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Die Eroberer

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27.08.2001
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Die Eroberer

Die Wellen schlugen sanft an die Küste, als die Prinzessin von Cheantor die Anker warf. Fünf große Beiboote wurden zu Wasser gelassen, besetzt mit den Kriegern und ihrem Kriegsherren, Pharon del Cheantor. Mit mächtigen Ruderschlägen brachten Matrosen die fünf Boote an den Strand. Die Rümpfe der Boote bohrten sich mit lautem Knirschen in den Sand. Noch bevor die Schiffe fest im Grunde standen, sprangen die ersten Krieger von Bord und stürmten den Strand. Mit Schwertern und Speeren in den Fäusten bildeten sie schnell einen Halbkreis um die gelandeten Boote.

Pharon del Cheantor sprang als letzter Krieger von Bord. Zurück blieben nur die Rudergänger. In der rechten Faust hielt er die Fahne des Königs von Laloondria, seinem Herrn, für den er dieses Land in Besitz nehmen würde. Die Sonne stand in seinem Rücken und war im Begriff unterzugehen, hinter den weiten Horizont des Meeres. Blutrotes Licht übergoss den Strand.
Pharon del Cheantor marschierte stolz durch die Reihen seiner Männer. Die Krieger in der vordersten Front traten beiseite und ließen den Fürsten an die Spitze des Heeres.
Pharon blickte zum Himmel und dann zur Erde. Er hob den rechten Arm und rammte anschließend die Stange mit dem Königsbanner in den Boden des neuen Landes.

"Für unseren König. Für uns Volk!" rief Pharon del Cheantor mit volltönender Stimme und betrachtete voller Stolz die im Wind sanft flatternde Fahne.
"Für unseren König und für unser Volk!" erklang es aus zweihundert Kehlen hinter dem Fürsten, untermahlt vom Klirren der Waffen, welche die Männer auf das Metall ihrer Gürtelschnallen schlugen.
"Dies ist mein Tag!"

Pharon ließ seinen Blick schweifen. Der lange, breite Sandstrand, danach ein dichter Gürtel voller Grün mit Büschen und mächtigen Bäumen. Im Hintergrund erhoben sich mächtige Berge, deren Spitzen gepudert schienen mit dem Eis der Ewigkeit.
Majestätisches Land, meines Königs würdig. Meiner würdig! Dies wird mein neues Fürstentum. Das Land meiner Familie und meiner Nachfahren. Ein gerechter Lohn nach all den Mühen und Entbehrungen der langen Überfahrt in das Unbekannte.
Pharon Blick glitt über seine Krieger. Nicht alle, die mit ihm im Heimathafen von Uulundre gestartet waren, hatten dieses Ziel hier erreicht. Das Meer war für sie zum Grab geworden...

---

Die Abreise gestaltete sich zu einem wahren Volksfest. Alle Bürger von Uulundre waren auf den Beinen und eilten zum Hafen, um die Abreise der beiden Kriegsschiffe in die unbekannte Weite der Meere mitzuerleben. Der ganze Hafen war bunt geschmückt und wurde gesäumt von Buden mit den herrlichsten Leckerein aus dem ganzen Königreich. Gaukler und Magier standen an jeder Ecke und boten ihre Künste feil. Artisten balancierten auf Hochseilen oder schwangen sich auf Schaukeln von Dachgiebel zu Dachgiebel.
Die Lakaien des Königs hatte vor dem großen Kai die königliche Tribüne aufgebaut und so konnte Pharon del Cheantor den königlichen Segen in Empfang nehmen, zum Schutz vor den bösen Geistern der Meere.
Um sich im Kampf recht und standesgemäß zu wehren erhielt Pharon ein mächtiges Breitschwert mit einer langen Klinge von vier Fuß zum Geschenk. Der Griff war besetzt mit wertvollen Edelsteinen und die Scheide aus dem Leder der Feuereidechse umschloss die Klinge sanft.
Die besten Krieger würden Pharon begleiten.

"Finde das sagenhafte Land der Goldenen Könige. Nimm' es für mich in Besitz! Dein Lohn wird unermesslich sein. Du wirst der Fürst des neuen Landes, der Herr dort über Mensch und Tier - und nach deiner Heimkehr schenke ich dir die Hand meiner ältesten Tochter!"
Sein rechter Arm deutete neben sich auf Elnore, seine Tochter.
Pharon blickte voller Liebe auf ihr liebliches Gesicht. Dann schaute er verstohlen, aber lustvoll auf ihren wohlgeformten Körper.
Zum Schluss fiel er vor den König auf die Knie und verbeugte sich tief .

Voller Tatendrang betrat er sein Schiff.
Als sie ablegten erhoben sich vom Hafen her Tausende von brennenden Pfeilen in den Himmel und bildeten ein feuriges Spalier für die Schiffe, um die bösen Geister des Himmels in Schach zu halten.
So stachen die Prinzessin von Cheantor und ihr Schwesterschiff, die Lady Condara in See.

*

Die ersten Tage der Reise verliefen sehr ruhig. Die Krieger ruhten an Deck der Schiffe und vertrieben sich die Zeit mit Würfen und Kartenspiel oder einfach mit dem Erzählen von Geschichten früherer Aventuren. Die Matrosen verrichteten treu und zur Zufriedenheit ihrer Kapitäne die Arbeit in den Wanten und am Steuer.

Pharon del Cheantor saß meist auf dem Oberdeck beim Rudergänger unter einem weißen Sonnenschutzsegel und beobachtete das Meer oder seine Männer. Ab und an schweiften seine Gedanken zu Lady Elnore und er verlor sich in ausschweifende und schwüle Phantasien.

In der zweiten Woche traf die beiden Schiffe ein gewaltiges Unwetter und nur das ganze Können der Kapitäne und ihrer Mannschaften verhinderten die vorzeitige Vernichtung der kleinen Flotte. Zwei Matrosen wurden über Bord gespült und von der wütenden See verschlungen. Einige von den Kriegern, die den Sturm unter Deck miterleben mussten, erlitten schmerzhafte Blessuren. Abgesehen von der gefürchteten Seekrankheit blieben sie körperlich unversehrt. In den ersten Tagen hingen die meisten der Kämpfer noch über der Reling und erbrachen sich laufend.

Dem Sturm folgten einige Tage ruhige See mit gutem Wind. Die Kapitäne folgten den Seekarten, die der König nach Aussagen von vielen Abenteurern und Seefahrern im Verlaufe der vergangenen Jahre hatte erstellen lassen. Die Schiffe machten gute Fahrt.

"Euer Lohn wird groß sein!" meinte Pharon del Cheantor zu seinem Kapitän, der gleichmütig, aber mit scharfem Blick seine Matrosen und die See beobachtete.
"Meinen ersten Lohn werde erhalte ich dann, wenn wir den Boden des sagenhaften Landes betreten haben werden, my Lord!"
"Die See ist ruhig. Wir kommen gut voran!"
"Die See ist trügerisch, Herr. Wir müssen wachsam sein!"
"Ich vertraue deinem Können, Kapitän!"

*

Einige Tage später brach das Unheil über die königlichen Schiffe herein. Es war in den frühen Morgenstunden und nur die Schiffswache befand sich an den Decks.

Da erhob sich aus den sanften Wellen ein langer, gewaltiger Schatten, der auf das Deck der Lady Condara hernieder fuhr. Der Ausguck auf dem Hauptmast brachte nur noch einen spitzen Schrei hervor, als der Mast in der Mitte wie ein Feuerholz zerbrochen wurde. Plötzlich brodelte die See und die beiden Schiffe wirbelten wie Blätter im Sturm.
Sofort waren alle Mann an Deck. So gut sie konnten. Wellen peitschten über die vormalig ruhige See und rissen manchen Mann sofort ins nasse Grab.

Für die Lady Condara kam aber jede Rettung zu spät.
Pharon del Cheantor sah, die Reling fest mit seinen Fäusten umfasst, wie sich lange Tentakel über das Deck des Schwesterschiffes schwangen.
"Ein Ungeheuer des Meeres!" schrie der Steuermann und murmelte schnelle Gebete zu den Göttern.
Die Lady Condara zerbrach in der Mitte. Die Krieger und Matrosen an Bord wurden wie abgebrochene Äste durch die Luft geschleudert.

Auch die Prinzessin von Cheantor geriet in Gefahr. Ein weiterer Tentakelarm schnellte empor und schlug auf das Deck ein. Der Hauptmann der Leibgarde wurde von dem mannsbreiten Tentakel regelrecht zerquetscht.
Das Schiff schwankte bedrohlich und über dem Tosen des Meeres war das Schreien und Kreischen der Männer zu vernehmen. Sie hieben und stachen mit allem auf den Tentakel ein, was sie erwischen konnten. Doch ihre Mühe war vergebens. Der Arm der Krake zog sich mehr und mehr zusammen und das Gebälk des Schiffes knarrte und krächzte.
Pharon spürte das blanke Entsetzen im Nacken. Es musste doch Rettung geben! Völlig durchnässt stand er auf der Brücke und sah das erfolglose Bemühen seiner Männer.

Da fiel ihm das Breitschwert des Königs ein.
"Ja, das ist es!" stieß er hervor und wankte unter Deck. Für manchen der Männer mochte es so aussehen, als ob der Fürst fliehen wolle.
Pharon erreichte unbeschadet seine Kajüte und riss mit einem Ruck das mächtige Schwert von der Wand, welche es während der Überfahrt verzieren sollte.
Mit langen Schritten eilte von Cheantor wieder an Deck, dabei wurde er immer wieder von der brachialen Gewalt des Monsters, welches auf das Schiff einwirkte, gegen die Wandung der Gänge geworfen.

Pharon sprang regelrecht von der Brücke und landete zwischen einigen Kriegern.
"Beiseite, Männer!"
Die Kämpfer warfen sich nach links und rechts und rutschten fast über Bord. Ein Dröhnen und Donnern lag über allem. So mochte der Teufel in den Abgründen den Hölle toben.
Pharon del Cheantor stand breitbeinig vor dem Tentakel. Er holte das Schwert aus seiner Scheide, packte den Griff mit beiden Händen und hob es über seinen Kopf. Mit zusammengebissenen Zähnen ließ er die Klinge hernieder fahren.
Das scharfe Eisen der Klinge durchschnitt den Tentakel wie ein Speisemesser Butter durchschneidet.
Dunkles Blut ergoss sich in einem gewaltigen Schwall über das Deck, gemischt mit dem salzigen Wasser des Meeres. Das abgetrennte Stück des Tentakels glitschte über das Holz des Oberdecks und verschwand in den Tiefen des Meeres.
Pharon del Cheantor war nur noch ein schwarzer Schatten auf einem Totenschiff, voll zur Gänze besudelt mit dem schwarzen Blut der Bestie.
Das Meer brodelte. Wassermassen schossen in den Himmel und aus einer Explosion von Wasser tauchte der riesige Schädel des Ungeheuers auf. Ein gewaltiges Auge starrte auf die Prinzessin von Cheantor. Pharon war es, als ob er direkt in den Abgrund der Hölle blicken würde.

Er wusste, was zu tun war!

Die letzte Möglichkeit, sein Schiff, seine Männer und sich zu retten.
Er fasste das Schwert wie einen Speer, holte weit aus, zielte kurz und schleuderte die scharfe Waffe mit voller Wucht auf das Monstrum. Das Metall fraß sich durch das Auge und blieb dort stecken, wo Pharon das Zentrum des Wesens vermutete.

Fast unwirkliche Stille kehrte ein. Das Tosen des Meeres verstummte.
Fassungslos bemerkte Pharon, dass die Tentakel sich zurückzogen.

"Alle Mann an die Ruder!" brüllte Pharon und seine Männer hasteten augenblicklich an die Ruderbänke, ob Matrose oder Krieger.
"Schafft uns hier fort. Bohrt die Ruder in das Meer. Spannt eure Muskeln!"
Pharon schrie sich die Seele aus dem Leib, so als ob er kraft seiner Stimme das Schiff vorwärts treiben könne. Die Männer arbeiteten um ihr Leben. Langsam, quälend langsam, gewann die Prinzessin an Fahrt. Pharon stand neben dem Steuermann und trieb die Männer mit seiner Stimme an. Immer wieder warf er einen Blick zurück zu der Stelle, wo das Ungeheuer versunken war und vorher die Lady Condara. Eine eiserne Klammer schien um sein Herz zu fassen, als er an die Männer dachte, die mit der Lady untergegangen waren. So viele gute und tapfere Männer! Welch eine Verschwendung.

Die Männer fanden sehr schnell ihren Rhythmus und so konnte die Prinzessin Meile um Meile zwischen sich und dem Meeresungeheuer bringen.
Die See war ruhig, so als ob nie etwas geschehen wäre.
So still wie ein Grab. Ein Grab für zweihundert Mann.
Und hoffentlich auch für die Teufelskrake! Keiner von der Lady Condara hatte den Angriff überlebt. Ein herber Verlust für die Armee des Königs in fremden Landen. Aber Pharon schwor sich dennoch das neue Land für seinen Herrn in Besitz zu nehmen. Nichts würde ihn aufhalten. Nichts!

Und so erreichten sie in den späteren Nachmittagsstunden des vierzigsten Reisetages die fremde Küste.
Es war geschafft.

---

"Holt die Ausrüstung aus den Schiffen und sichert..."
Pharon del Cheantor konnte diesen Satz nicht mehr vollenden. Plötzlich steckten in seiner Brust drei Pfeile, federten leicht, so als ob der Wind Äste streicheln würde.

In dem kurzen Moment, dem Pharon noch blieben, erkannte er, dass er in seinem grenzenlosen Hochmut alle Vorsicht vergessen hatte. Er fasste die Stange der königlichen Fahne und wollte den Befehl zum Angriff erteilen, aber die Kraft verließ ihn augenblicklich und er sackte zu Boden. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, doch keine zwei Sekunden waren vergangen. Bevor er gänzlich in den Sand sackte, gewahr er noch einen Schwarm von Pfeilen, der wie ein gewaltiges Heer von Heuschrecken über seine kleine Armee niederging.
Mit dem letzten Licht seines Lebens erblickte er noch eine Horde von Barbaren, die aus den Büschen und Wäldern hervorbrach und binnen kurzer Zeit das Schicksal der Eroberer besiegelte.

Ihr Blut tränkte den Strand des ihnen unbekannten Landes.
Die Fahne des Königs wurde herabgerissen und ins Meer geworfen.
Keiner der Krieger entkam. Es waren Tausende von Barbaren, die aus den Verstecken sprangen.
Selbst die Bordwache der Prinzessin von Cheantor hatte keine Chance. Gebannt und verschreckt beobachteten sie das Gemetzel an Land und nahmen nicht wahr, wie Schwimmer das Schiff von Seeseite her enterten.

Ihr Ende kam schnell.
Der Steuermann fiel als letzter und konnte noch mit letzter Kraft das ewig brennende Deckfeuer neben dem Steuerrad umwerfen. Das brennende Öl ergoss sich über das Deck und schnell stand das Holz in Flammen.

So versank der Stolz des Königs von Laloondria im Meer.
Keiner seiner Männer kehrte heim.
Sie starben für ihn, den König und sein Volk.
Das Volk trauerte, als Seefahrer irgendwann davon Kunde brachten.
Auch der König trauerte, besonders um das verlorene Land und das prächtige Gold...

ENDE

  • nullPrinzession von CheantorLady Condara

 

Hallo,

und als einer der ersten darf ich dich in unserer kleinen, ständig wachsenden Gemeinde von guten und schlechten (wie ich) Hobbyschriftstellern begrüßen!

DANKE! Vielen Dank! Danke! Danke!

Wofür?

Eine Fantasy-Story ohne Elfen! Vielen, vielen Dank! Da schwappte ja in den letzten Tagen eine wahre Flut rüber... ;)

Also, beim Lesen habe ich spontan an Kolumbus oder Magellan gedacht, was nicht negativ zu bewerten ist, ganz im Gegenteil!

Eine schöne Geschichte! Nur leider hast du meiner Meinung nach zuviel Wert auf den Kampf mit der Riesenkrake (heißt es nicht eigentlich KrakeN?) gelegt. Aber was soll´s.

Nö, alles in allem eine gut zu lesende, stilistisch solide Story, die mal wieder Spaß gemacht hat.

Und wehe, du kommst jetzt mit: "Das ist Teil einer größeren Geschichte"! Dann gibt´s schon wieder Minuspunkte! ;)

So denn, schön brav Geschichten hier reinstellen und schön brav "Kritiken" schreiben!

In diesem Sinne: Machet jut!

Poncher

 

hey,

ein teil einer geschichte wird das nicht. die story ist erledigt. vielen dank
für deine nette begrüssung. von elfen wirst du von mir höchstwahrscheinlich nichts hören. mit magellan und kolumbus liegst du nicht verkehrt. die story fiel mir im urlaub ein, am strand. da plätscherten die wellen ich dachte an ein buch über die spanische eroberer mittelamerikas. und so war die story da. nur, bei mir sollten die eroberer nicht die gewinner seiner, so tragich das auch ist. das mit der krake (dem kraken) kam so beim schreiben (sollte halt ein wenig fantasy dabei sein).
bis demnext,
theo aus werne

 

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