Was ist neu

Der Grabräuber

Mitglied
Beitritt
17.04.2020
Beiträge
2
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkungen zum Text

Guten Tag,
es handelt sich um meine erste Kurzgeschichte. Ich hoffe ihr könnt mir helfen mich zu verbessern.

Der Grabräuber

Heute war kein guter Arbeitstag, dachte er, als er sich über den Friedhofszaun schwang. Im Rucksack hatte er sein heutiges Gehalt. Hart erarbeitet und von sich selbst ausgezahlt. Vier Goldzähne und genau so viele Eheringe.
Fünf Löcher hatte Simon gegraben und zugeschüttet. Er sah auf die Uhr. Schon sechs Uhr morgens. Aber das machte nichts. Seit er die Zahl der Löcher von drei auf fünf gehoben hat, hatte er seinen Lohn verdoppeln können. Die zusätzliche Arbeit lohnte sich.
Er stieg in seinen alten Toyota, den er in einer Seitenstraße etwa einen halben Kilometer von dem Friedhof entfernt geparkt hatte. Keine gute Nacht. Er hatte auf mehr Goldzähne gehofft.

Einen Tag später machte er sich erneut auf den Weg. Diesmal zu einem der ärmeren Friedhöfe in der nahen Umgebung.
Immer in Bewegung bleiben, war Simons Devise, zumindest wenn es um die Wahl des Friedhofs ging. Bei seiner Arbeit holte er sich wieder, was ihm die Gesellschaft genommen hat.
Diesmal parkte er das Auto in einem größeren Abstand. Letztes Mal als er hier war, war er entdeckt worden. Ein älterer Mann, den er übersehen hatte, hatte ihm beim Verlassen des Friedhofs von einem Stück weiter links am Zaun etwas zugerufen.
Nun hatte er diesen Friedhof extra einen Monat ausgelassen.
Er hoffte, dass diese Vorsichtsmaßnahme übertrieben war. Aber sicher kann man sich da nie sein, oder?
Auf dem Weg zum Friedhof musste er immer wieder an diese Stimme denken. Als er am Zaun ankam, schien jedoch alles verlassen. Wie eigentlich immer. Also schwang er sich rüber und landete für sein Alter elegant auf der anderen Seite.
Während er in den hinteren Teil des Friedhofs ging, spürte er, wie er ruhiger wurde. Die kühle Nachtluft tat ihm gut.
Er kam an das Grab, welches als Nächstes an der Reihe war und legte vorsichtig die Verzierungen und die Blumen auf die Seite. Dann baute er den Klappspaten auf, und begann die Erde auf dem Kiesweg neben der Grabstätte zu häufen.
Eineinhalb Stunden später und zwei Meter tiefer stieß er auf Holz. Er sah zum Grabstein auf. Das Grab war erst zwei Jahre alt. Kein Wunder, das der Sarg noch voll intakt war. Mit seinem Stemmeisen setzte er nun am Rand des Sarges an. Er hatte extra die Stirnlampe ausgeschaltet, da es jetzt lauter werden würde. Mit einem Knarzen hebelt er den Deckel ein kleines Stück nach oben, bis die ersten zwei Schrauben mit dem Geräusch von berstendem Holz aus der unteren Hälfte gerissen wurden. Ihm strömte der süßliche Duft von Verwesung entgegen, als ob er nur darauf gewartet hatte, befreit zu werden. Nachdem er noch fünf Mal das Stemmeisen angesetzt hatte, lag der Deckel locker auf dem Sarg. Simon legte das Werkzeug beiseite, ging in die Knie und fasste den Deckel an der rechten Seite. Dieser Moment ist jedes Mal aufregend. Man weiß nicht, was einen erwartet. Es ist der Moment, in dem man plötzlich die Privatsphäre eines Menschen stört. Ihm machte das wenig aus, aber auch nur, weil er es mit Toten zu tun hatte. Menschen hatte er nie gemocht.
Als er es geschafft hatte, den Sargdeckel auf die linke Seite zu drehen, lag Sie vor ihm. Ihre Augen waren eingefallen und ihr Mund stand leicht offen. Das verlieh ihrem Gesicht einen Ausdruck, als könnte sie nicht fassen, was gerade passierte. Die Verwesung war in vollem Gange, und es hing nicht mehr viel Fleisch an den Knochen der älteren Frau. Wo einzelne Stellen waren, waren auch Maden.
Simon hielt sich nie lange in einem Grab auf. Auch, wenn ihm der Geruch nach Verwesung gefiel, hatte er doch einen Job zu erledigen. Er zog ihr vorsichtig den silbernen Ehering vom Finger. Danach untersuchte er ihren Hals. Keine Kette. Aber was er sah, als er den Mund öffnete, gefiel ihm. Ganze vier Goldzähne. Soviel, wie er letztes Mal in der ganzen Nacht erbeuten konnte.
Es war unglaublich, wie fest solche Zähne, selbst nach so langer Zeit noch saßen. Mit einem lauten Knirschen bewegte er sie mit seiner Kombizange vor und zurück, bis er alle vier in seiner Hosentasche hatte.
Nachdem er ihr den Mund geschlossen hatte, legte er den Deckel wieder langsam und so leise wie möglich auf den Sarg. Eine halbe Stunde später war der Erdhaufen wieder verschwunden, und die Verzierungen lagen auf dem Grab, als wären sie nie weg gewesen.
Sein nächstes Ziel hatte er sich das letzte Mal schon ausgesucht. Es war eine der wenigen Grüfte, die es in seiner Umgebung gab. Sie waren oft sehr lukrativ, und ideal als „Pause“ zwischen zwei normalen Gräbern, da man nicht graben musste.
Nachdem er das Schloss aufgebrochen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand er in einem stickigen und engen Raum. Er wollte allerdings die Tür nicht offenlassen. Er mochte bei Grüften den Schutz, den sie ihm boten. Und diesen wollte er, stickig hin oder her, so lange wie möglich genießen.
Er schaltete seine Stirnlampe auf die erste Stufe. Seiner Meinung nach war die schon zu hell. Er hätte lieber die klischeehafte schummrige Laterne dabei gehabt. Aber mit mehr als dem Nötigsten arbeiten zu gehen war Simons Erfahrung nach keine gute Idee.
Was er sah, gefiel ihm. Ein bronzenes Kruzifix hing an der Wand genau vor ihm. Das würde bestimmt 50 Euro bringen, dachte er … als er plötzlich das leise Knirschen von Kies hörte. War noch jemand auf dem Friedhof? Er blieb stehen, und wartete auf ein eindeutigeres Geräusch. Nach zehn Minuten ausharren, machte er weiter. Wenn auch leiser als vorher. Er hob das Kreuz vorsichtig vom Nagel, und steckte es ein. Nun ging es an die Särge. Es waren zwei. Beide thronten auf Steinpodesten. Einer links und einer rechts. Simon bückte sich, und holte gerade das Stemmeisen aus seiner Tasche, als er hörte, wie sich die Tür hinter ihm öffnete. Der Schock ließ ihn erstarren. Als er Schritte auf sich zukommen hörte, begriff er, dass er seine Rechte Hand fest um das Eisen geschlossen hatte. Er wollte gerade aus der Hocke hochkommen, um es dem Eindringling damit zu zeigen, als er spürte, wie etwas Dumpfes auf seinen Hinterkopf schlug.
Als er wieder zu sich kam, wurde es schon hell. Er war also fast fünf Stunden außer Gefecht gewesen. Sein Schädel pochte wie ein Specht in der Paarungszeit.
Simon sah sich um. Er befand sich immer noch in der Gruft. Die war allerdings offen. Nicht gut.
Er wusste, dass er so schnell wie möglich verschwinden musste. Friedhofsbesucher, also ältere Damen, kamen oft mit den ersten Sonnenstrahlen. Vielleicht hatte, wer auch immer ihn überwältigt hatte, irgendetwas zurückgelassen, dachte er, während er auf dem sandigen und kalten Steinboden der Gruft lag. Man schlich ja nicht einfach so nachts über einen Friedhof, schlug Leute zusammen, und ging dann wieder. Irgendetwas hatte sein Attentäter ja bezwecken wollen.
Als er aufstand, spürte er erst das Ausmaß seiner Verletzung. Die Schmerzen in seinem Kopf waren unerträglich. Es fühlte sich an, als hätte er sich letzte Nacht ins Koma gesoffen. Zum Glück klangen sie, zusammen mit dem Schwindelgefühl, schnell wieder ab. Einen Moment hielt er sich noch an dem linken Sarg fest. Plötzlich protestierte sein Magen, der wohl mit der schnellen Bewegung nicht klar kam und Simon übergab sich neben den Sarg.
Er bückte sich zu seiner Tasche, die immer noch dort lag, wo er sie in der Nacht hingelegt hatte und nahm seine PET-Flasche mit Wasser heraus. Nachdem er einen kleinen Schluck zu dem Erbrochenen gespuckt hatte, um den widerlichen Geschmack zu vertreiben, trank er. Als die Flasche leer war, ging es ihm wieder besser. Er stopfte sie zusammen mit dem Stemmeisen zurück in seinen Rucksack. Dann sah Simon, dass das Kruzifix weg war. „So ein Arschloch“, dachte er, als er den Zettel entdeckte. Er lag auf dem Sarg, an dem er sich gerade noch festgehalten hatte. Darauf stand: „Such dir eine andere Beschäftigung, wenn du weißt, was gut für dich ist.“

Als er wieder zuhause war, dachte er gründlich über alles nach. Irgendjemand wollte nicht, dass er arbeitete. Vermutlich also ein Konkurrent.
Das war schlimm. Das war sogar schlimmer, als damals, als ihn eine der frühen Friedhofsbesucherinnen entdeckt hatte.
Er würde für eine Weile stillhalten müssen. Doch das ist schwierig, wenn man keine andere Einnahmequelle hat.
Da er noch nie ein geselliger Mensch war, hatte er viel Zeit zum Nachdenken.
Wie er das sah, gab es drei Möglichkeiten, was sich abgespielt hatte. Entweder, ein anderer Grabräuber hatte sich in seinem Revier verirrt, oder ein Anwohner hat ihn gesehen, und hatte keine Lust die Polizei zu rufen.
Die dritte Möglichkeit war, dass sich eine Grabräuberbande auf Streifzug durch sein Revier bewegt. Das war die, die ihm am meisten Angst machte.
Im Fernsehen hatte er schon von solchen Banden gehört. Sie wurden als ziemlich brutal dargestellt.
Er machte sich einen Plan. In solchen Situationen braucht man immer einen Plan, wenn man nicht durchdrehen will. Der erste Schritt war Rationieren. Doch zu seiner Bestürzung gab es gerade nicht viel zu rationieren. Die Ravioli und die Spaghetti würden ihm nur noch einen Tag reichen. Dann musste er seinen Lohn in Bares tauschen und sich davon versorgen. Doch unglücklicherweise standen auch noch Wasser, Telefon und Stromrechnung an. Kurz: Er musste allerspätestens in vier Tagen wieder los.
Zeitlich Abstand gewinnen, war der erste Schritt seines Planes. Der zweite war, die räumliche Distanz. Also nahm er als Nächstes den am weitesten entfernten Friedhof ins Visier.

Das war zufällig sein Liebster. Er war ziemlich alt. Und dort standen riesige Fichten und ein ganzes Arsenal an irgendwelchen mit Schildern extra benannten Sträuchern. Auf ihm gab es am meisten Grüfte, aber das war nicht, was er dort so schätzte. Er liebte das Verwucherte und das Wilde an diesem Friedhof. Dass dort nicht alles geebnet worden war, sondern manche Gräber auf natürlichen Terrassen lagen und das ganze deshalb eine gewisse Unordnung, als wäre er uralt, ausstrahlte, gefiel ihm ganz besonders. Auch wenn der Wald, der den Friedhof umschließt, bei Nacht etwas unheimlich sein kann. Hinzu kam, dass er ein gutes Stück abseits von Straßen und Wohngebieten lag. Man hatte dort seine Ruhe.

Als er seine Vorräte aufgebraucht, Rechnungen bezahlt und keine Wahl mehr hatte, brach er auf. Die Strecke, die er schon so oft gefahren war, wirkte dieses Mal viel länger. In seinen Schläfen hämmerte sein Puls wie ein Steinmeißel. Er hatte sich bisher immer so sicher gefühlt, und jetzt das.
Er kam an. Der Friedhof war verlassen. So ein Mist. Hätte er die Bande doch gleich angetroffen. Dann hätte er direkt wieder gehen können. Stattdessen ärgerte Simon sich nun über seine Feigheit. Verdammt er war Grabräuber. Und Grabräuber sind nicht feige.

Er stand vor dem Friedhof. Das große Tor war offen. Zwischen den beiden Flügeln blickte ihn die marmorne Marienstatue an. Es war so eine, die einen immer anschaute, egal wo man stand. Bisher war ihm das noch nie aufgefallen.
Von ihrem Blick verfolgt ging er an der Statue vorbei und suchte sich ein Grab, das man vom Eingang aus nicht sehen konnte. Als er gerade die Blumen und andere Verzierungen auf die Seite geschafft hatte, hörte er etwas. Ein Auto.
Er legte alles schnell wieder aufs Grab, nahm seine Tasche und sprintete mit schnellen, federnden Schritten in den hinteren Teil des Friedhofes. Genauer in den linken Arm. Dort waren die alten Gräber. Und auch die Grüfte. Hinter so einer versteckte er sich jetzt.
Er glaubte sie flüstern zu hören. Simon war sich jedoch nicht sicher, es konnte auch der Wind sein, der die Wipfel der umliegenden Bäume streifte. Doch dann sah er die Kegel ihrer Taschenlampen neben ihm durch den lichten Wald streifen.
Der Wind trug ihre Stimmen über den Friedhof. Er konnte sie jetzt reden hören: „Hattest recht. Hier is niemand.“ Kam von einem in einer tiefen und angenehmen Stimme. „KKKomm schon wir fangen gleich an.“ Von einem anderen. „Hast wohl Angst … Aber vielleicht hast recht – wir sollten uns umschauen.“ Ein dritter sagte darauf: „Jaja, schaut ihr euch nur mal um. Pff nur, weil ein Auto auf dem Parkplatz steht. Also ich mache mich an die Arbeit. Ich will meine drei Löcher schaffen.“
Sein Auto. Das hatte er ganz vergessen. Natürlich war es ihnen aufgefallen. Er konnte sich jetzt nur noch still halten, und hoffen das die beiden sich dazu entschlossen sich nicht umzuschauen, oder immerhin nicht gründlich. Gleichzeitig hatte er aber auch das Bedürfnis sich zu erkennen zugeben, und dem dritten bescheiden mitzuteilen, das drei Löcher für eine Nacht kein Grund zum Angeben waren.
Er verwarf den Gedanken wieder, als er merkte, dass er das Messer, welches er vorsichtshalber immer dabei hatte, in der Hand hatte. Es war ein Jagdmesser, mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, die er dunkel lackiert hatte, sodass sie ihn nicht verriet.
Der Einwand ihres Kollegen hatte die zwei anderen nicht umgestimmt, denn Simon hörte nun wie sich neben einer Schaufel, die in den festen Untergrund hackte Schritte weiter bewegten. Bald hörte er Schritte lauter werden. Aufgrund der T-Form des Friedhofs (wobei unten der Eingang war) war für Simon klar, wie die Strategie der beiden war.
Er verhielt sich ganz still. Das lernt man, wenn man sich beruflich nachts auf Friedhöfen aufhält. Man lernt, wo man im Schatten unsichtbar ist, und wo nicht. Und man lernt zu schleichen.
Das nutzte er jetzt, um sich über das Gras lautlos auf die andere Seite der Gruft-Rückseite zu bewegen. Von dort aus konnte er, ohne entdeckt zu werden den ganzen Bereich überblicken, den sein Arm des Ts ausmachte. Eine niedrige Mauer in der Mitte verhinderte, dass er alles sehen konnte. Aber was er sah, reichte ihm.
Der Bursche kam direkt auf ihn zu. Er war noch ca. 20 Meter entfernt, und sah sich immer wieder schnell um.
Als er diesen großen aber dünnen jungen Mann in Latzhose und Holzfäller-Hemd auf sich zu kommen sah, schwang seine Angst in Wut über.
Welche Berechtigung, hatten diese Kerle seine Arbeitsplätze zu besetzen, geschweige denn zu benutzen? Und sowieso, was waren das überhaupt für Grabräuber, die immer noch nur drei Gräber die Nacht freilegten?
Er wusste nun, was er zu tun hatte. Er schlich um zwei weitere Grüfte in die Richtung des Jungen, sodass er nur noch gute zehn Meter von dem Bandenmitglied entfernt war. Dieser sah erleichtert aus. Er wollte wohl gerade umdrehen, um sich an die Arbeit zu machen. Doch Simon hatte andere Pläne mit ihm.
Er warf einen Stein hinten an der Gruft vorbei, der mit einem lauten Klacken auf etwas traf. Der Effekt war genau, wie er gehofft hatte. Der Bursche zuckte zusammen. Er konnte ihn zitternd tief ein- und ausatmen hören, als er sich in die Richtung des Geräusches drehte. Nachdem er sich ein paar Schritte dorthin bewegt hatte, um alles mit der Taschenlampe auszuleuchten, war Simon auch schon bei ihm. Er setzte ihm das Messer an die Kehle. Gerade so stark, dass sein Konkurrent die Klinge gut spürte. Dass dieser heftig zusammenzuckte, genoss Simon.
Er wollte nicht mit ihm reden, aber irgendetwas musste er tun, also nickte er in die Richtung, in der die anderen Bandenmitglieder waren. Der Junge verstand.
Sie mussten ein komisches Bild abgeben, dachte Simon, als die beiden sich langsam zur Mitte des Friedhofs bewegten. Der Junge war viel größer als er, und musste deshalb gebeugt laufen.
Er hatte ihm schon ein paar Schnittwunden am Hals zugefügt. Aber nur, weil dieser so stark zitterte. Als noch eine Reihe Gräber zwischen ihnen und der Mauer lagen, die ihm als Sichtschutz vor den restlichen Bandenmitgliedern diente, hielt er ihn an, um nachzudenken. Aber wie er alles auch wendete, sah er nur diese eine Möglichkeit. Er musste sein Revier verteidigen. Also ließ er die lange Klinge, mit der er sich für gewöhnlich rasierte, über die Kehle seines Opfers gleiten, während er ihm mit der linken Hand den Mund zuhielt. Simon hatte es sich immer genau so vorgestellt. Als würde man mit dem Auto einen Hydranten umfahren. Nur das diese Fontäne angenehm warm war.
Der Junge ging zu Boden und er ließ ihn erst mal dort liegen.
Sein Körper war jetzt voll mit Adrenalin. Trotz des plötzlich in ihm aufkommenden Tatendrangs ermahnte er sich ruhig zu bleiben. Er schlich sich zur Mauer und blickte vorsichtig auf die andere Seite. Der Arbeitende der beiden schaufelte an einem Grab, zwei Reihen von Simon entfernt. Der andere war immer noch außer Sicht. Er nahm seinen Klappspaten aus der Tasche und klappte ihn auf.
Dann schlich er sich an ihn an, indem er über die Gräber lief, die zwischen ihnen lagen. Die Friedhofserde verriet ihn nicht.
Der Räuber stand zur Hälfte in dem Loch, das er grub.
Zu laut wäre nicht gut gewesen, deswegen schlug er mit der spitz zulaufenden Seite zu. So, wie ein Golfspieler einen weiten Ball spielen würde. Nur, dass er statt einem Golfball den Hinterkopf seines Konkurrenten traf. Der Grabräuber brachte keinen Ton mehr heraus. Doch während er fiel, drehte er sich und sah Simon direkt in die Augen.
Alles, was er jetzt noch tun musste, war warten. Als Versteck diente ihm ein einfacher glatter Grabstein am oberen Ende des Ts, zwei Reihen von dem offenen Grab entfernt. Die Kühle am Rücken war angenehm. Und von dem Grabstein aus konnte man direkt in den Wald sehen. Ihm gefiel es, dort zu sitzen und an nichts zu denken. Sich einfach nur gut zu fühlen.
Er blieb an ihn gelehnt, während er den letzten der Bande näher kommen hörte und auch, als er dessen ersten Aufschrei hörte, als er seinen Kollegen in seinem Grab fand. Als er dann, den Namen des Jugendlichen rufend auch noch dessen Leiche fand, war sein Schrei wesentlich lauter. Interessant, dachte Simon, wie jemand jede Nacht Tote ausgraben konnte, und trotzdem beim Anblick eines solchen so erschrecken konnte. Und bevor er hinter seinem glatten Stein hervorgekommen war, hatte der letzte schon die Statue mit den gruseligen Augen in ca. 50 Metern Entfernung erreicht. Simon sah zu, wie er über den Parkplatz rannte, und lachte, als er begriff, dass dieser keinen Autoschlüssel hatte. Er glaubte fast, die Verzweiflung auf dem Gesicht des Grabräubers erkennen zu können, als dieser hastig zurückblickte.
Er grub weiter, wo der furchtloseste der Bande aufgehört hatte. Das Blut auf seinen alten Bluejeans und seinem Karo-Hemd vermischte sich mit der feuchten Friedhofserde. Als er sein letztes Grab geöffnet und geplündert hatte, warf Simon zuerst den langsamen und furchtlosen, und dann den Pickligen hinein. Er schaufelte es zu, und legte die Blumen wieder schön darauf.
Das alles tat er mit einem grinsen im blut- und dreckverschmierten Gesicht.
Dann packte er schnell seinen Rucksack und ging zu seinem Auto.
Er wusste, wo er hinmusste. Doch unterwegs hatte er noch etwas zu erledigen. Nach ungefähr drei Kilometern fuhr er ein gutes Stück rückwärts, bis die linken Räder das zweite Mal über das wohl nicht sehr sportliche letzte Bandenmitglied geholpert waren.

 

Hallo @Konne162, willkommen im Forum!

in deiner ersten Geschichte steckt durchaus Potenzial, aber so richtig gefallen hat sie mir nicht. Das größte Problem wird schnell deutlich: Du machst sehr viele Rechtschreibfehler, gerade bei der Kommasetzung. Ein paar Fehler werde ich dir zeigen, für den Rest solltest du unbedingt nochmal selbst über den Text lesen und nachkorrigieren.

Das Setting ist unverbraucht, Spannung kommt auch auf, aber nicht genug, um mich wirklich zu packen. Dafür fehlte mir eine konsistent nähere Erzählperspektive, die mich mehr mit dem Protagonisten mitfiebern lässt und die mehr gruselige, atmosphärische Details zeigt. Dafür ist doch das Friedhofsetting wie gemacht. Zeig doch mal, wie er so ein Grab aushebt, die goldenen Zähne aus den Kiefern reißt und so. Der Erzählton wirkt oft zu distanziert, zu tell-ig (Show, don't tell), dann gab es sogar eine Stelle, wo der Erzähler sich selbst und den Leser in eine Art erzählende Vogelperspektive holt. Solche Tell-Stellen sind auch die vielen erklärenden Bemerkungen in Klammern. Die kannst du mMn alle streichen.

Der grundlegende Plot um den Konkurrenzkampf der Grabräuber fand ich gut, wenn du das alles unmittelbarer und atmosphärischer zeigst, würde das der Geschichte gut tun.

Textkram:

Er stieg in seine alten Toyota. Er hatte ihn in einer Seitenstraße etwa einen halben Kilometer von dem Friedhof entfernt geparkt.
Unschöne Wiederholung. Wie wäre es mit: Er stieg in seinen alten Toyota, den er in einer Seitenstraße ...

Simon (von seinen Freunden(er hatte zwei)auch Simme genannt) schätzte das Risiko erwischt zu werden zwar nicht groß ein, aber ein bisschen Vorsicht schadete ja nicht.
Uff, Klammern in Klammern. Haben seine Freunde oder der Fakt, dass er auch Simme genannt wird, irgendeine Relevanz für die Geschichte? Ich hatte nicht den Eindruck und würde das einfach streichen.

Als er eine halbe Stunde später zuhause ankam[,] verteilte er seine Beute auf dem Esstisch.
Diese Kommafehler ziehen sich durch den gesamten Text. Wenn du mitten im Satz wie hier zwei Verben siehst, gehört da sehr wahrscheinlich ein Komma hin.

Es war ein kleiner Holztisch, den er umsonst von der Wirtschaft, zwei Ecken weiter, bekommen hatte und so sah er auch aus.
Ist vielleicht nicht falsch, aber ich hätte die Kommas umgestellt:
Es war ein kleiner Holztisch, den er umsonst von der Wirtschaft zwei Ecken weiter bekommen hatte, und so sah er auch aus.

Nachdem er sich eine Dose Ravioli auf der Herdplatte warm gemacht hatte[,] entschied er, dass er die Krawatte behalten würde. Er hatte zwar keinen Anzug[,] aber an seiner Wand sähe sie bestimmt hübsch aus.

Das traf zwar nicht wirklich zu, wenn er die Friedhöfe aufsuchte, auf denen die ärmsten lagen.
Ärmsten. Generell sind in der Geschichte viele Wörter wie substantivierte Adjektive klein geschrieben, die groß geschrieben werden müssten.

Aber man muss manchmal eben Flexibel sein.
flexibel

beim verlassen des Friedhofs
Verlassen

Er hoffte, dass diese Vorsichtsmaßnahme übertrieben war.
Auch ganz häufig, dass bei "dass" ein s fehlt. Manchmal auch das Komma davor.

Aber mit mehr als dem nötigsten arbeiten zu gehen[,] war Simons Erfahrung nach keine gute Idee.
Nötigsten

Das würde bestimmt 50€ bringen, dachte er…
bevor alles um ihn herum schwarz wurde.
Leerzeichen vor den Auslassungspunkten, wenn nicht nur Buchstaben, sondern Worte fehlen. Der Zeilenumbruch ist hier auch unnötig, ich würde den Satz einfach fortführen, und Euro ausschreiben:
Das würde bestimmt 50 Euro bringen, dachte er … bevor alles um ihn herum schwarz wurde.

Und: Als Plotpunkt kam mir das zu plötzlich. Es gab keine gruseligen Geräusche, die ankündigten, dass da noch jemand ist, er hat den Schlag ja anscheinend nicht mal gespürt. Das wirkt etwas so, als ob er einfach grundlos ohnmächtig wird. Diese Stelle hätte ich etwas detailierter beschrieben.

Das bedeutete, das er einen ziemlich heftigen schlag
Schlag.

Er fand einen Zettel, auf dem Stand, er solle sich verziehen.
Klein schreiben. Mir wird diese zentrale Stelle auch zu schnell und beiläufig abgehandelt. Stand dort, er sollte sich von diesem einen Friedhof verziehen? Oder sich von allen fernhalten? Hier muss der große Konflikt bereits anklingen. Mir fehlt hier auch die Androhung einer Konsequenz, was soll den passieren, wenn er es nicht tut?

Man muss an dieser Stelle vielleicht erwähnen, dass unser Grabräuber nicht die Möglichkeit hatte[,] einen normalen Beruf auszuüben, da er bei der Kündigung seines letzten „richtigen“ Berufes nicht gerade gute Zeugnisse bekommen hatte. Und mit nicht gerade gut meine ich hundsmiserabel.
Hier bringt sich plötzlich der Erzähler in die Geschichte ein. Das kann man natürlich machen, die Stelle ist schon etwas humorvoll, aber es passt nicht zum restlichen Erzählton und schafft nur Distanz zum Prot, wo eigentlich Nähe angebracht ist.

Kurz: er musste in vier Tagen aller spätestens wieder los.
Vorschlag: Kurz: Er musste allerspätestens in vier Tagen wieder los.

Okay also zeitlich Abstand gewinnen war der erste Schritt eines Planes.
Unnötige Füllwörter. Davon gibt es noch einige mehr im Text.

Als als er seine Vorräte aufgebraucht, Rechnungen bezahlt und keine Wahl mehr hatte[,] brach er auf.

Er stand also vor dem Friedhof

Also er gerade die Blumen und andere Verzierungen auf die Seite geschafft hatte[,] hörte er etwas.
Als

Man kann über unseren Grabräuber viele Dinge sagen, aber Glück hatte er nicht.
Wieder das Ding mit der Perspektive, diesmal wird auch noch der Leser einbezogen. Kannst du machen, aber du musst das dann auch konsequent im ganzen Text durchziehen. In dieser Geschichte wäre es aber besser, glaube ich, diese Stellen ganz zu vermeiden.

Der Kies knirschte unter ihren Füßen, und er hörte sie flüstern. Simon war sich jedoch nicht sicher, es konnte auch der Wind sein, der die Wipfel der umliegenden Bäume streifte.
Wenn er sie flüstern hört, schwingt da für mich kein Zweifel mit, das würde ich abschwächen, denn die Unsicherheit im zweiten Satz erzeugt auf jeden Fall Atmosphäre.

Da stand er nun[,] also mit einem Puls wie ein Pferd nach dem Galopp[,] hinter einer Gruft
In diesem Satz ist auch für mich schwierig zu erkennen, wie die Kommasetzung sein müsste, das ist nur ein Vorschlag.

Er sah die Kegel ihrer Taschenlampen an ihm durchziehen
an ihm vorbeiziehen?

Er wollte nicht mit dem ihm reden

Der junge Verstand.
Der Junge verstand. Meine Güte ;)

Als noch eine Reihe Gräber zwischen Ihnen und der Mauer lagen, die ihm als Sichtschutz vor den restlichen Bandenmitgliedern diente[,] schnitt er ihm die Kehle durch. Der Blutstrahl war unglaublich, und kam für ihn unerwartet.
ihnen, keine Höflichkeitsform. Dass er dort jemand kaltblütig ermordet, war für mich leider total unglaubwürdig, weil Simon bisher überhaupt nicht als Mörder rüberkam, sondern nur als Kleinkrimineller, der sich in einer schwierigen Zeit über Wasser hält. Damit diese Stelle funktioniert, musst du schon vorher im Text andeuten, wozu er fähig ist.

Und: Dass der Blutstrahl unglaublich ist, ist reines Tell, du solltest zeigen, warum er ihn für unglaublich hält.

Und bevor er hinter seinem glatten Stein hervor gekommen war, hatte der Überbliebene
hervorgekommen. Überbliebene hört sich seltsam an, ich würde einfach "der letzte" schreiben.

Sie hatten ihn wieder weghaben wollen.
Hört sich auch seltsam an, würde ich etwas anders formulieren.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo Catington,
vielen Dank für deine Kritik.
Das hilft mir wirklich unglaublich weiter.
Ich sehe jetzt viele Probleme und werde den Text vermutlich komplett überarbeiten.
Ersetze ich dann einfach die Geschichte durch die neue Version?

mit dankbarem Gruß
Konne

 

Hallo nochmal,

schön, dass du mit meinem Kommentar etwas anfangen konntest.
Unter deiner Geschichte gibt es links einen "Bearbeiten"-Button, damit kannst du den Text deiner Geschichte editieren.

Viele Grüße,
Catington

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom