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Dialog unter Gangstern
Frankie trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad.
Du musst warten, bis die Sonne ganz untergegangen ist, und dann noch eine halbe Stunde. Sonst ist es noch zu hell, du könntest gesehen werden, so hatte Dave gesagt.
Dave kannte sich aus.
Im Radio lief ein älteres Bruce Springsteen-Lied. Frankie drehte es lauter, er mochte das Lied. Irgendwann würde er sich das Album kaufen. Hoffentlich nannten sie diesmal den Titel des Lieds, vielleicht sogar das Album, auf dem es drauf war.
Er nestelte in seiner Jackentasche, zog ein verknicktes Päckchen Zigaretten hervor, und zündete sich eine an. Genüsslich sog er den Rauch ein. Nach ein paar Zügen, begann er Rauchringe zu blasen, wie immer, gelang es ihm nicht so richtig.
Er sah auf die Uhr. Sieben. Wie lange sollte er hier noch warten? Die Sonne war längst nicht mehr, als ein heller Schein hinter den Lagerhallen am Ende der Straße.
Dave saß bestimmt nicht am Fenster und starrte auf die Uhr.
Er öffnete die Tür, stieg aus und schlug sie hinter sich zu. Abschließen, pah, die Rostlaube würde bestimmt keiner klauen. Er warf die Zigarette auf den Asphalt und trat sie aus.
Der Klappe quietschte, als er den Kofferraum öffnete. Seine Beute lag in Militär-Säcken vor ihm. Er hob einen der Säcke hoch, und hängte sich den Tragegurt über die Schulter. Verdammt, war der schwer. Als er sich den Gurt des nächsten Sacks umgehangen hatte, musste er sich mit beiden Armen hochstemmen.
Ein Schlag ließ ihn in den Kofferraum fallen.
Scheiß Karre! Die Hydraulik, die die Klappe oben halten sollte, war kaputt. Jedes Mal, gab ihm die Karre wieder eins, als wollte sie ihm die jahrelange schlechte Behandlung zurückzahlen.
Schnaufend richtete er sich auf, zu dem Gewicht der Säcke kam jetzt noch das Gewicht der Klappe hinzu. Er wand sich in einer ungelenken Bewegung hervor, und starrte die Klappe an, die nun brav an der Stelle verharrte. Wütend schlug er sie zu. Zum Abschied gab er dem alten Ford noch einen Tritt.
Dave öffnete nicht. Dieser Idiot. Was sollte die ganze Geheimniskrämerei, warten bis nach Sonnenuntergang und so, wenn er dann fünf Minuten mit der Beute auf der Treppe herumstehen musste? Der Idiot war bestimmt gerade pissen.
Frankie wollte gerade zum Auto zurückgehen, als er das Klicken der Schlösser hörte. Endlich.
Daves Gesicht erschien im Türspalt. Misstrauisch sah er die Straße hoch und runter. Nach einer Weile öffnete er die Tür etwas weiter, und begann heftig zu gestikulieren.
„Mach schon. Komm rein, bevor dich jemand sieht. Steh’ da nicht so herum.“
Frankie hätte ihm am liebsten gleich eine verpasst. Kopfschüttelnd quetschte er sich hinein.
„Hast du die Beute?“, fragte Dave.
„Was denkst du denn? Glaubst du, ich habe meine dreckige Wäsche hier drin? Los, nimm mal einen.“ Frankie drehte eine Schulter in Daves Richtung.
„Nee. Trag du mal. Mein Rücken tut mir auch so schon genug weh. Ich denke, du handelst, das war schon immer so!“
„Blödmann. Dann lass uns reingehen. Die Dinger sind verflucht schwer.“
„Selber Blödmann, hättest ja das Zeug auf drei Säcke verteilen können.“
Dave ging voraus. Im Flur des alten Firmengebäudes lagen Müll und Dreck, es stank nach Schimmel.
„Meinst du, dadurch würde das Zeug leichter? Du hast doch gesagt, ich soll immer nur einmal vom Auto hierher kommen. Alles andere wäre zu auffällig.“
„Habe ich das? Kann mich nicht erinnern.“
„Hast Du.“
„Habe ich nicht. Wieso hätte ich dir dann gerade geraten, das Zeug aufzuteilen?“
Vor der Tür zum Lager blieb Dave stehen, und sah Frankie an.
„Ach, vergiss es, Dave. Mach lieber die Tür auf.“
Dave kramte einen Schlüssel unter der Fußmatte hervor.
„Warum hast du abgeschlossen?“
„Man weiß ja nie, wer vor der Tür steht.“
„Spinner.“
„Selber. Und jetzt, Maul halten! Das ist mein Geschäft, hier bestimme ich.“
„Jetzt mach endlich auf. Die Säcke werden nicht leichter.“
Dave öffnete die Tür, und hielt sie für Frankie auf.
Frankie warf die Säcke schwungvoll auf den Tisch.
„Hey, vorsichtig.“
„Jaja, schon gut. Wird schon nichts kaputt gehen.“
Dave schloss die Tür zum Flur ab, und legte den Schlüssel auf den Türrahmen.
„Lass mal sehen.“
„Guck rein. Ich brauch mal was zu trinken. Hast du Bier?“
„Im Kühlschrank. Aber vergiss nicht einen Strich auf die Liste zu machen. Das Geld kommt in die Tasse.“
„Geld? Liste?“
„Soll ich dir das Bier etwa schenken?“
„Ja. Was bist du nur für ein Erbsenzähler.“
„Ich zähl keine Erbsen.“
„Nee. Aber Bier. Ich hab’ aber nichts klein.“
„Dann gibt’s auch kein Bier.“
„Soll ich die Säcke wieder mitnehmen? Ich finde auch wen anders.“
„Dann nimm dir halt ein Bier. Aber denk an die Liste.“
Frankie ging zum Kühlschrank, nahm sich eine Dose Bier, öffnete sie zischend und trank in wenigen Schlucken die halbe Dose leer. Dann rülpste er laut. Auf die Liste machte er drei Striche, um Dave zu ärgern.
„Hey, du bist hier nicht zuhause.“
„Mann, du hast sie echt nicht mehr alle.“
Dave schüttelte mit dem Kopf. Missbilligend sah er zu Frankie hinüber.
„Was ist das für ein scheiß Knoten? Gib mir mal das Messer da.“
Er zeigte auf ein Regal.
„Wozu das Messer? Du hast sie nicht alle. Du schneidest meinen Sack nicht kaputt. Streng mal deine Finger an.“
„Dann mach du’s, wenn du’s so gut kannst. Wozu machst du auch so viele Knoten?
„Damit der Sack nicht aufgeht. Was denkst du denn?“
„Lern mal richtige Knoten.“
„Ist doch egal. Hauptsache es hält.“
„Ist nicht egal. Stell dir mal vor, du bist mitten im Bruch, entdeckst noch was, willst es noch dazu stecken. Was dann? Fingerst du dann fünf Minuten an den Knoten rum?“
„So was stecke ich mir immer in die Jacke.“
„Und wenn’s da nicht reinpasst?“
„Und wenn’s nicht mehr in den Sack passt?“
Frankie machte sich an dem Knoten zu schaffen. Nach wenigen Sekunden zog er den Sack auf, und sah triumphierend in Dave’s Gesicht.
„Bitte schön.“
„Jetzt werd nicht frech!“
„Was war da frech?“
„Ich hab’ doch deinen Blick gesehen. Meinst du ich bin blöd?“
„Jetzt hol doch einfach die Sachen raus.“
Frankie nahm seine Bierdose, drehte sich um, und ging ein paar Schritte vom Tisch weg.
„Du kannst mir ruhig mal helfen.“
„Ich trink gerade Bier.“
„Wir sind hier nicht zum Vergnügen.“
„Lass mich doch jetzt wenigstens mal leer trinken.“
„Trink ein bisschen schneller.“
„Dann muss ich wieder rülpsen.“
Dave holte einen goldenen Kelch aus dem Sack.
„Das ist Schrott. Ist nur vergoldet.“
„Woher soll ich das wissen?“
„Merkt man am Gewicht.“
„Soll ich das nächste mal auch noch eine Waage mitnehmen, oder was?“
„Mach was du denkst, aber bring mir nicht mehr so einen Schrott mit.“
Nach und nach holte Dave die Beutestücke aus dem Sack. Schmuck, Geschirr, Elektro-Kleingeräte und diversen anderen Krimskrams. Er kommentierte jedes Stück, notierte alles akribisch auf einer Liste, und verteilte die Gegenstände in kleinen Grüppchen auf dem Tisch.
„Die Rolex ist eine Fälschung.“
„Na, dann gib sie her. Mir ist sie gut genug.“
„Nein.“
„Wieso?“
„Ich könnte mich ja irren.“
„Ich denke sie ist eine Fälschung?“
„Glaube schon.“
„Du haust mich nicht übers Ohr?“
„Was soll das?“
„Ich meine ja nur. Erst ist es eine Fälschung, dann ist es keine.“
„Vertraust du mir nicht?“
„Doch. Ich meine ja nur.“
„Du meinst ja nur? Dann such dir halt wen anders, der dir die Beute abkauft.“
„Abkauft ist gut, Dave. Wenn du gerade davon anfängst, wie viel Geld ist das wert?“
„Tausendfünfhundert. Mehr nicht. Ziemlich viel wertloses Zeug dabei.“
„Das ist doch mehr wert.“
„Dann pack’s halt wieder ein.“
„Vielleicht mache ich das auch.“
„Mach doch!“
„Wie viel Geld hast du hier?“
„Geht dich nichts an.“
„Du schuldest mir vom letzten mal noch tausend.“
„Ist noch nicht alles verkauft.“
„Mir egal. Ich will mein Geld. Zweieinhalb dann also.“
„Nächstes mal.“
„Hast du das letzte Mal auch gesagt.“
„Hab aber nicht genug da.“
„Wie viel hast du denn da?“
„Hundert.“
„Willst du mich verarschen?“
„Leck mich. Mehr habe ich nicht.“
„Leck dich doch selber. Dann fahr zur Bank.“
„Ich fahr nirgendwo hin.“
„Hier ist bestimmt noch mehr. Du versteckst das bloß irgendwo.“
„Dann such doch danach.“
Frankie knüllte seine Bierdose zusammen und ging willkürlich durchs Lager.
„Was machst du da, Frankie?“
„Für dich, Frank!“
„Was machst du da, Frank?“
„Was wohl? Ich suche nach deinem Versteck, Dave!“
„Für dich, David!“
„OK, David!“
„Hier ist nichts, Frankie!“
„Frank.“
„Leck mich!“
„Du mich auch!“
Frank zog etwas aus dem Regal.
„Stell das hin.“
„Wieso? Ist da das Geld drin?“
„Stell´s hin, habe ich gesagt.“
„Und wenn ich´s nicht hinstelle?“
„Probier´s aus.“
Frank wackelte provozierend mit einer Holzkiste in Davids Richtung.
„STELLS HIN!“
„NEIN.“
David nahm ein Messer vom Tisch und ging einen Schritt auf Frank zu.
„Oh, wie süß. Willst du mich kitzeln?“
„Wirst gleich sehen, wie kitzelig das ist.“
„Na los, du traust dich ja doch nicht.“
„Wirst du schon sehen.“
„Ich seh’ aber nichts.“
David stürmte mit erhobenem Messer auf Frank zu. Der schlug die Kiste krachend auf Davids Arm, das Messer fiel zu Boden. David sprang hinter dem Messer her.
„Lass es liegen, David.“
„Lass ich nicht.“
„Wie du meinst.“
Frank sprang auf David zu, der am Boden nach dem Messer suchte, und gab ihm einen Tritt in die Nieren. David stöhnte auf, fiel auf die Seite, und rollte sich zusammen.
„Ich hab dich gewarnt!“
Frank widmete seine Aufmerksamkeit der Kiste. Der Deckel war inzwischen kaputt gebrochen. Eine Bewegung ließ ihn herumfahren. Zu spät. Davids sprang auf ihn zu, sein Messer versenkte sich in Franks Seite.
„Scheiße.“
„Für dich, du Arschloch!“
David zog das Messer heraus und wollte noch mal zustechen.
Frank versetzte ihm einen Schlag mit dem Ellbogen ins Gesicht. David ging zu Boden, er hielt sich die blutende Nase.
Frank fasste an die Seite, und sah fassungslos seine blutige Hand an.
„Du Arschloch.“
„Hast es verdient“, stieß David vom Boden hervor. Er sprang auf, das Messer erhoben.
Frank war schneller. Er zog die Pistole, die am Rücken hinter seinem Gürtel klemmte, und drückte ab. David wurde zurückgeschleudert. Keuchend sackte er auf dem Boden zusammen.
Frank bückte sich, und hob die Holzkiste auf.
Unter einigen Papieren, fand er zwei Fünfzig-Dollar-Scheine.