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Der Käfig

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23.03.2019
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Der Käfig

Er war hier zu Besuch. Jeden Tag wurde es ihm erneut klar. Er hatte hier eigentlich nichts verloren, das wusste er. Dennoch würde er bleiben, das musste er. Ihm blieb nichts anderes übrig. An den Ort von dem er kam, konnte er nicht zurück. Die Stadt, die ihn einst mit Vorfreude erfüllte, wenn er sich überlegte, wie sein späteres Leben dort aussehen konnte und die Enttäuschung, die er dort erlebte, Tag für Tag, über Jahre hinweg. Die Liebe die er geglaubt hatte, dort gefunden zu haben und welche ihm den Boden aus dem Bodenlosen geschlagen hatte. Er hatte keine Lust mehr gehabt auf das Leben dort, es hatte wie ein Egel an ihm gesessen. Es brauchte keine großen Kräfte, um fortzugehen und doch musste er seine letzten aufbringen, um diesen Schritt zu gehen. Nach einiger Zeit, in welcher er ziellos umherirrte, ließ er sich fernab von der Zivilisation auf einem Hof nieder. Er war noch nie dort gewesen.

Der alte Verwandte der hier lebte, kümmerte sich nicht um ihn. Er hatte trotz dessen anfangs den Eindruck, dass es den Bewohnern nicht gefiel mit ihm zu wohnen. Jener Verwandte verbrachte seine Zeit draußen, wo das wusste er nicht. Morgens wenn er aufstand, war das Haus bereits geleert und das blieb den Tag über so. Eines wusste er jedoch, es war seltsam hier, etwas an diesem aschfahlen Haus erzeugte bei ihm Beklemmung, sperrte sein Herz ein in einen kleinen Käfig. So fühlte es sich tagsüber an und so sah er es bei Nacht. Er blickte dann immer von außen auf sich herab und seine Brust konnte er nicht erkennen. Sobald er den Blick auf sie richtete, verschwamm das Bild vor seinen Augen. Einen Meter vor dem Körper pendelte der Käfig. Von links nach rechts und anschließend von rechts nach links und wieder zurück. Bewegt durch das rastlose Trappeln der Krallen auf dem eisernen Dach des Käfigs. Die schwarzen Augen des Tiers ließen ihn an Abgründe denken. So verging jede Nacht, das Trappeln auf dem Käfig, das metallene Klicken, vor dem er sich nicht retten konnte. Öffnete er dann furchterregt die Augen, so verschwand das Tier aus seinen Gedanken. Urplötzlich. Er verdrängte die Gedanken an den Traum und so fiel ihm bei Tag nicht ein, an das Tier zu denken.

Er öffnete die Fensterläden um die Landluft in die Kammer zu lassen. Er war es noch immer nicht gewohnt nicht in der warmen Sonne zu leben. Der kalte Hauch ließ ihn jeden Morgen frösteln und der kalte Schweiß verklebte auf seiner Haut. Sein Blick bei dem Öffnen der Läden galt jedoch nicht der Landschaft. Nicht dem Getreidefeld, das vor längerer Zeit hätte geerntet werden müssen und jetzt kalt in die umgebende hohe Graslandschaft schwappte. Er nahm das Draußen nicht wahr. Sein Blick war ins Innere gewandt, auch wenn er dort genau so wenig sah und dies noch von Tag zu Tag geringer wurde.
Er verfiel von Morgen zu Morgen immer mehr in eine Art Dämmerung. Sein Frühstück fiel von Morgen zu Morgen karger aus. Seine Kleidung wurde von Morgen zu Morgen größer und seine Umrisse die er in dem Wandspiegel im Bad sehen konnte, sahen immer stärker so aus, als wären sie durch Butterbrotpapier durchgepaust. Er nahm das Alles jedoch nicht wahr. Wie lange dieser Zustand anhielt? Er hätte es nicht sagen können, selbst wenn er sich gefragt hätte. Doch das tat er nicht, wie er sonst auch alles vernachlässigte. Von Nacht zu Nacht wurde der Käfig um sein Herz immer kleiner und es gab niemanden, der von außen die Tür hätte öffnen können. Es war niemand dort, noch nicht einmal jene, die keinen Schlüssel gehabt hätten.
Nach geraumer Zeit erwachte er wieder morgens. Etwas war anders, das war ihm klar. Er wusste nicht was war, oder was gewesen ist, aber er bemerkte den Unterschied. Das Tier war in der Nacht nicht aufgetaucht, sein Traum traumlos geworden, trotz der Bilder. Die Abwesenheit der Beklemmung ließ den Käfig um sein Herz immer enger werden, so dass es sich bei seinen Schlägen nun an das Gitter quetschte. Auch an diesem Tag nahm er nicht wahr, wie er sich auf die Veranda setzte. Starrte wie jeden Tag ins Nichts, den Kopf mit den grautrüben Augen auf die Gestalt ausgerichtet, die auf dem Feld stand. Als die Sonne grade ihren Zenit verlassen wollte, da veränderte sich sein Blick. Nicht Farbe, Form, Gestalt oder Aktivität. Er sah, ohne zu sehen. Nahm wahr, ohne wahrzunehmen. Und doch passierte etwas mit ihm. Ein Flüstern in seinem Kopf. Ein Gedanke nicht ganz. Begann Raum einzunehmen. Er bemerkte die Gestalt, welche sich nicht regte, höchstens durch den Wind in der Kleidung, und doch regte sie etwas. Sie war unnatürlich groß und unförmig und der Hut schaukelte in der jetzt windstillen Luft.

Ohne den Entschluss gefasst zu haben, ja ohne sich dessen Gewiss zu sein, schleppte er sich die Treppe hinauf. Nicht einem Ziel entgegen und doch war der Weg früh beendet. Er schloss die Läden, den Blick nicht von der Gestalt abwendend. Die Entfernung zum Feld war nicht gering und doch war es ihm in diesem Moment nicht weit genug weg. So entschied er sich um, ging auf die andere Seite des Flures, öffnete die Tür, die er noch nie geöffnet hatte. In diesem Raum waren die Läden ebenfalls geschlossen und so sah er die dicke Staubschicht nicht, die das Bett, den Schrank und den kleinen Tisch in der Ecke bedeckte. Er schob den Riegel vor die Läden. Verriegelte ebenso die Tür und verrammelte sie mit dem Schrank. Das Bett schob er in die Mitte des Raums, so weit wie möglich entfernt von Tür und Fenster. Schlief ein und als der Morgen kam, krächzte die Krähe auf der Scheuche und flatterte davon. Die Läden wurden nicht geöffnet. Das Herz pulsierte nicht mehr in dem Käfig, es fiel in der Nacht auf den Boden und löste sich dabei in mehrere Teile, so als wäre es nur durch die Enge des Käfigs noch zusammengehalten worden. Das Schwarze in der Mitte des Herzes war nun sichtbar. Es wird eine lange Zeit dauern, bis der Körper gefunden wird und bis dahin wird die Ursache des Todes nicht mehr aufklärbar sein. Ein Haus, dass für lange Zeit unbewohnt war. Ein von Innen verschlossener Raum. Ein Körper, der ohne direkte und ohne erkennbare äußere Einwirkung nicht mehr mit Leben gefüllt ist.

„Das ist deine Antwort auf das Rätsel mit einem geschlossenen Raum?“, werde ich gefragt. „Nein“, sage ich, „das ist sie nicht, aber es ist eine Antwort auf die Fragen, die viel zu selten ernsthaft gestellt und noch seltener ernsthaft beantwortet werden“.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Teiresias,

der erste Abschnitt ‚eiert’ für mein Empfinden ein bisschen hin und her. Es wirkt unruhig und sprunghaft, passt nicht zur Aussage, dass er seine letzten Kräfte ...

An den Ort K von dem er kam
Die Liebe K die er geglaubt hatte, dort gefunden zu haben und welche ihm den Boden aus dem Bodenlosen geschlagen hatte.
Hier, und im vorstehenden Satz fehlen für meinen Lesegeschmack die Verben. Dichterische Freiheit? Kein Problem. Aber das Kursive verstehe ich nicht.
trotz dessen anfangs
Keine gute Einheit, besser: trotz dessen hatte er anfangs

dass es den Bewohnern nicht gefiel K mit ihm zu wohnen.
Ich höre mal auf, fehlende Kommas anzukreiden. Das verwächst sich.

Morgens wenn er aufstand, war das Haus bereits geleert
Eine recht ungewöhnliche Formulierung. Man kann einen Papierkorb leeren, aber ein Haus?

Öffnete er dann furchterregt die Augen, ...
Die Furcht erregt ihn, okay. Dennoch wird üblicherweise ‚furchterregend’ wie ‚angsteinflößend’ verwendet.

Er war es noch immer nicht gewohnt nicht in der warmen Sonne zu leben.
Ein ‚nicht’ sollte verschwinden.

Sein Blick bei dem Öffnen der Läden
Geschmeidiger liest sich: beim Öffnen ...

Nicht dem Getreidefeld, das vor längerer Zeit hätte geerntet werden müssen und jetzt kalt in die umgebende hohe Graslandschaft schwappte.
Eine recht kühne Formulierung.

Er nahm das Draußen nicht wahr. Sein Blick war ins Innere gewandt, auch wenn er dort genau so wenig sah und dies noch von Tag zu Tag geringer wurde.
Das Draußen sieht er nicht, im Innern sieht er auch nichts – und das Nichts wird von Tag zu Tag geringer?
Er verfiel von Morgen zu Morgen ...
Das hakelt mit dem ‚von Tag zu Tag’. Doch beim Weiterlesen hakelt es noch mehr:
Sein Frühstück fiel von Morgen zu Morgen karger aus. Seine Kleidung wurde von Morgen zu Morgen größer.

Ach nee, liebe Teiresias – wer soll das denn lesen? Du schreibst, bislang Gedichte geschrieben zu haben; sicherlich beeinflusst das Deinen Stil.

Mein Problem mit Deinem Text ist der Eindruck, dass er völlig unausgegoren niedergeschrieben wurde. Ich hab auch keine Lust mehr, ihn zu Ende zu lesen.

Immerhin hab ich ihn noch überflogen. Mir ist das alles zu rätselhaft und versponnen.
Und der tag ‚Krimi’ ist keinesfalls gerechtfertigt.

Sei dennoch unverdrossen – meine Zuschrift ist nur mein ganz privates Empfinden und kann somit auch keine Wertung darstellen.

José

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Teiresias,

Die ersten beiden Absätze hinterlassen bei mir keinen guten Eindruck. Der erste Absatz ist extrem holprig mit vielen Doppelungen und unnötigen Sätzen, die den Lesefluss behindern. Diesen würde ich auf jedenfall noch einmal komplett überarbeiten.

Danach wird es zwar vom Lesefluss her etwas besser, begeistert bin ich aber immer noch nicht. Er enthält ziemlich viel vom Schema "X ist Y", statt X zu beschreiben. Es wirkt deshalb häufig als ob du hier einfach nur eine Idee niedergeschrieben hast, ohne dir große Gedanken über die Präsentation zu machen.

Meiner Ansicht nach würde es dem Text sehr gut tun, wenn du ihn noch einmal von Anfang bis Ende komplett durchgehst. Vielleicht auch mal mit verschiedenen Arten das Geschehen darzustellen experimentieren. Solche Sachen. Das ist jedenfalls, was ich an deiner Stelle tun würde.

Gruß,
Henrik

 

Hi @Teiresias

Willkommen bei den Wortkriegern!

Ich finde, Deine Geschichte hat einige Bilder, wo ich plötzlich aufhorche und denke: Wow! Da ist was los. Hier zum Beispiel:

Nicht dem Getreidefeld, das vor längerer Zeit hätte geerntet werden müssen und jetzt kalt in die umgebende hohe Graslandschaft schwappte.

Aber wieso muss ich aufhorchen? In meinen Augen sind das leider ein paar rar gesäte visuelle Perlen in einem Text, der ansonsten in vollkommener Unsichtbarkeit an mir vorbeischwappt. Der erste Absatz ist total unkonkret. Mir drängen sich lauter Fragen auf, die an dieser Stelle beantwortet werden sollten, um mich in die Geschichte reinzuziehen: Was für eine Stadt? Was ist da passiert? Warum ist er weggezogen? Und das Wichtigste: Wer ist "er"?

Das ist für mich als Leserin ein fundamentales Problem. Ich habe keine Ahnung, wer Dein Prot ist. Alles, wo es etwas persönlicher werden könnte oder – ich würde sogar sagen – müsste, zum Beispiel in seiner Vorgeschichte, zum Beispiel in dem, was ihn in dem neuen Haus so ängstigt, ist total ... wischiwaschi, so unkonkret, distanziert, allgemein gehalten, dass die gesamte Geschichte unsichtbar wird.

Das ist doch schade. Denn diese vereinzelten Perlen zeigen mir doch, dass Du eine sichtbare Geschichte schreiben könntest. Eine Freundin von mir sagt, dass es beim Geschichtenschreiben nicht um die Wörter geht. Es geht um die Bilder. Hier sind einige starke Bilder, aber der größte Teil des Textes zieht in einem Geplänkel, das wohl tiefsinnig klingen soll, dem es aber am konkreten Inhalt fehlt (oder der zumindest für mich nicht erkennbar ist), an mir vorbei.

Was hältst Du davon, eine Geschichte daraus zu machen, die vor meinem inneren Auge auch lebendig wird? Ich bin sicher, dass Du das schaffst. Um das, was ich jetzt hier so behaupte, nicht einfach nur zu behaupten, sondern auch an einzelnen Stellen im Text zu belegen, lege ich nochmal die Lupe drauf:

An den Ort von dem er kam, konnte er nicht zurück.

Komma vor "von".

Die Liebe die er geglaubt hatte, dort gefunden zu haben und welche ihm den Boden aus dem Bodenlosen geschlagen hatte.

Komma vor "die er geglaubt". Ich verstehe den Vorteil von "welche" gegenüber "die" übrigens nicht. Es ist länger, umständlicher und weniger geläufig. Aber vielleicht kannst Du mir den Vorteil erklären? :) Und hier geht es bei mir los mit dem, was ich sagte, über scheinbar Tiefsinniges: "den Boden aus dem Bodenlosen schlagen ..." Das klingt toll, aber: Was soll das bedeuten?

Selbst wenn sich mir irgendwann erschließen sollte, was es bedeuten sollte, denke ich, Du solltest Dir in der Zwischenzeit eine Sache bewusst machen: Ich habe "irgendwann" geschrieben. Das heißt, an dieser Stelle wird der Lesefluss unterbrochen, ich halte inne und denke: Hä?

Bei Gedichten mag das Innehalten sinnvoll sein. An Plottwists oder Enthüllungen in spannenden Geschichten mag das tatsächlich ein erfüllender Moment für mich als Leserin sein, in dem ich gerne Revue passieren lasse, was davor geschehen ist. Aber hier, am Anfang einer Kurzgeschichte, willst Du nicht, dass Deine Leser/innen aufhören zu lesen. Oder?

Zumal ich immer noch keine Ahnung habe, was das bedeuten soll. Auf mich wirkt es unnötig pathetisch und verrätselt.

Es brauchte keine großen Kräfte, um fortzugehen und doch musste er seine letzten aufbringen, um diesen Schritt zu gehen.

Hm, "und doch musste er seine letzten aufbringen", das klingt nicht so schön. Ich frage mich aber, wie Du das reparieren kannst. Vielleicht kannst Du das umschiffen: "Es bedurfte keiner großen Anstrengung fortzugehen, und doch musste er seine letzten Kräfte aufbringen." Ich ahne ja, dass Du die Dopplung der Satzstruktur irgendwie cool findest, aber mich stört gerade dieses "seine letzten aufbringen". Das klingt einfach nicht. Vielleicht findest Du eine bessere Lösung.

Nach einiger Zeit, in welcher er ziellos umherirrte, ließ er sich fernab von der Zivilisation auf einem Hof nieder.

Hier wieder ein "welcher". Bin gespannt auf den Vorteil Deiner Meinung nach. ;)

Der alte Verwandte der hier lebte, kümmerte sich nicht um ihn.

Also, das ist fernab der Zivilisation, aber das Haus ist voller Leute (scheinbar, ich denke, am Ende stellt sich raus, es ist nicht so, aber zu diesem Zeitpunkt denkt Dein Prot das)? Das ergibt nicht so viel Sinn für mich. Komma vor "der hier lebte".

Er hatte trotz dessen anfangs den Eindruck, dass es den Bewohnern nicht gefiel mit ihm zu wohnen.

Komma vor "mit".

Jener Verwandte verbrachte seine Zeit draußen, wo das wusste er nicht.

Komma vor "das". Schöner würde es wohl so aussehen: Jener Verwandte verbrachte seine Zeit draußen – wo, das wusste er nicht.

Nebenbei erwähnt: Warum hat Dein Prot eigentlich keinen Namen? Das würde sicherlich helfen, ihn sichtbarer zu machen. ;)

Eines wusste er jedoch, es war seltsam hier, etwas an diesem aschfahlen Haus erzeugte bei ihm Beklemmung, sperrte sein Herz ein in einen kleinen Käfig. So fühlte es sich tagsüber an und so sah er es bei Nacht.

Das "ein" kann weg. "sperrte sein Herz in einen kleinen Käfig." Passt doch. Hier ist so eine Wischiwaschi-Stelle, von der ich oben gesprochen habe. Diese Umgebung und dieses Gefühl sind ja total wichtig. Aber ich bekomme nur ein blumiges Bild (Herz im Käfig) und ein "es war seltsam hier".

Hier könntest Du (und ich denke, Du solltest) konkret werden: Was nimmt der Prot wahr? Er nimmt nicht wahr, dass etwas seltsam ist. Das ist Deine Interpretation von einer Wahrnehmung, die Du mir vorenthältst. So was wie: "Die Bodendielen knarrten, dabei war außer ihm niemand da. Es war seltsam hier." Ganz plump niedergeschrieben, aber Du siehst hoffentlich, was ich meine.

Auch das mit dem Käfig. Schönes Bild, aber wie fühlt sich das an? Das lässt Du dabei aus. Dabei ist das doch total wichtig, um mitzufühlen.

Er blickte dann immer von außen auf sich herab und seine Brust konnte er nicht erkennen.

Kann man auch von innen sich auf selbst blicken? :confused: Nicht wirklich, oder? Von daher ist das Wort "außen" hier doch irrelevant.

Einen Meter vor dem Körper pendelte der Käfig.

Hier bin ich überrumpelt. Was für ein Käfig? Warum baumelt der einen Meter vor dem Körper? Offensichtlich ist es nicht der gleiche Käfig wie der, von dem Du davor gesprochen hast ... Alles wird hier diffus und in diesem Sinne unsichtbar, verschwommen, unkonkret, nicht greifbar, nicht erlebbar. Das einzige, was passiert, ist, dass entweder meine Aufmerksamkeit nachlässt und ich anfange, Dinge zu überlesen, oder dass ich plötzlich innehalte, weil ich so verwirrt bin. Beides willst Du doch nicht, oder? Ein Lesefluss entsteht dadurch zumindest nicht bei mir.

Er öffnete die Fensterläden um die Landluft in die Kammer zu lassen.

Komma vor "um".

Er war es noch immer nicht gewohnt nicht in der warmen Sonne zu leben.

Das doppelte "nicht" wurde ja schon angesprochen. Das geht besser. Komma vor dem zweiten "nicht".

Sein Blick war ins Innere gewandt, auch wenn er dort genau so wenig sah und dies noch von Tag zu Tag geringer wurde.

Was? Er sieht nicht nach außen, also sieht er nichts, und im Inneren sieht er genauso wenig – folglich nichts –, und das wird dann auch noch weniger? Also, soweit ich weiß, kann man nicht durch 0 teilen.

Seine Kleidung wurde von Morgen zu Morgen größer und seine Umrisse die er in dem Wandspiegel im Bad sehen konnte, sahen immer stärker so aus, als wären sie durch Butterbrotpapier durchgepaust.

Komma vor "die er in dem". Ansonsten ist das auch eine schöne Stelle. Die mag ich. :thumbsup:

Er nahm das Alles jedoch nicht wahr.

"alles" klein, außer Du meinst wirklich das, genau jenes und kein anderes Alles. Am Nichts lässt sich das anschaulicher präsentieren: Er sieht nichts. Er sieht das Nichts.

Von Nacht zu Nacht wurde der Käfig um sein Herz immer kleiner und es gab niemanden, der von außen die Tür hätte öffnen können. Es war niemand dort, noch nicht einmal jene, die keinen Schlüssel gehabt hätten.

Also, okay, Du willst sagen, niemand kann die Tür öffnen, und es ist auch sonst niemand da. Aber nachdem ich gelesen habe: "noch nicht einmal jene, die keinen Schlüssel gehabt hätten", musste sich mein Gehirn erstmal viermal verknoten, um zu dieser doch recht simplen Erkenntnis zu kommen. Unser Ausdruck – das ist meine Meinung – sollte nicht komplexer sein als der Inhalt. Denn worin besteht der Sinn darin, einen einfachen Inhalt komplex auszudrücken? Das ist dann das, was ich "verschwurbelt" nennen möchte, weil es Komplexität lediglich vortäuscht.

Um konstruktiv zu werden, hier ein Gegenvorschlag: "Von Nacht zu Nacht wurde der Käfig um sein Herz immer kleiner und es gab niemanden, der von außen die Tür hätte öffnen können. Auch sonst war niemand dort."

Er wusste nicht was war, oder was gewesen ist, aber er bemerkte den Unterschied.

Komma vor "was war", Komma weg vor "oder". Wenn das "oder" zwei gleichgeordnete Sätze verbindet (und das sind ja dann zwei Nebensätze), wird kein Komma gesetzt.

Die Abwesenheit der Beklemmung ließ den Käfig um sein Herz immer enger werden, so dass es sich bei seinen Schlägen nun an das Gitter quetschte.

Also, die Beklemmung ist abwesend, und plötzlich wird der Käfig enger. Duden sagt: Beklemmung = Gefühl der Enge. Da stimmt also was nicht. Und da muss ich auch sagen, das ist ein generelles Problem, das ich mit vielen Sachen habe, die Du da schreibst: Das soll cool klingen, tut es erstmal auch, aber wenn ich genauer hingucke, ist es halt Blödsinn. Sorry, dass ich das so hart sage. Aber so wirkt es auf mich. Pseudo-intellektuell und verschwurbelt.

Warum schreibst Du nicht klare, wahre Dinge, echte Bilder, echte Emotionen? Es geht nicht um die Wörter. Es geht um die Bilder. Davon bin ich überzeugt, daraus ziehe ich als Leserin den wahren Genuss.

Begann Raum einzunehmen.

Komma vor "Raum".

Er bemerkte die Gestalt, welche sich nicht regte, höchstens durch den Wind in der Kleidung, und doch regte sie etwas.

"welche ..." :) "etwas regen", hm, das klingt falsch. Habe es nachgeschlagen, geht wohl. Aber Du könntest konkreter werden: Was ist denn "etwas"?

Ohne den Entschluss gefasst zu haben, ja ohne sich dessen Gewiss zu sein, schleppte er sich die Treppe hinauf.

Komma vor "ohne sich", "gewiss" wird klein geschrieben. Übrigens bin ich mir unsicher, ob "gewiss" das richtige Wort ist. Duden sagt gewiss = nach jemandes Meinung ohne Zweifel, mit Sicherheit. Das geläufige Wort in dem Zusammenhang, in dem Du "gewiss" benutzt, ist ja "bewusst". "Bewusstsein" und "Gewissheit" sind zwei unterschiedliche Wörter. Sie sind eindeutig nicht synonym.

So entschied er sich um, ging auf die andere Seite des Flures, öffnete die Tür, die er noch nie geöffnet hatte.

Guck mal, es gibt eine Tür, die er noch nie geöffnet hat. Mega interessant. Das macht mich neugierig. Warum nicht? Was ist los? Und danach verschwimmt die Geschichte wieder. Und ich verliere wieder den Faden.

Ein Haus, dass für lange Zeit unbewohnt war.

"das" statt "dass".

Ein von Innen verschlossener Raum.

"innen" klein.

und noch seltener ernsthaft beantwortet werden“.

Der Punkt kommt vor das schließende Anführungszeichen und nicht dahinter.

So, das waren die Kleinigkeiten. Ich hoffe, ich konnte Dir deutlich machen, wo mein Problem liegt: Die Geschichte lüftet an einzelnen Stellen den Vorhang auf eine beneidenswerte Kreativität des Autors/der Autorin (?), aber an den meisten Stellen liegt eben ein Vorhang über dem ganzen Geschehen. Du bleibst entweder unkonkret und oberflächlich oder verrennst Dich in Sprachspielereien, unter deren Oberfläche ich nichts erkenne, dass die Komplexität der Sprache notwendig gemacht hätte. Oder sogar Formulierungen, die in sich blödsinnig sind.

Ich hoffe, da ist was Nützliches für Dich dabei. Im Prinzip gilt natürlich, wie schon einer der Vorredner sagte: So habe ich persönlich den Text beim Lesen wahrgenommen. Das ist ganz subjektiv. Nimm Dir, was Du brauchst, und ignorier den Rest. Da ist was in der Geschichte, davon bin ich überzeugt. Es ist nur für mich noch nicht ganz sichtbar. Make it work!

Cheers,
Maria

 

Huhu @Teiresias

es ist eigentlich schon alles gesagt. Ich teile die Meinungen meiner Vor-Kommentatoren, aber ich habe mir ein paar Zitate beim Lesen gespeichert, die ich nun trotzdem besprechen möchte. :)

Insgesamt muss ich auch sagen: Da fehlt die Story. Es passiert so gut wie nichts. Im Prinzip zieht ein Mann aufs Dorf, öffnet ein paar Mal die Jalousien und stirbt dann. Der Rest ist seine Innenansicht, die aber leider nicht interessant genug ist, um mich als Leser bei Laune zu halten. :( Wie @TeddyMaria schon sagte, das schwurbelt alles so vor sich hin, nichts ist wirklich konkret und greifbar. Bei jedem zweiten Satz denke ich: Hä? Das darf natürlich nicht passieren. Also, du kannst selbstverständlich anspruchsvoll schreiben, sodass sich die Bedeutung nicht sofort erschließt. Das gelingt aber meist eher durch einen komplexen Inhalt und weniger durch eine sehr komplexe Sprache.

Er war hier zu Besuch. Jeden Tag wurde es ihm erneut klar. Er hatte hier eigentlich nichts verloren, das wusste er. Dennoch würde er bleiben, das musste er. Ihm blieb nichts anderes übrig. An den Ort von dem er kam, konnte er nicht zurück.

Allein dieser Absatz ist schon so ... kompliziert geschrieben. Du beschreibst keine Szene, keinen Protagonisten. Stattdessen lese ich einen fortlaufenden Strom seiner Gedanken. Das macht es mir sehr schwer, in den Text zu kommen und zu verstehen, wo ich mich befinde und wer da spricht (oder denkt).

Die Liebe die er geglaubt hatte, dort gefunden zu haben und welche ihm den Boden aus dem Bodenlosen geschlagen hatte.

Das klingt wie das Ende eines Buches. Wenn quasi die Handlung vorbei ist und der Prota noch einmal resümiert, was so vorgefallen ist.

Es brauchte keine großen Kräfte, um fortzugehen und doch musste er seine letzten aufbringen, um diesen Schritt zu gehen.

Das machst du sehr oft, erst etwas behaupten und dann sofort widerlegen. Braucht es nun Kräfte oder nicht?

Von links nach rechts und anschließend von rechts nach links und wieder zurück.

Das ist ... pardon ... Füllmaterial. :( Das klingt hart, aber es erfüllt einfach keinen Zweck, außer lang zu sein.

Er war es noch immer nicht gewohnt nicht in der warmen Sonne zu leben.

Wenn du die Möglichkeit hast, etwas einfacher zu formulieren, schreib es immer einfacher. Warum nicht: »Er musste sich an die Kälte gewöhnen.« Da steckt alles drin, was du sagen willst. ;)

Er verfiel von Morgen zu Morgen immer mehr in eine Art Dämmerung. Sein Frühstück fiel von Morgen zu Morgen karger aus. Seine Kleidung wurde von Morgen zu Morgen größer und seine Umrisse die er in dem Wandspiegel im Bad sehen konnte, sahen immer stärker so aus, als wären sie durch Butterbrotpapier durchgepaust.

Ich weiß, das ist eine gewollte Wiederholung als Stilmittel, aber dreimal hintereinander wirkt es wie ein Fehler und sticht sofort hervor.

Das Tier war in der Nacht nicht aufgetaucht, sein Traum traumlos geworden, trotz der Bilder.

Hier ist es wieder. Ein traumloser Traum. Sei vorsichtig mit solchen paradoxen Bildern, die scheinen auf den ersten Blick sehr literarisch und deep zu wirken, aber sie sind meist eher kitschig. Vor allem nerven sie den Leser, wenn sie sich häufen. Traumlose Träume. Schlafloser Schlaf. Das sagt nichts aus. Manchmal funktionieren solche Bilder, wie die bekannte: "Ohrenbetäubende Stille". Aber die ist auch schon ziemlich ausgelutscht. ;)

Die Abwesenheit der Beklemmung ließ den Käfig um sein Herz immer enger werden,

Das verstehe ich Null! :) Wieso lässt die Abwesenheit seiner Beklemmung den Käfig enger werden? Das macht keinen Sinn.

Er sah, ohne zu sehen. Nahm wahr, ohne wahrzunehmen.

Naja, siehe oben. ;)

Er bemerkte die Gestalt, welche sich nicht regte, höchstens durch den Wind in der Kleidung, und doch regte sie etwas.

Merkst du, wie oft du das gemacht hast? ;) Aber hier passiert was. :)

Es wird eine lange Zeit dauern, bis der Körper gefunden wird

Wieso ist er am Ende nun gestorben? Vielleicht hab ichs auch einfach nicht verstanden, kann auch sein. ;) Wie dem auch sei, ich finde auch, das du ein paar schöne Formulierungen in deinem Text hast, das bedeutet, du kannst schon schreiben. Versuche aber, das was du sagen willst, über Aktion und Reaktion von Charakteren zu beschreiben ... und weniger über innere Monologe und Gedanken. Das wirkt meist spannender, intensiver ... und man hat als Leser auch noch Denkarbeit zu leisten (die sich aber bewerkstelligen lässt!) :)

Go, go! :bounce:

Viele liebe Grüße, PP

 

Danke an alle, die jetzt zu meiner Geschichte was geschrieben haben.
Ich kann nahezu alle Kritikpunkte verstehen die von euch aufgeführt werden. In den kommenden Tagen werde ich jetzt mich noch einmal an den Text setzen und ihn gründlich überarbeiten. Mit dem was ich erzählen will bin ich zufrieden nur an der Umsetzung muss ich wohl noch arbeiten.
Es wurde vielfach aufgeführt, dass ich versuche zu literarisch und zu viele abstrakt Formulierungen unterzubringen. Das kommt wohl daher, dass ich vorher tatsächlich nur Gedichte geschrieben habe und mich jetzt erst langsam an die Kurzgeschichten herantaste.

Ich werde eure Kommentare nutzen um zu schauen, ob ich vielleicht noch mehr aus der Geschichte machen kann, als sie momentan ist.

Grüße T.

 

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