- Anmerkungen zum Text
Hallo liebe Leser*innen,
alles was ich zu meiner Geschichte sagen will, ist, dass es meine erste Veröffentlichung hier ist und dass ich hoffe, dass sie euch ein wenig zum Nachdenken anregt. Außerdem möchte ich im Vorraus die Hoffnung aussprechen, dass in meinem Text nichts als ausländer*innen-feindlich missdeutet wird.
Viel Spaß beim Lesen,
Joe
PS: Ich freue mich sehr über ausführliche Rückmeldungen.
Der Welt Gerechtigkeit?
Der Campingplatz war voll, sehr voll. Saubere, in der Sonne blinkende Wohnwagen reihen sich anneinander, die Zwischenräume zwischen ihnen sind meistens kaum größer als drei Meter. Zwischen den Wohnwagen, unter den Sonnensegeln, die aus den Flanken der Mobile gezogen werden können, sitzen Leute in Liegestühlen, ein Glas eisgekühltes Bier in der Hand, die Eiswürfel darin sind längst in der Nachmittagshitze geschmolzen. Die gesichter der Leute sind rot angelaufen, ihre Klamotten von Schweiß ganz nass. Wenn ein leiser, kühler Windstoß vorbeihuscht frösteln die Leute, der Schweiß ist plötzlich kalt auf der Haut, bis der Windstoß vorrübergezogen ist und weiter den Zeltplatz dahinsaust, hier ein paar Blätter aufwirbelt, da eine Zeitung stibitzt. Sobald der kleine Windstoß den Schweiß nicht mehr kühl, sitzen die Leute wieder in ihren nassen, lauwarmen Klamotten und der heißen Luft da und plötzlich wünschen sie sich den kleinen Windstoß zurück. Und doch sind sie immer wieder erschrocken, wenn sich derselbe entschließt, wieder vorbeizukommen und sie plötzlich wieder für einen Moment frösteln. Und die Leute frösteln wieder und dann schwitzen sie wieder. Und dann denken sie missmuig, dass sie sich diesen Urlaub auf dem Dauercampingplatz anders vorgestellt haben. Außerdem werden sie langsam auf ihre Nachbarn in den am nächsten stehenden Wohnmobile wütend, denen scheint es allen in irgendeiner Weise besser zu gehen, als einem selbst! Unzufriedenheit macht sich breit unter den reichen Leuten vor den Wohnwagen, die ihren Urlaub entspannt auf einem mäßig gefüllten Zeltplatz verbringen wollten, wo ihr teures Wohnmobil noch Blicke auf sich zöge, da es noch keines unter vielen wäre. Die Stimmung auf dem Zeltplatz ist gereizt und man wünscht sich den Abend und mit ihm etwas Kühle herbei. Und der Abend kommt, denn er ist keiner, der eine Bitte unerhört lässt. Doch, doch: der Abend ist ein lustiger Geselle und er hat viele kleine Begleiterinnen, die sich in seiner Anwesenheit ebenfalls wohlfühlen. Zu Tausenden kommen die summenden Stechmücken herbei, deren sirrende Geräusche jedem Menschen, der einmal einen Zelturlaub im Freien gemacht hat, allzu gut bekannt ist und bei vielen Leuten allergische Reaktionen hervorruft, allein dies nervtötende Gesumme. Und fluchend ziehen sich die Leute vor den Wohnwagen in ihre mobile Behausung zurück. Da will man einmal den milden Abend genießen und dann kommen diese verdammten Viecher! Und plötzlich verbindet etwas die Dauercamperinnen und Dauercamper: der Hass auf die Stechmücken. Welch traurige Gesellschaft, in der nur der Hass fähig ist, die Menschen zueinander zu bringen!
Der Campingplatz ist von einem hohen Drahtzaun eingegrenzt, dahinter liegt Brachfläche. Ein weiter Kiesplatz erstreckt sich dort, überwuchert von mancherlei Kraut und hier und da erheben sich kleine grabewachsene Hügel, die einst dadruch entstanden, dass von einer nahegelegenen Baustelle überflüssige Erde und Kies hier abgelagert wurden.
Für einen kurzen Moment könnte man denken, dort hinten ginge der Campingplatz noch weiter, wäre da nicht der hohe, rostige Drahtzaun und wäre nicht dass einzige Auto, was dort steht so völlig anders, als die schicken Mobile auf dem richtigen Campingplatz. Es ist ein relativ altes Auto, ein alter VW (Kleinbus), der Lack ist an einigen Stellen abgeplatzt, wie man im flackernden Schein eines kleinen Lagerfeuers erkennen kann. Das tanzende Licht spiegelt sich auf dem Metall des VWs und seinen milchigen Scheiben. Das Lagefeuer brennt direkt neben dem Kleinbus und um es herum sitzen einige Leute. Sie sitzen unter freiem Himmel und genießen die wunderbare Kühle des Abends. Es ist ihr erster freier Moment an diesem Tag, erst vor wenigen Stunden sind die meisten von ihnen von ihren dreckigen Arbeitsplätzen zurückgekehrt, wo sie schlechtbezahlte Arbeit verrichten, für die sich die reichen Leute drüben viel zu fein wären. Die Mücken scheinen die Leute am Feuer nicht zu stören, vielleicht werden sie auch durch das Feuer etwas ferngehalten. Im orangen Licht des Feuers sieht man die Gesichter der Menschen, die darum herum sitzen. Wie sich ihr Auto von den anderen Wagen auf dem Campingplatz unterscheidet, sehen auch diese Leute hier etwas anders aus, als die Reichen drüben, auf der anderen Seite des Zaunes. Ihre Haut ist dunkler, die Augen ebenfalls, sie sprechen außerdem eine fremde Sprache. Sie ist deutlich melodischer, als das gereizte Deutsch, mit dem sich die Dauercamperinnen und Dauercamper drüben unterhalten. Auch haben diese Leute kein eisgekühltes Bier, nur eine alte Flasche Wein wandert im Kreise. Die Menschen am Feuer lachen viel, ein weiterer Punkt, der sie stark von den Leuten auf dem Campingplatz unterscheidet. Sie sind frohen Mutes und bester Laune, für sie ist das Leben schön genug, für die reichen Leute drüben in den Wohnmobilen ist es schrecklich. Den einen fehlt es an allem, außer an Glück und guter Laune, den anderen an nichts außer an Freude am Leben.
Ist das der Welt Gerechtigkeit?