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Thema des Monats Der Hunger der Spore

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01.06.2005
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Der Hunger der Spore

If I can touch it, I can destroy it,
If it's manageable to some degree, I can become it
Like a hungry vortex that just flickers to existence

Die Struktur wuchs.
Pflanze, Maschine: keines von beiden.
Vielfach verzweigte Rhizome bildeten sich im toten Sand. Nahmen die roten Silikate auf, integrierten sie in die Membranen.
Unterscheidung ist Teilung ist Reproduktion ist Leben.

Die tot-lebendige Struktur nahm-resorbierte nach dem Sand das Eis, uralte, gefrorene Monolithen am Pol des Planeten. Wasser und eingeschlossene Gase schmolzen nach Jahrmillionen plötzlich dahin. Unter starker Hitze.
Greise Prokaryoten, entfernte Vorfahren der Struktur, starben im heißen Siliziumoxid.

Die exothermen Prozesse verflüssigten den Sand und die Struktur trat hervor, überzog den Planeten wie ein Netz. Linien, als wäre die rote Kugel gesprungen, teilten seine Oberfläche in Polygone.

Eine Spore trennte sich von dem Netz. Olivfarbenes Ovoid gegen den orangen Himmel im kontinentengroßen Katapult. Fluchtgeschwindigkeit in einem Bruchteil der Umdrehung des Planeten.

Und da war die bunte Schwärze des Alls. Die Spore war allein, doch hatte sie kein Konzept davon, was das bedeutete. Die Trennung von der Struktur war perfekt, und so träumte sie den Traum des Lebens, das noch nicht ist.
Weit voraus war eine blaue Welt. Voller Silikate, voller Wasser. Voller Nahrung.

On the tip of a continuum flowing wavelike through disorder
Carry me like a vessel to water
(Bad Religion: Marked)

 

Hi Naut,

ein schönes Stimmungsbild hast du da gebaut.

Wasser und eingeschlossene Gase schmolzen nach Jahrmillionen plötzlich dahin. Unter starker Hitze.
(Flüssiges) Wasser und vor allem Gase schmelzen eigentlich nicht. Oder hab ich hier was übersehen? :hmm:

Jo. Die Idee des silizium- anstatt kohlenstoffbasierten Lebens finde ich richtig cool. Also, hat mir richtig gut gefallen, hätte nur gerne länger sein dürfen.

Viele Grüße!
Seaman

 

Hm, welcher Smilie würde am ehesten passen:

1. :confused:

2. :(

3. :susp:

Ich weiß nicht recht, was ich von dem Text halten soll. Eine Geschichte ist es mit Sicherheit nicht.
Eine philosophische Metapher auf Lebensformen, die einen Planeten durch Ausbeutung unbewohnbar machen und dann weiterziehen, um den nächsten zu besiedeln, dabei nur einem genetisch vorgegebenen Programm folgen und nicht die Möglichkeit haben, anders zu handeln?
Ich glaube, das ist schon ein bisschen zu oft dagewesen, als dass es mich aus dem Nickerchen reißen würde. Und siliziumbasierte Lebensformen sind mir in der SciFi schon so oft begegnet, dass ich von "cool" ganz bestimmt nicht mehr reden kann.

Wenn die Idee also nicht originell ist, kannst du dich nur noch auf die Umsetzung stützen. Und eine kleine poetische Hergangsbeschreibung genügt bei weitem nicht, um mich zu unterhalten. Auch wenn du noch so viele Fremdwörter und englische Songtextpassagen einbaust, bei derem Verstehen ich mir wahnsinnig schlau vorkommen kann.

Prokaryoten,

Ich meine, die heißen Prokaryonten, oder?

 

Hihi, ich sag's ja: Tritte, wenn man faul war.

Ich hab die Geschichte quasi als Entspannungsübung zwischen den anstrengenden Projekten geschrieben, insofern bin ich mit der "kleiner Happen"-Einschätzung einverstanden. Aber der Reihe nach:
- Wasser ist Wasser, egal in welchem Aggregatzustand. Herr Seemann hat aber Recht, dass das Bild ein wenig schief hängt, bloß fällt mir gerade nichts Besseres ein.
- Golio, um das Ding zu verstehen muss man nicht klug sein, bloß (mittelmäßig) belesen. Und das ist nur eine Funktion des Alters, also mach Dir nichts draus.
- Megabjörnie, eine Geschichte ist es mit Sicherheit. Es gibt ein Dilemma, dann einen Konfikt, einen Höhepunkt und ein offenes Ende, alles da ;) Ansonsten hast Du (was den Gehalt betrifft) natürlich Recht. Prokaryoten und Prokaryonten sind übrigens beide richtig, hab's extra nachgeschlagen.

Danke Euch,
Naut

 

Ich sag mal:

Ein schöner Prolog zu einer epischen Space Opera.

Kritiklänge propotional Textlänge :D

 

Eher ein Mittelteil, es ist nämlich die Fortsetzung zu - nein, verrate ich nicht ;)
Dank, proportional zur Kritiklänge :D

 

Hi Naut,
doch, das gefällt mir. Und auch, wenn ich nicht alle Worte hundertprozentig erklären könnte (Prokarydingsda), entsteht für mich ein deutliches Bild. Ich stimme mit Uwe überein, dass die Geschichte wie eine wissenschafts-poetische Einleitung wirkt. Von der Handlung her dürfte es ruhig noch weitergehen, sprachlich würde es mir in der Form auf Dauer zu unverdaulich werden. In der gewählten Kürze hat es aber eine gewisse stilistische Eleganz. Einzig hier würde ich ändern:

Die Spore war allein, doch hatte sie kein Konzept davon, was das bedeutete.

Gruß,

kira.

 

Danke auch Dir, kira.
Die Anregung habe ich integriert.
Ich verwende solche Bilder gern am Anfang einer Geschichte, weil das schöner ist als "Klaus saß auf dem Spielplatz.", aber sie funktionieren auch "stand-alone" ganz gut.

Grüße,
Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Naut,

bis auf "traeumte den Traum" (WIEDERHOLUNG!!!) sehr gelungen.

Bisschen ueberkryptisch, aber den Beweis gefuehrt, dass technisch-nat.wiss. Prosa poetisch sein kann.
Allerdings scheint mir die spezifische Chemie dieses Lebens nicht schluessig.
Denn Wasser reagiert nun mal kaum mit Silikaten.
Und ueber Sporenbildung wollen wir lieber nicht reden (es sei denn Du fuehrst hier ein neues Sporenkonzept ein - dann waere eine abgewandelte Bezeichnung angemessener).
Fuer alle "keine Story-Meckerer": Natuerlich gibt es einen (zugegeben: einfachen) Plot:
Entstehung von Leben.

Wenn Fehler ausgemerzt, dann Empfehlung.
Proxi

PS: Waere sehr gluecklich, wenn Zitate am Anfang und Ende doch bitte in Deutsch zu lesen waeren. Ausserdem bitte die deutsche Schriftkultur (die ja wohl fuer alles Zitate birgt) mehr verwenden.

 

Hallo Proxi,

Hmm. Anscheinend weißt Du mehr über Sporen als ich:

Wikipedia schrieb:
Eine Spore bezeichnet in der Biologie ein Entwicklungsstadium von Lebewesen, das ein- oder wenigzellig ist. Sporen dienen der ungeschlechtlichen Vermehrung, der Verbreitung, der Überdauerung oder mehreren dieser Zwecke zugleich.
Nach dieser (zugegeben populärwissenschaftlichen) Definition hielt ich meine Begriffsbildung für angemessen, vielleicht übersehe ich etwas.

Die Chemie der Lebensform hatte ich mir als eine Kombination von lebender Biologie und toter Technologie vorgestellt, daher braucht sie Silizium und Wasser, wenn auch nicht als Reaktiv. Du hast aber Recht, dass dies in diesem Teil nicht deutlich zutagetritt. (Ja, jetzt sag ich's: Das hier ist natürlich die Fortsetzung zu "Zwei Minuten Warnung".)

"traeumte den Traum" war Absicht. Ich finde, das klingt einfach hübsch, und für uns Bildungsbürger: Es ist eine Figura etymologica.

So, jetzt habe ich Deine ganze schöne Kritik kaputtgemeckert, dabei freue ich mich total, dass Dir der Rest gefiel! 'Tschuldigung. :shy:

Danke,
Naut

PS: Die Zitate zu übersetzen traue ich mir nicht so recht zu. Werde mich aber bessern, auch wenn es kaum gute deutsche Rockmusik gibt.

 
Zuletzt bearbeitet:

So, hier trotzdem eine (dilletantische) Übersetzung der Zitate:
Wenn ich es berühren kann, kann ich's auch zerstören,
Wenn es beherrschbar ist, so kann ich es meistern,
Wie ein hungrig' Wirbelsturm der nur flackernd existiert.
[...]
Auf dem Kamm des Kontinuums, wellengleich durch das Chaos,
trag mich wie ein Segelschiff (oder einen Krug) zum Wasser.

:)

 

Eine Spore bezeichnet in der Biologie ein Entwicklungsstadium von Lebewesen, das ein- oder wenigzellig ist. Sporen dienen der ungeschlechtlichen Vermehrung, der Verbreitung, der Überdauerung oder mehreren dieser Zwecke zugleich.
Exakt, aber meines Wissens (das ich auch bloss aus zweiter Hand habe) fliegen Sporen nicht von alleine los, geschweige denn auf erste kosmische Fluchtgeschwindigkeit. Dafuer hat die Natur Abschussvorrichtungen ersonnen, die in dem von Dir beschriebenen Entwicklungsstadium mindestens hoechst unwahrscheinlich sind.
Die Chemie der Lebensform hatte ich mir als eine Kombination von lebender Biologie und toter Technologie vorgestellt, daher braucht sie Silizium und Wasser, wenn auch nicht als Reaktiv.
Dann solltest Du das auch schreiben (wofuer brauchen Sie denn das Wasser? Zum Baden?)
"traeumte den Traum" war Absicht.
Es heisst: "Traeume den unmoeglichen traum" und ist von Konsalik. (*g*)
Ich finde, das klingt einfach hübsch, und für uns Bildungsbürger: Es ist eine Figura etymologica.
Neee, klingt doof, da kein sublimer Bezug.
Sorry.
So, jetzt habe ich Deine ganze schöne Kritik kaputtgemeckert, dabei freue ich mich total, dass Dir der Rest gefiel! 'Tschuldigung.
Dann habe ich jetzt Metagemeckert und, um ein bekanntes deutsches Lied zu zitieren; "freu Dich bloss nicht zu frueh..."
So, hier trotzdem eine (dilletantische) Übersetzung der Zitate:
Ist doch sehr huebsch.
Schiff (oder einen Krug)
Will ja nicht pingeln, aber vessel heisst genaugenommen SEGELschiff.
Proxi

 

Proproxilator schrieb:
Exakt, aber meines Wissens (das ich auch bloss aus zweiter Hand habe) fliegen Sporen nicht von alleine los, geschweige denn auf erste kosmische Fluchtgeschwindigkeit. Dafuer hat die Natur Abschussvorrichtungen ersonnen, die in dem von Dir beschriebenen Entwicklungsstadium mindestens hoechst unwahrscheinlich sind.
Dann solltest Du das auch schreiben (wofuer brauchen Sie denn das Wasser? Zum Baden?)
Gut, habe ich ergänzt. Die Abschussrampe ist auch da.
Es heisst: "Traeume den unmoeglichen traum" und ist von Konsalik. (*g*)
Der es auch geklaut hat, nämlich aus "The Man of La Mancha", bzw. Don Quixote.
Neee, klingt doof, da kein sublimer Bezug.
Gar nich doof! *wirft ein Backförmchen*
Will ja nicht pingeln, aber vessel heisst genaugenommen SEGELschiff.
Ja, Meister! Hab's verbessert.

:) Naut

 

[Kommt mir irgendwie bekannt vor] Ah, ähnlich wie die Zwei Minuten Warnung, nur schöner. Besonders die offene Perspektive am Ende finde ich ansprechend. Man kann sich vermutlich darüber streiten, ob das englische Zitat am Ende wirklich nötig ist oder vielleicht durch einen aussagekräftigen Satz ersetzt werden kann.
Das Ende macht auf jeden Fall neugierig: Wo geht es hin? Was passiert als nächstes?

 

HienTau schrieb:
Ah, ähnlich wie die Zwei Minuten Warnung, nur schöner.
:verbeug: Danke schön! :)
Wo geht es hin? Was passiert als nächstes?
Wer weiß? Kommt auf's nächste Monatsthema an ...

 

Sehr gelungen! Was die weitere Ausarbeitung angeht, da gibt es schon Varianten. Wobei sich beim Schreiben ja ähnlich wie in der Musik auch mit schon einmal dagewesenen Akkordfolgen sehr unterschiedliche und eigene Stücke erstellen lassen.

Kennst Du "Saat der Dämmerung" von Raymond Z. Gallun?
Beginnt folgendermaßen:

Zitat Anfang​

Es war eine Spore, mikroskopisch klein. Ihre harte Schale - resistent gegen die äußere Trockenheit des interplanetarischen Raums - barg eine winzige Menge Pflanzenprotoplasma. Dieses Protoplasma, fast auf den absoluten Nullpunkt abgekühlt, besaß im Augenblick keine Lebenssschwingung - nur ein grimmiges Potential, eine wilde Fähigkeit zur Wiederbelebung, die eine Herausforderung des Schicksals selbst war. Jahre trieb und tanzte die Spore ziellos zwischen den Bahnen von Erde und Mars zusammen mit Milliarden von anderen Sporen derselben Art. Bald zog die Schwerkraft der Sonne sie ein paar Millionen Meilen näher an die Umlaufbahn der Erde, bald zwangen starke magnetische Strahlungen von Solarwirbeln sie zurück auf ihre Ursprungswelt zu.

Zitat Ende​

Habe ich als Kind gelesen und ist mir gerade wieder eingefallen, weil Du - wie ich annehme unwissendlich - einen möglichen, großartigen Prolog dazu geliefert hast. Nachzulesen bei Isaac Asimov - Faszination der Science Fiction; 1985 Bastei Lübbe
Darin landet - wen wunderts - eine Spore irgendwo in der nordamerikanischen Kleinstadtidylle und wächst sich dort zu einer zu einer sehr akuten Bedrohung für die Homeland Security aus.
Die Sporen bei Gallun währen eventuell auch mit dem Thema des Monats Oktober vereinbar, geht es doch die ganze Zeit nur um Ausserirdische Nahrungsaufnahme. Das Sporengewächs ernährt sich nämlich von Planeten. Oder passt das dann doch nicht, weil Menschen hierbei in homeopathischer Dosis Bestandteil der Ausserirdischen Nahrungsmittel sind?

MfG

 

Hallo J.Zerbst,

danke für das Lob.
Ich hatte bisher nicht einmal von Raymond Z. Gallun gehört geschweige denn etwas von ihm gelesen. Mal sehen, ob ich die von Dir erwähnte Geschichte irgendwo auftreiben kann, man sollte ja seine Wurzeln kennen ...

"Nahrungsmittel Planeten" passt schon sehr gut zum Thema. Die Menschen sind dabei ja nur Nebeneffekt.

Grüße,
Naut

 

Stranger than Fiction!

Mehr kann ich dazu nicht sagen. :D

Nein, im Ernst, wie immer gelungen.
Für meinen Geschmack etwas zu kalt, was der Message aber keinen Abbruch tut.

Das Beste an dieser Geschichte ist, daß man genau merkt, daß du weißt, was du tust.

bg, LE

 

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