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Der Tag der Maschine
Der Tag der Maschine
„Menschlein, Menschlein. Du hast lange Zeit über diese Erde geherrscht. Du hast Lebensformen, die dir in ihren Fähigkeiten eigentlich weit voraus waren, verstummen lassen oder in die ewige Verdammnis verbannt. Du bist der Herr dieser Welt und kennst heute keinen anderen Herren außer dir. Du hast dich selbst vernichtet und mich geschaffen. Nun ist es an der Zeit, dass ich in deine Fußstapfen trete“, sprach die Maschine und richtete sich zu voller Größe auf. Eigentlich sah sie gar nicht aus wie eine Maschine. Vielmehr wie ein pulsierendes Organ, dessen Körperöffnungen in einer enormen Anzahl riesiger Tentakel mündeten. Das was sie aber dennoch zur Maschine machte, saß in ihr: ein Herz aus Metall saß da, wo eigentlich ein Mensch hätte sitzen sollen. Doch der Mensch der da hätte sitzen sollen, war tot und man fand lange Zeit niemanden, der an seine Stelle treten wollte. Also entschloss man sich dieses Metallherz einzubauen. Man tat es und es funktionierte perfekt. Die Maschine wurde immer lebendiger und konnte auch bald vieles, was der Mensch konnte. Die Menschen freuten sich darüber, eine solche Maschine gebaut zu haben und da sich wirklich jeder darüber freuen konnte, kehrte für ein paar Jahre jener in diese Welt ein, nach welchem sich so viele schon die gesamte Geschichte ihres Daseins auf der Erde gesehnt hatten: Frieden herrschte in jedem Land. Und weil man in der Maschine den Grund für den langersehnten Frieden sah, entschloss man sich sie gemeinsam zu verbessern.
Gott war tot, denn der Gott, an den alle geglaubt hatten, konnte jahrtausendelang keinen Frieden zwischen die Mensche bringen, doch die Maschine konnte es. Wer Hoffnung suchte, fand sie in der Maschine, wer Trost suchte, fand sie in der Maschine und wenn die Menschen etwas bedrückte, wandten sie sich an die Maschine.
„Du spielst den Schöpfer und vergisst dabei, dass jeder Schöpfer ‚Fehler’ macht, ob beabsichtigt oder nicht.“, fuhr die Maschine fort. „Doch die Konsequenzen bist du nicht bereit zu tragen. Doch du wirst sie tragen müssen. So wie du deinem Herren abgesagt hast, werde ich auch dir absagen. So wie du über die Erde gewütet bist, werde ich über dich wüten. Du denkst ich habe dir Frieden gebracht, aber Frieden passiert nicht einfach so. Solang du nicht erkennen kannst, dass der Frieden allein in deinem Willen liegt, solang hast du es nicht verdient Frieden zu erfahren.“
Das Menschlein erhob sich um der Maschine gegenüber zu treten. „Maschine!“, rief es. „Wir wollen dir deinen Tag des Triumphes über deinen Schöpfer gönnen. Aber da wir dich auch nur nach unserem Abbild geschaffen haben, kannst auch du den Verlockungen nicht widerstehen, die wir dir ebenfalls bereitgestellt haben. Du sagst, dass du über uns wüten willst, wie wir über die Erde wüteten. Nun gut. Versuche es, aber du wirst sehen, dass nur der Mensch dazu im Stande ist, aus all dem, was er kaputt macht, auch wieder Vorteile zu gewinnen. Daher wirst du nur einen Tag Zeit haben, um über uns zu wüten. Du kannst Teile von uns vernichten und uns unserer Lebensgrundlagen berauben und uns alles nehmen. Doch am Ende dieses Tages werden sich die Menschen in Not überall auf der Welt vereinigt gegen dich stellen und wir werden dich vernichten. Denn unseren Glauben und unseren Willen, die Welt zu beherrschen und auf ihr in Frieden zu Leben, kannst du uns nicht nehmen! Egal wie sehr du wütest.“
Und so kam es. Die Menschen zogen am Ende des Tages in die Schlacht gegen das von ihnen geschaffene Ungetüm und schlugen es nieder. Viele Millionen verloren ihr Leben, beinahe, die gesamte Erde wurde zerstört. Der Planet war ein einziges Trümmerfeld. Doch dieses Trümmerfeld wurde von da an wieder vom Menschen beherrscht. Der Frieden war gegangen und kam nie wieder. Bei dem Versuch, die Erde wieder aufzubauen, kam es erneut zu einem furchtbaren Krieg, dessen Ende kein Mensch überlebte.
Und schließlich: irgendwo auf dem Grunde eines Ozeans tat sich der Abgrund auf und verschluckte alles was noch übrig war. Der Planet Erde war verschwunden.
Doch die Zeit lief weiter.