Dialog des Lebens
They tell me there´s a world out there
That I don´t see at all
I will not witness miracles
Behind these empty walls
The truth connects us to the ones
We all pretend to be
And I can promise you, my friend
You don´t belong to me*
That I don´t see at all
I will not witness miracles
Behind these empty walls
The truth connects us to the ones
We all pretend to be
And I can promise you, my friend
You don´t belong to me*
Medals, The Wicked
„Was willst du eigentlich?” fragt sie mich.
Ich schaue sie an und werde mir bewusst, dass ich es nicht weiß.
„Ich will alles! Und ich will nichts!“ sage ich. „Ich weiß es nicht.“
Sie schaut mich an. Wie eine Mutter ihr trotziges Kind anschaut, das gerade schreit und nicht mehr weiß, wieso es schreit, es aber nicht aufhören möchte, weil es das Gefühl hat, einen Sieg herbeiführen zu müssen. Was genau gewonnen werden soll, weiß es nicht mehr.
„So kommen wir nicht weiter. Du musst schon genauer werden. Sonst kann ich dir nicht helfen.“ sagt sie. „Wenn du nicht weißt, was du willst, kann es dir keiner sagen.“
„Ich weiß. Das musst du mir nicht sagen!“ entgegne ich trotzig.
Sie schaut mich nur an. Geduldig. Abwartend. Herausfordernd.
„Was soll ich bloß tun?“ Verzweiflung macht sich breit. „Ich weiß nicht weiter. So kann es nicht weitergehen.“ Ich schließe die Augen und fange an zu weinen.
Ich beruhige mich wieder. Langsam öffne ich die Augen und sehe sie an. Sie hat Tränen in den Augen.
„Wohin soll das alles führen? Ich möchte nicht mehr. Hilf mir!“
„Das Leben, das du führst, ist nicht schlecht. Es ist nur nicht deins. Ein anderer Mensch wäre glücklich über dieses Leben. Aber du nicht. Es war mal deins, aber das ist schon lange her. Du hast nicht gemerkt, als es sich von dir entfremdet hat. Oder du hast dich dem Leben entfremdet. Ihr passt nicht mehr zusammen.“
„Aber ich kann mich doch nicht von meinem Leben trennen.“ schrei ich heraus.
Ich begegne einem verständnislosen Blick.
„Was redest du da? Du sollst dich nicht von deinem Leben trennen. Es gibt andere Lösungen. Wieso siehst du das nicht?“
Ich habe das Gefühl, dass sie mich an den Armen packen und schütteln möchte. Sie macht es aber nicht.
„Wann habe ich begonnen, mein Leben nicht mehr zu führen? Wann ist mein Leben verschwunden?“
Wieder schaut sie mich an und überlegt.
„Die Frage kann ich dir nicht beantworten.“ räumt sie ein.
„Mein Leben war gut. Aber ich habe irgendwann aufgehört darauf zu achten, wo es mich hinführt und habe mich treiben lassen. Ich habe nicht gemerkt, wohin mich der Strom führt. Jetzt bin ich da, wo ich nicht sein will. Und ich komme nicht weg, weil ich nicht weiß, wo ich hin will. Ich weiß nur, dass ich nicht hier sein will.“
Ich muss mich hinsetzen. Mein Kopf schwirrt. Meine Knie sind weich. Ich möchte nicht, dass sie mich so sieht. Ich verschwinde kurz aus ihrem Blickfeld, aber ich spüre ihre Gegenwart. Und ihre Ungeduld. Möchte sie gehen? Mich verlassen?
Langsam stehe ich wieder auf und schaue sie an.
„Du gehörst zu meinem alten Leben, oder?“ stelle ich fest.
„Ja.“ Entgegnet sie.
„Das bedeutet, dass ich dich auch nicht mehr sehen werde, wenn ich mir ein neues Leben suche, oder?“
„Ja.“
Panik. Verlust. Angst. Wut. Hoffnung.
„Was ist, wenn ich bleibe, wo ich bin?“
„Du wirst traurig sein. Du wirst anfangen, mich zu hassen. Du wirst anfangen, dich zu hassen. Du wirst anfangen, alles zu hassen. Und dann wirst du verzweifelt nach einem Ausweg suchen, den du nicht finden wirst.“
Es ist eine Feststellung. Keine Emotionen. Eine reine Feststellung.
Ich habe Angst. Angst davor, dass ich das falsche Leben wähle und das richtige verlasse. Gibt es das denn? Falsches und richtiges Leben?
Mein Blick hebt sich und ich schaue ihr in die Augen. Sie hat sich mir entfremdet. In wenigen Augenblicken. Und ich spüre, dass es nicht mehr so ist wie vorher. Ich verliere sie. Oder verliert sie mich?
„Ich werde gehen müssen. Ich werde dich verlassen müssen.“
„Ich weiß.“
„Wohin ich gehe, weiß ich aber noch nicht. Wird es besser werden?“
„Das kann ich dir nicht sagen. Ich gehöre nicht mehr zu deinem Leben.“
Tief in mir spüre ich, dass das ihre letzten Worte sind. Ich schließe die Augen. Panik und Verlust. Angst, Wut und Hoffnung. Panik davor, allein zu sein. Verlust des Lebens, das ich kenne. Angst vor dem neuen, Wut auf mein altes Leben. Hoffnung auf ein besseres Leben. Ein anderes Leben. Mein richtiges Leben.
Ich öffne die Augen und schaue wieder in den Spiegel. Sehe mich.
Ich mache das Licht aus und verlasse mein altes Leben.
[SUP]*Sie sagen mir, dass es da draußen eine Welt gibt / Die ich nicht sehe / Ich werde keine Wunder sehen / Hinter diesen leeren Mauern / Die Wahrheit verbindet uns mit denen / Die wir vorgeben zu sein / Und ich kann dir versprechen, mein Freund / Du gehörst nicht zu mir
Medals "The Wicked" aus dem Album Disguises[/SUP]