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Der letzte Tag

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11.04.2020
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Anmerkungen zum Text

Ein Text zum aktuellen Zeitgeschehen und einen Verbeugung vor einem der ganz großen der Weltliteratur. Ich freue mich auf konstruktive Kritik und Hilfe, den Text besser zu machen.

Der letzte Tag

Heinz Kasupke wachte auf. Das Morgenlicht, das durch das Fenster schien, war noch schwach, ließ ihn aber schon Konturen erkennen: den großen Schrank am Fußende, links daneben den Tisch mit den drei Stühlen. Er wusste, wo er sich befand und das beruhigte ihn. Heinz richtete sich auf. Der Rücken brannte, der Schmerz nahm ihm die Luft. Wie das eben so ist.
Mühsam rutschte Heinz Richtung Bettkante, um seine Beine schließlich quälend langsam auf den Boden gleiten zu lassen. Erst das linke, dann warten, bis das Stechen in seiner Leiste nachließ, dann das rechte.
Jetzt saß der alte Mann am Bettrand und stützte seine Arme auf die Knie. Das half ihm dabei, tief durchzuatmen. Heinz rang nach Luft, seine dunkelviolett gefärbten Lippen nahmen nur zöglich einen gesünderen Ton an. Lange konnte er so aber nicht sitzenbleiben, weil seine Beine anschwollen, wenn er die Strümpfe nicht trug. Er hasste die Strümpfe. Vor allem hasste er es, dass er die Dinger nicht allein anziehen konnte.

Er wollte gerade mit dem Fuß nach seinem Pantoffel angeln, als ihn eine junge Stimme von der Seite ansprach: "Wenn du auch weggehst, bin ich der letzte Mohikaner hier. Was soll ich denn alleine machen?"

Heinz blickte zu seinem Freund Gustav hinüber, sah in seine glänzenden, jungen Augen und schaute dann nach unten. Sie saßen beide auf einem dicken Ast, vielleicht drei Meter über dem Boden. Heinz ließ seine Beine baumeln und spürte den kalten Westwind, wie er über seinen Pelzkragen hinweg hinunter in den Rücken kroch.
"Du weißt, dass ich keine andere Wahl habe. Wir fahren morgen nach Dresden zu Verwandten. Mutter sagt, dass es jetzt sein muss. Der Russe rückt schon auf Danzig vor."
"Dresden ist aber auch nicht sicher. Das sind doch nur dreihundert Kilometer von hier, Heinz! In Friedeberg wird es schon nicht so schlimm werden. Die marschieren doch in die großen Städte ein und lassen uns links liegen." Sein Freund hatte Tränen in den Augen. Heinz wusste, dass auch Gustav nicht bleiben konnte.
"Maikäfer, flieg! Der Vater ist im Krieg", fing Heinz leise an zu singen. "Der Gustav bleibt in Pommerland. Und Pommerland ist abgebrannt."

"Du bist ein Blödmann, Kasupke!", hörte er seinen Freund noch sagen, dann war Heinz wieder in seinem Zimmer im Seniorenstift St. Josef. Er stand neben seinem Bett, hatte seine Pantoffeln an. In gebückter Haltung schlurfte der Alte in Richtung Tür. Man würde ihn wieder ins Zimmer scheuchen, weil er nur seine Boxershorts anhatte. Auch, weil es viel zu früh war. Doch nichts interessierte ihn weniger als die Uhr.

Denn die Zeit war kaputtgegangen, zerbrochen in tausend Stücke.

Seit seinem Schlaganfall vor drei Jahren konnte Heinz zwischen den Scherben springen - hin und her. Nicht willentlich, es passierte einfach so. Meist war er dann in Pommern, saß am Küchentisch und malte etwas. Bilder für die Front, Panzer, auch Blumen. Seine Mutter kochte hinter ihm, oder bügelte. Manchmal sprang er in die 60er zu Gerda und den Kindern. In die glücklichen Jahre.
Aber auch an Gerdas Grab stand er oft, hörte immer wieder dieselbe Rede des Pfarrers, spürte wie die Hand seiner Tochter seinen Rücken streichelte.
Es war in der Woche nach Gerdas Beerdigung gewesen, als Heinz aus dem Küchenfenster das Licht im Garten bemerkte. Hell war es gewesen, grell und bunt.
Seitdem war er oft wieder da, stand im Garten und starrte ins Licht. Er sah, wie die kugelrunden Dinger aus dem Nichts erschienen. Sie hatte weder Arme noch Beine und brauchten diese auch nicht. Ihre Körper waren schwarz und glatt, Augen fehlten genauso wie Ohren; ihre Stimmen hörte Heinz in seinem Kopf. Er kannte sie jetzt und fürchtete sich nicht mehr vor ihnen, denn sie verstanden die Welt, und sie bedauerten ihn dafür, dass er es nicht mehr tat.
Die Wesen erzählten ihm, was passieren würde und sie lachten mit ihm, wenn er sich darüber wunderte. Friedlich waren die Kugeln, freundlich und klug.
Heinz wusste seitdem, wann es mit der Erde zu Ende ging, kannte das Datum, die genaue Uhrzeit. Doch die Wesen würden ihn abholen, bevor die Menschheit zu Grunde ging.

Als Heinz die Tür öffnete, in den Flur schlurfte und sich auf den Weg zum Aufenthaltsraum machte, wusste er auch, dass heute genau dieser Tag gekommen war.

Doch jetzt stand er im Dunkeln. Es roch nach verbranntem Holz, neben ihm schluchzte ein Mädchen. Heinz befand sich in einem Keller in Dresden und lauschte dem Dröhnen, Poltern und Rumpeln über ihm. Es war der fünfzehnte Februar 1945, der letzte Tag der Bombennächte. Seit vielen Stunden hockten die Bewohner der Liliengasse 13 hier unten eng aneinander gequetscht, um sich ein bisschen Wärme zu spenden. Sie warteten darauf, dass der Feuersturm endete, oder das Leben. Heinz war es gleich, Hauptsache, es endete.
Seine Mutter war zwei Tage zuvor von ihm gegangen, nachdem sie wochenlang mit hohem Fieber im Bett lag. Heinz hatte kalte Umschläge auf ihre Stirn gelegt, ihr Wasser mit einer Schnabeltasse eingeflößt, sie mit Suppe gefüttert, für sie gebetet. Den Typhus hatte er damit nicht besiegen können.
Nun stand er im Keller mit zittrigen Knien und wartete auf seinen eigenen Tod. Wie das eben so ist.

Ein greller Schmerz durchzog sein linkes Bein. Er stöhnte leise. Der Alte hatte sich an einer kleinen Kommode gestoßen, dem einzigen Möbelstück in diesem langen Flur. Seine Neuropathie verstärkte schon kleinste Berührungen ins Unerträgliche. Tränen liefen seine Wange herunter, doch er humpelte weiter zum Aufenthaltsraum. Leise, ganz leise. Niemand sollte ihn hören, vor allem nicht die Nachtschicht. Aber die Gefahr war geringer als früher. Seitdem die Pflegerinnen diese Mundtücher trugen, sah er sie immer seltener. Sie mieden ihn. Vielleicht ahnten sie, dass er der einzige Wissende war.
Es war viel ruhiger geworden in letzter Zeit, denn es kamen keine Besucher mehr. Doch für Heinz selbst hatte sich dadurch nicht viel geändert. Seine Enkel besuchten ihn nur sehr selten, einmal im Jahr, vielleicht auch seltener, und anderen Besuch bekam er nicht. Wer sollte auch kommen? Monika, seine Tochter, war schon fünf Jahre tot – der Brustkrebs hatte sie dahingerafft. Und Peter, sein kleines Peterle, sah er auch nur, wenn er sprang. Er wollte nicht daran denken, zu bedrückend waren die Jahre nach dem Unfall gewesen. Selbst hatte er nur einen Beckenbruch erlitten, der längst ausgeheilt war. Doch die eigentliche Wunde saß höher, viel höher, und klaffte tief wie eh und je.
Der Aufenthaltsraum war verwaist. Es war noch sehr früh und die Bewohner durften ihn nicht mehr benutzen. Man sagte ihnen, dass es für sie zu gefährlich sei. Doch in Wahrheit fürchteten sie sich alle nur vor dem eigenen Tod. Warum hatten sie so große Angst, wenn sie es doch nicht ändern konnten? Und was konnte er dafür, dass die Wesen ihn ausgewählt hatten und niemanden sonst? Er hatte sie nicht eingeladen; sie waren doch ganz von allein gekommen.

Heinz Kasupke stand jetzt wieder in seinem Garten, blickte ins bunte Licht. Er musste die Augen zukneifen, so grell war es. Durch die Schlitze konnte er die runden Wesen sehen, wo vorher nichts war. Sie versuchten es ihm zu erklären, sagten, sie wären schon immer da. Menschen glaubten an Zufälle und Bestimmung, an Ursache und Wirkung, dabei gäbe es das alles nicht. Heinz schüttelte den Kopf und schwieg. Nur die Kugeln schienen zu wissen, wie es wirklich war.

Der Alte blickte sehnsüchtig zur Ausgangstür. Sie würde verschlossen sein - zwecklos, es zu versuchen, doch er hatte schon einen anderen Plan. Langsam schlurfte er zum Fenster neben der Kaffeemaschine. Der Aufenthaltsraum befand sich im Souterrain, deshalb konnte er den kleinen Weg hinter dem Haus durch das Fenster auf halber Höhe sehen. Er musste es nur irgendwie aushebeln und sich durchquetschen. Ja, das wäre alles.
Bevor er sich ans Werk machte, zog er noch eine Decke von einem der Tische ab und legte sie sich über die Schulter. Es würde kalt sein da draußen, er brauchte etwas, um seinen nackten Oberkörper zu bedecken. Dann kippte er das kleine Fenster an und versuchte mit seinen durch Arthrose verkrümmten Fingern den Sicherungsstift des Halteschiene zu ertasten. Seine Hand zitterte stark, aber er konnte den Stift schließlich reindrücken und dadurch die Schiene lösen. Vorsichtig legte er das Fenster auf dem Sims ab, schob einen Stuhl heran und hievte sich mit seinem linken Schienbein auf die Sitzfläche. Es fühlte sich an, als kniete er auf einem Nadelkissen, Heinz ließ sich jedoch nicht beirren. Mit aller Kraft zog er das rechte Bein nach, beugte sich zur Fensteröffnung und klammerte sich mit beiden Händen am Fensterrahmen fest. Dann schob er seinen Kopf durch die Öffnung, danach die Schultern, erst die rechte, dann die linke. Der Stuhl begann gefährlich zu kippen, doch er musste sich noch weiter abdrücken.

Heinz Kasupke lag jetzt auf dem Boden des Kellers in Dresden, versuchte sich zu rühren, aber es gelang ihm nicht. Die Steine, die von der Decke gekommen waren, hatten ihn nicht direkt getroffen. Er hatte Glück gehabt. Auch der Staub begann sich zu legen und er konnte wieder freier atmen. Er lauschte ins Dunkel hinein. Nichts. Kein Schreien mehr, kein Stöhnen, noch nicht einmal leise Atemzüge konnte er hören. Er war jetzt allein. Das Mädchen, dessen Hand er noch hielt, war tot, wie all die anderen im Raum. Wie das eben so ist.

Der Stuhl vor dem Fenster kippte um, doch Heinz hatte noch genug Schwung nehmen können, um bis zur Hüfte ins Freie zu rutschen. Der Alte stützte sich mit den Händen auf dem kalten Betonboden auf und versuchte, seine Schultern nach vorn zu drücken. Quälend langsam hob sich sein Oberkörper. Jetzt konnte er mit Ruckbewegungen seine Hüfte und danach seine Oberschenkel nachziehen.
Erschöpft lag der Greis vor der Westfront des Hauses und rang nach Luft. Das Tischtuch lag neben ihm, die Shorts hingen in seiner Kniekehle. Seine Arme zitterten, doch Heinz fror nicht.

Denn Heinz war in Berlin und er war immer noch wütend auf Gerda. Sehr wütend sogar. Sie hatte ihr gemeinsames Sparbuch aufgelöst und das Geld einem fremden, jungen Mann gegeben. Er hätte ihr versprochen, es wieder zurückzugeben. Der Mann wollte doch nur seine Kinder vor dem Verhungern bewahren, hatte sie ihm gesagt. Doch das hier war zu viel, das schlug dem Fass den Boden aus. Heinz stand in der Küche ihrer Neubauwohnung in Marzahn und blickte auf die Herdplatte. Die verformte Plastikschüssel lag daneben und qualmte. Der Rauch war beißend, es stank erbärmlich. So konnte es nicht weitergehen. Gerda war nicht mehr die alte, sie lebte jetzt zu oft in ihrer eigenen Welt und Heinz konnte immer seltener zu ihr durchdringen. Etwas musste geschehen. Heinz öffnete das Fenster und atmete die frische Frühlingsluft ein. Heute war wohl der Tag gekommen, an dem er sich von ihr trennen musste. Seine Tochter hatte ihm schon oft angedroht, dass sie etwas unternehmen würde, auch gegen seinen Willen. Heinz hatte sich bisher erfolgreich gewehrt, wollte Gerda nicht ins Heim abgeben. Sie war doch alles, was er noch hatte. Irgendwann musste es aber sein.

Langsam kam der Alte wieder zu Kräften. Er zog seine Beine an, verlagerte seinen Schwerpunkt nach hinten und konnte so seinen Oberkörper aufrichten. Dann griff er sich die Decke, rutschte auf den Knien zur Hauswand hin und stütze sich an ihr ab, um sich unter Schmerzen aufzurichten.
Die Decke legte er wieder um seine Schultern, zog auch seine Shorts so gut es ging nach oben und machte sich auf den Weg. Nach fünf Minuten erreichte er die Hauptstraße des Dorfes. Er sah die Menschenschlange vor dem einzigen Bäcker des Orts. Nichts Ungewöhnliches an einem Morgen, doch etwas war seltsam: Die Leute beäugten sich misstrauisch und standen zu weit voneinander entfernt. Wie gleichpolige Magneten erschienen sie ihm. Heinz nickte wissend. Die Menschen würden verrückt werden, kurz bevor es zu Ende ging. Er sollte sich nicht wundern, das hatten ihm die Wesen gesagt.
Mit gebeugtem Oberkörper schlurfte er an den Wartenden vorbei, wurde langsamer, blieb stehen. Dann drehte er sich um und blickte in alarmierte Gesichter.

Verblüfft wich er einen Schritt zurück, zog die geblümte Tischdecke fester um sich. Lockerte dann seinen Griff.

Das faltige Gesicht des Alten verzog sich zu einem Lächeln, seine Augen leuchteten jetzt vergnügt.

"Lebt wohl", krächzte er, "Und mach euch keine Sorgen um mich."

Wie das eben so ist.

 

Hei @Abigail Rook :read: !

Zu Anfang möchte ich Anmerken, dass ich mit dem Thema eher weniger vertraut bin. Daher kann ich auf historische komponenten deines Textes nicht eingehen. Ich sehe hier eine Anspielung auf WW2 Geschehen und meine einzige Lektüre auf dem Gebiet war "Damals war es Friedrich" .. oder so. Trotzdem versuche ich mich mal an einer Kritik, das Thema sollte ja eig. egal sein wenn es gut erzählt ist, vielleicht ist ja etwas nützliches dabei für dich.

Heinz Kasupke wachte auf. Das Morgenlicht, das durch das Fenster schien, war noch schwach, ließ ihn aber schon Konturen erkennen: den großen Schrank am Fußende, links daneben den Tisch mit den drei Stühlen.
Der erste Satz ist in Ordnung. Den zweiten Satz finde ich allerdings ziemlich lang. Ich finde auch, dass das eine müde und langweilige Aufzählung ist. Der alte Kasupke verbringt ja noch einen Moment in diesem Zimmer und da kannst du, so finde ich jedenfalls, die Szene deutlich schmackhafter einführen. Wähle hier gerne mehr "Show". Mache eine paar Punkte. Natürlich kann es so abstrakt sein, aber das muss es wirklich nicht.

Er wusste, wo er sich befand und das beruhigte ihn.
Den Satz fand ich inhaltlich merkwürdig :susp:.
Denn in der Regel weiß man doch, wo man sich befindet! Das gleiche gilt für deinen Protagonisten. Ich kann auch als Leser davon ausgehen, dass dein Protagonist weiß wo er selbst ist, ohne dass du mir das in den Mund legst. In der Regel würde ich es eher erwähnen, wenn es genau anders herum wäre, also wenn dein Protagonist nicht wüsste, wo er ist.

Und ich hätte hier wieder das "Show" gewählt. Menschen können auf vielerlei verschiedener Art und Weise zeigen, ob ihnen etwas bekannt vorkommt oder nicht. Da sind Gefühle, Gerüche, Geschmack, nostalgische Erinnerungen und so weiter ...

Heinz richtete sich auf. Der Rücken brannte, der Schmerz nahm ihm die Luft. Wie das eben so ist
Und hier meine Fragen. Wie ist das denn so? Wenn der Rücken brennt, wie heiß genau ist das Feuer? Ist die Flamme blau? Wird die Bettwäsche auch brennen? Hier wäre ein Vergleich oder ähnliches sinnvoll, um dem Leser die Art des Schmerzes, also das "Brennen" besser näher zu bringen. Ich sehe gerade wortwörtlich einen brennenden Rücken und wunder mich, wie der Heinz die Flammen nicht bemerken kann.

Ich hätte an der Stelle auch wieder eher das "Show" gewählt. Vor allem geht es ja hier um die hochachtungsvollen und Stimmung schaffenden Schmerzen des Protagonisten. Das mit "wie das eben so ist" zu übergehen .. nun .. dünnes Eis, sehr dünnes Eis, finde ich. Da geht mehr!

Mühsam rutschte Heinz Richtung Bettkante, um seine Beine schließlich quälend langsam auf den Boden gleiten zu lassen. Erst das linke, dann warten, bis das Stechen in seiner Leiste nachließ.
Aha, es geht weiter mit einer Bettkante und noch mehr Schmerzen!

Dann das rechte. Geschafft.
Da sind zwei Ellipsen, richtig? Ich mag vollständige Sätze mit Prädikat. Da sollte der Erzähler konsequent sein, vor allem wenn in der dritten Person erzählt wird. Falls du es hier stilistisch eben genau ohne Verb machen wolltest, dann finde ich, liest sich das irgendwie nicht so. Ist ein stark subjektiver Eindruck natürlich. Hat eventuell auch etwas damit zu tun, dass ich nicht einschätzen kann wie üblich Ellipsen in dieser Art des Textes sind. So richtig Stimmungsvoll vermitteln die das Thema jetzt aber nicht.

Jetzt saß der alte Mann am Bettrand (...)
Das wissen wir schon. Hat die Wiederholung einen tieferen Sinn, den ich nicht erkennen kann?

(...) und stützte seine Arme auf die Knie.
Aha! Aber müsste das nicht noch mehr weh tun? Bei den ganzen Rücken- und Leistenschmerzen müsste der Schmerz doch voll in die Beine ausstrahlen. Seine Knie müssten doch genau so zerstört sein, wie der Rest seines Körpers?

Das half ihm beim tief durchatmen, denn seine Lungen gierten nach Sauerstoff.
Lungen, die nach Sauerstoff gieren :hmm: !
In einer krassen Actionszene, mit einem stark angezogenem Spannungsbogen, kann man das sicher mal bringen. Aber so einfach hier rein geknallt. Ich finde das ist zu platt, weil es so unfreiwillig zugespitzt wirkt, wo Nichts zu zuspitzen ist. Ich weiß, es ist schwer zu akzeptieren, aber man stelle sich vor, alte Männer auf Bettkanten atmen tatsächlich!

Es würde sinnvoller erscheinen, wenn der alte Mann zu wenig Sauerstoff bekommen würde. Wenn er nicht tief durchatmen könnte und eventuell sich noch beim husten verschluckt, rot anläuft und in Panik gerät, wegen seiner unregelmäßigen Atmung. Auch immer gut sind ekelhafte Atemgeräusche aus den ewigen Tiefen der Lunge eines alten Menschen.

Lange konnte er so aber nicht sitzenbleiben, weil seine Beine sofort anschwollen, wenn er die Strümpfe nicht trug. Er hasste die Strümpfe. Vor allem hasste er es, dass er die verdammten Dinger nicht allein anziehen konnte.
Realistisch! Und der Alte ist eindeutig ein Pflegefall. Ein wunder, dass der noch lebt! Aber das lässt unseren lieben Erzähler völlig kalt. Stattdessen bekommen wir eine Zuspitzung des Erzählers vorgesetzt:

"(...) die verdammten Dinger (...)"

Ist das wirklich steigernd für die Spannung? Haut mich das jetzt vom Hocker?
Ich fürchte leider nein :( ! Es klingt einfach nicht. Ohne Zuspitzung wäre das Detail mit der Socke besser herüber gekommen, da der Fokus der Geschichte ja nicht auf der Socke liegt, sondern beim Heinz.

Der Greis verlagerte sein ganzes Gewicht auf den rechten Arm (...)
Oha ... :confused:
Ach was, Schmerzen sind etwas für Anfänger :cool: !

(...) und tastete mit dem linken nach der Tablettenbox auf dem Nachtschrank neben ihm.
Schon klar, der Heinz erkennt dahinten im Zimmer, ich zitiere:

"(...) den großen Schrank am Fußende, links daneben den Tisch mit den drei Stühlen (...)"

.. aber seinen Nachtschrank direkt vor seiner Nase zu erkennen, das ist völlig unmöglich. Da muss man(n) dann auch blind rumtasten. Der Nachtschrank wäre mir übrigens bereits am Anfang aufgefallen, wegen der Nähe zum Bett.

(...) Mit einem Scheppern landete sie auf dem Boden.
Oh yeah :dozey: !
Leider hat man das schon einige Sätze vorher kommen sehen.

Er wollte gerade mit dem Fuß nach ihr angeln, als ihn eine junge Stimme von der Seite ansprach: "Wenn du auch weggehst, bin ich der letzte Mohikaner hier. Was soll ich denn alleine machen?"
Verdammt, dieser alte Mann ist ein Held. Kann sich kaum bewegen vor Schmerzen, aber ist feinmotorisch genug um nach der Tablettenbox mit dem Fuss zu angeln. Du siehst den Logikfehler, oder?

Den Übergang finde ich aber ziemlich Stimmungsvoll, so mit dem Ansprechen von der Seite und gleich ab ins Geschehen.

So das reicht jetzt aber auch!

// ---

Ich habe die Geschichte bis zum Ende durchgelesen. Ich muss sagen, von der Story her ist das schon irgendwie fast wie zehntausendmal gehört oder gesehen, so mit dem Alten Mann, seiner Liebe, dem Unfall, Heim, die Rückblicke auf Erlebtes etc.

Mega cool fand ich allerdings, wie du die Rückblicke mit dem jetzigen Geschehen verbunden hast und das die Übergänge relativ fließend waren. Da ist viel Potential und das solltest du dir eventuell für die nächste Story mitnehmen. Die Rückblicke hätten jedoch deutlich Stimmungsvoller sein können, was unter anderem an der Art und Weise liegt, wie du die Szenen aufbaust.

Was mir überhaupt nicht gefallen hat sind die Beschreibungen. Und hier braucht man auch gar nicht so weit lesen, denn bereits der Anfang hinkt, finde ich. Es fängt schon mit deinem zweiten Satz an. Und damit versaust du dir eigentlich den ganzen Text. Die Einführung in die Szene ist schon am Anfang nicht gelungen, siehe meine Kommentare oben. Du sagst mir immer und immer wieder wie ich mir alles vorzustellen habe. Aber das will ich gar nicht! Ich will es mir selber vorstellen dürfen. Es gibt viele Stellen an denen du in Erwägung ziehen solltest, lieber das "show" zu wählen, nach dem Motto "show don't tell". Hier im Forum natürlich ständig erwähnt wie Sand am Meer aber sehr zutreffend auch für deine Geschichte. Der besagten Thematik kam ich jedenfalls nicht sehr nahe und das alles lässt mich genau so kalt wie deinen Erzähler. Mache den Text mehr lebendig.

Mir hat auch nicht gefallen wie du deine Absätze gestaltet hast. Viele Absätze empfinde ich tatsächlich als zu kurz. Andere Absätze wurden gemacht, wo evtl. keine hätten sein sollen, inhaltlich versteht sich. Dadurch war dein Text schwierig zu lesen, was unschön war.

Liebe Grüsse,
Tio

 

Hallo @Abigail Rook

ich schlage vor, dass Du nur zwischen den unterschiedlichen Zeitebenen Leerzeilen einfügst und ansonsten normale Zeilenumbrüche ohne Leerzeilen verwendest. Den Zeitsprüngen ist ohnehin nicht einfach zu folgen, da solltest Du es nicht zusätzlich erschweren.

Grüße!
Kellerkind

 

@ltilo
vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
Ich kann viele deiner Kritikpunkte nachvollziehen, sehe einiges aber auch als Geschmackssache an. Die distanzierte Erzählweise ist mir wichtig. Hier würde ich ungern etwas ändern. Es ist eine Vonnegut-Hommage und so erzählt der Gute nun mal. Was mir nicht gelang, ist seinen leicht spöttischen Einschlag zu imitieren. Vielleicht ist das sogar sein wichtigsten "Stilelement".
Das "Show-don't-tell"-Mantra wird sehr gern überstrapaziert. Liest man viel, wie ich und sicher auch du, weiß man, dass das sehr stilabhängig ist. Es gibt brillante, "tell"-lastige Erzähler.

Den Satz fand ich inhaltlich merkwürdig :susp:.
Denn in der Regel weiß man doch, wo man sich befindet
Die Merkwürdigkeit des Satzes hier ist gewollt, wie du sicher im Lauf der Geschichte bemerkt hast. Demente Patienten haben Orientierungsprobleme.

Da sind zwei Ellipsen, richtig? Ich mag vollständige Sätze mit Prädikat. Da sollte der Erzähler konsequent sein, vor allem wenn in der dritten Person erzählt wird.
Geschmackssache, aber ich gebe dir recht. Etwas mehr Distanz wäre gut.

Lungen, die nach Sauerstoff gieren :hmm: !
In einer krassen Actionszene, mit einem stark angezogenem Spannungsbogen, kann man das sicher mal bringen.

Vielleicht etwas überzogen formuliert, aber weit weg von unrealistisch. Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz bekommen starke Atemnot, wenn sie sich vom Liegen aufrichten. Viele sitzen Minuten (!), bis sie wieder einigermaßen ruhig atmen können.

Ein wunder, dass der noch lebt! Aber das lässt unseren lieben Erzähler völlig kalt.
Das ist gewollt.

Es klingt einfach nicht. Ohne Zuspitzung wäre das Detail mit der Socke besser herüber gekommen, da der Fokus der Geschichte ja nicht auf der Socke liegt, sondern beim Heinz.
Da gebe ich dir recht. Nehme ich raus.

aber seinen Nachtschrank direkt vor seiner Nase zu erkennen, das ist völlig unmöglich. Da muss man(n) dann auch blind rumtasten.
Nun, eine Frage der Blickrichtung, oder? Den Nachtschrank neben dem Kopfende sieht man nicht. Aber vielleicht nehme ich den Nachtschrank-Tabletten Part komplett raus. Ist etwas plakativ.

Verdammt, dieser alte Mann ist ein Held. Kann sich kaum bewegen vor Schmerzen, aber ist feinmotorisch genug um nach der Tablettenbox mit dem Fuss zu angeln. Du siehst den Logikfehler, oder?
Sehe ich nicht. Die Feinmotorik hat damit nicht viel zu tun. Da steht ja auch nicht, dass sein Versuch erfolgreich war. Aber wie gesagt, die Tabletten-Episode kann weg. Ich lass ihn nach den Pantoffeln angeln...

Ich habe die Geschichte bis zum Ende durchgelesen. Ich muss sagen, von der Story her ist das schon irgendwie fast wie zehntausendmal gehört oder gesehen

Geht mir bei fast allen Stories so. Das liegt am vielen Lesen ;) Bei dieser Geschichte lag mein Fokus auf dem Erzählstil eines meiner Lieblingsautoren. Der ist sehr eigen und lässt Geschichten, die man "schon tausend mal gehört hat" anders wirken. Dich hat es offenbar nicht überzeugt, das habe ich deinem Kommentar entnommen.

LG,
Abi


Hallo @Kellerkind
stimmt, danke. Habe versucht, es so zu ändern.

 

Heisånn, ich nochmal!


Es ist eine Vonnegut-Hommage und so erzählt der Gute nun mal.
Wirklich? Ich hab' mir mal die Leseprobe von Kurt Vonnegut - Schlachthof 5 als Reference angeschaut (https://www.rowohlt.de/fm/131/Vonnegut_Schlachthof.pdf).

Da ist schon ein ganz deutlicher Unterschied zu sehen. Der Erzähler ist viel natürlicher und auf der Höhe des Lesers. Dein Text seh' ich da noch nicht.

Die distanzierte Erzählweise ist mir wichtig.
(...)
Das "Show-don't-tell"-Mantra wird sehr gern überstrapaziert. Liest man viel, wie ich und sicher auch du, weiß man, dass das sehr stilabhängig ist. Es gibt brillante, "tell"-lastige Erzähler.
Stilabhängig hin oder her, wer kennt schon den Unterschied zwischen Physik und Philosophie? Richtig, eine Frage der Perspektive. Und deine Erzählperspektive ist todlangweilig. Dein Text ist schwierig zu lesen und man muss sich übermäßig zwingen, weiter zu lesen. Deine Art von "Tell" zaubert nicht das notwendige Bild in den Kopf.

Eventuell könntest du Überlegen, die Handlung zu beschleunigen und viele Details wegzulassen. "Tell" passt immer ganz gut für Absätze, wo schnell viel Zeit vergeht und wenig Details erzählt werden. Wenn du an die Leseprobe rankommen willst, dann solltest du eventuell überlegen, wo du stark verkürzen kannst, so als ersten Schritt.

Den Satz fand ich inhaltlich merkwürdig :susp:.
Denn in der Regel weiß man doch, wo man sich befindet
Die Merkwürdigkeit des Satzes hier ist gewollt, wie du sicher im Lauf der Geschichte bemerkt hast. Demente Patienten haben Orientierungsprobleme.
Ja, aber wenn du schon "tellen" willst, dann schreib das doch genau so direkt?!?
Und Kritik zu relativieren mit, "im Lauf der Geschichte ..." oder "später ist doch .. " ist immer doof. Der Leser liest das ja von Vorne und da ist das eben nicht klar, wer dein Prot. ist und was der so alles hat. Und wenn du (er Autor) mir (dem Leser) das erst erklären musst ...

Lungen, die nach Sauerstoff gieren :hmm: !
In einer krassen Actionszene, mit einem stark angezogenem Spannungsbogen, kann man das sicher mal bringen.
Vielleicht etwas überzogen formuliert, aber weit weg von unrealistisch. Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz bekommen starke Atemnot, wenn sie sich vom Liegen aufrichten. Viele sitzen Minuten (!), bis sie wieder einigermaßen ruhig atmen können.
Der Alte hatte aber keine Atemnot? Auch hier wieder, wenn du "tellen" willst, dann schreib das doch genau so, wie du es hier in deinem Kommentar geschrieben hattest.

aber seinen Nachtschrank direkt vor seiner Nase zu erkennen, das ist völlig unmöglich. Da muss man(n) dann auch blind rumtasten.
Nun, eine Frage der Blickrichtung, oder? Den Nachtschrank neben dem Kopfende sieht man nicht. Aber vielleicht nehme ich den Nachtschrank-Tabletten Part komplett raus. Ist etwas plakativ.
Reden wir über einen kleinen Nachtisch oder einen großen Schrank? Ich habe einen riesigen, dünnen Nachtschrank mit Spiegeltür gesehen.

Verdammt, dieser alte Mann ist ein Held. Kann sich kaum bewegen vor Schmerzen, aber ist feinmotorisch genug um nach der Tablettenbox mit dem Fuss zu angeln. Du siehst den Logikfehler, oder?
Sehe ich nicht. Die Feinmotorik hat damit nicht viel zu tun. Da steht ja auch nicht, dass sein Versuch erfolgreich war. Aber wie gesagt, die Tabletten-Episode kann weg. Ich lass ihn nach den Pantoffeln angeln...
Nein! Und hier dein erstes fettes Schild:

:dagegen:

Es macht deinen Protagonisten unglaubwürdig. Ja, Menschen mit Demens machen merkwürdige Dinge, aber das würde ich so nicht darstellen. Und gerade bei einer zusätzlichen Herzinsuffizienz, Atemnot und schwerem Atmen ist die Feinmotorik stark gestört. Dazu kommt das Degenerative der Demens. Deswegen leiden diese Menschen ja auch an starker Selbstüberschätzung und müssen vor sich selbst beschützt werden. Und du vermittelst das nicht nicht genug um Text. Das Angeln nach Tabletten oder Pantoffeln .. tja .. es bringt mir das ganze irgendwie nicht nahe, denn wie du schon sagtest => Es gelingt ihm nicht. Und das solltest du dann auch schreiben! Direkt und kalt!

Gruss
Tio

 

Hi @Abigail Rook,

in die Diskussion um deinen Erzählstil möchte ich jetzt nicht unbedingt von der Seite reingrätschen, deshalb hier erstmal ein paar kleine Dinge, die mir aufgefallen sind:

Sie warteten darauf, dass der Feuersturm endete, oder das Leben. Heinz war es gleich, Hauptsache, es endete.
Fand ich eine sehr starke Stelle. Sehr pessimistisch, sehr fatalistisch. Wie das eben so war!

Und Peter, sein kleines Peterle, sah er auch nur, wenn er sprang.
Das versteh ich nicht so ganz. Peter ist sein Enkel, nehme ich an. Warum sieht er diesen nur, wenn er springt?

Der Schmerz war unerträglich, Heinz ließ sich jedoch nicht beirren.
"Unerträglich" ist so ein Wort, das man gerne benutzt, ich weiß. Aber da Heinz es ja schafft, trotzdem weiterzumachen, ist der Schmerz eben doch erträglich. Weißt du, was ich mein? "Unerträglich" ist ein verdammt starkes Wort. Außerdem ist es sehr subjektiv, da jeder Mensch andere Grenzen des Ertragbaren hat. Beschreib den Schmerz lieber kurz und präzise. Er war ja schließlich im Krieg, da fänden sich doch bestimmt treffende Vergleiche.

Mit gebeugtem Oberkörper schlurfte er an uns Wartenden vorbei,
Hier geschieht ein unvermittelter Perspektivenwechsel. Warum? Das reißt mich total raus. Es hat für mich an dieser Stelle keinen Mehrwert, als Leser erhält man dadurch keine neuen Informationen über den Protagonisten oder die Situation. Dass ein geistig verwirrter, alter, kranker Mann in Unterhose und Tischdecke zu Zeiten von Corona aus dem Seniorenheim ausbricht, hab ich auch so verstanden. Ich war zuvor sehr nah dran an deinem Protagonisten, schieb mich nicht am Ende wieder weg von ihm!

Wie von meinem Vorredner schon erwähnt, gefällt mir sehr gut, wie organisch du die Rückblenden in die Geschichte einbaust, das ist echt klasse. Die Handlung ist an sich natürlich eher dünn, aber das hat mich jetzt nicht unbedingt gestört, da ich gar nicht auf eine Pointe gewartet habe, sondern nur bemüht war, mich in den Alten einzufühlen. Das gelingt mir insgesamt, vor allem durch die Flashbacks, ganz gut. Die eigentliche Handlung könntest du tatsächlich mitunter noch etwas plastischer schildern und weniger beschreibend.

Insgesamt eine leicht zu lesende Geschichte, über die man jetzt zwar nicht noch ewig nachdenken muss, die einem aber trotzdem ein bedrückendes Bild vermittelt.

Schöne Grüße
PtG

 

Hallo @ltilo,
vorweg, bevor wieder der Eindruck entsteht, ich sei kritikresistent. Einige deiner Anmerkungen habe ich überdacht und die betreffenden Stellen im Text angepasst. Vielen Dank dafür!

Aber ein paar Kommentare habe ich trotzdem noch:

Wirklich? Ich hab' mir mal die Leseprobe von Kurt Vonnegut - Schlachthof 5 als Reference angeschaut (https://www.rowohlt.de/fm/131/Vonnegut_Schlachthof.pdf).

Da ist schon ein ganz deutlicher Unterschied zu sehen. Der Erzähler ist viel natürlicher und auf der Höhe des Lesers. Dein Text seh' ich da noch nicht.

Wäre ja noch schöner, wenn mir das sofort gelänge ;) Slaughterhouse V ist Weltliteratur. (solltest du übrigens lesen, das ist wirklich gut)

Eventuell könntest du Überlegen, die Handlung zu beschleunigen und viele Details wegzulassen. "Tell" passt immer ganz gut für Absätze, wo schnell viel Zeit vergeht und wenig Details erzählt werden. Wenn du an die Leseprobe rankommen willst, dann solltest du eventuell überlegen, wo du stark verkürzen kannst, so als ersten Schritt.
Ich werde versuchen, deine Empfehlung umzusetzen.

Der Alte hatte aber keine Atemnot? Auch hier wieder, wenn du "tellen" willst, dann schreib das doch genau so, wie du es hier in deinem Kommentar geschrieben hattest.
habe ich jetzt.

Reden wir über einen kleinen Nachtisch oder einen großen Schrank? Ich habe einen riesigen, dünnen Nachtschrank mit Spiegeltür gesehen.
Der Schrank ist raus, aber es war ein kleiner Nachttisch gemeint. Im Krankenhäusern heißen die Nachtschränke (zumindest bei uns in der Gegend), aber egal, raus ist raus.

Und gerade bei einer zusätzlichen Herzinsuffizienz, Atemnot und schwerem Atmen ist die Feinmotorik stark gestört. Dazu kommt das Degenerative der Demens. Deswegen leiden diese Menschen ja auch an starker Selbstüberschätzung und müssen vor sich selbst beschützt werden. Und du vermittelst das nicht nicht genug um Text.

Und hier für dich ein "Dagegen". Ich habe Medizin studiert und die Neurodegeneration ist sogar ein wichtiger Teil meines Fachgebiets. Eine HI stört die Feinmotorik nicht und Demenz hat sehr viele Formen, dass aber alle Dementen an Selbstüberschätzung leiden ist schlicht falsch.
Heinz hat eine Multiinfarktdemenz, vermutlich mit hippocampaler Beteiligung, was seine zeitliche Orientierung und sein Gedächtnis beeinträchtigt. Aber das nur als Hintergrundinfo - ist nicht wichtig. Wichtiger ist, dass die Geschichte auf die aktuelle Deprivatisation von Alten und Pflegebedürftigen in den isolierten Heimen hinweist. Solche Veränderungen können zur Dekomensation der dementiellen Symptomatik führen. Deshalb büxt Heinz aus.

LG

Hallo @PleasureToGrill
vielen Dank auch dir, dass du meine Geschichte kommentierst!

Das versteh ich nicht so ganz. Peter ist sein Enkel, nehme ich an. Warum sieht er diesen nur, wenn er springt?
Nein, sein Sohn. Ein paar Sätze vorher wird erwähnt, dass er mit "Gerda und den Kindern" die glücklichsten Jahre hatte. Monika ist gestorben, das weiß der Leser nun. Es muss also mindestens noch ein Kind geben. Ist das hier zu unklar formuliert? Dann ändere ich es noch.

Aber da Heinz es ja schafft, trotzdem weiterzumachen, ist der Schmerz eben doch erträglich
Da hast du recht. Ich ändere das Wort ab.

Hier geschieht ein unvermittelter Perspektivenwechsel. Warum? Das reißt mich total raus.
Ja, der Perspektivwechsel... Ich hatte ihn noch viel deutlich drin und habe ihn schon abgeschwächt. So richtig wollte ich nicht darauf verzichten, aber vielleicht wirkt er auch nicht so gut, wie ich dachte.
Ich überlege es mir ;)

Die Geschichte sollte ein bisschen berühren, ohne zu sehr kitschig zu werden. Wenn du das so empfunden hast, dann scheint es zumindest bei dir funktioniert zu haben ;)

Und dass du sie leicht lesen konntest, freut mich auch. Andere hatten große Schwierigkeiten und mussten sich stark konzentrieren. Jeder Jeck is anners..

LG,
Abi

 

Hallo @Abigail Rook und auch von mir: Willkommen im Forum!

eine interessante Geschichte hast du da geschrieben, hat mir gefallen, auch wenn ich eine andere Gewichtung der Handlung besser gefunden hätte:

In der Gegenwart beschreibst du sehr detailiert, fast schon ausschweifend, die körperlichen Gebrechen des Prots und die Mühe, die er mit jedem Schritt seiner Flucht aus dem Pflegeheim hat. Das nahm so viel Raum in der Geschichte ein, dass es mich ehrlich gesagt etwas gelangweilt hat, immer wieder zu lesen, wie physisch anstrengend das alles für ihn ist. Das ist dem Leser doch relativ schnell klar, hier hätte ich mir etwas weniger Redundanz und mehr Tempo gewünscht. Klar, das ist kein Action-Thriller, es geht um einen alten Mann, aber ich hoffe du verstehst, was ich meine.

Im Kontrast dazu fand ich die Rückblenden viel interessanter, gerade die vermeintliche Erklärung um die Zeitsprünge und die Wesen, an derer Existenz Heinz nicht zweifelt, der Leser aufgrund der unzuverlässigen Perspektive hingegen schon. Das ist gut gelöst. Dann verlieren diese Rückblenden aber leider den Detailgrad der Rahmenerzählung und verfallen häufig ins Tell.
Da finde ich es unwesentlich, welcher andere Autor mit welchem Erzählstil welche tolle Sachen macht. Ich kommentiere hier nur diese Geschichte, wie sie im Forum steht, und finde, mehr Details in den Rückblenden und weniger in der Gegenwart, würden ihr gut tun. Nur meine Meinung.

Etwas Textkram:

Das half ihm beim tief durchatmen.
Das half ihm beim tiefen Durchatmen, oder: Das half ihm dabei, tief durchzuatmen.

Er wollte gerade mit dem Fuß nach seinem Pantoffel angeln, als ihn eine junge Stimme von der Seite ansprach: "Wenn du auch weggehst, bin ich der letzte Mohikaner hier. Was soll ich denn alleine machen?"
Wunderbare Überleitung. Generell fand ich die Zeitwechsel gut gelöst.

Denn die Zeit war kaputtgegangen, zerbrochen in tausend Stücke.

Seit seinem Schlaganfall vor drei Jahren konnte Heinz zwischen den Scherben springen - hin und her.

Schön!

Wie das eben so ist.
Das wird mir im Text viel zu häufig wiederholt. Es würde stärker wirken, wenn es etwas sparsamer als Akzent eingesetzt werden würde, finde ich.

Das Mädchen, dessen Hand er noch hielt, war tot, wie all die anderen im Raum.
Das hätte ich etwas subtiler verpackt. Er lässt die Hand los und sie fällt zu Boden oder so was.

Dann drehte er sich um und blickte in mein alarmiertes Gesicht.
Da habe ich nicht ganz verstanden, wer dort der neue Erzähler ist und warum der Perspektivwechsel überhaupt stattfindet.

Viele Grüße,
Catington

 

Okay ich tatsächlich nochmal!

vorweg, bevor wieder der Eindruck entsteht, ich sei kritikresistent.
Nein, das wollte ich gar nicht behaupten. Das ist falsch herüber gekommen, Entschuldigung dafür :)!
Da du schön aufgesprungen bist, wollte ich nur meine Kritik vertiefen.

Reden wir über einen kleinen Nachtisch oder einen großen Schrank? Ich habe einen riesigen, dünnen Nachtschrank mit Spiegeltür gesehen.
Der Schrank ist raus, aber es war ein kleiner Nachttisch gemeint. Im Krankenhäusern heißen die Nachtschränke (zumindest bei uns in der Gegend), aber egal, raus ist raus.
Aha! Das ist jetzt eine sehr gute Erkenntnis für dich als Autor. Bin ich ein verpeilte Leser oder ist der Text vielleicht nicht so herüber gekommen, wie du es wolltest? Das Fazit ziehen überlasse ich dir. Mir ging es ja nur darum, den Text zu reflektieren und das scheint bei dir ja supi angekommen zu sein. Das muss nicht bedeuten, dass du gleich Details streichen musst, bitte nicht Falsch verstehen, aber ja, da kann man durchaus kürzen wenn es dir auf's "tell" ankommt. Ich würde es nicht streichen, sondern nur umschreiben. Die Umgebung beschreibst du, und da geht wie schon vorher angemerkt, mehr!

Und hier für dich ein "Dagegen". Ich habe Medizin studiert und die Neurodegeneration ist sogar ein wichtiger Teil meines Fachgebiets. Eine HI stört die Feinmotorik nicht und Demenz hat sehr viele Formen, dass aber alle Dementen an Selbstüberschätzung leiden ist schlicht falsch.
Heinz hat eine Multiinfarktdemenz, vermutlich mit hippocampaler Beteiligung, was seine zeitliche Orientierung und sein Gedächtnis beeinträchtigt. Aber das nur als Hintergrundinfo - ist nicht wichtig. Wichtiger ist, dass die Geschichte auf die aktuelle Deprivatisation von Alten und Pflegebedürftigen in den isolierten Heimen hinweist. Solche Veränderungen können zur Dekomensation der dementiellen Symptomatik führen. Deshalb büxt Heinz aus.
Oh, das ist ein fettes Dagegen gegen mein Dagegen! Aber nach kurzem google befragen durchaus wohl angemerkt. Aber in deiner Geschichte war das nicht so toll rausgearbeitet, dass ich jetzt einen Eindruck von dem ganzen bekommen habe. Ich bin eben nur ein doofer Bioinformatiker im Lab. Dieses knowhow kannst du beim Leser nicht voraussetzen, da würde ich schon in die Materia einführen, was ja keine Schande wäre ...

... denn ist dir etwas aufgefallen?

Du kannst dein Kommentar oben, etwas abgewandelt natürlich, direkt so in deine Geschichte einbauen. Das ist fast exakt der Stiel von deinem Kurt Vonnegut.

Ich bin gespannt, einfach auf bearbeiten drücken und den alten Text mit dem neuen ersetzen!

Gruss
Tio

 

Hallo @Catington
vielen Danke fürs Lesen und deine Kommentare!

Das half ihm beim tiefen Durchatmen, oder: Das half ihm dabei, tief durchzuatmen.
geändert, danke.

Da habe ich nicht ganz verstanden, wer dort der neue Erzähler ist und warum der Perspektivwechsel überhaupt stattfindet.
ja, der Perspektivwechsel wurde schon kritisiert. Ich werde ihn entfernen.

Das wird mir im Text viel zu häufig wiederholt.
Ist der berühmte Chorus von Vonnegut (so it goes), aber ich werde es an einigen Stellen rausnehmen. Du hast recht.

Danke nochmal für die Hilfe!
LG

 

ja, der Perspektivwechsel wurde schon kritisiert. Ich werde ihn entfernen.
Ich fand diese Stelle eigentlich interessant. Ich finde nur, dass zu sehr im Dunkeln bleibt, wer die Person ist, zu deren Perspektive gewechselt wird. Wenn vorher Andeutungen gemacht würden, oder die Frage im Anschluss geklärt würde, bliebe nicht das Gefühl des Unfertigen. Es könnte die Wirkung der ganzen Geschichte verändern, wenn hier eine Person die Bühne beträte, die in irgendeinem Verhältnis zum Patienten steht.
Ohne eine weitergehende Bedeutung bleibt es nur ein oberflächlicher Effekt und kann wirklich weg.

Grüße!
Kellerkind

 

Hey @Abigail Rook,

na, da komme ich doch endlich zu meinem Gegenbesuch. Ist irre, wieviel hier los ist in letzter Zeit und wie schnell dadurch auch die Geschichten nach unten durchsacken. Man kommt ja gar nicht mehr hinterher ... Aber nu!

Er wusste, wo er sich befand und das beruhigte ihn.
Ein Satz, und man weiß ebenfalls wo man ist und mit wem man es zu tun hat. Super.

Er hasste die Strümpfe. Vor allem hasste er es, dass er die Dinger nicht allein anziehen konnte.
Mag ich.

"Maikäfer, flieg! Der Vater ist im Krieg", fing Heinz leise an zu singen. "Der Gustav bleibt in Pommerland. Und Pommerland ist abgebrannt."
Ich mag die Rückblende sehr!

Er sah, wie die kugelrunden Dinger aus dem Nichts erschienen. Sie hatte weder Arme noch Beine und brauchten diese auch nicht. Ihre Körper waren schwarz und glatt, Augen fehlten genauso wie Ohren; ihre Stimmen hörte Heinz in seinem Kopf.
Bei kugelrunden Lichtern denke ich weder an Arme und Beine und Ohren und menschliches Zeug. Das sie schwarz sind hat mich dagegen überrascht. Will sagen, das Erwähnen, dass es keine Arme, Beine ... gibt bewirkt bei mir nur die Frage - warum wird das erwähnt? Gab ja kein Bild im Kopf, was gerade gerückt werden muss.
Im Folgenden sprichst Du dann von Wesen, da macht das schon eher Sinn alles. Aber dann nenne sie doch anfangs auch Wesen und nicht Licht. Ich habe sie als Licht kennengelernt, ich habe das so gespeichert und jetzt sind die Lichter Wesen. Schon klar, Du willst auf Lichtwesen hinaus, ... ach, ist irgendwie nicht ganz so glücklich mit der Einführung.

Seine Mutter war zwei Tage zuvor von ihm gegangen, nachdem sie wochenlang mit hohem Fieber im Bett lag. ...
Nun stand er im Keller mit zittrigen Knien und wartete auf seinen eigenen Tod. Wie das eben so ist.
Das Leben nimmt ihm aber auch viel. Den Kinderfreund durch Umzug und dann folgt ihm der Tod durch Leben. Senst rechts und links einfach derb alles weg. Bitter. Und dieses: Wie das eben ... das hat schon ziemlich was Bitteres, auch in seinen Wiederholungen.

Monika, seine Tochter, war schon fünf Jahre tot – der Brustkrebs hatte sie dahingerafft. Und Peter, sein kleines Peterle, sah er auch nur, wenn er sprang. Er wollte nicht daran denken, zu bedrückend waren die Jahre nach dem Unfall gewesen.
Kinder sind auch weg. Die eingenen Kinder zu überleben ist auch so ein gruseliges Schicksal.

Heinz Kasupke stand jetzt wieder in seinem Garten, blickte ins bunte Licht.
Was denn jetzt? Schwarz oder bunt?

Sie versuchten es ihm zu erklären, sagten, sie wären schon immer da. Menschen glaubten an Zufälle und Bestimmung, an Ursache und Wirkung, dabei gäbe es das alles nicht. Heinz schüttelte den Kopf und schwieg. Nur die Kugeln schienen zu wissen, wie es wirklich war.
Ich sehe in den Lichtern so ein Psychoding von ihm. Warum versucht es ihm jemand zu erklären? Mir selbst ist das auch zu erklärend. Aber ist natürlich nur meine Meinung.

Vorsichtig legte er das Fenster auf dem Sims ab, schob einen Stuhl heran und hievte sich mit seinem linken Schienbein auf die Sitzfläche. Es fühlte sich an, als kniete er auf einem Nadelkissen, Heinz ließ sich jedoch nicht beirren. Mit aller Kraft zog er das rechte Bein nach, beugte sich zur Fensteröffnung und klammerte sich mit beiden Händen am Fensterrahmen fest. Dann schob er seinen Kopf durch die Öffnung, danach die Schultern, erst die rechte, dann die linke. Der Stuhl begann gefährlich zu kippen, doch er musste sich noch weiter abdrücken.

So gebrächlich, wie Du ihn zuvor gezeigt hast, glaube ich das never ever. Kann nicht einfach die Tür offen sein? Würde am Verlauf der Geschichte doch nichts ändern?

Das Mädchen, dessen Hand er noch hielt, war tot, wie all die anderen im Raum. Wie das eben so ist.
So viel Tod. So viel leid. Ey, ey, ey.

Nichts Ungewöhnliches an einem Morgen, doch etwas war seltsam: Die Leute beäugten sich misstrauisch und standen zu weit voneinander entfernt. Wie gleichpolige Magneten erschienen sie ihm. Heinz nickte wissend.
:)

"Lebt wohl", krächzte er, "Und mach euch keine Sorgen um mich."

Wie das eben so ist.


Das ist das Ende? Warum? Weiß nicht, hätte mir irgendwie einen anderen Schluss gewünscht. Irgendwas mit den Lichtern halt nochmal. Das die Welt am Ende verrückt wird (in seinen Augen, der er da in seinem heim abgeschottet lebte), finde ich einen hübschen Dreh. Schade, das verpufft so alles und ich frage mich, warum wird mir das erzählt? Was ist das Thema der Geschichte, woran arbeitet sie sich ab. Die Schlaglichter auf das doch recht traurige Leben, ach, ich habe den alten Mann in mein Herz geschlossen. Insofern bin ich ihm auch gern auf den Spuren seines Lebens gefolgt.

Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @Fliege , danke für den Gegenbesuch ;)

Das ist das Ende? Warum? Weiß nicht, hätte mir irgendwie einen anderen Schluss gewünscht. Irgendwas mit den Lichtern halt nochmal. Das die Welt am Ende verrückt wird (in seinen Augen, der er da in seinem heim abgeschottet lebte), finde ich einen hübschen Dreh. Schade, das verpufft so alles und ich frage mich, warum wird mir das erzählt? Was ist das Thema der Geschichte, woran arbeitet sie sich ab. Die Schlaglichter auf das doch recht traurige Leben, ach, ich habe den alten Mann in mein Herz geschlossen. Insofern bin ich ihm auch gern auf den Spuren seines Lebens gefolgt.

Die Idee für diese Story kam mir nach einem Zeitungsartikel über einen 90jährigen, der aus einem Pflegeheim durchs Kippfenster ausgebüxt war und irgendwo halbnackt wieder aufgegriffen wurde. Ich wollte ihm eine Stimme geben, ihn über uns lächeln lassen. Die Demenz nimmt einem die Würde und das ist meist das einzige, was man im Alter noch hat.

So gebrächlich, wie Du ihn zuvor gezeigt hast, glaube ich das never ever. Kann nicht einfach die Tür offen sein? Würde am Verlauf der Geschichte doch nichts ändern?
Irgendwie hat er es tatsächlich geschafft. Vielleicht habe ich ihn am anfang doch etwas kranker gemacht, als er tatsächlich war. Aber oft ist es bei uns Alten so, dass wir erst mal in Schwung kommen müssen, aber dann... ;) (so alt bin ich aber auch wieder nicht)


Danke für deine interessanten Einwände. Ich werde mir das noch mal genauer anschauen.

LG

 

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