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der schöne Mensch hinter Plattenbau

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22.08.2001
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der schöne Mensch hinter Plattenbau

Betonromantik, Gruppensex. Telefonmonologe, Ungeduldsversprechen, Gutenabendzigarette, Aufwachkaffee, Gutereindruckfreunde, Beliebtheitswochenden. Ein Mensch, 6595 Tage Leben, Fernsehen, 1 Million mal telefoniert, dabei 5 Flaschen Wasser geleert, 5 Tage die Woche arbeiten und einmal im Monat was besonderes. 6 Stunden geschlafen, 3 verschlafen, 20 Minuten gedöst, nach einer Minute eingeschlafen, 50000 Sekunden verschwendet, unendlich mal versucht die Zeit anzuhalten. "Zeit kann man nicht mit Geld aufwiegen". Dann haben sie telefoniert. 2 Menschen, die sich so nah waren (sind?) und nicht mehr zueinander finden. Sie wollen? Sie weiß nicht, ob er will, er weiß nicht, ob sie will, aber beide wollen (?). Vielleicht. Sie liest Horoskope, weiß, wann er Geburtstag hat; er kann sich nicht mal ihren Nachnamen merken. In der einen Hand den Telefonhörer, in der anderen die Fernbedienung (die manchmal aus der Hand rutscht). Sie versteht ihn nicht, und er weiß nicht, was sie redet. Zwickmühle. Sackgasse. Einbahnstraße.
Manchmal rollt er noch heimlich den Gebetsteppich aus, damit man nicht sieht, dass er im Puff war. Und wenn er dann spät abends betrunken zur Tür hereintorkelt, weiß sie, dass sie ihm gleichtun muss, um ihn so zu ertragen. Sie lackiert entspannt die Fußnägel und schnappt sich dann die Baleysflasche (sie hat den Telefonhörer noch zwischen Schulter und Ohr geklemmt). Versinkt lasziv im cremig warmen Fluss des braunen Gesöffs. Erinnert sich an die alten Zeiten und wirft die Zigarette schließlich aus dem Fenster in Nachbars Garten. Sich wirft sie hinterher. Er legt mittlerweile sein Hirn ein und stellt es im Glas neben seinen Nachtisch. Er riecht irgendetwas verkohltes, sieht aber keinen Rauch. Nur 2 Türen. Gemächlich schaukelt er in die lichtergefärbte Abendluft.
Nächster Tag und ein Stockwerk tiefer beschwert sich eine alte Frau über einen verkohlten Geruch. Sie ruft beim Hausmeister an und es ist besetzt. Sie versucht es 200 mal. Dann ruft sie die Polizei. Sie stürmen das Haus und entdecken die verbrannte Katze im Vorgarten. Der Hausmeister liegt mit Kater im Bett und seine Frau hat sich am Balkon erhängt. Es gibt ein Riesengeschrei, weil keiner weiß, wie die Zigarette auf den Grill fliegen konnte. Die Nachbarn rauchen nicht. Schon den Kinder wegen.
Sie hält den Hörer noch in ihren verkrampften Fingern. Der Pathologe gibt sich viel Mühe und befreit es. Dann ruft er beim Hausmeister an, er kann das Telefon abholen. "hallo? Hallo? Ich hab da doch wen reden hören! HALLO!" tönt es aus der Leitung, dann wird aufgelegt. Der schöne Seidenschal, denkt der Pathologe und steckt in unauffällig ein. Heute abend wird er zur Dragqueen gewählt werden, dann als Lolita und mit dem roten Seidenschal, an dem eine echte Frau hing. Damenunterwäsche kauft er sowieso nicht mehr im Karstadt, weil seine Nachbarin ihn schon gesehen hat. "Für meine ...Freundin.." Sie weiß genau, dass er keine Freundin hat. Sie durchwühlt sogar seine Post, aber er tut so, als ob er es nicht merken würde. Jemand muss ja auf die Pflanzen aufpassen. Vor allem, weil die Nachbarskinder immer heimlich im Garten rauchen und dann ihre Zigarettenstummel in die Blumenkästen werfen, damit die Eltern von nichts mitbekommen. Aber eine Hand wäscht schließlich die andere. Auch dass der junge Mann aus Wohung 7B täglich die Mafia zu Besuch hat, weiß nur er. Hasch, Koks, LSD, alles kann man bei ihm bestellen, manchmal steht er vor der Grundschule und verkauft Tickets an 4.klässler. um seine Miete bezahlen zu können. Der süße Geruch kommt nicht aus dem Keller, er kommt aus Wohnung 7B. Aber das muss der Hausmeister ja nicht wissen. Auch der Pathologe hat mal bei Wohnung 7B geklopft. Ganz vorsichtig. Da stand der Herr Klingel und sah ihn mit verquollenen roten Augen an. "Kommen sie doch herein." Dann kämpft man sich zuerst durch einen Dschungel aus Cannabispflanzen. Da der Herr Pathologe der einzige ist, der von dem Dschungel und Onkel Luigi weiß, gibt der Herr aus Wohnung 7B gerne mal eine Ladung Koks ab. Dann kann der Herr Pathologe eine riesen Party feiern. "Kostümpartys" wie es die Nachbarin nennt. Aber sie ist ja auch ein bisschen senil.

 

oh. die geschichte ist "bunt" wie ein trip auf drogen. koks will ich zwar nicht probieren, aber WENN das zeug so wirkt, dann ist die wirkung korrekt wiedergegeben... :rolleyes:
aber es sind dennoch irgendwie zu viele wörter in einem nicht im grammatikalischen sinne vollständigen satz.

 

Ich finds herrlich, schön strange, nette Gedankensprünge. Wirklich ein bißchen geschrieben, wie auf einem Trip.

 

tolle geschichte!
verwirrend, skurril, wahrheitsgetreu.

Ein abschließender Satz fehlt, finde ich, aber es lässt sich auch ohne i-punkt ganz gut leben...

Kompliment!

kc

PS: ich wusste ja schon immer, dass ich nicht nach zehn uhr in die Plattenbau-siedlung in meiner Stadt gehen sollte...

 

Also ich kann mich meinen Vorschreibern nicht anschliesen!
Mich verwirrt das ganze zu sehr. Ich bin zwar ein Fan von Gesellschaftskritischen Storys (wenn das eine sein sollte, ich konnte es nicht auf Anhieb erkennen) aber das ist nur eine Anreihung und nichts anderes.
Es wurde zwar der Versuch gemacht eine Handlung hineinzubringen, aber meiner Meinung nach geht sie unter.
Der Schreibstil ist etwas besonderes und vieleicht sogar angebracht, aber er schluckt zuviel. Wenn man ein kritisches Thema ausgewählt hat, dann sollte man, wieder meine Meinung, auch darstellen, was man damit bezwecken will.
Ich habe mal eine ähnliche Geschichte geschrieben und wurde deshalb sehr kritisiert. Darum habe ich sie mir noch mehrmals durchgelesen und habe selbst bemerkt, dass es nichts anderes als ein Anprangern war.
Um ehrlich zu sein, ist mir nach dieser Erkenntnis schlecht geworden weil ich erkannte, dass ich mich auf die selbe Stufe begeben hatte, wie die Gesellschaft, die ich kritisieren wollte.
Und diesen Fehler hat diese Geschichte, wieder meiner Meinung nach, auch.
Aber wie gesagt, der Stil gefällt mir!

 

Also, ich finde diesen Stil gerade bei gesellschaftskritischen Stories wichtig.

Sie beschreibt doch eine hektische, bunte, verfallene Welt und ich finde es viel passender, dann auch die GEschichte so zu halten. Atmosphäre einfangen...
Außerdem finde ich diese Aneinanderreihungen wunderbar:

Betonromantik, Gruppensex. Telefonmonologe, Ungeduldsversprechen, Gutenabendzigarette, Aufwachkaffee, Gutereindruckfreunde, Beliebtheitswochenden.

Hennaboindl:
Ich habe mal eine ähnliche Geschichte geschrieben und wurde deshalb sehr kritisiert. Darum habe ich sie mir noch mehrmals durchgelesen und habe selbst bemerkt, dass es nichts anderes als ein Anprangern war.

Das hört sich so an, als würdest du dich nach anderen richten? Und was ist am Anprangern falsch? oder sagen wir unnötig.

???,
kc

 

Liest sich echt wie das Tagebuch einer Freundin die immer schreibt, wenn sie auf Mushrooms ist (hab ich natürlich nur mit ihrer Erlaubnis gelesen ;) ). Die Aneinanderreihungen am Anfang sind wirklich spitze, aber der rest Enttäuscht etwas - auf einmal erscheint da dieser Pathologe... Ich finde Hennaboindl hat recht. Panoramabilder verschiedener Menschen, mit ihren Geheimnissen wirken manchmal wie ein großer, gehobener Zeigefinger.

 

@credosupernova:
Also gleich mal nein! Ich richte mich nicht immer nach den anderen!
Nur sind mir Kritiken sehr wichtig. Denn das selbstgeschriebene liest der Schreiber immer anders als der Kritiker. Und darum versuche ich die Kritirien in meine nächsten lesungen der Geschichte mit einfliessen zu lassen.
So ging es mir bei der Geschichte "Das Haus gegenüber".
Natürlich ist anprangern nichts negatives, wenn man dabei nicht die evtl. Vorteile über sieht. Und es gibt bei fast allen Dingen Vorteile.
Ausserdem wer sind denn wir, das wir nur sagen können, das ist schlecht, das gehört sich nicht. wo bleiben die Lösungsmöglichkeiten?

 

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