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Der Zuhörer

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16.03.2015
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Der Zuhörer

Die alte Dame stieg aus der U-Bahn, drehte sich in meine Richtung und winkte mir mit geröteten Wangen zu. Ich grüßte zurück und schaute ihr hinterher, bis sie an der Rolltreppe verschwand.
Letzten Freitag hielt sich die Frau zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen auf. Sie starrte hinein, während ich gerade einen jungen Mann vor der Tür verabschiedete, und fragte: „Entschuldigung. Ist das jetzt ein An- und Verkauf? Führen Sie keine Zeitungen?“
„Nein, ich verkaufe nichts.“ Ich wollte ausholen, um von meinem Projekt zu erzählen, doch sie unterbrach mich. „Oh, gut. Dann gehe ich oben zum Kaufhof.“

Am nächsten Tag stand sie erneut vor dem Häuschen und studierte eines der kleinen Plakate, die ich an den Fenstern angebracht hatte. Sie zögerte einen Moment, bevor sie durch die geöffnete Tür trat.
„Guten Tag. Sie müssen entschuldigen. Ich dachte gestern, der Kiosk hätte wieder aufgemacht. Erzählen Sie mir bitte von Ihrer … Arbeit. Sind Sie Pastor oder Psychologe?“
„Keins von beiden.“
Mit zusammengekniffenen Augen schaute sich die alte Dame im Inneren um. Ich bot ihr einen Stuhl an, schloss die Tür und befestigte das Bitte nicht stören-Schild.
Eine Viertelstunde dauerte das Gespräch. 78 Jahre, ehemalige Bibliothekarin. Pension und Witwenrente reichen vorne und hinten nicht, notierte ich mir.
„Wenn ich nicht zustimme, bleibt alles unter uns, richtig?“
„Ja. Und die Seiten aus dem Notizbuch reiße ich gerne raus.“
„Lassen Sie, lassen Sie, falls ich wiederkomme. Ich wollte heute noch zum Friedhof. Darf ich denn wiederkommen?“
„Ich würde mich freuen.“

Nach den Gesprächen notierte ich mir immer Besonderheiten, die mir aufgefallen waren. Ein nervöses Augenzucken, das Knibbeln mit den Fingern, ein Hüsteln oder etwas anderes, das mehr als Worte zu sagen vermochte. Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte. Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben, und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.

Am nächsten Morgen stand die Dame hinter mir, als ich gerade die Rollläden hochzog.
„Hallo“, sagte sie und warf einen Blick über den Bahnhof. „Anonym würde auch gehen?“
Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“
Sie trat ein und ich schloss die Tür.
Vornübergebeugt saß sie da am Tisch, die Handtasche auf dem Schoß, während ich das Schild anbrachte und Kaffee aufsetzte.
„Ich möchte Ihnen etwas erzählen.“ Sie prüfte den roten Lack auf ihren Nägeln, druckste, bevor sie sagte: „Wir waren dreißig Jahre verheiratet … Ein einziges Mal habe ich ihn betrogen. Seitdem trage ich es mit mir herum.“
Nach dem Gespräch hielt sie meine Hand. „Vielen Dank.“
Auf dem Weg zur Rolltreppe schnäuzte sie in ein Taschentuch und drehte sich nicht mehr um.

Die morgendliche Rushhour begann. Anzugträger stiegen aus, liefen zum Aufgang oder warteten auf ihren Anschluss. Smartphones, Aktentaschen; Schlips und Kragen.
Dazwischen beobachtete ich einen Mann in zerschlissener Kleidung, der die Mülleimer nach Brauchbarem durchforstete. Mit voller Plastiktüte schlich er auf mich zu.
„Nehmen Sie Pfand an?“
„Tut mir leid, das ist kein Kiosk mehr. Wenn Sie möchten, können Sie sich gerne drinnen im Warmen ein wenig ausruhen. Ich habe frischen Kaffee.“
Der Mann folgte mir, legte beim Hinsetzen die Tüte ab. Glas klimperte. Er schaute auf den Boden, fragte: „Wo ist eigentlich Ali geblieben?“
„Sie meinen den Vorbesitzer? Kann ich Ihnen nicht sagen. Der Kiosk stand schon lange leer.“
„Ach so.“
Während ich Kaffee eingoss, Zucker und Milch hinüberschob, wanderte sein Blick über die Glasregale. Dort, wo früher Zigaretten, Süßigkeiten oder Zeitungen lagen, hatte ich nicht mehr benötigte Alltagsgegenstände und Erinnerungsstücke positioniert: Spielzeug aus meiner Kindheit, eine TV-Fernbedienung, ein Bilderbuch, eine zerknüllte Zigarettenpackung.
„Sie sind aber kein Streetworker oder vom Amt? Mit denen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht.“
„Nein. Ich möchte Ihnen einfach nur ein Ohr schenken.“
Er kratzte sich am weißen Bart und zeigte auf den kleinen Plüschhund, der auf dem Regal zwischen Bibel und Autoschlüssel stand. „Darf ich?“
Ich nickte und er nahm den Hund. Streichelte mit seiner großen, schwieligen Hand über das samtweiche Fell. „Ricky war auch ein Schäferhund“, seufzte er.
„Erzählen Sie mir mehr von Ricky, wenn Sie möchten.“
„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.
Anschließend unterschrieb er die Einverständniserklärung für Text und Fotos. Das Schicksal von Werner P., 57, der seinen Job im Metallwerk verloren hat. Scheidung, Schulden, Alkohol. Seit vier Jahren machte er Platte.
Beim Verabschieden sagte ich noch: „Honorar kann ich leider nicht zahlen“, und schenkte ihm den Plüschhund. Er bedankte sich mehrmals, wünschte mir viel Erfolg für das Buch und fragte, wann es herauskäme.
„Oben, in der Buchhandlung, stehen im Schaufenster die Neuvorstellungen. Schauen Sie ab dem Frühjahr einfach ab und an mal vorbei.“

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe. Ging wieder hinein und steckte das Bilderbuch in die Tasche.
Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.

„Es sind die Alleingelassenen, die sonst keinen haben, der ihnen zuhört“, sagte ich. „Deren Geschichten habe ich niedergeschrieben. Glückliche Leute habe ich nicht kennengelernt.“
Mein Nachwort.
Ich legte das Buch zur Seite, bedankte mich für den gedämpften Applaus der Umstehenden.
Die alte Dame stand als erste am Tisch, beugte sich vor. „Haben Sie vielen Dank für alles. Sie haben mit großem Mitgefühl erzählt. Und vielleicht hilft meine Geschichte ja anderen.“
Sie nahm ein Buch vom Stapel, schlug es auf und reichte es mir. „Diese andere anonyme Geschichte … schrecklich. Es tut mir so leid.“
Ich nickte vor mich hin, setzte den Füller an.
„Ach so, ja … Schreiben Sie bitte Für Amelie und Egon.“

Ich verstaute mein Exemplar, Brille und Füller; Mitarbeiter des Buchladens begannen, die Stühle wegzuräumen. Von hinten schritt ein Mann nach vorne, der eine Plüschfigur in der Hand hielt.
„Ich möchten Ihnen das wiedergeben.“
Er legte das Plüschtier auf den Tisch. „Ich muss schnell runter. Habe Ricky vor der Tür angebunden. Meinen neuen Ricky.“
Ich schaute ihm hinterher, nahm den Plüschhund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.

Worte: samtweich, Lack, Bilderbuch, Fernbedienung, Taschentuch (#104)

 

Hi GoMusic,

du auch hier?! :D

Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
Der Einstieg gefällt mir. Nicht spektakulär, macht aber neugierig.

Letzten Freitag war die Dame zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen.
„War“ als Verb gefällt mir hier nicht, das sagt so gar nichts aus. Vielleicht fällt dir noch etwas Schöneres ein.

Erzählen Sie mir bitte von ihrer … Arbeit. Sind sie Pastor oder Psychologe?“
Du bist hier nicht ganz konsequent in der Ansprache. „Ihrer“ und „Sie“ müssen groß.

„Hallo“, sage sie
Da fehlt ein t

Anonym?, dachte ich und sagte „Ja.“
Müsste da nicht ein Doppelpunkt hinter sagte?

„Wir waren dreißig Jahre verheiratet … Ein einziges Mal habe ich ihn betrogen. Seitdem trage ich es mit mir herum.“
Nach dem Gespräch hielt sie meine Hand. „Vielen Dank.“
Ich finde es gut, dass du das Gespräch selbst beschreibst. Das passt gut, in deiner Geschichte geht es ja nicht um die Geschichten in dem Buch sondern um den Autor und die Sammlung selbst.

Smartphones, Aktentaschen, Schlips und Kragen.
Smartphones und Aktentaschen stehen hier in Mehrzahl, Schlips und Kragen nur in Einzahl. Das passt nicht zusammen. Als hätte einer ganze viele Smartphones und Aktentaschen.

Dazwischen beobachte ich ein Mann in zerschlissener Kleidung
... beobachtete ich einen ...

Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.
Die Wiederholung finde ich unnötig.

Es tut mit so Leid.
mir

Ich schaute ihm noch hinterher, nahm dann den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.
Mhh, das verstehe ich nicht ganz. Soll mir das mit dem Bilderbuch was sagen? Hängt das mit der besonders traurigen Geschichte zusammen?

Die Wörter hast du ganz gut eingebunden, auch wenn du es dir mit dem Sammelsurium in dem Kiosk natürlich etwas einfach gemacht hast. ;)

Ich mag die Geschichte und die Idee. Das ist nicht zu gefühlsduselig, man erfährt immer nur grade so viel, dass man neugierig wird und weiterliest. Vielleicht habe ich mal wieder irgendeine tiefergehende Botschaft über den Autor verpasst, aber ich habe das Gefühl, dass er einfach nur Geschichten erzählen will, die sonst niemand gehört hätte. Und vielleicht ist da ja auch eine von ihm unter den anonymen. Vielleicht die besonders traurige?

Liebe Grüße,
NGK

 

Hallo NGK,

du auch hier?! :D
Ja. Mir gefällt die Idee der Wörterbörse. Da muss ich doch auch mitmachen. ;)

Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
Der Einstieg gefällt mir. Nicht spektakulär, macht aber neugierig.
Danke dafür. Freut mich.

Letzten Freitag war die Dame zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen.
„War“ als Verb gefällt mir hier nicht, das sagt so gar nichts aus. Vielleicht fällt dir noch etwas Schöneres ein.
Hatte hier vorher „stand“ anstelle von „war“ gehabt. Das hat sich dann aber mit dem nächsten Absatz gebissen.
Habe es nun ganz geändert.
Die Flüchtigkeitsfehler habe ich auch ausgebessert.


Smartphones, Aktentaschen, Schlips und Kragen.
Smartphones und Aktentaschen stehen hier in Mehrzahl, Schlips und Kragen nur in Einzahl. Das passt nicht zusammen. Als hätte einer ganze viele Smartphones und Aktentaschen.
Hast Recht. Habe nun ein Semikolon anstatt Komma. Dann sollte das besser passen.

Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.

Die Wiederholung finde ich unnötig.
Gerade diese Wiederholung ist wichtig (besonders im Zusammenhang mit der Wiederholung, die weiter oben ist.)

Ich schaute ihm noch hinterher, nahm dann den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.
Mhh, das verstehe ich nicht ganz. Soll mir das mit dem Bilderbuch was sagen? Hängt das mit der besonders traurigen Geschichte zusammen?

Und vielleicht ist da ja auch eine von ihm unter den anonymen. Vielleicht die besonders traurige?
Es gibt sicher verschiedene Lesarten des Textes.
Ich habe mir vorgestellt, dass das Wiederholende (die kursiven Gedanken), das Bilderbuch und die andere anonyme Geschichte wiederum die Geschichte/das Schicksal des Autors/Mannes im Kiosk erzählen.

Die Wörter hast du ganz gut eingebunden, auch wenn du es dir mit dem Sammelsurium in dem Kiosk natürlich etwas einfach gemacht hast.
Zwei der fünf Wörter sind tatsächlich dort untergebracht. Das Sammelsurium kam mir sehr gelegen. :Pfeif:

Ich mag die Geschichte und die Idee. Das ist nicht zu gefühlsduselig, man erfährt immer nur grade so viel, dass man neugierig wird und weiterliest.
Das freut mich sehr. Ich liebe diese häppchenweise Portionierung, die zum Weiterlesen animiert ;)

Vielen Dank für deinen Besuch. Wünsche dir ein tolles Wochenende.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Dazwischen beobachtete ich ein Mann in zerschlissener Kleidung,

einen

Ich schaute ihm noch hinterher, nahm dann den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche.

Das Fettgedruckte kann weg.

Hey GoMusic,

long time no see. Also zumindest hab ich schon lange keinen deiner Texte mehr kommentiert. Wird mal wieder Zeit.

Als ich deinen Titel gesehen habe, kam mir sofort die Frage in den Sinn, ob die Geschichte jetzt das Gegenteil von Schlinks "Der Vorleser" sein soll. Das hat sich dann während der Lektüre schnell erledigt :lol:

Nichtsdestotrotz, dein Protagonist hört gern zu, ein Zuhörer eben. Aber er erzählt auch. Die Geschichten derjenigen, denen er zuhört. Womöglich auch seine eigene Geschichte (das wird am Ende nicht so klar). Und die Geschichte, die wir hier alle lesen, die erzählt er natürlich ebenfalls. Er ist ja der Ich-Erzähler.

Da schwingt so eine Melancholie mit im Text. Du bist ja sowieso jemand, der - glaube ich zumindest - gerne ruhige Texte schreibt. Jedenfalls find ich, dass deine Texte immer ziemlich ruhig daherkommen, auch deine Romankapitel. Das ist nicht unbedingt in jedem einzelnen Fall förderlich, passt hier aber sehr gut. Es passiert ja auch nicht viel. Prota hört sich ein paar Geschichten an, verschenkt eine Plüschfigur, liest einen Ausschnitt aus seinem Buch vor. Ende. Da scheint dann viel zwischen den Zeilen durch, diese Melancholie eben, eine gewisse Traurigkeit, die der Erzähler (oder sollte ich sagen: Zuhörer?) in sich trägt. Wir wissen nicht, wo diese Traurigkeit herkommt, was er erlebt hat, aber sie ist da. Womöglich hat er jemanden verloren, das scheint mir am Ende angedeutet zu werden, aber wer weiß.

Der Text hat mir insofern gut gefallen, als er eine adäquate Umsetzung dessen zu sein scheint, was du erreichen wolltest. Als solche hat er mich jetzt aber auch nicht umgehauen. Er lässt sich halt gut lesen, ich kann mir ein paar Gedanken machen, etwas ruminterpretieren. Letzten Endes kommt er mir aber eher wie eine Fingerübung vor. Vielleicht liegt das daran, dass wir hier in der Wörterbörse sind?

In dem Zusammenhang eine Kleinigkeit:

Ich nickte und er nahm den samtweichen Hund.

Ja, der Erzähler hat den Plüschhund bestimmt viele Male angefasst und weiß, dass er samtweich ist. Trotzdem wirkt das Adjektiv hier einfach nicht so gut, weil nicht er es ist, der den Hund in die Hand nimmt. Am Ende dann bekommt er den Hund von dem Mann zurück. Setz das Wort doch lieber dorthin, wenn er ihn entgegennimmt. Lass ihn das "samtweiche" selbst fühlen, anstatt nur zu wissen. So wäre das Adjektiv meiner Meinung nach effektiver eingesetzt.

Das soll's gewesen sein.

Liebe Grüße
Mix

 

Hallo Mix,

schön, dass du hierhin gefunden und einen Kommentar hinterlassen hast. :)

Den Fehler habe ich sofort ausgebessert und auch deinen Kürzungsvorschlag sehr gerne übernommen. :thumbsup:

Aber er erzählt auch. Die Geschichten derjenigen, denen er zuhört. Womöglich auch seine eigene Geschichte (das wird am Ende nicht so klar).
Ja, seine eigene Geschichte steckt da womöglich im Verborgenen bzw. zwischen den Zeilen. Vielleicht hat er sie am Ende ja auch selbst vorgelesen. Die „andere anonyme“ Geschichte?
Das wollte ich nicht so ganz detailliert schreiben ...

Da schwingt so eine Melancholie mit im Text.
Schön dass das bei dir so rüberkam. Freut mich.

Du bist ja sowieso jemand, der - glaube ich zumindest - gerne ruhige Texte schreibt. Jedenfalls find ich, dass deine Texte immer ziemlich ruhig daherkommen, auch deine Romankapitel. Das ist nicht unbedingt in jedem einzelnen Fall förderlich, passt hier aber sehr gut.
Ja, die meisten meiner Texte sind eher ruhig, leider manchmal auch zu ruhig ...
Gut, dass es hier deiner Meinung nach passt.

Der Text hat mir insofern gut gefallen, als er eine adäquate Umsetzung dessen zu sein scheint, was du erreichen wolltest.
Hurra.

Als solche hat er mich jetzt aber auch nicht umgehauen. Er lässt sich halt gut lesen, ich kann mir ein paar Gedanken machen, etwas ruminterpretieren. Letzten Endes kommt er mir aber eher wie eine Fingerübung vor. Vielleicht liegt das daran, dass wir hier in der Wörterbörse sind?
Dann habe ich ja viel erreicht, wenn es zum Nachdenken animiert.
Fingerübung? Blame it on the Wörterbörse. :Pfeif:

Ich nickte und er nahm den samtweichen Hund.
Ja, der Erzähler hat den Plüschhund bestimmt viele Male angefasst und weiß, dass er samtweich ist. Trotzdem wirkt das Adjektiv hier einfach nicht so gut, weil nicht er es ist, der den Hund in die Hand nimmt. Am Ende dann bekommt er den Hund von dem Mann zurück. Setz das Wort doch lieber dorthin, wenn er ihn entgegennimmt. Lass ihn das "samtweiche" selbst fühlen, anstatt nur zu wissen. So wäre das Adjektiv meiner Meinung nach effektiver eingesetzt.
Die Idee ist gut.

Aber ich hatte mir was dabei gedacht, das “samtweich“ genau an dieser Stelle zu bringen. Es heißt ja:
Ich nickte und er nahm den samtweichen Hund. Streichelte ihn mit seiner großen, schwieligen Hand.

Damit wollte ich die Gegensätze aufzeigen. Einerseits der gebeutelte Mann in zerschlissener Kleidung mit den großen, schwieligen Händen - anderseits der kleine, samtweiche Plüschhund.
Vielleicht eine Andeutung, dass der Mann selbst auch samtweich ist oder eben Adäquates benötigt. Schließlich hat er sich am Ende ja einen neuen Hund besorgt. ;)

Vielen Dank für deine Zeit und deine Gedanken zu meiner kleinen Geschichte.

Schönes Restwochenende noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo, GoMusic

Nach den Gesprächen notierte ich mir immer Besonderheiten, die mir aufgefallen waren.

Ja, so jemand muss ein Autor sein. Beim zweiten Lesen fällt es mir auf. Seit die Wortkrieger/innen mir sagten, ich solle mein Auge schulen, schreibe ich solche Dinge zwar nicht auf, halte sie aber gedanklich fest. Ein superschönes Detail für eine superschöne Geschichte.

Ich habe sie gerne gelesen, wusste bis zum Ende nicht, worauf das hinausläuft, blieb dem aber gerne auf der Spur. Zu Anfang hatte ich ein bisschen Schwierigkeiten, mich zurechtzufinden. Das liegt, denke ich daran, dass der Fokus so eng ist. Ich sehe fast nichts von der Umgebung. Nur: Es gibt eine Rolltreppe und etwas, das man für einen An- und Verkauf halten könnte. Und so stand ich ein bisschen verwirrt rum wie die alte Dame.

Das hat mich aber nicht abgelenkt, sondern neugierig gemacht, und ich glaube, das ist die Kunst – die Du so gut beherrschst.

Am nächsten Morgen stand die Dame hinter mir, als ich gerade die Rollläden hochzog.

Hier lese ich aus dem Augenwinkel immer (die beiden Male, die ich’s jetzt gelesen habe) „Raindog“ statt „Rollläden hochzog“ und denke jedes Mal: Hä, ein wortkriegerinterner Bezug. Und dann: Ach, nee, doch nicht. Nur so ein Ankedötchen aus meinem Hirn.

Mit denen habe ich nämlich keine gute Erfahrung gemacht.“

Hm, über den Singular „Erfahrung“ stolpere ich irgendwie. Dass jemand das so sagt, ist, zumindest in meinen Breitengraden, eher unüblich. Wenn ich es laut ausspreche, klingt es extrem seltsam. Ich wollte Dir schon ankreiden, dass es „guten“ und nicht „gute“ heißt, da ist mir aufgefallen, dass das ein Singular ist. Also, für mich ein riesiger Stolperstein.

Beim Verabschieden sagte ich noch „Honorar kann ich leider nicht zahlen“ und schenkte ihm den Plüschhund.

So finde ich die wörtliche Rede sehr journalistisch umgesetzt. Besser würde es sich meiner Meinung nach lesen, wenn:

Beim Verabschieden sagte ich noch: „Honorar kann ich leider nicht zahlen“, und schenkte ihm den Plüschhund.

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst ein Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.

:cry: Große Empfehlung an alle, die erst die Kommentare lesen: Diese Geschichte zweimal lesen. Es lohnt sich. Ich finde es auch gut, dass die Geschichte sehr deutungsoffen ist. Was dort los ist, da sehe ich zumindest nach zweimaligem Lesen (vielleicht sollte ich es nochmal lesen) keine Hinweise drauf. Aber das ist gar nicht schlimm. Eben ein anonymes Schicksal. Beim ersten Lesen hat mich das mit den drei Monaten verwirrt. Beim zweiten Mal fand ich es sehr ergreifend.

Ach ja, als Kuscheltierfan bin ich über die samtweiche Stelle auch gestolpert, aber aus einem anderen Grund: Kuscheltiere erhalten sich ihre Weichheit eigentlich nur bei guter Pflege oder Nichtbehandlung. Kuscheltiere, die wirklich "Erinnerungsstücke" sind, sind meistens verfilzt. Durch das "samtweich" wird der Hund für mich eher so ein Ding, das frisch aus dem Laden kommt. Das wären nur so meine Gedanken dazu. Habe nichts dagegen, mir vorzustellen, der Prot hätte den Hund gekauft und nie angegrabbelt – die meisten Erwachsenen machen das wahrscheinlich auch nicht. Aber das wirft natürlich ein gewisses Licht auf den Hund, das Du vielleicht im Hinterkopf haben könntest. :Pfeif:

Und damit kann ich auch gut schließen. Bis auf die zwei Kleinigkeiten habe ich keine weiteren Wünsche. ;) Danke für diese Geschichte.

Gute Nacht,
Deine Maria

 

Hallo GoMusic,

ich habe deine Geschichte glaube ich jetzt acht mal gelesen. Der Titel hat mich gleich am Anfang angesprochen. Deine Geschichte mag ich sehr. Abgesehen von der tieferen Bedeutung die da irgendwo drin steckt, finde ich sie auch ohne weitere Bedeutung schön. Manchmal wenn sich gerade wieder mal ein Flug oder Zug verspätet, mach ich es wie dieser Mann, sehe mir die Leute an und überlege mir was mit ihnen los sein könnte, wohin sie wollen, woher sie kommen, wohin sie gehen. Ich habe immer einen Notizblock dabei, schreibe es manchmal auf oder zeichne sie.
Auf Reisen, trifft man tatsächlich oft Fremde, die mehr erzählen, als sie wahrscheinlich selbst wollen. Vielleicht ist es leichter mit Fremden zu sprechen. Ich weiß nicht.

Deine Geschichte ist eine von den ruhigen. Sie klingt beim Lesen ganz leise, so dass man die Emotion die zwischen den Zeilen klingt, gut spüren kann. Ich lese gern zwischen den Zeilen und schreibe da auch gern selbst vieles hin.

Ich habe gestern vorm einschlafen ernsthaft über diese Geschichte nachdenken müssen. Klar steckt seine darin, aber ich finde etliche Richtungen deine Zeichen zu deuten. Ich weiß ja auch nicht, ob alle Dinge tatsächlich von Bedeutung sind.
Mit den Gegenständen ist das wie so ein Wortspiel ... kennst du das mit "Welches Wort passt nicht in die Reihe" ?
Ich finde da die zerknüllte Zigarettenschachtel. Eigentlich ist das ja kein Alltagsgegenstand und ein Erinnerungsstück aus der Kindheit wohl auch nicht. Was hat sie für ihn zu bedeuten? Hat er nur einfach mit dem Rauchen aufgehört? Starb ein Elternteil an Lungenkrebs? Hat es einen Brand gegeben, weil er oder vielleicht damals seine Eltern beim Fernsehen mit einer Zigarette eingeschlafen sind? Liegt die Tragik in der Kindheit oder im Jetzt? Oder sind es Ereignisse aus Kindertagen die bis Heute anhalten, oder sein Leben entsprechend beeinflussen?

Dann ist da noch die Bibel und der Autoschlüssel. Beides keine Wörter der Wörterbörse, deine Geschichte braucht diese Worte nicht. Also hast du sie wohl gezielt geschrieben. Die Bibel als Symbol für einen Verlust? Oder Schuld und Vergebung? Hat er einen Unfall verursacht und dabei kamen Menschen um? Benötigt darum den Schlüssel nicht, weil er kein Auto fahren darf? Die drei Monate, verbüßt er eine Haftstrafe infolge dessen, im offenen Vollzug?
Sind die Gespräche eine Art Wiedergutmachung, oder sucht er eine Möglichkeit das eigene Erlebte zu verarbeiten, aufzuschreiben ?

Offen über einen Kummer zu sprechen ist der erste Weg in zu verarbeiten, vielleicht selbst durch das Gespräch neue Möglichkeiten zu erkennen. Der andere Mann hat einen neuen Hund. Was er da getan hat, bewirkt also etwas. Das hast du schön dargestellt.

So, nun gibt's den Minuspunkt. Ich mag den samtweichen Hund nicht. Naja, war ein Wort das du unterbringen musstest.
Ist jetzt nicht gerade ein tolles Adjektiv, mag ich nicht so. Kannst du jetzt irgendwie nichts für, weiß ich trotzdem.
Ich glaube normalerweise würde man von weichem Fell sprechen oder von samtigem. Aber samtweich, fällt mir nur Haut zu ein. Passt nicht mal zu Samt, samtweicher Samt, klingt bescheuert. Hm ... mit dem Wort hast du bisschen Pech gehabt.

Ich glaube in deiner Geschichte geht es wahrscheinlich wirklich um einen Verlust und vielleicht auch um Schuld, vielleicht für ein einziges Mal, einen Fehler, der alles verändert hat.

Ich will das jetzt aber schon wissen, gell. Was du dir dabei gedacht hast. Und nicht das du jetzt sagst hab mir nichts greifbares dabei gedacht, kannst du ja jetzt nicht machen. Ne, akzeptiere ich dann nicht so als Option, dann lass dir lieber schnell noch was einfallen. Ich werde ja kirre von der Denkerei ...

Liebe Grüße
Charly

 
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Lieber Gomusic,
nur kurz, ich hab das sehr sehr gerne gelesen.

Du erzeugst eine ruhige, melancholische Stimmung. Fragen, wie, was das denn für eine seltsame Arbeitsmöglichkeit ist, an einem Kiosk die Geschichten anderer Menschen anzuhören, lass ich jetzt mal. Es bleibt eine Getragenheit, eine Wehmut, die man immer fühlt, wenn man das Schicksal anderer Menschen hört, man wird an die eigene Vergänglichkeit erinnert, daran, dass etwas Existenzgefährdendes passieren kann.

Und was ich echt klasse fand, dein Bilderbuch am Ende. Du arbeitest da eigentlich, das fand ich echt cool gemacht, mit einer Abwandlung dieser 6-Wort-Geschichten. Mir sagen die zerknüllte Zigarettenpackung oder anderes zwar nichts Genaues, aber das macht nichts, man begreift, dass sie Utensilien und Zeugen eines Leben sind, das ihm zugesetzt hat, sonst würde er das nicht so inszenieren. Ebenso dadurch, dass du ihn diese Worte gedanklich wiederholen lässt: "Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut."
Und dadurch, dass du das Bilderbuch am Schluss wie gesagt so hervorhebst, entsteht das Gefühl, eigentlich die Sicherheit, die zweite anonyme Geschichte stammt von ihm und handelt von dem Verlust eines, seines Kindes.

Langsam fängt die Wörterbörse an, mir zu gefallen.

Ach ja, noch was. Viele haben sich an dem samtweichen Hund gestört. Ging mir jetzt zwar nicht so, aber egal. Ich hab ja auch gelesen, was du als Antwort geschreiben hast:

Aber ich hatte mir was dabei gedacht, das “samtweich“ genau an dieser Stelle zu bringen. (...)
Damit wollte ich die Gegensätze aufzeigen. (...) Einerseits der gebeutelte Mann in zerschlissener Kleidung mit den großen, schwieligen Händen - anderseits der kleine, samtweiche Plüschhund.
Vielleicht eine Andeutung, dass der Mann selbst auch samtweich ist oder eben Adäquates benötigt.
Also samtweich brauchst du, ist schon klar. Aber um diesen Gegensatz noch stärker zu betonen, könntest du das doch so machen:
Ich nickte und er nahm den Hund. Streichelte mit seiner großen, schwieligen Hand über das samtweiche Fell.

Gruß an dich und bis denn.

 
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Hey GoMusic,

ich kann Dich unermüdlichen Kommentierer hier gar nicht mit nur sechs Beiträgen sehen. Ich hab zwar nicht viel zu sagen, aber einen Leseeindruck - dafür reicht es allemal. Ich habe das gern gelesen, bin am Ende aber nicht vor Euphorie durch die Decke gegangen. Es liest sich nett weg, aber eher so, ich arbeite eine Aufgabe ab, als dass die Geschichte auf mich wirkt, dass Du sie unbedingt erzählen wolltest. Ist jetzt keine Kritik, ich finde es wunderbar, dass die Wörterbörse wiederbelebt wird. Die Idee, einen Zuhörershop aufzumachen - ich glaube, die könnte gut funktionieren. Jedenfalls wären Ärzte, Apotheker und Friseure wahrscheinlich sehr dankbar ;). Nur zahlen will und kann ja nicht jeder dafür. Also, wahrscheinlich müssen doch die Seelsorgetelefone und Beichtstühle reichen. Oder die Kasse zahlen Therapien. Nun gut, für deinen Prot. gibt es am Ende vielleicht doch ein kleines Honorar, wenn das Buch genügend Käufer findet.

Letzten Freitag hielt sich die Dame zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen auf. Sie starrte hinein, während ich gerade einen jungen Mann vor der Tür verabschiedete, und fragte: „Entschuldigung. Ist das jetzt ein An- und Verkauf? Führen Sie keine Zeitungen?“

Da ich noch bei der Verabschiedung des jungen Mannes war, ist der Bezug der Frage für mich nicht eindeutig gewesen. Ich musste die Frage erst mal wieder zur alten Dame bringen.

Sie nahm ein Buch vom Stapel, schlug es auf und reichte es mir. „Die andere anonyme Geschichte … Schrecklich. Es tut mir so leid.“

Also, für mich war es ganz klar seine Geschichte. Beim ersten Lesen, und beim zweiten auch. Da in einem Kommentar erwähnt wurde, man solle unbedingt zweimal lesen, dachte ich, zwischen den Zeilen stecken vielleicht noch mehr Hinweise auf sein Schicksal, aber außer, dass der "Kiosk" mehr Zuflucht als Arbeit war und ein Bilderbuch metaphorisch für sein Schicksal steht, habe ich nichts gefunden. Vielleicht träumte er ja selbst davon, ein "Bilderbuch" zu machen. Dieses Buch eben. Aber dann wäre es ja keine traurige Geschichte geworden, die die alte Dame so gerührt hat, denn er hätte sich diesen Traum ja erfüllt. (Okay, lese gerade Novaks Komm, der sich mit meinem überschnitten hat, ja Kindtot erscheint mir sehr wahrscheinlich.)

Somit baut sich die für mich (die ich nicht geschnallt habe) Spannung darüber auf, was das denn nun für ein Büdchen ist, das funktionierte für mich auch ganz gut, und das "Happy End" rundet diese kleine "Wohlfühlgeschichte" ab, (Denn das bleibt sie, solange man das mit dem Kindtod nicht sofort erfässt.) Ach doch, in meiner Lesart passt gut zum ersten Kaffee am Sonntag.

Stilistisch hat es mir ziemlich gut gefallen. Das ist sehr klar und aufgeräumt und die Kargheit der Sprache spiegelt gut das Erzählte (Kargheit der Schicksale). Das mochte ich sehr.

Beste Sonntagsgrüße, Fliege

Ergänzung:
Jimmy hatte ja auch mal so einen kurz Text, indem er das Schicksal eines Paares in paar Worte packte, die ihr Kind an der Autobahnraststätte aussetzten. Da war der Fokus aber ganz genau darauf gerichtet, du versteckst ihn im Setting - ich glaub, von daher wird die Emotionalität, zumindest meine, wenn ich die Geschichte jetzt im Wissen darum lese, doch ziemlich ausgebremst.

Noch ein Nachtrag, weil es mich jetzt gar nicht mehr loslässt.

Babyschuhe - ungetragen - da wird alles Drama durch "ungetragen" erzählt. Du dagegen entscheidest Dich als Codewort für die Babyschuhe vs. Bilderbuch. Mal ab davon, dass ich immerhin das Buch schon in der Hand hatte und Novak den Gedanken auch konsequent zu Ende gedacht hat (es also möglich ist), wie wäre es, wenn der Plüschhund tatsächlich neu wäre? Da könnte er dann auch samtweiches Fell für alle haben, und das Bilderbuch wäre total abgegriffen - weil vom Prot. selbst noch: gelebtes vs. ungelebtes Spielzeug. Er kann den Hund dann natürlich nicht verschenken, aber das muss er für den Plot auch nicht. Der Mann kann ja trotzdem kommen und vom neuen Ricky erzählen.

 

Lieber GoMusic,

„Entschuldigung. Ist das jetzt ein An- und Verkauf? Führen Sie keine Zeitungen?“
„Nein, ich verkaufe nichts.“ Ich wollte ausholen, um von meinem Projekt zu erzählen, doch sie unterbrach mich. „Äh, gut. Dann gehe ich oben zum Kaufhof.“

Mit voller Plastiktüte schlich er auf mich zu.
„Nehmen Sie Pfand an?“
„Tut mir leid, das ist kein Kiosk mehr. Wenn Sie möchten, können Sie sich gerne drinnen im Warmen ein wenig ausruhen. Ich habe frischen Kaffee.“
Der Mann folgte mir, legte beim Hinsetzen die Tüte ab. Glas klimperte. Er schaute auf den Boden, fragte: „Wo ist eigentlich Ali geblieben?“
„Sie meinen den Vorbesitzer? Kann ich Ihnen nicht sagen. Der Kiosk stand schon lange leer.“
„Ach so.“

Beide Stellen mag ich gerne. Die wirken natürlich. Da habe ich die Besucher vor Augen.

Deine Geschichte hat etwas Märchenhaftes für mich. Allein, dass er in der Zeit ein Buch schreibt und schon fest davon ausgeht, dass es demnächst als Neuvorstellung im Schaufenster des Buchladens steht, was auch klappt. :Pfeif: Das geht alles sehr glatt. Es gibt solche Lebenshilfe- Bücher wie "Das Café am Rande der Welt". Deine Geschichte kommt zurückhaltender daher, man wird nicht belehrt, das finde ich angenehm. Am Ende gibt es aber gleich mehrere kleine Happy ends. Die Frau ist mit sich versöhnt, dadurch, dass sie ihren "Fehltritt" gebeichtet hat, der Mann kauft einen neuen Hund und dein Prot. hat einen Bucherfolg. Das ist mir fast zuviel des Guten. Aber die Haltung, zuzuhören und einfach eine Geschichte zu erzählen und damit eine Trauer, eine Schuld zu bezeugen, das hast du gut dargestellt.

Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte. Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.

Um speziell bei dem Wort "Friedhof" eine Bürde zu erkennen, bedarf es möglicherweise nicht so viel. Wenn du seine besondere Sensitivität für solche Gesten herausstellen möchtest, müsste es vielleicht ein Wort sein, welches nicht mit dem Thema Trauer in Verbindung steht. Aber es geht natürlich auch so. Ihre Bürde ist ja nochmal speziell.

„Ich möchte Ihnen etwas erzählen.“ Sie prüfte den roten Lack auf ihren Nägeln, druckste, bevor sie sagte: „Wir waren dreißig Jahre verheiratet … Ein einziges Mal habe ich ihn betrogen. Seitdem trage ich es mit mir herum.“
Nach dem Gespräch hielt sie meine Hand. „Vielen Dank.“
Auf dem Weg zur Rolltreppe schnäuzte sie in ein Taschentuch und drehte sich nicht mehr um.

Hier nehme ich an, dass es eigentlich ein längeres Gespräch ist. Das wirkt auf mich nicht so glaubhaft, dass sie da mit so in einem Satz rausplatzt. Das Drucksen vorher ist mir zu wenig. Weiß nicht, wie man das löst.

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe.

Kamera? Macht er Fotos von den Leuten?

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst ein Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.

Ohne "ein" fänd ich es flüssiger.

Ich mußte auch an Obdachlosenzeitschriften denken, wo regelmäßig die Geschichten der Verkäufer erzählt werden.

Wie schön, dass wir uns kennengelernt haben, GoMusic!:)

Liebe Grüße von Chutney

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi TeddyMaria,

habe deinen Kommentar noch gestern vor dem Schlafengehen gelesen, und: mein Herz hat gehüpft. :herz:

Ich habe sie gerne gelesen, wusste bis zum Ende nicht, worauf das hinausläuft, blieb dem aber gerne auf der Spur. Zu Anfang hatte ich ein bisschen Schwierigkeiten, mich zurechtzufinden. Das liegt, denke ich daran, dass der Fokus so eng ist. Ich sehe fast nichts von der Umgebung. Nur: Es gibt eine Rolltreppe und etwas, das man für einen An- und Verkauf halten könnte. Und so stand ich ein bisschen verwirrt rum wie die alte Dame.
Das hat mich aber nicht abgelenkt, sondern neugierig gemacht, und ich glaube, das ist die Kunst – die Du so gut beherrschst.
„Verwirrt wie die alte Dame“ trifft es irgendwie auf den Punkt. Also, dass der Leser quasi genau so vor dem Häuschen steht und sich fragt, was da denn abgeht. Kann nicht verkehrt sein, denke ich, zumal es dich ja ebenso neugierig wie die Frau gemacht hat. ;)
Und danke auch für das Kompliment.

Mit denen habe ich nämlich keine gute Erfahrung gemacht.“
Hm, über den Singular „Erfahrung“ stolpere ich irgendwie. Dass jemand das so sagt, ist, zumindest in meinen Breitengraden, eher unüblich. Wenn ich es laut ausspreche, klingt es extrem seltsam. Ich wollte Dir schon ankreiden, dass es „guten“ und nicht „gute“ heißt, da ist mir aufgefallen, dass das ein Singular ist. Also, für mich ein riesiger Stolperstein.
Ja, Plural passt besser. Habe ich angepasst. Danke dafür.
Auch das mit dem Doppelpunkt habe ich übernommen. Es sollte schon einheitlich sein und auf keinen Fall journalistisch klingen.

Ich finde es auch gut, dass die Geschichte sehr deutungsoffen ist. Was dort los ist, da sehe ich zumindest nach zweimaligem Lesen (vielleicht sollte ich es nochmal lesen) keine Hinweise drauf. Aber das ist gar nicht schlimm. Eben ein anonymes Schicksal. Beim ersten Lesen hat mich das mit den drei Monaten verwirrt. Beim zweiten Mal fand ich es sehr ergreifend.
Ja, es kann mehrere Bedeutungen geben. Schön, dass du für dich eine ergreifende „gefunden“ hast.

Ach ja, als Kuscheltierfan bin ich über die samtweiche Stelle auch gestolpert,
Ja, da ist was dran.
Novak hat dazu ja weiter unten eine super Idee aufgeführt, die gut zu dem passt, wie ich es mir vorgestellt habe.

Maria, ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut.
Wollte dir auch immer schon sagen, wie toll ich es finde, wie du dich hier bei den Wortkriegern einbringst. :thumbsup:


Hallo Charly1406,

Ich habe deine Geschichte glaube ich jetzt acht mal gelesen. Der Titel hat mich gleich am Anfang angesprochen. Deine Geschichte mag ich sehr.
Acht Mal? Das ist der Wahnsinn.
Schön, dass sie dir gefällt.

Ich habe gestern vorm einschlafen ernsthaft über diese Geschichte nachdenken müssen. Klar steckt seine darin, aber ich finde etliche Richtungen deine Zeichen zu deuten. Ich weiß ja auch nicht, ob alle Dinge tatsächlich von Bedeutung sind.[
Mit den Gegenständen ist das wie so ein Wortspiel ... kennst du das mit "Welches Wort passt nicht in die Reihe" ?
Das „was passt nicht in die Reihe?“ passt hier super. Es heißt ja:

„Spielzeug aus meiner Kindheit, eine TV-Fernbedienung, ein buntes Bilderbuch, eine zerknüllte Zigarettenpackung.“
Mein Gedanke war, dass das bunte Bilderbuch aus der Reihe tanzt. Es ist nicht Spielzeug aus seiner eigenen Kindheit, sonst würde es nicht so da mitten drin stehen.
All das andere, ebenso wie später der Plüschhund, die Bibel und der Autoschlüssel, sind Dinge, die er nicht (mehr) braucht. Dinge, auf die er verzichtet, an denen schlimme Gedanken heften, die nicht weiterhelfen, die er aber dennoch bei sich im kleinen Kiosk hat (bzw. die er immer betrachtet). Eine Art, um „darüber“ hinweg kommen zu können.

Ich finde da die zerknüllte Zigarettenschachtel. Eigentlich ist das ja kein Alltagsgegenstand und ein Erinnerungsstück aus der Kindheit wohl auch nicht. Was hat sie für ihn zu bedeuten? Hat er nur einfach mit dem Rauchen aufgehört? Starb ein Elternteil an Lungenkrebs? Hat es einen Brand gegeben, weil er oder vielleicht damals seine Eltern beim Fernsehen mit einer Zigarette eingeschlafen sind? Liegt die Tragik in der Kindheit oder im Jetzt? Oder sind es Ereignisse aus Kindertagen die bis Heute anhalten, oder sein Leben entsprechend beeinflussen?
Schön, welche Interpretationen diese Gegenstände hervorrufen.

Die Bibel als Symbol für einen Verlust? Oder Schuld und Vergebung? Hat er einen Unfall verursacht und dabei kamen Menschen um? Benötigt darum den Schlüssel nicht, weil er kein Auto fahren darf?
Das kommt meiner Intention schon sehr nahe.

Die drei Monate, verbüßt er eine Haftstrafe infolge dessen, im offenen Vollzug?
Auch eine gute Idee. Habe ich mir so aber nicht gedacht.

Sind die Gespräche eine Art Wiedergutmachung, oder sucht er eine Möglichkeit das eigene Erlebte zu verarbeiten, aufzuschreiben ?
Definitiv ja (der „oder“-Teil).

Offen über einen Kummer zu sprechen ist der erste Weg in zu verarbeiten, vielleicht selbst durch das Gespräch neue Möglichkeiten zu erkennen. Der andere Mann hat einen neuen Hund. Was er da getan hat, bewirkt also etwas. Das hast du schön dargestellt.
Sehe ich auch so. Danke auch für das Lob.

So, nun gibt's den Minuspunkt. Ich mag den samtweichen Hund nicht. Naja, war ein Wort das du unterbringen musstest.
Dank Novak (weiter unten) sollte es nun besser passen.

Ich glaube in deiner Geschichte geht es wahrscheinlich wirklich um einen Verlust und vielleicht auch um Schuld, vielleicht für ein einziges Mal, einen Fehler, der alles verändert hat.
Yepp.

Ich will das jetzt aber schon wissen, gell. Was du dir dabei gedacht hast. Und nicht das du jetzt sagst hab mir nichts greifbares dabei gedacht, kannst du ja jetzt nicht machen. Ne, akzeptiere ich dann nicht so als Option, dann lass dir lieber schnell noch was einfallen. Ich werde ja kirre von der Denkerei …
Was schnell einfallen lassen brauch ich nicht. Die Gedanken habe ich mir schon vorher gemacht ;)

Wenn ich jetzt die Geschichte "erkläre", wie ich sie mir im Einzelnen gedacht habe, warum er im Kiosk ist, was passiert ist etc., lenke ich ja die weiteren Leser - und das möchte ich ja nicht.
All die schönen Interpretationsmöglichkeiten, die du hattest, die noch kommen könnten, sind für mich so interessant und helfen mir vielleicht auch für andere Texte enorm weiter.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich muss dich leider ein wenig vertrösten, möchte dich auf keinen Fall hängen lassen. Hoffe, du verstehst das und kannst noch warten.
Edit: Schön, dass du auch zum Niederrhein Stammtisch kommen möchtest. Freue mich schon, dich kennenzulernen.


Mehr schaffe ich heute nicht mehr. Der wunderschöne Sonnentag hat mich voll vereinnahmt. :)
Jetzt noch ein wenig Fussball, dann ab in die Heia.
Vielen Dank euch beiden und einen schönen Abend noch.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Liebe Novak und Fliege,

vielen Dank für eure Besuche. Eure Kommentare gehen in eine ähnliche Richtung, da passt es ganz gut, die Antwort zusammenzufassen (die ich schon gestern angefangen habe und nun schnell posten möchte, bevor ich am Bahnhof ankomme ...)

Novak:

ich hab das sehr sehr gerne gelesen.
Yieppieh! :bounce:

Du erzeugst eine ruhige, melancholische Stimmung.
Schön, dass mir das gelungen zu schein scheint. :)

Fragen, wie, was das denn für eine seltsame Arbeitsmöglichkeit ist, an einem Kiosk die Geschichten anderer Menschen anzuhören, lass ich jetzt mal
Meine Idee war, dass der Prota schon mal ein Buch über Schicksale anderer Menschen geschrieben hat, aber halt in Cafés oder am Schreibtisch.

Dann stieß er auf den leerstehenden Kiosk und hatte die Idee, dort, inmitten der Menschen, den Menschen zuzuhören und ihre Geschichte aufzuschreiben.
In der Zwischenzeit ist die schreckliche Sache geschehen. Er merkt, dass ihm das Hören anderer Schicksale hilft und entscheidet sich, seine eigene Geschchte anonym mitaufzuschreiben.

Und was ich echt klasse fand, dein Bilderbuch am Ende. Du arbeitest da eigentlich, das fand ich echt cool gemacht, mit einer Abwandlung dieser 6-Wort-Geschichten.
Dass "Bilderbuch" zu den Wörterbörsen-Begriffen gehörte, war ein Glücksfall. Es erinnert so stark an ein kleines Kind.

Mir sagen die zerknüllte Zigarettenpackung oder anderes zwar nichts Genaues, aber das macht nichts, man begreift, dass sie Utensilien und Zeugen eines Leben sind, das ihm zugesetzt hat, sonst würde er das nicht so inszenieren.
Ja, Zeugen eines Lebens, das hast du schön gesagt, Sie müssen nicht alle eine bestimmte Bedeutung haben, können sie aber.
Weiter oben bei Charly habe ich meine Ideen zu den Gegenstände mal näher aufgeführt, wie es sein könnte.

Ebenso dadurch, dass du ihn diese Worte gedanklich wiederholen lässt: "Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut."
Und dadurch, dass du das Bilderbuch am Schluss wie gesagt so hervorhebst, entsteht das Gefühl, eigentlich die Sicherheit, die zweite anonyme Geschichte stammt von ihm und handelt von dem Verlust eines, seines Kindes.
"Im Sommer ... ihm geht es gut": Ja, das sind Worte, die er hört und die auch zu seinem Schicksal passen, Durch das Wiederholen der Worte in Gedanken redet er es sich sebst ein, das es seinem Sohn jetzt gut geht.
Und durch das gedankliche Wiederholen von "anonym" kommt ihm erst die Idee, seine eigene Geschichte anonym aufzuschreiben.
Wahrscheinlich hat er bis kurz vor der ersten Lesung in der Buchhandlung noch mit sich gekämpft, diese auch vorzutragen.

Also samtweich brauchst du, ist schon klar. Aber um diesen Gegensatz noch stärker zu betonen, könntest du das doch so machen:
Das habe ich sehr gerne übernommen. :thumbsup:


Fliege:

Die Idee, einen Zuhörershop aufzumachen - ich glaube, die könnte gut funktionieren.
Ich denke auch.

Sie nahm ein Buch vom Stapel, schlug es auf und reichte es mir. „Die andere anonyme Geschichte … Schrecklich. Es tut mir so leid.“
Also, für mich war es ganz klar seine Geschichte. Beim ersten Lesen, und beim zweiten auch.
Genau.

Stilistisch hat es mir ziemlich gut gefallen. Das ist sehr klar und aufgeräumt und die Kargheit der Sprache spiegelt gut das Erzählte (Kargheit der Schicksale). Das mochte ich sehr.
Prima. ;)

Babyschuhe - ungetragen da wird alles Drama durch "ungetragen" erzählt. Du dagegen entscheidest Dich als Codewort für die Babyschuhe vs. Bilderbuch. Mal ab davon, dass ich immerhin das Buch schon in der Hand hatte und Novak den Gedanken auch konsequent zu Ende gedacht hat (es also möglich ist), wie wäre es, wenn der Plüschhund tatsächlich neu wäre?
Der Titel "Babyschuhe - ungetragen" ist mir bekannt. Das sagt tatsächlich alles aus.

Der Plüschhund soll in meinen Gedanken tatsächlich neu sein. Ein Geschenk, dass das Kind noch gar nicht benutzt hat. Noch nicht kannte, deshalb fällt es dem Prota auch relativ leicht, es einem anderen zu schenken, der es (besser) gebrauchen kann, was ihm helfen kann, über seine Trauer hinweg zu kommen.

Da könnte er dann auch samtweiches Fell für alle haben, und das Bilderbuch wäre total abgegriffen - weil vom Prot. selbst noch: gelebtes vs. ungelebtes Spielzeug. Er kann den Hund dann natürlich nicht verschenken, aber das muss er für den Plot auch nicht. Der Mann kann ja trotzdem kommen und vom neuen Ricky erzählen.
Das Bilderbuch ist laut meiner Idee auch noch fast neu, allerdings schon vom Kind benutzt. Deswegen hängt der Prota auch so sehr daran.
Es gibt da den einen Augenblick in der Geschichte, wo er anfängt, das Bilderbuch nicht auf dem Glasregal liegenzulassen, sondern es jeden Abend in seine Tasche zu packen, immer bei sich zu tragen.

Vielen Dank für eure tollen Kommentare.

Habe mich sehr gefreut.
Wünsche euch einen sonnigen Wochenstart.

Liebe Grüße, GoMusic

 
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Lieber GoMusic,

ich steige mal gleich ein, wie immer :D

Die alte Dame stieg aus der U-Bahn, blieb stehen, drehte sich in meine Richtung und winkte mir mit geröteten Wangen zu. Ich grüßte zurück und schaute ihr hinterher, bis sie an der Rolltreppe verschwand.
Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
Ich finde den Anfang gut, mir gefällt, wie du gleich mit einer Situation startest, die man sich gut vorstellen kann. Allerdings musste ich die ersten beiden Absätze zwei Mal lesen, denn anfangs dachte ich, dein Prot sitzt in der U-Bahn und die Dame steigt gerade aus und winkt ihm zum Abschied zu. Dann kommt das Glashäuschen und ich dachte, hä?, verkauft der Fahrkarten?, und dann war ich verwirrt wegen des Kiosks ... Naja, und als ich es dann noch einmal gelesen habe, wurde es klarer. Wenn nur ich meine Probleme damit hatte, vergiss es getrost, wollte dir nur diesen ersten Eindruck mitteilen.

Zu dem letzten Satz des ersten Absatzes: Wie wäre es, wenn du nach
Ein einziges Mal wäre ein guter Titel
rausgehst? Das "fiel mir ein" finde ich hier überflüssig und stört für mich irgendwie diese leicht traumhafte Stimmung, die du davor erzeugst.

Nach den Gesprächen notierte ich mir immer Besonderheiten, die mir aufgefallen waren. Ein nervöses Augenzucken, das Knibbeln mit den Fingern, ein Hüsteln oder etwas anderes, das mehr als Worte zu sagen vermochte. Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte. Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.
Das finde ich sehr berührend und gut beobachtet. Da macht sich in mir das Gefühl breit, dass dein Prot sehr sensibel ist, empfänglich für menschliche Zwischentöne. Und solche feinfühligen Menschen mag ich prinzipiell :shy:

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe. Ging wieder hinein und steckte das Bilderbuch in die Tasche.
Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst ein Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Das gefällt mir richtig. Da schwingt so viel mit. Die tragische Geschichte, die vermutlich mit einem Kind zu tun hat, die ihn selbst zur Geschichte seines eigenen Buchs macht. Das hat mich wirklich berührt.

Von hinten schritt ein Mann nach vorne, der eine Plüschfigur in der Hand hielt.
„Ich möchten Ihnen das wiedergeben.“
Auch das ist eine schöne Passage. Da ist dieser Mann, der vom Leben gezeichnet ist und dem Autoren das Plüschtier wiedergibt, das ihn eigentlich trösten sollte. Das impliziert, dass der vom Leben Gezeichnete durch die Lesung oder die anonyme Geschichte erkannt zu haben scheint, dass der Autor den Trost mehr braucht, als er selbst. Und da ist auch ein wenig Hoffnung. Es gibt einen neuen Hund. Es wird nach vorn gesehen.

Ich schaute ihm hinterher, nahm den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.
Sehr gutes Ende!

Ich finde, diese Geschichte klingt ganz anders, als das, was ich bisher von dir gelesen habe. Da ist eine Melancholie vorhanden, etwas Traumhaftes, Berührendes, ohne aber auf die Tränendrüse zu drücken. Du deutest bestimmte Dinge an, manche sogar sehr zaghaft, aber das gefällt mir. Mir persönlich gefällt dieser Text hier von dir bisher am besten, glaube ich. Klar, am Anfang hat es für mich kurz geholpert, aber die Intention, die Idee und der Tonfall haben mich echt gekriegt.

Sehr gerne gelesen!
RinaWu

p.s.: Ein HOCH auf die neuentdeckte Wörterbörse!!! Macht Spaß mit euch!
p.p.s.: Die fünf Worte sind mir nicht aufgefallen, haste gut vermauschelt :shy:

 

Vom Inhalt wirkt der Text auf den ersten Blick banal, ist aber sehr spannend geschrieben. Beeindruckt hat mich auch der Szenenwechsel am Ende und das Happy-End der beiden Figuren.

 

Hallo GoMusic,

o je, eine Rosa-Brille-ich-will-die-Welt-unbedingt-verbessern.gut-Menschen-Geschichte, der Wunsch, aber auch die Illusion, man könne die Ausgegrenzten, die Verlierer in einer erbarmungslosen Gesellschaft immerhin trösten. Die Idee klingt wunderbar und darüber darf, muss man unbedingt schreiben. Allein: das Thema bedarf mMn mehr Platz, der Text müsste auch die Motive des Erzählers beleuchten werden und reichen zwei Beispiele wirklich aus? Dennoch: sensibel erzählt und es würde sich lohnen, an dem Text zu arbeiten, ihm einen Ticken mehr Tiefe zu geben. Sprachlich gut umgesetzt, könnte fast noch karger sein.

Textstellen:

Ich bot ihr einen Stuhl an, schloss die Tür und befestigte das Bitte nicht stören-Schild.
verküft der Stühle oder meinst du Platz anbieten,,, ach, und das mit dem BIitte.nicht-stören-Schild wiederholt sich etwas später.

ein Hüsteln oder etwas anderes, das mehr als Worte zu sagen vermochte. Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte.
hübscher Gedanke:thumbsup:

„Nein. Ich möchte Ihnen einfach nur ein Ohr schenken.“
haha, und woher nimmt er das Öhrchen?

„Es sind die Alleingelassenen, die sonst keinen haben, der ihnen zuhört. Deren Geschichten habe ich niedergeschrieben. Glückliche Leute habe ich nicht kennengelernt.“
meinst du wirkich, dass es keine glücklichen Menschen gibt?

Ich schaute ihm hinterher, nahm den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.
süßes Wehmutsende:Pfeif:

Liebe Grüße in die rhenischen Sonnenbiergefilde
Isegrims

 

Liebe Chutney,

schön, dass du vorbeigeschaut hast. :)

Beide Stellen mag ich gerne. Die wirken natürlich. Da habe ich die Besucher vor Augen.
Das freut mich sehr.

Deine Geschichte hat etwas Märchenhaftes für mich. Allein, dass er in der Zeit ein Buch schreibt und schon fest davon ausgeht, dass es demnächst als Neuvorstellung im Schaufenster des Buchladens steht, was auch klappt. Das geht alles sehr glatt.
Meine Idee war, dass er schon mal ein ähnliches Buch geschrieben hat und für das neue auch schon einen Vertrag mit einem Verlag hat.

Es gibt solche Lebenshilfe- Bücher wie "Das Café am Rande der Welt". Deine Geschichte kommt zurückhaltender daher, man wird nicht belehrt, das finde ich angenehm.
Das erwähnte Buch kenne ich nicht. Im Prinzip geht es in meiner Geschichte ja auch nicht um ein "geplantes Lebenshilfe"-Buch.
Am Ende hilft es ihm aber tatsächlich selbst. ;)

Am Ende gibt es aber gleich mehrere kleine Happy ends. Die Frau ist mit sich versöhnt, dadurch, dass sie ihren "Fehltritt" gebeichtet hat, der Mann kauft einen neuen Hund und dein Prot. hat einen Bucherfolg. Das ist mir fast zuviel des Guten.
Ja, die Frau ist mich sich versöhnt. Ganz am Anfang errötet sie noch, als sie den Prota nach dem Aufschreiben ihrer Geschichte zum ersten Mal wiedersieht. Am Ende hofft sie sogar, dass ihre Geschichte auch anderen hilft.
Der Mann hat einen neuen Hund. Nur, ob er ihn gekauft hat oder von einem anderen Leidensgenossen übernommen/geerbt hat, wird ja nicht gesagt.
Und der Bucherfolg: Ob es tatsächlich ein Verkaufserfolg wird, ist offen.

Aber die Haltung, zuzuhören und einfach eine Geschichte zu erzählen und damit eine Trauer, eine Schuld zu bezeugen, das hast du gut dargestellt.
Danke dafür.

Um speziell bei dem Wort "Friedhof" eine Bürde zu erkennen, bedarf es möglicherweise nicht so viel. Wenn du seine besondere Sensitivität für solche Gesten herausstellen möchtest, müsste es vielleicht ein Wort sein, welches nicht mit dem Thema Trauer in Verbindung steht. Aber es geht natürlich auch so. Ihre Bürde ist ja nochmal speziell.
Es ist ja gerade das Wort "Friedhof", weil es ihn selbst betrifft und er deshalb wohl mehr darauf achtet.

Hier nehme ich an, dass es eigentlich ein längeres Gespräch ist. Das wirkt auf mich nicht so glaubhaft, dass sie da mit so in einem Satz rausplatzt. Das Drucksen vorher ist mir zu wenig. Weiß nicht, wie man das löst.
Ja es ist ein Teil des Gespräches. Ich lasse es erstmal so. Vielleicht sagen dazu noch andere etwas oder ich habe ich dazu eine gute Idee.

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe.
Kamera? Macht er Fotos von den Leuten?
Ja, von denen, die es wünschen, die zusagen. Habe mir Schwarzweiß-Fotos vorgestellt.

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst ein Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Ohne "ein" fänd ich es flüssiger.
Gute Idee. Habe ich übernommen. :thumbsup:

Wie schön, dass wir uns kennengelernt haben, GoMusic!
Finde ich auch.:)

Habe mich sehr über deinen Besuch gefreut. Wünsche dir noch einen schönen Abend.
Liebe Grüße,
GoMusic

 

Moin GoMusic,

was für ein Genuss! Nach soviele Kommentaren bleibt wohl nichts wirklich konstruktives übrig, aber das mir Deine Geschichte so richtig gut gefallen hat, wollte ich doch hier lassen. Und zwar gleich doppelt bis dreifach :)
1. Weil die Idee eines "Zuhörers" einfach bezaubernd ist, was für ein Geschenk an die Bahnhofsnutzer, so Einen bräuchte doch jeder Mal ...
2. Weil Deine gewählte Sprache und Figurenzeichnung so wunderbar passt und
3. Weil ich solch, durch vorgeschrieben Wörter initiierte Geschichten, Klasse finde. Ich hatte nur immer das Gefühl, die Wörterbörse wird hier recht scheel betrachtet und habe sie daher nicht genutzt. Noch spannender finde ich es, wenn verschiedene Personen, mit den gleichen Wörtern arbeiten, aber das gehört hier natürlich nicht her.

Zurück zu Deiner schönen Geschichte:

Die alte Dame stieg aus der U-Bahn, blieb stehen, drehte sich in meine Richtung und winkte mir mit geröteten Wangen zu. Ich grüßte zurück und schaute ihr hinterher, bis sie an der Rolltreppe verschwand.
Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
Ich mag den Einstieg total, gleich mittendrin und dennoch vieles offen, ich will unbedingt wissen, was dort passiert.

Nach den Gesprächen notierte ich mir immer Besonderheiten, die mir aufgefallen waren. Ein nervöses Augenzucken, das Knibbeln mit den Fingern, ein Hüsteln oder etwas anderes, das mehr als Worte zu sagen vermochte. Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte. Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.
Der Erzähler ist richtig gut, ich hab ihn vor mir (wahrscheinlich sieht er anderes aus als Deiner, aber es ist völlig unwichtig. Er ist so empfindsam und man möchte ihm viel Glück und Erfolg wünschen. Ja, und irgendwie sogar hier schon "viel Kraft", da ist viel Unterschwelliges.

„Nein. Ich möchte Ihnen einfach nur ein Ohr schenken.“
Dieses doofe Lesen als "Wortkrieger" - natürlich ist die Redensart korrekt, ich musste trotzdem grinsen und sah jemanden ein Messer zücken.

„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.

Ja, die Wiederholung bewirkt bei mir genau das gewollte, ich lese es ja als der Erzähler, gute Idee, mal sehen, ob ich soweit auch mal komme ..

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.
Auch hier gefällt mir die Offenheit der Szene, es ist ja nicht so, als ob Du mir die Geschichte nicht erzählst, Du zeigst mir nur, das es noch eine andere gibt (und das ist ja auch im wahren Leben so)

„Es sind die Alleingelassenen, die sonst keinen haben, der ihnen zuhört. Deren Geschichten habe ich niedergeschrieben. Glückliche Leute habe ich nicht kennengelernt.“
Na gut, ich oute mich mal wieder als heile-Welt-Liebhaberin: ich hätte ein-zwei positive, halt glückliche Geschichten im Buch haben wollen ... Es muss doch auch glückliche Menschen geben?

Ganz dickes Lob und vor allem Dankeschön für diese Geschichte
Beste Wünsche
witch

 

Liebe RinaWu,

schön, dass du vorbeigeschaut hast. :)

Ich finde den Anfang gut, mir gefällt, wie du gleich mit einer Situation startest, die man sich gut vorstellen kann.
Sehr schön, dass das bei dir klappt.

Allerdings musste ich die ersten beiden Absätze zwei Mal lesen, denn anfangs dachte ich, dein Prot sitzt in der U-Bahn und die Dame steigt gerade aus und winkt ihm zum Abschied zu. Dann kommt das Glashäuschen und ich dachte, hä?, verkauft der Fahrkarten?, und dann war ich verwirrt wegen des Kiosks ... Naja, und als ich es dann noch einmal gelesen habe, wurde es klarer. Wenn nur ich meine Probleme damit hatte, vergiss es getrost, wollte dir nur diesen ersten Eindruck mitteilen.
Jemand anderes hatte dieses Problemchen auch. Ich finde das gar nicht so "schlimm", bedeutet es doch, dass man aufmerksam und ggf. den Absatz wiederholt lesen muss. :Pfeif:
Ich habe mir das aber mal markiert.

Wie wäre es, wenn du nach
Ein einziges Mal wäre ein guter Titel
rausgehst? Das "fiel mir ein" finde ich hier überflüssig und stört für mich irgendwie diese leicht traumhafte Stimmung, die du davor erzeugst.
Hm, das überlege ich mir nochmal. "fiel mir ein" soll so etwas wie den Übergang dazu bringen, dass er ein Autor ist.
Vielleicht gibt es dazu ja noch andere Meinungen.

Das finde ich sehr berührend und gut beobachtet. Da macht sich in mir das Gefühl breit, dass dein Prot sehr sensibel ist, empfänglich für menschliche Zwischentöne. Und solche feinfühligen Menschen mag ich prinzipiell
Danke dafür. Und da sind wir uns ja einig mit der Feinfühligkeit. :thumbsup:

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe. Ging wieder hinein und steckte das Bilderbuch in die Tasche.
Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst ein Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Das gefällt mir richtig. Da schwingt so viel mit. Die tragische Geschichte, die vermutlich mit einem Kind zu tun hat, die ihn selbst zur Geschichte seines eigenen Buchs macht. Das hat mich wirklich berührt.
Danke für das Lob. Mir gefällt das auch richtig gut :shy:

Von hinten schritt ein Mann nach vorne, der eine Plüschfigur in der Hand hielt.
„Ich möchten Ihnen das wiedergeben.“
Auch das ist eine schöne Passage. Da ist dieser Mann, der vom Leben gezeichnet ist und dem Autoren das Plüschtier wiedergibt, das ihn eigentlich trösten sollte. Das impliziert, dass der vom Leben Gezeichnete durch die Lesung oder die anonyme Geschichte erkannt zu haben scheint, dass der Autor den Trost mehr braucht, als er selbst. Und da ist auch ein wenig Hoffnung. Es gibt einen neuen Hund. Es wird nach vorn gesehen.
Mir gefällt, wie du hier die Bedeutung erkennst.
Besser hätte ich es auch nicht be-/umschreiben können.
Man merkt, dasss du diese Art an Geschichten gerne liest ...

Sehr gutes Ende!
Freut mich sehr. Genauso, wie ich mich über deinen ganzen Kommentar gefreut habe.

Ich finde, diese Geschichte klingt ganz anders, als das, was ich bisher von dir gelesen habe. Da ist eine Melancholie vorhanden, etwas Traumhaftes, Berührendes, ohne aber auf die Tränendrüse zu drücken. Du deutest bestimmte Dinge an, manche sogar sehr zaghaft, aber das gefällt mir. Mir persönlich gefällt dieser Text hier von dir bisher am besten, glaube ich.
Na, das ist ja mal was.
Ich glaube, ich habe Texte mit zaghaften Andeutungen für mich entdeckt :shy:


Hallo ulf1,

danke auch dir für deinen Kommentar.

Vom Inhalt wirkt der Text auf den ersten Blick banal, ist aber sehr spannend geschrieben. Beeindruckt hat mich auch der Szenenwechsel am Ende und das Happy-End der beiden Figuren.
Gut, "banal" ist sicher den Stichworten "Alltag, Gesellschaft" geschuldet. Aber das wirkt ja nur auf den ersten Blick so, sagst du ja. Damit kann ich leben :D

Schön, dass du es spannend findest und dir auch das Ende gefallen hat.

Danke auch dir fürs Lesen und Kommentieren.


Wünsche euch einen schönen Abend

Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Isegrims,

Du hast mich auch schon mal anders begrüßt, nicht so mit einem Stöhnen ;)

eine Rosa-Brille-ich-will-die-Welt-unbedingt-verbessern.gut-Menschen-Geschichte, der Wunsch, aber auch die Illusion, man könne die Ausgegrenzten, die Verlierer in einer erbarmungslosen Gesellschaft immerhin trösten.
Dass sieht der Prota aber nicht so.
Der wollte einfach nur ein weiteres Buch mit Geschichten/Schicksalen von Menschen schreiben und damit Geld verdienen.
Das es zwei, drei kleine Happyends gibt, dafür kann er ja gar nichts. :D

Allein: das Thema bedarf mMn mehr Platz, der Text müsste auch die Motive des Erzählers beleuchten werden und reichen zwei Beispiele wirklich aus?
Das sehe ich genau andersherum.
Ich meine, dass die Motive des Prots/Erzählers hier wenig bis überhaupt nichts verloren haben. Es wird ja auch nicht klar, ob es ihm am Ende besser geht. Dieses Zaghafte finde ich hier genau passend.

Dennoch: sensibel erzählt und es würde sich lohnen, an dem Text zu arbeiten, ihm einen Ticken mehr Tiefe zu geben. Sprachlich gut umgesetzt, könnte fast noch karger sein.
Danke für "sensibel" und "Sprachlich gut umgesetzt". Freut mich sehr.

Ich denke, mehr Tiefe, mehr Deutungen, Hintergründe würden dem Text eher schaden. Der Leser soll sich ja ruhig selbst ein Bild machen.
Oder was meinst du mit "mehr Tiefe"?

„Es sind die Alleingelassenen, die sonst keinen haben, der ihnen zuhört. Deren Geschichten habe ich niedergeschrieben. Glückliche Leute habe ich nicht kennengelernt.“
meinst du wirkich, dass es keine glücklichen Menschen gibt?
Zumindest hat der Prota keine Glücklichen kennengelernt. :(

Ich schaute ihm hinterher, nahm den Hund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.
süßes Wehmutsende
Danke dafür und generell auch für deine Zeit und die anderen Anmerkungen.

Liebe Grüße in die rhenischen Sonnenbiergefilde
"Sonnenbiergefilde" gefält mir ausgesprochen gut.
Habe erst jetzt bei heißen 30 Grad eine neue Palette Radler gekauft. Wie passend :bier::anstoss:

Liebe greenwitch,

schön, dass du mich besucht hast.

was für ein Genuss! ...
das mir Deine Geschichte so richtig gut gefallen hat, wollte ich doch hier lassen. Und zwar gleich doppelt bis dreifach
Wow! :bounce:

die Idee eines "Zuhörers" einfach bezaubernd ist, was für ein Geschenk an die Bahnhofsnutzer, so Einen bräuchte doch jeder Mal ...
... Weil Deine gewählte Sprache und Figurenzeichnung so wunderbar passt
Ich werde langsam rot.

Die alte Dame stieg aus der U-Bahn, blieb stehen, drehte sich in meine Richtung und winkte mir mit geröteten Wangen zu. Ich grüßte zurück und schaute ihr hinterher, bis sie an der Rolltreppe verschwand.
Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
Ich mag den Einstieg total, gleich mittendrin und dennoch vieles offen, ich will unbedingt wissen, was dort passiert.
Ja, der Einstieg hat mehreren gut gefallen (*schulterklopf*) ;)
Die Geschichte habe ich fast in einen Rutsch runtergeschrieben, ohne - sie wie sonst immer - tagelang zu überlegen, anzupassen, zu streichen usw.
Vielleicht sollte ich mich in Zukunft öfter auf meine ersten Ideen verlassen. (*Post-it-Zettel geschrieben und an den Füllfederhalter geheftet*)

Der Erzähler ist richtig gut, ich hab ihn vor mir (wahrscheinlich sieht er anderes aus als Deiner, aber es ist völlig unwichtig.
Er hat seine eigene Geschichte ja anoynm, ohne Foto, ins Buch gebracht. Kann dir leider kein Foto von ihm zeigen :)

Er ist so empfindsam und man möchte ihm viel Glück und Erfolg wünschen. Ja, und irgendwie sogar hier schon "viel Kraft", da ist viel Unterschwelliges.
Toll, dass so Wünsche während des Lesens auftreten. Das freut mich sehr.

„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.
Ja, die Wiederholung bewirkt bei mir genau das gewollte, ich lese es ja als der Erzähler, gute Idee,
Ja, das ist der Moment, wo er merkt, mit dem Schicksal vielleicht doch umgehen zu können.

Na gut, ich oute mich mal wieder als heile-Welt-Liebhaberin: ich hätte ein-zwei positive, halt glückliche Geschichten im Buch haben wollen ... Es muss doch auch glückliche Menschen geben?
Sicher gibt es die Glücklichen. Nur leider, leider hat der Erzähler sie am Bahnhof nicht angetroffen.
Aber als "Ausgleich" hat sich ja die Situation mehrerer nach Erscheinen des Buches ein wenig ins Positive geändert.

Ganz dickes Lob und vor allem Dankeschön für diese Geschichte
Auch dir vielen Dank für deine Zeit und deine Gedanken.
Habe mich sehr gefreut.

Wünsche euch einen schönen Abend.
Liebe Grüße, GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Eine schöne Geschichte erzählstu da,

lieber GoMusic,

die auch noch ein positives Ende findet im Rollentausch, nicht nur, weil das Projekt gelingt und der titelgebende Zuhörer (und Sammler von Lebensgeschichten, muss man ja mitdenken) zum Vorleser dieser Sammlung an Geschichten wird und die uns bekannten Erzähler sich zu Zuhörern wandeln, wobei ein Liebhaber des Wolfs nebst seiner Derivate natürlich mit den Dreien freut.

Gleichwohl hab ich zwo Anmerkungen

Sie zögerte einen Moment, bevor sie durch die offenstehende Tür trat.
Warum nicht schlicht "offene" oder "geöffnete" Tür? Das gewählte Partizip erinnert mich an den "offenstehenden" Kuhstall (Eltern sagen dann manchmal zum Kind "Pippi wird kalt!", ich mein dagegen,in der Hose entstehe Durchzug. Du weißt, was ich meine?) Und in der Tat, der übertragene Ausdruck für o. Möglichkeiten, um o. Fragen, o. Rechnungen usw. nahe beim "Offenstall" für Rindviecher.

Wenn Du auf "offen+stehen" bestehst, bitte auseinander "offen stehend"

Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben[,] und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.
(Infinitivsatz ist zu Ende)

Gern gelesen vom

Friedel -
in den nächsten Tagen schaut er auch mal wieder in Deinen Roman. Es ist erstaunlich, wie lahmarschig öffentliche und sonstige Stellen inzwischen in Sachen Steuerunterlagen reagieren. Ich werd es BAMFieber - vorsicht, ansteckend - nennen.

 

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