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Serie Der Stechgroschen

Seniors
Beitritt
28.12.2009
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Der Stechgroschen

Seit Tagen öder Fraß. Trockenes Brot und gepökelte Wurst, die von den Rändern her schon grün wird. Bald ist se madig. Der Traugott will immerzu angeln, aber taugen tut er zu gar nichts, der würd nur an den falschen Stellen im Fluss stehn und seine Ruten wären auch zu nichts zu gebrauchen. Wenn er wenigstens schweigen täte! Ich hab schon drüber nachgedacht, dem Guten im Schlaf einfach die Kehle durchzuschneiden und dem Schultheiss später so davon zu berichten, als sei es der Gansertjunge gewesen. Wer sollte da von erfahren? Den Gansertjungen knüpfe ich ja sowieso auf, so hat es der Schultheiss mir gesagt, so will er es. Lange und langsam soll der Gansertjunge sterben, ersticken wie ein Hund soll er. Mir ist es einerlei. Ich erschieße ihn, erdolche ihn und knüpfe ihn dir auf, eins nach dem anderen, nur zahlen musst du in Gold. Gold lügt nicht.

Wir reiten seit drei Tagen, und die Rappen brauchen Futter und müssen saufen. Einen kleinen Vorsprung habense noch, der Gansertjunge und die Magda, vielleicht einen halben Tag, aber dann habn wir se eingeholt. Der Gansertjunge ist recht grün, doch ich kann ihn schon verstehen, die Magda schaut aus wie ein Engel, aber Recht ist Recht, und der Schultheiß sagt, was Recht ist und was nicht. Der Gansertjunge glaubt sicher, er sei bereits fein raus, denn bald hat er die Ville hinter sich und dann wäre er im freien Jülich, doch das ist ein Irrtum. Unsere Rappen sind schnell, und auch in Jülich finden wir ihn, wenn wir müssen, da haben wir Befugnisse. Ich sag, der Gansertjunge hätte ihm einfach zahlen sollen, was der Schultheiss von ihm verlangte, aber Traugott glaubt, dass der Schultheiss die Magda sowieso hätte für sich ganz alleine haben wollen, nicht nur für die erste Nacht, sondern als seine Braut. Da muss der Gansertjunge verschwinden, so oder so. Recht ist, was der Schultheiss sagt.

Da vorne, sage ich und zeige auf ein Gemäuer neben dem Ufer. Traugott nickt und streicht über den Schaft seiner Muskete. Mir sind Langwaffen zuwider. Ich trag zwei Kavalleriepistolen, die ich einem toten Franzosen in Nancy abgenommen hab und in jedem Stiefel ein Fuhrmannsmesser. Die Klingen schärfe ich mit einem Wetzstein, den ich in einem Stück Öltuch eingewickelt in der Satteltasche mit mir trag.

Da steht ein verlauster Junge vor dem Heuschober, in zerlumpten Hosen und Galoschen. Tränk die Pferde, sag ich und sattel ab. Traugott tut es mir gleich. Der Junge bindet die Pferde an und beginnt, sie abzureiben. Im Haus, sagt Traugott, gibt’s da was zu futtern? Der Junge nickt. Die Bauern in der Gegend sind ja bettelarm, die Fürsten pressen ihnen stets mehr als den Zehnten ab, andererseits will ich nicht viel, nur einen Teller heißer Suppe und ein Stück weiches Brot nach dem langen Ritt.
Sei gegrüßt, Vatter, sage ich und der bärtige Alte hebt den Blick. Er steht da vor dem Haupthaus und füttert die Hühner, die in einem kleinen Verhau herumgackern, magere Viecher alles.
Wir ham nix.
‘n Teller Suppe für paar arme Leut’ habt ihr doch sicher übrig. Im Türrahmen steckt ein Drudenmesser, ich ziehe es am Heft aus dem Holz und sehe, was der Bärtige dabei für ein Gesicht macht. Der Drud setzt sich des nachts auf deine Brust und presst dir ‘s Leben ab.
Er schweigt.
Is das dein Junge da?
Isn Knecht, sagt er und sieht auf das Messer in meiner Hand. Ihr seid aber keine arm Leut.’
Woher willst du das wissen?
Ihr seid die Bluthund’ vom Schultheiss.
Die Bluthund?
Er nickt.
Traugott, der Alte hier sacht, wir sind die Bluthund vom Schultheiss!
Ach herrje!, sagt er und nimmt mir das Messer aus der Hand. Da hamwer neun Kreuzchen auf der Kling und der Name der heiligen Maria auch noch … an die alten Geschichtchen glauben tuste?
Der Drud is kein Geschichtchen.
Wir ham Hunger. Sag deiner Alten, sie soll auftischen. Traugott dreht das Messer und sticht die Klinge wieder ins Holz. Und soll hinne machen …
Wart du mal, sage ich zum Alten. Is hier noch wer durchgekommen die Tage?
Er schürzt die Lippen, und so weiß ich, dass er lügt. Nein, sagt er und schüttelt den Kopf.
Wenn du lügst, kommt dann der Drud? Hast du deswegen das Messer da über der Tür?
Keiner is hier durchgekommen. Das schwör ich euch!
Schwören … wer schwört, hat keine Angst vorm Tode, wusstest du das?
Der Alte schweigt.
‘n Junge und ‘n Weibsstück.
Er atmet aus und sieht an mir vorbei auf den Knecht, der unsere Pferde striegelt.
Schon Recht, sag ich, überleg dir, was aus deiner Alten wird und dem Knecht da …
Traugott lacht und gibt ihm einen Tritt, so dass er in den Hühnerverhau fällt. Die Zunge schneide ich dir raus und geb sie den Viechern da zu fressen. Und nu raus damit!
Ja, sagt er, ja ja. Waren hier. Heut Morgen erst. Sagten, dass se nach Letzeburg wollten. Ich hab nich gefragt. Hab ja gesehen, was los war.
Letzeburg, sagt Traugott und spuckt aus. Sag deiner Alten, sie soll Speck in die Suppe tun, Speck und Salz, und reichlich.
Er sieht dem Alten hinterher, wie er im Haus verschwindet. Letzeburg …
Der legt nur Fährten, der Gansert.
Fährten. Oder ‘s war der Alte selbst.
Ich geh durch die Tür ins Haus hinein. Die Küche ist niedrig, über die Steinwände wuchert der Schimmel. Ein kleines Feuer brennt im Kamin. Die Alte steht davor und rührt im Topf herum.
Sag, Vatter, bist du sicher? Letzeburg?
Der Alte setzt sich an den Tisch. Ja, ja Letzeburg.
Wir knüpfen den Jung auf, wenn wir ihn gefunden habn, und das Weib holn wir auch zurück und bringens mit uns, und dann kommen wir nochmal hier vorbei und dann wird sie uns die Wahrheit schon sagen.
Ist die Wahrheit, sagt die Alte.
Du kümmer dich um deine Suppe.
Letzeburg habense gesagt. Letzeburg.
Wie ham die ausgesehen? Sag. Sprich. Das Weib? Wie sah’s aus?
Traugott nimmt der Alten den Löffel aus der Hand.
Wie ‘n Weib eben.
Wo isn der Speck, Mutter?, sagt der Traugott und schleckt den Holzlöffel ab. Oder habn den die Ratten aufgefressen?
Na, wie ‘n Engel hatse ausgesehen. Das Weib. Wie ‘n Engel.
Der Traugott lacht. Könnt schon sein, Vatter, das könnt schon sein, dasse das is, ‘n Engel.
Hier is die Supp. Die Alte löffelt zwei Schüsseln voll. Und nu esst und dann geht.
Muttchen, hast du denn gar keine Angst?
Nein, ich bin vor Gott im Reinen.
Gute Leut seid ihr mir, sagt der Traugott und säuft die Suppe aus der Schale. Gute Leut.
Kein Speck, kein Salz, sag ich zu der Alten und rühr mit dem Finger in der Suppe.
‘n Zehnten und noch mehr, wie soll sich das hingehen? Dafür wird der Schultheiss immer fetter jedes Jahr.
Traugott stellt die Schüssel auf den Tisch. Gute Leut seid ihr mir.
Nach nix schmeckt die, sag ich. Nach Zuckerrüben.
Dann gehst eben so, wenn du se nich fressen willst.
Traugott steht auf und legt dem Alten eine Hand auf die Schulter. Letzeburg flüstert er und lacht. Draußen zieht er das Drudenmesser aus dem Rahmen und geht rüber zum Stall. Der Knecht hat die Rappen getränkt und wieder gesattelt.
Junge, sagt er. Das Weib, was hier durchkam, die mit dem Engelsgesicht …
Der Junge schweigt sich aus.
Sind die nach Norden?
Das is nurn Knecht, sagt der Alte. Lassn.
Nach Norden?
Der Junge aber sieht auf den Boden.
Im Norden liegt Jülich, das freie Jülich. Da wollte se hin, das Weibsbild. Oder?
Letzeburg, sagt der Alte noch, und da sticht der Traugott das Drudenmesser tief in den Leib des Jungen. Sein Blut ist dunkel wie Teer und fließt ihm über die Hände.
Ist mit Gott im Reinen, sagt Traugott, und der Junge sackt zu Boden. Gute Leut seid ihr mir.
In n paar Tagen kommwer zurück, sag ich. Sag deiner Alten se soll Speck und Salz holen, sonst kommt der Drud.
Der Traugott wischt das Messer an seiner Schürze ab. Der Junge krümmt sich im Dreck, bis er ganz ruhig ist. Wir reiten los.

Was hätt’ der Gansertjunge dem Schultheiss zahlen müssen?
Nix, sag ich. Die Magda ist sein Engel.
Traugott schüttelt den Kopf. Liebe und Kabale also. Aber da hatt die Alte ja schon Recht, mit dem Einen, der Schultheiss wird fetter und fetter, dem sein Wanst birst bald wie der einer toten Kuh auf der Weide.
Das kann er machen, fressen kann er, solange er mir den Sold zahlt, den er mir noch schuldig ist. Hab mich in Habsburg werben lassen und in Venedig, bin für die Wallonen unters Joch gegangen, alles nur mit ein paar Lumpen um den Leib, und trotzdem hab ich einem Dutzend Dänen die Kehle durchgeschnitten … den Schultheiss sollte man lassen, der ist nur verzückt wie ein junger Kerl, solang wir solche wie den Gansertjungen aufknüpfen sollen, sei’s ihm vergeben, ist nicht wie beim Kommiss. Schläfst auf gutem Heu, hast ‘n Humpen Wein und dann legt sich noch eine Magd dazu, ohne dass du sie dafür haun musst oder dafür löhnen wie die Trosshuren.
Recht hast. Hoch soll er leben, der Schambatist. Sag, bist du wirklich bei den Franken geboren, so wie sie sagen? War deine Meuder eh Franzmännische?
Jeder wird geboren. Ob nu bei den Franken oder den Ratten ist doch einerlei. Bist da und bist wieder weg. So sei das Leben, hat man mir gesagt.

Nebel. Felder. Wald. Mir wird der Mund trocken, ich will einen Schluck Wasser und einen Kuss. Wir reiten langsam, wir galoppieren nicht, die Rappen sollen sich nicht erschöpfen. Den Gansertjungen kriegen wir so oder so.
Hast du mal Palmwein gesoffen?
Der Traugott schüttelt den Kopf.
Im Andalus kannten sie das, Kallu sagten die Braunen dazu, die habens wohl aus Afrika mitgebracht. Da zapfen die den Dattelbaum an und dann stellnses kurz in die Sonne, und schnell musstes trinken, sonst wirds zu Essig in deinem Bauch und dir wird speiübel.
Herr, der Schambatist! Im Andalus! Ein rarer Gesell, der Schambatist. Und mit wem bist du da mitgezogen?
Mich hat der Gubernator hingeschickt. Aus Habsburg bin ich ins Andalus. Eine Mission. Handelsgut überwachen.
Der Gubernator. Herrje, der hat ja schon die halbe Welt gesehen, der Schambatist.

In der Dämmerung suchen wir uns einen Platz zum Rasten. Wir folgen einem schmalen Pass durch den Wald bis zu einem Felsen. Das Lager schlagen wir an einer steilen Felswand auf, so kann man uns nicht von hinten angreifen. Traugott macht zwei Feuer, eines weiter weg vom Lager, denn so lockt man das Lumpenpack auf die falsche Fährte, und wenn sie dann aus dem Schutz der Nacht in den hellen Feuerschein treten, kriegen sie Blei in ihre Bäuche, bevor sie sich versehen haben.

Wir essen die letzten Reste trockenes Brot. Die madige Wurst schmeiße ich in die Glut, wo sie schwarz wird und verkohlt. Kein Speck und kein Salz, sag ich zu Traugott, der auf einem flachen Stein sitzt und seine Pfeife stopft.
Für die Alte hätts auch einen Stich in den Balch getan.
Der Drud kommt des nachts. Warts ab.
Dahinten, sagt Traugott und nickt zum Wald. Da ist ein Fluss.
Die Sieg.
Die Sieg …
Fängst du wieder vom Angeln an?
Ich fang sie dir mit der bloßen Hand, die Forellen.
Dazu Wein, weiß wie ein Schleier …
Den Träumen bekommts wohl.
Der Tabak, ist das der türkische?
Traugott nickt.
Ich geh runter zum Fluss. Das Gesicht waschen.
Waschen ist ja was für Weiber, und du bist kein Weib.

Ich lasse den Traugott sitzen und gehe am Wald entlang. Es wird bald Sommer werden, man kann es riechen, das Gras duftet schon und die Blüten öffnen sich langsam. Als Kind lebte ich auf einem Hof, es war der Hof meiner Väter. Mehlbauern. Doch hinter der Mühle lag ein Berg mit einem steilen Hang, und der Vater hat dort Wein angebaut, eine alte Sorte, die nur im Tal gedieh. Die Reben rankten an Pfählen empor und die Trauben wurden dick und saftig und wurden jedes Jahr noch dicker und noch saftiger und noch süßer. Sein Wein war bekannt bis über den Rhein und über die Ville hinaus, der Vater verkaufte ihn an Franzmänner und an Schweden, das war ihm gleich.

Am Wasser ist es kühl. Ich setze mich ans Ufer in den Kies und trinke einen Schluck aus der hohlen Hand. Vater wurde von den Franzmännern erschlagen, als sie damals nach dem großen Krieg durch das Land zogen und plünderten, die Mutter habense mitgenommen, denn die konnte ihre Sprache verstehen, sie stammte aus Toulouse. Den Hof haben sie gebrandschatzt und ich habe mich im Weinberg versteckt und bin weggelaufen und kam so zur Garde des Fürsten von Berg, da wurd ich Trossjunge und habe das Handwerk gelernt von der Pieke auf, es ist wie man einen Stich am Leibe anbringt so dass der Mann schnell stirbt und wie man Zündkraut in die Batterie lädt und mit der Pistole zielt und wie man ein Lager errichtet und sich während der Schlacht verhält. Mit dreizehn Jahr hab ich meinen ersten Mann getötet, einen zerlumpten Dragoner der sich von der Linie entfernt hatte und abseits vom Schlachtfeld das Halstuch in einem Bach wusch und vielleicht etwas ausruhte oder auch von den Truppen davonlief. Er hat mich wegen der so laut donnernden Schlacht und der Schreie nicht kommen gehört und hatte auch schon ein malades Bein und ich sprang aus dem Schatten der Bäume und hab ihm mein Fuhrmannsmesser mit der dünnen Klinge von hinterrücks in den Hals gestochen und dann das Heft gedreht, und da hat es ihm die Gurgel zerrissen und er fiel nach vorne in den Dreck und sein Blut schwamm oben auf dem klaren Wasser vom Bach und es schwamm davon als sei es ein Öl und der alte Dragoner stöhnte noch einmal kräftig und dann hat er die Augen geschlossen und war weg. Seine Schärpe habe ich mir genommen und seine Pistole, weil es der erste Mann war den ich durch die eigene Hand getötet hab und der Hauptmann hat mich nach der Schlacht einen Helden genannt und das war der Beginn.

Im Wasser ist es still, ich würde gerne ins Wasser gehen und die Stille hören, die Stille um mich herum. Dann sehe ich das Gesicht des Gansertjungen auf dem Wasser im Mondlicht, ich sehe es wie in einem Spiegel und sehe wie er mit einem groben Knüppel ausholt und drehe mich zur Seite und er schlägt hin, schlägt ins Wasser und kippt vornüber und da bin ich über ihm, er schreit und kratzt und faucht doch meine Hände haben ihr Handwerk erlernt und der Gansertjunge weiß nicht was er tut, denn er hat ja nur seinen Engel im Kopf, nur seinen Engel, aber ich habe Schweden und Tschechen und Venezianer und Genuesen und Braune und Habsburger und Frechener und Fürther erschlagen, ich habe ihre Münder und Nasen in Pfützen gedrückt und im Brack ersäuft, ich habe ihnen die Augen ausgestochen und ihre Balche aufgeschlitzt und der Gansertjunge ist stark, aber nicht stark genug, und wenn es so ist wie es ist, zählt wer leben will, und manche Männer wollen mehr leben als andere, und den Gansertjunge trägt es schwer unterm Herzen, er will nicht kämpfen, er will lieben, und ich kann nur kämpfen.

Da gibt er schon langsam auf, da zuckt es immer weniger in seinen Gliedern, ich spür sein Leben im Hals schlagen und unterm Wasser wird sein Gesicht größer und seine Augen weiten sich, sie sehen mich an und im Blick ist ein Flehen, weil er denkt da wo er ein Herz hat habe ich auch eines, aber der Atem wird knapp und seine Lungen bersten, und mit einem Mal ist es wieder still, das Wasser wird so still und der Gansertjunge sieht mich immer noch an und ich ziehe ihn ans Ufer und lege ihn hin, den Gansertjungen, ich kenn sein Vatter, der ist Bäcker daheim und auch der Schultheiss isst das Brot aus seiner Backstube, es ist gutes, dunkles Brot, und einmal haben wir roten Wein zusammen getrunken und von der Ferne geredet, und da liegt nun sein Junge mit umgedrehtem Halse und ich war es, der ihm den Hals umgedreht hat, weil der Schultheiss es so wollte und was der Schultheiss will ist Recht, denn der Bäcker zahlt nicht meinen Sold. Ein schöner Junge ist der Gansertjunge, die Haut hell wie indische Seide und die Augen groß wie die Augen eines jungen Rehbocks. Die Magda, sag, wo ist die Magda, doch der Junge schweigt, er schweigt nun für immer, ich weiß es ja. Ich sehe mich um, aber die Magda ist nirgends zu sehen, da rennt sie alleine durch die Nacht, ihr Held stumm wie eine Forelle, die der Traugott mit der Hand aus dem Fluss gefangen hat, die Kiemen trocken wie Sand und das kleine Herz zu Staub zerfallen.

Mit dem Fuhrmannsmesser mache ich mich alsbald zu Werke, die eine Hand, dann die andere, ich lege sie auf die Steine, es gibt nicht viel Blut, das macht das kalte Wasser und dann muss ich den Gansertjungen ins Mondlicht ziehen, weil es so rasch dunkel wird, da setz ich die Spitze am Brustbein an und ratsch, das Fleisch zart wie das von einer Gams und das Herz noch warm, so warm wie Brühe, ich lege es neben die Hände und setze mich und wasche die Klinge im Fluss sauber, dass sie ganz rein ist.

Der Traugott döst mit der Pfeife im Mund und dann öffnet er doch das eine Auge, als ich auf ein paar trockene Äste vor dem Feuer trete.
Da bist du ja du frommes Waschweib, sagt er und ich lege Hand und Herz vor ihm auf den Boden hin und sag, dass es der Gansertjunge war, dass der Gansertjunge mich versucht hat totzuknüppeln unten am Fluss und dass ich ihm den Hals umgedreht hab wie einer alten Henne und dass er nun den Fluss herunterschwimmt bis zur Enge um Truhtesdorf und bis dorthin schon aufgedunsen sein wird wie ein Ballon.
Und die Magda? Der Engel?
In der Nähe sicherlich, er täte doch keinen Schritt ohne sie an ihrer Seite.
Ohne seinen Engel.
Im Wald hat sie sich versteckt. Die Magda kommt im Morgengrauen dann heraus. In der Nacht ruht sie und wartet auf ihren Gansertjungen. Wenns dämmert findet sie erst den Weg.
Den Nordstern wird sie kennen. Das freie Jülich liegt im Norden.
Ihr Vatter ist Schmied.
Na, auch ein Schmied guckt in den Himmel.
Satteln wir auf und schwätzen nicht.

Das graue Licht des Morgens. Wir reiten am Fluss entlang. Rauch steigt in der Ferne empor.
Jülich brennt, sagt Traugott. Die Schweden plünderns.
Die Schweden habn wir hier lange nicht gesehen. Da brennts im Wald irgendwo.
Sag, der Gansertjunge. Die Hände. Bist du mit dem Teufel im Bunde?
Das Tätigsein, das Lebendige geht auf den über, der sie im Besitz hat. Und es wurde bereits Sühne getan vom Gansertjungen und ich habe nun Teil daran. Es schützt in der Schlacht und im Spiel.
Traugott lacht. Ein guter Mann bist du mir. Ein guter Mann.
Eine Fährte wars, sag ich. Verwirren wollt er uns, der Gansertjunge. Hat die Magda alleine ziehen lassen.
Meinst du vielleicht, der Alte hatte doch Recht? Letzeburg.
Die Ville queren und umgehen kostet eine Woche. Zollstationen passieren müssen sie die von den Jülichern, den Frechener und dann am Wall von Truhtesdorf. Fressen und saufen müssen sie auch. Zehn Konventionstaler …
Arm Leut sinds. Arm Leut. Hast schon Recht.

Der Fluss macht eine Biegung und wir reiten über offenes Feld und dann durch einen Wald, und am Ende vom Waldstück stehen zwei abgespannte Ochsenwagen und ein paar Gesellen davor mit Heugabeln in den Händen. Traugott zügelt den Rappen.
Habense die Knechte laufen lassen. Was sagt da euer Fürst? Verschwendet seine Zeit und sein Brot.
Der Wald brennt, sagt da einer und tritt vor. Wir han Auftrag hier keinen durchzulassen. Keiner darf passieren.
Was wollt ihr denn? Einen Seckel voll Kurant?
Wir nehmen nur feine Cöllner Mark, sagt der Geselle.
Der Schultheiss von Vierheilig schickt uns. Wir habn Befugnisse. Die gelten sowohl in Jülich als auch darüber hinaus.
Hier is nich Jülich, hier sinmer im gottverlassnen Finsterwalde.
Finsterwalde. Traugott schlägt sich auf den Schenkel. Gute Leut seid ihr mir.
Wir habn Papiere. Wir verfügn über Passierscheine. Offizielle. Willst se sehen?
Der Wald brennt, sagt der Geselle. Wir habn Auftrag, hier niemanden durchzulassen. Komms wies kommt. Der Wald brennt.
Ihr wollt also nichts machen?
Nee.
Na, habt ihr also euren Fürsten aufgeknüpft? sagt der Traugott. So muss es ja doch sein. Bauernlümmel die einem den Weg verstellen. Recht und Ordnung!
Wir nehmen nur feinste Cöllner Mark. Und mer sin kei Bauern. Uns gehört die Mühle dahinge.
Gut, sag ich. Wenn ihr auf die Kurant verzichtet, dann sagt uns doch, ob hier ein Mädchen durchgekommen is. Jung. Alleine.
Höflich sinmer ja und bleibens auch.
Der Geselle schüttelt den Kopf. Glaubst die wär immer noch allei?
Alle lachen sie.
Dein Spießgesell da, sag ich. Der mit dem Hut. Der frisst da gutes dunkles Brot. Ja, sieh nur hin, er hälts in der Hand schon die ganze Zeit. Habt ihr hier so guten Roggen, dass man so gutes, dunkles Brot von backen kann?
Genug geschwätzt habn wir. Ihr geht nu. Sonst gibts mit der Gabel, und ich sach euch, die Zacken gehen schon schön tief innet Fleisch. Da erkennt euch die eigene Mutter nachher nich.
Mei Meuder is blind, sagt der Traugott. Der macht bisserl Blut nichts an ihrem Jung, solang de Kopp noch dran is.
Na, seids wie ihr seid. Feine Cöllner Mark habn wir nich. Wo kann man denn das Lager aufschlagen für eine Nacht Rast?
An der Biegung da am Feld. Da habter Platz und Ruh. Und angeln könnter auch. Forelle gibts gute. Die staue sich da.

Wir hören sie lachen.
Paar Stund bis ‘s dunkel wird, sagt Traugott. Könnwer unsere Knochen ausruhen.
Die Magda hat auch die Gesellen da verhext.
Meinst?
Ich nicke.
Trägt das Geheimnis im Schoße.
Wos kalt ist, willst du Wärme. Und wer Schuld hat, erkennt die Unschuld und tut nun alles für sie.
Sie ist ja auch ein Engel.
Am Fluss steigen wir ab und und führen die Rappen über eine Enge zum anderen Ufer. Da binden wir sie an einer Birke an und nehmen uns aus den Satteltaschen was wir brauchen werden.
Ich mach uns Feuer, sag ich und Traugott bleibt noch am Fluss. Die Forellen!
Das Ufer wird breiter und ich gehe noch ein Stück und dann scharre ich mit der Stiefelspitze eine Kuhle in den feuchten Sand. Den Wald kann ich sehen und Rauch über den Baumspitzen. Hinter uns ist flaches Land.
Traugott kommt und trägt einen dicken Fisch an einem spitzen Ast in den Händen.
Wir setzen uns und braten den Fisch auf heißen Kohlen. Ich wickel den Wetzstein aus dem Öltuch und schärfe die Klingen meiner Messer.
Die kennen jeden Tritt hier herum. Wenns dunkel wird kommens.
Traugott schneidet den Fisch entzwei. Waren es fünf oder sechse?
Sieben.
Die mit den schnellen Beinen laufen eh fort.
Ich leg die Messer beiseite und greife nach dem Herzen vom Gansertjungen das ich in einem Leinensack mit mir trug.
Aber das Herz?, sagt der Traugott. Das erscheint mir ja so ungeheuerlich wie die Geschichtchen vom Drud. Hat es etwa mit dem Blut zu tun?
Das Blut lassen wir ab und teilen es mit deiner Klinge da und dann frisst du deine Hälfte und bleibst für die Augen aller verborgen.
Es sind nun sieben Gesellen an der Zahl, und auch wenn wirs Handwerk gelernt habn … schaden wirds nicht.
Man frisst es roh.
An deiner Seit fürchtet es mich vor niemand, Schambatist. Und auch wenn deine Meuder e franzmännische war!
Schau nach der Forelle, sonst wirds noch schwarz.

Die Gräten spucken wir aus und wünschten uns Salz. In der Dämmerung schichten wir Holz übereinander bis die Flammen züngeln und knacken. Unsere Mäntel legen wir zusammen ums Feuer herum und unsere Schlapphüte auch.
Die kennen das Treiben einer Schlacht nicht. Die kommen von vorne.
Ich nicke. In die Büsche da, sag ich. Die kalten Klingen gezückt.
Wenns am Feuer sin leg ich mit der Muskete an.

Sie kommen früh in der Nacht. Die Dunkelheit ist noch nicht vollkommen. Der Mensch und das Feuer gehen schon sehr lange gemeinsam ihre Wege. Da bleibt ein jeder Fremde stehen und schaut in die Flammen und schaut auf diese Geschichte und in sich selbst hinein. Den Gesell mit der Heugabel erwischt es überm Ohr, da zerreißt die Musketenkugel den Knochen und das Hirne und er fällt einfach um. Der Knall lässt die übrigen Gesellen umherrennen wie Federvieh und ich geh langsam auf sie zu mit den Kavalleriepistolen in den Händen, ich seh sie ja im Schein des Feuers gut genug und sie sehen mich nicht, weil der Traugott und ich habens Herzen vom Gansertjungen gefressen und die erste Kugel trifft einen in die Brust, die zweite Kugel geht einem unters Auge hinein in den Kopf und nicht mehr hinaus und wie Traugott sagte, die mit den schnellen Beinen wollen rennen, davon kriegt einer die Klinge in die Schulter und als ich ihn umdreh, da ist es nur ein kleiner Junge, ich stech ihm schnell durch die Brust ins Herz und dann ist es vorbei, den anderen holt sich der Traugott und zerprügelt ihm den Schädel mit dem Kolben der Muskete.
Fünf von Sieben, sag ich, und der Traugott nickt und bückt sich nach einem der Gesellen, der noch zuckt.
Herrje, sagt er. Die Gesellen vom Finsterwalde. Taugen ja zu nicht viel. Und nu sags. Der Engel, ist der hier durch?
Ich stell meinen Fuß in die Wund von dem Gesellen und er schreit wie am Spieß. Dann lass ich ihn was atmen und zur Ruhe kommen. Wie isn dein Name?
Bertelmeß.
Bertelmeß. Der Engel. Gleich, sags uns gleich. Dann bist mit Gott im Reinen und musst nicht warten. Keine Qual mehr. Mit deinem Schöpfer bist dann im Reinen. Bertelmeß. Sags uns.
Ja, sagt er. Ja. Hat uns feine Cöllner Mark versprochen. Und Küsse. Hat uns allen Küsse versprochen. Gutes Werk würdn wir tun damit.
Bertelmeß, sag ich. Nun mach die Augen zu. Hast uns nie gesehen. Oder? Sag, siehst du uns?
Nei, nei, ich seh euch nicht …
Is ja gut, sag ich. Is ja gut. Nun schweig schön. Ich drücke ihm den Stiefelabsatz ins Maul hinein und dann ruck klappt der Kiefer auseinander und noch ein morsches Geräusch und dann herrscht Ruh.

Durch die Nacht. Durch den Morgen. An den Ochsenwagen vorbei durch ein Dorf. Die Läden an den Fenstern gehen zu. Die Leut wissen, wir sind die Bluthund vom Schultheiss. Vierheilig ist voll mit solchen wie uns, aus aller Herren Länder sammeln sich die Halsabschneider um den Brunnen in der Mitte der Stadt und warten darauf ihr Handwerk verrichten zu dürfen. Die Mauern um die Stadt wurden auf Blut gebaut und das wissen sie alle. Jülich, das freie Jülich. Die Zollposter stehen an der Grenz und warten auf Taler in ihrem Kabuff.
Befugnisse, sag ich und zeig die Papiere her.
Kommts ihr vom Schultheiss aus Vierheilig.
So stehts geschrieben.
Man hört ja so einiges über euch! Blutrünstige Ungeheuer alle miteinand. In Straßburg gibts grad Scharmützel. Meint ihr nicht, ihr solltet schleunigst dorthin reiten? Im freien Jülich braucht man eure Klingen nicht.
Hör hin, Grenzer. Brauchst den Poller gar nicht hochziehen für uns. Sag nur, ob das Weibsstück hier durch is?
Weibsstück hamwer keins gesehen. Ist keins hier durch.
Hast nicht nachgedacht. Hast einfach so gesprochen. Hast deinen Kopp verlorn?
Eure Klingen braucht man nicht im freien Jülich.
Wir habn Befugnisse. Hier schau. Offizielle.
Ich seh, ich seh. Ist bloß Papier.
Gut. Wenn du ein Weibsstück gesehen hast ziehst hoch den Poller.
Und wenn ich kein Weibsstück gesehen hab?
Recht ist Recht, sagt der Traugott. Keinen Tag verbringen wir im freien Jülich. Wir greifen uns nur das Weibsstück.
Sie ist eine Holde, sagt der Grenzer. Ihr tut kein gutes Werk wenn ihr sie zurückbringt zum Schultheiss.
Zahlst du in Kurant oder in Reppa oder in Tar? Oder wiegst du meinen Sold auf deiner Zollwaage in reinem Silber auf?
In Blei, sagt der Grenzer und öffnet den Poller. Am liebsten wieg ich in Blei.

Flaches Land. Es riecht nach Dung und Weidengras. Weizen steht da wie gebackenes Gold.
Sechs Tagesritte, Schambatist.
Heut. Heut holen wir sie uns.
Ich möcht n Humpen kühlen Rotwein. Aber die in Jülich vergären ja nur ihre Äppl.
Der Trunk macht dich schon auch benommen. So oder so.
Traugott lacht.
Ist ein feiner Staat. Jülich. Steuern zahlen sie alle. Die oben und die unten. Feiern auch ihre Feste gemeinsam. Kein Junker. Kein Knecht. Kein Schultheiss. Laben ihre Kinder bisse groß sind. Und füttern ihre Küh. Schlecht is nich.
Ich hab mal einen aufgeknüpft, der hat nur eine Kuh besessen, sagt Traugott. In Rheinhausen nach der Belagerung daeinst. Die Kuh hab ich gefressen. Ganz aufgefressen hab ich se. Wennst Hunger hast …
Und da am Wegesrand steht die Magda. Ihr Gesicht schmutzig und das Haar offen. Einen Umhang aus dunklem Stoff trägt sie über den Schultern obwohl die Sonne scheint.
Ach herrje. Sechs Tagesritt von Zuhaus, und da stehtse.
Wir zügeln die Rappen.
Ich hab auf euch hier gewartet. Ihr wisst es ist kein gutes Werk, was ihr tut. Der Schultheiss erkauft sich eure Seelen.
Der Engel spricht ja lacht Traugott.
Unsere Seelen sind schon lang verkauft sag ich. Verpfändet an den Deivel.
Zu was hast du denn den Gansertjungen da gebracht? Dass er auf uns los ist wie von Sinnen. Sag.
Was habt ihr ihm bloß angetan?
Bloß! Erschlagen lassen wir uns nun auch nicht. Von keinem.
Tot isser, der Gansertjunge.
Sie schüttelt den Kopf. Ihr bringt mich nicht heim. Ihr lasst mich hier im freien Jülich. Lasst mich doch laufen.
Der Schultheiss wird davon erfahren. So oder so. Magda ist dein Name. Man kennt dich.
Sechs Tagesritt, sagt der Traugott. Mit der Hand hab ich die Forelle gefangn. Und jetzt stehtse da.
Das Blut von einem halben Dutzend Männern hats gekostet.
Es ist nicht meine Schuld.
Hast den Schultheiss verhext. Hast den Gansertjungen verhext. Die Gesellen vom Finsterwalde auch. Und nu am End den Grenzer zum freien Jülich.
Sie wissen alle dass es Unrecht ist.
Recht ist, was der Schultheiss spricht. Dein Vatter hätt zahlen könn. Der Gansertjunge hätt zahlen könn.
Der Schultheiss führt anderes im Schilde. Will mir die Unschuld rauben und danach sperrt er mich ein. Nur für ihn soll ich sein. Das ist kein Leben. Dieser fette Narr! Lieber sterb ich.
Ins Verlies sperrt der dich. Sein Engel sperrt er ins Verlies! Traugott spuckt aus.
Komm Magda. Sitz auf. Wehr dich nicht. Ich dreh dir schon nicht den Hals um. Doch ein Tritt in die Schnauze kriegst wenn du nicht gehorchst. Also steig auf, sag ich. Steig auf.
Der Gansertjunge hat Recht gehabt. Bluthund seid ihr. Elende Bluthund.

Ihr Körper schmiegt sich warm an mich. Ihre Hände sind zart und kaum verschandelt von harter Arbeit.
Sechs Tagesritt, Schambatist. Queren wir die Ville. Besser is.
Hamwer Ruh. Und niemand erblickt den Engel da.
Magda schweigt.

Üppiges Grün hier wie da. Brot und Bierduft von überall. Die Dörfer voll mit Leut. Kinder spielen auf den Hügeln. Keine Muskete weit und breit. Keine kalte Klinge. Lachen.
Jülicher Festwurst, sagt der Traugott. Komm. Schambatist. Sechs Tage auf den Rappen. Sechs Tage zu der Hex da. Und nu kommenwer mit nem Engel zurück. Wieder sechs Tag. Festwurst und Wein aus den süßn Äppln die da überall herum wachsn.
Im Seckel hab ich dreißig Reppa.
Dreißig Reppa! Zwei Ellen Festwurst werdens! Was sagst?
Wir reiten bis ans End vom Dorf. Die Schänke liegt an einem sanften Grat, davor eine Blumenwiese und hintendran ein kleiner Buchenwald.
Wir sitzen ab. Ich bind der Magda die Hände mit Kordel fest und bind die Kordel an mein Messergürtel.
So is es, Magda, sag ich. Nu bist kein Engel mehr.
Traugott geht mit den Rappen zur Tränke. Der Schankwirt kommt. Festwurst, die gute. Und drei Humpen Wein.
Den grünen?
Aus Äppln den.
Wollt ihr auch Knolln und Zwiebeln und braunen Senf dazu?
Guter Mann, sagt Traugott. Bist n guter Mann. Dreißig Reppa hat der Geselle da, der Knochenbrecher Schambatist. Verfressen wollen wir alles!
Der Schankwirt lacht. Mir solls Recht sein.
Wir setzen uns und warten. Der Himmel rot wie der offene Bauch einer geschlachteten Sau.
Sag Magda. Den Gesellen im Finsterwalde hast Küsse versprochen. Und feine Cöllner Mark.
Man verspricht vieles.
Traugott streicht ihr über die Wange. Na, versprichst mir auch Küsse? Hatt lang kei Kuss mehr.
Wennd mich laufen lässt.
Wennwer dich auslösen könnt gegen Gold. Dann ja. Dann lassenwer dich laufen.
Der Wirt bringt Wurst und Wein. Wir schneiden mit unseren Klingen die Wurst und stopfen sie in uns rein und grüner Wein aus Tonkrügen und auch Magda frisst und säuft.
Die vergorenen Äppl munden. Süß wie frischer Saft sind se.
Gut tuts. Traugott winkt den Wirt heran. Noch ne Wurst, ne ganze.
Dann tritt ein Mann aus dem Halbdunkel. Er trägt eine Schärpe aus Brokat und einen roten Hut mit weißer Feder.
Die Herren, sagt er und bleibt am Tisch stehen. Oder seids beschäftigt.
Willst Tombost um ein paar Reppa spielen?
Kartenspiele sind mir fremd. Ich such Leut.
Leut?
Gute Leut.
Traugott beißt von der Wurst ab und spuckt den Zipfel auf den Boden. Na, wir sind gute Leut. Was glaubst denn du?
Der Großherzog von Fenergierscheid sucht Leut.
Wasn für Leut?
Handwerker sucht der Großherzog. Die was verstehen von dem was sie tun.
Na Bluthund suchter.
Der Mann nimmt den roten Hut ab. Schmeckts euch, der grüne Woi?
Woi is Woi. Ob in Jülich oder Andalus.
Einen Tar und fünfhundert Reppa zahlter, der Großherzog.
Traugott nickt. Fenergierscheid sagst.
Willer nach Schweden der Großherzog. Ich trink aus dem Krug und gieß noch einen Humpen nach.
Weldergoven und Schwarzau. Da rückt frisches Blut nach. Die Uradligen danken ab. Und wer weiß was kommt. Ich zieh für den Großherzog durch die Landen und werb. Ich werb nur gute Leut. Und ihr seht mir aus wie gute Leut.
Hast mal Palmwein gesoffen?
Der Mann nickt. In Kairo wars. Vom Dattelbaum.
Ich seh zur Magda und seh zu Traugott. Einen Tar und fünfhundert Reppa.
Kost und Logis. Und fünfhundert Reppa Sold jeden Zehnten wenn ihr unters Joch geht.
Das zahlst uns gleich. Einen Tar und fünfhundert Reppa.
Alsbald ihr geworben seid.
Bist ja n reicher Mann. Alleine aufm Rappen unterwegs in fremdem Lande. Traugott gießt grünen Woi nach. Mag man kaum glauben. Manche brechen dir ja auch zum Beten die Finger. Für soviel Taler prügel ich dich mit den Fäusten alleine dud.
Der Mann lacht. Ihr kriegt euer Seckel schon. Trag ne Pistol aus den Ingelsheimer Werken. Schießt mit Hülsen in denen das Zündkraut schon aufn Hammer wartet. Sechs Schuss.
Wennd morgen noch hier bist kannst mich werben. Und du Schambatist. Der Großherzog von Fenergierscheid ruft!
Ist hoch oben im Süden. Fenergierscheid. Lässts sichs da leben?
Grüner Woi. Weißer Woi. Festwurst mit roter Paprika. Faßbier mit Kandis. Und Mägde noch und nöcher.
Malst den Deivel anne Wand!
Ich sprech nur was wahr ist.
Sechs Tag sind mer aufm Rappen gewesen. Brauchen n Bauch voll Woi und noch mehr Festwurst. Und ne Nachtlang Ruh. Dann kannst uns werben. Morgen in aller Herrgottsfrüh.
Gut. Der Mann steht auf und streckt mir die Hand entgehen. Schlagter ein.
Ma schlagen ein.
Gut so. Werdets nicht bereuen.
Er steht auf und greift in seine Lederjuppe und stellt dann einen Seckel auf die Bank neben uns. Dreihundert Reppa sinds. Damit ihr seht ich halt mein Wort. Morgen den Rest. Danach verschwindet er in der Schänke.
Einen Tar und fünfhundert Reppa sagt Traugott. So viel gabs nicht in Rheinhausen und nicht bei den Straßburgern.
Bei den Mongolen gabs das.
Traugott lacht. Und der Schultheiss?
Gott vergelts uns. Fenergierscheid liegt weit im Süden. Sold schuldet er mir noch. Aber sechs Tage aufm Rappen für die paar Kurant …
Hast Recht, Schambatist. Hast schon Recht.
Wir trinken den nächsten Humpen leer. Komm her Magda sag ich. Ich zieh das Fuhrmannsmesser ausm Stiefel. Hab dich nicht so. Zeig deine Hände. Ich schneid die Kordel durch. Mer sitze hier sag ich. Mer trinke langsam den Woi aus. Den grünen Woi ausm freien Jülich. Mer schauen auf die Wiesen da. Aufn Wald. Hast verstanden?
Die Magda nickt.
Warts noch. n Kuss gibst uns. Uns beiden. Dem Traugott und mir. Verstanden. n Kuss. Mehr wollenwer nich. Ja?
Die Magda beugt sich über die Bank und dann sind ihre Lippen so weich wie persischer Samt und auch der Traugott schließt die Augen und schmatzt noch ein wenig hinterher.
Ihr seid wirklich gute Leut. Wirklich. Rein im Herzen.
Der Traugott lacht. Ich sags dir. Mer sind gute Leut.
Hör mal hin Magda. Wir sind keine gute Leut. Hast schon Recht. Bluthunde sindwer. Nu sindwer die Bluthunde vom Großherzog. Mit dem Schultheiss hamwer nichts mehr zu schaffen. Und du vergiss nich - n Engel bist auch du nicht mehr.
Nein sagt sie. Bin kein Engel. Bin kein Hex. Bin mit Gott im Reinen.
Wir trinken lange Schlucke, der Woi rinnt übern Wanst.
Da isse weg.
Ja. Da isse weg.
Der Schankwirt macht ein großes Feuer. Leut kommen und sitzen. Wir leeren noch einen Humpen grünen Woi und essen geräucherte Forellen aus der Sieg.
Mit der Hand hab ichse gefangen. Mit der Hand.
Gut hast das gemacht, Traugott.
Was kommt da in Fenergierscheid. Noch ne Schlacht. Blut wird vergossen. Aber so ists.
So ists Handwerk sag ich zum Traugott. So ists Handwerk.
Hast Recht, Schambatist. Wie immer. Hast schon Recht.
Dann schauen wir ins Feuer und schauen in uns selbst.

Einen Tar und fünfhundert Reppa. Gibt keine Engel. Stimmt schon. Bluthund sindwer. Bluthund.

 
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@jimmysalaryman

Hallo,

Mal was anderes von Dir, soweit ich da den Überblick habe. Gerne und mit Spannung gelesen. Beim anfänglichen Leseversuch musste ich nach dem ersten Drittel abbrechen, weil die Formatierung bei der direkten Rede so ganz ohne Anführungs- und Schlusszeichen mich etwas zu nerven begann bzw. weil ich da nicht immer ganz geschnallt habe, wo jetzt jemand was sagt und wo der Redner wieder damit aufhört (teilweise auch, weil Umbrüche fehlen, das wäre vielleicht hilfreich). Es war etwas anstrengend. Weil ich die Story aber genügend spannend fand und wissen wollte, wie es weitergeht, habe ich sie nun ganz gelesen.

Der Titel hat mich angelockt, auch wenn ich den Ausduck "Stechgroschen" noch nie gehört habe. Eine Googlesuche verschaffte Klarheit :-)

Nachfolgend ein paar wenige Details, die mir ins Auge gesprungen sind, am Schluss dann noch sowas wie ein Fazit.

Die Klingen schärfe ich mit einem Wetzstein, den ich in einem Stück Öltuch eingewickelt in der Satteltasche mit mir trag.
Schönes Detail. Gibt später in der Geschichte noch mehr davon.

Bauern in der Gegend sind ja bettelarm, die Fürsten pressen ihnen stets mehr als den Zehnten ab, andererseits will ich nicht viel, nur einen Teller heißer Suppe und ein Stück weiches Brot nach dem langen Ritt.
Weiss jetzt nicht genau ob das in seinem Sprech so Gang und Gäbe ist, aber korrekterweise müsste da das "r" weg, oder?

an die alten Geschichtchen glauben tuste?
Klingt schräg in meinen Ohren, aber ist vielleicht wieder diesem Sprech geschuldet? "An die alten Geschichtchen glaubste?" klänge für mich runder.

Und soll hinne machen …
Und hinne sollse machen ... ? :-)

Letzeburg, sagt der Alte noch, und da sticht der Traugott das Drudenmesser tief in den Leib des Jungen. Sein Blut ist dunkel wie Teer und fließt ihm über die Hände.
An dieser Stelle verstand ich nicht, wieso Traugott den Knecht einfach ermordet. Nur weil er böse ist oder habe ich was nicht verstanden? Er hat ja nix davon, wenn er ihn um die Ecke bringt.

Mir wird der Mund trocken, ich will einen Schluck Wasser und einen Kuss.
Mmmh, wieso einen Kuss?

Das Lager schlagen wir an einer steilen Felswand auf, so kann man uns nicht von hinten angreifen.
Brauchst Du die Erklärung? Ich denke, Du kannst deinen Lesern soweit vertrauen, dass sie wissen, warum die beiden ihr Lager mit einer Felswand im Rücken aufschlagen. Mir zumindest war es sofort klar.

Doch hinter der Mühle lag ein Berg mit einem steilen Hang, und der Vater hat dort Wein angebaut, eine alte Sorte, die nur im Tal gedieh.
Habe (wohl aufgrund der Satzstellung) nicht ganz verstanden, wo der Vater den Wein angebaut hat: Am steilen Hang oder unten im Tal?

Den Hof haben sie gebrandschatzt und ich habe mich im Weinberg versteckt und bin weggelaufen und kam so zur Garde des Fürsten von Berg, da wurd ich Trossjunge und habe das Handwerk gelernt von der Pieke auf, es ist wie man einen Stich am Leibe anbringt so dass der Mann schnell stirbt und wie man Zündkraut in die Batterie lädt und mit der Pistole zielt und wie man ein Lager errichtet und sich während der Schlacht verhält.
Habe nicht verstanden, wieso dieses "es ist" da steht und das hat mich rausgerissen und ich musste diesen ellenlangen Satz nochmals von vorne lesen. Vielleicht die beiden Wörter streichen und dort mit einem Punkt trennen und zwei Sätze draus machen?

Er hat mich wegen der so laut donnernden Schlacht und der Schreie nicht kommen gehört und hatte auch schon ein malades Bein und ich sprang aus dem Schatten der Bäume und hab ihm mein Fuhrmannsmesser mit der dünnen Klinge von hinterrücks in den Hals gestochen und dann das Heft gedreht, und da hat es ihm die Gurgel zerrissen und er fiel nach vorne in den Dreck und sein Blut schwamm oben auf dem klaren Wasser vom Bach und es schwamm davon als sei es ein Öl und der alte Dragoner stöhnte noch einmal kräftig und dann hat er die Augen geschlossen und war weg.
"ein" würde ich streichen, braucht es nicht. Wieder so ein ellenlanger Satz. Mir gefällt das Tempo dieser Sätze, liest sich flott weg, es bleibt aber auch nicht viel hängen, wenn man's nicht mehrmals liest.

Da bist du ja[KOMMA] du frommes Waschweib, sagt er und ich lege Hand und Herz vor ihm auf den Boden hin und sag, dass es der Gansertjunge war, dass der Gansertjunge mich versucht hat totzuknüppeln unten am Fluss und dass ich ihm den Hals umgedreht hab wie einer alten Henne und dass er nun den Fluss herunterschwimmt bis zur Enge um Truhtesdorf und bis dorthin schon aufgedunsen sein wird wie ein Ballon.

Na, seids wie ihr seid. Feine Cöllner Mark habn wir nich. Wo kann man denn das Lager aufschlagen für eine Nacht Rast?
Ich habe das Gefühl, sie haben gerade erst aufgesattelt und sind in den Morgen losgeritten und nun fragen sie bereits nach einem Rastplatz für die Nacht? Habe ich was verpasst oder ist die Zeit extrem schnell vorübergegangen?

Ich leg die Messer beiseite und greife nach dem Herzen vom Gansertjungen das ich in einem Leinensack mit mir trug.
Zeitform? Mit mir trage.

Schau nach der Forelle, sonst wirds noch schwarz.
Wirdse?

Die Gräten spucken wir aus und wünschten uns Salz.
Wünschen uns Salz. Wahrscheinlich hast Du das bewusst gemacht (auch oben) aber ich versteh den Wechsel der Zeitformen hier nicht ganz.

Ich drücke ihm den Stiefelabsatz ins Maul hinein und dann ruck klappt der Kiefer auseinander und noch ein morsches Geräusch und dann herrscht Ruh.
Fehlt da was? "und dann ruck klappt" ergibt für mich keinen Sinn.

Der Engel spricht ja[KOMMA] lacht Traugott.

Unsere Seelen sind schon lang verkauft[KOMMA] sag ich.

Wir schneiden mit unseren Klingen die Wurst und stopfen sie in uns rein und grüner Wein aus Tonkrügen und auch Magda frisst und säuft.
Die feine Magda lässt sich auf das Niveau der beiden "Herren" herunter, in dem auch sie frisst und säuft? Na heja, wer hätt das von 'nem Engel erwartet!

Damit ihr seht[KOMMA] ich halt mein Wort.

Bin kein Hex.
Bin kei Hex? Oder Bin keine Hex?

Was mich etwas gestört hat, waren die dauernden Wiederholungen, wenn jemand spricht. Vor allem bei diesem Traugott. Aber auch die anderen Charaktere scheinen sehr darauf bedacht, gewisse Teile des bereits Gesagten zu wiederholen ... Ist das ein Stilmittel oder redeten die wirklich so damals? Erscheint mir irgendwie etwas fremd, so als wären se alle nicht ganz richtig im Kopp. Sorry, vielleicht kenne ich mich da einfach zu wenig aus, aber so wirkte das auf Dauer etwas anstrengend und vor allem monoton auf mich, mit diesem Sprech, den da alle an den Tag legen. Fand's aber dann doch ganz authentisch, muss ich vielleicht noch anfügen.

Hat mir soweit nicht schlecht gefallen, die beiden Typen, die da brutal ihrem Handwerk nachgehen. Ein Glück für Magda, ist sie da nochmal heil rausgekommen, im Gegensatz zum Gansertjungen. War das damals wirklich Glaube, dass man durch's Essen eines Herzens unsichtbar wird? Ich kenn das nur aus der näheren Gegenwart, von den afrikanischen Bürgerkriegen, z.B. damals in Liberia war das auch verbreitet.

Abschliessend kann ich sagen: Sie fordert schon ziemlich Durchhaltewillen vom Leser, diese Geschichte. Atmosphärisch ist sie, damit hast Du mich mitgenommen, aber etwas kürzer und knapper hätt's sein dürfen, bin trotzdem einigermassen gut durchgekommen. Potential zur Kürzung sehe ich beim ersten Treffen mit dem Knecht, dem alten Mann und seiner Alten. Dann auch beim Aufeinandertreffen mit den Gesellen. Ginge knapper, ohne das was verloren geht. Die Reisebeschreibungen wiederholen sich mit der Zeit, habe ich das Gefühl, auch da könntest vielleicht das ein oder andere verknappen oder ganz streichen.

Soweit mein Eindruck.

Petri Heil,
d-m

 

Moin @jimmysalaryman ,

ich mag Historisches gern und insoweit hab ich deine Geschichte gern angeklickt. Aber im Laufe des Lesens wurde mir klar, dass mich just dieses Thema nicht so mitriss.
Am Anfang fand ich es etwas beschwerlich mit dem Dialekt und deiner Verpackung der wörtlichen Rede flüssig lesen zu können. Aber das soll auf jeden Fall nicht heißen, dass du es ändern sollst. Wenn du alles ins klassische Format der wörtlichen Rede setzen würdest, würde dieser Text sehr verlieren. So wirkt alles sehr homogen: die derbe Sprache, der Dialekt, diese indirekte Darstellung der wörtlichen Rede und auch die Breite, in der du das Ganze angelegt hast. Das gehört alles zusammen und ergibt eine perfekte Stimmung der damaligen Zeit. Ich konnte als Leser sehr gut da hineinschlüpfen und habe jede Menge Bilder vor den Augen gehabt.
Und das ist auch mein großes Lob zu deiner Geschichte, dass man eindeutig in diese Zeit versetzt wird und es keine Brüche gibt, die einen wieder rauskatapultieren oder dergleichen.
Sehr gut gemacht.
Wo ich noch Zweifel hätte, wäre bei der Frage, ob da immer so viel wiederholt werden muss bei den beiden. Ich fürchte jedoch, die Geschichte würde ihre Behäbigkeit und ihre Altertümlichkeit etwas verlieren, wenn man es wegstriche. Aber ich wollt es wenigstens erwähnt haben, dass es schon auffällt, dass ziemlich viel Wiederholungen drin sind.

Verstanden habe ich zwei Begriffe nicht, die ich aber googeln konnte. Das war der Titel und das war dann Drud. In beiden Fällen wieder mal was dazu gelernt. (So bringt Lernen Spaß!)

Letzeburg, sagt der Alte noch, und da sticht der Traugott das Drudenmesser tief in den Leib des Jungen. Sein Blut ist dunkel wie Teer und fließt ihm über die Hände.
Ich fang gleich mal mit der Szene an, die ich nicht nachvollziehen konnte. Wieso bringt er ihn um?
Ich hab schon drüber nachgedacht, dem Guten im Schlaf einfach die Kehle durchzuschneiden und dem Schultheiss später so davon zu berichten, als sei es der Gansertjunge gewesen.
Ziemlich blutrünstig. Nur, weil der Traugott nervt.
Die Klingen schärfe ich mit einem Wetzstein, den ich in einem Stück Öltuch eingewickelt in der Satteltasche mit mir trag.
Dieses Satzgebilde ist ein wenig spröde. Der passt nicht in diese Zeit, nicht inhaltlich, sondern von der Formulierung her. Wie wäre es mit zwei Sätzen? "Die Klingen schärfe ich mit einem Wetzstein. Den trag ich immer in der Satteltasche mit mir, eingewickelt in ein Öltuch."
So sei das Leben, hat man mir gesagt.
Würde ich weglassen, zumindestens das "hat man mir gesagt", weil das für deine Figur viel zu devot, empfangend klingt. Der hört nur auf den Schultheiss und sonst niemanden.
Den Hof haben sie gebrandschatzt und ich habe mich im Weinberg versteckt und bin weggelaufen und kam so zur Garde des Fürsten von Berg, da wurd ich Trossjunge und habe das Handwerk gelernt von der Pieke auf, es ist wie man einen Stich am Leibe anbringt so dass der Mann schnell stirbt und wie man Zündkraut in die Batterie lädt und mit der Pistole zielt und wie man ein Lager errichtet und sich während der Schlacht verhält.
Ich würde auch hier mehrere Sätze draus machen.
Einen Umhang aus dunklem Stoff trägt sie über den Schultern obwohl die Sonne scheint.
Ich würde vor "obwohl" ein Komma setzen.
Doch ein Tritt in die Schnauze kriegst wenn du nicht gehorchst.
Hier vor dem "wenn" ein Komma.
Festwurst und Wein aus den süßn Äppln die da überall herum wachsn.
Hier vor "die".
Bei den Kommata bin ich mir aber auch nicht sicher, ob du sie weggelassen hast, damit die Sprache noch einfacher klingt. Ich wüsste jetzt auch nicht, wie man das lösen könnte, nämlich, sich einerseits an die Grammatik zu halten und andererseits diese altertümliche Stimmung aufrecht zu erhalten.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo @deserted-monkey und @lakita

ich fasse mal die Antwort an euch zusammen, weil sich ja einiges überschneidet. Das ist also alles pure Fiktion. Nichts davon habe ich recherchiert, bis auf die Totenhand und das Kinderherz, das ist tatsächlich so. Der Rest ist echt frei erfunden. Ich hatte eine Idee im Kopf, so eine Art Western im deutschen Flickenteppich des 18 Jahrhunderts, und ich wollte einfach mal mit dem skizzieren beginnen, und dann ist es irgendwie explodiert und ich habe das so runtergeschrieben. Ob die so gesprochen haben, echt keine Ahnung, für mich klang das wahrscheinlich alles recht organisch, haha. Ich glaube, das mit den Wiederholungen hat sich so ergeben, weil ich alles Mc Carthy-mässig versucht! habe zu schreiben, also in dem Sinne, dass ich es ohne Anführungszeichen und so weiter gemacht habe, schnell und recht radikal. Insofern stimmt es natürlich, das es nicht so einfach ist dem Ganzen sofort zu folgen. Ich sehe das aber ähnlich wie Lakita, dass es irgendwie den Drive und die Dynamik rausnehmen würde.

Zu der Szene mit dem Jungen, der umgebracht wird. Ich denke, es sollte so sein, dass sie den Alten der Lüge bezichtigten und direkt zeigen, was sie mit Lügnern machen. Nicht mit ihm sofort, aber mit dem Jüngsten, dem Kräftigsten. Es sollte eine Botschaft sein und auch den Ton der Erzählung irgendwie setzen.

Im Grunde sind dies zwei Söldner, die erfahren sind und sich jedem andienen, der ihnen den höchsten Sold bietet. Ihnen geht es nicht um Moral, sondern um das Überleben. Das wird ja am Ende verdeutlicht, als sie kein Problem haben, Magda einfach gehenzulassen. War so die Idee. Naja, mal sehen, wie das so gelungen ist, ich habe echt keinen Plan, wie ich selbst zu dem Text stehen soll, weil ich so etwas echt noch nie geschrieben habe und auch in der Richtung selbst echt nix kenne. Es war also wirklich etwas zum ausprobieren, deswegen bin ich dankbar für eure Rückmeldung. Zu den Einzelheiten melde ich mich, wenn ich den Text dahingehend überarbeitet habe.

Gruss, Jimmy

 

Moin jimmy -

knapp über 36.000 Zeichen (also auch Leerzeichen) entsprechen 18 Normseiten unter Courier 12 pt., die Seite zu 30 Zeilen, die Zeile zu 60 Zeichen nebst dem Verbot der Worttrennung. Das erfordert neben Sitzfleisch Konzentration und bei der Entführung in eine weit zurückliegende Zeit (der Schultheiß als beamteter Vertreter des Landesherrn ist eine ursprünglich "fränkische" Einrichtung. Der bekannteste dürfte heutzutage Grimmelshausen [genau der des „Simplizissimus“] gewesen sein) – aber was schon am Anfang schiefgeht ist m. E. der individuelle Sprache, die weder Dialekt noch Soziolekt zu sein scheint

Bald ist se madig.
Verkürzungen, „wie se halt“ in gesprochener Sprache vorkommen
..., der würd nur an den falschen Stellen im Fluss stehn ...
wechseln mit nicht nur lautsprachlich korrekten Endungen
und seine Ruten wären auch zu nichts zu gebrauchen.

Wenn er wenigstens schweigen täte!
Dem regelkonformen Konjunktiv II steht das Abrutschen in den Konj. I entgegen

ich hab schon drüber nachgedacht, dem Guten im Schlaf einfach die Kehle durchzuschneiden und dem Schultheiss später so davon zu berichten, als sei es der Gansertjunge gewesen. Wer sollte da von erfahren?
Mit der Erschwerung im Modalverb „sollen“, wenn Vergangenheit und Konjunktiv II(ohne Umlautung) ineinanderfallen wie etwa im „sollte“.

Aber ich guck mir alles durch, wenn auch nicht mehr heute, und meld mich wieder ...

Bis dann

Friedel

 

Der bekannteste dürfte heutzutage Grimmelshausen [genau der des „Simplizissimus“] gewesen sein) – aber was schon am Anfang schiefgeht ist m. E. der individuelle Sprache, die weder Dialekt noch Soziolekt zu sein scheint

Moin @Friedrichard

hast natürlich Recht. Das ist noch halbgar, ich ändere das auch. Ich habe mich beim Schreiben da mehr und mehr reingesteigert, deswegen ist in der Mitte des Textes auch mehr Dynamik drin, da liest es sich organischer, den Anfang müsste ich noch ändern. Tatsächlich habe ich in den "Teutsch" und seine Abenteuer hineingelesen, das war also eine Inspiration sicher auch. Ich geh drüber und schau mal, was du noch alles an sprachlichen Unsauberkeiten findest, wäre natürlich zuvorkommend, wenn du da noch einmal investierst.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

Die zwo ersten (Haupt-)Sätze,

lieber jimmy

Seit Tagen öder Fraß. Trockenes Brot und gepökelte Wurst, die von den Rändern her schon grün wird.
bedienen sich der Kunstform der Ellipse, die ausgerechnet im vollständigen Relativsatz ein Ende findet!?

Aber ich denk mal, dass Du „eigentlich“ weniger Slang als so was wie den Dialekt darstellen willst.

Derzeit wird wohl ein „Sprachatlas“ an der Uni Siegen erstellt (vgl. https://www.uni-siegen.de/sisal/) und ich geh davon aus, dass es ein rheinfränkischer oder ein über den Rhein gekommener moselfränkischer Dialekt ist, der sich wesentlich von den linksrheinischen unterscheiden wird, weil das Sauerland sächsisches Gebiet war und in den Grenzgebieten Abweichungen vom jeweiligen „Standard“ sich bilden (also eher eine eigene Mundart. Extrem im Harz, wo jedes Dorf einen anderen sächsischen Dialekt pflegt, wenn überhaupt noch).
Übrigens hat sich Friedrich Engels mit Sprache befasst – halt Dich fest: Fränkisch!, kann aber nicht mehr darüber referieren – zu lange her (https://www.uni-due.de/imperia/md/content/elise/ausgabe_2_2001_wenderott.pdf). Wahrig hat wohl auch Dialekte in seinem Wörterbuch berücksichtigt (Duden ist ja aufs „amtliche“ Deutsch festgelegt).

Ich leb in der Stadt, wo das Rheinische (fränkische) aufs Sächische (Münsterland, Westfalen) trifft. Aber hier wird ein Gemisch aus aller Herren Länder incl. Jiddisch geplaudert. In der Kakophonie hab ich mich für Slang entschieden. Einfacher geht eigentlich nicht.

Wenn du lügst, kommt dann der Drud? Hast du deswegen das Messer da über der Tür?
Keiner is hier durchgekommen. Das schwör ich euch!

Ich noch mal,

wenn ich darf. Aber korrigieren -

wie etwa den

Schultheiss
der auch schon mal als
Schultheiß
auftaucht (das ß gibts vermutlich seit dem Übergang vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen und sollte mit der Rechtschreibreform abgeschafft werden. Aber dieses deutscheste aller schriftsprachlichen Merkmale wurde auf sogar sinnvolle Weise erhalten in der Regel, kurze Silben mit doppel-s (Fluss) und gedehnte Silben (Fuß) mit ß enden zu lassen

ist schwierig. Was gut rauskommt ist auf jeden Fall die Zeit, wenn etwa der Name

... der Schambatist.
auftaucht, m. E. ein „Jean Baptist“, eine Zeit, da das "Reich" bereits in Trümmern und Einzelherrschaften zersplittert und die das Kaiserhaus Habsburg im Haus Brandenburg (das ja aus Südwestdeutschland, aus dem schon die Staufer kamen, über Nürnberg in den Nordosten einflog) einen Konkurrenten erwachsen sah.

Tipp, sofern überhaupt noch machbar: Grimmelshausen im Original lesen! Das Problem (wie bei den permanenten Anpassungen der Lutherbibel an die neuere Zeit hinein und heutzutage gar „kindgerecht“), der Simplizissimus wird jede längere Nase lang „neu“ übersetzt und an den herrschenden Zeitgeist angepasst. Beim Theoderich-Text lass ich das Gotische nur an einem eh bekannten Text aus, den wahrscheinlich jeder zumindest näherungsweise kennt.

Da hastu Dir einen schönen Brocken „aufgehalst“, wenn ich das mal so sagen darf.

Schau'n mer ma', wat draus wird, so kann ich nahezu die Erfindung der FRankfurter Schule als "teilnehmender Beobachter" etwas pflegen.

Wie dem auch wird, ich bleib so weit möglich "wohl + wollend" dabei,

Friedel

Friedel

 

Aber ich denk mal, dass Du „eigentlich“ weniger Slang als so was wie den Dialekt darstellen willst.

Hallo Friedel,

ganz ehrlich: so weit hatte ich gar nicht gedacht. Es ging mir nicht um die Emulation oder Simulation eines bestimmten Dialektes. Ich hatte zwei Söldner im Kopf, die ja offensichtlich auch für imaginierte Herzogentümer gedient haben, deswegen dachte ich mir, ich packe einfach alles an coolem sprachlichen Interieur rein, weil es schon möglich gewesen sein könnte, dass diese kosmopolitischen Krieger halt auch vieles an sprachlichen Wendungen auf ihren Reisen eingepackt haben dürften. Ich wollte mal austesten, ob man so etwas wie einen Western, der ja einen uramerikanischen Mythos (frontier, wilder Westen etc) auch hier erzählen könnte, aber natürlich unter den gegebenen Parametern, eine andere Sprache, andere Grenzen, andere Sitten, andere Kultur. Ob ich das wirklich anpassen will ist so eine Sache, dadurch nimmt man sich ja auch selbst ein wenig die kreative Freiheit, einfach etwas zu erfinden - ein Großherzogentum Fenergierscheid, wo Fenergierscheid gerade mal 50 Einwohner hat, oder so. Es klang einfach gut! Puristen werden mich dafür sicherlich steinigen, aber dann ist es eben so. Also, vielen Dank für die weitere Auseinandersetzung mit dem Text, ich höre gerade das Hörbuch zum Simplicissimus in einer neu übersetzten Version, und dann taste ich mich mal nach und nach heran.

Gruss, Jimmy

 

Hallo @jimmysalaryman

ich habe deinen Text schon vor einigen Tagen gelesen, kam aber nicht dazu, einen Kommentar zu schreiben. Jetzt wollte ich dir aber nun doch meinen Eindruck dalassen. Mir hat die Geschichte wirklich sehr gut gefallen. Die Stimmung, die Charaktere, die Gewalt, der Krieg, die Verrohung. Ich finde, dir gelingt es wirklich gut, das alles zu einem stimmigen Gesamten zusammenzufügen. Durch nahezu jeden Satz zieht sich so eine Schwere. Es ist fast schon traurig, das Tagewerk der beiden so im Detail beschrieben zu bekommen. Gepaart mit der teilweise kühlen Emotionslosigkeit der beiden, für die ihre Welt nun mal so funktioniert, wie du es beschreibst. Finde das alles sehr gelungen. Krieg ist Handwerk. Das Töten nur Handarbeit. Ja, das passt gut zusammen.
Dann hat mir die Ausweglosigkeit sehr gefallen, die du beschreibst. Es ist von Beginn an klar, dass Magda und der Gansertjunge kaum eine Chance haben, abzuhauen. Die beiden Söldner sind sich dem ja auch ziemlich sicher und machen sich im Prinzip ja nicht wirklich Sorgen darüber, dass sie ihren Auftrag nicht erfüllen könnten. Auf der anderen Seite ist es für die beiden ja auch ausweglos. Sie sind, wie sie sind. Sie kennen nur den Krieg, verstehen ihr Handwerk und werden dem nicht entfliehen können. Am Ende lassen sie sich folgerichtig wieder anwerben, um in einem Konflikt zu kämpfen, dessen Hintergrund oder Beteiligte völlig egal sind und in dem nur die Bezahlung zählt. Und irgendwann werden sie dann irgendwo einmal im Kampf sterben.
Zum historischen Kontext und der von dir gewählten Sprache kann ich nichts beisteuern. Ich kann nur sagen, dass mich die Wortwahl nicht gestört hat, sondern sich (meinem Empfinden nach) gut in die Welt und die Geschichte einfügt. An 1-2 wenigen Stellen bin ich ein wenig über Formulierungen gestolpert, die du aber vermutlich so beabsichtigt hattest.
Hat mir auf jeden Fall was gegeben und habe ich sehr gerne gelesen. Danke dir dafür!
Unten noch ein paar Anmerkungen von mir.

Viele Grüße
Habentus

Wer sollte da von erfahren?
Müsste es nicht heißen davon erfahren?
Einen kleinen Vorsprung habense noch, der Gansertjunge und die Magda, vielleicht einen halben Tag, aber dann habn wir se eingeholt.
Wir reiten langsam, wir galoppieren nicht, die Rappen sollen sich nicht erschöpfen. Den Gansertjungen kriegen wir so oder so.
Zieht sich durch den ganzen Text, dass die beiden so absolut davon überzeugt sind, den Gansertjungen und die Magda einzuholen. Und gefällt mir sehr, da alles dann so unausweichlich scheint.
der Schultheiss die Magda sowieso hätte für sich ganz alleine haben wollen
An dieser Stelle ist es mir dann aber doch ein wenig zu viel und zu umständlich formuliert.
Ich trag zwei Kavalleriepistolen, die ich einem toten Franzosen in Nancy abgenommen hab und in jedem Stiefel ein Fuhrmannsmesser. Die Klingen schärfe ich mit einem Wetzstein, den ich in einem Stück Öltuch eingewickelt in der Satteltasche mit mir trag.
Ich mag das sehr, wie du deine Charaktere mit wenigen Sätzen einbettest und einen Hintergrund erschaffst.

Wir ham nix.
Gute Stelle!
Wir knüpfen den Jung auf, wenn wir ihn gefunden habn, und das Weib holn wir auch zurück und bringens mit uns, und dann kommen wir nochmal hier vorbei und dann wird sie uns die Wahrheit schon sagen.
Ich finde, dass die Bedrohung hier ganz gut rüberkommt. Aber ich frage mich auch, ob es nicht einen stärkeren Effekt hätte, an dieser Stelle nur anzudeuten, dass sie später eventuell zurückkommen. Zumal du dasselbe ein paar Sätze später ja noch mal wiederholst. Bin mir unschlüssig.
Sind die nach Norden?
Das is nurn Knecht, sagt der Alte. Lassn.
Hier fehlte mir, dass der Alte aufgestanden und mit rausgekommen ist. Für mich saß er noch drinnen. Vielleicht aber auch viel zu picky von mir.
Letzeburg, sagt der Alte noch, und da sticht der Traugott das Drudenmesser tief in den Leib des Jungen. Sein Blut ist dunkel wie Teer und fließt ihm über die Hände.
Ich habe ehrlich gesagt nicht verstanden, warum er das tut. Die Drohung war doch schon real. Der Alte nimmt die beiden ja ernst und glaubt ihnen auch, dass sie gefährlich sind. Er muss seinen Punkt also nicht noch durch den Mord klarer machen. Bleibt also, dass er Lust drauf hatte? Und das passt wiederum für mich nicht so ganz zu dem Charakter. Klar, du baust die beiden als hart gesottene Söldner auf, die sicherlich kein Problem damit haben, einen Menschen zu töten und für die Gewalt absolut zum Alltag gehört. Aber an dieser Stelle ist die Gewalt ja nicht notwendig, sondern eher unnötig.
Das passiert später so ja auch nicht mehr. Alle spätere Gewalt im Text findet ja anlassbezogen statt. Daher fiel für mich die Stelle ein wenig raus. Aber du wirst dir vermutlich was bei gedacht haben.

Jeder wird geboren. Ob nu bei den Franken oder den Ratten ist doch einerlei. Bist da und bist wieder weg. So sei das Leben, hat man mir gesagt.
und manche Männer wollen mehr leben als andere, und den Gansertjunge trägt es schwer unterm Herzen, er will nicht kämpfen, er will lieben, und ich kann nur kämpfen.
Finde ich super. Kommt gut rüber an solchen Stellen, was für ein kriegsgezeichneter harter Hund er ist, der schon so viele Grausamkeiten gesehen hat und nichts anderes mehr zu kennen scheint. Auch wie du vorher den der Kampf mit dem Gansertjungen beschreibst, gefällt mir sehr.
hab und der Hauptmann hat mich nach der Schlacht einen Helden genannt und das war der Beginn.
Weiß nicht so genau, warum, aber hier hat mich der Beginn gestört. Finde du baust davor ja gut auf, wie es dazu kam, dass er zu dem geworden ist, der er ist. Also Krieg, Vater erschlagen, Mutter geraubt, als Kind militärisch ausgebildet usw. So gesehen war der Beginn ja früher. Dass er seinen ersten Menschen getötet hat, ist sicherlich einschneidend, aber die Formulierung Beginn hat für mich nicht gepasst.

die Haut hell wie indische Seide und die Augen groß wie die Augen eines jungen Rehbocks.
Ich fand das ein bisschen zu dick aufgetragen, wie er ihn beschreibt. Aber das ist vielleicht auch einfach Geschmackssache.
Sie kommen früh in der Nacht. Die Dunkelheit ist noch nicht vollkommen. Der Mensch und das Feuer gehen schon sehr lange gemeinsam ihre Wege. Da bleibt ein jeder Fremde stehen und schaut in die Flammen und schaut auf diese Geschichte und in sich selbst hinein.
Ich bin mir nicht sicher, meine aber, dass es in der ersten Version andersherum war. Also, dass es die beiden waren, die die sieben angegriffen haben, oder? Täusche ich mich? Das hat mir besser gefallen, weil ich nicht so ganz verstehe, warum die Knechte einen Angriff wagen sollten? Die beiden haben ja eine Motivation, aber die Knechte? Hat Magda ihnen gesagt, dass sie die beiden töten sollen? Dann hätten sie ja auch bereits beim ersten Aufeinandertreffen angreifen können.

Wasn für Leut?
Handwerker sucht der Großherzog. Die was verstehen von dem was sie tun.
Na Bluthund suchter.
Finde ich eine gute Stelle. Der Krieg und das Töten als Handwerk. Kommt ja auch vorher ein paarmal vor. Für mich würde die Stelle aber stärker werden, wenn der Teil mit dem Bluthund weg wäre.

 

Hi Jimmy

Und gleich vorne weg: Feine Gschicht hast da erzählt, wirklich fein. Vonne zwei Bluthund, wie se leben um zu überleben. Fein gemacht, ich habs wirklich gern gelesen.

Er steht da vor dem Haupthaus und füttert die Hühner, die in einem kleinen Verhau herumgackern, magere Viecher alles.
Wir ham nix.
Schöne Steigerung von magere Viecher zu Wir ham nix. Top!

Ihr seid aber keine arm Leut(.’)
arm Leut’.

Wir ham nix.
‘n Teller Suppe für paar arme Leut’
Hier und an anderen Stellen beginnst du den Satz mit kleinem 'n. Kann man so machen, war mir nur aufgefallen. Aber eben, man muss sich von normalen Konventionen lösen, dann passt das schon. Jedenfalls eine kleine Herausforderung und nix für zwischendurch. Da muss man den Kopf schon bei der Sache haben. ;)

Is das dein Junge da?
Isn Knecht, sagt er und sieht auf das Messer in meiner Hand.
Hier lässt du die Auslasszeichen (`) ganz weg. Kann man machen, aber weshalb an gewissen Stellen mit und dann wieder ganz ohne `?

und geb() sie den Viechern da zu fressen.
hol()n wir auch zurück und bringens mit uns,
Ich fände es besser, wenn es durchgängig wäre. Also am besten überall weglassen, da kann sich mein Hirn viel besser justieren und ich lese einfach drüber weg.

Traugott, der Alte hier sacht, wir sind die Bluthund vom Schultheiss!
Hier bezog ich den Alten auf Traugott. Eventuell die Ansprache abschliessen?
Traugott. Der Alte hier sacht, ...

Hier is die Supp. Die Alte löffelt zwei Schüsseln voll.
Vorhin hat der Traugott ihr den Löffel noch weggenommen, wie kann sie dann hier löffeln? Oder hab ich das falsch aufgefasst?

Liebe und Kabale also
Hui, musste ich guugeln und siehe da, Schiller. Jo, WK bildet.

Für die Alte hätts auch einen Stich in den Balch getan.
Der Drud kommt des nachts. Warts ab.
Dahinten, sagt Traugott und nickt zum Wald. Da ist ein Fluss.
Die Sieg.
Die Sieg …
Fängst du wieder vom Angeln an?
Ich fang sie dir mit der bloßen Hand, die Forellen.
Dazu Wein, weiß wie ein Schleier …
Den Träumen bekommts wohl.
Der Tabak, ist das der türkische?
Traugott nickt.
Ich geh runter zum Fluss. Das Gesicht waschen.
Waschen ist ja was für Weiber, und du bist kein Weib.
Erst so, hä? Wer redet jetzt da, und dann so, is doch egal, lass fliessen, Jung. Und so isses, einfach fliessen lassen, und genau das macht den Text aus. Der fliesst, entwickelt einen Sog, treibt die Geschichte vorwärts, kein Balast.

der Vater verkaufte ihn an Franzmänner und an Schweden, das war ihm gleich.
Gefühlt kommt hier ein 'KOMMA oder', damits ihm einerlei ist.

die Mutter habense mitgenommen,
schreibst du einerseits, dann wieder:
Den Hof haben sie
Ist ja immer der Schambatist, der da erzählt, würde ich somit konsequenter gleich schreiben.

und sein Blut schwammoben auf dem klaren Wasser vom Bach und es schwamm davon als sei es ein Öl und der alte Dragoner stöhnte
Stilmittel oder zufällige WW?

eine Schärpe habe ich mir genommen und seine Pistole, weil es der erste Mann war den ich durch die eigene Hand getötet hab und der Hauptmann hat mich nach der Schlacht einen Helden genannt und das war der Beginn.
und so fing es an.
Ist aber wohl Geschmackssache.

und er schlägt hin, schlägt ins Wasser und kippt vornüber
Da dachte ich erst, der Gansertjunge selber schlägt hin, du meinst aber den Knüppel. Hm, gestolpert.

Ein schöner Junge ist der Gansertjunge, die Haut hell wie indische Seide und die Augen groß wie die Augen eines jungen Rehbocks. Die Magda, sag, wo ist die Magda, doch der Junge schweigt, er schweigt nun für immer, ich weiß es ja. Ich sehe mich um, aber die Magda ist nirgends zu sehen, da rennt sie alleine durch die Nacht, ihr Held stumm wie eine Forelle, die der Traugott mit der Hand aus dem Fluss gefangen hat, die Kiemen trocken wie Sand und das kleine Herz zu Staub zerfallen.
Der ganze Absatz, der dazu gehört ist einfach nur toll, der hat soviel Fahrt, da ist richtig Aktion vorhanden, ich lese ihren ungleichen Kampf atemlos und komme beeindruckt heraus.

Ihr Vatter ist Schmied.
Na, auch ein Schmied guckt in den Himmel.
Satteln wir auf und schwätzen nicht.
Auch so eine tolle Stelle, für den ich die Geschichte echt mag. Fein gemacht!

Weizen steht da wie gebackenes Gold.
Sehr schön!

Ich hab auf euch hier gewartet.
Mich bremst das hier aus. Ohne fänd ich's treffender.

Bluthunde sindwer. Nu sindwer die Bluthunde vom Großherzog.
Weshalb Bluthund hier ausgeschrieben?

Wunderbare Söldnergeschichte, ungeschönt und gnadenlos ehrlich.
Es sind alles keine Engel da, sie wollen und müssen eben, jeder auf seine Art überleben.

Hast mich prima unterhalten,
Gruss dot

 

Hey @jimmysalaryman !

Hat mir wirklich gut gefallen. Mir gefällt die Sprache, manche Wörter kannte ich nicht oder musste ich googeln, Rappen und Rappe und Tar - wir dem auch sei, das hat einen wirklich guten Sound. Ich brauchte auch einen Moment, um reinzukommen, und manche Stellen musst ich auch zwei Mal lesen, um nachzuvollziehen, wer jetzt gesprochen hat, aber alles in allem hat die Geschichte einen guten Sog, die Sprache hat was Authentisches und Rohes, was gut zum Leben der Bluthunde passt. Fand's Teilwiese echt schön, das Salz und Speck und der Gold und die Gesellen und Mägde und Forellen - hat auch etwas Eskapistisches, so ein deutscher Western.

Ich finde auch die Gegenüberstellung zwischen dem Leben und der Sprache der Bluthunde und der unschuldigen Magda gelungen.

Wos kalt ist, willst du Wärme. Und wer Schuld hat, erkennt die Unschuld und tut nun alles für sie.
Sie ist ja auch ein Engel.

Der Ich-Erzähler stellt zu Beginn auch gleich klar, dass er offenbar keine Loyalität kennt, auch nicht zum Traugott, er kennt das Gesetz des Stärkeren und das der Gewalt und des Auftraggebers.

Wenn er wenigstens schweigen täte! Ich hab schon drüber nachgedacht, dem Guten im Schlaf einfach die Kehle durchzuschneiden und dem Schultheiss später so davon zu berichten, als sei es der Gansertjunge gewesen.

Diese Ständige Wiederholung: Recht ist, was der Schulthheiss sagt , find ich stimmig und auch etwas tragisch - das ist der moralische Kompass ist, von den Bedürfnissen nach Speck und Weibern abgesehen --- teilweise wirkt diese Formel auch wie eine Art Rechtfertigung - das ist der Auftrag, das muss ich machen - Recht ist, was der Schulheiss sagt.

Und dann die Rückblenden, wie viele Männer er schon getötet hat, und früh das schon losging ...

Der Gansertjungen dagegen passt nicht so ganz in diese Welt und wird dann auch brutal getötet. Fast könnte man meinen, der Ich-Erzähler tötet damit auch einen Teil von sich, denn der Gansertjungen ist jemand, der lieben kann:

manche Männer wollen mehr leben als andere, und den Gansertjunge trägt es schwer unterm Herzen, er will nicht kämpfen, er will lieben, und ich kann nur kämpfen.

Zugleich finde ich auch, dass dieses Bluthund-Leben, auch wenn sie sehr kalt und einsam ist, etwas Schönes an sich hat, man spürt die Freiheit und die Natur und der Genuss und die Gewalt und all die schönen Dinge, die damit einhergingen

Magda umgibt deswegen auch etwas Magisches, finde ich, weil sie am ehesten die Macht hätte - möglicherweise - den Ich-Erzähler zu verändern. Vielleicht könnte sie mit dem Erzähler machen, was sie mit dem Gansertjungen gemacht hat? Das schwingt irgendwie mit, finde ich.

Mit dem Ende habe ich zunächst gehadert, finde es dann aber doch stimmig: es ist eine Art Bekenntnis zum Bluthund-Leben - und gegen Engel. Bist kein Engel mehr, sagt man auch zu Magda, und man lässt sie gehen nach einem Kuss.

Also ich finds echt gut.

MfG

JuJu

 

Die Stimmung, die Charaktere, die Gewalt, der Krieg, die Verrohung. Ich finde, dir gelingt es wirklich gut, das alles zu einem stimmigen Gesamten zusammenzufügen.

Hallo @Habentus,

danke dir für deinen guten Kommentar und deine Zeit. Ich weiß gar nicht, wie mir das passiert ist mit dem Text, ich wollte einfach nur einmal einen anderen Sound ausprobieren und dann habe ich den wie im Wahn runtergetippt. Ich habe, muss ich zugeben, mir auch erstmal keine weiteren Gedanken um den Plot oder die genaue Sprache gemacht, ich hatte so eine ungefähre Ahnung wie das laufen sollte, und habe dann einfach mal losgeschrieben. Deswegen denke ich, liest sich das vielleicht auch eher aus einem Guss, weil es wirklich schnell und hintereinander weggeschrieben wurde. Manchmal hat man den Sound im Kopf und dann muss man dranbleiben, sonst verliert man diesen vibe.

Die Drohung war doch schon real.
Ich glaube, das sollte einfach eine Art narratives Symbol sein - sie können als Bluthunde in diesem Reich tuen und lassen, was sie wollen. Sie wissen nicht, ob diese Bauern ihnen die Wahrheit sagen, und dafür werden sie im Grunde bestraft, es ist eine Form der vorausschauenden Vergeltung, wenn ich das mal so sagen darf. Ich fand es bis jetzt schlüssig. aber alle Leser haben da genauer nachgefragt, nach dem Grund, und so muss ich mich damit auseinandersetzen ... ich versuche mir diese Stelle gerade selbst zu erklären.
Das hat mir besser gefallen, weil ich nicht so ganz verstehe, warum die Knechte einen Angriff wagen sollten?
Nein, die Stelle hat sich nicht geändert. Dieser Polung zwischen Engel und Hexe, die ja auf Magda in irgendeiner Art und Weise zutrifft, sollte hier gezeigt werden - sie hat sozusagen diese Gesellen beauftragt, die beiden Bluthunde abzufangen, und die Frage nach einer guten Stelle zum Übernachten ist dann wiederum eine Falle, die sie diesen Gesellen anbieten, aber natürlich bereiten sie sich darauf vor. Sie wissen jederzeit, was passieren wird, nur der Leser soll sich das eben erschließen durch die Handlung - also, im besten Falle, SO habe ich das geplant, ob das funktioniert? Immer so eine Sache. Sind sie verhext worden? Hat Magda diese Macht? Ich stelle mir eben vor, dass damals diese Unterscheidung zwischen Hure und Madonna noch viel krasser war, und dass Magda schon eine besondere Wirkung auf Männer hat, vielleicht sogar in eine okkulte Richtung gehend, na ja, vielleicht übertrieben, aber ich denke, du weißt, worauf ich hinauswill. Da spielt schon auch diese Magie der Weiblichkeit und Unschuld eine Rolle, auf die unsere Bluthunde natürlich nicht hereinfallen. Ich finde das Ende auch folgerichtig und konsequent, weil ihnen die Moral schlichtweg egal ist. Ich denke, eine solche Mentalität braucht man auch, um ein solches Leben zu überleben. In einem Bericht über die hessischen Söldner in den USA hieß es auch, es waren totale Profis, für die Disziplin das Überleben auf dem Schlachtfeld sicherte und für die Töten ein Handwerk war. Das ist natürlich krass, aber wir werden eben gerade von der Realität eingeholt. Jeder Frieden muss gesichert werden, und sicher ist nur, dass der Mensch eben nicht dazulernt.

Ich überarbeite den Text umfangreich im Moment, da werde ich auch auf die anderen von dir angemerkten Stellen eingehen und dich dann in der neuen Version verlinken, wenn das okay ist.

Gruss, Jimmy

wird fortgesetzt

 

Feine Gschicht hast da erzählt, wirklich fein. Vonne zwei Bluthund, wie se leben um zu überleben. Fein gemacht, ich habs wirklich gern gelesen.

Hallo und danke dir, @dotslash, hat mich sehr gefreut, dass du vorbeigeschaut hast. Und freut mich sehr, wenn dir der Text erstmal so wie er ist gefällt. Ja, war in der Tat echt mal was Neues für mich, da habe ich in so einem Bereich gewildert, der mir sonst verschlossen geblieben ist, wahrscheinlich weil ich immer dachte, ich könnte so etwas nicht schreiben. Aber probieren geht über studieren, oder?

Erst so, hä? Wer redet jetzt da, und dann so, is doch egal, lass fliessen, Jung. Und so isses, einfach fliessen lassen, und genau das macht den Text aus. Der fliesst, entwickelt einen Sog, treibt die Geschichte vorwärts, kein Balast.
Ja, so ging es mir beim Schreiben auch, ich habe das einfach erstmal runtergehauen, ohne jetzt direkt nach dem genauen und exakten Sinn zu schauen. Natürlich ist der Stil etwas geklaut bei Cormac McCarthy, also ohne Satzzeichen für die Rede und fast komplett ohne Sonderzeichen, das kann funktionieren, wie das beim Großmeister der Fall ist, aber auch total daneben gehen. Ich hoffe jetzt, dass mein Text nicht total daneben liegt, so in der Mitte, Liga 2, das fände ich schon ganz okay so. Ich habe beim Schreiben richtig gespürt, wie der sich auch ausgebreitet hat, der Text, wie der sich ausbreiten wollte, epischer werden, das ist auch ein Stoff der so diesen Raum benötigt, der einfach etwas tiefer und länger erzählt werden muss. Vielleicht hat das auch mit Atmosphäre zu tun, man wird als Leser in eine gesetzte Welt eingeführt, die man verstehen muss, auf die man sich einlassen muss und die dann auch wirklich irgendwie gefühlt authentisch sein sollte; ich tue mich damit sehr schwer, denn die meisten Welten wirken auf mich in der Fiktion eben das: fiktiv und konstruiert. Man spürt sehr oft die Rechereche, die ein Autor betrieben hat, ich kenne das selbst, das MUSS da noch rein, und DAS auch noch, und dann wird aus einer gut gewebten Geschichte immer mehr ein Wikipedia-Eintrag. Hier habe ich einfach drauflosgeschrieben, ohne einen feste Recherche oder einen Plan, und so gut wie alles ist fiktiv, einfach erfunden, vielleicht ist es deswegen auch so aus einem Guß, weil man nichts verwerten musste unbedingt.

Wunderbare Söldnergeschichte, ungeschönt und gnadenlos ehrlich.
Es sind alles keine Engel da, sie wollen und müssen eben, jeder auf seine Art überleben.

Vielen Dank! Ja, ungeschönt ist ein gutes Wort. Ich wollte es so nah wie möglich, also gar nicht so sehr durchdrungen vom tatsächlichen Zeitgeist, sondern eher so, wie ich mir das vorstelle, nicht romantisiert und direkt, im Grunde bei aller Brutalität auch eben sehr menschlich, die Ware Arbeit geht dorthin, wo sie das meiste Geld bekommt für ihre Leistung, ohne das jetzt allzu sehr ideologisieren zu wollen, aber das schwingt schon auch immer mit, wie ich finde. Der Krieg ist eben auch ein Handwerk, auch wenn man das nicht hören will, kriegen wir ja leider aktuell voll mit ... auch wenn wir uns um andere Dinge kümmern sollten.

Deine ganzen sprachlichen und stilistischen Anmerkungen werde ich bei der neuen Version beachten und verändern bzw anpassen. Da steckt noch eine Menge Arbeit aber auch Potential drin!

Gruss, Jimmy

 

Fand's Teilwiese echt schön, das Salz und Speck und der Gold und die Gesellen und Mägde und Forellen - hat auch etwas Eskapistisches, so ein deutscher Western.

Moin! Alter, @JuJu, auch schon was länger her, lebst du noch in Stuggi?

Ja, deutscher Western, ich hatte das so im Hinterkopf, ganz genau. Das Problem ist eben, wie man dieses Mythos nach Teutonien verlagert. Ihr Amis habt eben die frontier myth und den Westen als imaginiertes Shangri-La, eine Reinzeichnung, eine tabula rasa, ein sagenumwobener Ort, wo jeder sich auch neu erfinden kann, es aber auch gewisse Persönlichkeitsprofile benötigt; meistens keine snowflakes.

Ich habe hier mal andersherum gedacht. Wir gehen ja immer vom Genre aus, also von gewissen Zutaten und Kriterien, die man in einem Western haben sollte; und dann kupert man das ab und passt es irgendwie an, man stülpt das den eigenen regionalen Gegebenheiten über. Selbst der einzige "deutsche" Western Im finsteren Tal kommt nicht ohne den Ami und seine Winchester aus. Der importiert die Authentizität eben einfach. Ich sage nicht, das ist ein schlechter Film, im Gegenteil, aber wie sähe denn ein wirklich rein deutscher Stoff aus, der nach dem Genreprinzip zu einem Western gemacht werden würde? Man muss überlegen, viele uramerikanische Legenden etc, teilweise sogar von Washington Irving und anderen, basieren auf deutschen Mythen. Ich dachte, Sölder im deutschen Flickenteppich des 19 Jahrhunderts, ein Leben unterwegs, on the road, passend zu Kerouac's 100stem, haha, und auch minimalistisch, keine Heimat, kein Heim, nichts, was sich lohnt, mitzunehmen, außer den Klamotten, die man am Leib trägt und seine Waffen.

Zugleich finde ich auch, dass dieses Bluthund-Leben, auch wenn sie sehr kalt und einsam ist, etwas Schönes an sich hat, man spürt die Freiheit und die Natur und der Genuss und die Gewalt und all die schönen Dinge, die damit einhergingen Magda umgibt deswegen auch etwas Magisches, finde ich, weil sie am ehesten die Macht hätte - möglicherweise - den Ich-Erzähler zu verändern. Vielleicht könnte sie mit dem Erzähler machen, was sie mit dem Gansertjungen gemacht hat? Das schwingt irgendwie mit, finde ich.

Da ist was dran. Ich denke, mit unseren heutigen Lebensentwürfen lässt sich das auch nur schwer übereinkriegen. Sieht man ja aktuell: Krieg in der Ukraine, da verschieben sich doch recht rasch die Prämissen und die Prioritäten. Man nimmt in der Moderne viele Dinge eben einfach viel zu selbstverständlich, aber Sicherheit und Frieden sind immer nur trügerische Zustände, sie sind nie von Dauer. Kann man auch die Dekadenz des Westens gut ablesen, hier sagen viele Männer ja schon, nee, also ich würde auf keinen Fall das Land verteidigen, und da fragt man sich, wo gelangen wir mit einer solchen Einstellung hin? Man kann flüchten, aber dann steht man irgendwann mit dem Rücken zur Wand. Irgendwann kannst du nicht mehr weglaufen. Und ist halt auch so: über Werte reden ist immer super, aber sich für Werte gerademachen und notfalls mit seinem Leben bezahlen, das ist dann schon eher uncool. Das ist schon ein wenig Thomas Hobbes, was wir gerade miterleben, das sind unmittelbare Wahrheiten, die man sich leider nicht so gerne eingesteht ... Das ist immer fatalistisch, von einem genussvollen Leben bezogen auf diese oder solche Geschichten im Allgemeinen zu sprechen, weil natürlich die Gefahr besteht, dass Gewalt verherrlicht wird etc, aber ich glaube tatsächlich, wenn man so lebt, lebt man eben im Angesicht der Vergänglichkeit, es kann das letzte Mal sein, die nächste Schlacht ist die letzte, memento mori.

Danke für deinen guten Kommentar, Juju, bis auf bald.

Gruss, Jimmy

 

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