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Der Untergang

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23.11.2019
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Der Untergang

Es war ein kühler Sommerabend und ich saß vor dem Fenster meines nächsten Opfers. Der Boden der Terrasse war etwas kalt, aber das war nicht weiter schlimm. Zumindest hatte ich warme Hände. Die Lederhandschuhe eigneten sich perfekt. Warm und trotzdem genügend Bewegungsspielraum. Perfekt.
"Worauf warten wir noch, hm?", fragte mich Billy.
"Geduld, Billy. Geduld ist der Schlüssel. Sie sollte die nächste halbe Stunde schlafen gehen, dann treten wir ein.", flüsterte ich zurück.
"Darf ich dieses Mal, hm?", hackte Billy nach.
"Reiß dich zusammen, das Töten ist und bleibt Richards Aufgabe. Halt dich an deine Aufgaben. Wache halten und Ausgänge sichern", mischte sich Chester ein.
"Wache halten und Ausgänge sichern", äffte Billy seinen Kumpel nach, "das ist langweilig!"
"Es reicht jetzt ihr zwei!", zischte ich und schaute auf meine Armbanduhr.
„Es ist acht Uhr, sie dürfte jetzt duschen. Es geht los."

***

Eva schloss die Programme auf ihrem Laptop und klappte ihn zu. Reicht für heute, dachte sie, stand auf und streckte sich. Über diesen Bericht kann er sich auf keinen Fall beschweren. Ihre Recherche war akribisch genau und der resultierende Text ebenso. Lilly und Simone werden Augen machen, wenn sie sehen, wie der biedere Chef Eva lobt. Sie lächelte und ging in die Küche. Diese war zwar nicht sonderlich groß, aber für ihren Freund und sie, reichte das alle mal. Der Kühlschrank war leer, scheinbar hatte Frank vergessen einzukaufen. Er war auf einer Schulung und würde erst spät nachts heimkommen. Besser so, dachte sie und schaute auf das Bild an der Wand. Es zeigte ein scheinbar glückliches Paar. Sie auf seinen Schultern, beide mit strahlendem Gesicht. Das war mittlerweile fünf Jahre her. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie noch behaupten ihn zu lieben. Sein Beruf als Arzt warf jedoch gutes Geld ab und ohne ihn würde sie wahrscheinlich auf halbem Raum leben. Liebe ist auch nicht alles und im Bett stellt er sich ja auch nicht ganz blöd an, rechtfertigte sie sich.

Es läutete fünf Mal, bis er abhob.
„Hey Schatz“, meldete er sich zu Wort, „Gerade ist’s echt schlecht, kann ich dich zurückrufen?"
"Wolltest du nicht einkaufen, bevor du nach Bremen fährst?"
"Verdammt, das hab' ich total vergessen."
Nach einem Moment der Stille kam ein Vorschlag: „Im Tiefkühlfach müsste noch eine Pizza sein.“
„Eine Pizza? Erst letzte Woche hast du vergessen die Pflanzen zu gießen und jetzt sowas.“
"Tut mir echt leid, Schatz. ich mach's wieder gut, versprochen."
Sie strich sich mit den Fingern durch die Haare und sprach etwas leiser: "Wie denn?"
"Ich bring dir 'was Schönes mit, wird dir gefallen."
"Na gut, wie auch immer. Dann geh' bitte morgen früh zumindest gleich einkaufen."
"Mach' ich. Ich liebe dich."
"Ich dich auch", log sie und legte auf.

Na super. Eine Pizza. Und ich möchte abnehmen. Während die Pizza im Ofen schmorte, suchte sie sich ein Handtuch heraus und ging in das Badezimmer. Sollte ich vielleicht Schluss machen? Ist es verwerflich, was ich tue? Sie zog ihre Kleidung aus und warf sie auf den Boden. Mit dem nackten Rücken lehnte sie an der Heizung an und wartete. Das machte sie schon seit ihrer Kindheit, wodurch sie damals das ein oder andere Mal zu spät kam. Langsam wurde ihr Rücken warm, wohingegen der Po durch die kalten Fließen wie ausgekühlt war. Ein Kratzgeräusch riss sie aus den Gedanken. Was war das? Mäuse? Ein Einbrecher? Ein Vergewaltiger? Nein, das ist albern. Wahrscheinlich nur ein kleines Tierchen, welches Außen an der Wand nagt. Vielleicht auch nur Einbildung. Eva zog die Füße näher an ihren Hintern. Ich kann morgen auch noch duschen, dachte sie, stand auf und kramte einen Pyjama aus dem Schrank. Wieder bekleidet schlich sie zur Tür. Mit leichten Unbehagen blickte sie in den Flur. Blödsinnig, wegen eines Kratzens Angst zu haben! Ich schau' einfach zu viel fern. Was hat ihr Kollege Thomas heute Nachmittag erzählt? GiGe, nein GiGa hieß es. Garbage in Garbage out. Wenn Müll in ein System reinkommt, kann es auch nur Müll rausgeben. Das wird die Erklärung sein; so oder so ähnlich. Wie auch immer, jetzt ab ins Bett. Ach nein verdammt, die Pizza ist ja noch im Ofen, dachte sie und schlich den Flur entlang zur Küche. Der Ofen war aus. Ich habe den Ofen hundertprozentig angeschaltet. Eine unangenehme Hitze stieg in ihr auf, ähnlich dem Gefühl, wie damals in der Schule, wenn man wusste eine schlechte Note rauszubekommen.

"Hallo, ist hier jemand?", rief sie aus der Küche in den Flur. Sie holte die Pizza aus dem Ofen und stellte sie auf die Ablage. Keine Horrorfilme und Thriller mehr, legte sie sich selbst auf. Hab' ich halt vergessen, diesen blöden Ofen anzumachen. Kann doch mal passieren. Sie schaltete das Licht in der Küche ab und begab sich Meter für Meter Richtung Schlafzimmer.

Das Schlafzimmer war kühl und das Straßenlaternenlicht leuchtete in ihr Schlafgemach. Bevor sie sich in ihr Doppelbett legte, wagte sie noch einen Blick in den Schrank. Nichts. Du machst dir unnötig selbst Angst! Was soll hier schon groß sein? Das Herunterlassen der Rollläden war von einem leisen Klappern begleitet. Ähnlich wie die Klospülung mitten in der Nacht, die viel lauter zu erscheint, als sie eigentlich war. Vorsichtig legte sie sich in das Bett. Die dünne Bettdecke war eine gute Entscheidung. Sie wagte kein Körperteil von der Bettdecke hervorstehen zu lassen. Der Schlafanzug klebte aufgrund des Schweißes an ihrer Haut, aber noch einmal aufzustehen war keine Option. An ihrem Arm spürte sie eine warme Flüssigkeit. Was ist das? Sie machte das Licht der Nachttischlampe an und betrachtete ihre Hand. Blut. Woher kommt das Blut? Decke weg, Oberteil hoch. Eine tiefe Stichwunde. Sie kämpfte damit, nicht bewusstlos zu werden.

"Und wie gefällt dir deine erste Stichwunde?", sagte eine unbekannte Stimme neben ihr. Im Bett ihres Freundes lag ein fremder Mann. Sie wollte schreien, aufstehen, wegrennen oder sich wenigstens wehren, doch ihr Körper machte keine Anstalten der Bewegung. Sie wollte fragen, wer der Fremde ist, was er wolle, doch ihre Stimmbänder ließen sie im Stich. Der Mann rollte sich zu ihr rüber und saß kurz danach auf ihr. Der Schmerz, als der Fremde sich auf ihre frische Stichwunde saß, ging ihr durch Mark und Bein. Als würde er mit den Fingern in die Stichwunde eindringen und umdrehen.
"Bitte", flüsterte sie, "bitte nicht.
Der Mann legte die Schneide des Messers an ihrer Halsschlagader an. Eva schloss die Augen. Das Blut quoll ihr regelrecht aus dem Hals und ihr Köper erlag dem Blutverlust innerhalb kürzester Zeit.

***

Die Duschgeräusche hörten auf. Ich sah nicht viel, weil ich im Dunkeln lag. Ich musste aber auch nichts sehen. Mein Gehör reichte vollkommen. Mein Einsatz war klar, deutlich und kaum verfehl bar. Alles Dank einer ausreichenden Planung. Das Messer an meinem Hosenbund drückte an meinem Hintern und ich entschied mich es rauszuziehen und auf meiner Brust abzulegen. Das Licht im Flur ging aus. Mein Körper spannte sich an und war in völliger Bereitschaft schnell zu agieren. Die Tür des Schrankes schwang auf. Falsche Entscheidung. Ich sah nur ihre Füße, aber das genügte vollkommen. Das Bett über mir knarzte, sie legte sich hin und schaltete die Nachtischlampe aus. Ich robbte mich vor und blickte leicht über die Bettkante. Ich sah nichts, es war stockdunkel. Dafür sah sie mich auch nicht. Eigentlich hätte sie mich bereits hören müssen, doch sie lag einfach nur stumm da. Vermutlich war sie zu sehr mit sich beschäftigt, um mich zu bemerken. Im Gegensatz zu ihr, hörte ich ihren Atem und schätze die Lage ihres Bauches ab. Der Stich war schnell und gut getroffen. Da nur Gewebe verletzt wurde, bemerkte sie ihn aufgrund des Adrenalins nicht. Ich schlich um das Bett und ließ mich in dem ihres Freundes nieder. Der spaßige Teil würde nun folgen.

***

„Wie geht’s jetzt weiter, hm? So wird das doch nie `was.“
„Da muss ich Billy Recht geben.“
„Ihr versteht nicht. Das war nötig“, sagte ich. Wir saßen zu dritt in meiner Wohnung in einem Plattenbau, im neunten Stock. Sie war sowohl sauber als auch aufgeräumt. Bei Chaos konnte ich nicht nachdenken.
„Diese Morde waren nötig. Damit offenbaren wir den Menschen ihre Machtlosigkeit“, erklärte ich eifrig.
„Und wie geht’s weiter?“, fragte Chester nach.
Ich grinste und antwortete nur: „Wir packen die Emotionalität der Menschheit an den Eiern.“
Billy ahnte bereits worauf ich hinaus wollte.
„Du Bastard! Darf ich diesmal ran, hm?“

***

Die Klingel ertönte und beendete die Pause. Joshua saß auf der Toilette und schrieb an seinen Hausaufgaben. Ursprünglich nahm er sich fest vor, die Hausaufgabe bereits am Vortag zu machen, aber er hatte es nach dem Tischtennistraining vergessen, möglicherweise auch verdrängt. Die Schwierigkeit war nur noch, die Hausaufgabe und sich selbst unauffällig in den Klassenraum zu schmuggeln. Im Durchschnitt verließ die Lehrerin ein bis zwei Mal den Klassenraum, um Arbeitsblätter zu kopieren. Das war seine einzige Möglichkeit gut aus der Sache rauszukommen. Um zu wissen, wann genau sich diese Möglichkeit auftat, hatte er seinen Kumpel Jason. Heute Morgen hatten sie besprochen, dass Jason via WhatsApp Bescheid geben würde, wenn Frau Koth das Zimmer verlassen würde. Dann galt es nur noch flott zu sein. Wenn er erst dreißig Minuten später aufkreuzen würde, wäre das ebenfalls ungut für ihn.

Der Inhalt des Stiftes reichte exakt für die restlichen Antworten auf seiner Hausarbeit. Jetzt musste nur noch Jason schreiben.
Komm‘ schon! Schreib endlich, ich kann mir keinen Verweis erlauben, dachte er und kontrollierte dabei seine Nachrichten. Joshua stand auf und betätigte die Spülung. Er verließ die Kabine, wusch sich die Hände und ging in den Flur. Dadurch bestand zwar die Gefahr von einem Lehrer aufgegriffen zu werden, aber er war auch schneller im Klassenraum, wenn er den Startschuss erhielt. Die Korridore der Schule waren gepflegt, nichts war zu hören, es herrschte absolute Stille. Fast etwas zu still für eine Schule. In der Luft lag ein unangenehmer Geruch. Joshua verzog die Nase. Was ist das? Der Gestank kam nicht aus der Richtung seines Klassenzimmers, sondern aus dem gegenliegenden Areal. Er folgte dem Geruch. Mit jedem seiner Schritte verstärkte sich das ungute Gefühl, das durch den steigenden Gestank verursacht wurde.

Das Bild, das sich vor ihm auftat, als er um die letzte Ecke lief, ließ ihn erstarren. Tod. Tod war der Ursprung des Geruches. Er stieß auf, unterdrückte den Würgereiz und rannte den Gang zurück. Seine Gedanken waren wie ausgeschaltet. Sein Körper bewegte sich scheinbar automatisch. Der Gang schien unerträglich länger zu werden, als würde er nie am Ende ankommen.

Ohne anzuklopfen stürmte er in das Klassenzimmer und begann zu stammeln: „Im Gang … eine Leiche … Blut.“
„Joshua, setz‘ dich sofort hin, du bist zu spät.“
„Da ist ein to-toter Mann im Gang“, sagte Joshua, der sich etwas gefangen hatte.
„Schluss mit lustig. Hinsetzen!“
Bevor Joshua antworten konnte, knacksten die Lautsprecher:
„Frau Koma kommt.“ Die Worte der Lehrerin blieben ihr im Hals stecken. Jegliche Farbe wich aus ihrem Gesicht. In der Klasse war nur noch ein Nuscheln zu hören.
„Joshua, setz dich jetzt bitte hin“, sagte sie mit einer zittrigen Stimme. Ohne ein weiteres Wort, ging sie an ihm vorbei und verschloss die Tür. Die Klasse war so leise, dass eine fallende Stecknadel hörbar gewesen wäre.
„Warum schließen sie die Tür ab, Frau Koth?“, fragte die Streberin aus der ersten Reihe. Frau Koth ging nicht auf die Frage ein.
Stattdessen sprach sie zu dem Praktikanten in der letzten Reihe: „Daniel.“ Ihr Kopf machte eine Bewegung, der andeutete, dass er zum Pult kommen sollte. Daniel stand auf und lief an den Tischen der Kinder vorbei.
„Warum haben sie uns eingesperrt, hm?“ Frau Koth näherte sich Daniels Gesicht und flüsterte in sein Ohr. Joshua konnte nicht hören, was er darauf sagte, sah nur, dass Frau Koth ihm den Schlüssel gab. Joshua setzte sich auf seinen Platz, während er die Tür fokussierte. Was ist hier los? Wer ist der Mann auf dem Gang? Wie ist er gestorben? Joshua konnte nicht klar denken. Er betrachtete seine Hände. Das ist ein Traum, oder? Das muss ein Traum sein. Seine Augen wanderten zu dem Praktikanten. Daniel zog mit seiner rechten Hand ein kleines Messer aus der Hosentasche und trieb es in Frau Koths Körper. Der Kopf der Lehrerin sackte nach unten, als das Blut aus dem Bauch floss. Nachdem Daniel noch öfters auf sie einstach, klappte sie ineinander zusammen. Er griff in das Pult und zog eine Maschinenpistole, die darin versteckt war, heraus. Ein Schrei. Zwei Schreie. Drei Schreie. Das Kreischen der anderen Kinder durchschnitt die Luft.
„Damit habt ihr nicht gerechnet, hm?“ Während Daniel die Waffe entsicherte und auf die Schüler richtete, begriff Joshua, wen er auf dem Gang gefunden hatte. Den eigentlichen Praktikanten.

***

Die unendlichen Weiten des Universums, vielfältige Überlebensstrategien von Tieren, neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder Wissen über Wertpapiere. Ein Buch erlaubte mir den Zugriff auf Expertenwissen, zu jeder Zeit. Das Buch in meiner Hand gab mir Sicherheit. Ich blickte über den Rand des Buches in meinen Raum. Würde ich nicht im neunten Stock eines Plattenbau’s leben, könnte man meinen, ich hätte eine Bücherei. Günstiger wäre es, wenn ich mir die Bücher ausleihen würde, doch mir gefällt der Anblick des Wissens in meinen Regalen. Es klingelte an der Tür. Es war bereits dunkel. Wer konnte das jetzt noch sein? Ich legte mein Buch bei Seite und raffte mich auf. Vielleicht sind ja Jimmy und Chester wieder zurück. Ich drückte die Türklinge runter und sie schwang fast wie von selbst auf, als hätte der Gegenpart auf seinen Einsatz gewartet.
"Überraschung!“ Das Gesicht meines Bruders strahlte mich an. Zeitgleich warf er die Arme nach oben, als würde er sich freuen, mich zu sehen. Im Grund hatte er, seitdem unsere Eltern nicht mehr waren, ein Verpflichtungsgefühl mir gegenüber.
„Hallo“, begrüßte ich ihn kalt und überlegte, ob ich ihn nicht einfach zu meinen Eltern schicken sollte. Ohne auf eine Einladung zu warten trat er ein und schaute sich um.
„Sauber, wie eh und je. Ich sollte mir mal `ne Scheibe von dir abschneiden“
„Was willst du hier? Du kommst immer öfters, letzte Zeit.“
„Ich brauch‘ doch keinen Grund, um meinen Bruder zu besuchen. Marianne und ich würde dich morgen zum Essen einladen. Wie sieht’s bei dir aus? Hast du Zeit?“
„Nein, hab‘ ich nicht.“ Ohne auf meine Worte einzugehen, setzte er sich auf mein Sofa.
„Was liest du zurzeit?“
„Klaus, hau ab! Sofort.“ Meine Stimme blieb ruhig.
„Warum bist du so abweisend, Billy? Du bist mein Bruder.“
„Ich bin Richard, nenn‘ mich nicht Billy.“, flüsterte ich in einem bedrohlich scharfen Ton.
„Nicht gleich so aggressiv, Rich. Als Kind wolltest du immer Billy genannt werden“, antwortete Klaus und stand auf,
„ich würde mich freuen, wenn du morgen doch mit uns essen würdest.“ Klaus schritt an mir vorbei und verließ meine Wohnung. Endlich war dieses blöde Arschloch wieder fort. Das nächste Mal verlässt er diesen Raum nicht mehr lebendig.

„Hast du irgendwas gesagt, hm?“ Billy reckte den Kopf aus dem Badezimmer.
„Nein, mach‘ dich fertig, wir fahren los.“ Ich hingegen nahm mein Handy in die Hand, um Chester anzurufen.

***

Sprengstoff war für weitere Anschläge unverzichtbar. Mir war absolut klar, dass früher oder später meine explosive Hand zum Einsatz kommen musste. Wir saßen in unserem alten Transporter und fuhren zu unserem nächsten Ziel. Mein Blick war fest auf die Straße gerichtet, während Chester und Billy auf den Rückbänken die Pläne von Nova Eventis, eines der zehn größten Einkaufszentren, studierten.

Ich parkte den Wagen einen halben Kilometer entfernt und drehte mich zu meinen Kameraden um.
„Seid ihr bereit?“, fragte ich und senkte den Kopf leicht. Chester nickte nur.
„Klar sind wir bereit. Darf ich den Knopf drücken, hm?“ Billy stieg als Erstes aus und hatte den Kofferraum bereits geöffnet. Verrückter Vogel, dachte ich und stieg ebenfalls aus. Die Sonne blendete mich und ich kniff die Augen leicht zusammen.
„Rich, was machst du denn hier?“, rief Klaus ihm zu und winkte. Marianne, dessen Frau, war bei ihm eingehakt und winkte ebenfalls. Was macht der denn hier?
„Wollen wir ihn töten, hm?“
„Das würde unseren eigentlichen Hauptplan gefährden“, bemerkte Chester ausdruckslos. Verdammte scheiße!
„Schön dich zu sehen, Rich“, sagte er und umarmte mich ungefragt. Ich ließ seine Geste zu, in der Hoffnung, er wäre dann schneller wieder weg. Zusätzlich rang ich mir ein müdes Lächeln ab. Meine Handflächen wurden feucht. Bin ich nervös? Nein, kann nicht sein; hab‘ doch immer alles unter Kontrolle.
„Das ist übrigens Marianne. Du hast sie noch gar nicht kennen gelernt.“
Sie streckte mir die Hand hin und sagte: „Freut mich dich kennenzulernen, Billy."
„Was willst du, hm? Ich steh‘ doch hier?“, mischte sich Billy ein.
„Billy?“, wiederholte ich und hob eine Augenbraune. Hatte ich mich verhört? Hat sie mich `Billy` genannt? Anstatt die Hand zu ergreifen, funkelte ich meinen Bruder düster an. Marianne nahm ihre Hand zurück. Klaus hob entschuldigend die Hände und grinste, als hätte er etwas absolut Lustiges getan.
„Komm schon, Rich. Ist doch nicht so schlimm. Natürlich habe ich ihr das irgendwann mal erzählt.“ Meine Kiefermuskeln mahlten und ich war kurz davor ihm ein Messer in die Brust zu stecken.

Moment mal! Wieso hat Marianne nicht auf Billy reagiert, geschweige denn auf Chester? Sie machte keinen unfreundlichen Eindruck. Was läuft hier? Meine Kniegelenke fühlten sich an, als würden sie jeden Moment ineinander zusammenbrechen.
„Darf ich vorstellen, Chester und Billy“, sagte ich und deutete hinter mich. Klaus schaute mich an, als hätte ich gesagt, ich sei einer von fünfzig Götterdämonen.
Er blickte hinter mich an Chester vorbei: „Hallo Chester, schön, dich wieder zu sehen!“
„Was redest du da?“, fragte Marianne nach. Klaus schaute sie an, mit einem verschwörerischen Blick, als hätten sie ein Geheimnis. Wie Eltern sich, in Anwesenheit eines Kindes, anschauen, dem sie etwas verheimlichen.
„Die beiden sind nervig. Bringen wir sie um!“, schrie Billy und stampfte mit seinem Fuß auf. Billy war schon immer emotional, ja das war er.
„Umbringen wäre ungeschickt. Da gibt es weitaus sinnvollere Alternativen.“, sagte Chester ruhig. Ich nahm mir die Hände an den Kopf und ging in die Hocke. Lass mich allein, ich bin Gott, ich brauche niemanden. Lasst mich allein, ich muss nachdenken. Lasst mich allein, ich muss töten.
„Lasst mich allein“, schrie ich schließlich. Ich schrie, dass meine Lunge zu reißen drohte.
„Alles ist gut, Rich, ich bin da. Du brauchst keine Angst haben“ Klaus ging ebenfalls tiefer, senkte seine Tonalität und legte Rich die Hand auf die Schulter. Aus dem Augenwinkel fixierte ich seinen Kiefer.
„Tu es nicht!“, sagte Chester.
„Schlag ihn!“, schrie Billy. Der Schlag flog in sein Gesicht. Ich spürte den harten Kiefer an meinen Faustknöcheln. Zweimal, Dreimal, Viermal. Die Angriffe prasselten auf ihn nieder, selbst nachdem er am Boden lag. Marianne rannte schreiend weg. Meine Fäuste sahen aus, als hätte ich in Tomatenmark gewühlt. Ich wischte sie an seinem Oberteil ab, stieg in den Transporter und fuhr davon.

***

Immer noch schwer atmend drückte ich das Gaspedal vollständig durch, um einen möglichst großen Abstand zwischen mir und meinem Bruder aufzubauen. Ich konnte noch nicht zuordnen, was eben passiert war. Konzentrier dich! Was sind die nächsten Schritte? Dranbleiben und hochjagen oder abbrechen und sammeln? Wenn sich Klaus oder Marianne an die Polizei wendet, hab‘ ich die im Nacken, wodurch weitere Anschläge bedeutend schwieriger werden.
„Sprich‘, wir sollten den Laden noch in die Luft jagen, bevor sie uns auf den Fersen sind“, sagte Billy.
„Blödsinn, wir müssen schnellstmöglich in die Wohnung und alle Pläne raus schaffen“, hakte Chester ein, während er in einem Buch blätterte. Chester hatte Recht. Sollte die Polizei unsere Pläne in die Finger bekommen, bedeutete das einen gewaltigen Rückschritt vielleicht sogar das Ende.

***

„Können wir noch nicht sagen.“
„Aber sie müssen doch wissen, ob Schäden bleiben.“
„Wir müssen noch einige Tests machen, dann können wir mehr sagen“, sagte der Arzt.
„Geht das nicht schneller?“
„Haben sie bitte noch etwas Geduld. Setzen sie sich doch“, empfiehl der Arzt und zeigte auf den Stuhl.
„Ich will jetzt sofort zu meinem Mann“ Typisch Marianne, dachte Klaus und musste kurz schmunzeln. Er war allein in einem Krankenzimmer. Das Krankenhaus kannte er nicht, vermutlich eines in München. Wie lange lag er schon hier? Was ist passiert? Vor seinem inneren Auge zeichneten sich kleine Erinnerungsfetzen ab. Ein Transporter. Richard. Überraschungen.
„Ah, sie sind wach“, sagte die Krankenschwester. Im Hintergrund war Marianne noch zu hören.

Klaus drehte seinen Kopf zur Krankenschwester und bereute die Bewegung zugleich; sein Gesicht verzog sich.
Mit zwei schnellen Schritten stand sie neben Klaus und stützte seinen Kopf.
„Langsam, langsam, sie haben einiges abbekommen.“
Er hob seinen Kopf leicht in ihre Richtung und sagte: „Was ist passiert?“
„Das hofften wir, von Ihnen zu erfahren.“
Klaus wollte sich erinnern, aber sein Kopf tat ihm den Gefallen nicht.

***

Das weiche Sofa war ihm bedeutend lieber als das Krankenhausbett in München. Den Blick auf den Fernseher gerichtet und die Hand von einem Bier gekühlt ließ er sich von Shelton und seinen sonderbaren Freunden unterhalten. Während Lenard erneut einen Heiratsantrag machte, leerte Klaus die Bierflasche und flutete seine Kehle mit der kühlen Flüssigkeit, welche ihm das Gefühl gab, wieder Zuhause in Joishausen zu sein.
Mariannes streckte ihren Kopf aus der Küche: „Essen ist fertig.“
„Komme‘.“

Klaus schlang die Lasagne runter, als hätte er Monate lang nichts mehr gegessen.
Marianne musste schmunzeln und gab ihm Nachschlag.
„Sollt‘ ich öfters machen, oder? Oder war der Krankenhausfraß so schrecklich?“
„Ne ne, das Essen im Krankenhaus war auch nicht schlecht“, versuchte er mit vollem Mund zu sagen.
„Wie geht’s deinem Gesicht?“
„Geht schon, tut nur noch etwas weh.“
„Hätt‘ ich von Richard echt nicht erwartet.“
„Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass das Rich gewesen sein soll.“
„Ist halt durchgedreht“, sagte Marianne und drehte den Finger an ihrer Schläfe.
„Sag das nicht. Er ist zwar schon immer etwas sonderbar, aber doch nicht gewalttätig.“, sagte Klaus und schaute auf seinen Teller in die Leere, „ich mach‘ mir Sorgen um ihn. Warum ist er nicht in seiner Wohnung? Wo ist er?“
„In seiner Wohnung? Damit die Polizei ihn vernehmen kann?“ Marianne schöpfte noch eine Portion auf Klaus‘ Teller.
„Ich will nichts mehr. Bin satt.“
„Wie du meinst.“

„Wir unterbrechen für eine Meldung: Sebial forderte erneut Opfer. Flugzeugunfälle, Amokläufe und Massenvergiftungen. Wann nimmt der Schrecken ein Ende? Wer steckt hinter den Anschlägen?“, drang es aus dem kleine roten Radio in der Küche.

„Sebial? Wer ist Sebial?“, fragte Klaus seine Frau.
„Eine Terroristengruppe. Die Polizei geht von zehn Personen oder mehr aus. Hunderttausende sind bereits an den Anschlägen gestorben.“
„Da ist man eine Woche im Krankenhaus und die ganze Welt geht unter“, witzelte Klaus, „wieso wurden die noch nicht geschnappt, weiß man da was?“
Marianne zuckte schlichtweg mit den Schultern und lud seine Portion zurück in die Auflaufform.
„Echte Profis, was?“
„Vor einer Woche waren noch die Bahnstreiks im Gespräch und jetzt diskutieren alle über Sebial.“
„Man könnte meinen die Welt ginge unter.“ Klaus stand auf und ging zum Kleiderständer.
„Wo willst du hin?“
„Ich muss meinen Bruder finden, jetzt erst recht.“

***

„Hallo liebe Weltbewohnerin, lieber Weltbewohner. Wir sind Sebial. Dein Untergang ist unser Sieg. Die Menschheit setzt dem Planeten schon viel zu lange zu. Hunderttausende haben bereits ihr Leben gelassen. Unser nächstes Ziel sind Sie. Machen sie sich bereit zu sterben.“ Ich nahm die Maske ab und legte sie auf dem Tisch vor mir.
„Kann ich ausmachen, hm?“
„Ja, mach‘ aus.“ Billy zog den Speicherchip aus der Kamera und schaltete sie aus.
„Das wird Panik verursachen“, sagte Chester.
„Bingo, und Panik ist genau das, was wir brauchen.“
„Panik? Für was?“
„Menschen in Panik lassen sich schwer kontrollieren.“
Ich grinste, setzte meine Maske nochmals auf, verstellte meine Stimme und sagte: “Kontrolllosigkeit ist ihr Todesurteil.“

***

Rich war wie vom Erdboden verschluckt. Er war weder in seinem Haus noch bei Freunden. Wo könnte er noch sein? Hat ihn jemand entführt? Klaus bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken daran, seinen Bruder könnte etwas zugestoßen sein. Der Warteraum war überfüllt. Nach den Anschlägen stellten viele Menschen Vermisstenanzeigen auf, obwohl die meisten wahrscheinlich lange Tod waren und nicht gefunden werden konnten. Rich konnte nicht tot sein, er konnte schon immer auf sich aufpassen. Es konnte nicht sein, nein es durfte nicht sein.

„Mama, ich will heim“, quengelte das Kind der Mutter auf der gegenüberliegenden Seite.
„Schrei‘ nicht so rum“, zischte die Mutter, ähnlich einer Schlange, die gleich zu schnappen würde.
„Aber ich will Heim! Hier ist’s doof.“ Die Mutter stand auf und nahm das kleine Kind mit raus. Triumphierend hüpfte die Kleine hinterher.

„Wie kann ich ihnen helfen?“, wollte die Polizistin wissen, nachdem er aufgerufen wurde.
„Ich möchte eine Vermisstenmeldung für meinen Bruder aufgeben“ Das Gesicht der Frau blieb unverändert.
„Allein diese Woche wurde mehr als dreihundert Menschen vermisst gemeldet; machen sie sich nicht zu viele Hoffnungen.“ Klaus seufzte und murmelte vor sich hin: „Klingt ja super.“

***Drei Jahre Später***

Ich war mehr als bereit, den letzten Schritt meines Planes umzusetzen. Der Tag war regnerisch und ich lief auf den Straßen der Stadt, sah vereinzelt Menschen. Mit Mühe unterdrückte ich meine Euphorie, wenn mich die angstverzerrten Gesichter ansahen. Der Großteil der Menschen haben sich in Notfallbunker verbarrikadiert, unwissend, dass diese Maßnahme, gegen meinen letzte Teilschritt vollkommen nutzlos war. Mehrere Millionen Menschen sind bereits an unseren Anschlägen gestorben und die Welt drehte sich im Notfallmodus. Ein Großteil der Konzerne hatten bereits ihre Türen geschlossen und die Zivilisation war wie um Jahre zurückgesetzt. Ich war auf dem Weg zu einem kleinen Fluss, welcher die Menschheit in den Abgrund reißen würde. Mein menschlicher Körper würde auch sein Ende finden, aber das war in Ordnung. Ich würde als Gott neues, besseres Leben schaffen.

„Hallo, warten sie bitte kurz.“ Ich drehte mich um. Verdammt! Ungünstig!
„Sicherheitskontrolle bei Krisenzustand“, fing der größere der Beiden an mich aufzuklären.
„Einmal den Ausweis, bitte“, ergänzte der Kleinere.
„Nicht dabei“, antwortete ich knapp.
„Was haben sie in ihrem Rucksack?“
„Muss ich ihnen nicht sagen, ist privat.“
„Bei aktuellen Zuständen haben wir das Recht, sie zu durchsuchen. Nehmen Sie bitte den Rucksack und öffnen ihn.“ Planänderung. Langsam nahm ich den Rucksack von meinen Rücken und machte ihn auf. Der kleinere Polizist durchwühlte meine Sachen, als wäre er ein Eichhörnchen, das seinen Wintervorrat sucht.

„Eine Jacke, zwei Äpfel, Brötchen“, zählte er auf, „alles sauber, warum haben sie gezögert?“ Während der Polizist in meinem Rucksack nach verdächtigen Gegenständen suchte, verpasste ich seinem Kollegen eine schallende Ohrfeige und stach mit der linken Hand eine Spritze in den Bauch, welche ich zuvor aus meiner Hosentasche gezogen hatte. Dann nahm ich meine Beine in die Hand und rann davon. Schnell war ich schon immer, dementsprechend hatte ich sie nach ein paar Hausecken abgehängt. Die kalte Luft brennte in meiner Lunge, als ich nach einer Weile stehen blieb und die Arme in die Luft warf, um meinen Sieg zu feiern. Mein kompletter Körper bebte vor Freude und ich musste meinen viel zu lauten Siegesjubel unterdrücken. Ich würde noch früh genug dazu kommen.

***

Bob rannte als hinge sein Leben davon ab. So leicht würde er ihn nicht davonkommen lassen. Die sonst dicht befüllte Straße war leer, wodurch er viel schneller voran kam, als bei bisherigen Verfolgungen. Obwohl er jeden Tag seine Joggingrouten lief, wurde die Silhouette des Flüchtenden immer kleiner. In seinen besten Jahren hätte er ihn definitiv eingeholt. Bob stützte seine Hände auf den Kniegelenken ab und atmete tief durch. Fuck, dachte er, der ist weg. Sein Herz hämmerte und drohte aus seiner Brust zu springen.
"Wo ist er?", sagte sein Kollege Manfred, der kurz danach auch dazustieß.
"Ach schön, dass der junge Kollege auch mal antanzt", sagte Bob ironisch, noch immer keuchend, "der hatte ein mords Tempo drauf."
"Im Grunde ist das auch gar nicht so dramatisch", sagte Manfred und grinste als hätte er sein erstes Mal gehabt.
"Was? Der ist weg! Was gibt's da zu grinsen?"
"Naja, sein Gesicht haben wir ja."
"Wie meinst du das?"
Manfred tippte auf die Bodycam und sagte: "So mein ich das." Dann musste auch Bob grinsen.

***

Bob steckte den Schlüssel in das Loch der Wohnungstür. Sie schwang auf und er blickte in den dunklen Flur. Er hätte wetten können, dass Margit heute Daheim sein wollte. Er trat ein und ging in die Küche. Im Ofen fand er den Hackbraten vom vorherigen Tag vor. Seinem Gesicht schlug eine Wärme entgegen, als er den Ofen öffnete.

„Margit“, rief er in die Räume der Wohnung.
„Im Bad.“ Sie kam in die Küche getrampelt, mit Handtuch auf dem Kopf und um die Hüfte. Vereinzelte Tropfen rannen noch an ihrem Körper hinab.
„Wie war die Arbeit“, fragte sie und lächelte leicht.
„Beschissen, uns ist einer entwischt.“
„Wie das denn?“
„Wir haben den kontrolliert, alles lief gut, plötzlich schlägt der zu und rennt weg. Ich wollte erst nachrennen, hab mich dann aber doch um Manfred gekümmert."

Margit kam näher und schaute tief in seine Augen, während sie ihre Hand auf seiner Brust ablegt und in sein Ohr flüsterte: „Du hast dich um Manfred gekümmert?“
„Ja. Nein, nicht jetzt. Bitte, ich bin nicht in Stimmung.“
„Möchtest du dich nicht auch um mich kümmern?“, fuhr sie fort und küsste ihn.
„Lass mich dich etwas ablenken, mein Heldenpolizist.“ Ihre Lippen berührten ihm am Hals, während ihre Hände sich an seinem Gürtel verselbstständigten. Erst wollte er protestieren, noch etwas essen, ließ es dann aber doch geschehen.

***

Auf der Polizeistation war es ruhig. Bob war etwas spät dran, wollte es sich aber nicht nehmen lassen, die neusten Fahndungsergebnisse über den Flüchtigen in Erfahrung zu bringen.
„Gibt’s was Neues?“, fragte Bob seine Kollegin, die mit der Suche beauftragt wurde.
„Naja“, sagte sie und grinste, „wir wissen zumindest wie er heißt und wo er wohnt.“
Bob hob eine Augenbraue als wollte er sagen: „fahre fort.“
„Bestiard. Richard Alphons Bestiard. Wir hatten bereits eine Streife vor Ort geschickt, aber niemanden angetroffen.“
„Verdammt.“
„Das ist nicht alles. Er wurde vor drei Jahren als vermisst gemeldet.“
„Von Wem?“
„Seinem Bruder. Klaus Bestiard. Hiptip Straße 45.“
„Das ist gar nicht so weit weg.“ So schnell wie Bob gekommen war, zog er auch schon wieder ab.

„Komm‘, wir wissen wo sein Bruder ist.“
„Wessen Bruder?“
„Wessen Bruder wohl?“, drängte Bob, „der von gestern!“ Manfred sprang auf und schnappte sich seine Jacke.
„Worauf warten wir noch?“

***

Der Fernseher wurde von der Klingel unterbrochen. Ohne Regung blieb er sitzen, in der Hoffnung, seine Frau würde an die Tür gehen. Es klingelte erneut. Komm schon, dachte er, geh‘ endlich an die Tür. Erneutes klingeln.
„Klaus, gehst du bitte an die Tür? Ich bin in der Wanne.“ Er verdrehte die Augen und raffte sich von seiner Couch auf.

„Hallo Herr Bestiard, wir sind von der Polizei. Dürfen wir kurz reinkommen?“
„Was wollen sie? Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Richard Bestiard. Ihr Bruder, nicht wahr?“
„Was ist mit ihm? Wurde er gefunden? Ist er Tod?“ Der Polizist machte eine beschwichtigende Geste und deutete in den Wohnungsflur.
„Wir würde das gerne innen besprechen.“
„Bitte, kommen sie herein“, sagte Klaus und trat zur Seite, „darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“
„Vielen Dank, nein“, sagte der scheinbar ältere von Beiden. Sie saßen zu dritt am Küchentisch. Marianne blieb im Badezimmer versteckt, als wüsste sie, dass ihre Anwesenheit in diesem Moment unerwünscht war.
„Also“, begann Klaus erneut das Gespräch, „was ist mit meinem Bruder? Wo ist er?“
„Wir hofften, das können sie uns vielleicht sagen“, sagte der jüngere Polizist.
„Ist er in Gefahr?“
„Das wissen wir nicht. Vermutlich eher nicht.“
„Hat er etwas angestellt?“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Ich habe vor drei Jahren eine Vermisstenanzeige aufgegeben und kein Hahn hat nach ihm gekräht. Warum sollte sich das jetzt so urplötzlich ändern?“ Der ältere Polizist neigte sich leicht nach vorne und legte die Unterarme auf dem Essenstisch ab. Seine Stimme wurde leiser.
„Aufgrund der brisanten Lage werden Personenkontrollen durchgeführt, um auf mögliche Hinweise zu stoßen.“ Klaus lehnte sich zurück und hob beide Augenbrauen an.
„Oh Gott. Die Polizei ist bereits derart verzweifelt?“
Ohne auf die Bemerkung einzugehen fuhr der Beamte fort: „Bei der gestrigen Kontrolle ist der Mann körperlich gewalttätig geworden und dann geflüchtet.“
„Und dieser Flüchtige soll‘ Rich sein?“
„Wir haben ihn mittels der Bodycam identifiziert. Aufgrund der fehlenden Hinweise und Verdächtigen ist Richard Bestiard der Hauptverdächtigte.“
„Sie scherzen! Das ist doch reine Spekulation.“
„Sehen wir so aus, als wäre uns zu scherzen zumute?“ Klaus hielt inne und seufzte abschließend.
„Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Ich weiß nicht wo mein Bruder ist. Ich wusste es die letzten drei Jahre nicht und daran hat sich nichts geändert.“ Der ältere Polizist schlug die Hand leicht auf den Tisch, um aufzuzeigen, dass sie gehen würden.

Er streckte Klaus die Hand entgegen und sagte: „Möglicherweise melden wir uns nochmal.“ Klaus ergriff die Hand und nickte langsam. Na, hoffentlich nicht, dachte er und wollte dem Beamten den Ausgang weisen.
„Schon in Ordnung, wir finden allein raus.“ Die Polizisten verließen die Wohnung und Marianne kam aus dem Badezimmer.
„Die Polizei? Was wollten die?“ In die Leere des Raumes blickend, dachte Klaus intensiv nach.
„Klaus?“ Plötzlich sprang er auf und ging in den Flur, um sich die Schuhe anzuziehen.
„Hey, was ist los?“, sagte Marianne und folgte ihm. Die Schuhe waren gebunden, Klaus öffnete die Wohnungstür und drehte sich um.
„Ich erklär‘ dir später alles.“ Dann war er verschwunden.

***

Die Luft war kühl und ich fröstelte leicht. Meine Armhaare stellten sich auf und ich hatte Gänsehaut. Ich hätte nicht sagen können, ob die Gänsehaut von der kalten Luft rührte oder vielleicht doch von dem triumphierenden Gefühl, das ich bekam, wenn ich mir die News im Internet anschaute. Alle berichten von mir, nein von uns. Niemand wusste wer wir waren. Die Opfer liegen bereits im Millionenbereich, jedoch nur in Deutschland. Wie ein kleines Kind, das sich auf einen Eiswagen freute, wartete ich auf den ersten Tod meiner neusten Strategie. Misstrauisch scrollte ich durch die Seiten der größten Nachrichtenkonzerne. Normalerweise hätte doch schon längst der erste sterben müssen! Warum zieht sich das so ewig hin? Habe ich einen Fehler in der Herstellung gemacht? Nein! Ich mache keine Fehler, auf gar keinen Fall. Bestimmt halten sie das Ganze noch geheim, um eine Massenpanik zu vermeiden. Unwillkürlich verspürte ich ein leichtes Jucken im Nacken, während meine Hand den grünen Tee anvisierte. Wir werden sehen wie lange ihr Corona verbergen könnt. Neben den Schlürf Geräuschen, die entstanden, wenn man ungeduldig einen zu heißen Tee trank, nahm ich noch ein anderes Geräusch wahr. Was ist das? Ein Auto? Ein Auto! Rasch trank ich leer und klappte den Laptop zu.

***

Die Erkenntnis über den Aufenthalt seines Bruders überkam Klaus, ähnlich eines Blitzschlages. Nur, dass diese Erkenntnis nicht durch einen Donner angekündigt wurde, sondern ihn absolut wider Erwarten trag. Letztlich war es offensichtlich, dass Rich sich in der Lagerhalle, in der sie als Kinder öfters gespielt hatten, aufhalten würde. Der Wagen kam zu Halt und Klaus schaltete den Motor aus. Die Lagerhalle war verlassen und äußerst abgelegen. Zwei Stunden Fahrzeit waren nötig gewesen, um hier her zu kommen. Bitte lass‘ mich Recht haben. Ich weiß nicht, wo ich sonst noch suchen soll. In der Lagerhalle war keine Menschenseele, trotzdem war sie irgendwie belebt. Eine Kaffeemaschine zierte einen Tisch, daneben einige gebrauchte Tassen. Auf einer anderen Ablage waren sämtliche Gegenstände aufgebaut, die er noch aus seiner Schulzeit kannte. Kennt sich Rich damit aus? Wofür braucht er das alles? Während Klaus nachdachte betrachtete er ein Reagenzglas zwischen seinen Fingern. Mit Chemie hatte er doch noch nie sonderlich was am Hut, oder? Anderseits hat er sich schon in unglaublich viele Themen verdammt schnell und tief eingearbeitet. Er wollte das Reagenzglas zurücklegen und spürte sogleich den Druck eines Messers an seinem Hals. Der Halter war nicht zimperlich, dementsprechend fließ unmittelbar eine kleine Menge Blut an Klaus‘ Hals hinab. Er biss die Zähne fest zusammen und versuchte mit aller Gewalt keine ruckhaften Bewegungen zu machen.

„Rich? Rich, bist du das?“, sagte er. Seine Stimme war brüchig und drohte aufzugeben.
„Rich, was soll das?“
„Ich bin nicht Rich. Ich bin Billy“ Billy! Auch das noch.
„Wo ist Rich, Billy?“
„Rich ist oben im Geschäftsraum und wartet mit Chester darauf, dass ich dich kalt mache.“ Kalt machen. Oh Gott. Der Druck der Klinge verstärkte sich. Als er gerade aufschreien wollte, spürte er auch schon ein Tuch auf seinem Gesicht. Kurz darauf verlor er sein Bewusstsein.

***

Er hätte nicht sagen können, wie viel Zeit vergangen war, seitdem er wieder bei Bewusstsein war. Unter ihm war ein Stuhl, seine Beiden Hände waren mit Kabelbinder hinter seinem Rücken gefesselt und sein Mund mit einem Knebel gestopft. Die einzige Lichtquelle entsprach einer Glühlampe über ihm. Schmerzen hatte er keine. Bis auf den kleinen Schnitt an seinem Hals, war er unverwundet. Seine Gedanken wurden durch das Klicken der Türklinge unterbrochen. Ein Mann kam rein und nahm Klaus den Knebel aus dem Mund.

Er ergriff die Chance und suchte nach den richtigen Worten:
„Billy, bitte, ich muss mit Rich sprechen.“ Der Mann funkelte ihn an, als würde er beleidigt worden sein. Mit einer schnellen Bewegung nahm er das Messer aus der Schneide und steckte es in den Mund von Klaus.
„Nenn mich noch einmal Billy und ich schneide dir deine Zunge raus.“ Der Blick der Gebrüder hielt sich kurz an, bis ihn Richard unterbricht und sich wieder umdreht. Klaus konnte nicht erblicken, was Richard auf dem Tisch machte.
„Rich. Das bist du nicht. Du bist krank. Lass dich behandeln, dann geht es dir gleich besser.“ Richard drehte sich um, mit dem Kindergrinsen eines Balges, dass eine verschwörerische Tat begangen hat.
„Wer sagt denn, dass es mir schlecht geht“, sagte er und blickte hinter sich in den Raum, „Uns geht es hervorragend. Stimmt’s Billy? Stimmt’s Chester?“ Scheiße Rich, was ist nur passiert?
„Für was hast du ein Labor? Warum bist du untergetaucht? Ich habe dich vermisst, gesucht und um dich getrauert.“ Klaus Stimme erhob sich und sein Kopf nahm eine rötliche Farbe an.
„Antworte, verdammt!“, schrie er aus vollem Halse. Richard kam wieder Nähe, zog Klaus‘ Kopf an den Haaren nach hinten und stopfte ihm erneut das Maul.
Den Zug am Kopf erhielt er aufrecht, während er zu flüstern begann: „Ich hab‘ dich immer gehasst. Ich hasse euch alle. Diese Spezies ist des Lebens nicht wert.“ Nein. Bitte. Lass das nicht wahr sein. Mein Bruder ist …
„Ganz genau. Ich bin Sebial.“ Ja, ich weiß, dachte Klaus
„Du bist nicht überrascht? Was soll’s. Ich könnte jetzt einfach gehen und dich laufen lassen. Dann würde dich aber die Seuche, die du scheinbar bereits in dir trägst, dahinraffen.“ Sebial zog sein Messer erneut aus der Schneide und setze Klaus die Spitze auf die Brust. In dunkler Vorahnung spannte sich sein ganzer Körper an. Die Angst vor dem Unvermeidbaren füllte ihn beinahe aus.
„Da du mein Bruder bist, möchte ich genau sehen, wie dir das Leben aus den Augen weicht“, flüsterte er und stach das Messer tief in das Fleisch seines Bruders. Der dumpfe Schrei drang durch den Knebel und erschütterte die Stille der Lagerhalle.

 

Hey @Ronnie

erstmal danke fürs lesen, ist ja doch nicht so wenig.

Da hatte ich meinen ersten Lachanfall ...
immerhin :D
nur geschafft, weil ich zwischendurch immer wieder lauthals lachen musste.
Ich hoffe du hast wirklich gelacht. Selbst wenn dir der Text an sich nicht gefallen hat, hätte er dich zumindest amüsiert. War zwar nicht mein Hauptziel, aber ist trotzdem schön.
Und einer von beiden ist auch noch Sebiak (oder wie der heißt) Fächel - und Corona hat er anscheinend auch entwickelt (das muss man umgehend dem Christian Drosten in der Charité melden)
Liest sich für mich so, als wäre das alles etwas undurchsichtig geschrieben.
Alter - das ist auch so eine Stelle ... :lol:
Das mit dem Tomatenmark fand ich auch lustig:D
Würde die Freundin in dem Fall nicht eher schreiend dazwischen gehen
Ich denke, dass das von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Kann sein, dass wegzulaufen nicht allzu realistisch klingt, jetzt wo du es sagst.

Nochmal danke fürs lesen und deinen Blick auf den Text.

Man liest sich!
Gruß aufdemWeg

 

Es war ein kühler Sommerabend und ich saß vor dem Fenster meines nächsten Opfers.

Du traust Dich was,

lieber aufdemweg,

22 (in Buchstaben: zweiundzwanzig!) Normseiten zu 60 Zeichen je Zeile unter der guten alten Type der Schreibmaschine und 30 Zeilen je Seite, einzustellen und den „Vorläufer“, das Reh“ (Das Reh) unkorrigiert und somit unvollständig, wenn auch nicht jungfräulich stehn zu lassen, dass Dein neuer Titel

Der Untergang

zumindest mir einstweilen Abstinenz abverlangt. Vllt. bistu ja nun das Opfer aus dem Eingangszitat.
Aber: Was im gesprochenen und somit flüchtigen Wort möglich, gilt nicht fürs schriftliche. Was kaum der Zunge entkommen zum eine Ohr rein und zum andern wieder entfleucht, mag angehn im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Aber: Schriftlich eingefangen offenbart sich bei Dir nach wie vor eine gewisse Immunität gegen Grammatik und vor allem Rechtschreibkünste. Und da es keine Grammatik der gesprochenen Sprache gibt, werden wir uns mit der der Schriftsprache begnügen dürfen.

Ich zeig die ersten zehn Schnitzer auf. Sie finden sich alle auf den ersten zwo Seiten (gemeint sind keine Normseiten!). Nun werd ich daraus keine statistischen Schlüsse ziehen oder eine Hochrechnung vornehmen (weil das bloßer Unsinn wäre, Normseiten gegen andere Formate zu setzen).

"Geduld, Billy. Geduld ist der Schlüssel. Sie sollte die nächste halbe Stunde schlafen gehen, dann treten wir ein[...]", flüsterte ich zurück.

Es folgt ein erster SuperGau der schreibenden Zunft
"Darf ich dieses Mal, hm?", ha[...]kte Billy nach.
„nachhaken“ mit „hacken“ (oder auch „harken“) zu verwechseln
...
"Es reicht jetzt[,] ihr zwei!", zischte ich und schaute auf meine Armbanduhr.
***

Diese war zwar nicht sonderlich groß, aber für ihren Freund und sie[…] reichte das alle mal.
„allemal“ oder „alle Male“ (keine Zeit, auch mal in Duden oder Wahrig oder ... zu schauen?)

Er war auf einer Schulung und würde erst spät nachts heimkommen.
Warum Konj. II, wenn das einfache Futur in seiner binären Wertigkeit unbestimmt genug ist – er kommt oder kommt eben nicht?

„Hey Schatz“, meldete er sich zu Wort, „Gerade ist’s echt schlecht, kann ich dich zurückrufen?"
entweder Punkt nach „Wort“ oder „gerade“ klein!

„Eine Pizza? Erst letzte Woche hast du vergessen[,] die Pflanzen zu gießen[,] und jetzt …
Den Relativsatz korrekt zu bilden, ist so ziemlich die erste Übung der i-Pützken

"Ich bring dir 'was Schönes mit, wird dir gefallen."
Warum Apostroph? Wenn „etwas“ gesagt werden wollte, sollte da auch was anderes stehen als „was“

Mit dem nackten Rücken lehnte sie an der Heizung an und wartete.

Und nun der zwote Gau der schreibenden Zunft, Fliesen und „fließen“ zu verwechseln
Langsam wurde ihr Rücken warm, wohingegen der Po durch die kalten Fließen wie ausgekühlt war.

So, dat was het windje

 

Hey @Friedrichard

vielen Dank für deine Anmerkungen!

einzustellen und den „Vorläufer“, das Reh“ (Das Reh) unkorrigiert und somit unvollständig
Schande über mein Haupt! Muss ich auf jeden Fall nachholen; danke für deinen Hinweis.
Schriftlich eingefangen offenbart sich bei Dir nach wie vor eine gewisse Immunität gegen Grammatik und vor allem Rechtschreibkünste
Ja, ich arbeite daran. Hast du da irgendwelche Tipps, wie ich das verbessern kann? Ich lese und schreibe viel. Kann ich noch etwas tun?
„nachhaken“ mit „hacken“ (oder auch „harken“) zu verwechseln
Ach verdammt, ärgerlich.
(keine Zeit, auch mal in Duden oder Wahrig oder ... zu schauen?)
Ich hab mich auf die Rechtschreibprüfung von Word verlassen; vergebens.
Warum Konj. II, wenn das einfache Futur in seiner binären Wertigkeit unbestimmt genug ist
Keine Ahnung, ich schreibe nach Gefühl. Vielleicht wäre es sinnvoll sich nochmals mit sämtlichen Regeln auseinanderzusetzen.
entweder Punkt nach „Wort“ oder „gerade“ klein!
dummer Fehler.
Warum Apostroph? Wenn „etwas“ gesagt werden wollte, sollte da auch was anderes stehen als „was“
Um zu zeigen, dass es Umgangssprache ist. Macht man das nicht so?

Schön, dass du vorbei geschaut hast!
Ich mag deine Art zu schreiben, auch wenn ich meine nicht immer alles auf Anhieb zu verstehen.

Man liest sich!
Gruß aufdemWeg

 
Zuletzt bearbeitet:

Tatsächlich wollte ich nichts verherrlichen, sondern einfach nur unterhalten. Wahrscheinlich sollte man aber immer im Hinterkopf behalten, was man mit seinem Text vermittelt, wenn ich das richtig verstanden habe, oder? Ich nehme mir mit, Personen etwas mehr auszuschmücken, um sie nahbarer zu machen.
@aufdemWeg am 28. Januar 2020 an Novak

Nix zu danken, aufdemWeg,

aber mein Eindruck ist nun mal, dass Du seit unserer ersten Begegnung nicht viel weiter gekommen bist, obwohl der „Aufzug“ einen ersten Lichtblick innerhalb Deiner (m. E. unreflektierten) Vorliebe für Räuberpistolen (das Wort „Raub“ [ahd,/mhd. „roup“]) ist immer schon mit „Gewalt“ verknüpft, also keine Erfindung des bürgerlichen (Straf-)Rechts.

Ja, ich arbeite daran. Hast du da irgendwelche Tipps, wie ich das verbessern kann? Ich lese und schreibe viel. Kann ich noch etwas tun?
fragstu mich.

Dass Du viel schreibst und es gleich loswerden musst, hab ich schon befürchtet. Also, trainier erst einmal Geduld und Gedächtnis und dann streb nach Unabhängigkeit/Selbständigkeit, dass Dir nix (wie hierorts zB in deutscher Grammatik) vorgekaut werden muss. Klappt es nicht, wird jetzt ein vllt. seltsam anmutender Vorschlag kommen, der aber zur Selbsthilfe/-initiative auffordert:

Als ich 13 war, knallte mein alter Herr einen Haufen überwiegend grün-gestreift und schwarz bedrucktes Papier auf den Küchentisch (Formulare halt) und meinte trocken, ich solle mal die „Lohnsteuer“ machen.
Wie hatte ich solch eine Ehre, oder doch besser, solch einen Mist verdient? Ich war in Mathe besser als mein Bruder und der kleine Friedel las die amtliche Beihilfe (die heute noch zu jedem einzelnen Formular gehört) und tat, wie ihm befohlen und tut es heute noch und das Gehirn wird fit gehalten durch ständige Änderungen durch den Gesetzgeber. Auch für den größeren Familienkreis und dann darüber hinaus für Freunde und Bekannte. Wie sagen schon die Haidbauern in Hermann Löns‘ „Wehrwolf“: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!“

Ich sag mal ganz deutlich: Weniger schreiben und bei dem „weniger“ öfter selber Korrekturlesen oder lesen lassen und sich einfach Regeln merken. Und wenn das mit dem „behalten“ nicht klappt, mein Vorschlag: Lern die Regeln der Zeichensetzung unter Duden | Komma auswenig und Du hast zweierlei Effekt: Indem Du einen relativ kleinen Ausschnitt des Dudens liest, lernstu auch Rechtschreibung, also „richtig“ schreiben. Ich bevorzug für diesen Tipp den „Duden“, weil der immer auf dem neuesten Stand ist und niemand glauben sollte, dass die Rechtschreibreform zu Ende wäre. Die zwo letzten Änderungen betrafen eine Korrektur der Kommasetzung bei Infinitiven, sofern sie „komplexe“ Prädikate wie „laufen lernen“, „schreiben können“, „begreifen müssen“ usw. auseinanderrreißen, wodurch die vordem geltenden Regeln z. T. wieder ausgesetzt wurden.
Und die wirkliche Überraschung, selbst für mich, ist die Einführung des „ß“ als Majuskel (jetzt brech ich ab und warte mal erst, welche Frage Du stellen wirst – aber das wichtigste meinerseits hab ich schon beispielhaft aufgeführt).

Und - weiß der Teufel, wie ich auf St. King komme, den ich noch nie gelesen hab - aufpassen, dass es Dir nicht geht wie Jack Nicholson in Kubrick's "Shining" und Dein umfangreiches Schaffen nur aus der Wiederholung des Satzes

“All work and no play makes Jack a dull boy“
(oder gemäßigter in der Synchronisation "was Du heute kannst besorgen, das ...", was selbstverständlich nicht dem Original entspricht).

Tschüss - und schau mal, dass es was wird!

Friedel

 

Hallo @Rob F
vor allem der erste Satz.
Das der erste Satz so wichtig ist, war mir überhaupt nicht so bewusst.
Und ich finde, hier hast du etwas gefunden, das schon mal ein wenig Spannung aufbaut und eine mögliche inhaltliche Richtung vorgibt:
Von daher habe ich den ersten Satz nicht "gefunden". War dann wohl glücklicher Zufall, dass dir der Anfang passend erscheint.
Guy Ritchie-Film
Kenne ich nicht.
Bei allem Bemühen, meinen Realitätssinn auszuschalten
Muss ein Text realistisch sein?
wirken doch eher wie eine Gruppe von tollpatschigen Hobbyhandwerkern.
Wodurch wirken sie so auf dich? Was erwirkt bei dir den Eindruck, dass sie nicht wissen was sie tun?
Es gibt natürlich "Trash mit Kultpotential", aber aus meiner Sicht gehört deine Geschichte nicht dazu (falls das dein Ziel war).
War nicht unbedingt mein Ziel.

Danke für dein Feedback!


Also @Friedrichard

aber mein Eindruck ist nun mal, dass Du seit unserer ersten Begegnung nicht viel weiter gekommen bist
Mag sein, ich arbeite an mir.
Ich sag mal ganz deutlich
Find ich gut. Auch wenn deine Art zu schreiben sich sehr cool liest, ist mir das manchmal zu kompliziert. :D
Weniger schreiben und bei dem „weniger“ öfter selber Korrekturlesen oder lesen lassen und sich einfach Regeln merken.
Zugegebenermaßen könnte ich länger an einem Text arbeiten, das nehme ich mir mit.
Dann ist der nächste Schritt die bewusste Auseinandersetzung mit der deutschen Grammatik.
Indem Du einen relativ kleinen Ausschnitt des Dudens liest
Werde ich mir durchlesen und in meinen Kopf prügeln.
Tschüss - und schau mal, dass es was wird!
Ich schätze deine ausführliche Hilfe. Ich setzte mich daran und sorge dafür, dass sie nicht umsonst war! Danke für deine Zeit.


Schön, dass du nochmals vorbeischaust @Ronnie

wie ich der Korrespondenz mit Friedel entnehmen konnte, suchst du nach Anleitung.
Durchaus. Ich habe das Ziel vor Augen, doch der Weg ist mir noch schwammig.
1. Zuviel Schreibdickicht, das die Aussage verwässert. 2. Nicht immer die richtigen Worte, um den Sachverhalt darzustellen. 3. Zu viel Umschreibung bei den Dialogen
Kurz gesagt, rede ich zu viel um den heißen Brei und verwenden nicht immer die richtigen Worte.
Durch die Kürzungen erreichst du mehr Thrill, wie du hoffentlich meinem Anschauungs-Text entnehmen kannst. Ich nenne das (wie gesagt) Dickicht beseitigen. ;)
Dein kurzer Text liest sich verdammt cool und ich glaube jetzt zu wissen, worauf du hinauswillst. Danke für die Verdeutlichung!

 

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