora

 

@ Pandora

Unter Mißstände im deutschen Schlafzimmern versteh ich etwas anderes. :D :lol:
Aber egal, ich seh es ähnlich wie du und habe mich auch nach Lesen dieser Geschichte gefragt, was nun genau die Autorin auf's Korn nehmen wollte.

@ Kaleidoskop

Pandora hat ja schon nachgefragt, worin nun der satirische Inhalt deiner Geschichte liegen soll.
Dieser Frage schließe ich mich an.

Deine Geschichte ist eine ausführliche detaillgetreue
Schilderung einer Sommergrippe. Soweit so gut.
Was fehlte, war ein gewisser Spannungsbogen, der aus der guten und teilweise humorvollen Schilderung heraus noch etwas Besonderes bietet, denn eine Sommergrippe hatte entweder jeder schon mal oder jeder kennt jemanden, dem es so erging.
Es könnte deiner Protagonistin z.B. irgendetwas Außergewöhnliches passieren oder du schilderst eine ansich jedem bekannte Sache aus einem völlig ungewohnten Blickwinkel.
Damit hättest du die Möglichkeit der Schilderung des Normalen etwas Besonderes zu geben.

Gruß lakita

 

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